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Divine Temerity

von

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The morning after the night before

Die Kellnerin schlurfte mehr oder weniger lustlos an den Tisch der beiden Männer und nahm die Bestellung auf, ehe sie wie eine Wanderdüne hinter der Theke verschwand. Es war nicht viel los um diese Uhrzeit, das war Gabriel aber auch recht. Es musste ja nicht jeder ihr Gespräch mitverfolgen können, es reichte ihm schon, wenn Jack ihn für einen durchgeknallten Spinner hielt.

Die Gedanken des jungen Mannes kreisten wie immer um seine Schwester und nicht zuletzt auf das bizarre Ereignis der letzten Stunde.

Jack hingegen trank in Ruhe seinen Kaffee, ließ seinem Freund Zeit sich zu sortieren. Der Braunhaarige lehnte sich nach einigen Augenblicken zurück, stellte die Kaffeetasse ab und schob Gabriel einen Ausweis zu.

„Hier...“, Jack erntete ein genervtes Stöhnen seines Gegenübers. Gabriel zog das laminierte Stück Papier zu sich herüber und stützte seinen Kopf auf die linke Handfläche.“ Danke, dass du ein Auge auf sie hast, Jack. Der wievielte Ausweis ist das nun?“, fragte er eher sich selbst als seinen Freund. Jack zuckte nur mit den Schultern, setzte die Kaffeetasse wieder an.

„Ganz ehrlich keine Ahnung... aber zumindest werden die gefälschten Ausweise von ihr immer professioneller.“, kommentierte er trocken, nippte wieder an der heißen Flüssigkeit. Der Weißhaarige spielte mit dem falschen Dokument.

„Ich finde das nicht witzig, Jack. Ich mache mir wirklich Gedanken um Evy... sie driftet immer weiter ab und ich weiß nicht wie ich zu ihr durchdringen kann. Und dann ihre Freunde... ich höre mich an wie ein alter Mann... ich weiß. Aber diese Kerle sind alle bedeutend älter, gammeln nur herum und pfeifen sich irgendwelche Drogen rein.“, er schwieg einen Moment und dachte daran wie praktisch es doch wäre, wenn er in diesem Turm wohnen würde. Dort würde ihm Evy sicherlich nicht so schnell abhauen. Sicherlich eine mittelalterlich Methode. Aber eben auch eine sehr wirksame!

Jack hingegen lenkte ein, riss den Weißhaarigen somit aus seinen düsteren Gedankengängen.

„Nein... ich kann das nachvollziehen. Außerdem hat sie nichts im Finalklub verloren, ich sehe ja mit welchen Gestalten sie dort zugange ist. Andererseits was willst du machen? Sie ist kein Kind mehr und du wirst sie nicht vor allem und jeden beschützen können, Gabriel. Dessen musst du dir bewusst werden...“, erklärte er ruhig, ließ sich und seinem Freund einen weiteren Kaffee kommen.

„Ich weiß... “, kommentierte Gabriel monoton, umfasste die warme Kaffeetasse und starrte in das schwarze Getränk.“ Es ist nur... vielleicht sind meine Beweggründe auch einfach egoistischer Natur...“, er blickte auf, sah Jack direkt an, dieser erwiderte seinen Blick verwirrt.“ Sie ist alles was mir geblieben ist, die letzte Verbindung zu meinen Eltern. Vielleicht möchte und kann ich einfach nicht für mich alleine sein... “, er lehnte sich mit einem tiefen Seufzer gegen die Rückenlehne der Sitzbank und nippte an seinem Kaffee.

Jack beugte sich vor, sah ihn ungewohnt ernst an. “Das wollte ich dir damit auch nicht vermitteln... außerdem bin ich ja auch noch da!“, er zwinkerte ihm zu, rang dem anderen ein seichtes Lächeln ab. “Und du weißt egal um was es geht... ich stehe hinter dir!“, keine leeren Floskeln, Jack war mehr als einmal für ihn da. Egal um was es ging, er konnte sich auf ihn verlassen, das gab Gabriel Sicherheit und Halt und nicht zuletzt ein gutes Gefühl.

Stille trat wieder zwischen beide Männer.

„Ahh... nun erzähl endlich, was vorhin im Wald passiert ist.“, warf der Braunhaarige schließlich ein und sah Gabriel gespannt an. Dieser beugte sich wieder vor, schob seine Tasse zur Seite und sah ihn mit gerunzelter Stirn an.

„Also... so ganz ehrlich weiß ich selber nicht was da abgegangen ist.“, erklärte der junge Mann

stockend und starrte aus dem Fenster. “Wie gesagt bin ich Evy nachgegangen, oder vielmehr habe ich sie gesucht als sie sich wieder der Schule entziehen wollte. Und nachdem ich so ziemlich jeden ihrer Lieblingsorte abgeklappert hatte, bin ich schließlich dort im Wald gelandet. Mir blieb noch in Erinnerung wie sie mir erzählt hatte, dass ihre ach so tollen Freunde erzählten, dort würden Vampire wohnen.“, er seufzte deutlich hörbar und schüttelte den Kopf. Gabriel konnte diesen dämlichen Geschichten absolut nichts abgewinnen, er stand einfach mit beiden Beinen im Leben. Da blieb nicht viel Zeit für irgendwelche Fantastereien.

„Nun... und ich habe sie dort tatsächlich gefunden... und oh Wunder... sie war nicht allein!“, fuhr er zynisch fort und warf Jack einen ernsten Blick zu. “Irgend so ein langhaariger Kerl bedrängte sie. Ich ging natürlich dazwischen... und...“, so recht wusste er nicht wie er die ganze Situation so verpacken sollte, dass es nicht lächerlich rüberkam. Wieder stockte der junge Mann in seiner Erzählung.

„Und?“, hakte Jack wieder nach und lenkte die Aufmerksamkeit seines Gegenübers wieder auf sich. Gabriel wartete eine Sekunden ehe er sich wieder zu einer Antwort bequemte.

„Dieser Kerl... er kam auf mich zu und umfasste mich... sein Griff kam den eines Schraubstockes gleich.“, der Braunhaarige sah ihn unsicher an. “Jack... du weißt... auch wenn ich nicht gerade eins achtzig bin. Ich bin kein Schwächling, ich weiß mich zu wehren... aber... gegen ihn kam ich nicht an. Es war als würde ich gegen eine Mauer schlagen... und... halte mich für verrückt, aber... er wollte mir verdammt nochmal in den Hals beißen! Der war vollkommen irre! ... erst als die Sonne aufging verschwand er mit dem Fauchen einer angepissten Katze!“, der Braunhaarige sah ihn weiterhin an, als würde er sich die ganze Szene bildlich vorstellen.

„Hat er geglitzert?“, fragte Jack schließlich und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Dem Weißhaarigen entglitten sämtliche Gesichtszüge.

„Verarsch mich nicht Jack! Da hätte sonst was passieren können, du Idiot!“, maulte er ihn nun lauthals an und zog die Blicke der anderen Gäste augenblicklich auf sich. Wieder erstarbt die Stimme, er verschränkte die Arme und warf sich wieder zurück an die Lehnte.

Beschwichtigend hob Jack schließlich seine Hände. “Schon gut, schon gut... war ja nur ein Scherz! Du weißt doch was für geisteskranke Gestalten hier herumlungern, glaube mir... ich schmeiße jede Nacht ein Dutzend von ihnen aus unserem Klub! Sicherlich war das keine angenehme Erfahrung... aber ich denke... das war ein unglücklicher Zufall. Aber du hast Recht... es hätte ins Auge gehen können.“, Gabriel schien sich wieder zu beruhigen, nickte ihm nur kurz zustimmend zu. “Ich mache dir einen Vorschlag. Dieses Wochenende habe ich frei. Eigentlich müsste ich für eine Klausur lernen, aber ich denke einen Abend kann ich opfern. Ich nehme mir Evy mal zur Brust... vielleicht komme ich ja besser an sie heran, als ihr großer, dummer Bruder!“, er lachte leise auf und leerte seine Tasse. Der Weißhaarige schien die Idee willkommen zu heißen.

„Warum nicht... einen Versuch ist es wert.“, schließlich hat seine Schwester Jack eine ganze Zeit lang angehimmelt. Auch er leerte seine Tasse, wirkte immer noch nachdenklich. Dieser Mann aus dem Wald ging ihm einfach nicht aus dem Kopf.

„Was ist los?“, bohrte sein Freund weiter, doch der Weißhaarige schüttelte wieder den Kopf.

„Ich... bekomme diesen Kerl nicht aus dem Sinn. Es war alles so surreal... sein Blick... er ging mir durch Mark und Bein. Und seine Bewegungen... sie waren so unnatürlich... ich kann es nur schwer beschreiben. Aber es war... als wäre dieser Mann nicht von dieser Welt...“, der Student hing seinen Erinnerung an diese Begegnung nach. Es ging alles rasend schnell, seine Reaktionen liefen rein instinktiv ab.

„Es war irgendein Penner, oder Junkie... oder willst du mir nun doch sagen, dass dich ein Vampir angegriffen hat?“, fragte Jack gespielt spöttisch. Gabriel bearbeitet seine Unterlippe mit den Zähnen und schnalzte mit der Zunge.

„Der war vielleicht vieles... aber kein Penner... dafür war er zu gut gekleidet.“, rückblickend betrachtet sah dieser Mann sogar überirdisch schön aus. Androgyn und attraktiv. Zumindest für einen Mann!

Jack legte ein breites Grinsen auf und beugte sich leicht über den Tisch.

„Ahh... hat sich da wer verliebt?“, sein Grinsen wurde breiter und er lehnte sich wieder ein Stück zurück. Gabriel indes fuhr wieder wie gewohnt an die Decke, doch wurde seine Stimme nicht sonderlich lauter. Schließlich wollte er den anderen Gästen nicht wieder eine kleine Show bieten.

„Mach ruhig so weiter und ich steinige dich mit der Kaffeetasse... “, zur Untermalung seiner Aussage umfasste er wieder den Becher und starrte Jack direkt ins Gesicht. Wieder erntete er ein schiefes Grinsen, welches von Gabriel unwillkürlich erwidert wurde. Sein Freund schaffte es doch immer wieder ihn ins hier und jetzt zurückzuholen.

Und das auf seine eigene, charmante Art. Der Weißhaarige hatte wieder gute Laune und das war alles was Jack erreichen wollte. Mission geglückt!

„Mach dir keinen Kopf... Gabriel... es findet sich immer eine Lösung, immer ein Ausweg. Wir sollten nun auch zur Uni, komm... wir schaffen die nächste Vorlesung.“, er stand auf und wollte gerade zur Theke gehen als Gabriel sein Handgelenk umfasste. Er neigte seinen Kopf dem anderen zu.

„Jack... ich...“,er stockte. “Danke...“, hauchte er beinahe lautlos. Dieses Wort gebrauchte er einfach viel zu wenig, gerade bei seinem Kumpel. Jack hingegen winkte nur ab.

„Schon gut....“,die Frohnatur bezahlte die Kellnerin und verließ zusammen mit Gabriel das Café. Auf dem Campus verabschiedete sich der Braunhaarige schließlich.

„Also... ich bin diesen Freitag dann gegen achtzehn Uhr bei dir... ich bringe Pizza mit, leihe ein paar gute Filme aus, ja?“, er klopfte dem Kleineren auf die Schulter und verschwand schließlich im riesigen Gebäude. Der Weißhaarige sah ihm noch einen Moment nach ehe auch er sich zum Vorlesungsaal begab.

Der restliche Tag war gewohnt langweilig. Gabriel kämpfte sich von Vorlesung zu Vorlesung und, setzte sich mit seinem neuen Stundenplan auseinander und begab sich schließlich gegen Abend wieder nach Hause.

Als er vor seiner Haustür stand atmete er noch einmal tief durch, steckte den Schlüssel in den Zylinder und schloss auf. “Evy? ... ich bin wieder da...“, er horchte auf, erst als er das Öffnen der Zimmertür hörte entwich ihm wieder der Atem.

//Gott sei Dank, sie ist da...//, er würde ihr keine Moralpredigt halten. Zumindest nicht vor dem Essen. “Ich hab essen mitgebracht...“, sie stand im Türrahmen, sah ihren Bruder an, erwiderte zunächst nichts. Gabriel zog seine Schuhe aus, hing seine Jacke an die Garderobe und schritt in die Küche. Mit etwas Verzögerung folgte ihm Evy schließlich. Neugierig schielte sie zu den weißen Plastiktüten.

„Sushi...“,kommentiere Gabriel schließlich und packte alles aus, reichte seiner Schwester die Essstäbchen. Kulinarisch teilten die Geschwister einen ähnlichen Geschmack, eine Sache über die sie ausnahmsweise nicht zankten. Sie nahmen am Tisch Platz, immer noch herrschte Stille zwischen ihnen. Schließlich war es jedoch Evy die das Wort ergriff.

„Gabriel... es tut mir Leid...“, gab sie etwas reumütig von sich und sah zu ihrem Bruder herüber. “Ehrlich...“, betonte sie überdeutlich. “Ich habe Scheiße gebaut...“, fuhr sie weiter fort und zog mit ihren Essstäbchen kleine Kreise in der Sojasoße. Sie hoffte einfach, dass Gabriel ihre halbherzige Entschuldigung annahm. Doch der Weißhaarige sagte nichts.

„Weißt du... es wäre mir lieber, wenn du mich wie gewohnt anschreist...“, gab sie leise von sich und starrte ihr Gegenüber weiterhin an.

Gabriel blickte auf, betrachtete seine Schwester einen Moment und befeuchtete seine trockenen Lippen mit der Zunge. “Wir drehen und immer wieder im Kreis. Und du glaubst... dass es mit einer deiner lustlosen Entschuldigungen getan ist. Aber du lernst einfach nicht aus deinen Fehlern... du ratterst die Worte ´es tut mir Leid´ herunter wie ein Abendgebet und erwartest von mir auch noch, dass ich dir den Mist abkaufe…“, Evy legte genervt die Essstäbchen zur Seite. War ja klar, dass das Ganze wieder ausarten würde.

„Und was soll ich deiner Meinung nach tun?“, gab sie bockig zurück und giftete ihren Bruder mit ihren Blicken an.

Wie sehr er doch dieses kindische Verhalten an ihr hasste. “Ich möchte, dass du dich einfach an die abgesprochenen Regeln hältst und dich nicht irgendwo mitten in der Nacht herum treibst. Sei zur vereinbarten Uhrzeit zu Hause und hinterlasse mir wenigstens eine Nachricht, wenn du weggehst. Und geh verdammt nochmal an dein Handy, wenn ich dich anrufe! Du willst, dass ich dich deines Alters entsprechend behandle... aber jede deiner Handlungen zeigt mir einfach, dass du ein trotziges, kleines Gör bist, dass mit allen Mitteln versucht ihren Willen durchzuboxen.“, mit verengten Augen sah er seine Schwester an. Diese machte nun völlig dicht, stand schließlich auf und warf Gabriel einen letzten hasserfüllten Blick nach.

„Du kannst mich nicht ewig einsperren... spätestens mit achtzehn bin ich hier weg!“, mit diesen letzten Worten stampfte das junge Mädchen in ihr Zimmer und knallte geräuschvoll ihre Tür zu. Wie immer, wenn sie argumentativ nicht mehr weiter kam.

Gabriel hingegen blieb sitzen, es hatte keinen Zweck ihr nachzugehen, es würde die ganze Sache nur schlimmer machen.

//Warum will sie einfach nicht kapieren, dass ich sie nur schützen will?//, als nächste tönte ohrenbetäubende Musik aus Evys Zimmer. Augen rollend beendete er seine Mahlzeit und räumte den Tisch schließlich ab. Nach der Hausarbeit begab sich der Weißhaarige ebenfalls in sein Zimmer, setzte sich seine Kopfhörer auf und drehte seinerseits die Musik auf.

//Was für ein Tag…//, er schloss die Augen und versuchte zumindest ein wenig zu entspannen ehe er sich wieder mit seinem Lernstoff auseinandersetzen musste.
 

Evy hingegen entfloh dem Alltag auf ihre Weise. Die Musik dröhnte immer noch aus den Boxen ihres Laptops, die Tür war abgeschlossen, damit Gabriel sie ja nicht wieder nerven würde. Und das würde er im Laufe des Abends ohnehin, spätestens wenn es darum ging die Musik leiser zu drehen, damit die Nachbarn sich nicht beschwerten.

Sie lag auf dem Bett, steckte sich eine Zigarette an und starrte an die Decke ihres Zimmers. Noch immer dachte sie an diesen gutaussehenden Kerl aus dem Wald. Seine ganze Art faszinierte ihn, seine wohlklingende Stimme hallte immer noch in ihrem Schädel. Eines war sicher, sie musste ihn wiedersehen, egal wie sehr ihr Bruder an die Decke gehen würde.

Die Schwarzhaarige setzte sich auf, legte die Zigarette auf dem Aschenbecher ab und griff zu ihrem Portemonnaie. Sie zog ein kleines Plastikpäckchen heraus, indem sich einige Pillen befanden. Sie legte eine dieser Pillen auf ihre Zunge und legte sich wieder hin.

Ihr Aussehen brachte ihrer Meinung nach ungeahnte Vorteile. Zumindest, wenn es darum ging umsonst oder zumindest für wenig Geld an guten Stoff zu gelangen.

Die Wimpernreichen Augen schlossen sich und sie konnte sich ganz ihrer eigenen, kleinen Welt hingeben. Sie konnte abschalten, die Umwelt ausschließen. Ein Gefühl wohliger Wärme durchfuhr ihren zierlichen Körper und all ihre Anspannungen und Probleme schienen sich in Luft aufzulösen. Sie ärgerte sich nicht einmal mehr über ihren dämlichen Bruder. Alles war gut, hier in ihrem Zimmer, ihrer kleinen Zuflucht.
 

Einige Stunden zuvor begab sich der Schwarzhaarige Vampir mit schmerzenden Augen zurück zu seinem Turm. Schon lange erblickten seine empfindlichen Augen nicht mehr das Licht der Sonne, eine schmerzhafte Lektion. Dazu kam die bittere Schmach, dass ihm gleich zwei Sterbliche entkamen. Was war nur los mit ihm? Er war doch sonst so gewissenhaft und brach keine seiner Regeln. Und in dieser Nacht brach er gleich zwei von ihnen. ‚Kehre immer vor Sonnenaufgang zurück und lasse nie einen Menschen hinter deine wahre Fassade blicken. Es sei denn du willst dich nähren, oder ihn zu deinesgleichen machen.‘ Und gerade letztere Ausnahme durfte nicht leichtfertig ausgeführt werden. Nicht jeder Sterbliche hatte genug Kraft für die Ewigkeit, viele verfielen schon nach einigen Jahrzehnten dem Wahnsinn.
 

Mit knirschenden Zähnen schloss er die Eisentür hinter sich. Zu allem Überfluss war er nun hungrig, ein Umstand der seine Laune gewiss nicht besserte.

„Damian...“, ihm kam eine sehr vertraute Stimme entgegen. Lucius stand am Anfang der riesigen Wendeltreppe und sah ihn unverhohlen an. Lucius, sein zweitältestes Kind. Doch Damian nahm nur wenig Notiz von ihm, rauschte förmlich an ihm vorbei. “Ich weiß was du sagen möchtest... spare dir die Worte... Leg dich schlafen, der Tag ist angebrochen.“, kam es knapp über seine fein geschwungenen Lippen, während er seinen Mantel abwarf und in sein Gemach verschwand.

Erik, der jüngste des Klans, hob das Kleidungsstück gewissenhaft auf, er hatte sich im Schatten versteckt, wohl wissend, dass Damian auch von seiner Anwesenheit wusste. Er war es auch, der seinem Schöpfer mit Abstand gefolgt war, er hatte alles beobachtet und es schließlich an seine Brüder weitergetragen. Er machte sich Sorgen um ihn, ebenso wie der Rest ihrer Familie. Damian verhielt sich seit geraumer Zeit merkwürdig, seine Handlungen waren für seine Kinder nur schwer nachvollziehbar.

Beide Männer tauschten kurze Blicke aus, bis Lucius seinem Herrn schließlich folgte. Erik blieb zurück, sah ihm nach und legte den Mantel über seinen Arm ehe er in seinem Zimmer verschwand.

Damian hingegen entkleidete sich, zog die schweren Vorhänge an seinem Fenster zu und begab sich danach auf sein Bett. Seine ganzen Gedanken kreisten nur um den Sterblichen, der ihm entwischt war. An dem Mädchen hatte er ohnehin kein Interesse, erst recht nicht als er gerochen hatte, dass ihr Blut mit irgendeiner Substanz verunreinigt war.

Aber dieser junge Mann ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf. Schon lange hatte ihn kein Anblick mehr so gefesselt. Allein sein Geruch war betörend, seine Sinne waren wie vernebelt gewesen. Vielleicht war er deswegen so unvorsichtig gewesen?

//Wie gerne hätte ich doch von dir gekostet, Menschlein...//, er schloss die Augen, sein einzigartiger Duft hing ihm immer noch in der Nase.
 

Ohne anzuklopfen betrat Lucius das Gemach des Schwarzhaarigen, dieser lag bereits halb entkleidet auf seinem Bett. Damians Blick, vor allem aber seine Gedanken waren schwer zu erahnen. Wortlos trat der Jüngere an ihn heran, ließ seine schlanken Finger über die Decke gleiten ehe er sich auf das Bett begab.

„Komm... ich lasse dich vergessen...“, raunte er Damian heiser zu, setzte sich auf seinen Schoß und liebkoste den Hals des anderen. Der alte Vampir unterhielt mit jedem seiner Geschöpfe amouröse Beziehungen, doch Lucius war sein Favorit.

„Lass mich allein... mir ist heute nicht danach...“, erklang es von Damian, doch so leicht ließ sich der Weißhaarige nicht abwimmeln.

„ … du musst nur in Stimmung kommen... das ist alles...“, entgegnete Lucius spielerisch, schenkte ihm ein kokettes Lächeln und setzte seine Verführungskünste fort. Ein Fehler, wie sich einige Sekunden später herausstellen sollte.

„Ich sagte, lass mich!“, der Schwarzhaarige stieß den jüngeren Vampir von sich, sah ihn drohend an. Lucius hingegen war zunächst überrascht, dann brach sein feuriges Temperament mit ihm durch.

„Fein... dann nicht... wage es aber ja nicht, nachher bei mir anzukommen!“, knurrte er lauthals zurück und verließ angesäuert das fremde Zimmer. Erst als die Tür wieder ins Schloss fiel lehnte sich Damian zurück. Wieder kreisten seine Gedanken um den jungen Sterblichen, irgendetwas faszinierte ihn.

„So... ein hübsches Vöglein...“, raunte die dunkle Stimme leise, ehe sich seine Augen schlossen und er in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2015-12-14T22:16:49+00:00 14.12.2015 23:16
Hey... hab deine FF nach längerem nochmal ganz gelesen und bin immer noch begeistert. Würde mich riesig über eine Fortsetzung freuen. Lg
Annu
Von:  Sweetparadise
2015-04-13T11:20:16+00:00 13.04.2015 13:20
So ein schöner Schreibstil, einfach wahnsinn *_______*
Auch dieses mal wieder super toll und spannend geschrieben!!!
Antwort von:  Scherbentaenzer
16.04.2015 22:08
Danke,Danke...das neue Kapitel dauert leider ein wenig.
Von:  Alekto
2015-03-22T19:27:12+00:00 22.03.2015 20:27
Mohaa T//T OMG ich liebe es einfach, wie du einzelnen Charaktere wiedergibst, das ist so damn spannend, ganz ganz toll!! ;_;


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