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Selbstachtung

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Selbstachtung

Ein Erdbeben erschütterte die Capsule Corporation.

Bulma, die zusammen mit ihrer Mutter in der Küche saß, klammerte sich an den Tisch fest und beobachtete, wie ihre Kaffeetasse auf Wanderschaft ging und hinunterfiel. Sie zerschellte auf den Fliesen und verteilte ihren Inhalt mit wüsten Spritzern auf dem Boden.

Sie hörte, wie ihre Mutter ein verwirrtes »Seid wann gibt es hier Erdbeben?« murmelte, antwortete ihr jedoch nicht. Bulma wusste, dass die Erschütterung ihres Heimes nicht das Geringste mit einer Naturkatastrophe zu tun hatte. Vegetas selbstmörderische Einstellung war eine Katastrophe und für einen überstolzen Saiyajin wahrscheinlich natürlich, doch für sie war sie vor allem eines: nicht gesund.

Sie stolperte zur Tür herüber, rannte den Flur entlang und stürmte nach draußen. Einen Augenblick lang starrte sie ungläubig auf die Stelle, an der ihr Raumschiff gestanden hatte, in dem Vegeta Tag für Tag trainierte. Es war verschwunden – oder besser gesagt, es hatte sich in einen dampfenden Haufen Schutt verwandelt.

Was bildete sich dieser Kerl ein, die Erfindung ihres Vaters, an der er lange hart gearbeitet hatte, in unnützes Altmetall zu verwandeln?

Sie presste die Hände in die Hüften und stapfte missgelaunt los. Falls von diesem arroganten Mistkerl etwas übrig geblieben war, konnte er sich auf etwas gefasst machen …
 

Die Wut, die sie auf den überheblichen Möchtegern-Prinzen verspürte, hielt nur einen Moment an, bis sie in Sorge umschwang. Ihre schweren Schritte wurden leichter und schneller und gingen schließlich in Rennen über. Sie stieg über Trümmer, hielt nach dem Mann Ausschau, der sie trotz ihrer Gastfreundschaft größtenteils wie Luft behandelte.

Sie verstand nicht, warum sie ihn nicht schon heraus geschmissen hatte – er verdiente die Fürsorge, die sie ihm entgegenbrachte, nicht – und dennoch konnte sie ihm nicht seinem Schicksal überlassen. Fieberhaft überblickte sie den Metallschrott, der in seinem vorigen Zustand ein Vermögen wert gewesen war, und hoffte, den unfreundlichsten Gast, den sie jemals beherbergt hatte, zu finden. Und vor allem hoffte sie auf ein Lebenszeichen von ihm. Auch wenn es seine eigene Schuld war, dass das Raumschiff explodiert war, fühlte sie sich verantwortlich für das, was geschehen war. Wenn sie ihn sterben ließ – das hieß, wenn er die Explosion überlebt hatte –, war sie keinen Deut besser als er.

Bulma räumte Schutt beiseite, suchte und suchte – und da war er. Sie stürzte zu ihm herüber, ging auf die Knie, legte ihr rechtes Ohr auf seine Brust. Sein Herz schlug langsam und sein Atem war schwach, doch er war am Leben. Sie stieß einen Seufzer aus und ignorierte die Tränen der Erleichterung, die ihr in die Augen stiegen, während sie den bewusstlosen Vegeta musterte.

Er sah nicht so schlimm aus, wie sie befürchtet hatte. Seine Kleidung war an einigen Stellen zerrissen oder versengt und die Haut, die frei war, wies Verbrennungen auf. Ein Arm und ein Bein schienen gebrochen zu sein, da sie in einem merkwürdigen Winkel lagen, doch er schien nicht in Lebensgefahr zu sein. Die Robustheit dieser Saiyajins erstaunte sie jedes Mal wieder.

Medizinische Versorgung brauchte er trotzdem und so begann sie, ihre Hosentaschen hektisch nach ihrem Handy zu durchwühlen.
 

»Schatz«, hörte sie ihre Mutter kurz darauf rufen, »was ist hier passiert?«

Bulma stellte die Suche nach ihrem nicht vorhandenen Telefon ein. »Mum«, rief sie aufgebracht, »ich erkläre es dir später! Bitte ruf sofort einen Krankenwagen!«
 

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Ein Piepen.
 

Kakarotts Aura verändert sich, helle Linien durchziehen seine schwarzen Haare, färben sie einen Bruchteil einer Sekunde später in ein lichtes Blond. Die Energie, die er ausströmt, ist unglaublich, scheint ins Unendliche zu steigen. Kakarott ist der legendäre Super-Saiyajin!
 

Unruhig wälzte sich Vegeta hin und her. Ein erneutes Piepen erklang.
 

Das Szenario wechselt. Er sieht nicht mehr seinen Erzrivalen, der Freezer in seiner finalen Form gegenüber steht, sondern den fremden Jungen.
 

Seine Gedanken werden klarer, der penetrante Piepton lauter.
 

Als wäre es seine leichteste Übung, verwandelt sich der Junge in einen Super-Saiyajin. Er zieht sein Schwert – piep – und verarbeitet Freezer und seinen Anhang zu einer Portion Hackfleisch. Er wirkt ruhig, gelassen, als wäre es nicht mehr als eine Fingerübung für ihn gewesen …
 

Schweiß rannte ihm in Strömen von der Stirn, aus seinem ganzen Körper. Er biss die Zähne zusammen, verzerrte das Gesicht in seinem Dämmerzustand zu einer Grimasse.

Kakarott hatte ihn wieder übertrumpft, aber noch schlimmer war, dass es dieser Jüngling, der kein vollwertiger Saiyajin sein konnte, geschafft hatte. Ihm, Vegeta, dem stolzen Prinzen der Saiyajin sollte das Privileg, ein Super-Saiyajin zu werden, zuerst zufallen, nicht einem Trottel, der als Baby seine Mission nicht erfüllt hatte.

Wie er die beiden hasste, wie er sich hasste! Er hatte gegen einen Dummkopf und einen Halbwüchsigen verloren und die Gewissheit, dass er nicht wusste, ob er sie jemals einholen würde, zerfraß ihn von innen.
 

Er öffnete die Augen, registrierte nicht, dass er sich in einem Krankenzimmer befand und wollte aufspringen, um sein Training fortzuführen, als ihn ein unglaublicher Schmerz in seinem rechten Bein, dann in seinem ganzen Körper in die Realität zurückholte.

Stöhnend sank er zurück aufs Krankenbett, hörte erneut das Piepen, das schneller geworden war.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht blickte er in die Richtung, aus der das Geräusch kam, folgte den Kabeln, die aus dem Gerät heraus führten und unter dem Saum seines Shirts oder Was-auch-immer verschwand. Man hatte ihn an diese Maschinerie, die seine Herzfrequenz überwachte, angeschlossen! Und – er warf einen Blick unter die Decke – er trug ein Nachthemd! Diese verdammten Mistkerle, die ihn von seinem Training abhielten, hatten ihn in diese grauenhafte Weiber-Klamotte gesteckt. Wie erniedrigend!

Er hob den Arm, griff nach den Kabeln und wollte daran ziehen, doch wenn die Schmerzen ihn nicht davon abgehalten hätten, wäre es die Nervensäge mit den türkisblauen Haaren gewesen, die auf einem Stuhl neben dem Tisch saß und ihm argwöhnische Blicke zuwarf.
 

»Was gibt’s da zu glotzen?«, fuhr er Bulma an, klang aber nicht halb so angriffslustig, wie er gewollt hatte.

Ihre dünnen Augenbrauen zogen sich zusammen und vereinigten sich beinahe zu einer Linie. Sie stand auf und stemmte die Hände in die Seiten.

»Was bildest du dir ein?«, blaffte sie zurück. »Seit drei Tagen sitze ich fast ununterbrochen hier und du maulst mich an, anstatt ein bisschen dankbar zu sein.«

»Ich habe dich nicht gebeten, das zu tun«, zischte er angriffslustig.

»Nein«, sie holte tief Luft, »das hast du nicht, aber –«

»Du bist selbst Schuld, wenn du deine Zeit mit jemanden verschwendest, der dich zum Kotzen findet«, unterbrach er sie.
 

Bulma ballte ihre rechte Hand zur Faust und drückte sie auf ihr Herz, das mit einem Schlag schneller schlug. Vegeta bemerkte es nicht.
 

»Ich pfeife auf deine Gesellschaft«, fuhr er verbittert fort. »Ich pfeife auf deine ganze, widerwärtige Rasse, die sich Mensch nennt. Ich komme großartig ohne euch zurecht.«

Es drängte sie, ihm die übelsten Beleidigungen um den Kopf zu werfen, um ihn eines Besseren zu belehren, doch stattdessen brach sie unerwartet über sein Gesagtes in Gelächter aus.

»Du kommst ohne uns Menschen zurecht?«, prustete sie und deutete ausladend auf seinen bandagierten Körper. »Das sehe ich, du Mumie!«

Wütend starrte er sie an, sagte jedoch nichts.

»Ohne mich würden sich jetzt wilde Tiere über deine Überreste hermachen«, fuhr sie aufgebracht fort. »Also stecke dir dein ›Ich komme allein zurecht‹ sonst wo hin.«

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wandte sich ab.
 

Einen Moment herrschte Ruhe, dann bemerkte er mit für ihn ungewohnt ruhiger Stimme: »Ohne dich und die dilettantischen Fähigkeiten deines Vaters wäre das Raumschiff nicht explodiert und ich nicht in dieser Lage.«

Bulma fuhr zu ihm um und funkelte ihn böse an. Wenn er durch den Albtraum und die Wärme des Zimmers nicht am Schwitzen gewesen wäre, hätte sie ihn zweifellos dazu gebracht.

»Ohne meinen Vater und mich würde das Raumschiff, das du für dein unsinniges Training missbrauchst, nicht mal existieren!«, gab sie zurück. »Also, wie hätte der Herr ohne erhöhte Schwerkraft trainieren wollen?«

»Hätte, wäre, wenn – so eine Scheiße interessiert mich nicht!«, knurrte er. »Und jetzt wickle mich gefälligst aus diesen verdammten Bandagen, damit ich abhauen kann.«

»Denkst du wirklich, ich lasse mir von einem Volltrottel wie dir Befehle erteilen?«, erwiderte sie und lachte abermals künstlich. »Und überhaupt: Wie weit willst du mit einem gebrochenen Arm und Bein kommen, bevor du vor Schmerzen ohnmächtig wirst?«

»Kann dir doch egal sein«, zischte er. »Und jetzt mach mich los!«

»Und ich sagte, dass ich das nicht tun werde«, wiederholte sie langsam. »Du bleibst, bis es dir wieder gut geht. Das bist du mir schuldig.«

»Ich bin dir überhaupt nichts schuldig.«

»Ach, nein?« Sie näherte sich seinem Gesicht und ihre Augenbraue zuckte bedrohlich. »Wer hat dir die Unmengen Essen gegeben, die du täglich in dich hinein schaufelst? Wer hat dir ein Dach über dem Kopf gegeben und wer ermöglicht es dir, dein dummes Ziel, stärker als Son-Goku zu werden, weiter zu verfolgen?«

»Das ist kein dummes Ziel«, murmelte er zähneknirschend, doch sie überhörte ihn.

»Seit einem Dreivierteljahr wohnst du für lau bei mir und ich erwarte nicht einmal ein Dankeschön. Stattdessen kassiere ich Arschtritte von dir, sogar nachdem du die teure Erfindung meines Vaters in die Luft gesprengt hast.« Sie kam mit erhobenen Zeigefinger noch näher. Er zuckte kaum merklich zusammen und zu seinem Glück bemerkte sie es nicht. »Du bist mir so viel schuldig, wie du in deinen nächsten zehn Leben nicht wieder gutmachen kannst!«
 

Vegeta öffnete den Mund und klappte ihn wieder zu. Die Frau hatte sich dermaßen in Rage geredet, dass es keinen Sinn ergab, weiter gegen sie anzureden. Was verstand eine dumme Menschenfrau wie sie schon von den Intentionen eines Saiyajin-Prinzen? Nicht das Geringste und das würde sie nie. Aber das war ihm egal. Weil sie ihm egal war.
 

Er beschloss, ihren Monolog zu ignorieren und fragte ironisch: »Soll ich vor dir niederknien und dir die Füße küssen, damit du mich von diesem Mist befreist?«

Sein Kopf zuckte in Richtung der Verbände.

Bulmas Miene verzerrte sich mehr zu einer wütenden Grimasse. Er erwartete, dass sie ihm eine Ohrfeige verpassen würde, wie es aufgebrachte Menschenfrauen gern taten, doch stattdessen kehrte sie ihm den Rücken zu und ging zur Tür.

»Du bleibst hier!«, legte sie beherrscht fest. »Wenn du fit bist, kannst du dich verpissen wohin du möchtest, du arroganter Mistkerl, aber bis dahin setzt du nicht einen Fuß aus diesem Krankenhaus.«

Gerade, als er zu einem »Und wie willst du das anstellen?« ansetzte, fuhr sie fort: »Wenn du auch nur den Versuch einer Fluch veranstaltest – und in deinem Zustand wirst du nicht weit kommen –, hole ich Son-Goku her, damit er auf dich aufpasst.« Ihrer Stimme schwang ein Hauch Belustigung mit. »Und die Schmach, dass er dich so sieht, möchtest du dir sicher nicht geben, oder?«
 

Vegeta konnte das Grinsen auf ihrem Gesicht nicht sehen, aber er wusste, dass dort eines war.

Dieses Teufelsweib! Sie hatte ihn komplett in der Hand.
 

Er biss die Zähne zusammen. Bis die Cyborgs auf der Erde auftauchten und er Kakarott zeigen konnte, dass er besser als er war, blieben ihm etwas mehr als zweieinhalb Jahre. Und auch wenn er es nicht gern zugab: Die Frau hatte Recht. Wie sollte er mit gebrochenen Knochen trainieren?

Zweieinhalb Jahre waren nicht viel und nur ein paar Wochen mit Nichtstun zu verschwenden, während sein Erzfeind bis zur Erschöpfung trainierte, konnte er sich nicht leisten. Verfluchter Kakarott, verfluchter fremder Bengel … Allein der Gedanke an die beiden, die Stärke, die sie arrogant zur Schau gestellt und ihn damit verhöhnt hatten, machten ihn krank.

Er suchte nach einem Ausweg aus dieser verfluchten Lage und bekam einen Geistesblitz. Der Einfall war so simpel und genial, dass er sich fragte, warum er nicht eher darauf gekommen war.
 

»Warum ersparen wir uns das Ganze nicht und du gibst mir eine von diesen komischen Bohnen?«, fragte er. Seiner Stimme schwang eine selten gehörte Euphorie bei. »Dann bist du mich auf der Stelle los.«

Bulmas Hand umklammerte den Türgriff, dann ließ sie los und drehte sich zu ihm um. Auf ihren Lippen stand ein unheimliches Lächeln. Sie deutete ein Unheil verkündendes Kopfschütteln an.

»Meister Quitte sagt, es gibt erst in sechs Monaten wieder magische Bohnen«, sagte sie und ihr Ton glich einem fröhlichen Singsang. »Tut mir leid.«
 

Vegeta malträtierte mit den Zähnen seine Unterlippe. Was für eine schlechte Schauspielerin … Sogar ein Dummkopf sah ihr auf den ersten Blick an, dass es ihr nicht im Geringsten leidtat. Diese scheinheilige Hexe!

Trotzdem hatte er keine Wahl. Vorerst hielt sie ihn in ihrem Bann gefangen, doch sobald sich die Gelegenheit ergab, konnte sie seinen Staub schlucken.
 

»Was möchtest du zum Mittag essen?« Ihre Stimme holte ihn aus seiner Welt aus Rachegedanken. »Du musst hungrig sein, schließlich hast du drei Tage lang nichts gegessen.«

Er blickte sie an und fühlte sich geohrfeigt. Das falsche Grinsen war von ihrem Gesicht verschwunden und hatte einem echten, freundlichen Lächeln Platz gemacht. Was sollte dieser Stimmungswechsel?

»Ich habe keinen Hunger«, murrte er. »Verschwinde, Weib.«

Sie rührte sich nicht vom Fleck und sah ihn weiterhin an. Vegeta fühlte sich unwohl, wagte sich aber nicht, sie auf unfreundlichere Weise nach draußen zu schicken.

»Ich sagte –«
 

Ein lautes Magenknurren schnitt ihm die Worte im Mund ab. Verdammt, warum musste das jetzt passieren? Seit er aufgewacht war, hatte dieses lästige Organ keinen Mucks von sich gegeben und ausgerechnet dann, wenn er es gar nicht gebrauchen konnte, machte es auf sich aufmerksam. Natürlich! Wenn eines nicht nach Plan verlief, ging alles schief.
 

»Verstehe«, flötete Bulma. »Warte hier, ich rufe den Lieferservice an – obwohl« – sie warf ihm einen belustigten Blick über ihre Schulter zu – »abhauen kannst du ja nicht.«

Sie verließ das Krankenzimmer, schloss die Tür hinter sich und er war froh, dass sie den Rotschimmer auf seinem Gesicht – eine Mischung aus Wut und peinlicher Berührung – in diesem Moment nicht sehen konnte.
 

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Vegeta klammerte sich an der Krücke fest, die auf dem frisch gewischten Fliesen abzurutschen drohte. Er schloss die Augen, konzentrierte sich darauf, das Gleichgewicht zu halten, doch es nutzte nichts. Er verlor den Halt, die Gehhilfe fiel mit einem Krachen zu Boden. Kurz gelang es ihm, sich zu halten, dann rutschte sein bandagiertes Bein unter seinem Gewicht nach vorn. Er erwartete, dass er schmerzhaft auf den Rücken fiel, doch das geschah nicht. Stattdessen fühlte er eine Berührung seiner Schulter, eine Hand, die sich in seine Seite grub und den Sturz abfing.

Ein Hauch Parfüm wehte ihm in die Nase. Normalerweise hätte er den Geruch als aufdringlich empfunden, aber zu der Person, die es aufgetragen hatte, passte er. Vegeta kam sich bei diesem Gedanken reichlich dämlich vor, vergaß ihn jedoch, als ihm seine Hilflosigkeit erneut bewusst wurde. Vierzehn Tage waren vergangen, doch seine Knochenbrüche waren nicht so gut verheilt, wie er gehofft hatte. Er trat auf der Stelle, während Kakarott stärker wurde und er selbst von einer schwachen Menschenfrau gestützt wurde, ohne die er sich nicht auf den Beinen halten konnte. Welche Schmach.
 

»Alles in Ordnung?«, hörte er Bulma besorgt fragen.
 

Ihm war bewusst, dass sie es nicht so meinte und trotzdem klangen ihre Worte in seinen Ohren wie höhnischer Spott.
 

»In Ordnung?«, fuhr er sie an. »Sieht das hier aus, als wäre alles in Ordnung?«
 

Er riss sich von ihr los, lehnte sich mit der Seite an die Wand, um einen Halt zu haben und angelte nach der Krücke. Vegeta streckte seinen Arm, seine Finger, seinen Oberkörper, bis die Schmerzen in ihm kaum noch auszuhalten waren, aber er erreichte sie nicht. Das verdammte Mistding war wie Kakarott: Direkt vor seiner Nase und dennoch unerreichbar.

Er streckte sich weiter, obwohl er wusste, dass es aussichtslos war und schließlich war es Bulma, die sie aufhob und ihm zurückgab.
 

»Du und dein Stolz.« Sie seufzte, näherte sich ihm und sah ihm direkt in die Augen. »Es ist keine Schande, um Hilfe zu bitten, wenn man gerade nicht in der Lage ist, es selbst zu tun.«

»Was verstehst du schon davon?«, murmelte er missgelaunt, stützte sich auf die Krücke und ging weiter.
 

Sie schloss zu ihm auf und er erwartete, dass sie ihm noch einen klugen Spruch um die Ohren schlug, doch zu seiner Überraschung schwieg sie.

Er schleppte sich zu dem Untersuchungsraum, in dem heute dieser lästig juckende Gips von seinem Bein entfernt werden sollte. Seine Begleiterin machte keine Anstalten, ihm auf irgendeine Weise helfen zu wollen und ein seltsames Gefühl der Dankbarkeit überkam ihm. Bulma konnte eine riesige Nervensäge sein, aber wenn es darauf ankam, war Verlass auf sie. Das war eine Eigenschaft, die er in der vergangenen Woche zu schätzen gelernt hatte. Tatsächlich hatten ihre ständigen Besuche den Aufenthalt nicht angenehm, aber erträglicher gemacht.

Jeden Tag brachte sie etwas anderes zum Essen mit, damit ihm der Krankenhausfraß erspart blieb, und nahm Filme mit, damit ihm als Lesemuffel nicht langweilig wurde. Einen schaute sie am Abend mit an, bevor sie nach Hause fuhr. Anfangs hatte er ihr aufgetragen, Horror-Filme einzulegen, bis ihm beim Schauen des dritten aufgefallen war, dass sie bei Szenen, in denen viel Blut floss, angewidert wegsah.

Es war ihm schnurz, ob sie Angst davor hatte oder sich nur ekelte, aber ihre Reaktionen hatten einen fahlen Beigeschmack, der den Unterhaltungswert rapide in den Keller stürzte. Danach hatten sie in ihrem Beisein nur noch klamaukige Martial-Arts-Streifen angesehen. Die meisten Bewegungen hatte Vegeta lange verinnerlicht, doch der eine oder andere Trick schien ihm nützlich zu sein – zumindest so, dass er es wert war, ihn auszuprobieren, wenn er wieder fit war. Das hieß, wenn er jemals wieder fit wurde. Sein momentaner Zustand ließ ihn daran zweifeln.
 

»Erde an Vegeta!« Bulma fuchtelte vor seinen Augen herum, bis er blinzelte. »Du kannst aufhören zu träumen.«

Sein Blick lichtete sich. Er hatte nicht bemerkt, dass er den Untersuchungsraum erreicht hatte.

»Ich träume nicht«, legte er fest und sie quittierte es mit einem belustigtem Auflachen.
 

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Eine Stunde später musterte der Arzt die neuen Röntgenbilder.
 

»Das sieht nicht übel aus«, verkündete er, »drei Wochen noch –«
 

Den Schluss des Satzes hörte Vegeta nicht mehr. Der Anfang hatte ihm solche Hoffnungen gemacht, damit der Rest eine Sekunde später alles zunichte machte. Einundzwanzig weitere Tage sollte er hier versauern! Zwei Wochen hatte er schon verloren und jetzt musste er Kakarott noch drei weitere als Vorsprung lassen? Niemals! Eher fuhr er freiwillig zur Hölle, als weiter in diesem sterilen Loch zu versauern!

Sein Mund ging auf und der erste Fluch bahnte sich einen Weg seine Kehle hinauf, doch Bulmas Stimme würgte ihn jäh ab.
 

»Drei Wochen?«, wiederholte sie. »Dann sind die Brüche verheilt?«

»Mit Glück in zweieinhalb Wochen«, sagte der Arzt. »Aber hier gilt: Ausruhen und …«

»Hast du das gehört?«, fuhr sie dem Mann ins Wort. »Übermorgen ist Halbzeit. Ist das nicht großartig?«

Vegetas Miene wurde finster. »Ich komme um vor Freude«, erwiderte er tonlos.

Schwerfällig richtete er sich auf und humpelte aus dem Zimmer.
 

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Bulma klopfte an die Tür. Sie hoffte, ein gewohnt genervtes »Was?« von seinem Bewohner zu hören, doch dieser blieb stumm. Sie drückte die Klinke herunter und betrat den Raum. Das Krankenbett war leer und so ging ihr Blick automatisch zum Fenster herüber. In den vergangenen Tagen hatte sie Vegeta oft so vorgefunden und mit jedem Mal gefiel ihr der Anblick weniger. Seine Miene, die sonst vor Willenskraft und Eigensinn sprühte, hatte einen nachdenklichen Ausdruck angenommen.

Sie schloss leise hinter sich die Tür und ging zu ihm herüber. Aus den Augenwinkeln musterte sie den Saiyajin-Prinzen und ein Kloß legte sich in ihren Magen. Sie mochte ihn nicht, wenn er so war. Sie wollte den alten, starrsinnigen Vegeta wiederhaben, mit dem sie sich über Banalitäten streiten konnte.

Bulmas Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. Nur für einen Augenblick, dann verschwand es wieder. Sie hatte in den letzten Tagen fast ununterbrochen darüber nachgedacht, wie sie ihn aufheitern konnte und gestern Abend war die zündende Idee beim Pizzaessen über sie gekommen. Das Problem war, dass sie keinen Schimmer hatte, ob es ihn aufmuntern, ihm neuen Lebensmut geben würde, nachdem er seit der im Grunde positiven Diagnose des Arztes in einen Zustand des Vor-sich-hin-vegetierens verfallen war.
 

»Wenn du deine Stirn noch länger so in Falten legst, wirst du sie nicht mehr los«, scherzte sie.

Er reagierte nicht. Nicht ein Muskelzucken konnte sie auf seinem Gesicht erkennen. Gut, dann eben der Wink mit dem Zaunpfahl.

»Ich habe eine Neuigkeit für dich«, sagte sie in übertriebener Euphorie.

Seine Miene rührte sich nicht. »Wenn’s keine magische Bohne ist, behalt’s für dich«, erwiderte er tonlos.

Tief sog sie die Luft zwischen den Zähnen ein und stieß sie aus. »Magische Bohnen gibt es nach wie vor keine«, begann sie, »und ich habe auch nichts, dass dir eine spontane Wunderheilung verschaffen wird, aber –«

»Dann interessiert’s mich nicht.«

Sie seufzte erneut. »Warum hörst du mir nicht erst zu? Dann kannst du immer noch entscheiden, ob es dich interessiert.«

»Ich sagte, dass es mich nicht interessiert«, entgegnete er beherrscht, »also spare dir deine unnützen Erklärungen.«
 

Bulma biss sich auf die Unterlippe. Einerseits war sie froh, dass er so reagierte, doch diese Arroganz war wirklich nicht auszuhalten. Was bildete er sich ein?
 

»Warum steckst du dir deine Großkotzigkeit nicht sonst wo hin?«, gab sie angriffslustig zurück. »Ich hab mir in den letzten Wochen den Arsch aufgerissen, damit du es zumindest ansatzweise angenehm hast und nicht in Selbstmitleid zerfließt –«

»Ich brauche dein verfluchtes Mitleid nicht!«, unterbrach er sie. »Ich brauche es heute nicht, ich brauche es morgen nicht und ich habe es nie gebraucht.«

»Mitleid?« Sie fühlte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte und ballte ihre Hände zu Fäusten. »Glaubst du im Ernst, ich hätte Mitleid mit dir? Mitleid ist das Allerletzte, das man mit dir arrogantem Mistkerl haben muss.«

»Was ist es dann?« Zum ersten Mal, seit sie das Zimmer betreten hatte, blickte er sie direkt an. Seine Augen verharrten einen Moment auf ihr, dann wandte er sich wieder ab. »Ach, weißt du was? Ich will es gar nicht wissen.«
 

Die Herzlosigkeit in seiner Stimme traf sie mit voller Wucht. Ihre rechte Faust löste sich, sie holte aus und verpasste ihm eine Ohrfeige. Sein Kopf zuckte nicht einmal zurück und sie wusste, dass es sich für ihn nicht mehr als ein Luftzug angefühlt haben musste und sie ihm damit die Gelegenheit gab, sich wieder lustig über sie zu machen, doch für den Augenblick verspürte sie eine unglaubliche Genugtuung. Das Gefühl verflog jedoch, als sie seinen starren Gesichtsausdruck sah, die Art, wie er sie finster ansah.

Sie unterdrückte das wütende Zittern ihres Körpers, drehte sich um und stapfte zur Tür.
 

»Du sturer Esel!«, fluchte sie. »Fahr doch zur Hölle!«
 

Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ sie das Krankenzimmer.
 

Vegeta schaute ihr nicht nach. So einen dramatischen Abgang hatte sie schon mehrmals hingelegt und jedes Mal war sie – mal nach kürzerer, mal nach längerer Zeit – wieder aufgetaucht. In dem Wissen, dass sie ihm spätestens in ein paar Tagen wieder mit ihren Aufmunterungsversuchen und ihrem fröhlichen Gehabe auf die Nerven gehen würde, betrachtete er die Wolken, die am Himmel vorüberzogen – und mit jeder Sekunde, die verstrich, Kakarott weiter von ihm entfernten.
 

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Ein Klopfen an der Tür erklang.

Er sagte nichts, sondern hielt seinen Blick weiterhin auf die Deckenleuchte gerichtet. Eine abschließende Untersuchung noch, dann konnte er endlich verschwinden. Er hob seine Hände. Es juckte ihn in den Fingern, wieder zu trainieren. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er sich schon vor Tagen aus dem Staub gemacht – den dämlichen Verband in seiner Armbeuge hätte er auch selbst entfernen können –, aber irgendetwas hatte ihn dazu gebracht, zu bleiben, bis er offiziell entlassen wurde.

Bulmas Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf und ein ironisches Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Auch wenn diese Frau seit eineinhalb Wochen nicht aufgetaucht war, hatte sie noch einen gewissen Einfluss auf sie. Sein Grinsen verschwand und er grub seine Hände in den Stoff der Bettdecke. Warum dachte er ständig an sie? Warum konnte er nicht froh darüber sein, dass sie ihn in Ruhe ließ? Nein, stattdessen schwirrte dieses penetrante Weib in seinem Kopf herum und hatte sich wie ein Parasit festgebissen. Verdammt!
 

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Eine halbe Stunde später verließ er das Krankenhaus. Vegeta stieg hoch in die Luft – nie zuvor hatte er das Fliegen als so herrlich empfunden! – und flog los. Er steuerte auf das Gebirge zu, das sich in der Nähe der Westlichen Hauptstadt befand, hielt allerdings auf halbem Wege inne.

Er hatte keinen Schimmer, wo Kakarott trainierte, doch eines war sicher: Der Kerl befand sich nicht auf der Erde mit ihrer mickrigen Schwerkraft. Er konnte Jahrtausende damit verbringen, hier zu trainieren und trotzdem war es einen Scheißdreck wert. Und die einzige Person, die ihm helfen konnte, hatte er vergrault. So ein Dreck!

Abermals formte er seine Hände zu Fäusten. Er biss sich auf die Unterlippe und kaute auf ihr herum. Wütend schrie er auf und schoss auf den nächsten Berg zu, um ihn zu Klump zu verarbeiten. Wild und blind vor Wut prügelte er auf die Felsen ein, zermahlte sie unter seinen Schlägen zu Staub.

Er hatte es verkackt!
 

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Stimmengewirr drang von allen Seiten auf Bulma ein. Im Garten der Capsule Corporation wimmelte es von fröhlichen Leuten, die ausgelassen ihren dreißigsten Geburtstag feierten, nur das Geburtstagskind konnte sich nicht freuen. In der Rechten hielt sie ein Glas Sekt, an dem sie gelegentlich lustlos nippte und starrte Löcher in die Luft. Und das alles wegen dieses Vollidioten!

Sie wusste, dass sie ihn heute aus dem Krankenhaus entlassen hatten. Vor drei Stunden hatte eine Schwester angerufen und gefragt, ob ihn jemand abholen wollte. Da es sie überrascht hatte, dass er überhaupt geblieben war, hatte sie ohne eine Antwort aufgelegt.

Sie ärgerte sich noch darüber, wie er sie bei ihrer letzten Begegnung behandelt hatte und trotzdem machte sie sich Sorgen um ihn. Wohin wollte er gehen? Ein Raumschiff, in dem man die Schwerkraft zu Trainingszwecken verändern konnte, fand sich nicht an jeder Ecke.

Bulma stieß ein trübseliges Seufzen aus und stand auf.

Der Abend war noch lang, also was machte es schon, wenn sie für eine Stunde verschwand? Wenn es ihr gelang, einen freien Kopf zu bekommen, machte ihr diese Feier vermutlich mehr Spaß. Das hoffte sie zumindest.
 

Sie sagte ihrer Mutter Bescheid, stieg in ihren Gleiter und fuhr los.
 

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Atemlos stemmte Vegeta seine Hände auf seine Oberschenkel. Er holte kurz Luft, dann drosch er erneut auf einen Felsen ein. Er würde nicht eher ruhen, bis er den ganzen Berg zu einem Haufen Schutt verarbeitet hatte.
 

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Anstatt zum Einkaufen zu fahren, wie Bulma es tat, wenn sie frustriert oder gelangweilt war, bog sie an der ersten Kreuzung links ab. Sie fuhr ein paar Minuten und als das Schild mit der Aufschrift »Sie verlassen die Westliche Hauptstadt – bis zum nächsten Mal!« passierte, trat sie das Gaspedal durch. Der Fahrtwind fuhr durch ihre langen Haare und ließen sie wild hinter ihr herfliegen. Insekten klatschten an die Windschutzscheibe und hinterließen unangenehme Flecken, doch sie ignorierte es. Das Gefühl der Sorglosigkeit, das sie überkommen hatte, fühlte sich zu großartig an, um es mit einem so unwichtigen Gedanken zu vertreiben.

Sie überholte ein Auto, einen Gleiter nach dem anderen, ließ einen Farmer auf seinem klapprigen Truck Abgase schnuppern. Sie fuhr und fuhr mit freiem Kopf und ohne ein bestimmtes Ziel, bis sie das Gebirge erreichte und in dem ansteigenden Gelände vorsichtiger fahren musste. Bulma heizte um eine Kurve – und trat abrupt auf die Bremse. Der Gleiter prallte an die Leitplanke am Straßenrand, machte eine halbe Drehung und blieb stehen.

Fluchend stieg sie aus, um den Schaden zu mustern und dem dämlichen Felsbrocken, der sie an der Weiterfahrt hinderte, einen Tritt zu verpassen. Ihr Fahrzeug war an der rechten Seite eingedellt und hatte einen Lackschaden und natürlich – warum hatte sie immer so ein Glück? – hatte das leichte Touchieren des Felsens eines der hinteren Rücklichter zu Bruch bekommen. Verdammt, warum war sie nicht auf der Party geblieben? Und verdammt, warum stand weit und breit kein Schild, das arglose Fahrer wie sie vor Steinschlag warnte?

Sie hob ihren Blick. Der Berg, der an dieser Stelle noch mit Gras und Blumen bewachsen war, ging steil bergauf, doch weit und breit war nichts zu sehen, wo dieser Fels abgebrochen sein konnte.

Plötzlich vernahm Bulma einen wütenden Schrei. Ein Trümmern ertönte, dann flogen große Brocken direkt auf sie zu.
 

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Kakarott, der Junge aus der Zukunft …
 

Vegeta sah ihre höhnischen Gesichter in der Gesteinsformation. Er brüllte, schlug zu, schaute den herabfallenden Felsen nach und verspürte eine trügerische Genugtuung. Nur für einen Moment, bis seine Wut auf sich selbst die Überhand nahm und –

Er spürte eine schwache Energie und blickte hinunter zur Straße. Wo eben noch niemand gewesen war, stand nun ein Gleiter und – was zur Hölle machte sie hier? – Bulma.

Ohne weiter nachzudenken, setzte er zu einem Sturzflug an. Ein kurioser Gedanke überkam ihn und ihm wurde klar, dass er es sich nicht verzeihen würde, wenn die Frau vom einem dieser Brocken zerquetscht wurde. Er bezweifelte, dass er ihre Nörgelei vermissen würde – und das eher durchschnittliche Essen, das sie zubereitete –, aber …

Shit, was für einen Murks dachte er da? Er musste sich beeilen!
 

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Bulma betrachtete den herabfallenden Felsen. Sie wusste, dass er auf sie fallen würde, doch ihre Beine waren wie festgewachsen. Keinen Millimeter konnte sie sich von der Stelle bewegen!

Obwohl es sinnlos war, hob sie die Arme, kreuzte sie schützend vor ihrem Gesicht und schloss die Augen. Wenn sie das gewusst hätte, wäre sie wirklich zu Hause geblieben, dachte sie verdrossen. Aber dafür war es nun zu spät.
 

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Vegeta huschte in letzter Sekunde vor das Geschoss, das er fabriziert hatte und zerschlug es mit einem Faustschlag. Steine stoben rasant wie Gewehrkugeln zu allen Seiten davon, schlugen Beulen in den Gleiter, bohrten sich ins Gras und hinterließen Löcher in der Erde.

Vorsichtig öffnete Bulma die Lider. Sie erkannte die Gestalt, die sich über ihr in der Staubwolke abzeichnete, sofort. Er stand mit dem Rücken zu ihr und bewegte sich nicht. Sie unterdrückte den Drang, ihm aus Dankbarkeit um den Hals zu fallen, richtete sich auf und tat ein paar Schritte auf ihn zu.
 

»Danke«, murmelte sie.

Er schwieg zuerst, dann entgegnete er: »Wofür?« Seiner Stimme schwang nicht der gewohnte, arrogante Unterton mit und das machte sie hellhörig.

»Du hast mir das Leben gerettet.« Sie unterdrückte ein Auflachen, als sie daran dachte, wer sie beschützt hatte und fuhr fort: »Ich weiß nicht, wie es auf deinem Heimatplaneten war, aber hier auf der Erde ist es keine Selbstverständlichkeit, sein eigenes Leben für das eines anderen zu riskieren.«

»Ich habe mein Leben nicht riskiert«, legte er fest.

Bulma lachte. »Stimmt. So zäh, wie du bist, hätte dich der Stein höchstens KO gehauen.«

»Pah«, machte er, »in deinen Träumen vielleicht.« Er wandte sich zu ihr um und fragte: »Was machst du hier? Müsstest du nicht auf deiner bescheuerten Feier sein?«

Überrascht zog sie die Stirn kraus. »Das hast du dir gemerkt?«

Vegetas Augenbraue zuckte für einen Moment auf merkwürdige Weise, dann lenkte er seinen Blick von ihr auf ihr Fahrzeug. »Dein Auto ist hinüber«, bemerkte er.

Sie stemmte eine Hand in die Hüfte und atmete laut aus. »Das war der beste fahrbare Untersatz, den ich je hatte«, sagte sie. »Aber wie du weißt, bin ich stinkreich. Ich kaufe mir einfach einen neuen.«
 

Er schwieg und da auch sie nichts sagte, hob er vom Boden ab. Perplex sah sie zu ihm auf, bis er einige Meter über ihr schwebte.
 

»Wohin willst du gehen?« Sie ärgerte sich über ihre Wortwahl, weil sie so klischeehaft war.

Vegeta hielt inne, sagte jedoch nichts.

Sie räusperte sich und ergänzte: »Ich meine, der Gleiter ist hinüber, weit und breit ist außer dir keine Menschenseele und zurück zur Stadt sind es zwanzig Kilometer.«

Abermals kam keine Antwort von ihm.

»Wir sind hier in der Wildnis«, setzte sie nach, »und für eine wehrlose Frau wie mich kann das schnell gefährlich werden. Also meinst du nicht, dass du –«
 

Bulma beobachtete, wie er verschwand, um sich ein Blinzeln später auf seinen Armen und in der Luft wiederzufinden. Ihr Herz pochte in ihrer Brust und drohte sie zu sprengen. Und das nicht nur, weil diese Aktion so abrupt gekommen war.

Sie warf einen Blick nach unten. Die Straße lag fünfzig Meter unter ihr, mit steigender Tendenz. Sie hatte keine Höhenangst, aber mulmig war ihr in Anbetracht der Höhe zumute.
 

»Hättest du mich nicht vorwarnen können?«, protestierte sie.

»Hast du Angst?«, fragte er spöttisch und belustigt zugleich.

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schürzte die Lippen. »Mir geht es blendend!«

»Dann kann ich dich ja loslassen.«

Augenblicklich gruben sich ihre Finger in sein Oberteil und krallten sich daran fest. »Wage es bloß nicht!«

»Sonst was?«

Angestachelt von seiner Nachfrage erwiderte sie: »Sonst wirst du niemals herausfinden, was für eine Überraschung auf dich bei mir zu Hause wartet.«

Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. »Deine Sachen kannst du anbehalten.«

Augenblicklich drehte sie ihren Kopf zur Seite, damit sie ihn nicht sehen konnte. »Das meinte ich nicht«, gab sie zurück, spürte aber, wie das Blut in ihre Wangen stieg und sie errötete. »Ich rede von dem Schwerkraftraum, an dem ich seit zwei Wochen arbeite.«

Sie fühlte, wie er unter ihren Worten kaum merklich zusammenzuckte.

»Morgen früh wollte ich die Technik ein letztes Mal überprüfen«, setzte sie fort, »aber da du gesagt hast, dass du nicht interessiert bist, kann ich mir das wohl schenken.«
 

Bulma konnte es sich nicht nehmen, Vegeta direkt ins Gesicht zu sehen. Seine Miene rührte sich nicht, aber sie konnte ahnen, wie es in seinem Inneren brodeln musste.
 

»Momentan lässt sich die Schwerkraft auf das Dreihundertfache erhöhen«, erklärte sie weiter, »aber sollte dir das zu wenig sein, ist es kein Problem für mich, die Einheit zu verstärken. Wie hört sich das an?«

Der Saiyajin-Prinz blickte starr vor sich hin. »Warum tust du das für mich?«, presste er schließlich hervor.

»Du hast im Krankenhaus so deprimiert ausgesehen«, sagte sie und deutete ein Achselzucken an, »und irgendwie gefällst mir der selbstbewusste, von sich überzeugte Vegeta besser.«

Er stieß ein kaum hörbares Schnauben aus. Es wirkte auf sie, als fühlte er sich fast geschmeichelt.

»Mir ist es unbegreiflich, warum du stärker als Son-Goku sein möchtest«, fuhr sie fort. »Hier auf der Erde sagt man, dass man sich nichts vorzuwerfen hat, wenn man alles gegeben hast, aber so ein Typ bist du nicht. Und da ich dich irgendwie mag und es nicht schlecht ist, wenn Son-Goku als Ansporn einen ebenbürtigen Rivalen hat …« Sie lachte und klopfte sie ihm auf die Brust. »Ach, machen wir uns nichts vor: Wir wissen beide, dass du eines Tages stärker als er sein wirst, oder?« Sie zwinkerte ihm zu und er verspürte für den Bruchteil einer Sekunde ein undefinierbares Schwindelgefühl. »Und bis dahin werde ich dich mit all meinen Kräften unterstützen.«
 

Vegeta hielt sie fester und beschleunigte sein Tempo. Er hätte es niemals für möglich gehalten, aber das, was sie sagte, stärkte seine Selbstachtung, die in den letzten Monaten auf die Größe von Fliegendreck zusammengeschrumpft war, und machte ihm Mut. Mut für den Weg, den er in der Zukunft beschreiten würde. Bis zu dem Moment, in dem er über Kakarott siegte. Und sei er noch so weit entfernt.
 

Seine Mundwinkel verzogen sich zu seinem charismatischen Grinsen, das sie nach ihrem Geschmack seit der Begegnung mit dem Jungen aus der Zukunft viel zu selten gesehen hatte. Es erwärmte sie von innen und sie wagte es, ihren Kopf an seine Schulter zu lehnen.
 

»Hat dir schon mal jemand gesagt«, setzte er an und sie horchte auf, »dass du viel zu viel redest?«
 

Ende


Nachwort zu diesem Kapitel:
So richtig zufrieden bin ich nicht mit diesem Oneshot, da er mir doch stark episodenhaft wirkt mit den ganzen Zeitsprüngen und Geschichten zu den drei Jahren gibt es wie Sand am Meer, aber Spaß hatte ich trotzdem beim Schreiben. Ich hoffe, er geht nicht völlig an der Thematik des Wettbewerbs vorbei und bedanke mich bei allen herzlich fürs Lesen. =) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: KatieBell
2015-12-02T08:54:11+00:00 02.12.2015 09:54
Hallo liebe Rabenkralle :)
Ich bin nun endlich zur Auswertung gekommen.

Gleich zu Anfang muss ich auch bei dir etwas loswerden! Es ist mir nicht leichtgefallen eine Entscheidung zu treffen. Es ist unsagbar schwer da eine Linie zu ziehen und die jeweiligen Plätze zu verteilen...
.. Ich glaube,... dass ist das Schwerste an so einem Wettbewerb x'D

Jedenfalls. Solltest du wissen, ich hab zum Schluss wirklich nur noch auf mein Bauchgefühl gehört. Dass, was mir persönlich einfach besser gefallen hat.
Deine Geschichte ist... auf ihre Weise auch sehr gut, aber es hat eben nicht ganz gereicht Dx

Alles weitere... jetzt!

Los gehts~
Rechtschreibung, Grammatik, Ausdruck & Gestaltung
Rechtschreib- und Grammatikfehler habe ich jetzt nicht bemerkt und falls sie doch da waren, dann haben sie Schwein gehabt, dass ich es anscheinend überlesen habe ;)
Dein Schreibstil gefällt mir sehr gut und auch die Gestaltung des Textes ist gut gegliedert. Vor allem dass du die Textformationen wie kursiv miteinbezogen hast. Das gibt dem Text eine gewisse Übersicht und Ordnung.

Eindruck
Ich habe einen bombastisch-guten Eindruck von deiner kleinen Geschichte erhalten. Auch das mit den verschiedenen Zeitpassagen gefällt mir wirklich. Versteh daher nicht, was dir da nicht so gefallen hat.
Seis drum.
Es gibt dem Leser verschiedene Perspektiven. So kann man viel erfahren über die Charaktere und ihren Werdegang.
Auch deinen ausgelosten Song hast du, wenn auch ohne Songpassagen (was ja kein muss war ;D), sehr gut intrigiert. Es gehört viel dazu, sich einen Songtext anzuhören, bzw. zu lesen und daraus eine Geschichte zu basteln. Vor allem da im Lied selber das Wort "Selbstachtung" gar nicht vorkommt.
Das heißt also, du hast dich wirklich mit dem Song auseinandergesetzt und dementsprechend agiert!
Ich ziehe meinen imaginären Hut vor dir! ~.^
Ebenfalls hast du die Charaktere Originalgetreu wiedergegeben was ich ebenfalls hochanrechne!
Vegeta gefällt mir besonders gut, aber auch Bulma hast du gut getroffen!


Platzierung
Aus dem Bauch heraus, eben weil deine Geschichte ebenso gleich aufliegt wie die andere Geschichte - aber ich muss ja (leider) entscheiden: ~ Verleihe ich dir den 2. Platz. | Herzlichen Glückwunsch ~♥

Damit erhälst du eine Überweisung von 50 Karotalern (+ 20 mehr, dadurch, dass die Mindestanzahl der eingereichten Arbeiten erreicht wurde.)
Insgesamt also 70 Karotaler!

Ich hoffe, dass du Spaß an der ganzen Sache hattest und wer weiß, vielleicht liest man sich bald wieder, aufgrund eines neuen Wettbewerbes?! ;)
Liebe Grüße KatieBell :3
Antwort von:  Rabenkralle
07.12.2015 10:37
Ich danke dir herzlich für dein ausführliches Review! Dass mein Oneshot den zweiten Platz erreicht, hätte ich nicht gedacht. =)
Rechtschreib und Grammatikfehler sind meine ärgsten Feinde. Ab und zu rutscht zwar mal etwas durch (das bleibt nicht aus, wenn man keinen Beta hat), aber wenn das so wenigen bis gar keinem gelungen ist, erleichtert mich das umso mehr. Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich zu viele Leerzeilen einsetze, aber hier ist es mir immer lieber, eine zu viel als zu wenig einzubauen. Es schmeichelt den Augen immer noch mehr, als wenn man Textblöcke hinklatscht. :D

Durch die Zeitsprünge kommt die Geschichte mir persönlich etwas sprunghaft vor. Normalerweise ziehe ich es vor, bei Oneshot ein einziges Szenario zu schreiben, aber hier ging das leider nicht (bzw. ist mir nichts Passendes eingefallen).

Eine Songfic wollte ich von vornherein nicht schreiben. Zum Glück war das auch keine Bedingung, denn mit dem Lied wäre das ziemlich in die Hose gegangen, wie ich mich kenne. Nachdem ich mir das Musikvideo angesehen hatte, hatte ich nämlich keinen Schimmer, was Katy Perry mir damit sagen wollte, aber zum Glück ist es heutzutage nicht mehr schwierig zu recherchieren und Songtexte nachzulesen.
Dass ich Vegeta getroffen habe, freut mich am meisten. Lange Zeit mochte ich ihn nicht (ich stamme ursprünglich aus dem Trunks-Lager – vielleicht erinnerst du dich ja noch an diesen Vegeta vs. Trunks-Unsinn von früher :D) und sympatisch ist er mir erst durch Super geworden und Charaktere zu schreiben, mit denen man mal weniger anfangen konnte, kann eine ziemliche Herausforderung sein.

Ich freue mich schon auf einen neuen Wettbewerb von dir. :)

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von:  RedViolett
2015-11-28T15:31:21+00:00 28.11.2015 16:31
Hmn, irgendwie scheint Animexx mein Kommentar nicht abgeschickt zu haben? Ärgerlich, wirklich, also nochmal von vorne ^^
Auch hier will ich dir ein Kommentar hinterlassen, weil ich diesen OneShot echt gelungen finde. Die Zeitsprünge stören in keinster Weise sondern sind mal etwas Neues, das ich so noch nicht in der Form gelesen hatte. Hat mir außerordentlich gut gefallen, auch wie du das ganze Thema aufgegriffen hast und dich an den Song herangewagt. Hat sehr gut gepasst, auch die Charaktere hast du gut getroffen. Klasse OS, bitte mehr ^-^

Liebe Grüße
Deine Red
Antwort von:  Rabenkralle
30.11.2015 15:00
Hallo!
Ich danke dir für deine Kommentare. Beide (bzw. drei mit dem auf FF.de) sind angekommen. =)
Es freut mich sehr, dass dir der Oneshot gefallen hat. Ich war ja ziemlich unsicher, ob in meiner Schreibwut etwas Sinnvolles bei herausgekommen ist.
Und dass die Zeitsprünge nicht stören und ich die Charaktere getroffen habe, erleichtert mich mindestens genauso. Mit Bulma hatte ich keine Schwierigkeiten, aber Vegeta kann eine Klasse für sich sein (besonders, wenn man sich nicht so mit ihm identifizieren kann).
Vielen Dank für dein Feedback! Das hier war sicher nicht der letzte Oneshot zu den beiden. =D

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von:  ArduousCrib1249
2015-11-27T12:21:49+00:00 27.11.2015 13:21
Ich finde es echt klasse! Gefällt mir wirklich gut!
Antwort von:  Rabenkralle
28.11.2015 13:15
Danke, das freut mich doch zu hören. :)
Von:  Marlee8sleep
2015-11-26T17:42:00+00:00 26.11.2015 18:42
Hey ^^
Eigentlich müsste ich noch Hausaufgaben machen, aber deine Geschichte hat mich so neugierig gemacht, dass ich sie einfach lesen musste. ^^'

Mir gefällt sehr gut wie du die Charaktere Vegeta und Bulma dargestellt hast und mag besonders auch deinen
Schreibstil. Ein paar Rechtschreibfehler haben sich hin und wieder eingeschlichen, aber viele waren es auch nicht.♥

Ich wünsche dir viel Glück beim Wettbewerb,
Deine Marlee
Antwort von:  Rabenkralle
28.11.2015 13:15
Vielen Dank für deinen Kommentar! :)
Puh, dann kann ich ja beruhigt sein, dass ich die beiden gut getroffen habe.
Die leidigen Rechtschreibfehler ... Man kann etwas x-mal durchlesen und es geht einem trotzdem noch was durch die Lappen. :/

Liebe Grüße,
Rabenkralle


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