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Winter Carols

von

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Türchen 2 - Glühwein und Zuckerwatte

Wenn es eine Tatsache gab, die man über Seto Kaibas kleinen Bruder Mokuba sagen konnte, dann die, dass er Weihnachtstraditionen liebte.

Mokuba Kaiba liebte sie und es gab nichts und niemanden, der ihn davon abhalten konnte diese durch zu setzen.

Eine Woche vor dem ersten Advent fing es pünktlich mit dem Schmücken der Villa an. Dann war bis zum ersten Advent ruhe und Mokuba mutierte förmlich zu einem Weihnachtswichtel, der ihm verzweifelt das Fest näher bringen wollte. Aber wohl auch nicht ganz ohne Eigennutz, wie Seto wusste.

Jedes Jahr musste er mit Mokuba auf den Weihnachtsmarkt gehen, dann sollte ein Baum ausgesucht werden, ein Wochenende war fürs Shopping eingeplant, Plätzchen backen, Märchen erzählen, Baum schmücken und vielen anderen Dingen zu die er seinen älteren Bruder zwang.

Letztes Jahr war Seto um den Großteil dieser Traditionen herum gekommen und auch wenn er ein Grinch, wie Mokuba ihn liebevoll zu dieser Jahreszeit nannte, war, war er dennoch kein Unmensch und hatte ihm ein Geschenk besorgt.

Zwar hatte er verschwiegen, dass es ein Last-Minute-Geschenk war, aber besser als, wenn am ersten Weihnachtstag nichts unterm Baum lag.

Aber das sein kleiner Bruder diese alten Traditionen wie das Backen von Zimtplätzchen, Kokosmakronen und die Spaziergänge im verschneiten Park an den Adventstagen so ernst nahm, zeigte, wie sehr er doch noch an damals hing, als sie Kinder gewesen waren. Früher hatten sie all diese Dinge immer mit ihren Eltern gemacht und auch wenn man meinen könnte, es wäre doch langweilig Jahr für Jahr das gleiche zu tun, so war es das nie gewesen.

Seto erinnerte sich besonders gut wie es Heilig Abend ablief.

Seine Familie hatte dort zusammen mit seinen Onkeln und Tanten gesessen. Es wurde ausgiebig gelacht und Wein ausgeschenkt. Es gab kein Jahr, in dem es keine Panne gegeben hatte. Sei es verschütteter Wein, zerfallene Klöße oder dass der Kuchen herunter fiel oder total verbrannt war.

So miserabel diese Pannen gewesen waren, hatten sie immer Spaß gehabt.

Traditionell hatte dabei immer eine alte CD Weihnachtslieder gespielt.

Inzwischen wusste Seto auch, dass jedes Jahr ein anderer männlicher Verwandten dran gewesen war unter einem Vorwand zu verschwinden, wie, er habe was im Auto vergessen oder müsse dringend Telefonieren um dann als Weihnachtsmann verkleidet durch die Tür wieder zu kommen. Als Kind hatte er das kaum realisiert und inzwischen fragte er sich, wie naiv und dumm er doch damals gewesen war. Er hatte sich von einem künstlichen Rauschebart, einem alten Mantel mit weißem Saum, weißen Handschuhen, einem gefüllten alten Kartoffelsack und getrockneten Zweigen täuschen lassen.

Damals war alles noch gut und die Welt war heile gewesen.

Wie auch jedes Jahr hatten sein kleiner Bruder und er angefangen ganz artig zu sein, um auch wirklich Geschenke zu bekommen. Fleißig hatten sie Wunschzettel geschrieben, gebastelt, gemalt und geklebt und Lieder und Gedichte gelernt, um dem Weihnachtsmann eine Freude zu machen.

Inzwischen ließ ihn das alles kalt, doch die kläglichen Versuche von Mokuba ihn wieder für das Fest zu erwärmen, waren rührend. In diesen Momenten wollte Seto seinen Bruder nehmen, in eine Decke packen, Tee geben, drücken und nie wieder los lassen.

Es war einfach herzergreifend, wie er sich so bemühte, doch Seto hatte nun mal eine Firma zu leiten und konnte seine Wochenenden nicht damit zubringen zu backen oder einen Baum auszusuchen.

Letztes Jahr hatte er Glück gehabt, weil er zu dieser Zeit für einige Geschäfte nach Deutschland gemusst hatte. Doch er konnte noch immer die traurigen Augen seines Bruders vor sich sehen, der stille Vorwurf darin, wieso er seine Zeit kurz vor dem Fest woanders verbrachte und ihre Familientradition brach.

Es hatte ihm fast das Herz das gebrochen zu fliegen, doch was sein musste, musste sein.

So hatte Mokuba diese Zeit mit Roland verbracht und Seto hatte alles getan, um wenigsten an den Feiertagen da sein zu können.

Auch dieses Jahr spielte er wieder mit dem Gedanken aus dem Land zu reisen, um dem Wichtelelf Mokuba zu entkommen. Doch das konnte er ihm nicht schon wieder antun. Erst recht nicht, wenn es nicht sein musste.

Seto mochte zwar das Fest und die Traditionen nicht, aber seinen Bruder deswegen anlügen, nur um dem zu entkommen, wäre selbst für seine Verhältnisse schäbig und er war sich auch nicht sicher, ob er sich danach jemals wieder im Spiegel würde ansehen können.

Shadow regte sich zu seinen Fußen und holte ihn aus seinen Gedanken. Der Hund gähnte und rollte sich auf die Seite, während er dabei halb auf Setos Fuß lag.

„Dauert es noch lange, Seto?“, fragte Mokuba neben ihn und sah sehnsüchtig nach draußen.

„Ich weiß es nicht“, antwortete er kühl und wünschte sich wieder in sein warmes Büro zurück, wo es Kaffee oder Tee gäbe und er in aller Ruhe auf der Tastatur einhämmern durfte. Sein Blick glitt aus dem Fenster und er beobachtete den stockenden Verkehr, der nur langsam und zäh durch die rutschigen Straßen fuhr.

Ein Räumungsfahrzeug fuhr an ihren vorbei und streute hinter sich Splitt aus.

Es war ja nicht so, als wäre sein Bentley nicht beheizt, aber aufgrund der Tatsache, dass Mokuba Traditionen liebte und obendrein wusste, wie er ihn um den Finger wickeln konnte, waren sie nun am ersten Advent auf den Weg zum Wald am Rande der Stadt.

Ebenfalls eine Tradition.

Nach dem Mittagessen ging es in den Wald für einen kleinen Verdauungsspaziergang, anschließend gab es heißen Kakao mit Sahne und Keksen und anderem weihnachtlichen Süßkram.

Am ersten Advent war bereits alles selbst gebacken. Während sie sich also aufwärmten, wurden die Nüsse geknackt, Orangen geschält und danach war Seto gezwungen mit angezündeter Adventskerze Mokuba Adventsgeschichten vorzulesen.

Eigentlich war der Kleine schon viel zu alt dafür, aber scheinbar war er noch nicht bereit dazu das abzulegen.

Das würde nun bis Weihnachten so gehen.

Seto seufzte schon innerlich. Worauf hatte er sich da nur eingelassen?

Vielleicht würde das in ein paar Jahren schon anders aussehen und er sollte diese Zeit lieber genießen?

Aber wenn er an den Spaziergang dachte, wurde ihm ganz anders und sein inneres Arbeitstier meldete sich zu Wort, dass diese Zeit besser nutzen konnte. Es war auch nicht so, dass Kaiba nicht protestiert hatte, aber kleine Brüder konnten überzeugend sein oder zumindest die Orte, die sie anstrebten.

Denn wie der Name des Spazierganges schon sagte, wollte sein Bruder einen Verdauungsspaziergang haben und er wollte arbeiten. Zwei Dinge, die sich nicht miteinander vereinbaren ließen. Doch wie schon erwähnt, wusste Mokuba seinen Dackelblick perfekt einzusetzen.

Also schlug er mit großen, traurigen Augen vor in den Wald zu gehen. Abgelehnt.

Es wurde gebettelt. Auch das half nichts gegen den kühlen Firmenchef.

Dann schlug Mokuba als Kompromiss den großen Park ganz in der Nähe vor, in dem er ja gestern mit Shadow gewesen sei. Denn dann bräuchten sie nicht mit dem Wagen soweit fahren, es wäre ein reiner Spaziergang in der frischen Luft und er wäre schneller wieder bei der Arbeit.

Doch der Gedanke schon wieder in den Park zu gehen, schreckte ihn ab. Er wollte nicht schon wieder mit ansehen, wie Shadow Leute umrannte und Seto wollte auch nicht auf die Fotografin mit dieser überschwänglich guten Laune vom gestrigen Tag treffen, sollte sie sich wieder dort herum treiben.

Nicht, dass er angst vor ihr hatte. Er hatte vor niemanden Angst.

Doch sie machte den Eindruck, dass sie ihn wieder ansprechen würde, sobald sie sich trafen und Seto war kein Mensch, der sich einfach so ohne Grund mit anderen unterhielt.

Wenn dann auch noch Mokuba dabei war, konnte er sich gut vorstellen, dass es für ihn alles andere als vorteilhaft ausgehen würde. Wenn sie dann auch noch fragte, ob er sie auf dem Stand besuchen wollte, war die nächste Demütigung garantiert. Innerlich sah er auch schon den vorwurfsvollen Blick des Kleinen, wieso er ihm nichts gesagt hatte und würde sogar darauf bestehen, sie zu besuchen.

Nein, dann lieber in irgendeinen Hänsel und Gretel Wald mit Knusperhäuschen!

Um nicht weiter an sie denken zu müssen und ob nicht doch noch eine Rechnung für die Kamera ins Haus käme, hatte er ihren Gutschein mitsamt der Visitenkarte direkt am selben Tag in den Papierkorb seines Arbeitszimmers befördert.

Er brauchte keine Fotografen. Sein Team war vollständig und ausgelastet und es waren die Besten, die er kriegen konnte.

Wenn ihre Visitenkarte also nur dazu diente, sich indirekt bei ihm zu bewerben, dann konnte sie sich das abschminken!

Außerdem konnte er dieses Dauergrinsen von ihr bestimmt nicht jeden Tag ertragen. Zudem waren seine Fotografen in Topform und sie hatte nicht unbedingt den Eindruck gemacht, als wäre sie in sportlicher Höchstform. Wahrscheinlich jammerte sie schon rum, wenn ihr einer ihrer manikürten Nägel abbrach.

So jemanden konnte er nicht brauchen.

Aber wieso dachte er darüber nach? Es war nie ein Ton in diese Richtung gesagt worden.

„Du, Seto?“, fragte Mokuba und riss ihn dabei aus seinen Gedanken. Verträumt sah er von dem Schnee draußen zu ihm herüber.

Kaiba gab nur ein Brummen zu hören und wandte den Blick von dem Verkehr ab.

Die Weihnachtsmusik von Vorne drang leise zu seinem Ohr. Es war eine poppige Schlagermusik, die aus dem Autoradio dudelte.

„Eine Muh, eine Mäh, eine Tätärätätä, eine Tute, eine Rute, eine Hopp-hopp-hopp-hopp, eine Diedeldadeldum, eine Wau-wau-wau, Ratatsching-daraterbum. Wenn der Weihnachtsbaum uns lacht…“, hörte er und verabschiedete innerlich schon einmal das Niveau, das winkend mit Koffern an ihm vorbei zog.

So etwas sollte ein stimmungsvolles Lied sein? Das klang mehr nach Vokalübungen der Vorschule.

Himmel, konnte sein Fahrer keine andere Musik spielen? Doch statt jetzt auszuflippen, ignorierte er das Gedudel und sah zu seinem kleinen Bruder.

„Sollen wir nicht lieber auf den Weihnachtsmarkt?“

„Bitte was?“, rutschte es ihm raus und er konnte den ungläubigen Tonfall nicht verbergen.

„Ob wir nicht lieber auf den Weihnachtsmarkt gehen sollen?“ Nachdrücklich deutete er auf die Umleitung der Straße, die extra dafür aufgestellt worden war. Sein Fahrer manövrierte den teuren Wagen im Schneckentempo an die vielen Menschen vorbei und suchte sich die Fahrtstrecke aus.

„Willst du nicht mehr in den Wald?“, fragte Kaiba und zog eine Augenbraue hoch.

Mokuba schüttelte den Kopf. „Es dauert doch solange. Lass uns das lieber nächste Woche machen und dafür schon heute den Markt besuchen.“

Aus großen und bittenden Augen sah er ihn an.

Mokubas Blick sprach förmlich: Bitte, bitte, bitte.

Kaiba seufzte.

Nun gut, wenigstens konnte er so das Zweitschlimmste hinter sich bringen. Denn das allerschlimmste war immer noch die Shoppingtour um Geschenke zu kaufen.

Das war jedes Jahr der ungeschlagene Platz eins.

„Seto?“ Der bettelnde Tonfall entging ihm nicht.

Kaiba sah zu der Fensterseite bei Mokuba hinaus und er konnte nicht verhindern, dass aus irgendeinem Grund sein Adrenalinpegel stieg und sein Herz das Blut schneller durch seine Adern pumpte. Auf seinen Handflächen bildete sich ein dünner Schweißfilm, den er unauffällig an der Hose abwischte.

Sein erster Gedanke war nicht etwa die vielen schrillen bunten Lichter, die für jeden Epileptiker den Tod bedeuten würden oder die dudelnde Musik. Von den Massen wollte er gar nicht erst anfangen und den überteuerten Preisen ebenfalls nicht.

Sein erster Gedanke war: Kuzuki ist da.

Sein zweiter: Konnte dieses Weib nicht aus seinem Kopf gehen?

Es war nur eine Begegnung gewesen. Mehr nicht!

Sein Gewissen antwortete ihm natürlich mit dreister und frecher Stimme: „Nein.“

Fast konnte er das freche Grinsen sogar sehen und schob sein Gewissen wieder in den hintersten Winkel seines Gehirns.

Es erstaunte Kaiba selbst, dass er ihren Namen noch wusste. Aber wieso es ihn so nervös machte, sie möglicherweise dort zu treffen, wusste er nicht. Aber wie hoch war die Wahrscheinlichkeit? In Domino gab es einen großen Markt und in den unterschiedlichen Stadteilen ein paar Kleinere.

Natürlich würde sie auf dem Größeren den Stand beziehen, wenn das Studio klug wäre. Dort würde auch der meiste Umsatz gemacht.

Außerdem konnte er doch jetzt nicht jeden Ort meiden, wo sie vielleicht auftauchen könnte.

Das war ja lächerlich!

Wenn er dieser Logik folgen würde, dann dürfte er auch nie wieder mit Shadow in den Park und automatisch glitt sein Blick zu dem grauen Labrador. Als hätte dieser den Blick seines Herrchens gespürt, sah er kurz auf, ehe sein Kopf gelangweilt auf den Pfoten ruhte.

Zudem war sie ihm egal. Er kannte vielleicht ihren Namen und wusste, wie sie aussah, wo sie arbeitete und was sie beruflich tat. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie ihm wichtig war, etwas bedeutete oder sonstigen mentalen Unsinn!

Er kannte sie nicht und hatte auch nicht vor das zu ändern.

Außerdem wer sagte, dass seine Logik recht hatte? Vielleicht war sie doch auf einem der kleineren Märkte vertreten, weil diese in der Nähe des Studios lagen und daher eine bessere Werbung boten? Dann würde nämlich das Argument mit dem Umsatz auf dem Größeren weniger Sinn machen und es wäre wirklich effektiver in Geschäftsnähe Stellung zu beziehen. Oder noch effektiver wäre, wenn sie auf zwei Märkten stünden.

Aber was kümmerte ihn das? Seto Kaiba sollte sich um so etwas keine Sorgen machen. Wenn er wollte, könnte er sie entlassen lassen und dafür Sorgen, dass sie in der hintersten Hinterlandregion arbeitete.

Er hatte sich nicht mal den Namen des Marktes gemerkt.

Was scherte es ihn? Wieso machte er sich überhaupt so einen Kopf?

Sie war ihm egal!

Selbst wenn sie ihn sehen würde, er könnte so tun, als würde er sie nicht sehen und einfach ignorieren. Warum machte ihn dann also der Gedanke einer zufälligen Begegnung so unruhig?

„Was ist jetzt, Seto?“, fragte Mokuba ungeduldig und holte ihn erneute aus den Gedanken.

Fieberhaft suchte er nach einem guten Grund, fand aber keinen und er nickte widerwillig.

Sofort wies Mokuba den Chauffeur an bei nächster Gelegenheit zu parken und sie hinaus zu lassen.

Innerlich bereitete er sich schon mal auf die Massen vor, während sein Bruder voller Tatendrang Shadow anleinte und nur wenige Minuten später standen sie in der Masse.

Sein Hund hatte Spaß darin jeden Geruch ins ich aufzunehmen und wedelte fröhlich mit der Rute.

Besonders die Buden mit dem warmen Essen lockten ihn und er zog an der Leine, sodass er Mokuba das Tier abnehmen musste, ehe er die Kontrolle in dieser dichten Masse verlor.

Inständig hoffte Kaiba, dass niemand ihn hier erkennen würde. Besonders kein Reporter ansonsten sah er schon die ersten Fotos von sich auf dem neuesten Klatschmagazin. Seine Presseabteilung würde zudem einen Herzinfarkt kriegen.

Lautstark wurde „Alle Jahre wieder“ gespielt, so dass der halbe Platz beschallt wurde. Menschen zwängten sich an ihm vorbei und unterhielten sich. An einer Ecke stand ein Weihnachtsmann mit einer Glocke und einem Spendenbehälter.

Von den verschiedenen hüttenartigen Buden hingen Kunsttannengirlande mit Eiszapfen, die mit LED-Lichtern beleuchtet waren und in einem zarten weiß-blau leuchteten. Aber auch die normale Lichterkette kam an jedem Stand nicht zu kurz.

Über ihnen hingen ebenso zahlreiche Lichterketten. Eines bildete die Worte „Merry Christmas“. Bei dem nächsten ein paar Meter weiter war es ein Weihnachtsmann im Schlitten und Rentieren.

Natürlich gab es passend zu den Ständen auch kleine Fahrbahnattraktionen und Lostöpfe für die Kinder.

Der Geruch von Glühwein stieg ihm in die Nase, dazu Bratwurst und frische Waffeln.

Mokuba schien ganz unbeeindruckt von den Massen und ging zu jedem Stand, um diesen genauer unter die Lupe zu nehmen.

Jedoch tat er ihm den gefallen und ließ die Stände mit dem Schmuck aus, an denen sich die Frauen drängten und alles genau begutachtete.

Shadow indes schien diese Atmosphäre zu lieben und Seto knurrte ihm leise „Verräter“ zu.

Normalerweise mochte er keine Massen und erst recht keine Fremden, aber seit der erste Schnee gefallen, seine Villa kunterbunt und sein Hund total aufgedreht war, schien er seine Meinung zu Fremden und Menschenmassen geändert zu haben.

Seto hatte sich nämlich darauf verlassen, dass dieser winseln würde oder knurren und bellen, so dass er eine Ausrede hatte, um von diesem Ort zu verschwinden. Aber nicht mal auf den treuen Freund des Menschen war verlass.

So zogen sie weiter und Mokuba holte sich von einem Stand eine graue Strickmütze mit Katzenohren. Freudig darüber setzte er sie sofort auf und lief damit weiter durch die Gegend.

Es war nicht so, dass sein kleiner Bruder keine besaß, aber diese hatte er scheinbar ins Herz geschlossen.

Natürlich versuchte er auch ihm etwas aufzuschwatzen, wie die Mütze mit dem Elchkopf oder die Pandamütze mit den langen Ärmeln für die Hände.

Beides hatte er mit einem kühlen Blick abgetan.

Niemand würde ihn je mit so einem grässlichen Ding auf dem Kopf sehen, egal wie kalt es war.

Seto zog seine Handschuhe aus der Manteltasche und streifte sie sich schnell über. Seine Hände waren schon ganz klamm und steif von den tiefen Temperaturen. Jede Bewegung schmerzte und auch in seinem Gesicht konnte er die beißende Kälte spüren.

„Mokuba, zieh dir bitte deine Handschuhe an“, sagte er zu ihm und nahm Shadow wieder fest an die Leine zu sich, ehe er sich auf den nächsten Stand mit Bratwurst stürzen konnte.

„Mir ist aber nicht kalt“, erwiderte Mokuba und hielt inne sich die Tierfelle anzusehen.

„Tu es bitte“, sagte er streng, „Ich möchte nicht, dass du dich erkältest.“

Mokuba hatte von den Temperaturen ganz rote Wangen. Sein bunter Schal fiel ihm unordentlich vom Hals und schleifte fast auf dem matschigen Boden.

Seto beugte sich zu ihm herunter und band ihm den Schal ordentlich, so dass sein Hals geschützt war.

Außerdem konnte der Kleine ihm nicht weiß machen, dass ihm nicht kalt war. Selbst er fror und Seto konnte von sich behaupten, dass nicht grade empfindlich war.

Es war aber auch fies, dass der eisige Wind einen Weg durch jede Ritzung der Kleidung schaffte und ihn frösteln ließ.

Mokuba erging es also bestimmt nicht besser oder aber die Freude war so groß hier zu sein, dass er tatsächlich die Kälte kaum spürte. Wenn dem so wäre, müsste er besonders gut auf ihn acht geben, damit er sich rechtzeitig aufwärmen konnte.

Aber ehe er den Spielverderben spielen würde, sollte Mokuba sich ruhig austoben und sich alles ansehen. Vielleicht kam er so auch um das Adventsvorlesen herum?

Seto beobachtete, wie Mokuba zum nächsten Stand lief.

Dort gab es mehrere kleine Dekofiguren. Passend um eine kleine Weihnachtsstadt zu bauen.

Als gäbe es nicht schon genug Klimbim in seinem Haus.

Doch er ging weiter und holte sich nur eine rosa Zuckerwatte, während er alles genau unter die Lupe nahm.

Seto entging dabei aber nicht, dass er immer wieder zu ihm schaute und er hatte den Verdacht, dass sein kleiner Bruder nach einem Geschenk für ihn suchte.

Keine leichte Herausforderung, wie Seto wusste. Immerhin hatte er genug Geld und konnte sich damit das leisten, was er haben wollte, was es umso schwieriger machte für ihn etwas zu finden.

Ein Kind lief an ihm vorbei und wollte grade seinen Hund streicheln, als er diesen direkt weiter zog, damit er Mokuba nicht in der Menge verlor.

Er hörte das Kind noch hinter sich schreien, weil es Shadow nicht hatte tätscheln können, doch darauf nahm Seto keine Rücksicht. Sein Hund war doch kein Streichelzoo!

Mokuba blieb an nächsten Stand hängen und seine Augen funkelten förmlich, als er vor diesem Stand.

Er war breiter als die anderen und nahm zwei Plätze ein.

Vorsichtig zog Mokuba einen Handschuh aus und nahm einen Schlüsselanhänger in Schneeflockenform in die Hand. Doch es gab noch mehr dort.

Seto kam langsam näher.

„Hast du was gefunden?“, fragte er und besah sich die leeren Schneekugeln, bunten Weihnachtskarten mit fremden Menschen darauf und die Anhänger.

Der Geruch von einem Früchtepunsch und Zimtplätzchen drang in seine Nase.

Auf einem kleinen Tisch neben der Kasse war eine dampfende Tasse und eine große Box mit Keksen.

„Hei, was kann ich für euch tun?“, fragte eine weibliche Stimme neben Kaiba und er zuckte zusammen.

Schnell fuhr er herum und sah in zwei grüne Augen, die von blonden Haarsträhnen umspielt wurden.

Er schluckte, als Kuzuki vor ihm stand und auch sie sah ihn aus überraschten Augen an.

„Oh hi!“, sagte sie und lächelte freudig, „Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns wiedersehen.“

„Hallo“, presste Seto hervor und sah zu seinem Bruder, der scheinbar ganz interessiert die Schneekugel musterte und so tat, als gäbe es diese Frau nicht.

Sein Blick glitt wieder zu der Fotografin und ihm fiel auf, dass sie eine Weihnachtsmannmütze trug.

Um ihre Schultern lag eine weiße Kunstpelzstola, die mit einer Weihnachtssternbrosche zusammengehalten war.

Ihre Oberarme waren frei und er konnte die feine Gänsehaut sehen, die sich gebildet hatte. Sie waren schon leicht bläulich.

Wenigstens trug sie lange Samthandschuhe. Passend zu dem Kostüm in rot und mit weißem Saum.

Das Kleid war bodenlang und hatte ein eng geschnürtes Korsett.

Warum zum Teufel hatte sie das an?

„Frieren Sie nicht?“, fragte er und sah wieder auf ihre Gänsehaut.

„Ja, etwas“, antwortete sie und rieb sich über die Arme. Kuzuki ging zu dem Tisch und trank einen Schluck aus der Tasse.

„Warum tragen Sie dann dieses Teil?“

„Anweisung vom Chef“, antwortete sie und deutete auf einen Mann am anderen Ende des Standes. „Der in grün.“

Seto folgte ihrem Blick und sah einen Mann mittleren Alters in einem Wichtelkostüm und künstlichen, spitzen Elfenohren und Hut, der grade eine Familie mit einem Baby fotografierte.

„Wenigstens ist das Teil wärmer, als das meiner Kollegin“, sagte sie und trank wieder einen Schluck aus der Tasse.

Fragend sah Kaiba sie an.

„Kurzes knappes Kleid, dazu weiße Wollstrümpfe und schulterfrei.“ Allein bei dem Gedanken fror Seto und war doch dankbar sie nicht hier in diesem knappen Outfit sehen zu müssen.

„Sie ist grade drinnen sich aufwärmen“, erklärte Kuzuki weiter und nahm sich einen sternförmigen Keks. „Auch einen?“

Sie hielt ihm die Dose hin und er roch den Zimt.

Stumm schüttelte er den Kopf.

„Am besten wäre das Kostüm mit den langen Ärmeln. Es hat zwar auch einen knielangen Rock, aber wenigstens sind die Arme warm.“ Wieder durchfuhr sie ein Zittern.

„Machen Sie doch Pause?“, schlug er vor und sie schüttelte den Kopf.

„Ich hatte mich grade vor zehn Minuten abgewechselt.“

„Sie sollten ihren Chef verklagen. Das sind keine Arbeitsbedingungen.“

Sie zuckte mit den Schultern. „Wir frieren alle und wechseln und alle ab, so dass jeder sich mal aufwärmen kann.“

Er nickte nur. Sie musste selbst wissen, was sie tat. Er war nicht ihr Babysitter.

„Außerdem, wenn ich hier jetzt durcharbeite an den Sonntagen und bis Weihnachten kein Wochenende mache, dann kann ich die Überstunden an meinem Urlaub dran hängen und abbauen.“

Sie grinste ihn stolz über diese Idee an.

Noch während sie den Keks zwischen den Lippen hatte, ging sie um den Tisch herum.

Sofort bellte Shadow freudig auf und stellte sich auf die Hinterbeine.

„Hei, du bist ja auch da“, sagte sie und kraulte ihm die Ohren. „Ja, wir haben uns ja so lange nicht mehr gesehen!“

„Warum?“, fragte er nur knapp.

Fragend sah sie ihn an und er nickte zu ihrem Outfit.

„Sie meinen die Kostüme?“ Kuzuki löste sich von dem Hund und stand wieder auf. Schnell war der letzte Rest vom Keks auch noch aufgegessen. Lediglich ein Krümel hing an ihrem Mundwinkel. „Mein Chef meint, es wäre besser, wenn wir passend zu Weihnachten uns auch am Wochenende so einkleiden für die Kinder, um Stimmung zu verbreiten. Unter der Woche dürfen wir unsere Mäntel tragen, wenn er sich nicht doch noch um entscheidet. Ich meine, mir ist nicht warm, aber kalt auch nicht. Es kommt drauf an.“

„Unmenschlich ist es trotzdem.“ Nicht einmal er würde das seinen Angestellten antun, aber was taten viele nicht für Weihnachten und einen guten Umsatz. Kurz spielte er sogar mit dem Gedanken ihr seinen Mantel zu geben, damit sie sich aufwärmen konnte, aber dann würde er frieren. Für eine Unbekannte würde er bestimmt nicht krank werden.

Kuzuki gab keine Antwort darauf, sondern wandte sich seinem Bruder zu.

„So, was kann ich für dich tun?“, fragte sie mit freundlicher Stimme und beugte sich ein wenig zu ihm herunter.

„Seto, dreh dich mal um und geh ein paar Schritte weg“, forderte sein Bruder ihn auf und etwas perplex sah Seto ihn an.

War das sein ernst?

Natürlich, scheinbar hatte er was gefunden und wollte es ihm zu Weihnachten schenken. An der Unauffälligkeit musste sein Bruder aber noch üben.

Für seinen Bruder spielte er aber mit und ging ein wenig zur Seite, drehte sich sogar um.

Kurz warf er einen Blick über die Schulter und sah, wie er sich zu Kuzuki beugte und ihr etwas ins Ohr flüsterte.

Sie flüsterte etwas zurück und er nickte zufrieden.

„Hei, nicht schmulen!“, tadelte er ihn und brav drehte sich Seto wieder um. „Du kannst dich wieder umdrehen.“

Seto seufzte und kam zurück.

„Gut“, sagte Kuzuki mit einem breiten Grinsen, „Dann stellt euch zwei mal vor unserer weißen Fotowand.“

Sie deutete auf die weiße Leinwand und griff zur Kamera.

„Oh nein, Mokuba!“, sagte Seto und schüttelte den Kopf.

„Bitte, Seto!“

„Kommen Sie, tun Sie Ihrem Bruder den Gefallen“, sagte Kuzuki und sah auch ihn bittend an.

„Ein Foto“, sagte er mahnend, seufzte leise und ging mit Mokuba zu der Leinwand.

Kuzuki stellte sich vor ihnen hin und warf die Scheinwerfer an, um ihre Gesichter auszuleuchten.

Es wurde wenige Sekunden später total warm und Seto merkte, wie ihm ein Schweißtropfen über den Rücken lief.

Die Fotografin stellte die Kamera ein und schaute durch die Linse. „Einmal bitte den Kragen richten, Herr Kaiba“, sagte sie und einem professionellen Tonfall und deutete an, wo er zupfen musste. „Perfekt. Mokuba, bitte einmal die Haarsträhne zur Seite, damit die Augen gut zu sehen sind.“

Auch Mokuba strich sich kurz die Haare zur Seite, damit es ordentlich aussah.

„Warte, wir müssen Shadow mit drauf kriegen“, sagte er und versuchte den Hund hoch zu kriegen.

Die Fotografin hielt inne. „Ich glaube, wenn ihr ihn hoch hebt, sehe ich euch nicht mehr.“ Kurz dachte sie nach. „Hockt euch zu dem Hund herunter. Die Leinwand ist ja lang genug.“

Seto tat auch das, bedacht aber darauf, dass seine Hose nicht im Schmutz war. Mokuba dagegen war es egal.

„So und jetzt bitte in die Kamera schauen“, sagte sie mit ernster Stimme, „Ja, genau. Augen auf. Ich zähle runter. Drei…zwei…eins.“

Seto hörte ein mechanisches Klicken und Kuzuki sah auf das Display. „Und noch mal.“

Sie verschwand wieder hinter der Kamera. „Lächeln und freundlich gucken. Augen auf. Ich zähle runter. Drei…zwei…eins.“

Wieder das Klicken und sie sah auf das Display. „Perfekt.“

Seto erhob sich, ebenso Mokuba neben ihn. Sein Blick bemerkte eine Bewegung aus dem Augenwinkel.

Ein paar Sternensänger stellte sich unter eine Laterne und begann zu singen.

Kuzuki ging zu dem Laptop im Stand und schob die kleine Karte hinein.

„So, dann schau dir mal das Foto an“, sagte sie zu Mokuba und winkte ihn zu sich.

„Ich hab noch einen Gutschein für die Fotos“, sagte er und zog einen sehr zerknüllten Gutschein aus der Tasche.

Es war der, den er weggeworfen hatte.

Leise knurrte Kaiba.

Es war also kein Zufall gewesen, dass Mokuba grade hierhin wollte.

Scheinbar hatte er seinen Papierkorb durchwühlt und die Visitenkarte und den Gutschein gefunden.

Es war wohl auch kein Zufall gewesen, dass er den Park als Kompromiss vorgeschlagen hatte und dann doch hierhin gewollt hat? Was hatte er vor?

Kritisch musterte er seinen Bruder.

Eines musste er ihm aber lassen. Raffiniert war er und nicht zu unterschätzen.

Seto wandte den Blick ab und kurz erschauderte er, als ein der Wind sein Gesicht streifte.

„So das dauert jetzt einen Moment“, hörte er sie sagen, „Du bist ja ganz kalt. Warte.“

Er hörte etwas Klappern und sah, wie sie seinem Bruder eine Tasse Tee reichte, die er dankend annahm. „Nimm dir ruhig ein paar Plätzchen.“

Sie lächelte ihn an, ja fast schon fürsorglich und kam mit einer Tasse auf ihn zu.

„Hier für Sie. Trinken Sie ruhig einen Schluck.“, sagte sie und stellte ihm die Porzellantasse vor die Nase.

Der Duft von Nelken, Zimt und Orange stieg in seine Nase.

Mit einem Nicken nahm er die Tasse und umfasste sie.

Sie wärmte seine kalten Hände und sofort fing seine Haut zu kribbeln an, als die Adern sich erweiterten und das Blut wieder besser in die Venen floss.

„Sie haben da was“, murmelte er und berührte kurz ihren Mundwinkel, um den noch immer vorhanden Kekskrümel zu entfernen.

Kurz zuckte sie unter seiner Berührung zusammen und er konnte spüren, wie kalt ihr war.

„Oh danke“, sagte sie verlegen und rieb sich mit den Fingern noch mal über die Stelle, als würde sie sicher gehen wollen, dass kein weiterer Krümel an ihrem Gesicht hing und er sie anfasste.

„Hei, die Plätzchen sind toll!“, mischte sich Mokuba ein und nahm sich wieder einen.

„Das freut mich. Habe ich selbst gebacken“, antwortete sie stolz, „Ich kann dir gerne das Rezept geben?“

„Wie wäre es, wenn du zu uns zum Backen kommst?“

„Was?“, stießen Kaiba und sie gleichzeitig hervor.

Kurz tauschte er einen Blick mit der Fotografin. Während er aber noch nach einer Ausrede suchte, war sie die erste, die Mokuba antwortete: „Das ist ein liebes Angebot, aber ich werde kaum Zeit haben, da ich hier helfen muss und dann noch gleichzeitig mit im Studio.“

Eine gute Ausrede. Besser hätte er nicht ablehnen können. So weit käme es noch, dass fremde Leute bei ihm zu Hause backten.

Auf diesen kleinen Schock brauchte er nun doch einen Schluck. Zudem waren seine Hände zwar aufgetaut, aber er fror noch immer.

So nahm er einen kurzen Schluck und sofort spürte er, wie das warme Getränk seine Kehle entlang lief, hinunter in den Magen und eine warme Spur hinterließ.

„Ist das Glühwein?“, fragte er und versuchte heraus zu schmecken, ob mit Schuss oder ohne.

„Vielleicht“, antwortete sie mit einem Augenzwinkern und folgte seinem Blick zu Mokubas Tasse, der genüsslich davon trank.

„Keine Sorge, das ist Früchtetee“, sagte sie und beobachtete die Sternensänger.

Wieder trank er einen kleinen Schluck und stellte die Tasse zurück.

Sie griff danach und trank ebenfalls.

Was sollte denn das? Wieso nahm sie nicht ihre Tasse, sondern musste aus seiner trinken?

Sie grinste ihn auf den fragenden Blick hin nur an.

Der Chor ging zum nächsten Lied über.

Die Flöte spielte eine fröhliche Melodie und der Chor klatschte im Rythmus in die Hände.

Es klang ein bisschen altertümlich und Seto musste gestehen, sogar besser als der moderne Firlefanz war, den sein Bruder die ganze Zeit gespielt hatte.

Einer der Chorleute kam auf sie zu und zog sie mit in die Mitte der Fläche, um mit ihr zu tanzen.

Erst jetzt fiel ihm auf, dass diese ganz altertümlich gekleidet war und sogar einen Gaukler dabei hatten, der mit Keulen jonglierte.

Seto beobachtete das Schauspiel und stellte mit Genugtuung fest, dass sie leicht errötet war. Offenbar war es ihr unangenehm so im Mittelpunkt zu stehen.

Der Mann animierte sie dazu mitzumachen und im Rhythmus schafften sie es zu klatschten, während er sie im Kreis wirbelte.

„And all the bells on earth shall ring, on Christmas Day, on Christmas Day and all the bells on earth shall ring, on Christmas Day in the morning.“ Wieder wurde geklatscht, die Melodie setzte kurz alleine ein, dann wurde wieder geklatscht, ehe es weiter ging.

Der Rhythmus wurde auch schneller und Kaiba beobachtete, wie Kuzuki vor lauter Euphorie kicherte. Die Wangen noch immer rot, wenn nicht sogar röter, so dass sie sogar dem Kleid Konkurrenz machten.

Kichernd versuchte sie sich zu befreien, aber der Mann ließ sie nicht gehen und schien fest entschlossen mit ihr den Platz abzutanzen.

Nur kurz kam sie in seine Nähe und er hörte ihren schweren Atem, schnell griff sie jedoch zu Mokubas Hand und zog ihn mit sich auf die Fläche, um nicht mehr alleine dort zu sein.

Zum Glück hatte sein kleiner Bruder die Teetasse vorher abgestellt gehabt, sonst wäre diese jetzt zu Bruch gegangen.

Der Mann grinste und animierte nun auch Mokuba mitzumachen, der sichtlich Freude daran hatte.

Während sie da standen, schaffte es der Mann auch die Menschen um sie herum zu animieren, damit sie im Rhythmus klatschten.

Einige machten sogar mit und sangen dabei in den unterschiedlichsten Tönen.

Wenn sie aber geglaubt hatte, nach dem Lied wieder frei z sein, hatte sie sich geirrt. Denn der nächste Song war angestimmt und wieder wurde sie mit animiert zu tanzen.

Wieder trank Seto einen Schluck von diesem heißen Gebräu in der Tasse und beobachtete die Szene.

Inständig hoffte er, dass sie ihn nicht zum Säufer machte. Zudem wäre es recht unangebracht, während der Arbeitszeit zu trinken. Aber das musste sie mit ihrem Chef ausmachen.

Sein Blick glitt zu dem Gerät im hinteren Teil der Bude und sah, wie der Koboldchef etwas daran werkelte. Er schaute über die Schulter und zückte Kuzukis Kamera und schoss ein paar Aufnahmen davon, wie sie wild herum tanzte.

Doch sie schien aus dem vorherigen Lied gelernt zu haben und zog noch ein paar andere Leute mit sich aus der Masse, wenn sie nahe genug an diesen heran käme.

Mokuba tat es ihr gleich und Seto musste leicht schmunzeln.

Sein kleiner Bruder sah zu ihm herüber und winkte ihn zu sich.

Seto schüttelte den Kopf.

Er würde bestimmt nicht zu „Lord of the dance“ tanzen. Das überließ er lieber den mittelalterlichen Spinnern und denen, die daran Freude hatten.

Keuchend kam Kuzuki aus der Menge zu ihm.

Sie stützte sich am Tisch ab.

„Ich kann nicht mehr“, japste sie und kicherte auf.

„Hat es Spaß gemacht?“, fragte er kühl.

Sie nickte euphorisch und er konnte ihre rosa Wangen sehen. Kuzuki griff zu der Tasse und setzte an, setzte sie aber gleich darauf wieder ab.

„Hat mein Glühwein geschmeckt?“, fragte sie grinsend und noch immer recht außer Atem. Ein einzelner roter Tropfen hing an ihren Lippen. Als sie ihn bemerkte fuhr sie mit der Zunge darüber.

„Ihr Glühwein?“, fragte er scharf und zog eine Augenbraue hoch.

„Ja, meiner. Aber ohne Schuss“, sagte sie und grinste breit und unschuldig, „Ich sagte doch Sie können einen Schluck ruhig trinken.“

Kuzuki kicherte und winkte ab.

„Keine Sorge, ist nicht schlimm.“

Er brummte missmutig und fand die Vorstellung aus ihrer Tasse getrunken zu haben nicht grade prickelnd.

Wieso hatte sie ihm keine zweite Tasse gegeben?

„Hei, Naomie!“, rief eine aufgedrehte Stimme und Seto sah ein junges Mädchen auf sie zulaufen. Sie trug das kurze Weihnachtsmannkostüm von dem sie vorhin erzählt hatte. In der Hand hatte sie eine Süßigkeitentüte.

„Hei“, sagte Kuzuki und griff beherzt in die Tüte. Sie fischte sich ein Quarkbällchen heraus. Es verschwand nur wenige Sekunden später in ihrem Mund.

„Wen hast du denn da hübsches?“, fragte ihre Kollegin und kicherte, „Schau mal, wo ihr zwei steht.“

Sie deutete nach oben und Seto folgte dem Wink, ebenso Kuzuki.

„Oh“, sagte sie und trat direkt drei Schritte von ihm zurück.

Seto verzog nur den Mund und trat ebenfalls zurück.

Auch wenn er nicht viel von Weihnachtstraditionen hielt und erst recht nicht an irgendwelchem abergläubischen Mythos, wollte Seto dennoch nicht unter dem Mistelzweig stehen.

Zudem war es schon ein indirekter Kuss gewesen mit ihr aus einer Tasse zu trinken. Mehr brauchte er nun wirklich nicht mit ihr teilen!

„Och kommt schon. Ihr müsst euch küssen!“, sagte die Schwarzhaarige und zog schmollend die rot bemalten Lippen vor.

„Bestimmt nicht!“, sagte Kuzuki entschieden, als er grade den Mund geöffnet hatte, um ihr einen saftigen Kommentar um die Ohren zu hauen.

„Wieso nicht?“

„Weil ich ihn nicht kenne!“, zischte sie eindringlich, nahm die Tasse und ging zu dem Gerät.

Ihre Kollegin gab einen enttäuschten Laut von sich und Set war froh, dass Kuzuki nicht auf diesen sentimentalen Quatscht bestand.

Es gab ja Frauen, die das unbedingt wollten. Irgendwie war er fast erleichtert, dass sie nicht zu der Sorte zu gehören schien.

„Aber was ist dabei? Du bist Singel. Es würde also niemanden stören.“

„Mich würde es stören. Küss du ihn doch, wenn du unbedingt eine Knutscherei haben willst“, konterte die Fotografin und ihre Kollegin sah zu ihm herüber, als würde sie für einen kurzen Moment wirklich mit dem Gedanken spielen.

Kaiba legte so viel Kälte wie möglich in seinen Blick und es schien zu wirken. Sie wandte sich ab und verschwand aus seinem Blickfeld.

„Entschuldigen Sie…“, sagte Kuzuki und kassierte Mokuba endlich ab. Sie sah ihn entschuldigend an. „Sie ist immer so drauf. Einfach ignorieren.“

Kuzuki zwinkerte ihm wieder vertraut zu und er fragte sich, ob sie zu jedem so war oder nur zu ihm.

Wenn sie seine Visitenkarte gelesen hatte, wüsste sie doch spätestens ab da mit wem sie es zu tun hatte. Hatte sie ihn nicht vorhin auch mit Nachnamen angesprochen?

Wieso hatte sie dann keine Angst vor ihm?

„Schaut mal, wen wir hier haben! Konnte sich der reiche Herr auch mal von seiner Arbeit lösen? Ich dachte, du hast so furchtbar wichtige Geschäfte?", hörte Seto mit einem Mal eine ihm nur leidlich bekannte Stimme.

Er schnaubte nur bei dem Anblick der Gruppe, die auf den Stand zukam.

Das hatte ihm grade noch gefehlt. Es wurde Zeit, dass er hier mit Mokuba verschwand, aber scheinbar war Kuzuki grade mit ihrem Chef im Gespräch, so dass Mokuba noch warten musste.

„Na Köter, erlaubt dir der Kindergarten mal wieder Gassi zu gehen?“, sagte er kühl und Shadow neben ihn bellte kurz erregt auf.

„Ich bin kein Köter, Kaiba!“, fuhr ihn Joey Wheeler an, was ihn jedoch recht kalt ließ.

„Ich sehe, wie sich deine Lippen bewegen, aber ich spreche kein kläfferisch.“

„Wieso verziehst du dich nicht einfach, Kaiba? Es ist schon kalt genug hier!“ Demonstrativ fröstelte Joey.

„Mehr fällt dir nicht ein, Kläffer?“ Abfällig verzog er die Lippen und schnalzte mit der Zunge.

„Deine Hundewitze werden langsam alt“, konterte er kläglich, „Außerdem würden mir noch allerhand Sprüche einfallen, die ich dir drücken könnte, du reicher Pinkel!“

„Pass bloß auf, dass du keinen Maulkorb kriegst.“

„Wird Mr. Eisprinz wieder sauer und aggressiv? Was jetzt? Willst du den Weihnachtsmarkt sprängen so wie damals den Battle City Tower?"

„Pass auf, dass du nicht eingeschläfert wirst, Promenadenmischung!“

„Stimmt du hast Recht. Ich muss mir nur deine schlechten Sprüche anhören, damit ich einschlafe.“

„Du kläffst zu viel, Wheeler. Ich dachte, Hunde müssten an der Leine gehalten werden auf Märkte?"

„Wenn sie so schlecht hören, dann bestimmt. Aber du, ich sehe hier außer deinem Hundi keine weiteren Hunde. Und falls du vielleicht beim Biologieunterricht zu lange gepennt haben solltest, zeichnet sich ein Hund nicht durch einen aufrechten Gang aus und kann sprechen.“

„Wenigstens ist Shadow reinrassig und hat keine Tollwut.“

„Reinrassige Hunde werden schneller krank. Und was nicht ist, kann ja bekanntlich noch werden. Also halt mal bitte den Ball flach.“

„Träum weiter, Wheeler. Shadow würde sich nie dazu herab lassen und mit jemanden wie dir spielen. Du bist nicht mal als Pinkelbaum gut genug für ihn.“

„Den Job übernimmst du ja schon“, konterte der blonde Duellant und das gar nicht mal schlecht, „Ich meine, reicher Pinkel…Pinkelbaum. Passt doch.“

„Hattest du Nachhilfe oder woher hast du diese intelligenten Sprüche? In deinem Kopf ist doch sonst nur Watte.“

„Mensch Kaiba, hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass man so nicht mit Freunde umgeht?“

„Mach dich nicht lächerlich, Wheeler. Wir sind keine Freunde und im Gegensatz zu deiner Mutter, hat mir meine beigebracht, mich nicht mit Leute zu umgeben, die ich nicht mag.“

Ihr Wortgefecht hatte ein jähes Ende als ein lautes und demonstratives Schlürfen zu hören war.

Seto fuhr herum und sah Kuzuki, wie sie die Tasse an den Lippen hielt und daraus trank.

Warmer Dampf stieg aus der Tasse empor.

Er versuchte in ihrem Blick zu lesen, doch er war ausdruckslos.

Sie hielt mit Trinken inne und ließ langsam die Tasse sinken.

„Was denn?“, fragte sie unschuldig und schaute zwischen ihm und Wheeler hin und her. Erneut setzte sie zum Trinken an.

Als sie scheinbar sicher war, dass sie sich nicht weiter die Köpfe einschlagen würden, wandte sie sich ab.

„Ich dachte, meine Großeltern klingen nur…“, hörte er sie murmeln und Seto konnte nicht verhindern, dass sein Mundwinkel gefährlich zuckte.

„Wir sind kein altes Ehepaar!“, fuhr Wheeler die Fotografin aufgebracht an.

„Habe ich das gesagt?“, fragte sie unschuldig und grinste siegreich. Abwehrend hob sie die Hände.

Wheeler starrte sie an.

Sie musste ihm unbedingt verraten wie das ging, denn nach all der Zeit hatte er es noch nie geschafft diesen dämlichen Kläffer zum Schweigen zu bringen.

Seto beobachtete, wie sie sich Yugi und den anderen zuwandte.

„Wie kann ich euch helfen?“, fragte sie geschäftsmäßig und es erinnerte ihn an sich selbst. Er konnte genauso gut Gute Miene zum bösen Spiel machen.

„Ähm ja...“, fing Mutou an, „Wir wollten ein Gruppenfoto von uns und dann für jeden einen Schlüsselanhänger daraus machen lassen.“

„Alles klar!“, sagte Kuzuki und nahm die Kamera, „Stellt euch dahin.“

Sie deutete auf die Fotowand vor der Mokuba und er bis vor wenigen Minuten noch gestanden hatten.

Die Gruppe stellte sich hin und ging in Pose.

„Drei…zwei…eins“, zählte sie wieder runter und schoss die Fotos. „Sehr gut und noch mal.“

Wo war eigentlich Mokuba? Seine Sachen müssten doch inzwischen auch fertig sein.

Suchend sah sich Kaiba nach seinem kleinen Bruder um und sah grade noch rechtzeitig, wie er hinter einem Stand hervor kam. Auf den Lippen ein breites und zufriedenes Grinsen.

Was hatte er denn jetzt schon wieder ausgeheckt?

Nur wenige Sekunden später kam Kuzukis Wichtelchef ebenfalls hinter der gleichen Ecke hervor, fast wie zufällig. Doch daran glaubte Kaiba nicht und zog fragend eine Augenbraue hoch.

„Hei, ihr sucht eine Aushilfe?“, hörte er wieder die Stimme von Wheeler und unweigerlich sah er zu der Gruppe herüber.

Geschäftig machte Kuzuki die Fotos fertig. Auf die Frage von dem Blonden nickte sie nur. „Ja, zum Gutscheine verteilen.“

„Ich hätte Interesse. Was muss ich tun, um anfangen zu können?“, fragte er und klang, als wäre er ganz heiß auf den Job.

„Chef?“, rief sie und sah zu dem Mann herüber, der die nächsten Leute fotografierte. „Hier ist jemand wegen dem Aushilfsjob.“

„Mach du das eben“, sagte er und kümmerte sich weiter um die kleine Frauengruppe, die ziemlich angeheitert wirkte und lautstark kicherte.

Kaiba hörte sie seufzen und innerlich tat sie ihm sogar leid, dass sie sich jetzt mit der Flohschleuder abgeben musste.

„Na gut...“, kam es von ihr und sie kramte unter dem Tisch einen Bogen heraus. Mit einem Stift reichte sie ihn Joey. „Füll diesen Bogen aus und dann melden wir uns in den nächsten Tagen bei dir. Der Job wird zwei bis dreimal in der Woche für etwa drei Stunden sein. Du wirst in unserem Kostümfundus eingekleidet und dann hier auf dem Markt herum gehen und die Leute ansprechen. Du gibst ihnen die Gutscheine oder du wirst in andere Stadtteile geschickt zum verteilen in die Briefkästen. Das ist unterschiedlich. Manchmal kann es auch sein, dass du im Laden sein wirst, da wir dort noch jemanden brauchen fürs einpacken von Geschenken. Willst du das immer noch machen?“

Sie klang wirklich professionell. Sehr sogar und Kaiba war ein wenig beeindruckt. Nicht viele hatten in solchen Momenten so viel Autorität.

Manche konnten andere gar nicht sagen, dass sie nur niedrige Laufburschenarbeit machen mussten, aber sie schien damit keine Probleme zu haben.

Etwas, was er manchmal bei seinen Leuten vermisste oder sich sogar wünschte, sie würden nicht so dick auftragen, als seien sie selbst der Chef.

Bei diesem Gedanken fiel ihm auch sofort jemand ein.

Juan.

Er war einer seiner Fotografen, die er öfters ins Ausland schickte, um dort nach neuen Duellanten Ausschau zu halten.

So gut dieser auch fotografierte, nahm er sich manches Mal sogar zu viel heraus.

„Wo warst du Mokuba?“, fragte er als sein Bruder sich wieder zu ihm gesellte und von Yugis Gruppe frei gelassen wurde.

„Nur was erledigen“, sagte er geheimnisvoll und sah zu Kuzuki herüber. Ein Grinsen schlich auf sein Gesicht.

Joey füllte derweil den Bogen mit ihr zusammen aus. Sie standen dort, wo er bis vor wenigen Augenblicken noch mit ihr gestanden hatte.

„Lass uns gehen, Mokuba. Ich muss noch arbeiten.“

Sein kleiner Bruder nickte und gab keine Widerworte.

Seto sah noch mal zu der Fotografin.

„Wenn ihr ihn einstellt, impft ihn vorher und verpasst ihm ein Flohbad“, sagte er zu ihr und grinste höhnisch.

„Ich habe keine Flöhe!“, fuhr Joey ihn aufgebracht an.

Kuzuki sah ihn für einen Moment verwirrt an, grinste ihn dann aber schelmisch an und nickte. „Alles klar. Machen wir.“

Damit wandte er sich ab und ging.

Hinter sich hörte er Joey noch fluchen, ignoriere es aber.

„Hei, Naomie, schau mal, wo du stehst!“, hörte er wieder ihre Kollegin und Seto musste sich umdrehen.

Bis zu ihm hin, konnte Kaiba sehen, wie sie rot anlief und ihr Blick traf seinen. Wenn es ging, wurde sie sogar noch röter und senkte das Haupt.

„Könnten wir das Teil vielleicht abnehmen?“, fragte sie lautstark und sah kurz noch einmal zu ihm herüber, ehe sie sich gänzlich abwandte.

Seto grinste amüsiert und drehte sich ebenfalls um.

Diesmal war der Besuch auf dem Markt tatsächlich nur halb so Wild und er schmeckte noch immer den Glühwein, den sie ihm angeboten hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KiraNear
2014-09-24T16:24:01+00:00 24.09.2014 18:24
Süß, wie Mokuba immer versucht, seinen großen Bruder in die ganzen Weihnachtssachen einzubinden^^
Und mit Yugi und Co hab ich gar nicht gerechnet XD

Tolles Kapitel und irgendwie musste ich an einen Weihnachtsmarkt inkl. Kinderpunsch auf ich vor ein paar Jahren war, denken dabei :-)
Antwort von:  Frigg
24.09.2014 18:25
Danke für den Kommi. Ich hoffe auch, dass diese Kapitel bei vielen Weihnachtsstimmung auslöst und man sich gut hinein versetzen kann oder fühlen kann, wie es grade auf dem Markt aussieht. Scheinbar ist das gelungen.


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