Es ist Liebe!
Als sie zusammenbrach, tat ihm sein Ausbruch doch irgendwie Leid. Reita wusste genau, dass die beiden in Kais hinterhältige Falle geraten sind. Und trotzdem hatte er sich auf das Spiel eingelassen, und seiner Wut die Überhand überlassen. Doch jetzt konnte er sich nicht rühren. Wenn er ging, dann für immer. Dann gab es nämlich kein zurück mehr.
Doch Reita konnte sie in diesem Augenblick einfach nicht allein lassen. Zwar war er immer noch wütend und verletzt, aber es war Tomoko, die hier vor ihm saß und bitter schluchzte.
Reita kniete sich zu ihr hin und zog sie ohne zu Zögern in seine Arme. Er strich ihr beruhigend über den Kopf, ließ seine Hand über ihren Rücken gleiten.
Was spielte dieser Kuss schon für eine Rolle, versuchte er sich zu sagen. Tomoko hatte Kai niemals gewollt und dieser Kuss bedeutete ihr nichts. Und ihm sollte er auch nichts bedeuten.
Als er sie auf die Beine zog, sah sie ihn verwundert an. Sie konnte wahrscheinlich nicht glauben, warum er nicht einfach gegangen war. Aber er schuldete ihr keine Erklärung. Er war die ganze Zeit schon davongelaufen, vor seinen Gefühlen, vor ihr. Jetzt war endlich Schluss damit.
„Reita...“, setzte sie langsam an und blieb stehen, nachdem sie bereits ein Stück gelaufen waren. „Es tut mir Leid...“
Reita hielt ebenfalls an und sah zu ihr. Sie wirkte verloren und so zerbrechlich, dass er sie am liebsten noch einmal in die Arme genommen hätte. Stattdessen blieb er auf Abstand und ließ seinen Blick zum Meer gleiten.
Warum hatte er dieser Reise überhaupt zugestimmt? Tomoko hatte ihn nicht einmal überreden müssen. Er wollte einfach mehr Zeit mit ihr verbringen, doch dann kam dieser Streit dazwischen und die Reise schien für ihn vorbei zu sein, bevor sie überhaupt angefangen hatte. Das alles kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Er hätte schon damals mit offenen Karten spielen sollen. Aber wer hätte gedacht, dass alles noch komplizierter werden würde?
Reita sah wieder zu ihr. Sie wartete still auf seine vorwurfsvollen Worte, die ihr sagten, was für ein dummes Ding sie war, das auf Kais Worte reinfiel. Doch er würde nichts desgleichen sagen. Kurzen Augenblick später trafen sich ihre Blicke und der Knoten in seiner Brust löste sich, wobei plötzlich nichts mehr kompliziert erschien wie noch vor wenigen Minuten. Reita sah auf einmal glasklar.
Er war niemand, der viele Worte verschwendete, und alle Phrasen, die er sich vorhin zurecht gelegt hatte, waren verblasst. Reita streckte seine Hand nach ihr aus und wickelte eine Strähne um seinen Finger, bevor sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen legte.
Ihr verdutzter Gesichtsausdruck amüsierte ihn und Reita musste unweigerlich grinsen.
„Nun guck nicht so, sonst muss ich gleich auch weinen“, neckte er sie, so wie er es schon immer gerne tat.
Reita trat näher und umfasste ihr Gesicht. Sein Herz schlug ihm fast bis zum Hals, noch schlimmer als er sie damals im Schlaf geküsst hatte. Nun waren beide wach und sie sah ihm direkt in die Augen. Kurz blinzelte sie und er spürte, wie heiß ihre Wangen wurden. Reita war ihren Lippen schon so nah, dass ihr Atem sich mit seinem vermischte. Bevor er die letzte Hürde überwand, kam sie ihm bereits entgegen, indem sie sich auf die Zehnspitzen stellte. Sie drückte sanft ihre Lippen auf seine und senkte den Blick. Kurze Zeit verharrten sie so, bevor sie sich voneinander lösten.
„Nicht schlecht, aber ich glaube, wir müssen noch üben“, meinte sie grinsend und nahm Abstand ein, denn sie wusste, dass seine Rache kommen würde.
„Nicht schlecht, hast du gesagt?“ Reita ballte spielerisch eine Faust. „Na warte!“
Tomoko schrie kurz auf, als er sich auf sie stürzen wollte, und entkam ihm mit ganz viel Glück. Sie lief so schnell wie der Wind vor ihm weg, damit er sie nicht in die Finger bekam. Doch Reita war schneller. Er umfasste ihre Taille mit seinen Armen und wirbelte sie im Kreis, bis er stolperte und sie im Sand landeten. Ihr schallendes Gelächter trieb ihnen Tränen in die Augen. Trotz allem, was vorhin geschehen war, war er in diesem Moment der glücklichste Mensch auf der Welt. Denn er hatte sie.