3. Comte Jacques de Baux
Ein kräftiger Mann um die 40 trat in das Zimmer und ein hämisches Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Oscars Augen formten sich zu Schlitzen.
„Comte Jacques de Baux ?!“ Es klang mehr wie eine Frage, als eine Feststellung. Doch Oscar sammelte sich sogleich wieder und bewahrte ihre undurchdringliche Miene.
„Was wollt Ihr von mir?“, fragte sie kühl und direkt.
Jacques de Baux ließ sich von ihrer forschen Art nicht beeindrucken. Stattdessen ging er auf sie zu und inspizierte die junge Frau. Oscar lief ein eisiger Schauer über den Rücken, als sie dessen abschätzenden Blick auf sich spürte. Sie musste sich konzentrieren, nicht den Halt unter dem Boden zu verlieren. Er blieb kurz vor ihr stehen und blickte in ihre kristallblauen Augen. Der Mann war einen halben Kopf größer als sie und kam ihr eindeutig zu nahe.
„Ein Dankeschön? Schließlich habe ich Euch bei mir aufgenommen und Eure Wunden versorgen lassen. Und was bekomme ich dafür?“ Er machte eine ausladende Armbewegung und wandte sich wieder von ihr ab.
Erleichterung durchfloss Oscars Körper und motivierte sie zu kontern. „Macht Euch nicht lächerlich, Comte de Baux. Ihr haltet mich hier gefangen! Die Frage ist nur zu welchem Zweck? Ihr könnt mich nicht ausstehen und das beruht auf Gegenseitigkeit. Unsere Begegnungen verliefen stets in Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten...“
„Ach diese alten Geschichten...Seid nicht so nachtragend!“, unterbrach er sie. Sicherlich, mein Führungsstil lief nicht immer mit dem Euren konform. Doch ich habe meine Niederlage nach unserem Duell ehrwürdig ertragen, mich Euch stets untergeordnet und Euch die Führung des 1. Söldnerregimentes mit Hochachtung überlassen.“ Allein der Tonfall seiner Aussage ließ genau auf Gegenteiliges schließen.
Oscar konnte sich noch gut an das erste Treffen mit ihm erinnern: Als sie nach ihrer Versetzung aus dem königlichen Garderegiment, in das Pariser Söldnerregiment wechselte, wurde sie sofort misstrauisch beäugt...Nicht nur von der Truppe, sondern auch von deren Hauptmann. De Baux hatte sich vor den Augen der Mannschaft über sie lustig gemacht und ein Fechtduell provoziert. Obwohl er ihr in Kraft und Stärke klar überlegen war, hatte er seinen Gegner stark unterschätzt. Dies führte dazu, dass Oscars Kampfeswille enorm gesteigert wurde und sie nur Eines wollte: Den Sieg!
Brutale Kraft gegen leichtfüßige Gewandtheit: Hätte sie auch nur einen, seiner Hiebe abbekommen, wäre die Niederlage gewiss gewesen. Doch dazu kam es nicht. Denn blitzartig war sie ihm ausgewichen und ein schneller Konterangriff führte, zum Erstaunen aller, zu ihrem Sieg.
Auf dem Trainingsgelände war es auf einmal still geworden. Die Augen des Verlierers waren vor Schreck weit geöffnet, als er ihre Klinge an seiner Kehle zu spüren glaubte. Man hätte eine Stecknadel auf den Boden fallen hören können. Als Oscar ihren Degen schließlich senkte, klatschte ihre zukünftige Truppe, erst zaghaft doch dann energischer, als erstes Zeichen der Anerkennung. De Baux war mürrisch davongezogen, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen.
Von Anfang an also hegte er einen tiefen Groll gegen sie.
„Ihr habt mir immer noch nicht geantwortet. Also: Was wollt ihr von mir?“ Misstrauisch blickte sie ihn an.
De Baux drehte sich nun wieder zu ihr um und lächelte. „Ich wüsste da schon etwas!“
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