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Ihr stummes Lied

von

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lautloser Tanz


 

Kapitel IV - Lautloser Tanz
 


 

Immer wieder rieb der Lappen über das frisch eingefettete Leder seiner Schuhe, während Levi mit den Gedanken noch bei dem vergangenen Tag verweilte. Vor ein paar Stunden wurde ihnen ein äußerst interessantes Angebot unterbreitet. Sie sollten bestimmte Dokumente für einen gewissen Lobov auftreiben und zusätzlich den Träger dieser Papiere ausschalten. Im Gegenzug wurde ihnen ein Leben an der Oberfläche angeboten, inklusive Staatsbürgerschaft.

Dieser Auftrag roch nach Ärger, dennoch war die Aussicht, nicht länger in diesem Loch festzustecken, verlockend.
 

Er hob den Blick und sah zu Inara, die mit Isabel auf der Couch saß und der Jüngeren das Häkeln beizubringen versuchte. Allein für sie würde er sich mit diesem Ärger auseinandersetzen.
 

Dieser Auftrag könnte ihr ein ganz anderes Leben ermöglichen. Eines, in dem sie nicht in ständiger Angst vor den Mistkerlen leben müsste, die sie so gedemütigt hatten und denen sie jederzeit wieder begegnen konnte.

Allerdings klang dieses Angebot zu gut. Es musste irgendwo einen Haken geben. Levi dachte darüber nach, während er weiter seine Schuhe polierte.
 

Plötzlich schwang die Haustür auf und Farlan trat ein, gefolgt von Musik und dem Lachen der Menschen auf den Straßen. „Was sitzt ihr denn hier drinnen? Draußen steigt die Fete", grinste er spitzbübisch.
 

Isabel wurde sofort hellhörig. „Eine Feier?", fragte sie mit der Freude eines Kindes in der Stimme nach.
 

„Naja, zumindest Musik und gute Laune", korrigierte Farlan sich selbst.
 

Aber selbst das war eine Seltenheit im Untergrund. Levi konnte sich nur vage daran erinnern, wann das letzte Mal Musik auf den Straßen gespielt wurde. Natürlich spielte hier und dort einer seiner Freunde mal ein Stück auf seiner Gitarre oder Flöte, doch das war nicht vergleichbar mit der Musik, die von draußen herein drang. Es war eine willkommene Abwechslung zum trostlosen und eintönigen Alltag.
 

Augenblicklich sprang Isabel vom Sofa auf und packte Inara am Handgelenk. „Komm, dass müssen wir uns ansehen“, sagte sie, wobei sie die Ältere hinter sich her zur Tür zog.

Farlan zuckte grinsend mit den Schultern, warf Levi noch einen Blick zu, ehe er den zwei Frauen nach draußen folgte. Die alte Holztür ließ er dabei offen stehen.
 

Levi vernahm dem Klang von einer Gitarre und Flöten, vermischt mit Gelächter und Freudenschreie. Seufzend legte er seine Arbeit nieder, erhob sich von seinem Stuhl und verließ ebenfalls seine Wohnung.
 

Auf der Treppe stehend erkannte er, dass sich fast die gesamte Nachbarschaft auf der Straße versammelt hatte. Sie standen in Grüppchen und unterhielten sich oder tanzten, lachten, feierten. Drei Männer standen auf Holzkisten und spielten auf ihren Instrumenten. Skeptisch musterte er das Spektakel.
 

„Was ist denn hier los?“, fragte er Christoph, der am Treppenende vorbeiging.
 

Dieser zuckte mit den Schultern, deutete dann auf die Musiker. „Sie sind hier aufgetaucht und haben musiziert. Zuerst waren es nur wenige, die ihnen zugehört haben, bis es immer mehr Leute wurden und schließlich so eskaliert ist“, erklärte er lachend und schloss mit einer Handbewegung die freudige Masse ein.
 

Äußerst kritisch beobachtete Levi die Musiker, dann schweifte sein Blick über die Menge. Er entdeckte Isabel, die mit Markus, dem jungen Mann von nebenan, tanzte. Farlans Aufmerksamkeit wurde von zwei Fräuleins in Beschlag genommen, während Inara unweit von ihm auf einer Holzkiste saß und im Takt klatschte. Dabei lag ein seliges Lächeln auf ihren Lippen, das sich auch in ihren Augen wiederspiegelte.
 

Als hätte sie seine Blicke gespürt, wandte sich sich zu ihm um und winkte ihn herbei. Doch statt sich zu ihr zu gesellen, verschränkte er die Arme vor der Brust und zog eine seiner feinen Augenbrauen empor. Sie zog einen Schmollmund und ließ die Schultern sinken.
 

Da tauchte plötzlich Farlan neben ihr auf, nahm ihre Hand in seine und zog sie mit in die feierwütige Masse. Anscheinend benutze er Inara als Ausrede, um sich vor heiratswilligen Mädels zu retten.
 

Levi beobachtete, wie die Beiden tanzten. Inara, die zu beginn unsicher und ungeschickt wirkte, taute immer mehr auf, bis sie nur noch grinste, im Takt ihre Arme schwang und ihre Pirouetten drehte. Pure Lebensfreude spiegelte sich in ihrem Gesicht wieder, das durch die Narbe auf ihrer Wange immer an die Grausamkeit des Untergrunds erinnern würde.

Das war der Moment, in dem Levi sich sicher war, dass er es mit allem auf der Welt aufnehmen würde, nur damit dieses Lächeln nicht von ihren Lippen verschwinden würde.
 

Völlig aus der Puste ließ Inara sich neben ihn auf der Treppe nieder und sah ihn mit leuchtenden Augen an. „Willst du etwa, dass ich auch mit dir tanze?“, fragte er missmutig.
 

Sie machte ein nachdenkliches Gesicht, woraufhin er losschnaubte. „Vergiss es!“

Zuerst zog sie einen Schmollmund, feixte dann aber und boxte ihn gegen den Oberarm. Da hatte sie ihn doch tatsächlich reinlegen wollen. Diese neue, schelmische Seite an Inara war zuvor noch nicht zum Vorschein gekommen und auch, wenn dieser neu entdeckter Charakterzug ihm wahrscheinlich viele Nerven rauben würde, so freute er sich für sie, dass sie einen weiteren Schritt aus der Dunkelheit zurück zu ihrem alten Ich gemacht hatte.
 

Gemeinsam sahen sie zu, wie ausgelassen die Menschen vor ihnen den Moment lebten, ohne an die Sorgen des Morgen zu denken. Unerwartet spürte er ein angenehmes Gewicht an seiner Schulter, denn Inara hatte ihren Kopf an diese gelehnt. Aus dem Augenwinkel sah er zu ihr hinab, wie sie sich an ihn schmiegte und zufrieden seufzte. Er sah ihre Hand, die zwischen ihnen auf dem Treppenpodest lag und umfasste sie mit seiner. Überrascht hob sie den Kopf und sah in direkt an.
 

So viel Glückseligkeit und Wärme strahlte ihm aus ihren Augen entgegen und er wusste genau was sie ihm gerne mitteilen wollte, da sie die Röte auf ihren Wangen verriet.
 

„Ich weiß“, flüsterte er und platzierte mit der freien Hand ihren Kopf an seine Schulter. Erneut bildete sich dieses Lächeln auf ihren Lippen, während sie noch ein Stückchen näher an ihn heran rutschte. Wie jedes Mal, wenn sie seine Nähe suchte, stieg diese wohltuende Wärme von seinem Bauch in seine Brust und sein Herz schien vor Freude zu tanzen.
 

Levi hätte die Zeit vergessen und für eine Ewigkeit so sitzen bleiben können. Doch hatte er einen Entschluss gefasst. Am nächsten Morgen würde er Isabel und Farlan darüber in Kenntnis setzen, dass sie den Auftrag annehmen würden. Sie würden ihn erfolgreich abschließen und die Chance auf ein besseres Leben bekommen. Er würde ihr ein besseres Leben ermöglichen.
 


 

Kurze Zeit später war es soweit. Der Aufklärungstrupp tauchte im Untergrund auf und ihr Zielobjekt gab sich zu erkennen. Allerdings wurden sie überrumpelt und schließlich vor die Wahl gestellt:

Mit dem Aufklärungstrupp zu kooperieren oder man würde sie an die Militärpolizei übergeben.
 

Es lief so gar nicht wie geplant.



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