Zum Inhalt der Seite

Rise of an eagle

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Zeitgleich in Venice:
 

Tag. Nacht. Sommer. Winter. Nichts hatte mehr eine Bedeutung. Nichts drang zu ihm hindurch, nur der unerbittliche Schmerz, der durch seine Glieder jagte, ihn nicht einen Moment zur Ruhe kommen ließ. Wie lange er schon der Folter widerstand konnte er nicht sagen, jedoch spürte er, wie es ihn langsam zerfraß. Seine Gedanken waren stumm, wie noch nie zuvor. Alles war in weite Ferne gerückt. Das Einzige, was ihn noch am Leben hielt war die Treue zur Bruderschaft. Die vielen Freunde und bekannten Gesichter, die er über die Jahre hinweg kennen lernen durfte. Maria, sein guter Engel und Adrianna, auf deren Spuren er gewandelt war, bis sie ihn ins Verderben gelockt hatten. Kälte schmiegte sich um seinen Leib, als wollte sie ihn verführen, doch er gab nicht nach. Seine steifen Glieder würden zittern, wären ihnen nicht jegliche Bewegung durch dicke Eisenketten, die seinen Körper an den Holztisch hielten, verwehrt. Seine geschundenen Lider würden träge zusammenklappen, wären sie nicht von den vielen Schlägen ohnehin schon angeschwollen. Morgen, so hatte er aus einem Gespräch der stationierten Wachen erfahren, war der Tag seiner Hinrichtung. Wie lange ihm noch blieb, konnte er nicht bestimmen. In einem unterirdischen Kerkerloch fristete er sein Dasein, bis ihn der Tod endlich erlösen würde. Sie hatten ungewohnt lange versuchte ihm wichtige Informationen zu entlocken, umso erwarteter kam seine Hinrichtung.

Er hörte das scharrende Geräusch von nähernden Schritten, ehe die massive Kerkertür aufgeschlagen wurde. Zwei Personen traten an den Foltertisch heran, an dem er noch immer, wie ein angekettetes Tier verharrte, unfähig sich zu befreien.

„Bastardo. Heute bekommst du, was du verdienst, elende Ratte.“, knurrte der Erste spitz, als sich bereits die Enge um seine Knochen löste. Ein schmerzliches Keuchen entwich seinen Lippen, als er unsanft auf den Boden gerollt wurde und hart auf dem unebenen Steinboden aufkam. Seine Atme gehorchten ihm nicht einmal genug, um den Sturz abfedern zu können. Sämtliche Kraft war aus ihm gewichen.

„Steh gefälligst auf.“, fauchte der Zweite und trat dem am Boden Liegenden noch einmal in die Rippen. Stöhnend rollte Antonio auf den Rücken und wandte sich unter der Pein.

„Nun spukst du nicht mehr so große Töne, was? Ist dir das Großmaul im Hals stecken geblieben?“, höhnte der Erste, der Antonio kurzerhand am Kragen auf die Beine zog. Der Santavenere spürte, wie seine Knie nachgaben und ehe er sich versah lag er wieder zusammengesunken auf dem Boden.

„Sag mir nicht, wir müssen diesen Abschaum hinaus tragen, damit er ordentlich am Strick baumeln kann?“, beschwerte sich der Zweite.

„Ich habe da eine viel bessere Idee.“, bemerkte Erster wieder. Antonio spürte, wie ihm eine enge Schlaufe um die Beine gewickelt wurde, ehe man daran zog und ihn quer über den Boden hinterher schleifte. Jeder Stein, jede Erhebung bohrte sich in sein Rückenfleisch, das durch die Reibung bereits offen lag. Die Luft entwich hektisch seiner geschändeten Lunge, nicht dazu in der Lage sich zu einem Schrei zu formen.

Er vernahm die Stimmen verschiedenster Menschen, als kalte Luft ihm entgegen schlug. Es wirkte, als kämen sie von weiter Ferne, doch er wusste, dass er soeben an dem Schauplatz seiner Hinrichtung angekommen war. Die letzten Meter wurde er, wie ein Stück Fleisch auf dem Verkaufsstand geworfen, als er die raue Struktur von Holz unter sich wahrnahm. Schemenhaft konnte er eine Gestalt erkennen, die sich neben ihm zu voller Größe aufplusterte. Er brauchte lange, bis sein Kopf ihm signalisierte, dass es sich dabei vermutlich um den Richter handeln musste, der für ihn das letzte Gericht sprach. Antonio schloss die Augen und sog die frische Luft in seine Lunge. Er blendete die Stimmen komplett aus. Sie hatten nichts, als Lügen zu erzählen. Sie kannten ihn nicht. Sie kannten seine Motive und seine Einstellung nicht. Woher auch? Er war in ihren Augen ein einfacher Mörder und Dieb. Das sollte ihm nur Recht sein, solange niemanden, den er liebte dabei zu Schaden kam. Der Schmerz durchzuckte ihn erneut, als er unsanft unter den Armen hochgehoben wurde und sich das feste Material des Hanfstrickes um seinen Hals schloss. Er hatte nicht einmal die Kraft sich auf dem Podest zu halten, das ihm noch wenige Sekunden leben schenkten, stattdessen raubte es ihm bereits jetzt den Sauerstoff. Sein Körper versuchte hechelnd sich gegen das Unvermeidliche zu wehren, doch sein Kopf hatte sich bereits damit abgefunden. Dies war der Tag an dem er sterben würde. Für die Bruderschaft, für die Freiheit der Menschen und für seine Familie.

Ein heftiger Ruck riss ihn rücklings von der Tribüne, als sich zeitgleich seine Lunge wieder mit ausreichend Luft füllte und ihn schmerzlich husten ließ.

„Stai tranquillo, frate. (Sei unbesorgt, Bruder)“, drang eine Stimme zu ihm hervor. Noch immer konnte er sich nicht bemerkbar machen, außer durch ein paar unkontrollierte Zuckungen.

„Ich versprach deiner Nichte, dass ich dich zurück nach Hause bringen werde.“, fügte der Retter hinzu. Das Bildnis des kleinen Mädchens erschien vor Antonios innerem Augen. Wie sie ihm mit wachsamen Blick musterte, als er seine Assassinenkluft anlegte. So, als wisse sie, dass er sich in Gefahr begeben würde. Die Illusion verblasste jedoch, als er hochgehoben und mit Schwung auf einen warmen Gegenstand gelegt wurde. Anhand der Schaukelbewegungen erschloss der Assassine, dass es dich dabei um ein Pferd handeln musste. Er nahm noch ein paar Klingengeräusche wahr, das aufgeregte Hufgetrappel des Pferdes, ehe sein Verstand in ein tiefes schwarzes Loch fiel.
 

„...mein Weg führt mich nach Roma. Der Brief kann dort vielleicht entschlüsselt werden.“, drang eine Stimme an Antonios Ohren. Er kannte sie, konnte es jedoch nicht zuordnen. Sein Körper war in weichen Laken gebettet, ein enger Verband schmiegte sich, wie eine zweite Haut an seinen Leib, als er vorsichtig die Augen öffnete und an die blanke weiße Zimmerdecke blickte. Er brauchte einen Moment, ehe er sich die vergangenen Geschehnisse wieder ins Gedächtnis rufen konnte.

„Grazie, Madonna mio, io potere oggi esistere. (Danke Madonna, dass ich heute noch leben darf.)“, kam es kratzig von seinen aufgesprungenen Lippen. Damit weckte er die Aufmerksamkeit der beiden Personen, die mit ihm im gleichen Raum waren.

„Antonio!“, rief sofort die Erste. Das vertraute Gesicht des älteren Auditore Mario kam in sein Sichtfeld, als er sich ein schwaches Lächeln abrang.

„Buon mattino. (Guten Morgen.)“, ließ der Santavenere verlauten, was ihm einen sorgenvollen und gleichzeitig skeptischen Blick einbrachte.

„Hätten wir gewusst, dass deine Hinrichtung so lange auf sich warten lässt, dann hätten wir viel früher versucht dich aus dem Loch zu befreien.“, versuchte Mario sich zu entschuldigen, was der Santavenere mit leichtem Kopfschütteln unterbrach.

„Das Gefängnis war gut bewacht. Es gab kein Hineinkommen, ohne dabei Gefahr zu laufen von den Wachen gesehen zu werden.“, mischte sich nun auch die zweite Person in die Unterredung mit ein. Es war kein Geringerer, als Giovanni Auditore. Antonio streifte das Laken von seinem Körper und versuchte sich angestrengt aufzurichten, was ihm aber erst gelang, als Giovanni ihm helfend die Hand reichte.

„Was ist geschehen?“, wollte der Santavenere wissen.

„Du solltest dich besser noch etwas ausruhen.“, mahnte Mario.

„Unsinn. Ich habe lange genug untätig herum gelegen.“, knurrte Antonio, wie eh und je.

„Uberto Alberti konnte den Brief nicht entschlüsseln. Der Duca Di Milano ist der Verschwörung zum Opfer gefallen. Ich bin auf dem Weg nach Roma, um den Brief zu überliefern und so vielleicht etwas über die Pläne der Templer herauszufinden.“, gestand Giovanni schlicht. Daraufhin erhob sich Antonio aus seinem Schlafplatz und versuchte die Schultern zu straffen. Noch immer zuckte der Schmerz durch seine Glieder, doch er ließ sich davon nichts anmerken. Früh hatte er in der Assassinenlehre beigebracht bekommen, Herr über seinen Körper zu sein, Leid zu ertragen und Schmerzen zu verdrängen. Mario öffnete gerade den Mund zum Protest, als ihm der Santavenere zuvor kam.

„Ich begleite Giovanni nach Roma. Es ist sicherer, wenn jemand die Übergabe überwacht, außerdem habe ich einige private Angelegenheiten zu erledigen.“

„So blass, wie du gerade um die Nase bist, bezweifle ich, dass du den Ritt nach Roma überstehst.“, gestand Giovanni murrend.

„Außerdem sind deine Verletzungen noch lange nicht verheilt.“, bekräftigte Mario.

„Wir verlieren wichtige Zeit. Wenn ihr mich aufhalten wollt, dann tut es jetzt. Mein Entschluss steht fest.“, knurrte Antonio, als er behände nach seiner lädierten Robe griff und sie sich überstreifte. Derzeit tauschten die Brüder sorgenvolle Blicke untereinander aus, aber sie wussten, wenn Antonio sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann war er auch nicht davon abzuhalten.

„Eines Tages schaufelst du dir damit dein eigenes Grab.“, beschwerte sich Mario.

„Ich stand bereits mehrfach mit einem Fuß in selbigem.“, bemerkte Antonio trocken.

„Lass mir zumindest eine Nachricht für deine Familie hier. Maria macht sich schreckliche Sorgen.“, forderte der ältere Auditore.

„Wie geht es ihr? Und Adrianna?“, wollte Antonio sofort wissen.

„Adrianna kümmert sich um den Haushalt und die Einkäufe, während Maria mit einer Erkältung zu kämpfen hat. Ich besuchte sie vor wenigen Tagen, um ihr von deiner Gefangenschaft zu erzählen.“, erklärte sich Mario. Daraufhin seufzte Antonio gequält, ehe er das Blatt Papier und die Feder, die ihm Giovanni bereits erwartend entgegen streckte, entgegen nahm und sich am Tisch auf einen Stuhl sinken ließ.

Maria, mio bene.

Als ich sie fand, brachte ich wieder Leben in das trostlose Haus. Mit diesem Leben brachte ich jedoch auch ein Geheimnis mit mir, welches vielleicht besser verborgen geblieben wäre.

Maria, mein Geist ist rastlos. Ich jagte den Hinweisen hinterher, wie ein räudiger Hund und das war mein Verderben.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, was ihr erleiden musstet, seit ich fort bin, aber versteht, dass ich nicht früher ruhen kann, bis ich die Wahrheit gefunden habe.

Meine Gefangenschaft hat ein Ende. Mein Weg führt mich nach Roma. Dort werde ich vielleicht verstehen.

Mia Maria,

dein A. S.

Er legte die Feder beiseite und begann den Brief ordentlich in der Mitte zu falten, als Mario bereits an seine Seite trat.

„Ich werde ihn persönlich überbringen.“, meinte er schlicht. Antonio nickte verstehend und überreichte das Papier an seinen Freund, ehe er sich vom Tisch erhob und abwartend seinen Blick zu Giovanni gleiten ließ.

„Dann lass uns aufbrechen. Wir sollten die Nacht nutzen, um unbemerkt voran zu kommen.“, gab dieser von sich.

„Boun furtuna. (Viel Glück)“, rief ihnen Mario hinterher.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück