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Seduce Me!

Drei sind (k)einer zu viel
von

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Das zweite Treffen

Die Nacht hatte Hinata nicht sehr gut geschlafen, was aber nicht daran lag, weil der Tag nicht schön gewesen war. Ganz im Gegenteil. Er war so aufgeregt wie schon seit langem nicht mehr und er hatte den Tag immer und immer wieder in seinem Kopf abspielen lassen und vor allem musste er daran denken, wie es sich angefühlt hatte, als die zwei ihm so nahe gekommen waren. Auch war ihm so, als würde er immer noch dieses fremdartige Gefühl in seinem Anus spüren. Es war wirklich ganz anders gewesen, als er sich vorgestellt hatte. Nicht, dass es unangenehm gewesen war. Nein, es war für ihn einfach nur so ungewohnt gewesen und er ärgerte sich insgeheim, dass er es nicht geschafft hatte, sich zusammenzureißen und es durchzuziehen. Stattdessen hatte er wie immer einen Rückzieher gemacht und die Zwillinge abgewiesen. War das wirklich richtig gewesen? Hätte er nicht vielleicht besser weitermachen sollen? Aber Takashi hatte gesagt, dass er sagen sollte, wenn er es nicht wollte. Und sie hatten beide Verständnis dafür gezeigt, dass er noch nicht soweit war. Dennoch plagte ihn die ganze Zeit das schlechte Gewissen, dass er einen Rückzieher gemacht hatte. Was, wenn sie trotzdem sauer auf ihn waren, auch wenn sie versichert hatten, dass es vollkommen in Ordnung war, dass er nein gesagt hatte? Vor allem beschäftigte es ihn, dass Takashi ihn gar nicht wegen seiner anderen Narben angesprochen hatte. Immerhin hätte er sie doch auf jeden Fall sehen müssen. Hatte er extra nichts gesagt oder hatte er einfach nicht gewusst, wie er ihn darauf ansprechen sollte? Was hatte er wohl dabei gedacht, als er gesehen hatte, was Hinata lieber niemandem zeigen wollte, weil es nur schlimme Erinnerungen an früher weckte?

Selbst am nächsten Morgen konnte er an nichts anderes denken und fühlte sich schlecht. Müde war er obendrein auch, da er kaum geschlafen hatte. Als er am Morgen am Tisch saß und sich sein Frühstück machte, setzte er sich vor den Fernseher und sah sich einen Anime an, den er erst kürzlich entdeckt hatte und der auch seinem Geschmack entsprach. Er sah sich lieber Lustiges oder Romantisches an und hasste Horror, extreme Gewaltdarstellungen, Hentais oder Animes mit düsterer Handlung. Meist sah er sich einfach ein paar Shonen-Ai Animes an, weil sie meist süß, herzerwärmend und romantisch waren. Vor drei Jahren hatte er Junjo Romantica und später Sekaiichi Hatsukoi für sich entdeckt. Auch davor hatte er gerne Mangas in diesem Genre gelesen, allerdings immer nur heimlich, damit sein Vater nichts mitbekam, ansonsten wäre dieser noch komplett ausgerastet. Romanzen zwischen Mann und Frau sah er sich für gewöhnlich nicht an, da es ihm irgendwie unangenehm war, so etwas zu tun. Er konnte sich nicht helfen, aber es war einfach so, als wäre es falsch, was er da tat und als würde er sich etwas Unanständiges ansehen.

Als er gerade dabei war, sich die nächste Folge „Sekaiichi Hatsukoi“ anzusehen, um zu sehen, ob Ritsu nun endlich seine sture Art ablegen und Takano sagen würde, dass er ihn liebte, meldete sich plötzlich sein Handy. Es war Katsuya, der ihm eine SMS geschrieben hatte:
 

Moin Hinata <3

Hast du heute Zeit?

Wir würden uns freuen, wenn du heute Mittag um 13 Uhr vorbei kommst ;-)
 

Hinatas Augen wurden groß und er las die SMS wieder, dann noch mal und sah die Zeichen, die Katsuya geschrieben hatte. Ein Herz und einen Smiley. Die beiden wollten ihn nachher wiedersehen. Dann waren sie also wirklich nicht böse auf ihn. Erleichtert atmete er auf und schrieb zurück, dass er gerne gleich vorbeikommen würde. Als er dann die Nachricht abschickte, schlich sich ein schüchternes Lächeln über seine Lippen. Was für ein Glück. Die Zwillinge waren ihm nicht böse und sie wollten ihn heute wieder treffen. Also hatte er sich mal wieder absolut unnötig Sorgen gemacht.

Nachdem Hinata aufgeräumt hatte, machte er sich gegen Mittag auf den Weg und fuhr mit dem Fahrrad zum Haus der Itamu-Brüder, die wesentlich komfortabler lebten, was ja auch daher kam, weil sie eben aus einem reichen Elternhaus kamen und so etwas eben finanziert bekamen. Gleich schon als er das Haus sah, musste Hinata schlucken, denn es war ein wirklich großes Haus. Ein wenig zu groß für nur zwei Leute. Als er anklingelte, öffnete ihm Katsuya, der wie immer ein fröhliches Grinsen auf den Lippen hatte und den Anschein erweckte, als würde er Sonnenstrahlen zum Frühstück gehabt. Es schien wohl so gut wie nie vorzukommen, dass er mal keine gute Laune hatte.

„Hey Hinata, du kommst gerade richtig. Takashi ist gerade in der Küche und kocht was. Wenn du willst, kannst du ja mitessen.“

Kochen? Irgendwie fiel es Hinata schwer, sich einen der Brüder beim Kochen vorzustellen. Insgeheim hatte er immer gedacht, sie würden lieber auswärts essen, aber anscheinend waren die beiden bodenständiger, als man es gedacht hätte. Er nahm das Angebot gerne an und folgte dem jüngeren Zwilling ins Haus, welches wirklich sehr schön eingerichtet war. Es war ziemlich groß und die Möbel waren hochwertig. Hieran sah man deutlich, dass die beiden wohlhabende Eltern hatten. Ein kleines bisschen neidisch wurde der Kunststudent schon. Etwas zögernd folgte er ihm in die Küche, wo er auch schon Takashi am Herd stehen sah. Es duftete wirklich verführerisch und man sah dem älteren Bruder an, dass er hochkonzentriert war, was darauf schließen ließ, dass er jemand war, der das Kochen und wahrscheinlich auch die anderen häuslichen Pflichten ernst nahm. Als Katsuya aber nach ihm rief, wandte er sich zu ihm um und diese ernste Konzentration in seinem Blick wich nun einem freundlichen und einladenden Lächeln.

„Tagchen, Hinata. Magst du mitessen? Es gibt gleich Chashu-men und ich hab einfach mal etwas mehr gekocht.“

„Gerne“, antwortete Hinata etwas schüchtern. „Ich… ich wusste gar nicht, dass du kochen kannst, Takashi.“

„Einer muss es ja machen“, erklärte der ältere Zwilling. „Katsuya hat das Talent, selbst Wasser anbrennen zu lassen und er ist ein hoffnungsloser Chaot.“

„Einer muss doch für Chaos sorgen“, entgegnete der Brillenträger frech und legte dann einen Arm um Hinatas Schultern. „Wenn du magst, kannst du dich schon mal ins Wohnzimmer setzen. Ich komm sofort nach.“

Etwas unsicher nickte Hinata und ging. Man sah ihm sofort an, dass er ziemlich verunsichert war, in einem so großen Haus zu sein und gar nicht so recht wusste, wo er hingehen sollte.
 

Nachdem Katsuya Hinata den Weg ins Wohnzimmer gezeigt hatte, kam er in die Küche zurück und schloss die Tür hinter sich, woraufhin auch sein fröhliches Lächeln schwand und er auch ernster wurde, als er zu seinem älteren Bruder sah.

„Was ist mit dir los?“, fragte er ihn. „Seit wir gestern zurück sind, bist du so still und irgendetwas scheint dich zu beschäftigen. Die ganze Zeit schon ziehst du so eine ernste Miene, als wäre jemand gestorben. Was ist los, Takashi?“

„Schon gut“, murmelte der ältere Zwilling nur und es war allzu deutlich, dass er nicht darüber sprechen wollte. Und das verwunderte Katsuya, denn normalerweise redeten sie über alles und wenn es halt nur irgendwelcher Unsinn war.

„Bist du gefrustet, weil er gestern einen Rückzieher gemacht hat?“

„Nein. Ich… ich möchte nicht jetzt mit dir darüber sprechen, okay? Nicht jetzt, wo Hinata gerade hier ist.“

So langsam fragte sich der Sportbegeisterte, ob er sich nicht Sorgen machen sollte, wenn Takashi schon so reagierte. Da er aber wusste, dass es jetzt keinen Sinn hatte, mit ihm weiter darüber zu sprechen, seufzte er geschlagen und nahm schon mal das Geschirr mit ins Wohnzimmer.

„Okay, okay. Dann eben später. Aber dann rückst du mit der Sprache raus, klar?“

Damit verschwand Katsuya ins Wohnzimmer.
 

Als Katsuya und wenig später auch Takashi kamen, saßen sie gemeinsam zusammen und wie sich herausstellte, war Takashi wirklich ein guter Koch. Nach dem Essen half Hinata beim Aufräumen und dabei kamen sie ins Gespräch. So zum Beispiel als Katsuya sich nach seinen Hobbys erkundigte. Als er gestand, dass er eine Schwäche für Animes hatte, rief der Sportbegeisterte sofort „Hey, dann sprechen wir direkt auf demselben Niveau. Takashi und ich sind damit aufgewachsen. Also ich mag ja am liebsten viel Action so wie Naruto oder Dragonball, meinetwegen auch Gintama. Aber…“ und hier zog sich ein breites Grinsen über sein Gesicht. „Nichts schlägt einen guten Ecchi oder Hentai.“

„Mal wieder typisch für dich“, murmelte Takashi kopfschüttelnd, der gerade die Messer spülte. „Seit du in die Pubertät gekommen bist, hast du auch nur Flausen im Kopf. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, musst du mich auch noch damit reinziehen. Ich für meinen Teil werde dir nie verzeihen, dass du mir diesen Scheiß School Days angetan hast.“

„Was konnte ich dafür, dass sich ein romantischer Schulharem-Anime so entwickelt, dass der Typ noch unerträglicher als Hämorrhoiden wird und hinterher von seiner schwangeren Ex abgestochen wird? Ich hatte doch auch keinen Plan, dass der Anime so dermaßen scheiße ist.“

„Und was war mit diesem Yaoi?“

„Ich dachte, der Bengel wäre ein Mädchen! Er sah wie ein Mädchen aus und hat sich wie eins gekleidet! Ich dachte es wäre eine ganz normale nicht schwule Heteroromanze, die nichts damit zu tun hat, dass irgend so ein perverser Sack einen Minderjährigen nagelt.“

„Sprecht ihr von Boku no Pico?“

Überrascht wanderten die Blicke der Itamu-Brüder zu Hinata, der die kleine Auseinandersetzung schweigend passiv mitverfolgt hatte. Offenbar hatten sie nicht damit gerechnet, dass er sich so etwas angucken würde. Katsuya fand als erstes wieder Worte.

„Du… du guckst allen Ernstes solche Sachen?“

Der Kunststudent nickte, wandte aber verlegen den Blick ab.

„Ich guck hin und wieder Shonen-Ai Animes und hab da auch Boku no Pico gesehen. Aber ehrlich gesagt war das nicht wirklich mein Fall…“

„Warte, warte, warte!“ rief Katsuya, der das immer noch nicht glauben konnte und das sah man ihm auch allzu deutlich an. Kein Wunder, denn wer hätte so einem schüchternen Kerl wie Hinata Amano zugetraut, dass er tatsächlich so etwas schaute, wenn er gestern noch in Tränen ausgebrochen war, als es zur Sache gehen sollte.

„Du… du schaust dir Yaois an?“

Beschämt senkte Hinata den Blick und schwieg. Er wusste nicht, ob er jetzt vielleicht etwas Falsches gesagt hatte und ob die Zwillinge jetzt schlechter von ihm dachten. Hätte er vielleicht lieber nichts sagen sollen? Schließlich aber brach der Brillenträger wieder das Schweigen, denn nun wollte er es genau wissen.

„Und schaust du dir auch Hentais an?“

Mit einem Kopfschütteln erklärte der Kunststudent „Nein, ich mag so etwas nicht. Ich… ich kann einfach keine nackten Frauen ansehen. Irgendwie kommt mir dieser Anblick so falsch vor.“

„Wieso denn?“

„Keine Ahnung. Ich glaub es liegt daran, weil ich damals mit 10 Jahren diesen Anime gesehen habe. Der war… irgendwie beängstigend. Eiken hieß er…“

Die Zwillinge sahen sich abwechselnd an und waren teils überrascht, teils aber wussten sie nicht direkt, wie sie das einordnen sollten. Takashi dachte nach und fragte seinen Bruder „Ist das nicht dieser Anime mit dieser durchgeknallten Bananen lutschenden Amazone und den Mädchen, die alle Riesenhupen haben?“

„Ach ja“, rief Katsuya, der sich nun erinnerte. „Ich fand ihn eigentlich ganz witzig. Aber als Wichsvorlage taugte der kein Stück…“

Ein giftiger Seitenblick kam von Takashi, während Hinata sichtlich beschämt dazu schwieg. Nach einer Weile fragte der Kunststudent „Und was magst du, Takashi?“

„Tja… ich bin mehr so für Horrorfilme oder Sachen wie Death Note und Attack on Titan. Aber ich schau auch mal gerne Filme von Hayao Miyazaki. Ansonsten geh ich gerne fotografieren oder fahr mit Katsuya Rad.“

Aufmerksam hörte Hinata den beiden zu und staunte nicht schlecht, wie verschieden die beiden Brüder eigentlich waren, obwohl sie sich zum Verwechseln ähnlich sahen. Und doch hatten sie auch Gemeinsamkeiten und verstanden sich gut. Katsuya war der Dynamische und Lebhafte, Takashi war der Vernünftige. Und sie beide konnten sich wirklich gut ausgleichen, wie Hinata schnell feststellte. Als ob sie sich abgesprochen hatten, wer welche Rolle übernehmen würde. So langsam aber sicher wich Hinatas Unsicherheit und er begann sich allmählich wohl in diesem Haus zu fühlen. Es fühlte sich so wunderbar an, mit jemandem Zeit zu verbringen und er hatte auch wirklich das Gefühl, als würden die beiden ihn verstehen und ihn auch so nehmen wie er war. Auch wenn er sich selbst so nicht leiden konnte. So fühlte es sich also an, Freunde zu haben… Nein, die beiden waren ja mehr als nur Freunde.

„Ach ja, bevor wir es vergessen…“ Hier wandte sich Takashi wieder an Hinata, nachdem er kurz mit seinem Bruder geredet hatte. „In zwei Wochen beginnen ja die Semesterferien. Unser Onkel hat ein Strandhaus in Kamakura, das wir während der Ferien nutzen dürfen. Wenn du noch nicht anderweitig verplant bist und Lust hättest, kannst du gerne mitkommen. Wir würden uns jedenfalls freuen, wenn wir den Urlaub gemeinsam verbringen würden.“

Ein Strandhaus… in Kamakura…

Hinata wusste erst nicht, was er dazu sagen sollte. Das kam sehr überraschend und er war auch erst mal ganz schön überwältigt. Er war noch nie an einem Strand gewesen. Familienausflüge hatte es in der Hinsicht nie gegeben und er hatte sonst niemanden gehabt. Aber er stellte es sich trotzdem schön vor. Und dann noch mit Katsuya und Takashi. Sofort sagte er „ja gerne!“ und begann sich bereits auszumalen, was sie wohl alles gemeinsam unternehmen würden. Sicher würde es ein wirklich schöner Urlaub werden. Und für ihn sein allererster, den er nicht allein verbrachte. Nur noch zwei Wochen…

„Sag mal, Hinata…“, begann Katsuya, dem wohl etwas in den Sinn gekommen war. „Du kommst nicht aus Tokyo, oder? Soweit ich weiß, bist du wegen deinem Studium hierhergezogen, oder?“

„Ja“, antwortete der Kunststudent etwas zögerlich. „Ich komme eigentlich aus Fukuoka.“

„Echt? Das ist gut und gerne 12 Stunden mit dem Auto weg. Gab’s keine Uni in der Nähe, oder wolltest du unbedingt hierhin?“

Nun, eigentlich hätte es genügend Unis gegeben und er hatte sich eigentlich erst eine Uni in Hokkaido entschieden, was noch weiter weg gewesen war. Ihm war eigentlich jede Uni recht gewesen, solange er nur so weit weg wie möglich von zuhause war. Weit weg von seinem Vater, den er am liebsten nie wieder sehen wollte. Aber das konnte er nicht sagen. Wenn er das täte, würden die Zwillinge nachfragen und das wollte er nicht. Er wollte nicht über diese Dinge reden.

„Ich hab gehört, an der Tokyo Uni hat man sehr gute Chancen für später, außerdem hab ich hier mehr Möglichkeiten, als Mangaka erfolgreich zu werden“, erklärte er ein wenig stammelnd und ihn plagte sogleich das schlechte Gewissen, weil er nicht ehrlich war. Aber zumindest war es nicht gelogen, denn letztendlich hatte er sich für Tokyo entschieden, weil er hier mehr Chancen hatte. Aber es änderte nichts daran, dass er nicht ehrlich zu den Zwillingen war. Zumindest fragten sie nicht noch weiter nach und beließen es dabei.

„Trotzdem, dazu gehört echt Mut, so weit weg zu ziehen und das auch noch direkt nach der Schule“, meinte Katsuya und Takashi nickte beipflichtend.

„Und wie stellst du es an, wenn du deine Familie besuchen willst?“

„Ich… ich telefoniere meistens mit ihnen.“

Nun hatte er wirklich gelogen. Seit er von zuhause weggezogen war, hatte er seine Eltern nicht ein einziges Mal angerufen. Er wollte es auch nicht. Die Sorge war zu groß, dass sie ihn finden könnten, nur konnte er das ja schlecht sagen. Takashi, der wohl bemerkte, dass ihm bei der ganzen Fragerei nicht wohl zumute war, wechselte schließlich das Thema, wobei er sich kurz räusperte.

„Du sagtest, du möchtest Mangaka werden, nicht wahr? Wie wäre es, wenn wir dir dabei helfen, es an einen Verlag zu verschicken, wenn du dich nicht traust? Eine Freundin unserer Mutter arbeitet in einem und vielleicht kann sie ja mal schauen, ob sie helfen kann.“

„Das würdet ihr für mich machen?“

„Klar, immerhin lieben wir dich doch.“

Es war jedes Mal ein kleines bisschen erschlagend, das zu hören, auch wenn es lieb gemeint war. Zwar hatte Hinata inzwischen seine Nervosität gegenüber den Zwillingen schon so weit ablegen können, dass er nicht mehr nur herumstammelte, sondern auch vernünftige Sätze zustande brachte, aber so direkt eine Liebeserklärung zu hören, war immer noch ein bisschen viel für ihn und er wusste auch nicht so wirklich, wie er darauf reagieren sollte. Es war eben schwer, angemessen auf eine Liebeserklärung zu reagieren, wenn man noch nie im Leben eine erhalten hatte. Schüchtern lächelte er und spürte, wie seine Wangen erröteten.

„Danke.“

Es war wirklich ein seltsames Gefühl zu wissen, dass man geliebt wurde. Und für Hinata war es auch zwei Tage nach der Liebeserklärung der beiden unverständlich, was sie an ihm fanden. Er war nicht so sportlich und lebhaft wie Katsuya oder so selbstbewusst und durchsetzungsfähig wie Takashi. Im Grunde genommen hatte er charakteristisch rein gar nichts mit ihnen gemeinsam und er war auf seine Weise ein anstrengender Mensch, weil man viel Geduld mit ihm brauchte. Und die hatte nicht jeder. Er war nicht gut aussehend und trug immer diese langweiligen Pullunder, die ihn nicht selten wie einen Streber aussehen ließen. Und doch liebten ihn beide und das so sehr, dass sie gemeinsam mit ihm zusammen sein und die Semesterferien mit ihm in Kamakura verbringen wollten. Nie hätte er sich so etwas jemals vorstellen können. Er hätte einfach die Semesterferien teils zuhause in seiner Studentenwohnung verbracht und teils in der Firma, in der er während der Ferien im Büro aushalf, um sich etwas Geld zu verdienen. Und nun würde er das erste Mal einen Strand besuchen und mehr Zeit mit Takashi und Katsuya verbringen. Es war, als würde er immer noch träumen.
 

Nachdem Hinata am Abend gegangen war, weil er noch ein paar Sachen für die Uni zu erledigen hatte, verschwand Takashi wortlos in sein Zimmer, um ein bisschen zu lesen. Als er sich gerade aufs Bett gesetzt hatte und lesen wollte, kam Katsuya herein.

„Takashi, ich möchte es jetzt wissen“, rief der jüngere Bruder. „Ich hab doch gemerkt, dass du absichtlich das Thema gewechselt hast, als ich Hinata nach seiner Familie gefragt habe. Verheimlichst du irgendetwas oder habt ihr Geheimnisse vor mir?“

„Mach dich nicht lächerlich Katsuya“, entgegnete Takashi ruhig. „Wir beide sind erst seit Freitag mit ihm zusammen und keiner von uns war mit ihm alleine. Wie soll ich mit Hinata zusammen Geheimnisse haben?“

„Weil du mir etwas verschweigst und ich es wissen will, wenn es Hinata betrifft. Immerhin bist du nicht alleine mit ihm zusammen, sondern ich auch. Und wir haben vereinbart, dass wir keine Geheimnisse voreinander haben, wenn wir mit ihm zusammen sind, sondern immer ehrlich zueinander sind. Und jetzt möchte ich gerne die Fakten auf dem Tisch haben. Wenn du so ernst und schweigsam bist, dann ist irgendetwas, das weiß ich doch.“

Nun legte Takashi den Manga beiseite und sah Katsuya ernst an. Es war nicht so, dass er absichtlich Dinge vor seinem Bruder verschwieg, weil er sich auf diese Weise irgendwelche Vorteile bei Hinata verschaffen wollte. Er machte sich nur Sorgen, dass Katsuya vielleicht überstürzt reagieren und Hinata mit seinem Verhalten verschrecken könnte, denn Katsuya hatte zwar das Herz am rechten Fleck, aber handelte manchmal schneller als er nachdachte und kannte das Wort „Zurückhalten“ nicht wirklich. Schließlich seufzte er geschlagen, denn er wusste, dass es eh keinen Sinn hatte.

„Na gut, aber behandle das bitte vertraulich, okay? Sprich mit niemandem darüber und halte dich insbesondere bei Hinata zurück, wenn er nicht darüber reden will.“

„Klar doch. Was ist denn jetzt los?“

„Er hat Brandnarben.“

„Ja das weiß ich auch. Die an seinem Arm haben wir doch beide gesehen.“

„Ich rede nicht von denen an seinen Arm.“

Nun stutzte der Brillenträger. Hinata hatte noch andere Narben? Er konnte sich nicht so wirklich daran erinnern, welche gesehen zu haben.

„Wovon sprichst du bitteschön?“ fragte er verständnislos, denn ihm fiel beim besten Willen nicht ein, was er übersehen haben könnte. Als er aber Takashis ernsten Blick sah, begann er zu ahnen, dass es nichts Gutes bedeuten konnte.

„Er hatte Brandnarben im Genitalbereich.“

Katsuya starrte ihn an und sagte nichts. Er brauchte einen Moment um überhaupt zu verarbeiten, was er da gerade gehört hatte.

„Was?“ fragte er.

„Ich weiß nicht, was alles passiert ist“, seufzte Takashi und kratzte sich ratlos am Kopf. „Aber so wie das aussieht, ist er früher schwer misshandelt worden. Vielleicht auch missbraucht.“

„Scheiße…“, murmelte Katsuya und setzte sich nun zu Takashi. Nun verstand er auch das seltsame Verhalten seines Bruders. Vor allem aber verstand er auch Hinatas Verhalten und warum er so ängstlich und schüchtern war.

„Meinst du er ist nach Tokyo gekommen, weil er vor seiner Familie flüchten wollte?“

„Gut möglich“, meinte Takashi, war sich aber dennoch nicht ganz sicher. „Gewissheit haben wir erst, wenn er darüber redet. Und ich glaube nicht, dass das so schnell der Fall sein wird. Deshalb möchte ich dich einfach bitten, dich zurückzuhalten, solange er nicht von selbst kommt. Ansonsten könnte er sich bedrängt fühlen und komplett dicht machen. Oder aber er ergreift die Flucht und wird uns aus dem Weg gehen. Und das wollen wir ja beide nicht.“

„Dann sollen wir also so tun, als wäre nichts?“

„Fürs Erste. Allein Hinata zuliebe. Ich denke, er ist extra so weit weg gezogen, um von dieser Geschichte loszukommen. Da sollten wir nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und alles aufs Spiel setzen. Wir sollten erst mal mehr Zeit mit Hinata verbringen, bevor wir mit dieser Geschichte ankommen.“

Ja, das sah Katsuya auch ein. Es war erst mal wichtig, wenn sie eine nähere Beziehung zu ihm aufbauten und sein Vertrauen gewannen, ehe sie ihn über so eine unangenehme Geschichte ausfragten.

„Scheiße, Mann“, murmelte er wieder. „Ich kapier echt nicht, wer so krank ist und so etwas macht. Kein Wunder, dass er so ist…“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Tja, da ist wirklich einiges in Hinatas Vergangenheit schief gelaufen. Und dass er dann so extrem ängstlich gegenüber anderen Menschen ist, ist ja irgendwie auch verständlich…

Naja, ab dem nächsten Kapitel geht es an den Strand von Kamakura mit der leisen Hoffnung, dass vielleicht auch ein wenig mehr draus wird. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  paper_tjger
2015-10-14T13:07:32+00:00 14.10.2015 15:07
Irgendwie feier ich besonders dieses Kapitel. Alleine wie sie sich über die Anime unterhalten und ich am Liebsten mitreden würde XD Haa~ Rund herum eine echt wahnsinnig toll gelungene Story. Gleich mal in die Favos packen ;D
Antwort von:  Sky-
15.10.2015 14:34
Ja, ich finde es auch immer witzig, wenn man einen Anime schaut und die schauen wiederum Animes oder reden darüber (Gin Tama zum Beispiel), dann kommt man sich vor wie bei so was wie Animeception xD
Von:  Mei2001
2015-09-13T10:06:05+00:00 13.09.2015 12:06
super kapi!!!
Von:  Yuutas
2015-09-11T11:14:43+00:00 11.09.2015 13:14
Bestimmt hat es was mit dem Vater von Hinata zu tun.
Ich freu mich schon voll auf das nächste Kapitel!!

PS: Hast du dir Junjou Romantica echt angesehen??
Der Yaoi ist echt klasse
Antwort von:  Sky-
11.09.2015 13:21
Oh ja, der ist wirklich klasse. Sowohl Junjou Romantica als auch Sekaiichi Hatsukoi sind meine absoluten Lieblinge<3
Von:  Onlyknow3
2015-09-11T06:16:18+00:00 11.09.2015 08:16
Missbrauch an Kindern in der Familie ist gar nicht so selten wie viele denken, die Dunkelziffer ist sicher höher als man annimmt. Außerdem muss ich sagen das ich es selbst erlebt habe, darum kann ich Hinata verstehen das er keinem Vertrauen kann, das er Angst hat vor anderen Menschen. Da Sprech ich nicht von dem Mobbing das er zusätzlich noch ertragen musste. Finde deine Geschichte sehr real, und und sie zeigt auch auf was solche ein Erlebnis aus einem machen kann. Wünsche Hinata das er mit hilfe von Takashi und Katsuya darüber hinweg kommt es verarbeiten kann.
Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  Sky-
11.09.2015 08:22
Ja, ich nehme gerne solche Themen, um auch mal das Bewusstsein der Leser für solche Dinge zu wecken. So zum Beispiel auch Sexsklavenhandel innerhalb des Darknet in "Mesmerize Me!" Den Fall mit den Verbrennungen habe ich aus einem existierenden Fall in Amerika, wo eine Frau ihren Stiefsohn jahrelang gequält und ihn so darauf gedrillt hat, alles zu tun, was sie befohlen hat, dass er seinen eigenen Vater im Alter von 10 Jahren erschoss, weil sie ihm weisgemacht hat, er würde an einem Hirntumor leiden und müsse erlöst werden. Das war der Fall Judith Hawkey und sie wurde vor zwei Jahren verurteilt. Der Mord selbst geschah 2003.
Antwort von:  Sky-
11.09.2015 08:30
Es ist wirklich schlimm zu hören, wenn man so etwas selbst erlebt hat und ich hoffe, du konntest es für dich so gut es ging verarbeiten.
Antwort von:  Onlyknow3
11.09.2015 08:58
Habe es gaschafft, leicht war es nicht. Heute kann ich auf eine 30 Jahre andauernde Ehe zurück Blicken und auf drei Erwachsene Kinder und zwei Enkel.

Von:  ruehrbesen
2015-09-08T14:22:38+00:00 08.09.2015 16:22
Ernsthaft. O.O Um Gottes Willen... ich hab mich ja bei den Narben am Arm schon gefragt, was da für ne Geschichte dahintersteckt, aber das jetzt... Ohweh, der arme. Q_Q
Ich bin echt gespannt was da genau passiert ist - man malt sich ja dann immer gleich schon alles Mögliche aus.


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