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Leider war das auch das einzig Angenehme in dieser Lage. Ermittlungen wegen eines Diebstahls, noch dazu irgendeines nutzlosen Steines! Als ob es davon nicht genug auf der Welt gab. Noch dabei in Gegenwart dieses arroganten, vorlauten Kindes, das er nicht einmal umbringen durfte, um Vaters Verhandlungen nicht zu beschädigen! Zu allem Überfluss gab es keine Gelegenheit wenigstens ein mitdenkendes Wesen hierher zu beordern. Sakura war auf Wunsch Fürst Kazuyas in den Norden gereist, da sie dessen einer Ehefrau – was machte man nur mit dreien von der Sorte? - offenbar einen Rat gegeben hatte und diese daraufhin schwanger wurde. Mehr als beglückt hatte der törichte Wolf um ihre Entsendung bis zur Geburt gebeten – und leider war Kazuya eben niemand, dem selbst sein verehrter Vater etwas abschlagen konnte. Und es war ja auch wohl für Sakuras Ruf positiv und natürlich Neigis.
Und er selbst stand jetzt hier dumm herum und musste dieses Küken anstarren....
Hotaru bemerkte durchaus die ein wenig angestiegene Energie des Hundeprinzen und hielt es für schlauer zu Boden zu blicken. War dieser Idiot leicht auf die Palme zu bringen. Nur ein bisschen zu wenig höflich und schon....Naja, der Herr hatte diese kleine Arbeit ja auch als Strafaufgabe gesehen. Kannte der diesen Hundebengel schon länger? Wo blieb eigentlich Vater? Irgendwie fühlte sich der Kleine in dessen Gegenwart doch deutlich sicherer, selbst, wenn ihm langsam die Erkenntnis dämmerte, dass auch Papa ihn nicht gegen diesen Köter beschützen könnte – und viel schlimmer, auch nur wollte.
Zumindest zwei Personen atmeten auf als der Burgvogt mit einer tiefen Verneigung den Raum betrat – Hato, weil er seinen Sohn am Leben und unverletzt vorfand, Hotaru, weil Papa da war.
„Das Schloss wird durchsucht, Lord Sesshoumaru,“ meldete der Burgvogt ordnungsgemäß: „Die Türen werden überwacht. Lord Karasu wird demnächst hier erscheinen, um Euch behilflich zu sein.“
Immerhin hockte dieser Rabe nicht nur herum und unterhielt sich mit Vater. Ach, war das alles ungerecht. Na schön, Dämon sollte ja sachlich bleiben: „Wie sieht der Vogelstein aus?“
„Äh....vergebt, Lord Sesshoumaru. Was meint Ihr genau?“
Langsam aber sicher reichte es: „Größe, Farbe. Ein Dieb musste das ja auch wissen.“
„Oh, natürlich, verzeiht meine Dummheit.“ Hato verneigte sich wirklich peinlich berührt. Vor lauter Sorge um seinen Sohn hatte er eine Grundregel der Ermittlung missachtet: „Er ist recht durchsichtig, ungefähr so groß wie ein Handteller mit Fingern meiner Wenigkeit, und ungefähr drei Finger hoch. Er ist eine Art Bergkristall. Was ihn wertvoll macht ist seine magische Fähigkeit – und natürlich ist das Euch bereits bekannt - die Tatsache, dass der Besitzer auch stets der Herr der Vögel ist. Ein Dieb könnte theoretisch den Herrn herausfordern....wobei ich zu bezweifeln wage, dass irgendein Krimineller mit der Magie zurande käme. Dies liegt in der Herrschaftsfamilie.“
Das war möglich, wenn er so an das Höllenschwert dachte. „Der Stein wäre also unter der Kleidung leicht zu verbergen.“
„Äh, vermutlich, Euer Lordschaft....“ Auch, wenn Hato gerade nichts einfallen wollte.
Der Burgvogt würde bei jedem Legespiel versagen, wenn es darum ging Teile zusammenzusetzen. Die Größe des ominösen Steins war klein genug, dass man ihn unter die Achsel klemmen konnte, in die Hose stecken oder was auch immer. „Wer hatte die Wache heute morgen, als Ori frei hatte?“
„Ihr denkt....“ brachte der Burgvogt entgeistert hervor.
„Immer,“ kam prompt die eisige Antwort.
„Verzeiht...es....es war Buki, mein Ältester.“
„Und, wo ist er nun?“
„In seinem Zimmer,“ hoffte der entsetzte Vater zumindest: „Er ist Teil der Wachen, aber momentan sollte er frei haben. Er wohnt nicht mehr bei mir, Euer Lordschaft.“
„Gehen wir.“ Das war die einzige Möglichkeit, die er sah. Ori würde für immer schweigen, außer, der Heiler fand noch etwas zum Thema Gift. Hoffentlich hatte dieser Buki mehr Verstand als sein kleiner Bruder oder zumindest besseres Benehmen.
Was blieb Hato schon anderes übrig: „Dann darf ich Euer Lordschaft bitten mir zu folgen.“ Zu seiner gewissen Erleichterung traf er draußen bereits seinen Gebieter und erstattete diesem prompt Meldung: „Lord Karasu, Lord Sesshoumaru wünscht mit Buki zu reden, da dieser heute morgen die Wache für Ori übernommen hatte.“
„Ich verstehe,“ sagte der Herr der Vögel ein wenig angespannt: „Sonst habt Ihr noch nichts herausgefunden, Lord Sesshoumaru? Nun, es wäre ein wenig schnell, das ist mir bewusst, vergebt.“
Immerhin etwas, dachte der Hundeprinz: „Ori war heute morgen mit Eurer Gemahlin unterwegs?“
„Ja. Ab und an benötigt auch sie ein wenig Flug. Wir sind nun einmal Vögel. Falls ich keine Zeit habe, übernimmt ...übernahm Ori dieses Amt.“
„Wie läuft das ab?“ Sesshoumaru ging bereits dem Burgvogt hinterher.
Karasu bemühte sich ihm zu folgen. „Nun, es wird im gesamten Schloss mitgeteilt und alle männlichen Dämonen, aber auch die weiblichen, ziehen sich zurück. Dann geht Lady Hasu mit ihren Damen hinaus, begleitet von Ori – oder auch mir. Sie fliegt dann ab, begleitet eben von Ori oder mir selbst. Nach einer Stunde landet sie und es geht wieder zurück. Ich erwähnte schon, dass sie unter dem Fluch leidet.“
„Ja.“ So ein Unsinn. Und, wenn er sich so an die Schneefrauen erinnerte....nun ja, schlimmer als das konnte es doch kaum sein. Aber etwas anderes war interessanter. Alles und jeder zog sich also zurück wenn Lady Hasu einen kleinen Ausflug unternahm. Das bedeutete auch für diese eine Stunde war nur der jeweilige Wächter, Buki heute, aber auch sonst wer, allein in dem Raum vor der Schatzkammer. Eine nette Gelegenheit für einen Dieb, zumal wenn der diensthabende Posten womöglich einmal rasch aus dem Zimmer ging. Nicht jeder war wohl so duldsam wie Ori. Jeder im Schloss kannte das Ritual, jeder wusste, dass Ori nicht da war.....Gelegenheit machte eben Diebe. Mal hören, ob dieser Buki einmal den Raum verlassen hatte. Wenn er auch nur halb so impulsiv wie sein kleiner Bruder war, war genau das passiert. Nur, wer hatte sich dann an dem Riegel zu schaffen gemacht? Diese Magie schien ja recht ordentlich zu sein.
Später. Eines nach dem anderen, das hatte er doch oft genug schon erfahren dürfen. Wie konnte dieser Diebstahl passieren? Ori hatte sich umgebracht als er bemerkte, dass der Stein fehlte...Moment. „Woher konnte Ori wissen, dass der Vogelstein gestohlen wurde?“
Lord Karasu seufzte unhörbar: „Ich vermute, er sah nach als meine Gemahlin wieder in ihrem Zimmer war und er seine Wache übernahm. Ori war außer mir und Hato der Einzige, der die Riegel öffnen konnte.“
Ach nein. Der Wächter besaß also Zutritt zur Kammer. War womöglich gar nicht Versagen die Ursache seines Selbstmordes sondern Schande? War er erpresst worden? Zu früh, entschied Seine Esigkeit, erst einmal musste er mit diesem Buki reden. Lord Karasu war dabei, dass würde den Vogel doch wohl zu jeder Aussage bringen ohne dass er selbst handgreiflich werden musste und Vaters Vertrag störte.
Ein Wächter kam herangelaufen, verneigte sich eilig vor seinem Herrn und dem Burgvogt, ehe eine dritte, flüchtige, Verbeugung dem Gast galt: „Herr....Burgvogt....es ist schrecklich!“
Mit einem gewissen inneren Seufzen aber der Erkenntnis, dass heute wohl nicht sein Tag war, erkundigte sich Lord Karasu: „Ein Zwischenfall? So habt ihr den Vogelstein noch nicht gefunden...?“
„Doch, Herr, aber....äh...Burgvogt....vielleicht kämt Ihr beide mit.....?“
„Auch Lord Sesshoumaru wird mir die Ehre erweisen,“ erklärte Karasu, der durchaus begriff, dass das Küken nicht mit sollte: „Hotaru, gehe zu dem ehrenwerten Herrn der westlichen Länder und sage ihm in meinem Namen, dass er bei Sonnenuntergang doch die Freundlichkeit besitzen möge mit mir zu speisen.“
Auch das noch. Sesshoumaru hätte gern laut geseufzt. Dieser kleine Besuch sah nicht weiter so aus als ob er schweigend Vater zuhören durfte. Ihm entging jedoch nicht der geradezu intensive Blick des Vogelwächters zu dem Burgvogt. Irgendetwas wollte der Hato mitteilen, eine Mischung aus Warnung und Mitleid. War etwas mit diesem Buki? Oder der Stein zerstört?
Kurz darauf erreichte das Quartett einen Gang, der offenkundig die kleinen Kammern der Krieger beinhaltete. Diesbezüglich waren alle Schlösser gleich aufgebaut.
Vor einer Tür standen zwei weitere Posten, die eilig die Tür vor Lord Karasu beiseiteschoben. Dieser erstarrte noch in der Tür.
„Hato....“ Mit einem Schritt zur Seite machte er Platz.
Der Hundeprinz folgte dem Burgvogt sofort. Noch während dieser in die Knie brach, hatte er an dem Kleineren vorbei die Kammer rasch gemustert.
Leer bis auf eine Matte, auf dem Boden Schreibzeug, ein großes, beschriebenes Papier, darauf der Vogelstein, sichtlich in Ordnung. Aber der Grund für das Erschrecken, ja, die Trauer Hatos befand sich in der Luft. An einem Balken des Daches hing ein junger Vogeldämon, der ein festes Seil um die Kehle hatte.
Der Herr der Vögel wandte den Kopf und klang etwas ingrimmig, als er sagte: „Nun, ich bin froh, dass Ihr anwesend seid, Lord Sesshoumaru. Zwar ist der Vogelstein wieder da und ich werde ihn sofort verschließen, mit einem anderen Bann, aber ich möchte Euch dringend ersuchen herausfinden, was in meinem Schloss geschieht, dass sich meine besten Krieger selbst umbringen.“
Hatte er sich gerade wirklich kurz gefreut, dass dieser Stein wieder da wäre? Er wusste jedoch, dass es nur eine Antwort gab: „Wie Ihr wünscht.“ Nicht, dass dieser Vogelidiot Vater noch den Beistandspakt verweigerte und sich stattdessen Drachenkumpane oder wen auch immer suchte. Aber, und das gab sich der jugendliche Hundedämon auch selbst nur ungern zu, er hatte nicht die mindeste Ahnung, was hier gelaufen sein könnte.