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Oz, der Große und Schreckliche

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Lange nichts hier hochgeladen, aber irgendwie habe ich richtig Lust gehabt, mal wieder was von Oz zu schreiben!
Vielleicht auch wegen meiner Laune. Ein bisschen traurig in letzter Zeit, und irgendwie muss man sich ja ausdrücken können.
Viel Spaß beim Lesen ♥ Komplett anzeigen

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Gaias Blessing

„Du hast immer so traurige Augen.“ Ich hob meinen Blick von den Akten. Mel stand vor meinem Schreibtisch und stellte eine Vase mit weinenden Rosen darauf. „Kein Wunder, dass die armen Röschen immerzu nur weinen. Bei so nem Boss wie dir.“

Ich legte ein Grinsen auf meine Lippen und strich über die zarten Blüten. „Na hör mal, Mel! Dein Chef fühlt sich zutiefst verletzt!“ Mein Blick verdüsterte sich. „Außerdem gibt es einen Grund. Aber den erzähl ich dir nicht.“ Den letzten Satz schloss ich mit einem zuversichtlichen Lächeln ab. Mel musterte mich skeptisch. „Aber irgendwem wirst du es doch sicher erzählt haben. Irgendjemandem musst du es erzählt haben, da bin ich ganz sicher.“ Die Arme aus ihrer Verschränkung lösend wandte Mel sich wieder ab und schritt voran zur Türe meines Büros. Ich lehnte mich seufzend im Sessel zurück und sah ihr nach. Hinter mir hörte ich ein wimmern; es zappelte. Rasch sprang ich auf und fuhr herum, nur um den armen Schädel-Tim anzustarren, welchen ich beinahe zwischen meinen Flügeln und der Sessellehne zerquetscht hatte. „Oh weia!“ Ich hob abwehrend die Hände und stammelte eine Entschuldigung, als der kleine auch schon anfing dicke Krokodilstränen zu verströmen. „Ist… Ist ja gut, Kleiner!“ Jetzt lebte ich schon so elend lang mit diesen Tims zusammen und wusste immer noch nicht, wie man mit einem weinenden Schädel-Tim umgeht. Unwissenheit ist wirklich eine Strafe. Da fiel mein Blick auf die weinenden Rosen. Schnell schnappte ich mir die Vase und hielt sie dem Schädel-Tim vor. „Schau! Wenn du weinst, werden auch die Rosen ganz traurig!“ Doch es hatte den Gegenteiligen Effekt: nun weinte der Tim noch lauter. In diesem Moment kam Mel wieder herein, diesmal mit einer Vase voller lächelnder Lilien. Hoffnungsvoll sah ich sie an.

„Wusste ich doch, dass man dich keine Sekunde alleine lassen kann, Boss.“

„Hab Erbarmen, Mel“, wimmerte ich. Sie kam auf uns zu, stellte die Vase auf dem Tisch ab und nahm eine der Lilien heraus. Sie war strahlend Gold und hatte ein breites Lächeln aufgespielt. „Schädelchen, schau mal.“ Mit der Blume vor dem Gesicht des Tims herumwedelnd stand Mel da. Gespannt beobachtete ich das Geschehen. Happs! Und weg war die Lilie! Mit weit aufgerissenen Augen sah ich zu, wie der Schädel-Tim genüsslich auf der Blume herumkaute, ehe sich ein glückliches Lächeln in sein Gesicht stahl. Zufrieden, aber auch ziemlich herausfordernd richtete Mel ihren Blick nun zu mir. „Vielleicht solltest du auch mal eine probieren.“ Ihr Lächeln war mir unheimlich, also schob ich sie rasch aus meinem Büro heraus, nicht ohne ihr vorher beide Vasen in die Hände zu drücken. „Nein, danke. Ich bin gegen den Konsum von Drogen.“

„Hah? Du? Gegen Drogenkonsum? Und was ist mit dem ganzen Zucker?“

„Ich liebe Bonbons nun mal!“ Mit diesen Worten knallte ich die Türe hinter ihr zu und stapfte wieder zurück zu meinem Schreibtisch, auf dem der Schädel-Tim sich niedergelassen hatte und nun auf eine Streicheleinheit wartete. Abwesend kraulte ich ihn zwischen den Augenhöhlen und sah aus dem Fenster. Draußen war alles wie immer. Der riesige Garten war voller exotischer Unterweltpflanzen, der Himmel rot wie jeden Tag und auch die Menschenseelen verrichteten ihre Aufgaben wie gewöhnlich. Auch Mel war nun wieder im Garten zugange und wässerte die Blumen. Sah ich wirklich so traurig aus? Dass selbst Mel versucht, mich aufzuheitern… Ich sah wieder den Tim an und nahm meine Hand von ihm. „Hey, Kleiner. Geh doch raus und leiste der Lady ein bisschen Gesellschaft.“ Etwas eingeschnappt von dem abrupten Ende der Streicheleinheit schwebte er nach draußen und ließ sich dort von Mel sofort weiter verwöhnen. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen.
 

Langsam aber sicher wurde es spät. Der Himmel verfärbte sich immer schwärzer, bis schließlich nur noch die wenigen Lampen im Garten die Dunkelheit durchbrachen. Ich lag in meinem riesigen Bett und starrte an die Decke. Das Gespräch ließ mich immer noch nicht los. Sah ich echt so traurig aus? Aber ich fühlte mich gar nicht wirklich traurig. Zumindest nicht, solange ich nicht an dich denke. Gedankenverloren hob ich meinen Arm in Richtung eines kleinen Lichtes an meiner Zimmerdecke. Dein Stern leuchtet bis hier hin. Tag ein, Tag aus. Grummelnd zog ich mir die Decke über den Kopf und rollte mich ein. Du, die du die hellste in dieser Welt warst und nun vom Himmel zu uns herabblickst. Du, welche ich niemals wiedersehen werde, da wir unterschiedlichen Welten angehören. Eden. Vielleicht wird es Zeit. Aber vorher möchte ich es noch mal sehen. Bevor ich dich aus meinem Gedächtnis lösche.
 

50 vor Christus. Ein Dorf irgendwo im Nirgendwo. Es war eine Zeit, in der ich verloren durch die Welt wanderte. Nicht viele kannten damals meinen Namen, und schon gar keiner betete zu mir. Diejenigen, die mich kannten, sahen mich als Dämon, welchen man ausschließen musste. In dieser Zeit lebtest du dort. Als Tochter eines einfachen Bauers war dir kein glorreiches Leben vergönnt, doch es gefiel dir. Du kümmertest dich um das Vieh und halfst deiner Mutter, deine jüngeren Geschwister zu versorgen, während dein Vater mit deinen großen Brüdern das Feld bestellte. Damals schien schon alles perfekt für dich, doch ausgerechnet ich musste in dein Leben treten. Du warst am Waldrand spazieren, als du mich entdecktest. Unsere Blicke trafen sich und ich war sicher, du würdest sofort anfangen zu schreien und von Furcht erfüllt vor mir davon laufen. Spirituelle Menschen, die mich sehen konnten, sahen schließlich auch meine Hörner und dunklen Flügel. Doch du lächeltest nur und sagtest: „Ein schöner Tag für einen Spaziergang, nicht wahr?“ Verwundert hatte ich dich angesehen, und als ich nach mehreren Augenblicken immer noch nicht geantwortet hatte, ergriffst du erneut das Wort. „Sie kommen von weit her, richtig? Ich bin Eden.“ Du strecktest mir deine Hand entgegen. Zögernd nahm ich sie, löste den Händedruck jedoch rasch wieder und verschwand. Ich konnte nicht anders, als wegzulaufen. Zu sehr war ich erschrocken, als dein Licht mich durchflutete. Noch Tage später konnte ich an nichts anderes mehr denken. Eine Wärme, die ich noch nie gespürt hatte. Keine Höllenhitze. Auch nicht die Wärme eines Sommertages oder heißen Kakao. Eine unbekannte Wärme.

Schließlich beschloss ich, dich wieder aufzusuchen. Am Waldrand wartete ich, und du kamst tatsächlich. „Da sind Sie ja wieder. Wirklich schade, dass wir uns letztens nicht näher unterhalten konnten.“ Du hattest wieder dieses Lächeln im Gesicht. „Oz“, murmelte ich und du antwortetest mit einem noch breiteren Lächeln: „Hallo, Oz. Freut mich, dich kennenzulernen.“ Ich nickte.

Von da an kam ich jeden Tag hierher. Zuerst gingen wir nur spazieren. Wir redeten nicht wirklich viel. Aber bald schon änderten wir die Route und saßen nun oft am Fluss und beobachteten zusammen die Fische, wie sie ihren Weg erklommen. „Es muss furchtbar langweilig sein, nur im Wasser leben zu können“, sagtest du eines Tages. Fragend hatte ich dich angesehen. „Niemals woandershin. Immer auf dem gleichen Weg. Keine andere Wahl“, sagtest du. „Man hat immer eine Wahl“, gab ich zur Antwort. Gefiel es ihr zu Hause etwa nicht mehr? Wollte sie ein anderes Leben? „Lass uns zusammen weglaufen, Oz.“

Mein schockierter Blick brachte dir ein Lächeln. „Nur ein Scherz“, versuchtestest du dich zu verteidigen, doch ich hatte schon deine Hand ergriffen. „Jederzeit, Eden. Egal wann, egal wohin. Ich werde mit dir gehen!“

Tagelang liefen wir durch den Wald, bis du zusammenbrachst. Ich war verzweifelt, doch du hattest ein sanftes und zufriedenes Lächeln auf den Lippen. „Es tut mir leid, Oz, aber wir können nicht mehr gemeinsam diesen Weg gehen.“ Du krempeltest deine Ärmel hoch; deine Arme waren gezeichnet von einem silbernen Muster. „Gaias Fluch“, waren deine Worte, doch ich schüttelte den Kopf. „Gaias Segen“, verbesserte ich dich. Nur absolut reine Seelen werden davon auserkoren. Sie sollen im Himmelsreich dienen und können niemals fort von dort. Es war kein Fluch, sondern ein Segen, denn der Himmel soll der wundervollste Ort sein, den es jemals gegeben hatte. Das erste Mal in meinem Leben weinte ich. Zuerst wusste ich nicht, was es war, das aus meinen Augen strömte, doch heute weiß ich, es waren Tränen. Es war, als sei mein Herz in tausende Stücke zersprungen. Ich würde dich niemals wiedersehen. Doch irgendwie war ich auch erleichtert. Du wurdest auserwählt, an solch einem wundervollen Ort deine Ewigkeit zu verbringen.

„Ich liebe dich, Oz.“ Deine letzen Worte. Sie hallten mir noch lange in den Ohren nach, nachdem deine Seele leuchtend gen Himmel geflogen war.
 

Doch nun war es Zeit, voranzuschreiten. Wenn eine Menschenseele so durch mich hindurch sehen kann, dass sie diese Traurigkeit in mir bemerkt, wie durchschaubar bin ich dann für jene, welche um meine Position kämpfen? Für das Fortbestehen meines Reiches. Ich musste dich vergessen.
 

Mit höllischen Kopfschmerzen wachte ich auf und sah hinauf zu einem schwarzen Punkt an der Decke. War der schon immer dort gewesen? Wovon hatte ich noch mal geträumt? Das Nachdenken verstärkte die Kopfschmerzen nur noch mehr, als gab ich auf. Ich beschloss, den Tag im Bett zu verbringen, heute hatte ich ohnehin nichts vor. Doch wie sollte es anders sein? Mel klopfte an meiner Tür und kam ohne eine Antwort abzuwarten herein. „Boss, die Himmelsblume im Garten ist eingegangen! Was soll ich denn nun nur tun?!“ Verwirrt sah ich sie an. Eine Himmelsblume? In meinem Garten? Ohne mein Zutun wäre die doch niemals Lebensfähig gewesen. Beruhigend wedelte ich mit meinen Händen. „Vergiss sie, Mel. Eine Himmelsblume hat in der Unterwelt eh nichts verloren. Gaias Segen fließt durch ihre Adern, da wäre sie ohnehin irgendwann verschwunden.“ Mel schaute auf, sah mir direkt in die Augen. „Irgendwie siehst du anders aus, Boss. Neue Frisur? Nein. Genau, jetzt hab ich es! Du hast heimlich wieder meine Bonbons geplündert, nicht wahr?! Wieso solltest du sonst solche glücklichen Augen haben?!“ Sie nahm mich in die Mangel und verwuschelte meine Haare. Lachen platzte aus mir heraus, als auch sie anfing fröhlich zu lachen.



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