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Die Grotten von Necrandolas

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Moin Moin,
was soll ich groß vorweg nehmen...?
Viel Spaß! :D Komplett anzeigen

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Täglich zanken die Streithähne

Augenverdrehend setzte Harry sich an den Gryffindortisch in der großen Halle, als Ron bereits anfing zu essen, noch bevor er und Hermine überhaupt saßen.

„Wie kannst du nur müde und hungrig zugleich sein?“, runzelte die junge Hexe die Stirn.

„Wenn isch nur eins vom beien schein könne, würe isch vahungan“, antwortete Ron schmatzend, während Hermine versuchte zu verstehen, was er gerade gesagt hatte.

„Das glaube ich dir sogar“, murmelte Harry und tischte sich selbst was zum frühstücken auf.

|„Das will ich Ihnen auch geraten haben, Potter, weil Sie weder besonders noch wichtig sind.“|(1)

Sofort ächzte Harry genervt auf.

„Macht er es schon wieder?“, fragte Ron beiläufig, ohne den Blick von seinem Teller zu heben.

„Ja“, knurrte der Schwarzhaarige.

„Du solltest lernen ihn auszusperren“, meinte Hermine, verstummte aber bei Harrys Blick.

Auf eine Diskussion am frühen Morgen hatte keiner von ihnen Lust. Harry sah zum Lehrertisch und begegnete dem Blick von Severus, welcher es sogar schaffte, während des Zaubers unauffällig zu bleiben.

„An sich gewöhne ich mich langsam daran“, sagte Harry fast gelangweilt. „Aber die dauerhaften Kopfschmerzen zerren an den Nerven.“

„Irgendwann wird er schon aufhören“, zuckte Ron die Achseln. „Tu so, als störe es dich nicht, dann wird ihm das schnell zu langweilig.“

„Es wundert mich ohnehin, dass er damit noch nicht aufgehört hat“, warf Hermine ein und nahm einen Schluck Kürbissaft. „Diese Aktion wird von Tag zu Tag kindischer. So langsam müsste er doch selber merken, dass dieses Spiel unter seinem Niveau ist.“

„Er spielt gerne beleidigte Leberwurst“, zuckte Harry die Achseln und begann endlich zu essen. „Und wenn er in etwas stur ist, dann im Beleidigtsein.“

Ihre Unterhaltung wurde unterbrochen, als sich eine der Schuleulen zwischen Ron und Hermine auf den Tisch sinken ließ. Ron zuckte erschrocken zusammen, während Hermine sofort nach dem Brief griff und ihn stumm las.

„Von wem ist der?“, fragte Harry, erhielt aber noch keine Antwort.

Mit jeder Zeile wurde Hermines Blick verzweifelter, bis sie mit einem lauten „Och nein!“ den Brief an Ron weitergab.

„Was ist denn?“, wurde Harry langsam neugierig und sah nun, wie Rons Gesicht beim Lesen langsam grün wurde.

„Es ist Hagrid“, berichtete Hermine ächzend. „Seine Spinne Aragog ist gestorben und wir sollen zur Beerdigung kommen.“

„Oh. Ja, richtig“, erinnerte Harry sich murmelnd. „Er hat mir erzählt, dass sie krank sei.“

„Also ich werde da nicht hingehen“, rief Ron entschieden aus und gab den Brief an Harry weiter. „Meinetwegen geht ihr hin, aber mich kriegen keine zehn Drachen nochmal in die Nähe dieser Spinne.“

Noch immer war sein Gesicht grün und mit größtem Bedauern schob er sein restliches Frühstück von sich fort, da ihm der Appetit vergangen war. Harry überflog den Brief ebenfalls nochmal und kam nicht drumherum, auf die verschmierten Stellen zu blicken. Hagrid musste beim Schreiben des Briefes eine Menge Tränen vergossen haben. Der Gryffindor seufzte auf und sah dann fragend zu seiner Freundin.

Stirnrunzelnd fragte Hermine: „Du willst also hin?“

„Sieh dir diese Flecken an“, erwiderte Harry und drehte den Brief nur ein Stück weit zu Hermine um.

Nun war es an Hermine tief aufzuseufzen. „Vermutlich hast du Recht. Hagrid braucht uns vielleicht.“

„Ihr findet doch eine Entschuldigung für mich, oder?“, fiepste Ron nun schon fast und sah ein wenig ängstlich drein.

„Keine Sorge, du musst nicht mit“, schmunzelte Harry nachsichtig.

 

Die ersten beiden Unterrichtsstunden vergingen erstaunlich schnell, doch nun stand die nächste Stunde Verwandlung an. In allen Fächern hatte Harry schon gut aufgeholt, doch in Verwandlung kam er noch immer nicht richtig mit, weshalb er vor jeder weiteren Stunde schlechte Laune bekam.

„Entscheidend ist, dass du mit den Gedanken komplett bei der Sache sein musst“, versuchte Hermine ihrem Freund noch ein wenig Input zu liefern. „Der Zauber wirkt nur so gut, wie du ihn dir vorstellst...“

|„Dummköpfe, die stolz das Herz auf der Zunge tragen, die ihre Gefühle nicht beherrschen können – Schwächlinge, mit anderen Worten -“|(2)

Sofort fuhr Harry herum und sah den Gang zurück. Irritiert unterbrach Hermine ihren Redeschwall und drehte sich ebenfalls um. Zwischen den Schülern lief tatsächlich Severus den Flur entlang, auf sicherem Abstand zu dem Gryffindortrio. Seine Hände hatte er lässig in den Umhangtaschen, doch Harry wusste sofort, dass er seinen Zauberstab in der Hand hielt.

„Wird das nicht langsam langweilig?“, rief Harry ihm provokativ entgegen und vorsichtig legte Hermine ihm die Hand auf den Unterarm.

„Harry, lass es lieber sein“, flüsterte sie ihm eindringlich zu. „Du kannst nicht öffentlich einen Lehrer angreifen.“

„Als ob er sich an die Regeln halten würde“, knurrte Harry ihr zu.

„Aber niemand außer uns weiß das“, murmelte Ron ruhig auf seiner anderen Seite. „Man sieht nicht, dass er dich verzaubert, also kannst du ihm nichts nachweisen.“

„Gibt es ein Problem?“, fragte Severus aalglatt nach ohne eine Miene zu verziehen.

Noch bevor Ron oder Hermine reagieren konnten, rief Harry: „Ja. Suchen Sie sich ein neues Hobby!“

Erste Schüler warfen ihnen irritierte Blicke zu, während Severus begann fies zu grinsen.

„Ich weiß nicht, was Sie meinen, Potter. Und ich wüsste auch nicht, was Sie meine Hobbys angehen würden.“

|„Du bist deinem Vater ganz erstaunlich ähnlich, Potter. Auch er war über die Maßen arrogant. Ein gewisses Talent auf dem Quidditch-Feld ließ ihn glauben, er stehe über uns anderen. Ist mit Freunden und Bewunderern herumstolziert... ihr seid euch geradezu unheimlich ähnlich.“|(3)

„Ich dachte wir seien über diesen Blödsinn längst hinaus“, knurrte Harry wütend und erst hinterher fiel ihm ein, dass er Severus doch eigentlich tatsächlich arrogant gegenübergetreten war.

Doch er konnte einfach nicht verhindern, dass Wut in ihm begann zu brodeln, sobald Severus so über seinen Vater herzog. Jetzt erdreistete Snape sich auch noch, ihm die Erinnerung an seine Mutter vorzuspielen.

|„Zerwuschelst dein Haar, weil du glaubst, es wirkt cool, wenn es so aussieht, als ob du gerade vom Besen gestiegen wärst, gibst mit diesem blöden Schnatz an, gehst durch die Korridore und verhext jeden, der dich nervt, nur weil du's eben kannst -“|(4)

Unwirsch versuchte Harry, dieses Gefühl in sich loszuwerden. Seine Mutter so von seinem Vater sprechen zu hören, schmerzte noch immer.

„Hör endlich auf damit!“

|„mich wundert's, dass dein Besen mit so einem Hornochsen wie dir drauf überhaupt abheben kann. Du machst mich KRANK.“|(4)

„Ich sagte HÖR AUF!!“

„Was ist denn bitte hier los?“, rief auf einmal eine strenge Frauenstimme und alle, bis auf Harry und Severus, sahen zu ihr herüber.

McGonagall kam aus ihrem Klassenzimmer, um zu sehen, wer hier solch einen Krach im Flur machte und sah nun irritiert zwischen Harry und Severus hin und her.

„Was soll das Geschreie, Potter?“, fragte sie streng, als sie bei ihm angekommen war.

Erst jetzt bemerkte Harry, dass alle Schüler in der Nähe irritiert zu ihm sahen und ihn offenbar für verrückt erklärten.

„Offenbar hat Potter etwas dagegen, dass ich den selben Flur nutze, wie er“, zog Snape spöttisch eine Augenbraue hoch und unterstrich mit seinem Tonfall absichtlich die Meinung der herumstehenden Schüler.

„Was soll das denn bitte bedeuten? Potter?!“, verlangte McGonagall eine Erklärung.

Harry setzte gerade an etwas zu sagen, als Snape ihm erneut eine Erinnerung zuspielte.

„Ich mache gar nichts, sondern...“

|„Meine Güte, Potter, was hast du nun wieder für ein Wehwehchen?“|(5)

„Jetzt sei doch endlich mal ruhig!“

Alle bis auf Ron und Hermine sahen verwirrt zu Harry.

Nach einer kurzen Pause, die Harry leider verpasst hatte für eine Erklärung zu nutzen, fragte McGonagall schon wesentlich vorsichtiger: „Geht es Ihnen gut, Potter?“

„Unser Held hört wohl neuerdings Stimmen“, spottete Severus und Harry sah in seinen Augen, wie sehr er sich gerade auf seine Kosten amüsierte.

Einige der Schüler gingen ein Stück vom Geschehen weg, während andere leise zu Tuscheln begannen. Knurrend nahm Harry das zur Kenntnis und versuchte sich etwas unter Kontrolle zu bringen.

„Das stimmt nicht, Professor. Snape will nur, dass es so aussieht, um mich...“

„Ich habe die letzten Minuten keinen Finger gerührt, Potter“, mischte Severus sich sofort wieder ein, um eine Aufklärung zu verhindern. „Und nicht ich bin derjenige, der hier herumschreit.“

„Achja?!“, rief Harry aufgebracht zurück. „Dann solltest du vielleicht mal deine Hände aus der...“

„Mr Potter!“, unterbrach McGonagall ihn schockiert. „Womit erlauben Sie sich, in so einem Ton mit einer Lehrkraft zu sprechen?!“

„Ich versuche doch nur...“

„Vielleicht sollten Sie sich für heute frei nehmen und sich bei Madam Pomfrey melden.“

Vielleicht sollten Sie mal untersuchen lassen, ob bei Ihnen irgendwas kaputt ist!“

Zähneknirschend ballte Harry seine Hände zu Fäusten.

„Er provoziert das alles doch!“, rief Harry wütend aus und die Schüler zuckten zusammen. „Wenn er nicht seinen Zauberstab in der Hand hätte...“

„Es reicht, Mr Potter!“, rief McGonagall deutlich verärgert dazwischen. „30 Punkte Abzug von Gryffindor. Sie sollten sich langsam zusammennehmen!“

Harry öffnete erneut den Mund, doch mit einem Satz war Hermine bei ihm und hielt ihn an den Schultern.

„Keine Sorge, Professor, wir begleiten Harry zum Krankenflügel“, schaltete sie sich ein und verstärkte ihren Griff schmerzhaft, als Harry erneut protestieren wollte.

„Gut, beeilen Sie sich lieber“, nickte McGonagall und sah Harry weiterhin prüfend an.

Energisch schob Hermine ihn voran, hatte jedoch ordentlich zu kämpfen, da Harry nicht vorhatte, das Gespräch so ausgehen zu lassen. Doch sofort war Ron zur Stelle und half Hermine, damit sie so schnell wie möglich verschwinden konnten. Harrys Blick blieb fest mit dem von Severus verbunden, der ihm gehässig zuschmunzelte. Bei diesem Blick war Harry sofort wieder auf hundertachtzig, doch Ron war kräftig genug, um ihn zum Weitergehen zu bewegen.

Werden Sie erstmal erwachsen, dann dürfen Sie mitreden.“

Wütend schnaufend drehte Harry sich erneut zu Snape um, doch Ron drehte ihn wieder zurück und gab ihm einen Schubs.

„Jetzt lass es endlich gut sein. Diesen Kampf kannst du nicht gewinnen“, murmelte er ihm unauffällig zu.

Erst einige Flure später kontrollierten Ron und Hermine, ob keine Schüler mehr in der Nähe waren und ließen Harry dann schließlich los. Knurrend stützte Harry sich auf der nächsten Fensterbank ab und verkrallte sich an der Kante.

„Ich hasse ihn“, zischte er wesentlich kraftloser als gewollt und ergänzte sogar noch leiser: „Mieser Idiot.“

„Harry, so kann das nicht weitergehen“, seufzte Hermine mitfühlend auf. „Dieser ganze Streit hat doch absolut keinen Sinn mehr. Geh zu ihm und spreche dich mit ihm aus.“

„Wir haben uns doch ausgesprochen, hast du das immer noch nicht kapiert?“, beschwerte Harry sich. „Er hat mir doch schon seine Meinung gesagt, das brauche ich mir definitiv kein zweites Mal anhören.“

„Aber du hast selbst gesagt, dass du ihn angelogen hast, nur um ihn zu verletzen“, warf Hermine fast flehend ein. „Meinst du nicht, dass dann die Chance besteht, dass er auch nur gelogen hat?“

„Pfe“, machte Harry abfällig. „Er hat mir das schonmal an den Kopf geworfen.“

„Das heißt aber nicht, dass er es Ernst meint. Verdammt, wir reden hier von Snape. Er hat es sogar geschafft Voldemort zu belügen, jahrelang.“

Harry seufzte, gab seine angespannte Haltung auf und strich sich über die Augen.

Mit deutlich sanfterer Stimme fuhr Hermine fort: „Du hast gesagt, er hätte dich in Necrandolas so oft gerettet. Er hat sich sogar... geopfert. Glaubst du das würde er tun, wenn er wirklich denken würde, du seist es nicht wert?“

„Es geht doch gar nicht um...“, begann Harry, doch seine Kehle war zu zugeschnürt, um den Satz zu beenden.

Hermine verstand es einfach nicht. Dass Severus ihn gerettet hatte, bedeutete nur, dass Dumbledore sich voll und ganz auf ihn verlassen konnte. Sicherlich hatte Severus von Anfang an vorgehabt ihn zu beschützen, aber nicht um seiner selbst willen, sondern weil Dumbledore ihn für wichtig hielt. Nein... weil er laut Prophezeiung wichtig war. Severus wollte den Krieg beenden, also hielt er Harry am Leben, so einfach war das. Und er hatte ihm deutlich genug gesagt, wie satt er seine Aufgabe hatte, wie sehr Harry ihn immer wieder in Schwierigkeiten brachte... wie sehr Harry ihm sein Leben versaute.

Langsam sah Harry wieder zu Hermine, die nicht mit einem solch entschlossenen Blick gerechnet hatte und nun nicht wusste, wie sie das einordnen sollte.

„Ich bedeute ihm gar nichts, Hermine“, sagte er dunkel und kalt. „Er tut nur seine 'Pflicht'.“

„Aber...“, begann sie, wusste aber nicht, was sie sagen sollte.

Dafür konnte sie Harrys Gedankengänge einfach zu wenig nachvollziehen.

„Schon gut, Hermine“, beendete Harry die Diskussion und sah zu Ron, der nur mit gerunzelter Stirn zurücksah.

Bevor sein bester Freund noch erkennen würde, wie weh ihm dieser ganze Streit mit Severus wirklich tat, wandte Harry den Blick lieber ab und setzte sich in Bewegung, um zum Gryffindorturm zu gehen.

 

„Es ist sogar noch später geworden, als ich dachte“, flüsterte Hermine besorgt, als sie zur großen Turmuhr blickte.

„Aber trotzdem hätte es schlimmer kommen können“, erwiderte Harry und drängte seine Freundin, weiterzulaufen.

Inzwischen war es selbst zu zweit schwierig, sich unter dem Tarnumhang zu verstecken, also blieb ihnen nichts anderes übrig, als sehr langsam zu laufen. So leise wie möglich betraten sie die Eingangshalle und schlichen die nächste Treppe hoch. Es war inzwischen halb 12, vorher hatten sie sich nicht von Hagrid lösen können. Den ganzen Abend waren sie damit beschäftigt gewesen, ihrem großen Freund Tee einzuschenken und aufmunternde Worte zu finden, und trotzdem waren bei ihm die Tränen in Bächen geflossen.

„Es wird schlimmer kommen, wenn man uns erwischen sollte“, zischte Hermine besorgt und sah immer wieder hinter sich.

„Wenn du aufhörst zu reden und nicht so herumzappelst, werden wir schon nicht erwischt“, antwortete Harry leise, was ihm einen beleidigten Blick von der Hexe einbrachte.

Tatsächlich kamen sie ohne Probleme im Gryffindorturm an, wo nur noch Ron vor dem Kamin saß und ungeduldig auf sie gewartet hatte.

„Und, wie lief's?“

„Sie wird dir nie wieder etwas tun können“, antwortete Hermine. „Wir haben sie hinter Hagrids Hütte begraben.“

„Gut“, atmete Ron durch und erhob sich. „Dann hoffe ich, dass sie mich auch in meinen Träumen in Ruhe lässt.“

Gähnend streckte er sich und wanderte Richtung Schlafsaal, Harry im Schlepptau. Harry hatte sich noch nicht einmal richtig zugedeckt, da war von Ron bereits nur noch Schnarchen zu hören. Amüsiert schnaubte der Gryffindor. Nach Träumen von Acromantulas sah das definitiv nicht aus.

 

Gefährlich blitzten ihm acht Augen entgegen. Zusätzlich ließ das Ungetüm ihre Zangen klacken, sodass Harry eine Gänsehaut bekam. Das Tier war so flink, dass Harry zu spät reagierte und ehe er sich versah, war er von den vielen Beinen eingekesselt. Die Zangen schnellten auf ihn zu, würden ihn mit zwei Bissen sicherlich in der Mitte zerteilen können... Doch da stand bereits Severus vor ihm und hielt die Acromantula mit bloßen Händen von ihnen fern.

„Was machst du denn da?!“, rief Harry aufgebracht aus.

„Wonach sieht es denn aus?!“, kam die ebenso ruppige Antwort.

Severus schob die Spinne einmal kräftig zurück und sie entfernte sich zwei Schritte von ihnen. Die Gelegenheit nutzte der Slytherin, um sich zu Harry umzudrehen.

Mit wütend funkelnden Augen rief er: „Dein beschissenes Leben retten natürlich! Irgendwer muss das ja machen, weil du zu blöd bist auf dich selber aufzupassen!“

„Ich habe dich nicht um deine Hilfe gebeten“, wollte Harry ebenso bissig zurückrufen, doch der kalte Schauer, der ihm über den Rücken lief, sorgte für eine deutlich ruhigere Tonlage.

„Und ich habe ebenso wenig darum gebeten, ständig für dich meinen Hals zu riskieren!“, Severus' Augen sprühten geradezu. „Du bist ein einziger Fluch. Mein Fluch!“

„Vorsicht!“, rief Harry erschrocken, doch da war es schon zu spät.

Die Spinne hatte Severus von hinten erwischt, der die Augen aufriss und einen röchelnden Laut von sich gab.

„Nein!“, schrie Harry und fing den Slytherin auf, dessen Beine nachgaben. „Severus! SEVERUS!“

„War ja klar“, röchelte Severus unter Schmerzen und Husten.

Blut floss ihm aus dem Mund, welches er auf Harrys Schulter hustete. Dann sah er noch einmal zu Harry auf.

Kaum verständlich und mit viel Husten dazwischen, sagte Severus: „Irgendwann musste ich ja wegen dir sterben.“

„NEIN!“

Kerzengerade saß Harry im Bett. Sein Herz raste, ebenso wie sein Atem und nur langsam begriff er, dass er geträumt hatte. Zum Glück gewöhnte er sich inzwischen an, einen Stillezauber zu legen, damit Dean, Seamus und Neville ihn nicht für verrückt hielten, wenn er ständig schreiend aufwachte. So konnte Harry sich also ungestört beruhigen, tief durchatmen und sich aus der Decke schälen. Also so viel zu den bösen Träumen von Acromantulas. Ächzend ging er ins Bad und klatschte sich als erstes kaltes Wasser ins Gesicht, denn inzwischen wusste er, dass ihn das am besten zurück in die Realität holte. Tief durchatmend sah Harry auf in den Spiegel und stützte sich am Waschbecken ab. Wirklich fit sah er nicht aus, der Schrecken war ihm noch anzusehen.

„Verdammt“, flüsterte Harry erschöpft und strich sich mit der nassen Hand durchs Haar.

Warum begann seine andere Hand jetzt wieder zu zittern an?

„Grrr“, machte Harry und klatschte sich die nächste Ladung Wasser ins Gesicht.

Er musste doch endlich gelernt haben sich zu beherrschen. Er musste über seinen Träumen stehen, sonst würden sie nie verschwinden. Nein, er durfte sich von so etwas nicht mehr ängstigen lassen!

Entschlossen sah Harry erneut in den Spiegel, doch den Blick konnte er nicht lange halten, als ihn wieder Severus' Worte im Ohr nachklangen. Etwas viel schlimmeres als die Angst vor diesen grausamen Bildern machte sich in ihm breit: Schuldgefühle. Das Spielchen kannte er bereits, denn Sirius' Tod ging auch auf seine Rechnung. Vielleicht hatte Severus ja Recht. Vielleicht war er wirklich verflucht.

„So ein Blödsinn!“, zischte Harry und schüttelte unwirsch den Kopf, um diesen Gedanken schnell wieder loszuwerden.

Er durfte gar nicht erst anfangen so zu denken. Die Prophezeiung, sie war der wirkliche Fluch. Ohne die Prophezeiung wären seine Eltern und auch Sirius nie gestorben. Das hieß aber auch, dass tatsächlich jeder in seiner Nähe in Gefahr war. Wie konnte er es Severus dann verübeln, dass er nichts mit ihm zu tun haben wollte? Mit einem erschöpften Seufzen strich Harry nun mit beiden Händen durch sein Haar und ließ sich an der Wand zu Boden sinken. Vielleicht war es ganz gut, dass sie sich zerstritten hatten, denn so wäre Severus außer Gefahr. Wenn da nur nicht sein wütender Blick wäre... dieser Blick, der eigentlich nur versteckte, wie verletzt Severus war.

„Verdammt“, murmelte Harry gequält und versteckte Haare raufend sein Gesicht.

Er musste sich bei Severus entschuldigen. Er musste ihm sagen, dass alles, was er gesagt hatte, eine glatte Lüge gewesen war. Aber was dann? War es nicht einfacher, wenn sie weiterhin zerstritten blieben und jeder seinen eigenen Weg ging? Aber er vermisste den Slytherin so sehr. Jetzt gerade vermisste er ihn schrecklich.

Harry gab ein Geräusch von sich, das halb schluchzen und halb lachen über sich selbst war, und wischte sich kurz übers Gesicht, um danach mit dem Handballen auf der Stirn zu verharren. Tief durchatmend schloss er die Augen und biss sich auf die Lippe. War das zu fassen? Da wurde er von Severus angefaucht, dass er ihm sein Leben versaute, kam sogar selbst zu der Erkenntnis, dass der Slytherin Recht hatte, und trotzdem würde er gerade nichts lieber tun, als zu ihm zu rennen. Er wollte ihn sehen, er wollte seine Stimme hören, und sei es nur, indem Severus ihm wegen der späten Stunde wüste Beschimpfungen an der Tür entgegenschleuderte.

„Was bin ich nur für ein Egoist“, flüsterte Harry vor sich hin.

Es wäre viel gesünder für Severus, wenn Harry tatsächlich auf Abstand bleiben würde. Für jeden wäre es gesünder. Sollte das etwa sein Schicksal sein? 'Keiner kann leben, während der andere überlebt'. Das konnte man auch so interpretieren, dass Harry alleine bleiben musste, bis Voldemort vernichtet war. Und das muss auch das gewesen sein, was Severus gemeint hatte. Er wollte nicht elendig verrecken, nur weil er Kontakt mit Harry hatte. Wie sollte er ihm das bitte übel nehmen?

Ich mache das, weil ich dich einfach nicht mehr ertragen kann!“

Zittrig entließ Harry die Luft und senkte erneut den Kopf. Was machte er sich vor, es lag nicht nur an der blöden Prophezeiung. Severus betrachtete ihn als Klotz am Bein, als Nervensäge... auf Dauer würde es nie mit ihnen beiden gut gehen. Und trotzdem konnte Harry diese tiefschwarzen Augen einfach nicht vergessen. Verdammt, er sehnte sich so sehr nach dem anderen, dass es weh tat!

„Ach, du bist hier. Ich hab mich gewundert, wieso hier Licht an ist“, riss plötzlich Rons Stimme den Gryffindor aus seinen Gedanken.

Erschrocken sah er kurz zum Rotschopf auf, wich seinem Blick aber gleich wieder aus. Noch ziemlich verschlafen musterte Ron seinen Freund und runzelte verwundert die Stirn.

„Was sitzt du denn hier auf dem Boden herum? Alles in Ordnung? Hast du... weinst du etwa?“

„Nein“, erwiderte Harry schnell und stand fahrig auf, wich dem Blick seines Freundes aber weiterhin aus. „Es ist nichts, ich hab nur... ich hatte nur wieder einen Traum, nichts weiter.“

„Hmhm“, machte Ron etwas skeptisch und musterte Harry besorgt. „Dann solltest du vielleicht einen Traumlostrank nehmen. Ich weiß, das willst du vermeiden, aber du siehst echt fertig aus und um dieses mal wach zu bleiben, ist es wirklich noch zu früh.“

„Ja, vermutlich. Ich... Ich werde gleich einen nehmen.“

Damit schob Harry sich an Ron vorbei zurück in den Schlafsaal, noch immer mit Rons besorgtem Blick im Rücken.

„Hör mal, wenn es hilft... wenn du reden willst, oder wenn ich eine Weile wach bleiben soll...“

„Nein, ist nicht nötig, Ron. Trotzdem Danke.“

Damit schlüpfte Harry zurück in sein Bett und zog die Decke hoch. Nach kurzem Überlegen griff er tatsächlich noch nach dem Traumlostrank aufm Nachttisch, trank einen Schluck und machte es sich dann gemütlich, Ron den Rücken zudrehend. Für einen kurzen Moment lang war es still, ehe Ron sich langsam aus seiner Starre löste und zu seinem eigenen Bett hinüberging. Harry war froh, dass sein Freund offenbar tatsächlich nicht weiter nachhaken wollte, und gab seine angespannte Haltung auf.

„Dann gute Nacht.“

„Gute Nacht, Ron.“

 

Der nächste Morgen kam schleppend. Harry hatte in der Nacht noch lange wachgelegen und sich wegen Severus' abweisendem Verhalten in Selbstmitleid ertränkt, aber inzwischen war die Melancholie verflogen. Anscheinend war tatsächlich der Albtraum Schuld an seiner Stimmung gewesen. Harry versuchte so gut wie möglich zu überspielen, wie sehr ihn die letzte Nacht gerädert hatte und offenbar bekam er das sogar einigermaßen hin. Hermine schien erstaunlicherweise nichts zu bemerken und so musste Harry nur die Seitenblicke von Ron ignorieren. In der Halle war es ungewöhnlich laut, was wohl daran lag, dass es Freitag war und morgen ein Ausflug nach Hogsmeade anstand.

„Es wundert mich, dass die Hogsmeade Wochenenden immer noch vertretbar sind, jetzt, wo so viele Menschen inzwischen verschwunden sind. Die Wahrscheinlichkeit ist doch sehr hoch, dass Todesser einen Schüler als Geisel nehmen, um die Eltern zu erpressen, oder?“, runzelte Hermine skeptisch die Stirn.

„Ich glaube, die Schüler, bei denen das wahrscheinlich ist, sind entweder schon von der Schule genommen worden oder gehen nicht nach Hogsmeade“, zuckte Ron lässig die Schultern, als sei dies offensichtlich.

„Also solange da kein Flohmarkt ist, bin ich dabei“, gab Harry seinen Kommentar ab, der seinen Freunden wohl mehr Unbehagen bereitete, als ihm selbst.

Hermine räusperte sich sogar kurz und sah sich im Saal um, als suche sie nach einem Themenwechsel. Und diesen fand sie sogar.

„Also entweder bilde ich mir das ein, oder Cornfoot behält dich im Auge, Harry.“

Stirnrunzelnd drehte Harry sich ebenfalls zum Ravenclawtisch um und fand nach einigem suchen Cornfoot, der allerdings gerade mit seinem Sitznachbarn sprach und sich keineswegs auffällig benahm.

„Das bildest du dir bestimmt ein“, antwortete Harry nur und wandte sich wieder seinem Essen zu.

„Da!“, sagte nun Ron, der neben Hermine einen ebenso perfekten Blick zu den Ravenclaws hatte. „Er hat tatsächlich kontrolliert, ob du noch zu ihm schaust.“

„Ach, hört doch auf damit, das ist Kinderkram“, murrte Harry, während er aß.

Doch jetzt sah sogar Hermine nicht gerade unauffällig ständig herüber. Als sich ihr Blick wieder mit dem von Stephen traf, beugte sie sich grinsend zu Harry herüber.

„Er scheint ja noch interessiert zu sein.“

„Hermine, schonmal was von Unauffälligkeit gehört?“, stöhnte Harry auf. „Du kannst doch nicht anfangen zu grinsen, wenn er herschaut.“

„Dooch, kann ich“, grinste Hermine noch breiter. „Weil ich ihm so indirekt zeige, dass auch du nicht desinteressiert bist.“

Fassungslos vergaß Harry das Essen und sah seine Freundin an, deren Grinsen immer listiger wurde.

„Seit wann schlummert denn eine Slytherin in dir?“, fragte Ron und Harry pflichtete ihm nur bei.

„Außerdem“, ging er automatisch in Verteidigung über, „ist das wieder so eine Masche, die nur Frauen kapieren.“

„Na, umso besser“, zog Hermine herausfordernd eine Augenbraue hoch. „Dann hält er diese Masche ja vielleicht sogar für echt.“

Kopfschüttelnd wandte Harry sich wieder seinem Frühstück zu.

„Ach komm schon, Harry“, warf Hermine ein. „Du hast dich doch ganz gut mit ihm verstanden. Dann kann es doch nicht schaden, ihn neugierig auf dich zu machen, oder?“

Skeptisch sah Harry erneut auf.

Nach einer Pause argumentierte die Hexe weiter: „Rede doch einfach mal mit ihm. Was spricht gegen eine simple Unterhaltung? Wenn du dich nicht wohl fühlst, brichst du das Ganze einfach wieder ab.“

Harry seufzte und sah fragend zu seinem besten Freund, der nur ratlos die Schultern hochzog.

„Also schön“, gab Harry klein bei, doch nach einer weiteren Pause, fragte er fast verzweifelt: „Und worüber soll ich mit ihm bitteschön reden?“

„Naja, Quidditch wäre sicherlich ein besonders einfacher Einstieg“, zuckte Hermine die Schultern. „Und dann schaut ihr mal, wie sich das Gespräch entwickelt. Versuche ihn einfach mal kennenzulernen. Frage ihn nach Hobbys, Musik, Hassfächern...“

„Hassfächer?“, warf Ron verwundert ein und musterte Hermine skeptisch. „Kommt das gerade ernsthaft von dir?“

Augenverdrehend antwortete sie: „Die einfachste Art Konversation zu machen ist, gemeinsam über Hassfächer abzuziehen.“

„Naja, bei dir wäre es nicht einfach, schließlich hast du keine Hassfächer“, grinste Ron und Hermine gab ihm einen halbherzigen Schlag auf die Schulter.

Während Hermine versuchte Harry noch weitere Tipps zu geben, standen die ersten Schüler auf, um zum Unterricht zu gehen. Auch Harry und Hermine erhoben sich, mussten allerdings auf Ron warten, der sich noch schnell ein weiteres Toast einverleiben wollte. Also standen sie da, mit geschulterten Taschen und Harry ließ seinen Blick durch die Halle schweifen. Nach einigem Zögern sah er zu Cornfoot herüber, der ebenfalls seine Sachen zusammensammelte. Als er sich zum Aufbruch bereit machte, traf sich sein Blick mit dem von Harry. Er schien überrascht zu sein, dass der Gryffindor nicht wegsah, was Harry zum Grinsen verleitete. Nach nur kurzem Zögern, kam ein Lächeln zurück und Harry bemühte sich, nicht allzu scheu zu wirken. Wenn er wirklich mit Cornfoot ins Gespräch kommen wollte, musste er ihm das schon irgendwie zeigen, da hatte Hermine Recht. Stephens Grinsen wurde nun frecher und strahlender, bevor er sich wieder seinen Freunden zuwandte und die Halle verließ.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe, die Szene im Bad ist so in Ordnung. Irgendwie hab ich das Gefühl, ich hab mich da nicht genug reingehängt.
Bis Donnerstag! ^^

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(1) Rowling, Joanne K. (2003): Harry Potter und der Orden des Phönix. Hamburg: Carlsen Verlag GmbH. S.694.
(2) Rowling, Joanne K. (2003): Harry Potter und der Orden des Phönix. Hamburg: Carlsen Verlag GmbH. S.630.
(3) Rowling, Joanne K. (1999): Harry Potter und der Gefangene von Askaban. Hamburg: Carlsen Verlag GmbH. S.296/297.
(4) Rowling, Joanne K. (2003): Harry Potter und der Orden des Phönix. Hamburg: Carlsen Verlag GmbH. S.762.
(5) Rowling, Joanne K. (200): Harry Potter und der Feuerkelch. Hamburg: Carlsen Verlag GmbH. S.537. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Salatgurke
2016-10-04T19:08:00+00:00 04.10.2016 21:08
Jetzt taucht wieder Cornfoot auf...
Boah ich hassen ihn! XD
Aber Snape könnte auch langsam mal wieder zur Vernunft kommen.
Ich meine ich kann es nachvollziehen.
Harry hat all seine Ängste bestätigt und vielleicht kommt er sich auch doof vor...
Aber trotzdem. Das ist doch kein Grund...
Ich wäre dafür das Harry sich entschuldigt XD

Freue mich auf Mo :)
Antwort von:  Salatgurke
04.10.2016 21:10
Ich meine Do XD
War ein langer Tag... XD


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