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Er liebt mich, er liebt mich nicht

[Secret Love]
von

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Takeda hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, als ihn etwas aus seinen Gedanken riss. Im ersten Moment konnte er es nicht zuordnen, wusste nicht, was es gewesen war, bis er es erneut hörte.

»Takeda!«

Jemand rief seinen Namen. Eine Stimme, die ihm vertraut vorkam. Sie gehörte nicht Hirakawa, sie gehörte, sie gehörte...

Das Gesicht Yuuki Ishidas schob sich in Takedas Sichtfeld, leicht verzerrt, mit gerunzelter Stirn und zusammengezogenen Augenbrauen.

»Man, was treibst du denn hier? Ich hab dich überall gesucht. Dachte, du hast dich vielleicht verlaufen. Es ist schon irre spät. Um zehn ist Sperrstunde im Wohnheim, kapiert? Wir müssen zurück, sonst lassen die uns auf der Parkbank pennen. Komm schon, hoch mit dir!«

Takeda wurde auf die Füße gezogen, wankte leicht, war verwirrt.

»Was haben sie denn mit dir gemacht? Oder hast du was getrunken? Das geht ja mal gar nicht klar.«

Ein Arm hakte sich bei Takeda unter, zog ihn mit sich. Immer einen Fuß vor den anderen setzen, einen Fuß vor den anderen.

Der Weg zum Wohnheimblock C schien länger geworden zu sein, ein endloser Marsch durch die zwielichtigen und verlassen daliegenden Welten des Campus, von Wegen durchzogen, die doch alle nur Irrwege waren.

Als Ishida endlich mit Takeda im Schlepptau das Wohnheim erreichte, war der Wohnheimsprecher gerade dabei, die Tür zu verriegeln.

»He, wir müssen da noch rein!«, rief ihm Ishida entgegen und beschleunigte seinen Schritt, wodurch Takeda nun eher hinter ihm hergezogen als von ihm gestützt wurde.

Die Miene des Wohnheimsprechers blieb ausdruckslos: »Drei nach Zehn.«

»Komm schon, sei kein Frosch, Hirakawa.«

Hirakawa? Natürlich, er war der Wohnheimsprecher, er...

»Ich musste nur noch schnell meinen Freund hier einsammeln«, gab Ishida besänftigend zurück und fuhr Takeda freundschaftlich durch das ohnehin schon zerzauste Haar. Der kam sich in diesem Augenblick vor wie ein kleines Kind - was er vermutlich auch war. Doch er hatte keine Kraft, sich dagegen zu wehren.

In Hirakawas Gesicht regte sich etwas, das Takeda nicht richtig deuten konnte, dann trat er einen Schritt zurück, um die beiden Nachzügler einzulassen.

Auf halber Treppe zu Zimmer 102 brach Ishida schließlich das entstandene Schweigen: »Man, man, man. Der muss ja echt was gegen dich haben.«

»Wer?«, fragte Takeda matt.

Ishida zog den Zimmerschlüssel aus seiner Hosentasche und sperrte die Tür auf.

»Na, Hirakawa. Also nicht, dass er jetzt ein besonders aufgeschlossener Mensch wäre, aber eigentlich hilft er dir immer, wenn du in der Klemme steckst.«

»Ach so?«

Takeda ließ sich auf sein Bett fallen. Am liebsten hätte er den Namen Hirakawa ab sofort aus seinem Wortschatz gestrichen, damit der Drache, der in seiner Brust tobte, sich für die nächsten hundert Jahre wieder in seiner Höhle einrollen und den Schlaf der Gerechten würde schlafen können. Aber es gelang ihm nicht.

»Als letztes Jahr mein Vater gestorben ist, hat mich Hirakawa wieder hoch gezogen. Ich dachte, ich müsste die Schule abbrechen und zu meiner Mutter nach Okinawa zurückgehen. Geld verdienen. Er ist von sich aus auf mich zugekommen, hat irgendwie ein Auge dafür, wenn’s einem schlecht geht, glaub ich. Naja, jedenfalls hat er für mich bei der Schulleitung vorgesprochen und hat es doch tatsächlich geschafft, dass die mir das Schulgeld erlassen haben. So ’ne Art Stipendium. Unglaublich der Kerl.«

Takeda hatte während Ishidas Ausführungen die Augen geschlossen. Obwohl sein Mitbewohner denken musste, dass Takeda bereits eingeschlafen war, fuhr er halblaut fort: »Wäre gerne sein Freund geworden. Aber der lässt niemanden an sich ran. Ich glaube, dem geht’s mieser als allen, denen er hilft.«

Damit löschte Ishida das Licht und überließ das Zimmer der Schwärze der Nacht.



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