Es ist eine der Nächte in der du erschrocken aus dem Schlaf gerissen wirst. Dein Herz hämmert gegen deinen Brustkorb, dass es weh tut.
‚Es war nur ein Traum‘, flüstert dein Verstand beruhigend, doch du hörst ihn nicht. Das Pochen in deinen Ohren ist noch zu laut, die Angst zu präsent.
Die Luft strömt mit jedem Atemzug durch deine Lungen, doch fühlt es sich nicht so an. Deine Hände tasten nach deinem Hals. Seine Hände sind nicht dort, doch fühlst du wie seine Finger dir die Kehle zudrücken.
Links neben dir regt sich ein Schatten in der Dunkelheit. Erschrocken zuckst du zusammen. Deine Finger tasten wie von selbst zu der Holzkommode neben deinem Bett bis sie sich um die vertraute Form des kalten Metalles winden.
„Saku-“ Noch bevor die Stimme deinen Namen aussprechen kann, bringst du sie zum verstummen. Mit der Gewandheit einer ausgebildeten Shinobi hast du dich über den Körper bewegt. Die Klinge deines Kunais an seinem Hals lässt ihn inne halten. Der Ausdruck in seinen Augen zeugt von Überraschung und ernst.
Es ist nicht das erste Mal, dass du dich in dieser Position befindest. Das Bisschen, was du in der Dunkelheit von seinen noch dunkleren Augen siehst, die von seinen Haaren freigelegt sind (seine Haare sind viel zu lang geworden, was genug über seine ständige Abwesenheit erzählt) zeigt keinen Widerstand.
Wütend schnappst du nach Luft, noch immer unruhig. Dein Blick wandert zu seiner linken Seite, wo sein Arm sein sollte. Dein Körper fühlt sich an wie aus Stein, unbeweglich und schwer. Es droht deine Hand, welche die Klinge an seinem Hals hält, weiter herunter zu drücken. Ein roter Tropfen und du bist aus der Starre erwacht und reißt dich los.
Dir brennen die Augen und aus dem unregelmäßigen Atmen entwickelt sich ein unkontrolliertes Schluchzen. Aus Scham drehst du dem Mann, den du liebst den Rücken zu. Du hattest ihm versprochen, du würdest darüber hinweg kommen und einmal mehr hast du es gebrochen.
Du weißt, was dich erwartet, wenn du dich umdrehst. Du kennst seinen liebevollen Gesichtsausdruck, der Bände davon erzählt, wie nah ihr euch gekommen seid und wie sehr er dir vertraut. Umso mehr schmerzt es zu sehen, dass du ihn wieder verletzt. Wie er es in Kauf nimmt wieder und wieder von dir verletzt zu werden. Ob er glaubt, er hätte es nach allem nicht anders verdient? Schon allein der Gedanke will dich widersprechen lassen.
Die Zeit in der Dunkelheit liegt hinter ihm und er hat etwas Besseres verdient als dich, die ihn dauernd an seine Fehler erinnert.
„Du hast nichts mit meinen Sünden zu tun“, hatte er ihr bei ihrem zweiten Abschied gesagt. Sie hatten dich an eine glückliche Zukunft glauben lassen, doch holte dich mit der Kälte des Winters die Schatten deiner eigenen Taten wieder ein.
Es war nicht nur der Uchiha Name, der Schuld auf sich gezogen hatte. Du hattest versucht ihn umzubringen und jedes Mal, wenn dich die Erinnerung einholt, wenn du vergisst, dass es Vergangenheit ist, bist du kurz davor es wieder zu tun.
Du fragst dich, wann es so weit sein wird, dass dein Verstand nur eine Sekunde zu lange braucht und du deine Hände mit seinem Blut befleckst.
Deine Füße tragen dich ans Fenster, gegen welches du deine Stirn lehnst. Das kühle Glas klart deine Gedanken auf, holt dich in die Gegenwart.
„Es ist nichts passiert“, sprichst du dir selbst zu, damit du von den Gedanken loskommst, die dich heimsuchen. Früher hattest du geglaubt, dass Sasuke derjenige wäre, der Nachts in Schweiß gebadet aufwacht. Entgegen deiner Erwartungen hatte er es aber geschafft auf monatelangen Reisen seinen Frieden zu finden.
Du hörst ihn nicht kommen, doch fühlst seine warme Hand auf deiner leicht bekleideten Schulter.
„Es ist okay.“ Seine sanfte Stimme umhüllt dich, hinterlässt jedoch eine Gänsehaut auf deinem Arm. Er verschmolz so leicht mit der Dunkelheit, dass es manchmal unmöglich war zu vergessen, wie unterschiedlich und gleich ihr doch seid.
Statt dich umzudrehen starrst du in die Dunkelheit vor dir und was du siehst weckt den Drang zu laufen. Wenn du gerade dabei warst, deine Angst in den Griff zu bekommen, war es nur ein ein Augenblick, der dies wieder zerstörte. Mehr war es nie gewesen.
Ein unbedeutender Moment, in dem so vieles geschehen konnte.
Ein Moment, der sich vielleicht für immer in ihr Gedächtnis gebrannt hatte.
Deine Augen verfolgen wie die weiße Flocke vom Himmel Richtung Boden sinkt. Langsam, unbeschwert. Und doch zieht sich dein Herz bei dem Anblick zusammen.
Denn im Gegensatz zu Sasuke hattest du nicht dein Dorf verraten, sondern dich selbst. Deine Wünsche, deine Gefühle und alles, wofür du Jahre lang gekämpft hattest. Es war nicht so, dass du leichtfertig gehandelt hättest. Dass du weiterhin um Vergebung bitten musstest.
Du warst es, die immer noch nicht dazu bereit war dir zu verzeihen.
Deswegen lebst du in Angst vor dir selbst und dem Gedanken ein weiteres Mal verraten zu werden, wie du es selbst vorhattest.
Endlich hebst du deine Hände und löst dich von dem Körper, der dir Wärme spendet. Er meint es nur gut, dem bist du dir bewusst. Doch du erträgst die Liebe nicht, nach der sich dein kalter Körper sehnt.
Es war das Märchen, das glückliche Ende, welches du dir immer gewünscht hattest. Nur warst du nicht mehr diejenige, die es verdient hatte.