Zum Inhalt der Seite

Unconditionally

Seite an Seite
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Das dumpfe Gefühl

Kapitel 2 - Das dumpfe Gefühl
 

Wie seltsam es sich doch anfühlte, den Ausdruck “nach Hause zurückkehren“ zu gebrauchen, wenn man davon sprach, nach zwei Jahren einen längerfristigen Aufenthalt an dem Ort zu planen, den man einst zerstören wollte.

Mit gemischten Gefühlen legte Sasuke die Handkante an die Stirn, um seine Augen vor dem grellen Sonnenlicht zu schützen, das durch die kargen Äste der knorrigen Bäume direkt auf sein Gesicht fiel.

Er spähte in die Richtung, in der seinen Berechnungen nach Konohagakure liegen musste, und zog anschließenden seinen Poncho über den Kopf, der bei dieser Hitze bloß eine Last darstellte.

Drei Tage hatte er noch Zeit, sich an den Gedanken zu gewöhnen, wieder über einen festen Wohnsitz zu verfügen. Noch befand er sich in Kaze no Kuni, genaugenommen an dessen westlicher Grenze, und war in der Lage, eine sowohl physische als auch psychische Distanz zu wahren.

Ihm gefiel das Reisen, die damit verbundene Freiheit und der Perspektivwechsel, aber die Vorstellung, wieder durch altbekannte Gassen zu laufen und den Geruch des staubigen Bodens und der umliegenden, in verschiedenen Grüntönen schattierten Wälder in die Nase zu bekommen, zog ihn zweifellos an. Zuzugeben, dass er sich tief im Innern auch auf das Wiedersehen mit seinen Kameraden freute, kam ihm zwar nicht in den Sinn, aber vielleicht war das auch gar nicht nötig. Nicht zuletzt waren sie erst der Grund, überhaupt in Erwägung zu ziehen, Konohagakure als Zuhause zu betrachten. Es versetzte Sasuke einen Stich, als ihm einfiel, dass als Kind seine Familie dieses Gefühl verursacht hatte, aber dieses Mal zog ihn der Gedanke nicht so in die Tiefe wie noch vor drei Jahren.

Sein Schwachpunkt erweckte den Eindruck, als heile er langsam zu und vernarbe, womit er zwar immer noch deutlich spürbar wäre, aber nicht mehr so stark brennen würde.

Der Uchiha hob den Kopf, wandte der Sonne den Rücken zu und starrte in den Himmel, an dem schleierartige Wolken in Zeitlupentempo vorbeizogen. Vier Tage zuvor hatte er einen Falken mit einer weiteren Botschaft zu Sakura gesandt. Unwillkürlich fragte er sich, wie sie wohl auf die Neuigkeiten reagiert hatte und ob sie im Dorf wäre, wenn er dort auftauchte.

Kurz darauf zuckte er mit den Schultern. Er würde es früh genug erfahren.
 

Das Beiseiteschieben dieser Grübelei stoppte aber nicht das dumpfe Pochen in seiner Magengegend, das sich eingestellt hatte, als Sakuras Antlitz vor seinem geistigen Auge erschienen war. Es handelte sich dabei weder um Nervosität noch um freudige Erregung, sondern schlicht um eine Form von Unwohlsein. Er konnte sich nämlich nicht vorstellen, wie sie nach all dem, was zwischen ihnen vorgefallen war, auf eine normale, alltägliche Weise miteinander umgehen sollten. Die Zeit, die er zwischen Ende des Krieges und Beginn seiner Reise in Konohagakure verbracht hatte, war aufgrund der Priorität seiner Genesung und der Vorbereitung seines knapp gehaltenen Gepäcks als Ausnahmezustand zu sehen. Doch in ein paar Tagen konnten sie sich nicht mehr hinter absichtlich oberflächlich betriebenem Smalltalk verstecken, um nicht pikantere Themen anschneiden zu müssen.

Ein Schweißtropfen perlte zwischen seinen Schulterblättern die Wirbelsäule herab, was in dieser Klimazone keine Seltenheit darstellte, dagegen war aber der Schauer, der ihm anschließend über den Rücken lief, etwas Auffälliges.
 

*
 

Sein Kopf schmerzte, als hätte ihm jemand einen Eimer darüber gestülpt und hämmerte pausenlos von außen dagegen. Das brennende Ziehen am Ende seines Armstumpfes erinnerte ihn daran, was ihm fehlte und weshalb er sich auf der Krankenstation befand.

Immer wieder nickte er ein, auch weil sich dadurch die Zerschundenheit seines Körpers besser verdrängen ließ.

Im Morgengrauen erwachte er urplötzlich, vergleichbar mit der Art und Weise, wie man aus dem Schlaf gerissen wird, wenn ein Paukenschlag ertönt. Sasuke öffnete die Augen nur einen Spalt breit, damit ihm das ungewohnt blendende Licht, dass von den weißen Wänden des Zimmers reflektiert wurde, nicht noch zusätzlich Schmerzen verursachte. Die Sorge war unbegründet, weil jemand das Rollo bis auf die Hälfte heruntergezogen hatte, sodass die aufgehende Sonne den Raum nur teils mit ihren Strahlen füllen konnte.

Die Antwort auf die Frage, wer so aufmerksam gewesen war, musste nicht lange gesucht werden.

Im glimmenden, frühlingshaft grünen Schein ihrer mit Heilprozessen beschäftigten Hände wirkten die Ringe unter Sakuras Augen bedrohlich tief und ihr Blick erschreckend erschöpft.

Ohne recht zu wissen, was er sagen sollte, öffnete Sasuke den Mund, doch seiner Kehle entwich sowieso nur ein schwächliches Krächzen.

»Nicht sprechen«, meinte die Iryōnin mit seltsam hohler Stimme, genau wie vor nicht allzu langer Zeit im Tal des Schicksals.

Hilflos hob er das, was von seinem linken Arm noch übrig war, doch sie unterbrach ihre Arbeit und drückte ihn sanft wieder auf das Bett.

»Keine Sorge wegen deines Arms«, sagte sie. »Tsunade-sama bekommt das schon wieder hin. Hauptsache, du ruhst dich erst einmal aus.«

Das Bild der an seinem Krankenlager sitzenden Sakura überlappte sich mit dem ihrer jüngeren Version, wie sie ihm am selben Ort in einem ganz anderen Jahr einen Apfel geschnitten und er ihr das zubereitete Essen grob aus der Hand geschlagen hatte. Die damalige Zärtlichkeit ihrer Handlungen ließ sie nun gänzlich vermissen, aber wen wunderte das? Zwischen ihnen klaffte trotz seiner Entschuldigung eine riesige Kluft, die man nur mit Worten und vielen, vielen vergehenden Monaten überbrücken konnte. Sasuke rief sich ins Gedächtnis, wie sie überraschenderweise nach dem Kampf gegen Danzō aufgetaucht war und ihm jede ihrer Bewegungen, sogar das kleinste Zucken ihrer Gesichtsmuskeln verraten hatte, dass sie ihm trotz ihres zurückliegenden, aber nicht vergessenen Liebesgeständnisses das Leben nehmen wollte.

Genau wie jeder andere auf dieser Welt. Sie unterschied sich überhaupt nicht von diesen Ahnungslosen, die sich nicht ausmalen konnten oder wollten, was in ihm vorging. Er konnte die Enttäuschung, vermischt mit einer unergründlichen Wut, immer noch auf seiner Zunge schmecken. Dennoch war dieses lodernde Gefühl inzwischen abgekühlt. Zu viel war seitdem passiert, das in dem Chaos in seinem Innenleben nur noch mehr herumgerührt hatte.

Endlich fiel ihm ein, woran ihn Sakuras Verhalten erinnerte: an die Behutsamkeit eines Menschen, der sich einem verletzten, aber nach wie vor wilden Tier näherte.

Vermutlich war er genau das. Ein verletztes, wildes Tier.
 

*
 

Sasuke zuckte zusammen, weil ihn etwas an der Halsbeuge kitzelte. Ein nicht benanntes Insekt, das es in dieser Gegend zuhauf gab, krabbelte über seine feuchte Haut.

Unwirsch schüttelte der Shinobi das Tier ab.

Das Schwelgen in Erinnerungen sowie die beinahe schon unerträgliche Hitze hatten ihn einnicken lassen, obwohl er solch ein Schläfchen überhaupt nicht eingeplant hatte.

Er war wütend auf sich selbst, weil er eigentlich die letzten Tage seines Einsiedlerdaseins noch nutzen wollte, statt sie wie ein Faulenzer zu verschlafen. Sofort sprang er auf, warf sich den Poncho über die Schulter und griff nach seinem Schwert.

Kurz darauf deutete nur noch das platt gedrückte, trockene Gras darauf hin, dass dort zuvor noch jemand gewesen war.
 

*
 

Einige hundert Meilen entfernt im um einiges kühleren Konohagakure stellte Sakura gerade das letzte Buch ins Regal und trat zufrieden einen Schritt zurück, während sie sich den Staub von den Händen klopfte und mit geneigtem Kopf ihr Werk begutachtete.

Alles war, soweit sie das beurteilen konnte, an seinem Platz, sodass Sasukes neuem Zuhause nur noch der Bewohner fehlte. Die Tatsache, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er diese Räume mit Leben füllte, schnürte ihr die Kehle zu. Sie freute sich unbändig darauf, wieder mit ihm zu reden und das Versprechen einzulösen, dass sie hier für sein seelisches Wohl sorgen würde, aber sie plagte nach wie vor die Sorge, dass er noch eine Veränderung durchlaufen haben könnte, während er auf Reisen gewesen war. Sakura dachte an seine beiden Finger an ihrer Stirn und biss sich auf die Lippen.

Nur diese, für seine Verhältnisse geradezu liebevolle Geste hatte geholfen, dass sie während der zwei Jahre ihre neu gewonnene Hoffnung aufrechterhalten konnte. Plötzlich fiel ihr aber etwas anderes, weniger Angenehmes ein. Seine Finger um ihren Hals, die ihr langsam, aber entschlossen die Luft abdrückten. Sie rang nach Atem, als würge er sie jetzt in diesem Moment erneut, dabei stand sie völlig allein in einer sonst unbelebten Wohnung. Gedankenverloren rieb sie sich die Kehle, während sie sich langsam auf die Knie sinken ließ. Der jungen Frau gelang es zwar, die aufkommenden Tränen zurückzuhalten, aber das erdrückende Gefühl der Angst in ihrer Brust konnte sie nicht vertreiben.
 

*
 

Unten auf der verlassenen Straße vor Sasukes künftiger Wohnung ballte Naruto die Hände zu Fäusten und hob den Blick zu dem Fenster, hinter dem man gerade eben noch eine Bewegung erahnen konnte. Also befand sich Sakura tatsächlich dort und verlieh der Einrichtung den letzten Schliff, so wie sie es bereits angekündigt hatte.

Ihn packte eine derart ausgeprägte Aufregung, dass man fast meinen konnte, er wolle ihr seine Liebe gestehen, dabei war genau das Gegenteil der Fall.

Drei tiefe Atemzüge später drehte er den Türknauf um und betrat die mit dunklem Holz ausgelegte Diele, um endlich die ewig aufgeschobene Ordnung in sein bislang ungeklärtes Gefühlsleben zu bringen.

Das wird ganz einfach. Ich bin mir sicher, dass ich Sakura-chan nicht anders als eine Schwester liebe. Also sage ich ihr das. Mehr weiß ich noch nicht, aber um alles andere kann ich mich sowieso später kümmern. Ein Schritt nach dem anderen.

Mit neuer Entschlossenheit setzte Naruto den Fuß auf die erste Stufe der leise knarrenden Treppe, die in den möblierten ersten Stock führte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (13)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kasumi_Ripper
2015-05-24T10:17:56+00:00 24.05.2015 12:17
Weitermachen
Von:  KiraNear
2014-12-21T12:30:47+00:00 21.12.2014 13:30
Das Kapitel hat mir sehr gut gefallen, besonders, wie du ihre Gedankenwelten und Gefühle rübergebracht hast^^
Von:  Sonni
2014-12-15T06:07:24+00:00 15.12.2014 07:07
Hihi
Deine ff gefällt mir sehr gut
Und ich bin sehr gespannt wie es mit den Dreien weiter geht
Schreib schnell weiter
Lg sonni ☀️
Von:  Moorleiche
2014-11-29T17:40:07+00:00 29.11.2014 18:40
Ach du scheiße... Naruto spricht mit ihr und im nächsten Augenblick steht plötzlich Sasuke vor beiden und fragt was das geturtel soll. XD oh gottttttt schreib bitte schnell weiter.
Von:  fahnm
2014-11-29T03:10:41+00:00 29.11.2014 04:10
Spitzen Kapitel^^
Von:  RanmaForever
2014-11-28T21:52:17+00:00 28.11.2014 22:52
Hmm.. Du machst es ja auch spannend..
Das dauert ja schon ziemlich.. Bis iwas zur sache kommt.. 😉
Aber egal.. Mal schauen was das nächste kapitel so mit sich bringt..
Von: abgemeldet
2014-11-28T07:57:54+00:00 28.11.2014 08:57
Ahhhhhh doofe Pause :0
Ich frei mich, wenn es weiter geht !!!!!!
LG :)
Von:  sakura-sun
2014-11-27T21:13:18+00:00 27.11.2014 22:13
Uh wie Spannend mal wieder. Am liebsten würde ich weiterlesen doch leiter gehts bei mir nicht weiter, zu schade xD
Ich freue mich schon aufs nächste. Hast du super geschrieben :-*
Von:  jadi
2014-11-27T21:04:49+00:00 27.11.2014 22:04
Oh Gott, ich liebe diese Geschchte jetzt schon! Man kann sich alles so gut vorstellen! Schreib unbedingt weiter!:)
Von:  XxGirlyxX
2014-11-27T20:12:34+00:00 27.11.2014 21:12
Das Kapitel hat sich wieder Super lesen lassen. Man konnte sich alles bildlich vorstellen :)
Bin echt gespannt, wie es werden wird, wenn Sasuke wieder da ist. Auch wie das Gespräch zwischen Naruto und Sakura, wie auch das aufeinandertreffen zwischen Sasuke und Sakura werden wird. :))
Freue mich schon sehr auf das nächste Kapitel.
Glg XxGirlyxX


Zurück