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Earning Angel Wings

von

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~: Prolog :~

Es ist ewig her, dass ich mit dieser Geschichte begonnen hab - und trotz allem hat sie mich all die Jahre nicht losgelassen ;-)

Es wird hier also definitiv weitergehen, nur wie schnell kann ich beim besten Willen nicht sagen.

Ich habe mir vorgenommen, so jeden Monat zu posten, aber ob das klappt wird sich zeigen. Ich habe bereits fünf unveröffentlichte Kapitel hier auf eminer Festplatte - leider fehlen mir dazwischen ebenfalls so um die fünf, die ich noch schreiben muss. Insofern mal sehen ... Komentare sind auf jeden Fall eine nicht zu unterschätzende Schreibanregung, da mir das Feedback auch sagt, ob das hier einer liest ^^

Kritik ist natürlich auch jederzeit gerne gesehen.

Alles was ihr hier lest ist auf meinem Mist gewachsen - abgesehen von den Zitaten ;-)
 

*:------------------------~*~--------------------------:*
 

» Der größte Erfolg des Teufels besteht darin, den Eindruck zu erwecken, daß es ihn nicht gibt. «

(Johannes Paul II.)
 

„Bedingt durch eine heimtückische Viruserkrankung gibt es diesen Frühling nur wenig Bienen. Die Krankheit hat ganze Völker ausgelöscht und es ist deshalb fraglich, ob in diesem Jahr die einheimische Honigversorgung gewährleistet ...“

der Nachrichtensprecher verstummte abrupt, als der etwa dreizehnjährige, schwarzhaarige Junge auf der dunkelroten Ledercouch vor dem Fernseher mit einer beiläufigen Bewegung auf den Knopf ganz rechts oben auf der Fernbedienung drückte und das Gerät augenblicklich ausgeschaltet wurde. Er zog eine säuerliche Grimasse.

„Kaum zu glauben, um was sich diese beschränkten Menschen doch alles Sorgen machen! Bienen! Unvorstellbar dass ich nun schon ganze 23 Jahre unter ihnen leben muss - Dank diesem verfluchten Bann den mir dieser verdammte, wichtigtuerische ...“ er verstummte mit einem Mal und presste seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.

Seine pechschwarzen Augen funkelten vor unterdrückter Wut. „Nein, ich lasse mich nicht dazu hinreißen!“ murmelte er vor sich hin.

„Am Ende jagt er mir noch ein paar seiner Engel auf den Hals - und da ich im Moment ja in meiner Kindform feststecke ...“ das hübsche, braungebrannte Gesicht des Jungen hatte vor Zorn eine ziemlich rote Farbe angenommen. „ ... und mir noch nicht einmal ein Bruchteil meiner dämonischen Kräfte geblieben ist ... geschweige denn, dass es selbst meinem Vater unmöglich ist, mir zu helfen ... hätte ich ihnen ziemlich wenig entgegenzusetzen. Und es wäre wohl ebenso unrealistisch, anzunehmen, dass es mir gelingen würde, nah genug an einen von ihnen heranzukommen um ihm die nötige Lichtenergie zu entziehen und damit den Bann zu durchbrechen.

Zum Kotzen!“

Die Bewegung, mit der sich der schlanke Dreizehnjährige von dem Sofa erhob war zu geschmeidig für sein Alter und zu schnell für einen Menschen.

Abgesehen davon trug er ausschließlich schwarz - nicht gerade gängig für seine Altersgenossen.

„Looookiiiii??!!“ eine durchdringende weibliche Stimme ließ ihn herumfahren und ein Grinsen machte sich auf seinen Lippen breit, während sein dunkler Blick an dem Torbogen der in das geräumige Wohnzimmer führte hängen blieb.

Eine gutaussehende junge Frau, gehüllt in ein kostbares weinrotes Samtkleid das von ihrem üppigen, kurvigen Körper mehr enthüllte als verbarg und schon beinahe verboten sexy aussah, stürmte in den Raum.

Ihre mahagonifarbenen Haare türmten sich als Hochsteckfrisur auf ihrem Kopf und ihre schwarz umrandeten, dunkelbraunen Augen funkelten triumphierend.

„Loki mein Schatz - ich habe eine Neuigkeit für dich, die alle der letzten 25 Jahre übertrifft!“ ihr dunkelrot angemalter Mund verzog sich zu einem Lächeln, während sie an ihm vorbei rauschte - nicht ohne ihm einmal mit ihrer Hand, deren Nägel bordeauxfarben leuchteten durch die widerspenstigen, kurz geschnittenen blauschwarzen Strähnen zu fahren - um sich anschließend mit einer graziösen Bewegung auf einem der drei Sessel niederzulassen und ihre Beine, die in hohen schwarzen Plateaustiefeln steckten, übereinander zu schlagen.

Der Junge zog eine Augenbraue in die Höhe.

„Der letzten 25 Jahre? Länger als ich schon durch diesen unseligen Bann hier festgehalten werde – haben wir den Krieg gewonnen obwohl wir durch meine Schwächung und vor allem das gleichzeitige Verschwinden von Gloom als ich zur Erde stürzte empfindlich getroffen wurden?"

„Ganz so gut sind die Nachrichten nun auch wieder nicht." Schränkte die junge Frau ein und ein spöttischer Unterton lag in ihrer Stimme.

„Das Siegel, mit dem Gott die Pforte der Hölle verschlossen hat und das keiner der niederen Dämonen durchdringen kann hält immer noch den größten Teil unserer Streitkräfte unter Verschluss. Auch haben unsere Leute noch nicht genug Seelen gesammelt um die Energie aufzubringen, es zu durchbrechen.

Die wertvollen werden von ihren Schutzengeln gar nicht mehr aus den Augen gelassen ... du weißt selbst, wie schwierig es ist, einen frühzeitigen Tod herbeizuführen ... vor allem wenn diese so gut bewacht werden. Und unsere Pläne sind denen oben bekannt.

Nein – mit Gloom hat das ganze allerdings etwas zu tun - wir haben es jetzt endlich wieder entdeckt. Dein Vater hat ja alle Hebel in Bewegung gesetzt, um es so schnell wie möglich zu finden. Seine Astralkraft ist durch einen Dämpfer so geschwächt, dass man seine Aura nicht ohne weiteres erspüren kann. Aber es ist gelungen. Und es ist sogar in dieser Stadt. Ich bin hier, um dich abzuholen."

Lokis schwarze Augen hatten während ihres Berichtes triumphierend zu funkeln begonnen, und das Grinsen auf seinem Mund war breiter und breiter geworden.

„Wunderbar. Dann bin ich endlich wieder vollständig ... auch wenn es meinen Bann nicht aufheben wird wie ich vermute. Dafür werden wir wohl oder übel die Energie eines Engels brauchen ... wahrscheinlich auch noch eines besonderen Engels. Aber den werden wir dann auch auftreiben." Er sprang auf.

„Also los Wantonness. Ich kann es kaum erwarten, mein Schwert wieder in meiner Hand zu spüren."

Die hübsche junge Frau, eine der sieben Todsünden und damit eine der obersten Dämonen, die unmittelbar dem schwarzen Fürsten unterstanden, erhob sich - die dunkelroten Lippen zu einem Lächeln verzogen.

„Nur keine Panik, Loki. Greed und Anger warten unten in dem schicken Schlitten, den dir dein Vater neulich besorgt hat – diesem roten Flitzer, den du offiziell nicht fahren darfst."

Der dunkelhaarige Junge schnaufte schlecht gelaunt, während er durch den Flur schritt, sich dabei ein Paar schwarze Turnschuhe überstreifte und nach dem Wohnungsschlüssel griff.

„Ich warne dich, Wantonness – du provozierst mich." Brummelte er missmutig.

„Was hat euch eigentlich geritten, dass ihr Anger mitgenommen habt? Wenn wir Pech haben bekommt sie wieder einen Anfall.

Es war gar nicht so leicht den letzten Vorfall zu vertuschen – noch dazu wenn die Wächterengel die hier überall in ihrer menschlichen Form auch in dieser Stadt leben nichts von den Leichen mitbekommen sollen. Die haben da oben doch keine Ahnung, dass ihr mich schon von Anfang an gefunden hattet und ich gut versorgt bin.

Wahrscheinlich glauben die im Himmel immer noch dass ich orientierungslos als armer Straßenjunge durch die Gegend ziehe.

Ich habe keine Lust, untertauchen zu müssen nur weil sie sich mal wieder nicht beherrschen kann." Knurrte er während die junge Frau hinter ihm die Tür ins Schloss zog und sie durch den lichten Gang zu dem gläsernen Aufzug gingen.

Der vollständig verspiegelt Wolkenkratzer lag im Herzen der Hauptstadt und war eines der teuersten Gebäude überhaupt.

Sein Vater hatte gleich nachdem ihn der Bann getroffen hatte eine geräumige Wohnung im oberen Drittel besorgt, von wo aus er einen Blick über einen Großteil der Häuserlandschaft hatte.

Bis jetzt war dank der schwarzen Magie die verwendet wurde noch keinem aufgefallen, dass ein dreizehnjähriger Junge ganz allein in einem riesigen Apartment lebte, umgeben von allem Luxus den man sich denken konnte.

Sicher wurde er bemerkt, wenn man ihm zufällig mal begegnete, auch die dunkle Aura die ihn zu umgeben schien und die seltsamen Gestalten, die hin und wieder mit ihm zusammen waren, blieben nicht unregistriert.

Allerdings verschwanden die Erinnerungen sobald man ihn nicht mehr sah augenblicklich aus dem Gedächtnis der Personen und so wohnte Loki schon 23 Jahre lang in diesem Haus ohne dass seinen Mitbewohnern aufgefallen wäre, dass der Dreizehnjährige in der Zeit um keinen Tag gealtert war.

Mit einem leisen Klicken öffnete sich die Tür und der Junge mit der hübschen Frau hinter sich betraten den Fahrstuhl.

Wenig später verließen sie das Gebäude durch die Haupttür und stiegen in den wartenden roten Wagen um mit ihm in überhöhtem Tempo Richtung Stadtring davon zubrausen.
 

*:------------------------~*~--------------------------:*

TBC.

~: Start :~

~* Seite 7 der Schülerzeitung „Seraph“ der Tanemura Gesamt-Mädchenschule vom September 2003 *~
 

» Ich blickte auf und sah in ein wunderschönes Gesicht

voller Ruhe, Frieden und Wärme.

Und ich wusste – er war gekommen um mich zu beschützen.

Alle Angst wich von mir. «

(Xan Tao’s Begegnung mit seinem Schutzengel)
 

Hallo Leute! Auf dieser Seite – sogar Doppelseite, die mir Neko zur Verfügung gestellt hat (Du hast ja auch lang genug gebettelt und mir keine Ruhe gelassen, Anm. d. Chefredakteurin) - sollt ihr also etwas über Engel, ihre Geschichte und ihre Rangordnung erfahren.

Denn was sind Engel?

Schutzgeister?

Boten Gottes?

Mittler zwischen dem Höchsten und den Menschen?

Ihre Aufgaben sind vielfältiger als wir Sterblichen uns das vorstellen können, denn sie leben ja quasi in einer eigenen Welt. Den himmlischen Sphären, von denen es ganze sieben Stück gibt (wie von der Hölle übrigens auch).

Engel bedeutet „Bote“ oder „Gesandter“, das Wort ist abgeleitet vom griechischen Begriff „Angelos“.

Die Engel sind „Im Licht Gottes seiende Wesen“, denn wie ihr sicher alle wisst, sind diese himmlischen Geschöpfe, um die sich unzählige Erzählungen ranken, von Gott geschaffen.

Sie bevölkern ganze Esoterikbücher, sind aber keine einfache Erfindung irgendwelcher abgehobenen Spinner denn die reinen, himmlischen Wesen sind in vielen Kulturen und Konfessionen bekannt. So werden sie auch in der Bibel erwähnt.

Allgemein wurden aus deren Angaben viele verschiedene Ordnungen herausgearbeitet, denn Engel gibt es laut Überlieferung viele, und wenn man verschiedenen Büchern Glauben schenken darf bekommen sie ebenso wie wir Menschen Kinder wenn sie es wollen. Nur die ursprünglichen wurden von Gott selbst erschaffen.

Sie leben in Hierarchien, das heißt, dass ihnen ganz spezielle Aufgaben zugedacht sind, die ihrer jeweiligen Entwicklungsstufe, ihren Interessenlagen und Begabungen entsprechen.

Die Scharen der Himmlischen gliedern sich in drei Ordnungen. Jede besteht aus drei Chören, es gibt also insgesamt neun Engelschöre.

Diese Lehre ist seit dem frühen Mittelalter Gegenstand lebhafter mathematisch-theologischer Spekulation. Namen und Rang der Chöre weichen teilweise voneinander ab, hier eine Übersicht nach gängiger Vorstellung in aufsteigender Rangordnung:
 

In den beiden letzten Sphären leben die Engel, die als himmlische Boten dienen:

1. Angeli (Engel, niederster Rang), vorwiegend Schutzengel oder Engel in Ausbildung, Botenengel

2. Potestates (Fürstentümer) Wächterengel, leben zum Großteil auf der Erde

3. Principatus (Gewalten) Verteidigen die Himmelspforte und kämpfen gegen die Dämonen
 

In den drei mittleren Sphären leben die Engel, die als himmlische Verwalter dienen:

4. Dominationes (Mächte) hohe Schutzengel, verantwortlich für Wunder und Michael direkt unterstellt

5. Herrschaften (hebr. Chesed) Organisieren die Abläufe im Himmel

6. Throni (hebr. Binah, Throne) Bewachen die innerste Sphäre und Gottes Thronsaal
 

In den beiden obersten Sphären leben Engel, die als himmlische Berater dienen:

7. Cherubim Verantwortlich für die Seelen der belebten Natur und die Natur selbst

8. Seraphim Erhalten die himmlische Energie und verbreiten Gottes Licht

9. Archangeli (Erzengel, höchster Rang, Verkörpern die Elemente)
 

Fangen wir doch mal beim höchsten Rang an.

Es gibt sieben Erzengel (wobei aber oft nur die ersten vier zur Sprache kommen), entsprechend den sieben himmlischen Sphären.

Sie stehen den sieben Todsünden der Hölle (Faulheit, Wollust, Hochmut, Völlerei, Neid, Raserei und Habgier) gegenüber und bekämpfen sie.

Sie sind übrigens die einzigen Engel, die sich frei in allen sieben himmlischen Sphären bewegen dürfen.

Ihre Namen sind Michael (dessen Element Feuer ist, er bekämpft den Hochmut), Gabriel (sein Element ist Wasser und sein Gegner die Habgier), Raphael (er ist dem Element Luft zugeordnet und sein Feind ist die Wollust), Uriel (sein Element ist die Erde, er bekämpft die Raserei), Jophiel (ihr Gegner ist der Neid), Zadkiel (Feind der Völlerei) und Samael (bekämpft die Faulheit). Sie haben die unterschiedlichsten Aufgaben, die sowohl im himmlischen als auch im irdischen Bereich liegen.

Unter den rangniedrigsten Engeln gibt es, wie es scheint, viele verschiedene Aufträge, die diese erfüllen.

Der bekannteste wird wohl das Beschützen eines Menschen als Schutzengel sein, aber es soll beispielsweise auch Botenengel geben. Alle Himmlischen können - wie die Dämonen auch - menschliche Gestalt annehmen und somit quasi unbemerkt auf der Erde leben.

Wenn Engel ihre Aufgaben gut erledigen ist es ihnen möglich, sich weiterzuentwickeln und höhere Ränge zu bekleiden. Dies zeigt sich auch an ihrer Flügelfarbe. In einem Buch habe ich den Bericht gefunden, dass Schutzengel noch gar keine sichtbaren Schwingen besitzen und sie sich ihre Flügel erst verdienen müssen, aber es waren keine weiteren Belege für diese interessante Theorie zu aufzutreiben.

Die Federn sind zu Beginn bei den Jungengeln (wenn sie denn welche haben) braun oder mausgrau (nie schwarz!!), später dann gescheckt. Je strahlender das Gefieder desto höher steht der Engel in der Ordnung. Erzengel haben gar Gold und Silber in ihren sonst schneeweißen Flügeln.

Der Einzige, dessen Gefieder die Farbe rabenschwarz aufweist ist Luzifer, der Gefallene Engel und Höllenfürst.

Allein er besitzt unter den Dämonen noch die Schwingen eines Himmlischen. Andere Geschöpfe Gottes die sich von ihm abwenden verlieren ihre Federpracht und bekommen die typischen ledrigen Fledermausschwingen die das allseits bekannte Bild eines Unterweltbewohners ausmachen.

Warum das so ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Wahrscheinlich, weil Luzifer ein direkt von Gott erschaffener Engel ist, noch dazu einer des höchsten Ranges, nämlich der achte Erzengel.

Wer nicht an Überirdisches glaubt wird diesen Beitrag wohl gar nicht bis zu dieser Stelle gelesen haben. Ich hoffe, allen anderen hat er gefallen und sage tschüss, bis zum nächsten Mal!

Blithe
 

Zufrieden schloss die Zwölftklässlerin die tiefrot eingebundene Schülerzeitung und stopfte sie zurück in ihren Schulranzen.

Sie hatte Neko wirklich mit allen Mitteln bearbeiten müssen und ihre ganze Überzeugungskraft aufgewendet. Schließlich hatte sie die Chefin des „Seraph“ nicht nur von diesem - für eine derartiges Magazin nicht unbedingt gewöhnlichem - Thema überzeugen können, sondern ihr sogar noch eine Doppelseite abgeschwatzt.

Die Siebzehnjährige seufzte und strich sich mit einer ungeduldigen Bewegung die rotbraunen Locken aus der Stirn die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatten. Dabei wusste sie, dass ihr Bericht zur Zeit sogar topaktuell und voll im Trend war. Dämonen und Engel schienen im Moment überall vertreten, es gab sogar Eis mit den Namen der sieben Todsünden, ebenso wie Lippglosse.

Die junge Frau beschleunigte ihre Schritte als ihr Magen laut und vernehmlich grummelte.

Sie hatte sich ihr heutiges Mittagessen wahrlich verdient und konnte es kaum erwarten nach Hause zu kommen. Glücklicherweise fand heute weil es einer der ersten Schultage nach den großen Ferien war noch kein Nachmittagsunterricht statt.

Blithe trat aus dem Pausenhof, überquerte den Gehsteig und blieb schließlich am Rand der breiten, wie immer gut befahrenen, Straße stehen.

Wie so oft war sie zu faul um die etwa hundert Meter zur Fußgängerampel zu laufen wo sie doch sowieso in die andere Richtung musste. So suchte sie aufmerksam nach einer Lücke in der Autoschlange um auf die andere Seite zu gelangen. Sofort stach ihr ein roter Sportwagen ins Auge, der mit dröhnendem Motor ziemlich schnell heranbrauste.

Die junge Frau mit den kastanienfarbenen Locken runzelte die Stirn. Sie hasste Raser, was fiel diesem Rüpel eigentlich ein an einer Straße, der eine Schule gegenüber lag, ein derartig überhöhtes Tempo an den Tag zu legen?

Wütend durchbohrte sie das Auto samt seinem Fahrer mit giftigen Blicken. Die Seiten waren schwarz verspiegelt bis auf die Frontscheibe, und was Blithe kurz darauf hinter dieser erkennen konnte sorgte dafür, dass sie ungläubig nach Luft japste.

War das eben ein schwarzhaariger Junge am Steuer gewesen der ihr auch noch zugegrinst hatte?

Der Kleine konnte nicht älter als dreizehn gewesen sein!

Mit großen Augen und sehr blass um die Nase starrte sie dem Ferrari hinterher, der vor der Ampel eine scharfe Vollbremsung hinlegte als sie rot wurde. Unmöglich, das durfte doch nicht wahr sein?!

Plötzlich wurde der Blick ihrer olivfarbenen Augen leer.

Sie blinzelte ein paar Mal, schüttelte den Kopf um die Benommenheit loszuwerden, die plötzlich von ihr Besitz ergriffen hatte.

Dann rannte sie über die Fahrbahn solange die Fußgänger einige Meter entfernt grün hatten und der Weg frei war.

Sie musste unbedingt etwas in den Magen bekommen.

Das Auto und den Jungen hatte sie schon wieder vollständig vergessen ...
 

~* Zur gleichen Zeit, dritte himmlische Sphäre *~
 

„Hast du alles verstanden Eve?“ der hochgewachsene Mann, den seine großen blendend weißen Flügel deren Federspitzen silbern schimmerten als Erzengel auswiesen, sah die junge Frau vor sich ernst an.

Diese erwiderte seinen Blick mit glänzenden bernsteinfarbenen Augen, deren Farbe für ein himmlisches Wesen mehr als ungewöhnlich waren, und nickte begeistert.

Die Wangen in ihrem sogar für einen Engel außergewöhnlich hübschen, zart gebräunten Gesicht waren leicht gerötet und Gabriel seufzte in Gedanken auf.

Sie war völlig hin und weg wegen ihrem ersten Auftrag und hatte seine ganzen Ermahnungen wahrscheinlich gar nicht mitbekommen.

Manchmal erinnerte sie eher an ein kleines Kind als an eine junge Frau, der sie mit ihrem Alter von bereits 23 Menschenjahren entsprach.

Aber der Herr hatte wohl auch das vorausgeahnt und so ließ der blonde Mann entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten die Sache auf sich beruhen und fuhr, den Anweisungen des Höchsten entsprechend, fort.

„Da du deine Grundlektion eben erst abgeschlossen hast und deshalb noch keinen Unterricht im Schwertkampf hattest, bekommst du einen Seyr, wie ihn alle Schutzengel in Ausbildung tragen, um dich zu verteidigen.

Aber eigentlich solltest du auf keine Dämonen treffen und wenn, dann lieber sofort Hilfe rufen als selbst etwas zu unternehmen.“ betonte Gabriel während er den silbernen Stab aus dem Nichts hervorzog und ihn der jungen Frau reichte, die vor Aufregung leicht zitterte.

Der sonst sehr ernste Engel hatte Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken. Eve schien Schwierigkeiten zu haben, auf dem fein gearbeiteten, weißen Stuhl sitzen zu bleiben, der in der Mitte der lichten hellen Marmorhalle stand. Wenn man hinaussah konnte man die sonnenbeschienenen göttlichen Gärten sehen, in denen unter anderem auch der Unterricht stattfand.

„Mache dich bereit, das Abbild des Mädchens zu empfangen!“

Gehorsam schloss die junge Engelsfrau die Augen, während ihr Gabriel sanft eine Hand auf die Stirn drückte. Ein leichtes silbriges Glühen schien von ihr auszugehen als der Bund zwischen dem Schutzengel und seinem zu bewahrenden Menschen geschlossen wurde.

Gleichzeitig sah Eve, wie sich aus der Schwärze das Antlitz eines vielleicht zwölfjährigen Mädchens mit dunkelbraunen Locken bildete. Die großen veilchenfarbenen Augen funkelten und ein sanftes Lächeln zierte ihr junges Gesicht.

„Das ist Alica. Ihre Seele sollst du vor den Dämonen schützen.“ Erklärte ihr der Ältere leise mit sanfter Stimme, während seine Gedanken ganz woanders verweilten.
 

-----------* X *-----------
 

„Die Dämonen werden immer stärker. Auch wenn Ihr Loki außer Gefecht gesetzt habt und so ihr mächtigster Trumpf ausgeschaltet wurde – der Strom der Niederen Kreaturen der Hölle, die ständig die Pforte durchqueren um uns anzugreifen scheint nicht abzureißen. Sie erdrücken uns mit ihrer bloßen Masse.“ Die sonst so fröhliche Stimme Michaels hatte einen eindeutig frustrierten Unterton.

Er stand mit verschränkten Armen vor dem großen leuchtenden Spiegel mit dem breiten Goldrahmen der die Kommunikation zu dem Höchsten offen hielt und an der reinweißen glatten Marmorwand des runden Tagungsraumes hing.

Die Versammlung hinter ihm hielt den Atem an.

Erzengel, Cherubim und Seraphim saßen bunt gemischt an dem langen polierten Tisch. Auch einige Throne, Mächte und Gewalten waren darunter.

Auf Etikette und himmlische Rangordnung legte in diesen Tagen niemand mehr Wert.

Es waren bei weitem nicht alle Hohen des Himmels die hier zusammen gekommen waren. Viele der zierlichen, mit blauem Samt gepolsterten Stühle waren leer, weil sich ihre Besitzer in der Schlacht befanden und dort unabkömmlich waren.

Selbst die Anwesenden waren von Unruhe erfüllt. Wussten sie doch, dass ihr Fehlen schmerzhafte Lücken in den Reihen der Verteidiger hinterließen. Insbesondere Michael, der den Kampf koordinierte, zeigte eindeutige Anzeichen von Ungeduld.

Sie mussten baldmöglichst zurückkehren um den Gefährten beizustehen.

Der strahlende Sonnenschein, der durch die riesigen Fenster in den Saal schien konnte nicht über die düstere Stimmung die herrschte hinwegtäuschen. Schon allzu lang dauerte die blutige Schlacht und ein Ende war nicht abzusehen. Es wurde immer schwerer, die Geschehnisse vor den Irdischen zu verbergen.

„Fasst Mut, meine Kinder.“ Erklang die laute, majestätische Stimme des Herrn und ließ alle im Raum vor Ehrfurcht erstarren.

„Ich weiß sehr wohl, wie es um uns steht. Die dunklen Horden bedrohen unser Reich, ihr Schwefelatem verpestet unsere Gedanken und macht unsere Herzen krank.

Mein abtrünniges Kind selbst hat sich erhoben in dem hoffnungslosen Versuch, den Himmel zu stürzen und die Herrschaft ein für alle Mal an sich zu reißen, ohne dabei an die Konsequenzen zu denken.

Ihr Engel seid nicht dazu geschaffen zu kämpfen, und selbst wenn ihr innerhalb weniger Sekunden nach eurem Tod wiedergeboren werdet, sind unsere Kräfte erschöpft. Doch die Situation ist keinesfalls ausweglos.

Nicht nur, dass durch den über Loki verhängten Fluch eine entscheidende Schwächung der Finsteren Heerscharen stattgefunden hat, nein – heute hat ein Wesen das Licht der Welt erblickt, das die Gleichgewichtsverschiebung, die die Geburt von Luzifers Sohn vor so vielen Jahren über uns gebracht hat, ausgleichen wird.

Ihr Name ist Eve und sie wird unsere stärkste Waffe sein im Kampf gegen die Dunkelheit.

Zuerst brauche ich nun aber die Kräfte aller hier Anwesenden für einen weiteren Rückschlag, der die Gewalten der Hölle ins Stocken bringen wird. Wir werden die Pforte für alle Niederen Kreaturen versiegeln.

Wie ihr wisst wird dies nicht ewig halten, aber es wird Eve die benötigte Zeit geben bis sie ihre Aufgabe erfüllen kann.“

Erregtes Gemurmel war während den Worten des Herrn aufgebrandet. Es wurden wilde Spekulationen über den Schwachpunkt der Dämonen angestellt.

Bisher hatten alle Taktiken versagt und sich der Gegner keine Blöße gegeben.

Zudem sorgten die Neuigkeiten über eine Verschnaufpause, welche die Unterbrechung des Kampfes mit sich bringen würde, für heilloses Durcheinander. Das Versiegeln der Pforte war schon des Öfteren vorgenommen worden, doch war der Bann nie so weit gegangen, um alle Niederen Kreaturen außer Gefecht zu setzen.

Bisher hatte niemand gewusst, dass etwas derartiges überhaupt möglich war und dies sorgte für neue Vermutungen und Schätzungen, wie viel es die Himmlischen kosten würde das Gleichgewicht der Kräfte, das sowieso schon völlig außer Kontrolle geraten schien erneut so empfindlich zu stören.

Selbst für den Herrn war es ein Wagnis, die Weltenordnung derart zu beeinflussen, doch war die Aussicht auf ein wenig Ruhe und einen friedensähnlichen Zustand das Wagnis allemal wert.

Die Stimme Gottes, die ein weiteres Mal erklang sorgte dafür, dass das Gemurmel augenblicklich ein weiteres Mal verstummte.

„Eves Existenz muss mit höchster Diskretion behandelt werden. Ich bitte Gabriel und Sephrenia in die höchste Sphäre. Alle anderen mögen sich bitte in den Saal der Gedanken begeben damit wir das nötige Ritual für die Bannung ausführen können. Boten zu den übrigen Hohen sind bereits unterwegs.“

Der Erzengel und die Seraphim wechselten einen kurzen verwunderten Blick, ehe sie sich eilig erhoben und auf den Weg zum Schöpfer selbst machten.

Zu dem Zeitpunkt hatten sie noch keine Ahnung, dass ihnen der Herr die Verantwortung für Eve übertragen und die Erziehung mit gewissen Vorgaben, die entscheidende Abweichungen von dem normalen Aufwachsen eines Engelkindes im Himmel aufwies, in ihre Hand legen würde.

Er wollte, dass der junge Engel so vorurteilsfrei und abgeschieden wie möglich aufwuchs und viele Dinge über die menschliche Welt erfuhr.

Sie sollte nichts von ihrer wahren Bestimmung und ihrer Wichtigkeit wissen, sondern einfach nur ... sie selbst sein.

Und nun, vor wenigen Wochen, waren sie ein weiteres Mal zum Herren zitiert worden. Nach langen 23 Jahren, in denen Eve, für einen Engel völlig untypisch, wie ein Mensch gealtert war, hatte Gott Gabriel und Sephrenia den ganzen Plan enthüllt.

Eve war wie es schien das Erste, das seit der Schöpfung und dem Fall Luzifers, wieder von Gott selbst völlig unabhängig erschaffen worden war und den Ursprung nicht in der Zeugung hatte.

Schon damit verkörperte sie etwas ganz Außergewöhnliches ohne sich dessen bewusst zu sein. Ihre wahre Mission würde das komplexeste und risikoreichste Wagnis sein, das der Herr jemals eingegangen war.

In ihren Händen lag das Schicksal der drei Welten – des Himmels, der Erde und auch der Hölle. Und das durfte sie auf keinen Fall erfahren, sollte die Mission auch nur den Hauch einer Chance haben.

Sie musste so bald wie möglich unter einem gewöhnlich erscheinenden Grund auf die Erde gesandt werden. Und diese Aufgabe hatte nun mal er, Gabriel, der allen Schutzengeln ihre Aufträge zuwies.
 

-----------* X*-----------
 

Deshalb war er gerade dabei, sie auf ihre gefährliche Mission zu schicken. Noch nie war ihm etwas so schwer gefallen, denn er wusste aus Gottes Andeutungen in etwa was ihr bevorstand.

Und das Schlimmste war, dass er sich nichts anmerken lassen durfte.

Jedes Zögern konnte Eves übernatürlich ausgeprägte Sensibilität wecken, die ihr erlaubte, sich schneller als jedes andere Wesen in eine Person hineinzuversetzen und ihre Gefühle zu verstehen.

Diese einmalige Fähigkeit hatten ihre „Zieheltern“ schon sehr bald zu fürchten gelernt. Es war niemand schwerer zu täuschen als die junge Engelsfrau. Er räusperte sich, um sowohl sie als auch sich wieder vollständig in die Realität zurückzuholen.

„Dein Auftrag ist also klar.

Beschütze die Seele dieses Mädchens so gut du es vermagst.

Lass dich von keinem Menschen und erst recht von keinem Dämon in deiner Engelsgestalt sehen.

Und noch etwas Wichtiges:

Der Herr hat eine neue Sicherheitsmaßnahme erlassen, die es allen Engeln verbietet, Kontakt mit dem Himmel aufzunehmen so lange ein Höllengeborener in der Nähe ist. Denn wie du vielleicht weißt wird der Bann, der die Pforten des Fegefeuers verschlossen hält, allmählich schwächer.

Zur Not sollst du lieber deine Aufgabe abbrechen und in das göttliche Reich zurückkehren. Alles andere könnte die Finsteren auf die reine Seele, die du beschützt aufmerksam machen, was vor allem zur Zeit sehr gefährlich und risikoreich ist, denn die da unten benötigen im Moment so viel Energie wie möglich und werden dadurch immer rücksichtsloser und brutaler.

Das heißt auch, dass du ohne besondere Erlaubnis keine Magie einsetzen darfst.“ Fuhr er fort.

Wie erwartet legte sich ein Schatten über Eves bernsteinfarbene Augen. Er wusste, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte.

Auch wenn sie eigentlich keinen wirklichen Einblick in die wahren Verhältnisse hatte, wusste sie, dass es sehr ungewöhnlich war, dass sich bei ihr bis jetzt noch keine magische Begabung gezeigt hatte. Wenn man von der Heilgabe die eigentlich jeder Engel besaß mal absah. Und diese Tatsache machte ihr sehr zu schaffen, auch wenn sie das nie offensichtlich zeigen würde.

Gabriel unterdrückte ein Seufzen.

Weshalb mussten nur alle die eigene Wertigkeit immer von ihren magischen Kräften abhängig machen? Offensichtlich hatte ihr Schützling in der Beziehung zu viel von anderen mitbekommen.

Abgesehen davon ...

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen als an dem großen weißen Tor geklopft wurde. Das Geräusch hallte in der riesigen Halle dröhnend wieder. Kurz darauf wurde lautlos einer der Flügel geöffnet. Sephrenia erschien in dem Spalt.

„Gabriel, deine Anwesenheit wird dringend im Ausbildungslager der dreizehnten Boteneinheit verlangt!“ erklärte sie mit melodiöser Stimme ehe sie ganz eintrat.

Der blonden Engel warf seiner Gefährtin einen fragenden Blick zu, bevor er sich noch einmal Eve zuwandte.

„Vergiss nichts von dem was wir dir beigebracht haben! Und schau bei deinem nächsten Himmelsaufenthalt bei uns vorbei!“ verabschiedete er sich, strich der jungen Frau kurz über die Wange und wandte sich schließlich zum Gehen.

„Danke Dad! Ich werde euch nicht enttäuschen!“ rief sein Zögling. Sie war sich nicht bewusst, dass ihre Worte den Herzen ihrer Zieheltern einen schmerzhaften Stich versetzten.

„Daran zweifeln wir keinen Moment, Eve!“ entgegnete der mächtige Erzengel mit fester Stimme, dann hatte er den Raum verlassen und ließ die junge Frau zusammen mit Sephrenia zurück.

Der hübsche Seraphim trat hinter die immer noch sitzende Engelsfrau und strich ihr über die langen glatten, silbrig weißen Haare, die vereinzelt goldene Strähnen aufwiesen.

Sie hatte ihren Zögling so lieb gewonnen, dass es ihr beinahe körperliche Schmerzen bereitete wenn sie daran dachte, dass er sie nun verlassen würde. Und an die Dinge die Gott ihnen enthüllt hatte. Die Qualen die Eve bevorstanden ...

„Was hast du, Mum?“ wollte die sanfte Stimme ihrer Ziehtochter auch sofort wissen und der Seraphim schalt sich in Gedanken für ihren Leichtsinn.

Wie hatte sie die gefährliche Gabe der jungen Himmlischen vergessen können?

„Weißt du, ich bin nur etwas melancholisch, Liebes. Du erinnerst mich ein wenig an mich selbst als ich voller Eifer meinen ersten Auftrag empfing. Und natürlich mache ich mir auch Sorgen um dich, wie alle Mütter wenn ihre Kinder erwachsen werden.“ antwortete sie und strich weiterhin über die weichen Strähnen, die Eve bis zur Taille fielen.

„Ich werde vorsichtig sein, ich verspreche es!“ antwortete die junge Frau auf dem Stuhl sofort.

Dann wandte sie ihr hübsches Gesicht zu Sephrenia, um sie mit ihren golden schimmernden Bernsteinaugen direkt anzublicken.

„Schließlich wünsche ich mir seit den letzten Jahren nichts sehnlicher, als endlich meine richtigen Flügel zu bekommen, nicht nur die unsichtbaren Schwingen wie sie alle jugendlichen Engel besitzen.

Und jetzt, wo ich die Gelegenheit dazu bekommen habe, werde ich die Chance nutzen. Übrigens - möchtest du meine menschliche Gestalt sehen? Ich glaube du hast mich in meiner irdischen Form noch gar nicht bewundern dürfen!“

Der Seraphim starrte sie einen Moment lang verwundert an. „Du hast recht!“ antwortete sie verblüfft. „Deine Transformation hast du mir wirklich noch nicht gezeigt.“

Eve lächelte erfreut als sie feststellte, wie die Traurigkeit aus der Aura ihrer Ziehmutter wich.

Dann schloss sie die Augen und konzentrierte sich.

Augenblicklich erstrahlte ihre Gestalt in hellem goldenen Licht und Sephrenia starrte ungläubig auf die Verwandlung ihrer Ziehtochter.

Jeder Himmlische hatte seine eigene Art, sich zu transformieren, und sie hatte in ihrem langen Leben schon viele zu Gesicht bekommen.

Aber keine war faszinierender und schöner als die, die sie nun erblickte.

Gewaltige feurige Schwingen reiner Energie schossen aus dem Rücken des jungen Engels, schlossen sich um ihren Körper und ließen nur noch seine schattenhaften Umrisse in der orange-rot flackernden Helligkeit erkennen.

Dann zerfiel die Flammenkugel die sie umgab in unzählige grün schimmernde Pflanzenranken, die Eve umwickelten wie ein fein gesponnener Schmetterlingskokon.

Tausende bunter Blumen sprossen auf der Hülle, erblühten in allen Farben des Regenbogens und verwelkten, doch ehe sich der Seraphim an diesem Wunder satt gesehen hatte wurde die ganze Blütenpracht, von einem Spross ausgehend, plötzlich mit Eis überzogen, und es blieben nur silbern funkelnde Kristalle zurück, die allerdings sofort zu schmelzen begannen.

Das Wasser sammelte sich in einer großen Pfütze auf dem Boden. Von dem funkelnden Nass ausgehend bildete sich ein Luftstrom, der schon bald als Windhose die Überreste des Kokons verschlungen hatte.

Schließlich wurde sie immer heller und heller, erstarrte zu einer gleißenden Lichtsäule, die Sephrenia geblendet die Augen schließen ließ, dann fiel plötzlich in sich zusammen und die Splitter tanzten wie ein Meer aus Glühwürmchen zu Boden. Der Seraphim blinzelte ein paar mal gegen die dunklen Flecken an, die noch kurze Zeit als Gegenbild zu der Helligkeit vor ihren Augen tanzten. Vor ihr stand – eine junge Menschenfrau, die von ebenso exquisiter Schönheit war, wie Eves Engelsform und ihr zudem auch noch im Entferntesten ähnelte.

Große, rehbraune Augen die jedoch noch immer einen bernsteinfarbenen Schimmer aufwiesen, blickten sie sanft aus einem leicht gebräunten Gesicht an.

Die rosigen Lippen verzogen sich zu einem schüchternen Lächeln.

Ihre Haare hatten einen hellen Honigton angenommen und reichten ihr nur noch bis knapp über die Schultern.

An den Enden waren sie leicht gewellt. Ihre zierliche Figur steckte in ganz normalen ausgewaschenen Blue-Jeans und einem pastellrosanes langärmliges Shirt mit angedeuteten Trompetenärmeln und weitem waagrechtem Ausschnitt der die Schultern frei ließ. Ihre Füße zierten gemütliche graue Chucks.

Sephrenias prüfender Blick erkannte die silbernen Ohrringe, die alle weiblichen Engel in Menschenform trugen um ihre Macht zu dämpfen da diese von den Dämonen sonst sehr schnell aufgespürt werden konnte. Bei den niederen Rängen hatten sie außerdem den Zweck, Unfälle zu verhindern, da diese ihre Magie meist noch nicht hundertprozentig kontrollieren konnten. Allerdings war der Schmuck in seiner vollen Pracht nur hier im Himmel sichtbar, auf der Erde wäre er ein zu auffälliges Erkennungsmerkmal.

Sie war geschockt zu sehen, wie viele Klemmen an der Mitte und dem oberen Teil der Ohrmuschel befestigt waren, durch zarte Ketten, an denen speziell geschliffene und angeordnete Perlen hingen, miteinander verbunden.

Der Seraphim schluckte.

Ihre Dämpferwirkung musste gewaltiger sein als alles was sie bis jetzt erlebt hatte. Glücklicherweise wusste Eve nur, dass der Ohrschmuck wichtig war und nicht, was genau er bedeutete.

Die Ältere bemühte sich, ihre Fassung wiederzugewinnen.

„Sehr schön Liebes!“ in ihrer Stimme schwang Bewunderung mit und sie schwankte nicht. „Ich bin stolz auf dich. Du wirst deine Prüfung sicher mit Bravur meistern.“ fügte sie überzeugt hinzu.

Sephrenia wollte daran glauben. Sie musste es, denn anders würde es ihr das Herz brechen wenn sie Eve jetzt mit lächelndem Gesicht ihrem Schicksal entgegen gehen ließ.

„Ich begleite dich zum Übergang.“ Sanft legte der Seraphim ihre Hand auf die Schultern ihrer Ziehtochter.

Sie waren so zart, zu zerbrechlich um die Zukunft von allen zu tragen!

Eve lächelte erfreut und nickte während sie sich von Sephrenia sanft aus der Halle schieben ließ.

In ihrer Aufregung bemerkte sie diesmal nicht, dass sich ein weiteres Mal finstere Schatten über die strahlende Aura ihrer Ziehmutter gelegt hatten und diese verdunkelten.
 

~* Erde, Blumenstraße 15 *~
 

„Wer hätte auch gedacht, dass sie Gloom in diesem schäbigen Haus mitten in der Innenstadt verbergen? Das Versteck hätten sie nicht besser aussuchen können!“ Lokis schmale schwarze Augen wanderten abfällig an der rissigen Fassade des alten Hauses empor. „Das ist wirklich nicht die angemessene Umgebung für ein so mächtiges, legendäres Schwert.“

Wantonness war hinter ihn getreten und legte ihm sacht eine Hand mit bordeauxfarbenen Nägeln auf die Schulter.

„Wir sollten Gloom von diesem unwürdigen Gemäuer erlösen. Schließlich wartet es darauf schon ganze 23 Jahre.“ schnurrte sie und sofort verschwand der finstere Ausdruck, der sich auf das Gesicht des hübschen Dreizehnjährigen gelegt hatte und machte einen bösen Grinsen Platz.

„Du hast Recht, es bringt nichts, sich über Vergangenes aufzuregen.“ Er warf Anger, die es endlich auch geschafft hatte, ihre große dünne Figur vom Rücksitz zu befreien, einen warnenden Blick zu.

Die grobknochige Frau trug schon wieder diesen gierigen Ausdruck auf ihrem Gesicht der ihre stechenden stahlgrauen Augen unheilvoll leuchten ließ. Und das alles nur, weil sie das Wort „aufregen“ in seinem Satz vernommen hatte.

Es war offensichtlich, dass sie auf Ärger aus war und genau das konnte Loki jetzt nicht gebrauchen. Sie durften in der nächsten halben Stunde die sie brauchen würden um zu Gloom zu gelangen und es zu entsiegeln auf keinen Fall auffallen.

Leider war die Dämonin mit den schwarzen Haaren, die von einigen breiten roten Strähnen durchzogen wurden gänzlich ungeeignet für geheime Aktionen. Schon allein deshalb, weil sie die Todsünde der Raserei und Rachsucht war.

Der Dreizehnjährige unterdrückte ein Stöhnen als er sah, wie sie erwartungsvoll mit den Knöcheln knackte und sich nach einem potentiellen Opfer umsah.

Er stieß die Luft in einem leisen Zischen aus, das im Entferntesten dem einer Schlange glich, in Wirklichkeit allerdings eine sehr dämonische Warnung war, die die Luft wie ein Messer durchschnitt und auch sofort Wirkung zeigte.

Wantonness sprang geradezu einen Satz von ihm weg, während Angers ohnehin schon blasse Haut womöglich noch bleicher wurde.

Ihr Gesicht verlor mit einem mal den Ausdruck unterdrückter Angriffslust und stattdessen zeichnete sich mühsam verhehlte Angst auf ihren Zügen ab.

Greed, der noch hinter dem Wagen stand, duckte sich unwillkürlich.

Lokis Augen glühten für einen kurzen Moment in einem hellen Goldton auf, dann verschwand die Aura absoluter Kälte, die ihn für einen Augenblick umgeben hatte.

„Ich möchte keinerlei Zwischenfälle, bis ich Gloom in meiner Hand halte, haben wir uns verstanden?“ seine Stimme war leise und beherrscht, nichts desto trotz klang die unausgesprochene Drohung die sie enthielt den drei Todsünden lautstark in den Ohren.

„Natürlich Loki, wir haben verstanden!“ murmelten die Dämonen und der Dreizehnjährige schenkte ihnen ein kurzes Nicken.

„Dann lasst uns reingehen.“

Die Vier betraten das Haus ohne Probleme, nachdem Anger dem Schloss einen kurzen intensiven Blick gegönnt hatte der es zerschmelzen ließ.

Ihr junger Anführer trug ein finsteres Lächeln auf den Lippen.

Glooms Aura, die er selbst hier draußen spüren konnte, ließ seine Haut vor Erwartung kribbeln.

Bald würde er seine Waffe endlich wieder in der Hand halten. Und dann wäre es nur noch eine Frage der Zeit bis er wieder im Vollbesitz seiner Größe und seiner Kräfte wäre.

Die da oben konnten sich schon mal warm anziehen!
 

*:------------------------~*~--------------------------:*

TBC.

~: Fateful encounter :~

» Glaube kann Berge versetzen und die Hoffnung stirbt zuletzt. «

(Sprichwort)
 

~* Erste himmlische Sphäre, Übergangstor *~
 

Die großen Engel mit den schneeweißen Flügeln und den silbern blitzenden Schwertern in der Hand traten langsam zur Seite und ließen die beiden Frauen passieren.

Die Gewalten waren jedes Mal eine sehr beeindruckende Erscheinung und Eve, noch immer in ihrer Menschenform, kam nicht umhin, einen zweiten Blick in ihre unbeweglichen, ernsten Gesichter zu werfen ehe sie und der Seraphim den runden Durchgangsbogen und somit auch seine Wächter passiert hatten.

Sie kamen an ein riesiges Tor aus purem massivem Gold. Seine Flügel mussten Tonnen wiegen und waren ohne den Willen Raphaels, der die Grenzen bewachte, nicht zu öffnen.

Sephrenia lächelte amüsiert, als ihre Ziehtochter wie ein staunendes Kind den Kopf in den Nacken legte um das Ende der goldenen Pforte zu erkennen. Sie war zum ersten Mal da und wie alle von dem Anblick schlicht und ergreifend überwältigt. Eve, die nur wenig von den Wundern des Himmels zu Gesicht bekommen hatte, weil sie eben so menschlich wie möglich aufwachsen sollte, war von der Erscheinung geradezu paralysiert.

Als die Flügel auch noch lautlos begannen, sich zu öffnen stieß die junge Engelsfrau unwillkürlich einen leisen Schrei aus. Hinter dem sich stetig verbreiternden Spalt konnte sie das helle klare Blau des Erdenhimmels erkennen und unter ihnen erhob sich eine gewaltige Stadt.

Aufgeregt beugte sie sich nach vorne. Die Erde hatte sie ebenfalls noch nicht gesehen, wenn ihr auch viel davon erzählt worden war und sie war mehr als neugierig auf die Menschen die sie bevölkerten.

„Gabriel hat dich sicher schon darüber aufgeklärt, dass sich das Tor immer über dem Ort öffnet an den man geschickt wird?“ erkundigte sich Sephrenia lächelnd während sie dem Gewirr aus Häusern unter ihnen einen kritischen Blick zuwarf. „Das ist ja der reinste Irrgarten! Pass auf, dass du dich nicht verläufst!“

Eve lächelte nur während sie sich ihrer Ziehmutter zuwandte und ihr zum Abschied einen leichten Kuss auf die Wange drückte. „Ich bin vorsichtig, versprochen. Ich melde mich so bald wie möglich bei euch, macht euch keine Sorgen!“

Der Seraphim zwang sich, das Lächeln zu erwidern. Das Gesicht ihrer Adoptivtochter strahlte geradezu vor lauter Vorfreude.

„Viel Glück bei deinem Auftrag!“ rief sie ihr nach, während die Ältere mit schwerem Herzen beobachtete, wie Eve winkend durch den Spalt des Tores schritt.

Als die Engelsfrau kurz darauf zu Nebel zerstob, um sich irgendwo in der Stadt unter ihr wieder zu materialisieren, hielt Sephrenia die Tränen nicht länger zurück die ihr nun stumm über die Wangen rannen.

Sie zuckte überrascht zusammen als sie eine sanfte Hand auf ihrer Schulter spürte und sie gleich darauf gegen die feste, tröstliche Brust von Gabriel gezogen wurde, der ihr beruhigend über den Rücken strich.

„Es wird alles gut, Liebes. Vertrau dem Herren!“ murmelte er leise während seine Augen ins Leere starrten.

Ja, Vertrauen war das einzige das sie jetzt noch aufrecht hielt.

Und der Glauben in Eves Fähigkeiten.
 

~* Hölle, siebte und tiefste Sphäre, Thronsaal des Höllenfürsten *~
 

„Die Beschwörung ist in weniger als zwei Stunden vollendet, Meister. Die Blutmagier haben vor einigen Sekunden die letzte Phase der Zeremonie erreicht.“ die leisen Worte hallten unnatürlich laut in der riesigen finsteren Halle wider.

Ein zufriedenes Lächeln umspielte die schmalen Lippen des hübschen, etwa dreißigjährigen Mannes auf dem hohen, reich verzierten dunklen Thron am anderen Ende des Raumes.

Seine blasse, feingliedrige Hand umspielte gedankenverloren den Knauf der Lehne, die den Kopf eines Drachen darstellte während ein nachdenklicher Ausdruck in seine dunkelroten Augen trat.

„Es kann doch nicht sein, dass du nichts von dem Ganzen mitbekommen hast! Du siehst doch sonst alles. Warum tust du nichts dagegen?“ murmelte er vor sich hin und richtete seinen Blick gedankenverloren nach oben.

Er schien durch die steinerne Decke viele Meter über ihm hindurch zu sehen, als würde er dort eine Antwort finden.

„Vielleicht wirst du nachlässig, mein Lieber? Dieser Fehler wird dir jedenfalls teuer zu stehen kommen. Du hast jetzt keine Möglichkeit mehr, den Zauber aufzuhalten. In der letzten Phase kann niemand mehr von außen eingreifen.“

Luzifer erhob sich, und der weiche, teure Stoff seiner schwarzen Kleidung raschelte leise.

Grübelnd strich er nicht vorhandene Falten aus seinem perfekt sitzenden Hemd. Die feinen Lederstiefel machten kein Geräusch auf dem Boden, während er über die glatten kunstvoll behauenen Steine auf die große Flügeltüre zuschritt.

Der lange weite Umhang umwehte seine schlanke, aufrechte Figur als sich das Tor wie von Geisterhand öffnete um ihn hindurch zu lassen. Der breite Gang war mit flackernden Fackeln beleuchtet, doch darauf achtete der finstere Fürst nicht als er seinen Weg fortsetzte.

„Da ist was im Busch! Du hattest bis jetzt immer irgendwas in der Hinterhand um meine Pläne in letzter Sekunde zu durchkreuzen! Aber diesmal nicht!“ knurrte der gefallene Engel, während er sich entschlossen über die pechschwarzen, zurückgegelten Haare strich die ihm bis zu den Schultern reichten.

„Nein, diese Sache versaust du mir nicht, mein Lieber!“
 

~* Erde, Lilienweg, eine Seitenabzweigung der Blumenstraße *~
 

Eve blinzelte ein paar Mal, ehe sich ihre Augen an die neue Umgebung angepasst hatten und sie etwas erkennen konnte.

Von dem ungewohnten Teleportationssprung war ihr schwindlig und eine leichte Übelkeit machte sich in ihrem Magen breit. Unsicher taumelte sie einige Schritte zurück bis sie das raue Holz eines Gartenzauns an ihrem Rücken spürte gegen den sie sich dankbar lehnte.

Sie atmete tief ein und aus und versuchte, ihre überreizten Nerven zu beruhigen indem sie sich ganz auf das unbekannte Umfeld konzentrierte. Die Luft roch ungewohnt, nach Sonne, Hitze, Staub, heißem Teer und verschiedenen Blumen die wohl hinter dem Zaun blühten.

Auch den Duft nach Holz und alter Farbe, der von ihrer Lehne kommen musste glaubte sie wahrzunehmen. Über alledem lastete der typische Gestank nach Abgasen.

Langsam lies sie ihren Blick umherwandern. Die schmale Gasse lag im Schatten der hohen Häuser die links und rechts emporragten. Der Weg war geteert und gerade mal so breit, dass ein Auto gut durchfahren konnte.

Überall waren diese kleinen Gärtchen vor den Gebäuden, die mehr oder weniger kunstvoll angelegt waren und durch Zäune von dem Gässchen abgegrenzt wurden. Die Straße, auf die der Weg mündete, schien sehr befahren zu sein, das Geräusch vorbeikommender Autos war ein ständiges Rauschen in Eves Ohren.

Entschlossen richtete sich die junge Frau auf.

Das leise Zwitschern eines Vogels der in einem der Sträucher in den Gärten sitzen musste begleitete sie als der Engel wie einem inneren Zwang gehorchend auf die belebtere Straße zusteuerte. Ganz hier in der Nähe wohnte das zwölfjährige Mädchen das sie beschützen sollte. Sie beschloss, sich das Haus einmal näher anzusehen.

„Blumenstraße 15.“ Murmelte sie vor sich hin und kniff die Augen zusammen als das gleißende Licht der Sonne plötzlich aus einem schmalen Spalt zwischen zwei Häusern hervorblitzte und sie blendete.

Sie lief vorsichtig an die Zäune der Gärten gedrückt weiter.

Auf der einen Seite faszinierte sie die lärmende, schnelle Welt um sie herum, andrerseits war sie ein wenig verängstigt. Alles war so neu und unterschied sich gänzlich von ihrer bisherigen Umgebung.

Sie bog um die Ecke und musste sofort einigen Fußgängern ausweichen die ihr auf dem Gehsteig entgegenhasteten. Prüfend sah sie erst nach links, dann nach rechts. Mittelalterlich anmutende Häuser, manche mehr manche weniger gut erhalten, säumten den Straßenrand.

Hier war kein Platz für Vorgärten und die Fronten der Gebäude reihten sich dicht an dicht. Allesamt waren sie ziemlich hoch, hatten mindestens zwei Stockwerke und standen aneinandergepresst wie eine Mauer entlang der dreispurigen Straße.

„Das muss wohl der alte Stadtkern sein.“ Grübelte sie, sich an die vielen Hochhäuser erinnernd, die sie von oben gesehen hatte und von denen hier nichts zu sehen war.

„Neunzehn.“ Murmelte Eve als sie einen Blick auf das Nummernschild des großen Sandsteingebäudes unmittelbar vor ihr warf.

Sie wandte sich nach rechts und ging ein Stück die Straße entlang. Dabei musterte sie die Platanen die man am Wegesrand gepflanzt hatte um ein wenig Grün in den sonst recht eintönigen Farbmischmasch aus braun und grau zu bringen. Schließlich erreichte sie ein hohes, etwas heruntergekommenes Gebäude, über dessen Eingangstor in stolzen goldenen Lettern eine Fünfzehn prangte.

Eve war so beschäftigt, auf dem großen Klingelbrett nach dem Namen Masato zu suchen, dass ihr das geschmolzene Schloss in der dunklen Holztüre nicht auffiel, die sie deshalb auch ohne Probleme öffnete.

Aus dem gleichen Grund bemerkte sie ebenso wenig, wie aus ihren Handflächen weißliche, feinem Nebel ähnliche Magie floss, deren Tröpfchen in allen erdenklichen Farben funkelten und das zerstörte Metall wieder regenerierten.

Dann betrat sie das dunkle und enge Treppenhaus, der Torflügel fiel mit einem dumpfen Knall hinter ihr zu und sie blinzelte erst einmal im Dämmerlicht, als die Sonne plötzlich ausgeschlossen wurde.

Es roch alt und modrig. Die schiefe, ausgetretene Holztreppe führte etappenweise nach oben und ein kunstvoll geschnitztes Geländer schützte vor dem Herabfallen. Durch kleine verstaubte Fenster wurden die unregelmäßigen Stufen ein wenig beleuchtet, so dass es der jungen Frau nicht allzu schwer fiel, ihren Weg sicher durch die einzelnen Stockwerke zu finden.

Langsam arbeitete sie sich nach oben vor, immer wieder stehen bleibend und die neuen Eindrücke und Gefühle aufnehmend, die ihr aus den Wohnungen von ihren Bewohnern entgegenströmten.

Sie brauchte sicherlich eine Viertelstunde ehe sie den dritten Stock erreichte wo auch die Masatos wohnen mussten, ihr Name war nämlich auf keinem der Schilder an den Türen weiter unten gestanden.

Ohne dass sie es wirklich bemerkte wurde es immer dunkler im Treppenhaus. Als sie zufällig einen Blick aus einem der kleinen Fenster werfen wollte, fiel der jungen Frau schließlich auf, dass die Sonne verschwunden war.

Stattdessen bedeckten schwere graue Wolken den Himmel und Windstöße ließen die Wipfel der Bäume erzittern, die sie in dem kleinen Hintergarten auf den das Fenster blickte sehen konnte.

Erstaunt runzelte Eve die Stirn.

Sie hätte nicht gedacht, dass sich auf der Erde das Wetter so schnell ändern würde!

Außerdem schien eine undefinierbare Spannung in der Luft über der Stadt zu liegen. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie schwören können, dass sie von Magie herrührte, doch das konnte hier auf der Welt der Menschen unmöglich der Fall sein.

Sie zuckte zusammen, als plötzlich ein Blitz über die dunklen Wolkenmassen raste und es gleich darauf zu regnen begann. Ein leises Grummeln kündigte an, dass das Gewitter noch nicht so nah war wie es schien.

Fasziniert starrte der Engel nach draußen.

Es störte sie nicht, dass sie alles ein wenig verschwommen sah, da die Scheibe nicht die Sauberste war. Ihre ganzen Sinne waren nach draußen gerichtet. Ohne es mit ihren Augen wahrnehmen zu müssen spürte sie die Atmosphäre der Stadt.

Die Angst der wild lebenden Tiere, wie sie panisch einen Unterschlupf vor dem Unwetter suchten. Wie die Pflanzen unter dem Druck des Windes ächzten und die Menschen auf der Straße eilig in die Häuser hasteten.

Die Stimmung hatte sich grundlegend verändert, war nicht länger friedlich und ruhig ... angefüllt und total überreizt durch diese von außen kommenden Eindrücke, entging dem Engel gänzlich die gewaltige schwarze Aura im Inneren des Hauses, die die Obergeschosse wie eine Wolke einzuhüllen schien.

Ein lautes Rumpeln über ihr ließ sie zusammenzucken. Verwundert starrte sie auf die antike Holzdecke über ihr. Hatte das Gebäude nicht nur drei Stockwerke gehabt?

Nein, die Treppe führte noch weiter hinauf.

Es musste der Dachboden sein aus dem das Geräusch gekommen war. Vielleicht hatte da oben eines der Tiere Unterschlupf gesucht und sich nun in seiner Panik verletzt?

Ein Blitz erhellte für kurze Zeit die ausgetretenen Stufen, gleich darauf folgte ein heftiger Donnerschlag. Das Gewitter war in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit herangekommen.

Entschlossen steuerte der junge Engel auf die schwere, massive Eichenholztüre zu, die zum Speicher führte.

Im Moment konnte sie ohnehin nicht wieder nach draußen.
 

~* Zur gleichen Zeit auf dem Speicher *~
 

„Musste das sein, Anger? Du hast mich zu Tode erschreckt!“ beschwerte sich Wantonness halblaut und deutete anklagend auf den großen Kistenhaufen der eben noch fein säuberlich aufeinander gestapelt an der Wand gelehnt hatte.

Die große Frau, die daneben stand, grinste nur.

Es war ein äußerst unangenehmer Ausdruck, vor allem, da sich das kalte Licht der Neonröhre, das den großen Dachboden erhellte, in ihren stahlgrauen Augen spiegelte und diese dadurch noch eisiger aussahen als sie ohnehin schon waren.

Wantonness starrte genervt zur hölzernen Decke die der Dachstuhl bildete. Es war nur allzu offensichtlich was ihr Gegenüber zu einer derart kindischen Tat der Zerstörung geführt hatte: Die Dämonin hatte sich langweilt.

Die anderen drei waren um das Schwert geschart gewesen, das, hinter einem Stapel Kisten gut verborgen, in einem Amboss aus purem Silber stak und sich dank dem Bann keinen Zentimeter bewegte. Loki hatte allerdings keine Probleme diesen zu lösen.

Er hatte eine Beschwörung gemurmelt und langsam wandelte sich das geweihte Silber, was ihn und alle anderen Dämonen am Berühren hinderte, in dunkelgraues mattes Eisen um.

Es würde nur noch wenige Minuten dauern, bis es die Klinge erreicht hätte, so dass der schwarzhaarige Dämon es herausziehen konnte. Wantonness wollte sich gerade ein wenig auf dem Speicher umsehen, als sie das lautstarke Poltern der Kisten herumfahren ließ.

Glücklicherweise hörten die Menschen dank dem Bannkreis, den die Himmlischen um den Speicher gelegt hatten, nichts von dem Lärm.

„Führ dich nicht immer so auf!“ spöttelte Anger gerade und riss die andere aus ihren Gedanken. „Ein Höllengeborener kann durch nichts erschreckt werden!“

Wantonness wollte gerade zu einer schnippischen Erwiderung ansetzen, als Loki plötzlich überrascht die Luft einsog.

Die beiden erstarrten.

„Es kommt jemand!“ zischte er warnend in Dämonensprache. Schon immer hatte der Sohn Luzifers eine selbst für hohe Angehörige der dunklen Sphären außergewöhnliche Wahrnehmung besessen.

„Ihr haltet euch da raus! Das ist meine Sache!“ murmelte er und veranlasste die drei anderen, hastig hinter den größten der herumstehenden Gegenstände zu verschwinden.

Der hübsche Dreizehnjährige lächelte grimmig, während er sich gut sichtbar in der Mitte des Raumes gegenüber dem Eingang postierte.

Jetzt, so kurz vor dem Ziel würde er sich durch nichts aufhalten lassen!

Seine überaus feinen Sinne hatten den zarten Geruch eines Himmlischen wahrgenommen. Dem exquisiten Duft nach sogar den eines außerordentlich mächtigen Engels. Langsam fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen.

Wenn er Glück hatte würde heute nicht nur Gloom von ihrem Bann befreit werden.
 

Eve stockte.

War da nicht eben ein seltsames Geräusch, wie das Zischen einer Schlange oder das geheimnisvolle Säuseln des Windes gewesen, das ihr unwillkürlich eine Gänsehaut beschert hatte? Sie zuckte mit den Schultern und versuchte mit der Geste gleichzeitig das unangenehme Gefühl abzuschütteln, das sie erfüllte und vor dem Eintreten warnen wollte.

Bei dem Sturm, der durch das Unwetter draußen tobte, waren derartige Geräusche sicher nichts Ungewöhnliches. Außerdem konnte sie hier oben direkt vor der Tür kaum die Hand vor Augen sehen, so dunkel war es mittlerweile.

Dennoch ... die feinen Härchen an ihrem Nacken hatten sich aufgestellt und über ihre Haut fuhr ein unangenehmes Kribbeln.

Wäre Eve wie jeder normale Engel aufgewachsen und erzogen worden, hätte sie gewusst, dass ihre Sinne auf Dämonen reagierten, die ganz in ihrer Nähe sein mussten und alles wäre anders gekommen.

Doch die junge Frau hatte Derartiges nie gelernt, und so öffnete sie entschlossen die massive schwere Türe, die seltsamerweise problemlos und ohne ein Geräusch von sich zu geben aufschwang und hinter der ein erstaunlich heller Raum zum Vorschein kam.

Eve blinzelte ein paar Mal gegen das gleißende Licht, das im Gegensatz zu dem düsteren Treppenhaus schon geradezu blendete, als sie überrascht in das erleuchtete Zimmer taumelte.

Die Tür schlug mit einem Knall hinter ihr zu und die junge Frau zuckte erschrocken zusammen, während sie allmählich immer mehr Details ihrer Umgebung erkannte.

Kistenstapel und andere sperrige Dinge füllten den Speicher bis unter die Dachschrägen vollständig aus. In der Mitte hatte man allerdings einen kreisrunden Bereich völlig leer gelassen, so dass man den staubigen Holzboden aus dunklen Brettern erkennen konnte.

Eve erstarrte unwillkürlich, als ihr Blick plötzlich auf den Jungen fiel der, die Hände in den Taschen seiner schwarzen Cargoohose, lässig im Zentrum der freien Fläche stand.

Das T-Shirt in der gleichen Farbe, auf dem in roten Buchstaben „Wanna play?“ stand und die dazu passenden Sneakers ließen den Engel die Stirn runzeln.

Irgendetwas sollte ihr dieser Aufzug sagen, vor allem die Farbgebung, doch unter dem bohrenden, irgendwie zwingenden Blick aus den funkelnden, ebenfalls pechschwarzen Augen des gutaussehenden Jungen fiel ihr nicht ein was.

Sie schien keinen klaren Gedanken fassen zu können und fuhr sich verwirrt durch die blonden Haare.

Ein spöttisches Lächeln, das so gar nicht zu seinem Alter passen wollte, machte sich auf den hübschen gebräunten Zügen ihres Gegenübers breit.

Als er dabei blitzend weißen Zähne entblößte fiel ihr auf, dass seine Eckzähne ein Stückchen spitzer und länger als gewöhnlich zu sein schienen.

Aber diese Erkenntnis entglitt ihr genauso schnell wieder wie sie gekommen war. Das Lächeln wurde breiter.

Mühsam formte sie einen Satz. Die Worte flossen träge von ihren Lippen, es fiel ihr schwer, überhaupt etwas zu sagen, als wäre alles aus zähem Sirup.

Irgendetwas stimmte mit diesem Jungen ganz und gar nicht, dem die blauschwarzen glatten Haare kess in die Augen fielen.

Sie zwang ihre Zunge, sich zu bewegen.

„Ähm ... was machst du denn hier so ganz alleine?“ Ihre Stimme klang schwach und zittrig, wie sie verwundert feststellte. Sollten die zwingenden Augen des Jungen, die von innen heraus zu glühen schienen etwa ...

Ein lauter Donnerschlag, der das Haus zum erbeben brachte beendete diesen Gedanken abrupt.
 

Loki grinste.

Es war verwunderlich, dass dieser außergewöhnlich hübsche junge Engel überhaupt noch sprechen konnte.

Zwar wendete er nur einen einfachen leichten Hypnosezauber an, um nicht etwa irgendwelche Wächterengel in der Nähe aufmerksam zu machen, denn die Barriere war ausschließlich dazu da, Menschen fernzuhalten und dämpfte seine magische Aura auf keine Weise, aber in der Regel reichte bereits dieser simple Spruch aus, um seine Gegenüber völlig wortlos zu machen.

Als Sohn des Höllenfürsten gab es auf der Seite des Lichts kein wirkliches Gegenstück zu ihm, und so waren eigentlich alle Hellen gegen seine Zauber mehr oder weniger machtlos.

Irgendetwas war anders an dieser Himmlischen in Menschengestalt und es war nicht nur die für einen Engel völlig ungewöhnliche Farbe ihrer rehbraunen Augen.

Er beschloss, sich später darum zu kümmern.

Dass sie von oben kam stand nicht zur Debatte. Der Geruch nach Ätherischem der sie wie ein Hauch umgab war absolut eindeutig, nichts anderes verströmte diesen Duft.

Jetzt galt es, keine Zeit zu verlieren.

Wenn sie sprechen konnte würde sie den Bann vielleicht auch bald abgeschüttelt haben. Und dann möglicherweise irgendwelche Dummheiten machen wenn sie erkannte, mit was oder besser gesagt wem sie es zu tun hatte.

Oder was er vorhatte.

Es war sowieso sehr seltsam, dass sie so ganz ohne Schutz völlig ahnungslos hier hereingekommen war. Normalerweise konnten auch Engel die Anwesenheit von Dämonen spüren – wenn sie bis auf eine bestimmte Distanz herangekommen waren.

Der Dreizehnjährige zuckte mit den Schultern.

Es war einfach Glück gewesen, beschloss er, während er auf die junge Himmlische zuging, ihre Augen stetig mit den seinen festhaltend, bannend.

Und er war entschlossen, diesen seltenen Umstand auszunutzen.
 

Eve folgerte gerade resigniert, dass der unbeweglich dastehende Junge offensichtlich vorhatte sie zu ignorieren, als die schlanke Gestalt, die ihr etwa bis zum Kinn reichte, auf sie zutrat.

Dabei starrte er sie unentwegt an, als habe er Angst, dass sie davonlaufen würde. Sie musste unwillkürlich lächeln.

Was für ein absurder Gedanke!

Er war schließlich ein kleiner dreizehnjähriger Jugendlicher und kein finsterer zwielichtiger Mann, vor denen man sie gewarnt hatte! Sie beugte sich ein Stückchen hinunter um mit dem Jungen, der jetzt nur noch ein paar Schritte von ihr entfernt war, auf einer Höhe zu sein.

Vielleicht fürchtete er sich ja vor IHR?

„Du brauchst keine ...“ setzte sie an, doch da hatte er mit wenigen Bewegungen, die so schnell waren, dass sie überrascht zusammenfuhr, die Distanz zwischen ihnen überwunden und ehe sie sich versah seine warmen festen Lippen auf ihre gepresst.

Eve sog überrascht den Atem ein und wollte eine abwehrende Bewegung machen, doch es war ihr unmöglich, auch nur einen Finger zu rühren wie sie zu ihrem Entsetzen feststellen musste.

Noch nie war ihr jemand so nahe gekommen, geschweige denn, dass man etwas Derartiges versucht hatte.

Dieser unverschämte Halbwüchsige küsste sie auf den MUND!! Nicht nur, dass er ihrer Meinung nach dafür noch viel zu jung war, nein, sie war sich diesmal ganz sicher, dass sich so etwas auf jeden Fall nicht gehörte.

Der Engel konnte den leichten, ungewöhnlichen Geruch nach Rauch und Feuer wahrnehmen, der sein eigener zu sein schien und der sie in seiner Andersartigkeit und Intensität verblüffte und betäubte.

Sie war viel zu geschockt um sich dagegen zu wehren, als seine sanfte Zunge gegen ihre Lippen drückte und sich schließlich in ihren willenlosen Mund schlängelte. Sie starrte nur in die unendlichen Tiefen seiner pechschwarzen Augen, die sie aufzusaugen schienen.

In all der Verwirrung ihrer Gefühle und Empfindungen bemerkte sie auch seinen Zauber nicht, mit dem er ein magisches Band zu ihr knüpfte und dann langsam begann ihre Energie abzusaugen.

„Wie alt schätzt du mich, Engelchen? 13? 14? 15?“ flüsterte er mit einer überraschend rauen, aber ebenso hypnotisierenden Stimme leise an ihrem Mund, die ein ihr unbekanntes Kribbeln in ihrem Bauch auslöste als sie sie durchrieselte.

Während er die Worte aussprach, schien er zu wachsen, immer älter auszusehen. Seine dunklen Augen, die ihren Blick keinen Moment losließen, bekamen langsam eine bernsteinfarbene Tönung die immer heller wurde, bis seine Iris aus Gold zu bestehen schien, das von geschlitzten Pupillen durchbrochen wurde.

„Ein Dämon!“ schoss es Eve durch den Kopf und sie sog erschrocken die Luft ein was Loki mit einem leisen Lächeln, das sie an ihren Lippen spüren konnte, quittierte.

Sie hatte keine Chance mehr!

Irritiert bemerkte die Himmlische, wie die Ärmel ihres Shirts plötzlich über ihre Hände schlabberten und der Ausschnitt haltlos ihre Schultern zu ihrem Bauch hinunter glitt, so dass ihr Oberkörper nur noch von einem weißen Seidenunterhemdchen bedeckt wurde.

Auch ihre Jeans schien ungewöhnlich weit und lang zu sein ...

Was machte dieser Dämon mit ihr?

Feste Hände, die sich selbst durch den Stoff wie Feuer auf ihrer Haut anfühlten, schlossen sich um ihre Taille und hoben sie mühelos in die Höhe, um den Kontakt nicht zu unterbrechen, als Loki immer mehr seine normale Größe annahm.

Völlig wehrlos ließ sie es geschehen.

Er schien im Gegensatz zu ihr keinerlei Probleme mit seiner Kleidung zu haben, die einfach mit wuchs.

Ein flaues Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit und ihr wurde schwindelig. Plötzlich wurde ihr die magische Bindung, die er durch den Kuss mit ihr geknüpft hatte und aufrecht erhielt und durch die er irgendetwas aus ihrem Körper zu saugen schien bewusst. Hysterisch versuchte der Engel ein weiteres Mal, den Kontakt abzubrechen.

Es ging nicht, sie konnte ihren Kopf keinen Zentimeter bewegen!

Dann spürte sie eine sanfte Berührung an der Wange und blinzelte ungläubig. Das was sie da sah war unmöglich! Sie glaubte Flügel zu erkennen, die sie einhüllten, beide wie einen Kokon umschlossen und sie vollständig von der Außenwelt abschirmten - so dass niemand in den Prozess während er ablief eingreifen konnte.

Aber dieser Junge – oder besser gesagt mittlerweile junge Mann, der ihr noch immer unverwandt in die Augen blickte und damit jegliche Abwehr ihrerseits im Keim erstickte war doch ein Dämon!

Und die Höllenwesen hatten zwar Flügel aber doch keine ... ihr Denken verwirrte sich immer mehr, und ihr letzter Gedanke war

*Federn? Schwarze Federn?!*

Dann wurde alles dunkel.
 

*:------------------------~*~--------------------------:*

TBC.
 

loki *finster lächel* "du hast doch sicher vor, ein kommi dazulassen, oder?"

*gloom im fackellicht aufblitzen lass* "gut."

~: Late insights :~

» Sie kommen noch immer durch den aufgebrochenen Himmel,

die friedlichen Schwingen ausgebreitet,

und ihre himmlische Musik schwebt über der ganzen müden Welt ... «

(William Shakespeare)
 

~* Hölle, siebte und tiefste Sphäre, verfluchter Saal der Blutmagier *~
 

Eine gewaltige Druckwelle erschütterte den großen Beschwörungsraum als die Kuppel dunkelroter, von schwarzen Schlieren durchsetzter Magie aus purer Dunkelheit, die sich in der kreisförmig vertieften Mitte der Halle gebildet hatte mit einem durchdringenden Fauchen unkontrolliert nach außen drängte.

Die Blutmagier wurden unsanft aus der Zeremonie gerissen, als die lavafarben glühenden geheimnisvollen Runen erloschen nachdem ihre Konzentration zerstört war und sie brutal gegen die Wände der schwarzen Steinhalle geschmettert wurden. Der Zauber hatte sich selbst von innen heraus vernichtet.

Der laute Knall schien die ganze Hölle in ihren Grundfesten erbeben zu lassen während die nun völlig ungezügelte Energie haltlos durch sämtliche Sphären der Unterwelt raste um an ihrer Oberfläche wirkungslos zu verpuffen.

Ängstlich liefen die Dämonen durcheinander, ratlos, was diesen Urknall ausgelöst haben könnte

„Verdammt, wie konnte das passieren?“ Luzifer, der als einziger durch einen Schutzkreis, den er hastig um sich errichtet hatte, verschont geblieben war und noch aufrecht und unbeschadet auf den Füßen stand starrte ungläubig auf das Bild der Zerstörung das sich ihm nun bot.

„Das kann nicht wahr sein! Die Energie von dreihundertdreiunddreißigtausenddreihundertdreiunddreißig reinen Seelen einfach so ... verpufft?!!“ Seine dunkelroten Augen glühten gefährlich als er mit einem drohenden Knurren blitzschnell auf einen der immer noch wie betäubt daliegenden Beschwörer zuschritt und ihn wutschnaubend am Kragen packte.

Es hätte nur noch wenige Minuten gedauert und der Zauber wäre abgeschlossen gewesen! Unsanft schüttelte er seinen Untergebenen, bis dieser schließlich mit einem Stöhnen die gänzlich schwarzen Augen mit der roten Pupille aufschlug.

„Ich dachte die Zeremonie wäre seitdem sie die dritte Phase erreicht hatte unaufhaltsam gewesen?“ zischte er gefährlich leise.

Der Blutmagier war auf der Stelle hellwach und schluckte mühsam.

Wenn sein Herr die Dämonensprache verwendete war das kein gutes Zeichen und sorgte dafür, dass sich sämtliche seiner Nackenhaare warnend aufstellten. Hastig beeilte er sich, dem erzürnten Herrscher der Hölle Auskunft zu erteilen.

„Von außen, ja. Gott hätte ebenso wenig eingreifen können wie irgendein anderer Engel oder gar Dämon. Euer Sohn muss selber Magie angewendet haben die den Zauber zerstört hat. Entweder hat er einen Weg gefunden, den Bann selbst aufzuheben, oder ...“ der schwarze Priester verstummte ängstlich.

Luzifers Augen schienen aus flüssiger Lava zu bestehen als er den anderen anfunkelte. „Ich weiß sehr wohl, dass die Reaktion dann anders verlaufen wäre. Was ist die zweite Alternative?“ knurrte er ungehalten.

„Oder ... oder ...“ stotterte der Magier und ihm brach der kalte Schweiß aus. Er begann zu zittern während ihn der glühende Blick des Höllenfürsten durchbohrte.

Das, was er jetzt zu sagen hatte wäre sein sicheres Todesurteil, denn es würde die Wut des gefallenen Engels in unermessliche Höhen treiben.

Dennoch hatte er keine Chance, die schreckliche und vor allem wahrscheinlichere Möglichkeit zu verschweigen.

„... der Bann wurde modifiziert.“ Flüsterte er.
 

~* Siebte himmlische Sphäre, vor dem Tempel Gottes *~
 

Die sonst finster dreinblickenden Throni mit ihren blondgestrählten Löwenmähnen, die zum Großteil unter golden blitzenden Helmen verborgen waren und an einer Öffnung auf dem Hinterkopf als Pferdeschwanz wie ein Harnisch hinauskamen, warfen sich erstaunte Blicke zu, als ein großer schlanker Engel mit kurzen weißblonden Haaren und durchdringenden silberblauen Augen den gepflasterten hellen Marmorweg auf sie zukam.

Sein hübsches, äußerst fein gezeichnetes Gesicht mit der durchscheinenden, blassen Haut hatte einen starren, unbewegten Ausdruck – ein Zeichen, dass er wegen irgendetwas besorgt war - und die weißen weiten langen Hosen schienen in einer sanften Brise zu flattern, ebenso die Fledermausärmel seines Hemdes in der gleichen Farbe.

Allerdings war es in dieser Sphäre immer absolut ruhig und windstill, und deshalb hätte es keines weiteren Blickes auf die großen, schneeweißen Flügel mit den weißgoldenen Spitzen des scheinbar Sechundzwanzigjährigen bedurft um ihn als Erzengel zu erkennen.

Die majestätischen Throni, von deren Körper immer ein leichter Schimmer reiner Energie ausging, traten respektvoll zur Seite als Raphael, der Hüter der Grenzen, den gewaltigen Marmortempel durch den Säuleneingang betrat - nicht ohne ihnen vorher grüßend zuzunicken.

Sobald er im Inneren des riesigen Gebäudes verschwunden war sahen sich die Wächter verwundert an. Es kam selten vor, dass der Herr die Engel selbst zu sich zitierte – in der Regel nur, wenn es sich um Aufträge von absoluter Wichtigkeit und vor allem höchster Diskretion handelte, und man ein eventuelles Belauschen, das über den Weg der Telepathie doch hin und wieder vorkam, absolut vermeiden wollte.

Etwa eine Viertelstunde später verließ Raphael den Tempel wieder. Seine Augen waren dunkel vor Sorge und sein Gesicht schien blasser zu sein als sonst.

Er verabschiedete sich von den Throni, die sich besorgte Blicke zuwarfen, mit einem kurzen Nicken. Die Lippen hatte er dabei fest zusammen gepresst. Im Himmel wurde grundsätzlich nicht spekuliert und das ausbreiten von Gerüchten lag unter der Würde der Wächter. So machte sich jeder seine eigenen Gedanken, was Gott Raphael für einen Auftrag gegeben haben könnte. Und einer war unerfreulicher als der andere.

Kurz darauf verließ der Erzengel des Elements Luft die oberen Sphären und tauchte auf der Erde wieder auf – in der gleichen Stadt in der Eve vor weniger als einer Stunde angekommen war.
 

~* Erde, Blumenstraße 15 *~
 

Loki löste seine Lippen langsam und beinahe schon widerstrebend von dem weichen Mund des ohnmächtigen, nun zwölfjährigen Engels in seinen Armen.

Die Kleine schmeckte aber auch verdammt gut!

Er öffnete seine schwarzen Schwingen und musterte in dem Licht der Neonröhre ihr nun viel kindlicheres Gesicht, das unter der leichten Sonnenbräune ziemlich blass war. Kein Wunder wenn man den Energieverlust bedachte, den sie soeben erlitten hatte. Lange schwarze Wimpern ruhten auf Wangen, die einige goldfarbene Sommersprossen zierten. Auch ihre kleine Nase wies mehrere der lustigen Flecken auf.

Ihre fein geschwungenen, ebenfalls dunklen Augenbrauen waren unter den hellen honigfarbenen und ziemlich zerzausten Strähnen, die sich nun in ihrer Kindform teilweise zu einem durchgestuften Pony umgebildet hatten, kaum zu sehen.

Die noch immer vollen Lippen des Mädchens waren von seinem Kuss gerötet und leicht geschwollen.

Seine goldenen Augen wanderten weiter zu der Kleidung des Engels, die nun haltlos an ihrem schlanken und wesentlich kleineren Körper hing.

Er grinste unwillkürlich, als sich unter seinem Blick einer ihrer nun zu großen grauen Chucks von ihrem Fuß löste und polternd auf den Boden fiel.

Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Umgebung – und auf Wantonness, Anger und Greed, die langsam hinter den Kisten hervortraten, während er seinen einen Arm unter den Kopf, den anderen unter die Knie der Bewusstlosen schob.

„Loki bist das wirklich … du?“ die Stimme seiner ehemaligen Geliebten überschlug sich beinahe, während ihre dunkelbraunen Augen wie hypnotisiert die große imposante Gestalt des jungen Mannes vor ihr und insbesondere dessen rabenschwarze Flügel musterten.

Sie blieben an seinem unglaublich attraktiven Gesicht hängen, dessen gebräunte Haut nun - in seiner Dämonenform - zwei anthrazitfarbene Striche auf den Wangen zierten die ihm ein verwegenes Aussehen gaben, und im Blick der jungen Frau blitzte unbestritten Begierde auf.

Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, dass sie ihn so hatte sehen dürfen!

Der Prinz der Dämonenwelt erwiderte ihr glühendes Starren und schenkte ihr ein lustvolles Lächeln, das seine etwas spitzeren Eckzähne enthüllte und ihre Knie weich werden ließ.

„Wer denn sonst?“ fragte er langsam mit seiner rauen Stimme und blies sich einige pechschwarze Strähnen aus der Stirn, die sich aus seinem Pferdeschwanz gelöst hatten.

Seine ungewöhnlich goldenen Augen blickten wieder auf die kleine ohnmächtige Gestalt in seinen Armen und lenkten so auch die Aufmerksamkeit der anderen auf den bewusstlosen Engel.

„Dann hat es ja wirklich geklappt! Ist es das, was von ihr übrig geblieben ist?“ erkundigte sich Wantonness mit einem abfälligen Blick auf das zwölfjährige Kind. „Ziemlich armselig.“

Anger trat vor, ein kaltes Leuchten in den Augen. „Darf ich ein wenig mit ihr spielen?“ fragte sie mit gierigem Unterton.

Loki zog lediglich eine Augenbraue in die Höhe. „Noch nicht.“ War das einzige das er sagte, und die große Dämonin zog sich widerspruchslos zurück.

Die Aura der Macht die ihn nun wieder umgab und die nur allzu deutlich zu spüren war, war allzu eindrucksvoll.

„Übrigens – die Sonne scheint. Das war ein wirklich kurzes Gewitter.“ Warf Greed plötzlich ein und deutete auf eine Ritze im Gebälk durch die goldenes Licht zu sehen war, während seine schmale Gestalt aus dem Schatten in den Kreis der übrigen Höllengeborenen trat.

Seine dunkelbraunen, igelig aufgestellten Haare ließen ihn beinahe so groß aussehen wie Loki, während seine braunen Augen Wantonness, die ihren Prinz noch immer unverwandt anstarrte, einen spöttischen Blick zuwarfen. Die Todsünde der Habgier trug ein eng anliegendes schwarzes T-Shirt und ausgewaschene Jeans in derselben Farbe.

Dann stieß er mit seinem eigenen Turnschuh leicht gegen den grauen Chuck, der von Eves Fuß gefallen war und verloren auf dem staubigen Boden lag.

„Loki, willst du dir eigentlich nicht mal dein Schwert holen? Es ist entsiegelt.“ warf er schließlich wie beiläufig ein.

Der Sohn des Höllenfürsten unterdrückte ein Grinsen als sich Greed plötzlich bückte um den Schuh des Engels an sich zu nehmen. Er hatte sich ohnehin schon gefragt wie lange der schlaksige junge Mann seinen übermäßig ausgeprägten Sammeltrieb, der von der Gier alles besitzen zu wollen herrührte, unter Kontrolle haben würde. Eigentlich hätte er erwartet, dass er den halben Speicher leer geräumt hätte, ehe sie, die übrigen, auch nur einen Fuß hineingesetzt haben würden.

Ohne noch weiter Zeit zu verschwenden verschwand Loki vor den Augen seiner Untergebenen und tauchte eine halbe Sekunde später wieder an derselben Stelle auf – das Schwert um seine Taille gegürtet und den ohnmächtigen Engel noch immer auf seinen Armen.

„Endlich kann ich wieder alle Facetten meiner Magie einsetzen. Sie ist noch nicht einmal eingerostet.“ Stellte er beiläufig fest als ihn die übrigen Dämonen nur wortlos anstarrten.

Telekinese war eine nicht weit verbreitete Gabe und dem Prinz der Dunkelheit bereitete es jedes Mal aufs Neue ein teuflisches Vergnügen, andere damit sprachlos zu machen. Allerdings war er doch ein wenig verwundert, dass diese Fähigkeit den Todsünden, die sie ja eigentlich schon kannten, immer wieder so beeindruckte.

Er wollte gerade einen entsprechenden ätzenden Kommentar loslassen – schließlich stand es Dämonen nicht, dazustehen wie staunende Kinder … oder sabbernde Idioten – als die Stille des Raumes plötzlich von einem zischenden Geräusch unterbrochen wurde.

Im selben Moment flackerten schwarze Flammen in der Mitte der vier Geschöpfe der Dunkelheit auf. Obwohl sie in kürzester Zeit die Höhe eines ausgewachsenen Mannes erreicht hatten, konnte man keine Hitze verspüren.

Luzifers Gestalt erschien in dem düsteren Feuer, klar und scharf wie in einem Spiegel. Die drei Todsünden sogen geschockt die Luft ein, während Loki gelassen auf das Abbild seines Vaters sah, das den Blick seines nun wieder erwachsenen Sohnes aus dunkelroten Augen erwiderte.

Es kam nicht oft vor, dass sich der Teufel höchstpersönlich zu derartigen Auftritten herab lies. Es musste sich um etwas wirklich Wichtiges handeln.
 

„Ich sehe … du hast den Bann gebrochen …“ begrüßte ihn der Höllenfürst. Seine Stimme war bar jeglicher Emotion. Er entdeckte das bewusstlose zwölfjährige Mädchen in den Armen des Jüngeren.

Sein Gesichtsausdruck wurde grimmiger. „… indem du dir einen von Oben geschnappt hast – besser gesagt – einE.“

Der gefallene Engel lächelte dünn. „Doch die Sache hat einen Haken.“

Lokis Augen wurden zu schmalen Schlitzen während er seine Aufmerksamkeit auf die friedlichen Züge der Himmlischen lenkte.

„Welchen?“ erkundigte er sich ruhig.

„Sie … scheint kein normaler Engel zu sein.“ Die Stimme des Höllenfürsten bekam einen wütenden Unterton und zitterte leicht. Was seinem Sohn verriet, wie aufgebracht Luzifer tatsächlich war.

„Offensichtlich hat Er irgendetwas an ihr verändert. Sie war geimpft, verseucht … wie auch immer du es nennen willst. Kurz gesagt … durch sie konntest du den Bann nicht wirklich aufheben sondern nur so modifizieren, dass er für uns ein neues unlösbares Rätsel geworden ist.

Wir wissen nicht, was genau passiert ist.

Fakt ist: Deine Aura stimmt nicht mehr, unser System kann dich nicht erfassen. Dein Identifikationsmuster wurde irgendwie verändert.

Hat sich mit ihrem vermischt. Du wirst zudem nur hier auf der Erde als vierundzwanzigjährig erkannt, der Höllendetektor behauptet steif und fest, du wärst noch Dreizehn. Was bedeutet, dass deine erwachsene Form auf diese Sphäre beschränkt ist.“

Die Stimme seines Vaters hörte sich zunehmend gepresster an, als müsse er sich gerade mit aller Macht davon abhalten, irgendjemandem an die Kehle zu gehen.

In seinen Augen begann ein drohendes Feuer zu glimmen und es wurde beständig roter. „Wir waren gerade in den letzten Zügen der Beschwörung die dich gänzlich wiederhergestellt hätte als ihre Energie alles zerstört hat. Was bedeutet - Er hat es die ganze Zeit über gewusst. Dieser Engel wurde einzig und allein hier her geschickt um deine Rücktransformation zu verhindern.“ Endete er wutschäumend.

Loki war während den Worten seines Vaters unter seiner Sonnenbräune zunehmend blasser geworden.

Er hatte die Lippen fest zusammen gepresst und seine Augen schienen aus flüssigem Gold zu bestehen und von innen heraus zu brennen als er mit leisen Worten die logischen Konsequenzen aus den Ausführungen seines Vaters zog.

„Ich kann also wieder nicht in die Hölle zurück. Verdammte Scheiße!“ fauchte der Prinz der Dämonenwelt außer sich vor Zorn und schenkte Eve einen flammenden Blick.

„Besteht eine Chance, dass sie etwas weiß?“ erkundigte er sich mit schneidender Kälte in der Stimme.

„Möglich. Wir müssen auf jeden Fall alles versuchen, um raus zu finden was die Modifikation bewirkt hat, sonst kannst du nicht zurück! Und ich wage zu behaupten, dass weder du noch ich Lust haben, weitere 23 Jahre zu warten bis meine Magier den dazu passenden Zauberspruch entwickelt haben um einen neuen Gegenfluch zu starten!

Versuch, es unter allen Umständen aus ihr rauszubekommen! In ihrem Unterbewusstsein sind sicher einige nützliche Informationen gespeichert, die sie irgendwo aufgeschnappt hat. Auch wenn du da nicht sofort ran kommst, wird es sicher keine 23 Jahre dauern.“

Loki nickte langsam. „Sie muss also noch am Leben bleiben. Wie schade, dabei hätte ich gerade jetzt so große Lust …“ er senkte seine glühenden Augen auf die zarte Kehle des jungen Engels.

„Naja, aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wie grässlich, ich kenne sogar schon ein paar menschliche Sprichwörter.“ Knurrte er angewidert. „Wie viel hat uns der misslungene Versuch gekostet?“

Luzifer verzog das Gesicht. „Dreihundertdreiunddreißigtausenddreihundertdreiunddreißig reine Seelen.“ Entgegnete er, und die Todsünden fluchten unterdrückt.

Sein Sohn senkte nur kurz zustimmend den Kopf. Er hatte so eine horrende Summe bereits vermutet – schließlich lief nichts ohne Energie und je höher die komplexen Zauber waren die durchgeführt werden sollten, umso teurer wurde es.

„Wenigstens wird mein Aufenthalt hier auf der Erde dann zu etwas nützlich sein. Jetzt wo ich Gloom wieder habe und zumindest in dieser Sphäre im Vollbesitz meiner magischen Kräfte bin, hält mich nichts mehr davon ab, uns wenigstens ein bisschen Energie zu verschaffen.“ Er richtete seinen hasserfüllten Blick zur Decke.

„Ich hoffe du hast das auch gehört.“ Zischte der junge Mann drohend während er durch die Dachbalken hindurch in unendliche Höhen zu sehen schien.

Er wurde kurz von einem Strudel schwarzer Energie umhüllt. Als sich die dunklen Schlieren verzogen hatten, stand der Sohn des Höllenfürsten in seiner Menschenform ohne Flügel da.

Sein nunmehr streifenloses hübsches Gesicht trug noch immer einen Ausdruck mühsam unterdrückter Wut. Schwarze Augen blitzten unter den bläulich schimmernden Strähnen seines Pagenschnittes hervor und wandten sich wieder seinem Vater zu.

„Wir werden erst Mal zurück in meine Wohnung gehen. Da kann ich dann sehen was sich mit Magie aus unserem Engelchen raus bringen lässt – hier könnten wir gestört werden. Auch wenn ich keine große Hoffnung auf Erfolg sehe, so leichtsinnig wird selbst Er nicht sein, dass er die Informationen so oberflächlich und vor allem unverschlüsselt lässt. Ich melde mich dann auf alle Fälle mal bei dir.“

Luzifers Abbild nickte kurz. „Sei vorsichtig.“

Loki lächelte grimmig. „Keine Sorge Vater – ich mache einen Fehler kein zweites Mal.“

Der gefallene Engel senkte ein letztes Mal zustimmend den Kopf, dann fielen die Flammen in sich zusammen und der Höllenfürst verschwand. Für einen Moment herrschte absolute Stille auf dem Dachboden.

Wantonness wagte es als erstes, wieder zu sprechen. „Du … kannst also nicht zurück? Und das alles ist nur die Schuld dieses verdammten kleinen ... Engelmädchens?!“ sie trat näher und starrte mit einer Mischung aus Unglauben und widerwilligem Respekt auf die regungslose zarte Gestalt in Lokis Armen.

Der Prinz der Dunkelheit lächelte humorlos.

„Und dabei schmeckt und riecht sie so besonders … himmlisch. Wahrscheinlich, um sicher zu stellen, dass ich dem Angebot auch wirklich nicht widerstehen konnte.“ Mit einem nachdenklichen Blick auf Eves unschuldiges Gesicht trat er auf die Tür zu.

„Sehen wir zu, dass wir in meine Wohnung kommen. Ich kann es kaum erwarten mich mit ihr zu befassen.“ In seiner Stimme schwang ein solch grausamer Unterton mit, dass er den drei Todsünden eine wohlige Gänsehaut verursachte und sie sich beeilten, mit dem Sohn des Höllenfürsten Schritt zu halten.

Kaum hörbar setzte er hinzu:

„Wenn wir Pech haben, wird dieses Projekt wesentlich länger dauern als uns lieb sein kann.“

Wenige Minuten später brauste der rote Ferrari ein weiteres Mal durch die Straßen der Großstadt, diesmal mit einem Erwachsenen am Steuer.
 

~* Hölle, siebte und tiefste Sphäre, Thronsaal des Höllenfürsten *~
 

„Wie weit sind wir mit unserem zweiten Vorhaben?“

„Die Dauer bis zum Schlüpfen dürfte nur noch wenige Minuten betragen, Meister.“

„Sehr schön, informiert mich sofort über jede Änderung. Unser Zeitplan ist ziemlich knapp bemessen. Laut unseren himmlischen Spionen müssen wir so schnell wie möglich handeln.“

„Ja mein Fürst.“ Der Schattendämon verbeugte sich ein letztes Mal vor seinem Herrscher ehe er mit der übrigen Dunkelheit verschmolz und verschwand.

Luzifer griff Gedanken versunken nach einem weiteren blutroten Seherkristall. Wenn er im Moment schon nichts anderes tun konnte als zu warten, wollte er wenigstens bestmöglich über die Aktivitäten seines Feindes unterrichtet sein.

Er beobachtete, wie ein etwa sechsundzwanzigjähriger hübscher Mann mit kurzen aufgestellten Haaren eilig eine Kreuzung überquerte und weiter auf ein großes gelb gestrichenes Gebäude zuging, das der Fürst der Hölle als städtisches Krankenhaus erkannte.

Die silberblauen Augen des sehr zarten und schlanken Engels in Menschenform waren dunkel vor Sorge und er fuhr sich gedankenverloren durch die stacheligen weißblonden Strähnen. Seine weiße weite Hose und das T-Shirt in derselben Farbe ließen ihn beinahe wie einen Arzt wirken.

Luzifer lächelte böse.

Wie überaus passend für diesen Ort.

„Es wird dir nichts bringen, Raphael! Das, weswegen du kommst, befindet sich nicht hier, das haben meine Diener bereits feststellen müssen.“ Murmelte er, und sein Grinsen wurde breiter. „Und ich werde dir keine Gelegenheit geben, es doch noch zu holen, auch wenn es mich wirklich interessieren würde wo ich es finde.“

„Meister?“ riss ihn die leise Stimme des Schattendämons aus seinen Betrachtungen. Sofort wandte sich die Aufmerksamkeit des gefallenen Engels der dunklen gesichtslosen Gestalt zu, die in der Mitte des Saales aufgetaucht war.

„Sie sind geschlüpft.“ Waren die einzigen Worte seines Dieners und Luzifer nickte zufrieden.

„Ich komme.“

Ein letzter Blick auf Raphaels helle Umrisse, ehe er den Kristall erlöschen ließ und ihn mit einem leisen Lachen zur Seite legte um sich dann eilig auf den Weg in die Brutkammer zu machen. Gott war schließlich nicht der einzige, der neue Wesen erschaffen konnte, und es war an der Zeit, dass auch mal seine Pläne durchkreuzt wurden!
 

~* Erde, Stankt Ursula Krankenhaus, Erdgeschoss, Eingangspforte *~
 

„Verzeihung, ich möchte gerne Miss Aideen Skywalker besuchen. Sie ist vor weniger als einer Stunde eingeliefert worden, ich habe einen Anruf erhalten …“

Die ältere Frau hinter der Glasscheibe der Auskunft hob erstaunt den Kopf und blickte den hübschen, völlig in weiß gekleideten jungen Mann mit der sanften Stimme prüfend an.

Auf den feinen Zügen ihres Gegenübers zeichnete sich unterdrückte Sorge ab. Unverzüglich gab sie einige Daten in den Computer ein der vor ihr stand.

„Sind Sie ein Angehöriger von Miss Skywalker?“ wollte sie dann wissen als die gewünschten Daten beinahe unmittelbar auf dem Monitor erschienen.

Der junge Mann nickte. „Ich bin ihr Bruder.“ Antwortete er und zog einen Personalausweis aus seiner Hosentasche Die Dame warf nur einen kurzen Blick darauf.

„Mister Skywalker.“ Begann sie mit beruhigender Stimme. „Ihre Schwester … hatte einen Verkehrsunfall, wie Ihnen vielleicht schon gesagt wurde. Man hat sie sofort operiert und im Moment liegt sie auf der Intensivstation. Offensichtlich hat sie das Bewusstsein seit dem Vorfall nicht wiedererlangt. Bitte begeben Sie sich in den dritten Stock, dort wird Ihnen Mister Blue alle weiteren Fragen beantworten – auch ob Sie sie schon sehen können.“

Raphael nickte und der Ausdruck der Sorge in seinen silberblauen Augen vertiefte sich noch.

„Die Fahrstühle sind auf der anderen Seite!“ rief ihm die Empfangsdame hinterher und er warf ihr einen kurzen dankbaren Blick zu.

Wenig später stand er mit einigen anderen Besuchern in einem der großen Krankenhausaufzüge und fuhr in das Stockwerk, in dem sich offenbar die Intensivstation befand.

Der Geruch nach Desinfektionsmittel schlug ihm entgegen sobald er den Fahrstuhl verlassen hatte und die sterilen weißen Gänge betrat. Vor einer geschlossenen massiven Glastüre blieb er stehen und sah sich um. Eine Schwester saß in einer Kabine, die in die Seite eingelassen war.

„Sie wünschen bitte?“ erkundigte sie sich, als der junge Mann mit den weißblonden Haaren in ihr Blickfeld trat.

„Ich möchte Miss Aideen Skywalker besuchen. Sie wurde vor etwa einer Stunde eingeliefert und mir wurde gesagt, dass ich sie hier finde. Ich bin ihr Bruder.“ Wiederholte Raphael seinen Text von vorher und zeigte ihr seinen Personalausweis.

„Oh ja, ich erinnere mich.“ Antwortete die Krankenschwester nach einem Blick auf das amtliche Dokument. „Doktor Blue wird Sie gleich zu ihr führen, treten Sie ein.“ Sie drückte einen Knopf und Raphael öffnete die Glastüre. Dahinter befand sich ein weiterer kahler weißer Gang von dem allerdings viele Türen in derselben Farbe und einige Verzweigungen abgingen. Die junge Frau vom Schalter trat aus ihrer Glaskabine.

„Wenn Sie mir bitte folgen würden?“

Der blonde Engel lief hinter der geschäftig Davoneilenden her. Sie klopfte an eine der Türen und öffnete diese gleich darauf.

„Doktor Blue? Der Bruder von Miss Skywalker.“ Erklärte sie leise. Dann trat sie zurück und ein großer grauhaariger Mann Mitte fünfzig erschien auf der Schwelle. Seine dunkelgrünen Augen musterten Raphael aufmerksam hinter seinen Brillengläsern. Dann begann er mit ruhiger Stimme zu sprechen.

„Mister Skywalker – sicher haben Sie bei unserem Anruf schon erfahren, dass ihre Schwester in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde. Sie überquerte nach Augenzeugen gerade bei Grün eine viel befahrene Kreuzung, als sie von einem viel zu schnellen Auto, das offensichtlich die Ampel übersehen hatte, erfasst wurde. Der Fahrer ist leider flüchtig. Ihre Schwester blieb schwer verletzt am Straßenrand liegen, Vorbeikommende haben sofort den Krankenwagen gerufen. Sie wurde gleich nach ihrer Ankunft in Stankt Ursula operiert und liegt seitdem unverändert bewusstlos im Koma – wie bei ihrer Einlieferung auch schon. Ihr Zustand ist den Umständen entsprechend. Sie hat viel Blut verloren, ist jedoch stabil.“

Während den Worten des Arztes hatten sie auf eine der weißen Türen zugesteuert. „Sie können ihre Schwester gerne sehen. Sie liegt in diesem Zimmer.“ Doktor Blue öffnete die Tür. „Ich lasse Sie nun alleine, wenn Sie noch irgendwelche Fragen haben – ich werde in dem Stationshäuschen sein.“

Raphael nahm diese Worte nur noch am Rande wahr. Er trat in den sterilen Raum, der von einer Neonröhre an der Decke hell erleuchtet wurde.

Das Sonnenlicht von den Fenstern an der Wand gegenüber wurde von halb heruntergelassenen grauen Rollos ausgeschlossen.

Die rechte Seite wurde vollständig von einem Krankenbett eingenommen, das in die Leere des Zimmers ragte, und unzähligen blinkenden und piepsenden Geräten dahinter, an welche die junge Frau unter der dünnen Steppdecke angeschlossen war.

Mit einem unterdrückten Schrei stolperte der Engel auf die zarte, regungslose Gestalt zu, den Blick starr auf ihr bleiches Gesicht gerichtet. So bekam er auch gar nicht mehr mit wie Doktor Blue leise hinter ihm die Tür schloss und ihm entging auch das ganz und gar unangebrachte, beinahe schon zufriedene Lächeln auf den Lippen des angeblichen Arztes.
 

„Aideen – wie konnte das nur passieren?“ flüsterte Raphael und nahm vorsichtig ihre kalte kleine Hand die an einen Tropf angeschlossen war in die seine.

Durch den Hautkontakt sprang plötzlich ein kleiner silberblauer Funke von Aideen auf ihn über. Raphael erstarrte. Dann sah er mit großen Augen auf das stille hübsche Gesicht des Engels.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du mit einem derartigen Fall gerechnet hast und die Informationen extra mit einem Zauber für mich bewahrt hast.“ Seine leise Stimme brach. Verzweifelt blickte er auf das herzförmige Gesicht der blassen jungen Frau hinunter, dessen Züge ihm so vertraut waren. Er schluckte hart und drängte die aufsteigenden Tränen zurück.

„Ausgerechnet jetzt wo wir dich so dringend brauchen …“ murmelte er traurig und strich ihr sanft eine hellblonde Locke aus der Stirn. „Ich wünschte ich könnte irgendetwas tun, aber unsere Heilkräfte sind für deine menschliche Form völlig ungeeignet und nutzlos.

Und solange du im Koma liegst und dein Bewusstsein nicht wiedererlangst kannst du dich auch nicht in deinen Engelskörper zurückverwandeln um dir helfen zu lassen. Hoffentlich sind die Schäden für deinen Geist der jetzt herrenlos umherirrt nicht allzu groß.“ Raphael biss sich heftig auf die Unterlippe.

„Bitte Aideen, du musst durchhalten!“ Zärtlich streichelte er ihre Wange.

„Ich brauche dich – wir alle brauchen dich! Du wirst es bald schaffen dein Bewusstsein wieder auf diese Sphäre zurückzubringen, da bin ich ganz sicher. Du bist stark, stärker als alle anderen die ich kenne!“ er lächelte mühsam. „Sogar stärker als Michael, der alte Hitzkopf! Ich komme dich morgen wieder besuchen, ich kann ja im Moment sowieso nichts machen und deine menschliche Hülle braucht sicher Ruhe. Aber einen Dienst kann ich dir noch erweisen.“

Er löste seine Hand wieder von ihrer, breitete die Arme aus und flüsterte ein paar Worte in himmlischer Sprache.

Ein Schutzzauber aus klarer Windmagie legte sich um die junge Frau und versiegelte ihren Körper damit vor dem Zugriff aller Wesen, die böse Absichten hatten. „Wir sehen uns morgen wieder, Liebes!“

Gedankenverloren rieb sich Raphael über die Fingerspitzen, wo ihn vor kurzer Zeit noch ihre Magie getroffen hatte, ehe er mit einem letzten Blick auf die reglose Gestalt den Raum verließ.

Er wusste nun, was er zu tun hatte.

Gleich darauf war er wieder bei der Glaskabine angekommen, vor der er sofort die Silhouette des Arztes der Aideen betreute ausmachen konnte.

Dieser unterhielt sich gerade mit einer Krankenschwester. Als er den Engel auf sie zukommen sah brach er das Gespräch ab und wandte sich dem jungen Mann zu. „Wir werden Sie natürlich sofort über jede Veränderung des Zustandes von Miss Skywalker informieren.“

„Vielen Dank, Doktor Blue. Ich werde morgen wiederkommen.“ Entgegnete Raphael dem Arzt mit einem dankbaren Nicken und schritt durch die Glastüre die sich automatisch vor ihm öffnete.

„Bis dann.“

Wieder erschien dieses rätselhafte Lächeln auf den Zügen des Älteren während er auf den weißen Rücken des Engels sah, und dabei gedankenverloren an einem Ring in dessen Mitte ein blutroter Kristall eingelassen war herumspielte, der seine eigene dämonische Aura, da er nur ein niederer Dämon war, vollständig absorbierte.

„Ich glaube nicht, dass wir uns morgen noch einmal wieder sehen werden, Erzengel.“
 

*:------------------------~*~--------------------------:*

TBC.

~: New projects :~

» Im Himmel ist ein Engel nichts Besonderes. «

(George Bernard Shaw)
 

~* Hölle, siebte und tiefste Sphäre, schwarze Brutkammer *~
 

Als Luzifer den halbdunklen, außerordentlich warmen Raum betrat, fiel sein Blick als erstes auf die pechschwarzen großen Eierschalenstücke, die auf dem ganzen Boden verstreut lagen.

Sie waren von pulsierenden dunkelroten Adern durchzogen, deren Leuchten allmählich verlosch. Nun, da ihr Inhalt geschlüpft war, hatten sie ihre Notwendigkeit getan, die einzig und allein darin bestanden hatte, die Embryonen zu versorgen.

Seine Augen wanderten weiter zu den beiden beinahe einen Meter hohen Schalenhälften, die unbeschädigt noch auf den Podesten am Ende des Raumes standen. Überall waren die Reste des blutigen Eidotters der den beiden Lebewesen als Nahrung gedient hatte verteilt.

Eine schmale, beinahe weiße kleine Hand löste sich mühsam aus dem alles verklebenden Schleim und umklammerte den gezackten Rand des rechten Schalenbehälters. Langsam und unter größter Anstrengung zog sich der übrige Körper aus der glibberigen Masse, die ihn über und über bedeckte, in die Höhe und durchbrach die zähe Schutzhülle.

Knallrote pupillenlose Augen leuchteten dem Herrscher der Unterwelt aus einem schmalen, blassen Gesicht entgegen. Sie schienen bei der kindlichen Erscheinung des Dämons geradezu riesig. Aus den farblosen, beinahe weißen Haaren des Jungen triefte noch mehr Brutschleim, als er kraftlos versuchte, sich gänzlich aufzusetzen.

Es gelang ihm erst beim zweiten Versuch.

„Scheiße bin ich schwach!“ die Stimme des vielleicht zehnjährigen Kindes hörte sich rau an, kein Wunder wenn man bedachte, dass es seiner Kehle zum ersten Mal Worte entlockte.

Luzifer lächelte schmal. „Keine Angst, das vergeht gleich, Cruel. Wie fühlst du dich sonst?“

Der junge Dämon zog eine kaum sichtbare schmale Augenbraue in die Höhe.

„Hungrig!“ entgegnete er und entblößte bei dem nun folgenden Grinsen eine Reihe spitzer Zähne.

Der gefallene Engel schmunzelte. „Keine Sorge, du wirst gleich etwas zu Essen bekommen. Mache dich nun für die Transformation aller wichtigen Daten bereit, wir haben zu wenig Zeit als dass ich dir alles lang und breit erklären könnte.“

Eine schwarze schlangenähnliche Tentakel löste sich von der Decke, umschlang den Rumpf des Jungen und hob ihn mit einem Ruck ein Stück weit in die Höhe.

Er schrie auf als ihm in einem ziemlich schmerzhaften Vorgang mittels Magie innerhalb von Sekunden sämtliche, für seinen Auftrag notwendigen, Informationen übermittelt wurden.

Sobald die Energieblitze erloschen waren gab die Liane den kleinen Körper wieder frei, der mit einem Stöhnen und einem gemurmelten „Wow - war das geil!“ zurück in seine Eierschale fiel.

Mühsam zog sich Cruel wieder in die Höhe. Er hatte eine kleine Platzwunde an seinem Kopf erlitten und dunkles Blut strömte aus der Wunde über sein Gesicht. Eine kleine rosa Zunge schoss hervor und leckte einige der Tropfen von seinen Lippen.

„Das schmeckt gut!“ murmelte der Junge mit eindeutiger Gier in der Stimme.

Seine Augen begannen sich pechschwarz zu verfärben und sein kleiner Körper zitterte leicht.

Bevor er noch mehr von der roten Flüssigkeit abbekommen konnte hatte ein Strahl dunkler Magie die Wunde wieder verschlossen. Das Kind schenkte Luzifer einen enttäuschten Blick.

„Du hast eine Aufgabe zu erfüllen … und du kannst es dir nicht leisten, von dir selbst – und vor allem hier – in Blutrausch zu geraten. Du wurdest schließlich nicht umsonst mit so einer großen Menge an Selbstdisziplin ausgestattet.“ Der Fürst der Hölle machte eine lässige Handbewegung und Cruel war auf einmal ganz von dem Schleim befreit, so dass seine weißblonden Haare endlich wild und wuschelig von seinem Kopf abstehen konnten.

Außerdem war er nicht länger nackt sondern in eine kurze zartblaue Cargoohose und ein hellgraues T-Shirt gekleidet und trug schwarze Turnschuhe an den Füßen. Seine Irisfarbe hatte sich zu einem tiefen Mahagoniton verändert.

Der Junge verzog angewidert das Gesicht. „Und so was muss ich tragen?“

„Nur so lange bis du deinen Auftrag ausgeführt hast – danach kannst du anziehen was du willst, normale Form annehmen und dich außerdem ein bisschen mit deiner Beute vergnügen.“

Die Mine des Zehnjährigen hellte sich auf. „Na wenn das so ist, werd ich mich beeilen.“ Er lächelte grausam, was seine kindlichen Züge hart und finster machte und ihnen einen sehr unheimlichen Ausdruck verlieh.

„Bis gleich!“ ihn umhüllte ein Strudel blutroter Magie, dann war er verschwunden.

Luzifer blieb nachdenklich zurück. Schließlich wandte er sich der zweiten Eierschalenhälfte auf dem linken Podest zu.

„Du kannst auch mal langsam rauskommen, Sin. Es gibt viel zu tun!“
 

~* Erde, Lokis Appartement im offiziell nicht vorhandenen 13. Stock des Kazewolkenkratzers *~
 

„Eigentlich hatte ich gehofft, diese Wohnung eine ganze Zeit lang nicht mehr wieder sehen zu müssen.“ Knurrte der Sohn des Höllenfürsten gereizt, als er mit Eve auf den Armen die schwarz gestrichene Haustüre seines geräumigen Luxusstockwerkes aufstieß.

Mit großen wütenden Schritten steuerte er direkt auf das Wohnzimmer zu und legte seine leichte Last auf der gewaltigen Ledercouch ab.

„Wantonness, Anger, Greed – einen Bannkreis, der stark genug für Magie siebter Stufe ist. Wir wollen doch mal sehen, wie viel ich aus der Kleinen rausbekomme.“

Seine Worte veranlassten die Dämonen, sich hastig in einem Dreieck um ihn und das Sofa aufzustellen, die Hände seitlich von sich gestreckt. Nach wenigen gemurmelten Worten erhob sich eine Mauer aus schwarz-roter Energie in deren Zentrum Loki mit dem Engel eingeschlossen wurde.

Der Prinz der Dunkelheit nickte kurz, ehe er seine menschliche Form aufgab und als Dämon neben der noch immer blassen Zwölfjährigen stand.

Er beugte sich zu ihr hinunter, seine goldenen Augen funkelten gefährlich als sie sich auf die entblößte Kehle des Mädchens richteten.

Ohne noch lange zu fackeln senkte er den Kopf noch weiter, biss vorsichtig in ihren Hals und durchbrach die weiche feine Haut mit seinen spitzen Eckzähnen. Er saugte zart die heraustretenden hellen Tropfen auf und bezwang mühelos die Gier, die augenblicklich über ihn hereinbrach.

Wie alle hohen Dämonen neigte Loki ebenfalls dazu, in Blutrausch zu geraten, auch wenn er seine Beherrschung in dieser Hinsicht mittlerweile zur Perfektion gebracht hatte. Schließlich konnte man sich derartige Ausrutscher nicht immer leisten.

Er könnte sich seinen Gelüsten vielleicht später hingeben, wenn er die nötigen Informationen von dem Engel hatte. Eve zuckte während dem Vorgang mehrmals zusammen, erwachte jedoch nicht aus ihrem ohnmachtsähnlichen Zustand als Loki weiter von der metallisch-süßen Flüssigkeit trank die aus der kleinen Bisswunde kam.

Blut war in der schwarzen Magie immer der schnellste Weg um an das Gewünschte zu gelangen.

In dem Lebenssaft waren sämtliche Informationen unverschlüsselt gespeichert und der Gebissene hatte keine Möglichkeit, diesen Bereich mit Zaubern abzuschirmen oder zu verändern. Allerdings war es nicht leicht, derartige Formeln bei Lichtwesen anzuwenden, und verlangte von dem Dämon, dass er sich auf einem Level über dem Engel befand, den er biss.

Darum handelte es sich eigentlich immer um höchstes magisches Können und wurde deshalb nur von einer Handvoll Dämonen beherrscht. Für den direkten Nachkommen Luzifers war ein derartiger Zauber jedoch kein Problem.

Augenblicklich verband sich Lokis Geist mit dem Unterbewusstsein von Eve und drang brutal und rücksichtslos unaufhaltsam in ihre innersten Sphären vor.

Sie hatte erstaunlich wenige Barrieren, die er überwinden musste. Offensichtlich war sie magisch nicht allzu geübt. Bilder und Informationen fluteten geradezu auf ihn ein.

Innerhalb kürzester Zeit bewegten sie sich von dem Zeitpunkt ihres Aufeinandertreffens zurück, die Tage in Eves Leben liefen in umgekehrter Reihenfolge in wenigen Sekunden vor dem inneren Auge des Dämons ab.

Sie wurde zusehends jünger und er gelangte sehr viel schneller an die Stelle, die Eves Erschaffung darstellte - und in ihrer Erinnerung nichts weiter als weißen Nebel verkörperte - als er erwartet hatte.

Denn schließlich handelte es sich hier um einen Engel und keinen Menschen, und diese alterten – ebenso wie Dämonen – auf einer anderen zeitlichen Ebene als sterbliche Lebewesen. Zumindest war das normalerweise der Fall. Bei Eve jedoch waren überraschend wenig Jahre vergangen.

Nämlich exakt 23.

Der Sohn des Höllenfürsten war für einen Moment so verblüfft, dass er beinahe die Kontrolle über den Zauber verloren hätte und so ungewollt die Verbindung zu der Himmlischen gelöst hätte.

Das konnte – nein, das durfte doch alles nicht wahr sein! Sicherheitshalber überprüfte Loki sein Ergebnis noch ein weiteres Mal. Das Resultat war dasselbe. Offensichtlich hatte er sich nicht geirrt.

„Verdammte Scheiße!“ zischte er und unterbrach den Kontakt zu der Himmlischen abrupt. Seine Augen hatten die Farbe von glühenden Kohlen und funkelten gefährlich als er den Kopf hob und sich unwirsch einige Bluttropfen von den Lippen wischte.

Mit einer fließenden Bewegung hatte er sich erhoben und befehlend auf eine der drei dunkelroten Wände des Bannkreises gedeutet.

Die Magie flimmerte und verfärbte sich dann tiefschwarz. Augenblicklich erschien Luzifers Gesicht in dem Spiegel der Finsternis. Neben ihm erkannte Loki für einen Moment eine hübsche hellhaarige junge Frau doch sie verschwand sofort, als ihr sein Vater einen Wink gab.

Dann wandte er sich endgültig dem anderen zu.

„Sieht ja nicht gerade nach guten Neuigkeiten aus.“ Stellte der gefallene Engel trocken fest als er die wutbebende Gestalt des Jüngeren vor sich sah, welcher ihn aus unheildrohend leuchteten Augen die an geschmolzenes Gold erinnerten und unter einigen pechschwarzen Strähnen halb verborgen waren anblitzte.

Die Luft um seinen Sohn kochte vor mühsam unterdrückter Magie und es schien gerade so, als würde er jeden Moment explodieren.

Dieses Verhalten war völlig untypisch für Loki, der sich für einen Dämon normalerweise außergewöhnlich gut unter Kontrolle hatte und selten zuließ, dass seine Gefühle so offensichtlich zu erkennen waren. Was bei dem Level seiner magischen Fähigkeiten auch dringend notwendig war. Das mussten ja gravierende Neuigkeiten sein.

„Sie ist ein Prototyp. Einer, der offensichtlich extra für mich entwickelt wurde. Kommt uns irgendwie bekannt vor, oder?“ knurrte der Jüngere.

Luzifers Reaktion war sehr interessant zu beobachten. Zuerst verlor sein ohnehin schon blasses Gesicht auch noch das letzte bisschen Farbe, danach nahm es einen ungesunden Rotton an, ebenso wie seine Augen, die geradezu loderten.

„Er hat es tatsächlich gewagt! Hat Ihm seine erste Schlappe noch nicht gereicht?“ zischte der Herrscher der Unterwelt außer sich vor Zorn. „Das heißt, sie ist speziell auf dich zugeschnitten?“

„Nicht nur das.“ Erwiderte Loki grimmig. „Sie ist sogar in Menschenjahren gealtert, damit alles passt – Er muss sie kurz nach meiner Verbannung vollendet haben.“

„Natürlich, sie brauchte das entsprechende Alter … das erklärt auch deine Verseuchung.“ Überlegte Luzifer lautstark. „Die Frage ist nur, ob du Ihm jetzt durch das Aufheben deines Banns einen Strich durch die Rechnung gemacht hast …“

„…oder nicht.“ Ergänzte der Jüngere kühl. „Allerdings haben wir den Vorteil, dass wir Ihn über sie im Ungewissen lassen, denn sie ist in ihrer Kindform nicht mehr zu orten. Ihre Magie scheint ohnehin überhaupt nicht entwickelt zu sein. Wenn er sich überhaupt die Mühe gemacht hat, sie damit auszustatten.“

Luzifer runzelte nachdenklich die Stirn.

Mittlerweile hatte er sich wieder ein wenig beruhigt.

„Denkst du, du wirst irgendwelche Probleme mit ihr haben? Wenn du jetzt länger Kontakt mit ihr hast meine ich. Du weißt, dass das Risiko in der Beziehung nicht zu unterschätzen ist.“

Loki lächelte verächtlich. „Ich denke ich werde keine Schwierigkeiten haben. Sie scheint magisch völlig unbegabt zu sein und abgesehen davon ist sie im Moment ein Kind – und auch noch ein Engel. Ich glaube nicht, dass sie ihren Auftrag in irgendeiner Weise verwirklichen kann oder mir gefährlich werden könnte …“

Sein Vater musterte ihn prüfend ehe er langsam fortfuhr. „Ich würde nämlich vorschlagen, dass ihr sie eine Weile zur Beobachtung hier behaltet. Zum einen, um noch mehr über sie raus zu finden – du weißt, dass du für einen ungehinderten Zugang in ihr Unterbewusstsein ihren Code knacken musst.

Das kannst du nur tun wenn sie wach ist. Damit wir wissen, wie genau du verseucht wurdest und vielleicht bekommen wir auch noch einige nützliche Insider-Informationen aus ihr heraus wenn du erstmal freien Zutritt hast. Zum anderen hätten wir im Notfall wenn der Krieg wieder ausbricht auch noch einen Trumpf im Ärmel … oder glaubst du, Er will, dass ihr irgendetwas zustößt?“

Ein böses Lächeln stahl sich auf Lokis Lippen. „Nachdem Er sich so viel Mühe mit ihr gegeben hat wohl eher nicht. Interessanter Gedanke. Ich werde dafür sorgen, dass sie keine Gelegenheit hat zu fliehen und ein unauffälliges, normales Leben führt. Ohne Magie kann sie eh nicht in den Himmel zurückkehren, geschweige denn Kontakt aufnehmen.

Und sie scheint jetzt als Kind gar nichts mehr davon zu besitzen, falls das je anders war. Junge Menschen bis zu einem gewissen Alter sind hier auf der Erde sowieso völlig von den Erwachsenen abhängig. Außerdem – werde ich dafür sorgen, dass wir unseren Freischein zu den geheimen Daten des Himmels bekommen – schließlich ist sie ein Prototyp. Und damit wir kein Risiko eingehen werde ich eine kleine Blutsbindung vornehmen, dann weiß ich immer wo sie ist.“

Luzifer senkte zustimmend den Kopf. „Sei aber vorsichtig. Ich möchte nicht, dass du in der Sache auch nur das kleinste Risiko eingehst!“ befahl er. „Bei uns läuft soweit auch alles planmäßig. Wir haben noch einige Asse in diesem Spiel mit denen Er nicht gerechnet hat.“

Loki nickte. „Ich melde mich wenn es irgendwelche Neuigkeiten gibt.“ Verabschiedete er sich kurz und hob die Hand.

Sein Vater nickte.

„Ich auch.“

Damit ließ der Sohn des Höllenfürsten den Zauber erlöschen. An seine Stelle trat wieder die dunkelrote magische Wand des Bannkreises.

„Ihr habt alles mitbekommen?“ erkundigte er sich bei den Todsünden die noch immer im Dreieck um ihn herumstanden. Einhelliges Nicken war die Antwort.

„Gut. Ich brauch die Abschirmung noch mal für nen Moment.“ Mit einem grimmigen Lächeln zog der Schwarzhaarige sein Schwert aus dem Gürtel.

Mit einigen in Dämonensprache gezischten magischen Wörtern brachte er die matte Klinge dazu, in einem düsteren roten Feuer zu erglühen. Vorsichtig fuhr er mit der rasiermesserscharfen Schneide über seinen Zeigefinger.

Dunkle Flüssigkeit quoll aus dem kleinen Schnitt und er beugte sich, noch immer vor sich hinmurmelnd, ein weiteres Mal zu dem Engel hinab.

Unter seinen Worten verfärbten sich die Blutstropfen an seiner Hand pechschwarz. Rasch leckte er noch einmal über die kleine Wunde am Hals der Zwölfjährigen, die schon wieder begonnen hatte sich zu schließen und presste schließlich mit einem gemurmelten „Sanguinis coniugii“ seinen blutigen Zeigefinger auf die offene Stelle ihrer Haut.

Absolute Dunkelheit bohrte sich unerbittlich in gleißendes Licht und explodierte schließlich im Inneren des kleinen Körpers.

Eve schrie gequält auf.
 

~* X *~
 

Gerade eben war sie noch alleine über eine der unzähligen weiten Wiesen des himmlischen Gartens der dritten Sphäre gewandert, hatte die Stille und das warme Licht um sich herum genossen und das weiche Gras unter sich gespürt. Als plötzlich ein Insekt auf sie zugeflogen kam.

Eve riss erstaunt die Augen auf. Sie kannte dieses Tier mit dem gelb-braun gestreiften Körper, doch auch nur, weil sie so oft in dem Teil gewesen war, der sie durch entsprechende Simulationen auf die Erde vorbereiten sollte. Hier oben im Himmel gab es keine irdischen Lebewesen – und das hier war eindeutig eine Biene!

Der junge Engel runzelte die Stirn als das Insekt mit ungewöhnlich hoher Geschwindigkeit zielstrebig auf sie zuflog. Die Bienen in der Simulation hatten sich alle ganz anders verhalten.

Das Tier hatte sie erreicht, und nun konnte Eve auch erkennen, dass irgendetwas mit seiner Musterung nicht stimmte.

Es waren keine Streifen, die den schmalen länglichen und ungewöhnlich großen Körper überzogen, sondern geheimnisvolle Schriftzeichen.

Unter ihrem Blick färbte sich das gelb zu einem tiefen dunklen Rotton um und das braun zu schwarz, doch die Wespe, die wohl eigentlich gar keine war, hatte sich zu nah an sie heranmanövriert ehe sie ihr wahres Äußeres zeigte und bis diese Information von der Himmlischen richtig verarbeitet und gedeutet werden konnte war es zu spät.

Der Engel zuckte schmerzerfüllt zusammen als sich der Stachel des summenden Wesens in ihren Hals bohrte und das Tier sofort danach die Flucht ergriff. Erstaunt sah Eve ihm hinterher, wie es in Sekundenschnelle immer kleiner wurde und schließlich vollständig mit dem hellen blau des Himmels verschmolz.

Gedankenverloren presste sie ihre Hand gegen die Stichstelle während ihre Sicht verschwamm und Erinnerungen aus ihrem Leben Platz machten. Von dem Zeitpunkt an als sie diesem außergewöhnlichen Dämonen begegnet war bewegte sie sich rückwärts durch ihre Jugendjahre und Kindheit.

Die Szenen vor ihrem inneren Auge liefen so schnell ab, dass es ihr gar nicht möglich war über irgendetwas nachzudenken und sie die wichtigen Erkenntnisse die mit der Begegnung von Loki zusammenhingen sofort wieder vergaß.

Die junge Frau blinzelte ein paar Mal und die Umgebung des sonnenüberfluteten himmlischen Gartens tauchte wieder um sie herum auf. Sie fuhr ein letztes Mal über den noch leicht schmerzenden Bienenstich, ehe ihr auch diese Tatsache wieder entglitt und sie lächelnd ihren Weg fortsetzte.

Ein kristallklarer Bach schlängelte sich durch das saftige Grün und plätscherte leise vor sich hin. Beschwingt steuerte Eve auf das kühle Nass zu. Hier wuchsen besonders viele der wunderbaren, duftenden Blumen von denen jede anders und eine exotischer als die andere aussah.

Langsam ließ sich der Engel in das weiche Gras sinken und sah verträumt in die Ferne. Die Gärten erstreckten sich unendlich weit, doch man konnte sie jederzeit verlassen wenn man es wünschte.

Es gab auch ganz unterschiedliche Bereiche, in manchen traf man auf niemand anderen und konnte die Ruhe und Stille genießen, andere waren richtige Treffpunkte mit Wegen oder angelegten Labyrinthen durch die man schlendern und sich unterhalten konnte. Eine Bewegung lenkte den Blick der Himmlischen auf eine Stelle rechts neben ihr.

Dicht bei ihren angewinkelten Beinen wuchs unter ihren erstaunten Augen eine wunderhübsche große Blume in die Höhe, deren Blütenblätter in den verschiedensten Purpurfarben leuchteten. Als sie aufsprangen, wurde der hübsche Engel sofort von einer Wolke süßesten Duftes eingehüllt und sie konnte das Innere des taubenetzten Kelches erkennen. Wie kleine Flammen züngelten orange-gelbe Staubblätter in die Höhe.

Der wunderbare, leicht betäubende Geruch den die Pflanze verströmte verflüchtigte sich langsam und ließ in Eves Innerem ein Gefühl der Leere zurück. Sie musste diesen unglaublichen und irgendwie berauschenden Duft noch einmal riechen! Wie im Trance beugte sich die junge Frau nach vorne, entdeckte die samtige Struktur der Blütenblätter und wie die verschiedenen Farbschattierungen durch sie pulsierten.

Als ihr Gesicht nur noch wenige Zentimeter von dem großen Kelch der Blume entfernt war, wurde die Farbe der Blüte plötzlich immer dunkler und die ganze Pflanze begann, sich zu verändern.

Vor der erstarrten Himmlischen verwandelte sie sich langsam in eine schwarze Schlange mit glänzender Haut, deren goldene Augen sie durchdringend ansahen. Verwirrung überflutete Eves Geist. Irgendwoher kannte sie diese außergewöhnliche Farbe, die von geschlitzten Pupillen durchbrochen wurde, doch ihr fiel nicht ein, weshalb.

Außerdem konnte sie sich nicht erklären, wo das hübsche Tier plötzlich hergekommen war, sie hatte noch nie etwas Ähnliches in der himmlischen Gefilden zu Gesicht bekommen wenn man von der seltsamen Biene vor kurzem mal absah und dieses absolute tiefe Schwarz, das sie zum ersten Mal in ihrem Leben sah und das es hier oben nirgendwo sonst gab, faszinierte sie.

Während sie die kleine Schlange unbeweglich anstarrte, schoss das geschmeidige Reptil mit einemmal nach vorne und ehe sie reagieren konnte hatte es seine spitzen Zähne in ihren Hals gebohrt.

Genau in die Stelle, wo die Biene sie gestochen hatte! Die junge Frau sog schmerzerfüllt die Luft ein, als sie spürte wie durch den Biss Gift in ihren Körper eindrang. Gleichzeitig war sie maßlos erstaunt – im Himmel hatte es nie gefährliche Tiere gegeben – wie kam es dann, dass …

Die Schmerzen wurden unerträglich, sie spürte, dass sich diese fremde Flüssigkeit, die da rücksichtslos in ihren Körper eindrang, überhaupt nicht mit ihrem Blut vertrug. Dunkelheit in gleißendem Licht – das war ihr letzter Gedanke als sie schließlich mit einem Schrei die Augen aufschlug

– und direkt in goldene, von Schlitzen durchbrochene Pupillen blickte.
 

~* X *~
 

*:------------------------~*~--------------------------:*

~: Captured :~

» Gute Nacht, mein kleiner Engel. «

(Redewendung)
 

Raphael verließ das große, gelb gestrichene Gebäude durch den breiten gläsernen Haupteingang. Hastig überquerte er den hell gepflasterten, von hohen Ahornbäumen gesäumten Vorhof bis er die dicke Sandsteinmauer erreicht hatte, die das Krankenhaus von der Straße abgrenzte.

Kurz blieb er an dem geräumigen Durchgang stehen und atmete ein paar Mal tief durch. Er hasste das Gefühl, hilflos zu sein, und nichts anderes war er im Moment. Er hatte keine Chance, Aideen in diesem Zustand irgendwie zu helfen.

Frustriert fuhr sich der Erzengel mit der Hand durch die igelig-kurzen Haare und unterdrückte den Impuls, auf den sandfarbenen Stein neben ihm einzuschlagen.

Wie hatten es die Diener der Hölle nur wagen können die Hand gegen sie zu erheben?

Trauer überflutete ihn als er an das blasse Gesicht der jungen Engelsfrau zurückdachte. Er musste schlucken als ihm bewusst wurde, dass es sogar möglich war, dass sie nie wieder aufwachte.

In ihrer Menschenform waren Himmlische ebenso verletzlich wie alle anderen Lebewesen auf diesem Planeten. Das machte die Erde auch zu einem so beliebten Kampfplatz der Dämonen.

Zwar wurden die wichtigsten Lichtwesen wieder geboren, sobald sie starben – es gab jedoch jede Menge Möglichkeiten, das zu verhindern.

Mit versteinerter Mine trat der hübsche Sechsundzwanzigjährige auf den Gehsteig und mischte sich unter die Menschen. Ohne es wirklich wahrzunehmen überquerte er mit der Masse die breite Kreuzung, als die Ampel grün wurde, und folgte der viel befahrenen vierspurigen Hauptstraße.

Er wusste, was er eigentlich tun sollte - und doch war er gerade jetzt einfach nicht in der Lage dazu.

Er konnte unmöglich in ihre Wohnung gehen und Gottes Auftrag ausführen. Alles würde ihn an sie erinnern und Raphael fühlte sich außerstande, jetzt noch mehr zu ertragen. Seine Kehle war unverändert wie zugeschnürt und die Trauer saß ihm wie ein dicker Kloß im Hals, der ihm die Luft abdrückte.

Wie von selbst lenkten ihn seine Füße in eine der abzweigenden Seitenstraßen, die zwar auch nicht gerade schmal war, wo aber wesentlich weniger Verkehr und Lärm herrschte.

Am liebsten hätte der Erzengel sofort einen der einsamen Gärten in den himmlischen Gefilden aufgesucht, wo er ungestört trauern konnte. Doch er wusste, dass er jetzt nicht einfach so davon laufen konnte.

Zuerst musste er den Auftrag wegen dem er hier war zu Ende bringen.

Aber vielleicht würde er im nächstgelegenen Park auf einer Bank einen kurzen Moment der Ruhe finden und konnte seinem Körper die kleine Rast gönnen die er nach diesem Schock so dringend brauchte - und sich auf das Kommende vorbereiten.

Der junge Mann mit den hellen Haaren blieb kurz neben einer der Mauern, die die Grundstücke und Häuser von der Straße abtrennten, stehen und blinzelte, um sich aus seinen Gedanken zu lösen und zurecht zu finden.

Er wusste, dass hier ganz in der Nähe ein kleines Waldstückchen unbebaut geblieben war um den Menschen in ihrer Hektik Erholung zu bieten. Während er angestrengt nachdachte, ließ er seinen Blick über den breiten Gehsteig schweifen.

Es waren hier auffallend wenig Leute unterwegs, wenn man es genau bedachte schien die Straße wie ausgestorben – bis auf einen kleinen Jungen, der etwas verloren mit dem Rücken zu ihm einige Meter entfernt auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand und auf einen Punkt vor seinen Füßen starrte.

Stirnrunzelnd ließ der Engel seinen Blick auf der schmalen Gestalt ruhen.

Eine kleine schwarze Spinne mit rotem Kreuz auf dem Rücken seilte sich von einem Zweig des Kirschbaums, der im Garten des Hauses wuchs vor dem Raphael gerade stand, hinunter und landete auf der hellen Haut im Nacken des Erzengels.

Mit leichtfüßigen Schritten eilte sie über die weiche warme Oberfläche unter dem weißen Stoff bis sie bei seiner Wirbelsäule angekommen war.

Dort biss sie zu.

Der junge Mann spürte einen kurzen, ziehenden Schmerz zwischen seinen Schulterblättern, nicht mehr als ein kleines Pieksen.

Doch schenkte er dieser Tatsache keine Beachtung.

Es war Sommer, und jede Menge Stechmücken unterwegs.

Die Spinne ließ sich unbemerkt an einem Faden zum Boden hinab und krabbelte davon. Währenddessen hatte ihr Opfer eine Entscheidung getroffen und überquerte ohne lange zu überlegen die wenig befahrene Fahrbahn.

Raphael steuerte auf die einsame Gestalt zu, die ihn nicht zu bemerken schien, ja sogar gar nichts um sich herum registrierte, so sehr war sie auf das fixiert, was vor ihr lag.

Stand der Kleine etwa unter Schock?

Ihm schien es jedenfalls so, als brauche der Junge Hilfe und irgendwie füllte dieser Gedanke sein ganzes Denken aus, so dass ihm das drohende Ziehen in seinem Bauch nicht wirklich auffiel.

Der Erzengel beschleunigte seine Schritte und war schon beinahe bei der zierlichen Person angekommen, deren weißblonde Haare wuschelig von ihrem Kopf in alle Richtungen abstanden, als er erkannte was da so leblos zu Füßen des Knaben auf dem Boden lag und er abrupt zum Stehen kam.

In einer Lache aus hellrotem Blut lag eine kopflose Taube auf den grauen Steinen. Im ersten Augenblick schoss Raphael der Gedanke durch den Kopf, dass der Vogel vielleicht dem Jungen gehört hatte und ihn irgendeine Katze umgebracht hatte.

Doch die tröstenden Worte blieben ihm im Hals stecken als sich seine Nackenhaare aufstellten und er spürte, wie eine Gänsehaut langsam seinen Rücken hinauf kroch.

Die Anzeichen waren eindeutig, doch trotz allem konnte er nicht so reagieren wie er wollte.

Zweifellos ein Zauber, der den Sechsundzwanzigjährigen gegenüber der Tatsache, dass er es mit einem Dämonen zu tun hatte gleichgültig machte, ihn geradezu lähmte.

Es war ihm unmöglich zu handeln, wie er es normalerweise getan hätte.

Etwas in ihm sträubte sich dagegen, irgendwie zu agieren oder gar sein Schwert zu ziehen und dem armen, gänzlich hilflos scheinenden kleinen Wesen vor ihm etwas anzutun.

Wenn er sich nur nicht so bewusst wäre, wie falsch diese Gedanken waren! Doch er hatte keine Möglichkeit, die grausame Täuschung von der er so gut wusste, dass sie nicht stimmte, abzuschütteln und seinen Körper wieder unter Kontrolle zu bringen.

Stattdessen trat er einen weiteren Schritt auf den Jungen zu und war nun nur noch zwei Meter von ihm entfernt. Diesen Moment wählte Cruel, um sich seinem Opfer zuzuwenden.

Raphaels Aufmerksamkeit, die zuerst immer noch wie hypnotisiert auf den toten Vogel gerichtet war, wurde nun auf die Gestalt vor ihm gelenkt.

Sein Blick wanderte langsam von den schwarzen Turnschuhen über die beinahe weiße Haut der Beine die nur halb vom hellblauen Stoff einer Kargoohose verdeckt wurden und blieb an dem mit Blutspritzern bedeckten grauen T-Shirt hängen. Übelkeit begann sich in dem Engel zu regen und er fühlte sich schwach, fast schon krank.

Was geschah hier mit ihm?

Beherrschte dieser junge Dämon vor ihm tatsächlich schon derart komplizierte Magie, die es ihm ermöglichte, einem Himmlischen der ersten Sphäre die Energie zu entziehen?

Das würde bedeuteten, dass der Kleine einen sehr hohen Rang in der Unterwelt belegen musste, schoss es dem Älteren ungebeten durch den Kopf.

Seitdem sich Luzifer vom Licht abgewandt hatte, besaß er eine Macht, die der Gottes beinahe ebenbürtig war, und somit war es ihm möglich, Wesen zu erschaffen die sogar über seinem ehemaligen Rang als Erzengel standen.

Trotz allem war das bisher außer bei seinem Sohn noch nicht vorgekommen, und Loki war eine Ausnahme.

Raphael hätte am liebsten geschrieen.

Er konnte sich momentan wirklich mit nichts Wichtigem beschäftigen – wie beispielsweise dem Unschädlichmachen des magischen Netzes in dem sein Geist verfangen war – so sehr er es auch wollte.

Dieser kombinierte Zauber war wahrhaft tückisch, er hatte keinen der Fallstricke wirklich bemerkt, und das ihm, dem Herrscher der Lüfte!

Als der Junge die Hand senkte, die er bisher noch an die Lippen gehalten hatte, riss er Raphael wieder aus dem Trance in den ihn sein Lähmungsspruch bis jetzt versetzt hatte.

Die anfängliche Erleichterung, die der Engel darüber empfand wandelte sich allerdings in Entsetzen, und er musste ein ungläubiges Keuchen unterdrücken, als er die blutüberströmten kleinen Finger sah die – den Kopf der toten Taube umschlossen.

Ekel überflutete ihn, und trotzdem war er nicht in der Lage irgendetwas anderes zu tun als das, wozu ihn der Zauber dieses kleinen Bastards vor ihm zwang. Ungläubig aufgerissene silberblaue Augen fuhren in die Höhe zum Gesicht des Kindes, das ihm etwa bis zum Bauch reichte und das seinen entsetzten Blick erwiderte, als sei es die Unschuld selbst.

Doch das leichte, eindeutig böse Lächeln, das auf seinen Lippen lag machte den Eindruck zunichte, vor allem, als plötzlich seine kleine rosa Zunge hervor schoss um langsam – geradezu genüsslich - das Blut vom rechten Mundwinkel zu lecken.

Die Übelkeit verstärkte sich, ebenso wie das Schwächegefühl.

Cruels Lächeln weitete sich zu einem Grinsen.

Das Gift breitete sich rasch aus und zeigte die gewünschte Wirkung.

Im Moment war der Engel vor ihm nicht kräftiger als ein neugeborenes Kätzchen. Es war beinahe schon zu leicht gewesen und der junge Dämon war enttäuscht, dass ihm sein Opfer nicht mehr Widerstand geboten hatte.

Es war schon ein wirklicher Nachteil, wenn man von Gefühlen wie Trauer und Verzweiflung abhängig war und sich vollkommen darin verlieren konnte, stellte er mit einem spöttischen Blick auf das blasse Gesicht seines Gegenübers fest.

Anders hätte ein so simpler Trick niemals Erfolg haben können und der Ausgang des folgenden Duells hätte keinesfalls festgestanden.

Allerdings begann es ihn allmählich zu nerven, immer zu dem anderen hoch schauen zu müssen, und Luzifer hatte ihm schließlich erlaubt, nach Ausführen seines Auftrags seine wahre Form anzunehmen. Nun – seine Aufgabe war so gut wie erledigt. Langsam begann sich Cruels Gestalt zu verändern.

Raphaels Blick wanderte wieder zurück zu den Augen des Jungen und was er sah ließ ihn erschaudern.

Das Braun der Iris wich einem intensiven Rotton, der nicht nur die Iris sondern auch das Weiß des Augapfels auszufüllen begann.

Zudem hatte er das Gefühl, der andere würde wachsen – oder war das nur so weil seine Knie nachgaben?

Er fühlte sich zunehmend schwächer und alles um ihn herum begann sich zu drehen und zu verschwimmen.

Stand er überhaupt noch auf den Füßen?

Verzweifelt und gleichzeitig fasziniert starrte er auf den einzigen Punkt, der sich nicht zu bewegen schien, und das war das Gesicht des Dämons - aus dessen Zügen alle Kindlichkeit verschwand.

Das war das Letzte, was der Erzengel für lange Zeit mitbekommen sollte. Die Erschöpfung, die er schon die ganze Zeit unterschwellig spürte, erreichte ihren Höhepunkt und Schwärze flutete über ihn herein als er schließlich völlig erschöpft in Ohnmacht fiel.

Cruel beobachtete mit schon beinahe wissenschaftlichem Interesse, wie sein Opfer immer stärker zu schwanken begann.

Das Gift hatte nun seine volle Wirkung entfaltet, und der schmale Körper des jungen Mannes ihm gegenüber sank total entkräftet in die Arme des mittlerweile größeren Dämons.

Der noch immer weißblonde Höllengeborene lächelte auf das blasse Gesicht Raphaels nieder.

Der Erzengel hatte so viel Energie abgegeben, dass Luzifer mehr als zufrieden sein würde. Und er selbst hatte etwas, womit er sich später ein wenig beschäftigen konnte.

Blutrote Magie umhüllte die beiden Gestalten und sie verschwanden.
 

~* Dritte himmlische Sphäre, eine der Straßen die zum Sphärentor führen *~
 

Gabriel hastete mit Sephrenia im Schlepptau zu dem schimmernden Tor, das in die siebte Sphäre führte und nicht weit von ihnen entfernt im Nichts leuchtete.

Ihnen war soeben die Nachricht überbracht worden, sich unverzüglich zum Herrn zu begeben, jedoch ohne irgendeine weitere Angabe.

Es war absolut normal, dass Gott seine Beweggründe erst offenbarte, wenn man sich in seinem Tempel befand. Zu groß war das Risiko, dass die Botschaft einem Spion der Unterwelt in die Hände fiel.

Dennoch reagierten die beiden Engel gerade jetzt besonders empfindlich auf Derartiges. Schließlich befand sich Eve seit heute auf der Erde, und es bestand die Möglichkeit, dass sich eine der schlimmen Befürchtungen, die die Zieheltern seitdem plagten, bewahrheitet hatte.

Vor allem Sephrenia war krank vor Sorge um ihren Schützling, weshalb das Paar mit absolut unüblicher Eile durch die Gänge und Wege des Himmels rannte, was ihnen nicht wenige erstaunte Blicke einbrachte.

Sobald sich die gewaltigen, silberweißen Flügel des Tores allerdings geöffnet hatten, blieb der hübsche Seraphim so abrupt stehen, dass Gabriel um ein Haar in sie hinein gelaufen wäre.

Der Erzengel achtete jedoch gar nicht darauf sondern starrte stattdessen ebenso fassungslos wie seine Gefährtin auf das, was sich da vor ihnen auftat.

„Wa … was ist mit dem Übergang passiert?“ stotterte sie, während ihr Blick wie betäubt an der massiven Wand aus weißem Marmor hing, die sich direkt hinter den Torflügeln befand.

Vorsichtig streckte Gabriel die Hand aus, um einen der Steine zu berühren. Ein hellblauer Blitz zuckte über die schimmernde Oberfläche und eisige, alles betäubende Kälte fuhr in seinen Arm. Mit einem erschreckten Zischen zog er die Finger zurück, sobald ihn die Magie getroffen hatte.

„Es ist vollkommen abgeschottet. Ein kompletter Zusammenbruch.“ flüsterte er ungläubig und rieb sich abwesend über die schmerzende Hand. „Sein Geist ist nirgendwo zu spüren! Wie kann das sein?“

Sephrenia war bei dem Vorgang kreidebleich geworden und begann nun, am ganzen Körper zu zittern. Es war ihr unmöglich, ihre Augen von dem fugenlosen, unüberwindbaren Hindernis abzuwenden.

„Irgendetwas muss mit Raphael passiert sein!“ sagte sie tonlos. „Was sollen wir nur tun?“

Ihre Augen weiteten sich, als ihr ein weiterer entsetzlicher Gedanke kam. „Das Tor zur Erde! Wir … wir sind eingesperrt! Ohne Gabriels Willen lässt es sich nicht öffnen! Wir können Eve nicht helfen!“ Ihre Stimme wurde immer höher und schriller.

Gabriel warf der Engelsfrau neben sich einen prüfenden Blick zu.

Offensichtlich stand sie unter Schock und war kurz davor, hysterisch zu werden. Seine eigene aufkeimende Angst niederkämpfend fasste er sie vorsichtig um die Taille und tätschelte beruhigend ihren Arm während er mit leiser Stimme auf sie einredete. Behutsam drehte er sie von dem fürchterlichen Bild weg. Er musste unbedingt einen kühlen Kopf bewahren.

„Mach dir keine Sorgen, Liebes. Wir wissen doch noch gar nicht, ob etwas mit Eve passiert ist! Wir werden jetzt die Himmelstreppe nehmen und Ihn das dann selbst fragen. Der Zugangssystemabsturz ist eine Katastrophe, aber Er weiß sicher schon davon. Vielleicht ist das auch der Grund weshalb wir zu ihm kommen sollen. Lass uns gehen, es sind ziemlich viele Stufen.“
 

Die gewaltige, schneeweiße Wendeltreppe, deren Ausmaße ins Unendliche zu gehen schienen, und die sich durch sämtliche Sphären des Himmels zog, war trotz ihrer unglaublichen Größe restlos überlaufen.

Die Nachricht vom abgestürzten Transportsystem hatte sich in Windeseile verbreitet, und ein riesigen Durcheinander ausgelöst. Es gab keine Alternative um von einem Ort zum nächsten zu kommen und die bohrende Unwissenheit was nun geschehen sollte sorgte dafür, dass fast jeder Bewohner des Lichtreichs zu seinen Lieben zu gelangen versuchte – was das Chaos allerdings nur noch mehr verstärkte.

Gabriel eilte mit Sephrenia im Schlepptau so schnell es ging die unzähligen Marmorstufen hinauf. Sie mussten sich an der Hand halten um sich in dem allgemeinen Gewirr nicht zu verlieren, und der majestätische Erzengel war immer wieder gezwungen, einen Bogen um herumstehende Gruppen zu schlagen, die mitten auf den Treppen standen und sich unterhielten.

Glücklicherweise war es seiner Gefährtin gelungen, den Schock zu überwinden, in dem sie sich befunden hatte. Hätte er sie führen müssen, wäre ein schnelles Vorankommen unmöglich gewesen. Er wich geschickt einem weiteren Auflauf junger Botenengel aus, die auf den breiten Stufen Platz genommen hatten.

„Wenigstens war das Tor zur Erde gerade geöffnet als Raphael die Kontrolle verloren hat. Nicht auszudenken wenn wir hier eingesperrt gewesen wären.“ Stellte einer der jungen Himmlischen soeben lautstark fest.

„Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass Er nicht an so einen Fall gedacht hat? Es gibt sicher ein Notsystem für derartige Fälle!“ erwiderte ein anderer aus dem Kreis und erhielt zustimmende Rufe. „Sonst hätten die da unten Raphael ja nur einmal außer Gefecht setzen müssen!“

„Pah, als ob es so einfach wäre! Raphael ist schließlich ein Erzengel, der ist für niedere Dämonen sowieso unbesiegbar und auch für andere nicht so leicht zu überrumpeln ist! Er hat viel zu viel Erfahrung mit Unterweltlern, um durch sie ernsthaft in Gefahr zu geraten.“ entgegnete eine andere männliche Stimme belustigt und Gabriel blieb abrupt stehen, als er sie erkannte.

Sein Kopf ruckte in die Höhe und er suchte mit schmalen Augen die Gesichter der Herumstehenden ab. Sephrenia, die sie auch gehört hatte, trat neben ihn und sah sich ebenfalls sorgfältig um.

„Du suchst doch nicht etwa nach mir, Bruderherz?“ wollte die Stimme plötzlich hinter dem großen Erzengel wissen.

In ihr schwang ein belustigter Unterton mit.
 

~* Erde, Lokis Appartement im offiziell nicht vorhandenen 13. Stock des Kazewolkenkratzers *~
 

Eve zitterte. Sie hatte Angst, so große Angst, wie sie in ihrem bisherigen Leben nie verspürt hatte. Die tödliche Furcht verdrängte sogar den Gedanken, dass irgendetwas fehlte, ein wichtiges Gefühl, und dass sie sich unbedingt erinnern musste was es war.

Die Panik beherrschte ihr Denken wie ein riesiger schwarzer Wirbel der sie immer mehr in die Tiefe zog und so ihr Entsetzen beständig steigerte.

Noch immer lag die Himmlische wie erstarrt auf diesem großen Ledersofa, auf dem sie auf so schmerzhafte Weise vor wenigen Sekunden erwacht war, unfähig sich in irgendeiner Weise zu rühren.

Sie starrte unbeweglich in die goldenen Augen dieses Dämons, der vorher ein Junge gewesen war. Die junge Engelsfrau hatte sich sofort wieder an alles erinnern können, nachdem sie sich aus diesem seltsamen Traum, von dem sie irgendwie das Gefühl hatte, dass er mehr mit der Realität zu tun hatte als ihr lieb sein konnte, erwacht war.

Alles in ihr war vor Schmerzen verkrampft, als würde das Gift der grausamen Schlange noch immer in ihren Adern wüten.

Es schien sich an der Bissstelle zu sammeln, um sich dann wie Feuer wellenförmig über ihren ganzen Körper zu verbreiten. Sie unterdrückte den Impuls, an ihren Hals zu langen um zu sehen ob dort tatsächlich so etwas wie eine Wunde war. Der Ausdruck auf dem hübschen Gesicht des Dämons, das sie nun zum ersten Mal ganz und in aller Deutlichkeit vor sich sah, warnte sie davor, auch nur die geringste Bewegung zu wagen.

Sie bezweifelte allerdings, dass sie dazu überhaupt fähig war. Neben den Schmerzen, die ihren Körper durchtosten und der Angst, die sie fest in ihrem Griff hielt, spürte sie noch ein weiteres, gänzlich unbekanntes Gefühl in sich aufkeimen.

Die ebenmäßigen, geradezu perfekten Züge ihres Gegenübers schienen eine seltsame Faszination auf sie auszuüben und irgendetwas in ihrem Inneren zum Schwingen zu bringen. Etwas reagierte auf das wunderschöne Gesicht, als wäre es ihr vertraut. Als wäre er nur für sie erschaffen worden – oder sie für ihn.

Der seltsame Gedanke, der ihre Verwirrung und Furcht nur noch steigerte entglitt ihr wieder, als eine weitere Schmerzenswelle ihren Körper erschütterte und dafür sorgte, dass sich alles in ihr schmerzhaft zusammenkrampfte.

Was geschah da nur mit ihr? Das unerbittliche Brennen in ihren Adern war zu real, als dass es sich nur um Einbildung oder Traum handeln konnte und war kaum zu ertragen!

Die Verwirrung wich wieder der grenzenlose Furcht, vor allem als dem sensiblen Engel schließlich die Aura ihres Gegenübers bewusst wurde. Es war wie ein mächtiger finsterer Nebel, die den schwarzgeflügelten Höllengeborenen beinahe schon greifbar einhüllte und sie beide umgab, eine Woge die über ihr zusammenzuschlagen drohte.

Noch nie hatte sie etwas derartig Gewaltiges und Dunkles gespürt, ihre Sinne wurden geradezu überflutet.

Was wollte dieser anscheinend unglaublich starke Dämon noch von ihr?

Sie konnte Hass spüren, Hass und unterdrückte, scheinbar grenzenlose Wut. Die ganze Situation, in der sie sich immer mehr wie seine todgeweihte Gefangene vorkam, mit diesem durchdringenden Blick aus geschlitzten Pupillen, die denen eines Raubtieres glichen und sie wortlos betrachteten, abschätzend, als wäre sie seine Beute oder sein Opfer, trug nicht gerade dazu bei, ihre Angst zu mildern.

Warum hatte er sie mitgenommen?

Eve wusste nicht wirklich viel über die Abtrünnigen, doch dass die Gestalten der Dunkelheit Lichtwesen nicht gerade freundlich gesonnen waren, hatte selbst sie mitbekommen. Im Moment wünschte sich die junge Frau nichts sehnlicher, als nie aus dem Himmel fort gegangen zu sein.

Sie wusste zu wenig von den Gefahren, die hier auf jeden Engel zu lauern schienen. Ihre Vorbereitungen hatten das Leben auf der Erde betroffen, aber nichts von den wichtigen Dingen mit eingeschlossen, was die anderen in ihrem Alter gelernt hatten.

Sie wusste so gut wie gar nichts über Dämonen und wie sie sich gegen sie zur Wehr setzen konnte. Ihre einzige Alternative war immer nur das Weglaufen gewesen, doch wie sollte sie vor etwas davon rennen, von dem sie gar nicht wusste wie sie es erkennen sollte?

Außerdem war trotz der ganzen Übungen alles auf dieser Welt ganz anders und neu für sie gewesen, und diese Tatsache, zusammen mit der unterdrückten Feindseligkeit, die ihr jetzt zusammen mit dieser unvergleichlichen Aura von dem Dämon über ihr entgegenschlug, wühlte ihr Innerstes auf.

Er hatte doch dafür gesorgt, dass sich ihr Körper verändert hatte, und nun dem einer Zwölfjährigen entsprach! Weshalb war er dann wütend auf sie?

Als hätten die Gedanken über ihr Alter irgendeine verborgene Tür in ihrem Geist aufgestoßen, wurde Eve mit einem Mal klar, was das seltsame Gefühl des Verlustes war, das sie sofort nach dem Aufwachen verspürt hatte.

Sie war nicht mehr da!

Die wenige Heilmagie, die sie bisher besessen hatte und die sie zwar nie anwenden konnte, aber die trotz allem wie eine kleine Flamme in ihrem Inneren gebrannt hatte, war nicht mehr vorhanden! Ihr Verschwinden schmerzte, als wäre etwas in ihr ausgelöscht worden, das noch gar nicht zur vollen Entfaltung gekommen war.

Eine eisige Hand schien sich um ihr Herz zu legen und es schmerzhaft zusammen zu pressen, als sie die volle Erkenntnis mit der Wucht eines Schwerthiebs traf.

Dadurch, dass dieser Dämon ihr nicht nur die Energie, sondern auch ihr Alter genommen hatte, war sie jünger als Dreizehn!

Und da sie Menschenform angenommen hatte bedeutete das, dass sie noch kein vollständiger Engel war, weil die Zeitrechnung eine völlig andere war.

Denn erst mit dreizehn Erdenjahren verwandelten sich die jungen Himmlischen in Lichtwesen und bekamen ihre ersten, noch unsichtbaren Flügel und somit auch ihre Magie!

Das wiederum bedeutete … dass sie im Moment kein Engel mehr war, sondern ein ganz normaler Mensch, und sich nicht zurück transformieren konnte. Somit war jede Chance, mit den oberen Sphären Kontakt aufzunehmen zerstört!

Ein Flackern um sie herum riss sie aus ihren verzweifelten Gedanken und erinnerte sie daran, dass sie im Moment noch ganz andere Sorgen hatte.

Die Angst packte sie wieder mit gierigen Klauen und schleuderte sie tiefer in die Finsternis. Sie war allein! Und absolut wehrlos. Keiner würde ihr helfen können, weil niemand wusste, dass sie Hilfe brauchte!

Eve starrte auf die rot schimmernden Wände, die ihr jetzt erst wirklich auffielen und sie mit dem schwarzhaarigen jungen Mann wie eine Pyramide einschlossen. Sie waren vollkommen von der Außenwelt abgeschottet.

Die drei anderen Dämonen dahinter, die diese mit ihrer Magie bildeten und die ihr erst jetzt bewusst wurden, jagten ihr nur noch einen geringen Zusatzschrecken ein. Zu tief war sie im Sumpf der Verzweiflung gefangen als dass sie diese neuerliche Gefahr noch groß schocken konnte.

Was sollte sie nur tun?

Was konnte sie überhaupt tun?

Ihre vor Schmerz und Angst dunklen Augen wanderten zurück zu dem hübschen Gesicht ihres Gegenübers, der noch immer über sie gebeugt war und dessen Mine nichts verriet. Er schien zu warten.

Aber worauf?

Was würden sie jetzt mit ihr machen?

Es war einfach zu viel!

„Oh Gott!“ flüsterte sie mit leiser zittriger Stimme in der ihre ganze Verzweiflung lag. Die drei Dämonen um sie herum zuckten erschrocken zusammen als die magische Wand bei ihren Worten verlosch.

Eve war nicht weniger erstaunt und vergaß für einen kurzen Moment ihre Furcht. Wie war das denn jetzt passiert?

Lediglich der mit den goldenen Augen, von dem sie vermutete, dass es der Anführer der anderen war - denn jetzt konnte sie auch die Auren der übrigen um sie herum wahrnehmen, und keine war so mächtig wie seine - zog lediglich eine Augenbraue in die Höhe und auf seine hübschen Züge schlich sich eine Spur von Belustigung.

„Nun, Kleine – wenn das geklärt wäre, können wir uns ja ein wenig über deine Zukunft unterhalten.“
 

*:------------------------~*~--------------------------:*

TBC.

~: Arrangements :~

» Wer einen Engel sucht und nur auf die Flügel schaut, könnte eine Gans nach Hause bringen. «

(Georg Christoph Lichtenberg)
 

~* Himmelstreppe, auf Höhe der fünften Sphäre *~
 

Gabriel zuckte überrascht zusammen und fuhr herum als die Stimme plötzlich hinter ihm erklang.

Er musste nach unten blicken, denn sein Gegenüber war nicht nur etwa einen Kopf kleiner als er selbst, sondern stand auch noch auf der Stufe unter seiner.

Funkelnde tiefblaue Augen bohrten sich in die seinen und auf dem gebräunten hübschen Gesicht des Anderen lag ein spöttisches Grinsen.

Sein durchtrainierter Körper war – für einen Engel völlig untypisch – mit einer weißen Lederhose und einem lässigen Seidenhemd in derselben Farbe, das er offen trug, bekleidet. Die Füße des jungen Mannes steckten in grauen Boots.

„Deine Reflexe lassen ganz schön nach, Gab! Man merkt, dass du schon lange nicht mehr auf der Erde warst!“ stichelte der Kleinere, der seine rotblonden Haare in einem Pagenschnitt trug und dessen große schneeweiße Flügel an den Federspitzen kupferfarbene Flammenränder aufwiesen.

Dann wandte sich der junge Mann, der nicht nur wegen seiner Größe jugendlicher wirkte als die scheinbaren fünfundzwanzig Jahre, für die er sich offiziell entschieden hatte, dem Seraphim neben dem noch immer sehr perplexen Erzengel zu.

„Hallo, schöne Sephrenia. Kaum zu glauben, dass du es immer noch mit ihm aushältst.“ Stellte er augenzwinkernd fest und zog sie in eine kurze herzliche Umarmung.

„Michael!“ Gabriel hatte endlich seine Sprache wieder gefunden, starrte den jüngeren ranggleichen Engel aber immer noch ungläubig an. „Was machst du denn hier?“

Der Rotblonde richtete sich wieder auf und grinste ihn an. Ein spitzbübischer Ausdruck schlich sich auf seine hübschen Züge.

„Ah, du bist der Sprache ja doch noch mächtig! Nun, ich hab mir ein neues Trainingsprogramm überlegt, mit dem ich dich wieder auf Vordermann bringe und bin hier um dich abzuholen, damit wir gleich anfangen können. Du hast ja gerade selbst gesehen, dass du so was dringend nötig hast.“

Gabriel warf ihm einen empörten Blick zu, und ein flüchtiges Lächeln erhellte Sephrenias Gesicht.

Einen kurzen Moment behielt Michael die Maskerade noch bei, dann wurde er unvermittelt ernst.

„Eigentlich komme ich von Ihm. Wir haben alle drei eine Verabredung mit dem alten Herrn und ich wurde von Ihm geschickt um zu schauen wo ihr bleibt. Wie es aussieht befinden wir uns ein wenig unter Zeitdruck.“
 

~* Hölle, siebte und tiefste Sphäre, Raum von Natas *~
 

Ein blutroter Wirbel erschien etwa drei Meter über dem schwarzen Marmorboden der riesigen, bogenförmigen Kuppel, und kurz darauf materialisierte sich die erwachsene Form von Cruel, noch immer die leblose Gestalt Raphaels in den Armen.

Luzifer, der mit einigen anderen Dämonen nahe dem Zentrum der Höhle stand, wo sich alle Kabel des riesigen Höllencomputers - die alle sieben Sphären wie ein wurzelartiges Geflecht durchzogen - zu einem riesigen, schwarzen Strang vereinten, der sich durch ein Loch im Zentrum der Kuppel weiter nach draußen wand , hob den Kopf und lächelte.

„Wie ich sehe warst du erfolgreich.“

Der weißblonde Dämon erwiderte das Grinsen. „Hast du je daran gezweifelt?“

Der Höllenfürst zuckte mit den Schultern. „Es war keine leichte Aufgabe.“

Cruel verzog das Gesicht und schenkte dem ohnmächtigen Engel einen düsteren Blick. „Oh doch. Er war vollkommen abgelenkt und hat auf nichts mehr geachtet. Jeder niedere Dämon, wahrscheinlich sogar jeder Novize, hätte es ohne Probleme geschafft, ihn in diesem Zustand außer Gefecht zu setzen.“

Luzifer runzelte die Stirn. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Sache mit dieser jungen Himmlischen im Krankenhaus einen so großen Effekt auf ihn hat.“

Er zuckte mit den Schultern. „Tut mir Leid, dass du nicht so viel Spaß haben konntest. Aber du hast ja jetzt jede Menge Zeit, um dich mit ihm zu amüsieren.“

Cruels Lächeln war kalt wie Eis, während seine Augen zu dem blassen Gesicht Raphaels wanderten. „Du hast Recht. Leider ist das Gift ziemlich stark – ich hatte schließlich mit einem einigermaßen ebenbürtigen Gegner gerechnet. Er wird noch Tage, wenn nicht Wochen schlafen. Ach – ehe ich es vergesse -“ Der junge Dämon warf sich sein bewusstloses Opfer kurzerhand über die Schulter und streckte eine Hand aus.

In ihr bildete sich allmählich eine Kugel aus reiner Energie, die über die gigantische Oberfläche der abgedunkelten Scheiben, aus denen die Riesenkuppel bestand, golden aufblitzende Lichtreflexe schickte, und den gigantischen Raum mit flackernder Helligkeit erfüllte.

Sie begann, rasch zu wachsen, und erreichte einen Durchmesser von sicherlich einem Meter, wobei ihr Leuchten immer intensiver wurde. Luzifers Augen weiteten sich vor Überraschung. „- unser Engel war so freundlich, uns ein wenig von seiner Mentalkraft zur Verfügung zu stellen.“

Langsam breitete sich auf dem Gesicht des gefallenen Engels ein Grinsen voller Triumph aus.

„Hah! Einfach wunderbar! Die Idee war genial, Cruel! Das dürfte genug sein, um nicht nur das Transportsystem von denen da Oben vollständig außer Gefecht zu setzen, sondern ihnen auch noch ganz gewaltige Probleme mit Vawatjen zu bescheren.

Vielleicht hatten sie ja sogar einen Totalzusammensturz, wenn das Gleichgewicht so krass gestört wurde. Jedenfalls gibt uns die Regenerationsphase, die sie mit Sicherheit benötigen werden um alles wiederherzustellen, genug Zeit, dass sich Sin mit Natas vertraut machen kann. Und die Energie, die du noch dazu gewonnen hast, wird ihn wieder aufladen. Seit dem Vorfall mit dem misslungenen Zauber musste er ja auf Sparflamme laufen.“

Cruel lächelte und gab der golden leuchtenden Kugel einen kleinen Schubs.

Dieser reichte jedoch aus, um die gebündelte Energie mit ziemlich großer Geschwindigkeit in Bewegung zu setzen – direkt auf den gewaltigen Kabelstrang zu.

Es dauerte nicht lange, bis der hell schimmernde Ball ihn erreicht hatte.

Knisternd verschlang die Schwärze das Licht gänzlich und mit unglaublicher Geschwindigkeit, wobei die Kabelstränge langsam rot glühend wurden.

Die düstere Farbe breitete sich rasch aus, bis die Stränge in einem seltsamen rot-schwarzen Muster flackerten.

Nun erst wurde deutlich, dass jeder Zentimeter des Bodens der gewaltigen Höhle von den Wurzeln Natas’ durchzogen war, die sich bis zu Kapillargröße verzweigten. Der ganze riesige Raum begann, wie ein langsam zum Leben erwachendes Wesen in dunklem Rot zu pulsieren.

Sogar die Streben der Kuppel bestanden aus Kabeln, die sich soweit verhärtet hatten, dass sie das gewaltige Gewicht der ganzen Konstruktion problemlos trugen.

Luzifer nickte zufrieden. „Das kommt uns bei unserer Suche nach den besonders reinen Seelen sehr zugute. Vor allem jetzt, nachdem dieser Zauber mit Loki schief gegangen ist und wir diesen großen Energieverlust hatten, müssen wir schnell wieder neue Kraft sammeln um dieses Defizit ausgleichen zu können. Sonst hält das Siegel auf den Höllentoren noch ewig.“

„Ich werde unseren unfreiwilligen Gast mal in seine Zelle bringen, wo er sich erstmal ausschlafen kann.“ Murmelte Cruel und verschwand, nachdem er das zustimmende Nicken seines Herrschers abgewartet hatte, mit dem ohnmächtigen Erzengel in einem blutroten Wirbel.

Luzifer wandte seine Aufmerksamkeit wieder der blassen jungen Frau die noch immer unbeweglich neben ihm stand zu, deren taillenlangen Haare ebenso weiß waren, wie die ihres Zwillings.

Und die wie dieser dank Seelenenergie sowohl körperlich als auch geistig bereits auf den Stand einer Zwanzigjährigen gebracht worden war.

Ihr wohlgerundeter Körper war in eine zeremonielle, weite schwarze Robe gehüllt, die über und über mit je nach Lichteinfall lavafarben aufleuchtenden Runen bedeckt war.

„Also Sin – wollen wir doch mal sehen, wie gut du Natas gefällst und wie ihr beiden miteinander zurecht kommt.“

Die hübsche Dämonin lächelte, und ihre schwarzen Augen fixierten den dicken, pulsierenden Kabelstrang einige Meter vor ihr, während sie auf diesen zuging. Das düstere Rot spiegelte sich in ihrer Iris wider, die langsam begann, ebenso wie Natas, in regelmäßigen Abständen aufzuglühen, als die schlanke junge Frau dem Herz des Computers immer näher kam.

Sie wusste nicht genau, was jetzt auf sie zukam oder von ihr erwartet wurde, aber in ihrem Bauch breitete sich ein Kribbeln voller Vorfreude aus. Sie spürte ihre Verbundenheit mit dieser Maschine, die doch so viel mehr war. Sie schien eher ein Lebewesen mit eigenem Bewusstsein zu sein.

Das Pulsieren des riesigen Computers wurde immer schneller und das Glühen stetig intensiver, je näher Sin ihm kam. Plötzlich lösten sich einige der glänzenden schwarzen Kabel aus dem Hauptstrang, schossen wie die gierigen Tentakeln einer überdimensionalen außerirdischen Lebensform heran und schlangen sich unnachgiebig um den Körper der jungen Frau. Dabei rissen sie ihr die weite Robe geradezu vom Leib und zogen sie schließlich, völlig nackt, mit großer Bestimmtheit ins Innere Natas’.

Die junge Dämonin war viel zu verwirrt um sich zu wehren, als sich die gewaltige Kabelansammlung bereitwillig teilte, um sie zu verschlingen. Die zierliche, noch immer fest von den Strängen umschlossene Gestalt verschwand zwischen schwarzen Tentakeln, als sich immer mehr der Kabel um ihren Körper wanden. Dann schloss sich die Kabelansammlung vor den Augen der übrigen Dämonen wieder, die das Schauspiel still betrachtet hatten.

Als kurz darauf ein spitzer erstaunter Schrei aus dem Inneren Natas’ erklang, der in einem Stöhnen endete und in eindeutige, rhythmische Laute überging als die Stränge mit ihrer Aktivität fort fuhren, und der Kabelstrang beinahe ohne Unterbrechung rot glühte während er erregt zuckte, lächelte Luzifer zufrieden.

„Natas’ hatte schon immer eine Vorliebe für hübsche Jungfrauen, und diese ist sogar auch noch sein eigenes Geschöpf. Die beiden werden gut miteinander auskommen, sobald er seine erste Gier an Sin gestillt hat. Das hier wird wohl noch ein wenig dauern. Sorgt dafür, dass sie nicht gestört werden und informiert mich, wenn sie fertig sind.“

Die anderen Dämonen starrten mit einer Mischung aus Verblüffung und stetig wachsender Erregung auf das sich aufgeregt bewegende Kabelbündel, in dessen Mitte sich noch immer die junge Frau befand, deren hingebungsvolle Laute leicht gedämpft nach draußen drangen.

Als einige von ihnen begannen, sich mit vor Lust brennenden Augen nach Gleichgesinnten umzusehen, durchschnitt Luzifers Stimme ihre benebelten Sinne.

„Oh nein, eine Orgie können wir uns jetzt nicht leisten.

Ihr habt mehr als genug damit zu tun, die neuesten Daten auszuwerten, die Natas seit seinem Energieschub von sich gegeben hat. Ich möchte nicht böse auf euch werden und einige von euch … bestrafen müssen.“ Fügte der Höllenfürst mit einem dünnen Lächeln hinzu, als sich ihm eine ganze Menge Gesichter mit verlangendem Ausdruck zuwandten.

Die Verwalter des Computers waren zum Großteil weiblich, was daran lag, dass Natas Frauen in seiner Nähe bevorzugte.

Er warf jedem von ihnen noch einen strengen Blick zu, um seinen Standpunkt nachdrücklich klar zu machen. Dann drehte sich der gefallene Engel mit einem eleganten Wirbeln seines schwarzen Umhangs kurzerhand um und verließ die Höhle, die noch immer von dem Stöhnen Sins erfüllt war, ehe er selbst schwach wurde. Trotz allem - es lief bisher ganz ausgezeichnet.
 

~* Erde, Lokis Appartement im offiziell nicht vorhandenen 13. Stock des Kazewolkenkratzers *~
 

Die Stimme dieses Anführers war rau und gleichzeitig erstaunlich sanft. Sie hatte nur noch entfernt Ähnlichkeit mit der des Jungen, der er gewesen war. Wieder verspürte Eve dieses seltsame Kribbeln in ihrem Bauch, während das Gemurmel der anderen Dämonen an ihr Ohr drang.

„Was fällt ihr ein, gerade Ihn in einem schwarzmagischen Schutzschild anzurufen?

Wir können froh sein, dass sich der Zauber einfach nur aufgelöst hat und uns nicht explodiert ist! Jeder mit noch so kleiner magischer Ausbildung weiß, dass man so etwas unter keinen Umständen machen sollte! Sonst wäre es ja auch zu einfach. Sie scheint wirklich gar keine Ahnung zu haben, noch nicht einmal von den einfachsten Sachen, die jeder, egal ob Engel oder Dämon, von klein auf lernt.“ murmelte gerade eine wunderhübsche junge Frau mit lilafarbenen, langen glatten Haaren.

Ihr Körper steckte in einem tief ausgeschnittenen, äußerst eng anliegendem ärmellosen schwarzen Lackbody mit silbernem Reißverschluss an der Vorderseite, der von ihren üppigen Kurven mehr zeigte als verbarg und Eve schon allein vom anschauen her die Röte ins Gesicht trieb.

Um ihre Arme, die sie gerade senkte, waren ebenfalls schwarze Lederschnüre gewickelt, und den Beinabschnitt, den man zwischen ihren oberschenkelhohen Lackstiefeln sah, bedeckte eine grobe Netzstrumpfhose. Sie stand direkt hinter dem gut aussehenden Anführer der Höllengeborenen.

Ihre vollen Lippen, die die Farbe von dunklen Kirschen hatten und sich leuchtend von ihrer makellosen, hellen Haut abhoben, verzogen sich zu einem missmutigen Schmollmund. Lilafarbene, schwarz umrandete Augen richteten sich anklagend auf Eve, und der junge Engel bemerkte, dass ihre rechte Augenbraue von einem blauschwarzen Strich durchbrochen wurde.

„Genau, dafür muss sie bestraft werden!“ warf eine unangenehm schneidende, für eine Frau relativ tiefe Stimme ein. Die Dämonin, der sie gehörte, war ein gutes Stück größer als die schöne Dame, die eben gesprochen hatte, und der junge Engel hatte schon die ganze Zeit vermieden, auch nur in ihre Richtung zu sehen.

Wenn ihre Aura auch bei weitem nicht so mächtig war, wie die des jungen Mannes ihr gegenüber – das war keine der anderen - so lag doch eine so erschreckende Kälte und Brutalität in ihr, die die aller anderen hier im Zimmer an Gewaltbereitschaft übertraf, dass es der Himmlischen einen kalten Schauer über den Rücken jagte.

Widerstrebend wandte sie den Kopf und starrte die grobknochige Frau verängstigt an, die ihren Blick aus vollkommen hellroten Augen mit geschlitzter Pupille erwiderte. Ihre Haare hatten die Farbe von getrocknetem Blut und waren zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst.

Ihrem kantigen Gesicht wurde von rundum verlaufenden, roten Zacken, die von außen nach innen immer schmaler wurden, ein noch unheimlicher Ausdruck verliehen. Es sah aus wie eine seltsame aber sehr bedrohliche Kriegsbemalung und unterstrich die beängstigende Ausstrahlung der Dämonin noch mehr.

Ihr großer schlanker Körper steckte in einer schwarzen, eng anliegenden Lederhose und einem ärmellosen T-Shirt in derselben Farbe.

Um ihre Taille lag ein breiter Nietengürtel und ihre Hände, die sie nun ebenfalls senkte, wurden von schwarzen Lederhandschuhen bedeckt, die nur die Fingerspitzen frei ließen. Eve drückte sich unwillkürlich noch tiefer in die weiche Ledercouch, die ihr aber plötzlich wenig Schutz bietend und kalt erschien.

„Du solltest das lieber lassen, Anger, wenn du Loki nicht sauer machen willst.“ Warf eine neue, diesmal männliche Stimme ein.

In ihr schwang ein leicht amüsierter Unterton mit.

Die Himmlische war dem Sprecher wirklich dankbar, denn durch die gesprochenen Worte war es ihr möglich, den Kopf abzuwenden.

Sie hatten den Bann, den diese andere, schreckliche Dämonin - die offensichtlich Anger hieß – unwillkürlich auf sie ausgeübt hatte, durchbrochen. Ihre ungewöhnliche magische Sensibilität, die sie nach wie vor besaß, war von der grenzenlosen Kälte dieser Aura geradezu eingefroren worden.

Während Eve sich noch fragte, ob mit Loki wohl der gutaussehende Anführer gemeint war, der ihr gegenüber saß, erblickte sie auch schon den Sprecher, einen dünnen jungen Mann, der links von ihr, zwischen Anger und der hübschen jungen Frau stand.

Braune Augen, in deren äußeren Winkel jeweils ein roter Strich bis hin zur Schläfe verlief und in denen ein seltsames Glitzern lag, erwiderten ihren Blick belustigt.

„Mein Name ist Greed.“ Stellte sich der Dämon ohne große Umschweife vor, und fuhr sich mit einer von einem Lederhandschuh bedeckten Hand schnell durch die kurzen dunkelbraunen Haare – wie in einem vergeblichen Versuch, sie ordentlicher erscheinen zu lassen.

Auch er trug ausschließlich schwarz, in Form der Handschuhe, einer einfachen, eng anliegenden Hose und einem ebenfalls figurbetonenden T-Shirt. Der Kontrast zu den ständigen Pastellfarben und leuchtenden Weiß im Himmel hätte nicht krasser sein können.

Der junge Engel biss sich verunsichert auf die Lippen.

Trotz seiner scheinbar recht netten Worte strahlte seine Aura, in der sie ein sehr seltsames Gefühl bei dem es ihr nicht so recht gelang es einzuordnen überdeutlich wahrnahm, Ablehnung aus.

Immer wieder schien sein Blick abzuschweifen und zu ihren Füßen zu wandern. Warum konnte sie sich allerdings gar nicht erklären.

Wie sollte sie jetzt also reagieren?

Sie wusste doch, dass ihm nicht wirklich etwas daran lag, ihren Namen zu erfahren. Die Entscheidung sollte ihr allerdings abgenommen werden.

„Nun, Engelchen – es ist ziemlich unhöflich, auf eine so nette Vorstellung nicht zu antworten.“ Durchschnitt die Stimme des Anführers ihre Gedanken.

Aus seinem Mund hörte sich das Wort „nett“ allerdings mehr wie eine Beschimpfung oder etwas sehr Ekliges an. Er sprach es mit sichtbarem Widerwillen aus.

Widerstrebend wandte ihm Eve wieder seine Aufmerksamkeit zu. Wie erwartet kam das seltsame Kribbeln zurück, sobald sie ihn ansah. Ihre Kehle war plötzlich wie zugeschnürt, während ihre Gedanken wild durcheinander wirbelten. Was war nur mit ihr los?

Sie konnte sich die seltsamen Reaktionen ihres Körpers auf ihn nicht erklären. Ob es wohl damit zusammenhing, dass sie jetzt Zwölf war?

Aber irgendwie fühlte sich das alles nicht so an, als würde es zu einem Kind passen. Peinlich berührt und verunsichert drückte sie sich noch mehr in die Polster des schwarzen Ledersofas. Diese Gefühle waren nicht wirklich unangenehm, aber irgendwie … unangebracht?

Außerdem – warum waren diese Dämonen nach außen hin so freundlich zu ihr, wenn sie sie in Wirklichkeit doch gar nicht leiden konnten, um es mal etwas zu verharmlosen. Insbesondere diejenige, die Anger genannt wurde, hatte noch ganz andere Dinge mit ihr vor.

„Nun glotz ihn nicht an wie ein hypnotisiertes Kaninchen, Mädchen.“ Riss sie die ungehaltene Stimme der wunderhübschen Frau aus ihren Überlegungen, und Eve wurde siedendheiß bewusst, dass sie diesen gutaussehenden Anführer tatsächlich ununterbrochen angestarrt haben musste, während sie ihren Gedanken nachgehangen war.

Sie konnte nicht ahnen, dass Wantoness ziemlich eifersüchtig sein konnte was den Sohn des Höllenfürsten betraf, und die Dämonin sich eigentlich einen Dreck um die Regeln des Anstands scherte.

Auch wenn sie das junge Mädchen, das jetzt auf dem Sofa saß, nicht wirklich als Konkurrenz betrachtete.

Für die junge Himmlische, die nun verlegen den Blick senkte, war es eine Ermahnung wie sie ihr jeder andere Engel auch hätte zukommen lassen. Sie registrierte zwar die leichte Veränderung in der Aura der schönen Dämonin, maß ihr aber keine weitere Beachtung zu.

Die Himmlische in Kindform war mit ganz anderen Dingen beschäftigt, ihre Wangen brannten. So eine Blamage, und sie hatte ihren Fauxpas noch nicht einmal bemerkt! Mit ihr stimmte wirklich gar nichts mehr.

„Mein Name ist Eve.“ Sagte sie leise, während sie ihre Augen wieder hob.

Loki blickte sie scharf an.

Es war das erste Mal, dass er als Erwachsener ihre richtige Stimme hörte, ohne dass sie flüsterte.

Der Moment, als sie sich erstmals begegnet waren, konnte in dieser Hinsicht nicht mitgezählt werden, denn da hatte er dem Klang keine große Bedeutung zugemessen, ja gar nicht darauf geachtet. Schließlich war er zu dem Zeitpunkt ein Dreizehnjährger gewesen, der sich nicht für derartiges interessierte, und erst recht nicht auf so was ansprach.

Doch das hatte sich geändert. Er war jetzt wieder ein ausgewachsener Dämon und somit empfänglicher für Dinge, die er als Junge nicht einmal beachtet hätte.

Dass ihm der helle, sanfte Klang jetzt sofort gefiel, mochte er gar nicht und es machte ihn stutzig.

Warum konnte sie nicht schrill oder quietschend sprechen?

Die Kleine war jetzt zumindest körperlich ein Kind von zwölf Jahren!

Wie kam es dann, dass sie noch immer diese äußerst melodiöse Stimme hatte, die sie auch mit 23 besessen hatte?

Lokis Augen verengten sich beinahe unmerklich, doch auf seinen Zügen spiegelte sich nichts von seinem Misstrauen, als er mit vollkommen beherrschter Stimme antwortete.

„Eve also. Loki, Wantoness, Anger.“ er deutete der Reihe nach erst auf sich, dann auf die beiden Dämoninnen, während er weiterhin das nach wie vor ein wenig blasse, hübsche Gesicht des jungen Engels, das seit dem Kuss eindeutig kindliche Züge aufwies, betrachtete.

Ihre großen, ausdrucksvollen Augen waren noch immer dunkel vor Furcht.

Sie war bereits als Zwölfjährige schon eine auffallende Schönheit, soviel stand fest. Aber dachte Er etwa, dass Loki mit so etwas simplem wie dem Klang einer Stimme aus dem Konzept zu bringen war?

Ansonsten hatte die Himmlische jetzt schließlich nichts wirklich Reizvolles mehr zu bieten – und er würde mit Sicherheit nicht den Verlockungen eines Kindes erliegen, soviel stand ja wohl fest!
 

*:------------------------~*~--------------------------:*
 

TBC.

~: New and old orders :~

» Gemach, gemach. Der Teufel ist auch bloß ein Mensch. «

(Peter Rudl)
 

~* Siebte himmlische Sphäre, vor dem Tempel Gottes *~
 

Als die drei hochrangigen Engel die Throni in ihren glänzenden Harnischen mit einem freundlichen Kopfnicken passiert hatten und zwischen die gewaltigen Säulen des gigantischen hellen Tempels traten, löste sich eine sehr schlanke Gestalt von einer der riesigen runden Marmorgebilde vor ihnen und trat auf sie zu. Auf den großen schneeweißen Flügeln, die ihren Schulterblättern entsprangen, leuchteten unzähligen Diamanten wie Tautropfen.

Die Geräusche ihrer hohen Pumps hallten durch den Raum, während sich die hochgewachsene junge Frau, die aussah als wäre sie Ende Zwanzig, den Neuankömmlingen mit energischen Schritten nährte.

„Ihr habt ziemlich lange gebraucht.“ Schalt sie, sobald sie auf Hörweite herangekommen war.

Die volle Altstimme war von einer Spur Ungeduld erfüllt, auch wenn sich die hübsche Engelsfrau in dem eleganten weißen Kostüm mit kurzem Minirock alle Mühe gab, so ruhig und gelassen aufzutreten wie sie es immer tat.

Ihr silberblondes Haar war wie sonst auch zu einer komplizierten Hochsteckfrisur zusammengefasst, aus der sich durch den Stress der letzten halben Stunde jedoch einige Strähnen gelöst hatten.

Ihre ausdrucksvollen veilchenfarbenen Augen blickten den etwa gleich großen Michael über den Rand des schmalen Silbergestells ihrer eckigen Brille hinweg vorwurfsvoll an.

„Er hat doch gesagt, dass es dringend ist.“

Der Rothaarige zuckte nur mit den Schultern. „Es ging nicht schneller. Für das Chaos, das im Moment herrscht, waren wir sogar ziemlich schnell.“

„Geht’s dir gut, Jophiel?“ Sephrenia drängte sich an Michael vorbei und musterte die edlen, klassischen Züge des hübschen schmalen Gesichts ihres Gegenübers besorgt. Wie immer lag ein ernster Ausdruck auf ihm, der Jophiel ein wenig älter erscheinen ließ als ihr gewähltes Alter war.

Die helle, zart durchscheinende Haut des zweiten der beiden weiblichen Erzengel, sah noch blasser aus als sonst und ihre ungewöhnlich violetten Augen, die sie wie so oft hinter Brillengläsern versteckte, drückten Sorge aus.

Jetzt wandte sie ihren Blick der etwas kleineren Sephrenia zu und sie schenkte dem Seraphim eines ihrer seltenen Lächeln, auch wenn es diesmal ziemlich müde aussah.

„Den Umständen entsprechend.“

Ihr Gegenüber runzelte die Stirn. Jophiel neigte dazu, sich bei Dingen, die sie selbst betrafen immer sehr wage auszudrücken.

Sie konnte sich vorstellen, dass es eine wahnsinnige Belastung sein musste und der hübsche, äußerst intelligente Erzengel unter enormem Stress stand. Schließlich war sie die Hauptverantwortliche von Vawatjen und für einen reibungslosen Ablauf der vielen Prozesse im Netzwerk verantwortlich.

Der katastrophale Zusammenbruch eines ganzen Systemarms musste ihr schlimmster Alptraum sein.

Sie hatte auch so schon immer mehr als genug zu tun, um den riesigen Himmelscomputer mit seinen unzähligen Funktionen fehlerlos am Laufen zu halten, denn obwohl es viele himmlische Verwalter und Programmierer gab, die sie nach Kräften unterstützten, kannte sich in den komplizierten Tiefen Vawatjens niemand so gut aus wie Jophiel selbst.

Was nicht zuletzt daran lag, dass ihr Element die Energie war.

Und im Moment funktionierte gar nichts mehr wie es sollte.

Sephrenia vermutete, dass der Totalausfall des Transportersystems und somit auch Raphaels Energieverlust auch die anderen Programme betraf. Es war ein Wunder, dass es der Erzengel geschafft hatte, dass trotz alledem noch alles andere ohne größere Probleme lief.

Doch Jophiel ließ dem Seraphim keine Zeit, weiter auf das Thema einzugehen, denn sie winkte den anderen kurzerhand zu, ihr zu folgen während sie mit eiligen Schritten auf das Tempelinnere zusteuerte.

Das Licht von draußen wurde zunehmend weniger, doch es wurde nicht wirklich dunkler. Stattdessen nahm nun das sanfte Glühen, das Er selbst ausstrahlte beständig zu. Schließlich öffnete sich der Säulengang zu einer riesigen Halle, und das sanfte Glühen steigerte sich unverhofft zu einem strahlenden Leuchten, so dass sich die vier Engel erst einmal geblendet abwenden mussten.

Sephrenia, die zum ersten Mal in diesem Raum stand, wagte es schließlich, einen Blick über ihre Schultern zu werfen.

Das gleißende Licht schien ihr nun, da sich ihre Augen darauf eingestellt hatten, nicht mehr ganz so hell zu sein, und sie erkannte in der Mitte der riesigen Halle einen thronähnlicher Stuhl, auf dem sich eine Gestalt befand, die vollkommen aus Energie zu bestehen schien.

Es war unmöglich, mehr als schemenhafte Umrisse zu erkennen, doch die schon beinah greifbare Aura geballter Macht und Weisheit nahm ihr schier den Atem.

Wie viele Himmlische hatte der Seraphim mit dem Allmächtigen bisher nur über Spiegel kommuniziert, und schon da war die Ausstrahlung seines Bildes beeindruckend gewesen.

Doch war all das gegen diese Aura die sie jetzt spürte nur ein billiger Abklatsch gewesen.

Unwillkürlich sank sie auf die Knie, und als sie überwältigt von Demut den Kopf senkte, sah sie aus den Augenwinkeln, dass die drei anderen es ihr nachgemacht hatten.

Stumm warteten sie, welche Dringlichkeit ihnen die Ehre verschaffte, vor das Angesicht des Schöpfers zu treten.
 

~* Erde, Lokis Appartement im offiziell nicht vorhandenen 13. Stock des Kazewolkenkratzers *~
 

Eve wand sich unbehaglich, als dieser Loki sie noch immer mit undurchdringlichem Gesichtsausdruck und diesen ungewöhnlichen goldenen Augen musterte, als wolle er sie lesen wie ein Buch.

Ihr schoss der Gedanke durch den Kopf, ob er in ihrer Aura genauso viel erspüren konnte wie es ihr selbst bei anderen möglich war, aber leider wusste sie so gut wie gar nichts über Dämonen.

Die ganzen Bruchstücke, die sie über die Höllengeborenen erfahren hatte, waren mehr oder weniger zufällig aus Gesprächen aufgeschnappt, die in ihrer Umgebung ab und zu stattgefunden hatten.

Das waren allerdings nicht wirklich viele gewesen und meistens wurde fast schon zu unauffällig das Thema gewechselt, sobald man sie bemerkte. Das Einzige, was sie mit absoluter Sicherheit wusste war, dass man den Dunklen gegenüber immer Vorsicht walten lassen musste und dass sie sehr gefährlich waren – für Menschen, aber besonders für Engel.

Die Stimme des gutaussehenden Dämons riss sie aus ihren Gedanken.

„Und was hat dich heute in dieses Haus geführt … Eve?“ erkundigte er sich weiter und sein Blick bohrte sich in ihre Augen.

Spürte sie da so etwas wie Misstrauen?

Sie war sich nicht sicher, da sie immer noch völlig ausgelaugt war und kurz davor stand, ein weiteres Mal das Bewusstsein zu verlieren.

Die Luft im Raum war jedenfalls dick vor mühsam unterdrückte Wut und lastete wie ein schweres Gewicht auf dem zarten Körper des jungen Engels.

Sie war es absolut nicht gewöhnt, negativen Schwingungen ausgesetzt zu sein, und die Feindseligkeit, die man ihr entgegenbrachte, war mehr als sie verkraften konnte und ein völlig neues Gefühl, das sie in den Auren aller Engel die ihr im Himmel begegnet waren nie verspürt hatte.

Das Atmen wurde zusehends mühsamer, vor allem, weil sie noch immer so schwach war, dass es der Himmlischen große Anstrengung bereitete, dem Geschehen um sie herum zu folgen. Die Angst, mit der sie kämpfte, war das Einzige, was sie davon abhielt, an Ort und Stelle der völligen Erschöpfung nachzugeben.

Der ausnahmslos klare Gedanke, den ihr benommenes Gehirn zustande brachte war, dass sie diesen Dämonen unmöglich die ganze Wahrheit sagen konnte.

Als Schutzengel war es ihre Aufgabe, wichtige Menschen vor den Höllengeborenen zu schützen, die hinter der Energie besonders reiner Seelen her waren und diese mit dem erzwungenen Tod ihrer Besitzer zu erreichen suchten.

Sie zweifelte nicht, dass die Dämonen die Informationen sofort ausnutzen würden, wenn sie ihnen irgendetwas über ihre Mission verraten würde. Allerdings war ihr auch klar, dass sie sich möglichst an die gegebenen Tatsachen halten musste – Engel waren nun mal von Natur aus schlechte Lügner.

„Ich … war noch nie vorher auf der Erde. Das heute war mein erster Ausflug.“ Begann sie zögerlich.

Sie bemerkte, dass der Gesichtsausdruck des hübschen Dämons grimmiger wurde. Nervös senkte sie die Augen und spielte mit dem Stoff ihres zu weiten Ärmels.

Wenn die Frage nur nicht so eindeutig gestellt gewesen wäre, dass es ihr beinahe unmöglich war, etwas anderes als die Wahrheit zu sagen.

„Ich wollte in dem Haus etwas nachsehen. Eigentlich hatte ich gar nicht vor, zum Speicher hoch zu gehen, aber da war so ein komisches Rumpeln …“

Sie verstummte erschrocken, als sich kühle Finger unter ihr Kinn legten und sie dazu zwangen, den Kopf zu heben und ihrem gutaussehenden Gegenüber wieder in die Augen zu sehen.

Loki erwiderte ihren Blick mit unlesbarem Gesichtsausdruck.

„Warum warst du in diesem Haus.“ Wiederholte er unerbittlich.

Er hatte in ihrem Gedächtnis gesehen, dass ihr einer der Erzengel einen Auftrag gegeben hatte – wahrscheinlich von Ihm, doch das Gespräch war verschlüsselt und nicht zu verstehen gewesen.

Vielleicht enthielt schon dieser Vorfall all die Informationen, die er brauchte und er musste sich nicht weiter mit diesem kleinen Mädchen ihm gegenüber befassen.

Loki spürte, wie sie versuchte diese Antwort zu vermeiden.

Ihre Augen wanderten nervös hin und her. Noch immer hielt er ihren Kopf fest in seiner Hand und verhinderte damit, dass sie ihm wirklich ausweichen konnte.

Eve senkte den Blick vor diesen flammenden Augen und starrte unwillkürlich auf den braungebrannten, muskulösen Arm unter ihrem Kinn, schluckte und biss sich auf die Unterlippe.

Sie wollte es nicht sagen, aber wahrscheinlich würde man sie töten wenn sie sich tatsächlich nicht kooperativ benahm und dann könnte sie ihren Auftrag ohnehin nicht mehr erledigen.

Das Mädchen hielt erschrocken den Atem an, als ihr ein weiterer Gedanke kam. Vielleicht war sie nun, da sie überhaupt keine Magie mehr besaß sogar automatisch von ihrer Aufgabe entbunden worden? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden – sie käme ohnehin nicht drum herum, ihre Identität zu verraten.

Statt dem schwarzhaarigen Dämon eine direkte Antwort zu geben streckte sie mühsam aber mit einer auffordernden Geste ihren linken Arm aus, der nicht durch die Rückenlehne der Couch an ihren Körper gepresst wurde.

Silberner Nebel sammelte sich darum und augenblicklich spürte Eve, wie ihre Finger das kühle geweihte Metall des Seyr umschlossen. Erleichterung wallte in ihr auf.

Offensichtlich war sie trotz allem immer noch der Schutzengel von Alica.

Der Griff um ihr Kinn löste sich und das Mädchen wagte es, dem Dämon ihr gegenüber einen vorsichtigen Blick zuzuwerfen.

Loki starrte mit einer Mischung aus Unglauben und Spott auf den Kampfstock, den der verfluchte Engel nun in der Hand hielt.

Er spürte die Aura des geweihten Silbers bis hierher. Dachte die Kleine etwa, sich damit gegen vier Dämonen höchsten Ranges zur Wehr setzen zu können?

In ihren Gefühlen, die er dank der Blutsbindung ohne Probleme lesen konnte, war eine kurze Zeit noch mehr Angst aufgeflackert als sie ohnehin schon ausstrahlte, doch diese hatte sich nun in Erleichterung umgewandelt.

Aber was wollte sie mit diesem Stab, wenn sie offensichtlich unter keinerlei Anspannung stand, was unweigerlich der Fall gewesen wäre, falls sie vor gehabt hätte, sie anzugreifen?

Ein leises Zischen erklang an seinem Ohr und die geschmeidige Schnur von Wantonness’ Peitsche schoss wie eine dünne lederne Schlange an dem Prinzen der Finsternis vorbei – der dabei nicht einmal mit der Wimper zuckte - und schlug der völlig perplexen jungen Himmlischen den Stab aus der Hand. Er landete mit lautem Gepolter auf dem Teppich und löste sich dort sofort wieder in seine Einzelteile auf, um im Nichts zu verschwinden.

Gleichzeitig schnitt die kalte Stimme der hübschen Dämonin durch den Raum.

„Was bist du nur für ein unverschämtes Gör? Dachtest du, mit diesem Stäbchen könntest du irgendwas gegen uns ausrichten, nur weil es aus Silber ist?“

Verwirrte rehbraune Augen erwiderten Wantonness’ wutfunkelnden Blick, während sich Eve unbewusst über die schmerzende Hand rieb. „Ich dachte, ihr wolltet wissen, warum ich in dieses Haus gegangen bin?“

Die Aura aus Wut, die von der hübschen Frau mit den lilafarbenen Haaren ausging, war äußerst beängstigend. Was hatte sie nur falsch gemacht?

„Und wozu kannst du dann bitte reden?“ fauchte die Dämonin keineswegs ruhiger.

Eve schluckte. „Ich … ich …“ stotterte sie und erstarrte, als sich eine grobe Hand von hinten schwer auf ihre Schulter legte.

Der junge Engel biss schmerzerfüllt die Zähne zusammen, als sie von einem Bruchteil der schrecklichen Aura eingehüllt wurde, die offensichtlich Anger gehörte. Es bereitete ihr weitaus mehr Qualen als der zu feste Griff den die große Frau drauf hatte.

Ihr Kopf begann zu pochen, als sich die negative Ausstrahlung immer weiter in ihr Inneres fraß. Mühsam presste sie die nächsten Worte hervor. „Ich musste doch erst feststellen, ob ich überhaupt noch ein Schutzengel bin.“

Langsam aber sicher wurde es ihrem Körper zu viel. Ein flaues Gefühl breitete sich von ihrem Magen ausgehend unaufhaltsam immer weiter aus, und Schwärze fraß an den Rändern ihres Sichtfeldes.

Der gutaussehende Dämon vor ihr machte eine Handbewegung und der feste Griff löste sich von ihrer Schulter, als sich Anger widerwillig zurückzog.

Eve atmete erleichtert auf, als sich dadurch gleichzeitig die Aura der Höllengeborenen zurückzog.

Sie begann sofort, sich wieder etwas besser zu fühlen, und mit einiger Mühe gelang es ihr, sich wieder vollkommen auf ihre Umgebung zu konzentrieren.

Lokis nachdenklicher Blick ruhte auf ihr.

Er verstand nun, weshalb sie versucht hatte, die direkte Antwort auf seine erste Frage zu umgehen. Entweder, sie spielte die Rolle des absolut unwissenden kleinen Engels wirklich gut, oder aber man hatte ihr wirklich nicht viel von Magie und dem andauernden Krieg zwischen Himmel und Hölle erzählt.

Der Schwarzhaarige tippte auf Letzteres, denn dass sie schlecht lügen konnte hatte sie soeben sehr eindrucksvoll bewiesen.

Offensichtlich hatte die Kleine so viel mitbekommen, dass ihr bewusst war, dass Dämonen hinter den energiereichen Seelen, die die Schutzengel bewachen sollten, her waren. Deshalb war es also Gabriel gewesen, der mit ihr gesprochen hatte. Demnach war die Information die er haben wollte auf alle Fälle verschlüsselt.

Das bedeutete jedoch auch, dass er sie jetzt in der Hand hatte. Es wäre für ihn kein Problem, aufzuspüren, welcher der Bewohner des Hauses Blumenstraße 15 nun derjenige mit der reinen Seele war, den Eve beschützen sollte.

Er konnte den verdammten kleinen Engel also problemlos erpressen, bei ihnen zu bleiben, indem er drohte, sonst ihren Schutzbefohlenen umzubringen. Lokis Lippen verzogen sich zu einem bösen Grinsen.

Ja, das wäre in der Tat ganz nach seinem Geschmack – jedoch ziemlich kontraproduktiv, was seinen Plan, ihr Vertrauen zu erschleichen, um dann an das in ihrem Inneren gespeicherte Wissen zu kommen, anging.

Aber es blieb da ja auch noch eine Alternative. Das Lächeln des Dämonenprinzen wurde breiter während er das kindliche Gesicht, dessen rehbraune Augen ihn ängstlich ansahen, musterte. Sie hatte tatsächlich keine andere Wahl, als auf sein Angebot einzugehen.

Noch dazu, weil er wusste, dass sie ihm in kürzester Zeit gänzlich verfallen wäre, wenn er es darauf anlegte. Er würde sich also nicht allzu lange mit der jungen Himmlischen abgeben müssen, ehe er mit ihr machen konnte, was er wollte. Sie würde eine leichte Beute sein.
 

Eve rann unwillkürlich ein Schauer über den Rücken, als sie von den goldfarbenen Katzenaugen des Dämons geradezu durchbohrt wurde.

Seine Aura strahlte enorme Zufriedenheit aus und etwas anderes, das sie zwar nicht identifizieren konnte, was sie aber zusehends nervöser machte.

Seine wohlklingende ruhige Stimme durchschnitt den Raum und ließ sie unwillkürlich zusammenzucken, während seine Worte dafür sorgten, dass sie zunehmend blasser wurde.

„Ich fasse also zusammen: Du hast keinerlei Magie mehr, bist vorerst in dieser Welt gefangen – und das Ganze zu allem Überfluss als ein unmündiges Kind - und hast trotzdem noch die Aufgabe, deine zugewiesene Seele als Schutzengel zu beschützen.“

Die junge Himmlische schluckte, als er mit schonungsloser Offenheit ihre Situation schilderte. Woher wusste er, dass sie keine Magie mehr besaß? Konnten Dämonen so etwas spüren?

Sie hatten ja auch sofort gemerkt, dass sie ein Engel war, noch bevor sie sie gesehen hatten… Eve wünschte sich verzweifelt, wenigstens ein bisschen mehr über die Höllengeborenen zu wissen. Lokis Stimme riss sie aus ihren Grübeleien.

„Wie ich sehe, bist du dir der Ausweglosigkeit deiner Situation durchaus bewusst. Ich habe folgenden Vorschlag für dich …“
 

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TBC.

~: Preparations :~

Hier gibt es einen ziemlich langen neuen Teil, der erst 2013 dazu gekommen ist.
 

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» Im Himmel ist ein Engel nichts Besonderes. «

(George Bernard Shaw)
 

~* Erde, Lokis Appartement im offiziell nicht vorhandenen 13. Stock des Kazewolkenkratzers *~
 

Eve starrte den Dämon vor sich entsetzt an, der ihren Blick jedoch nur mit einem gelassenen Grinsen erwiderte.

Er wusste wohl, dass sie gar keine Chance hatte, sein Angebot abzulehnen, aber allein bei dem Gedanken, sich darauf einzulassen, spürte sie, wie eine Gänsehaut ihren Körper überzog. Sie fühlte, dass sie keinem von diesen höllischen Wesen hier trauen konnte … trauen durfte. Und ihre Auren sagten dem Engel nur allzu genau, dass sie ihr alles andere als wohl gesonnen waren.

Warum boten sie ihr dann diese Möglichkeit an, die ihr in ihrer Situation mehr als half?

Es war offensichtlich, dass irgendwelche Hintergedanken dahinter steckten – sie hatte zumindest so viel mitbekommen, dass ihr bewusst war, dass Selbstlosigkeit nicht unbedingt zu den Stärken von Dämonen zählte - aber konnte sie es sich deshalb leisten, abzulehnen?

In dieser Beziehung blieb ihr eigentlich keine Wahl.

Eve war sich durchaus der Tatsache bewusst, dass sie im Körper einer Zwölfjährigen hier auf der Erde alleine, ohne Kontakte, nicht die geringste Chance hatte.

Und sie sah auch keine Möglichkeit, wie sie es schaffen sollte, in nächster Zeit aus diesem Schlamassel heraus zu kommen.

Zu allem Überfluss bestand ihr Auftrag, Alica zu beschützen, offensichtlich nach wie vor.

Das hieß, das Mädchen wäre in Gefahr, weil niemand anderes zu ihrem Schutz abgestellt werden würde. Ohne Hilfe würde Eve das auf gar keinen Fall schaffen.

Und nun war es ja auch nicht mehr wirklich ein Geheimnis, wo sich die reine Seele, die ihr zugeteilt war, befand.

Angers stille Präsenz jagte ihr nach wie vor Schauer über den Rücken.

Die unterdrückte Zerstörungswut, die die Dämonin in beständigen Wellen ausstrahlte, war mehr als beängstigend, und der Engel bezweifelte keinen Moment, dass sie nur auf eine Gelegenheit wartete, um etwas zu vernichten. Das Einzige, was sie im Moment einigermaßen im Zaum hielt war Loki.

Mit schwacher Stimme wiederholte die junge Frau im Körper einer Zwölfjährigen den Vorschlag, den ihr der gutaussehende Dämon soeben unterbreitet hatte:

„Ich soll also bei …“ sie zögerte kurz, beschloss dann jedoch, dass sie ihn ebenso gut duzen konnte, wie er sie. „… bei dir wohnen und ganz normal hier leben? Also auch in eine Menschenschule gehen? Und du wirst dich als mein …“ sie schluckte, ehe sie sich dazu zwang, fortzufahren. „…mein großer Bruder ausgeben, der das Sorgerecht für mich hat, weil unsere Eltern gestorben sind?

Ihr versprecht mir außerdem, dass ihr meinem Schützling nichts tut und mich bei meiner Aufgabe wenn möglich sogar unterstützt? Aber … warum solltet ihr das alles machen? Das … passt irgendwie nicht so ganz.“

Lokis Grinsen wurde breiter.

„Glaub mir, normalerweise biete ich euch da oben so was auch nicht an. Aber nachdem dich mein Zauber in diese prekäre Situation gebracht hat, fühle ich mich dafür verantwortlich, zumindest sicherzustellen, dass du deinen Job weiter ausüben kannst. Und das wird kein Problem für dich sein, wenn wir dich unterstützen.“

Zumindest der vorletzte Satz war eindeutig gelogen gewesen.

Eve konnte es sehen und spüren, dass ihr Gegenüber kein einziges seiner einlullenden, Vertrauen erweckenden Worte ehrlich gemeint hatte – auch wenn ihm das äußerlich überhaupt nicht anzumerken war.

Dennoch – was hatte sie seinen entwaffnenden Argumenten entgegenzusetzen? Lediglich ihre übersinnliche Wahrnehmung, die ihr verriet, wie die Wesen um sie herum wirklich fühlten. Dank dieser besonderen Fähigkeit wusste sie also, dass dies alles nichts weiter als eine Farce war, mit dem die Dämonen irgendeinen Zweck verfolgten - den sie aber sowieso nicht ergründen konnte. Aus irgendeinem Grund schien es so, als wollte Loki sie nicht gehen lassen. Aber seine wahren Motive würde er ihr wohl so oder so nicht mitteilen.

Ihre Gabe brachte ihr im Moment demnach gar nichts, im Gegenteil - sie erschwerte ihr das Ganze nur unnötig.

Denn Eve konnte dem Dämon mit den durchdringenden goldenen Augen im Moment nichts entgegensetzen – dabei machte es keinen Unterschied, dass sie wusste dass er etwas im Schilde führte.

Aus irgendeinem Grund nutzte er ihre Hilflosigkeit schamlos aus.

Und ihr blieb schlicht und ergreifend keine Möglichkeit, sein Angebot abzuschlagen.

Isoliert und ohne eine Chance, in nächster Zeit Kontakt mit dem Himmel herzustellen, war sie auf die Großzügigkeit der Höllenwesen angewiesen.

Immerhin lebte sie nach wie vor, obwohl es keine Mühe für die anderen gewesen wäre, sie einfach aus dem Weg zu räumen.

Und ihr Instinkt sagte ihr, dass sie zumindest im Moment sicher war.

Der Engel war von dem Zauber, der sie verjüngt hatte und den überstandenen Strapazen geschwächt – zudem brannte die Stelle an ihrem Hals wie Feuer.

Und irgendwas in ihrem Inneren wollte all das Negative, das sie von dem hübschen Dämon ihr gegenüber wahrnahm und bislang erfahren hatte, einfach ignorieren und ihm vertrauen.

Ihn mögen … vielleicht sogar lieben.

Eve wusste, dass es sich bei diesen widersinnigen Gefühlen um nichts natürliches handeln konnte. Es musste sich dabei um eine Art genetische Vorprogrammierung handeln der sie auf Dauer nichts entgegenzusetzen hatte. Und früher oder später auch nichts mehr entgegensetzen wollen würde – egal wie sehr sie sich der Tatsache bewusst war, dass diese Gefühle nicht auf Gegenseitigkeit beruhen würden.

Es war offensichtlich, dass man auch von himmlischer Seite aus wollte, dass sie auf diesen Dämon traf und auf den Deal, den er ihr vorschlug, einging.

Der Engel schluckte.

Noch etwas, von dem sie keine Ahnung hatte.

Mühsam drängte sie ihre wild durcheinander wirbelten Gedanken beiseite und besiegelte mit den folgenden Worten das Schicksal, das ihr offensichtlich vorherbestimmt war.

„In Ordnung. Ich bleibe bei euch.“
 

~* Erde, Brasilien, irgendwo im Amazonas *~
 

„Micha … du stehst auf meinem Fuß!“

„Entschuldige Jo, war keine Absicht. Ich bin gerade ein wenig abgelenkt gewesen …“

„Kein Wunder … wo sind wir?“

„Pst, hört ihr das auch? Was ist das?“

„Beruhige dich, Liebling. Wir befinden uns in einem Gebiet, das zum Großteil noch komplett unbesiedelt ist. Hier gibt es lediglich ein paar wilde Tiere, also kein Grund zur Sorge …“

„Was bringt dich zu dieser Annahme, Gab? Wir haben im Moment unsere irdische Form angenommen, das heißt, wir können uns nicht sicher sein, dass die Lebewesen hier unsere Abstammung erkennen und uns in Ruhe lassen …“

Funkelnde kobaltblaue Augen, die nicht ganz so strahlend waren wie in ihrer Engelsform, musterten den kleineren Mann neben sich kühl.

„Michael … halt die Klappe.“

„Komm mir hier nicht mit der ‚Autoritäts-Nummer für ungehorsame Schutzengel’, Gab. Und lass deine miese Laune an jemand anderem aus. Ich bin nicht dafür verantwortlich, dass sich das Tor ausgerechnet über Brasilien geöffnet hatte, als Raphael gekidnappt wurde.“ Entgegnete der rotblonde junge Mann, dessen rechtes Ohr in seiner menschlichen Gestalt eine kleine goldene Creole zierte. Er verschränkte die Arme vor der muskulösen Brust und lehnte sich lässig gegen einen Baum.

„Zumindest bin ich für eine Tour durch den Amazonas angemessen gekleidet.“ Fügte er mit einem süffisanten Lächeln hinzu und sein spöttischer dunkelblauer Blick glitt von den wie immer streng hochgesteckten, nun weizenblonden Haaren weiter hinunter über Jophiels schicken Hosenanzug in hellem grau bis er schließlich an den spitz zulaufenden weißen Pumps hängen blieb.

„Wirklich, Jo. Kann es nicht einmal ein bisschen was … Lässigeres sein?“

Der weibliche Erzengel erwiderte seine herausfordernde Mine aus unverändert veilchenfarbenen Augen über die randlose Brille hinweg ausdruckslos, während ihr Körper für einen Moment in Bänder aus gleißendem Licht getaucht wurde.

Als die hoch gewachsene, schlanke Figur der hübschen jungen Frau wieder zum Vorschein kam, fuhr sich Michael mit einem Stöhnen durch die Haare.

„Ich geb’s auf.“ Rief er in gespielter Verzweiflung, während er die beigefarbene Bundfaltenhose, die adrette weiße Bluse und die weichen, teuer aussehenden Lederstiefel dazu musterte. Seufzend wandte er sich an die anderen beiden Mitglieder der Gruppe.

„Hat eigentlich irgendeiner von euch vor, nicht allzu sehr aufzufallen, wenn wir auf Zivilisten treffen?“

Gabriel sah an seinem maßgeschneiderten, hellblauen Hemd und den grauen Stoffhosen hinunter, an deren Ende die Spitzen zweier blank polierter, schwarze Schuhe zu sehen waren.

„Bislang waren diese Kleidungsstücke immer passend.“ Entgegnete er stirnrunzelnd, während er sich mit einer Hand prüfend über seine schulterlangen, zu einem Pferdeschwanz zusammengefassten, mittelblonden glatten Haare fuhr.

„Ich habe das Gefühl, dass sich bislang keiner von euch außerhalb von Großstädten aufgehalten hat.“ Knurrte der Kleinere, während er Sephrenias kunstvoll aufgesteckte dunkelblonde Locken und das edle, knielange Kaschmirkleid in zartem rosé musterte, zu dem sie einen breiten Wildledergürtel und Stiefeletten aus demselben Material in dunklem Braun trug.

Gabriel zog eine Augenbraue in die Höhe.

„Und du bist der Experte für Safaris oder was? Und nur, weil du einen etwas … legereren Kleidungsstil bevorzugst, müssten ja nicht alle so …“ Gabriel runzelte die Stirn während er sichtlich nach einer akzeptablen Umschreibung für das Wort suchte, das ihm auf der Zunge lag, und in Michaels Blick trat ein provozierendes Funkeln, während er sich von dem Baumstamm abstieß, an dem er bislang gelehnt hatte und gemächlich auf den anderen Erzengel zuschlenderte.

„Jaaaaa?“

Er wusste, dass der Größere nicht sonderlich viel mit der ausgewaschenen Blue-Jeans oder auch den Lederhosen anfangen konnte, die er nicht nur in seiner menschlichen Form trug und es machte ihm einen Heidenspaß, den Älteren mit dem kühlen Temperament ein wenig zu reizen. Mit verschränkten Armen blieb er vor Gabriel stehen, der seinen herausfordernden Blick nur unbeeindruckt erwiderte.

„… unkonventionell und nicht ihrem Alter entsprechend herumlaufen.“ schloss der Erzengel des Wassers kühl.

Michael grinste nur.

„Hey, ich trage immerhin ein weißes Hemd.“

Der Ältere schnaubte.

„Da du entweder wie gerade eben mindestens drei Knöpfe offen lässt oder das Ding gänzlich ungeschlossen trägst, hebst du damit jede Form von Seriosität, die dieses Kleidungsstück in der Regel besitzt, effektiv wieder auf.“

Der Rotblonde hob provozierend eine Braue in die Höhe.

„Tatsächlich? Bist du schon mal auf den Gedanken gekommen, dass Kleidung auch etwas anderes als Seriosität vermitteln kann?“

Jophiel räusperte sich übertrieben laut.

„Sollten wir uns nicht langsam auf den Weg machen?“

Michaels spöttischer, dunkelblauer Blick wandte sich ihr zu.

„Warum habe ich das Gefühl, dass du nicht willst, dass Gab und ich unser Gespräch fortsetzen, Jo?“

Der Engel mit den weizenblonden Haaren verdrehte genervt die Augen.

„Ich hatte keine Ahnung, dass du so feinfühlig bist, Micha. Ich weiß nicht, womit Nia und ich es verdient haben, diese Mission ausgerechnet mit euch beiden durchzuziehen. Aber wie heißt es so schön - die Wege des Herren sind unergründlich. Trotzdem bedeutet das nicht, dass ich eure Wortgefechte die ganze Zeit mit anhören muss. Noch dazu nicht in dieser Umgebung, wo meine Füße im Matsch versinken, meine Kleidung durchweicht wird und irdische Stechmückenschwärme sich an meinem himmlischen Blut vergiften. Deswegen würde ich vorschlagen, dass ihr euer hochinteressantes Gespräch unterwegs - oder noch besser - zu einem anderen Zeitpunkt fortsetzt.“

Der Erzengel des Feuers seufzte theatralisch, ließ das Thema aber auf sich beruhen.

Er warf einen kurzen prüfenden Blick zum Blätterdach, durch das nur vereinzelte Sonnenstrahlen drangen, jedoch reichte ihm das wenige Licht, um festzustellen, wo der leuchtende Himmelskörper stand und somit ihre Position zu bestimmen.

Mit einem schiefen Lächeln wandte er sich Jophiel zu.

„Dann lasst uns gehen. Da wir ja leider um jeden Preis unsere Tarnung wahren müssen, heißt das, dass wir den Regenwald zu Fuß durchqueren müssen. Wir haben also nicht so viel Zeit, wenn wir rechtzeitig an Ort und Stelle sein wollen. Bis zu Eves Geburtstag sind es nicht mal mehr zwei Monate.“

Michael wandte sich Richtung Westen und begann dann, mit zügigen, leichtfüßigen Schritten durch das dichte Unterholz zu laufen. Die drei anderen folgten ihm mühelos mit der gleichen Grazie und ebenso geräuschlos.

Kein Zweig knickte, während die vier Engel durch den Regenwald eilten.
 

~* Erde, Nornenstraße *~
 

Der etwa dreiundzwanzigjährige, hochgewachsene Mann fluchte unterdrückt, als sein Handy in der Innentasche seines teuren schwarzen Designeranzuges plötzlich begann, lautstark „Highway to Hell“ abzuspielen.

Er gab seine lässige Haltung im Schatten eines Baumes, direkt gegenüber eines großen, hellgelb gestrichenen Hauses mit weitläufigem Garten, auf und fischte das dröhnende Teil geschickt hervor.

Seine dunkelblauen Augen verengten sich kurz, als sie die Anzeige auf dem Display überflogen, ehe er abhob.

„Ja?“ erkundigte er sich mit tiefer, gedämpfter Stimme, das Gebäude ihm gegenüber nach wie vor aufmerksam observierend. Er trat einen Schritt zurück und verschmolz wieder mit den Schatten.

„Pride.“

Auf dem hübschen, blassen Gesicht zeigte sich die Spur eines Lächelns.

„Loki. Also stimmen die Gerüchte.“

„Wahrscheinlich nur die Hälfte von dem, was du gehört hast. Irgendwelche Fortschritte bei deinem … Projekt?“

Die Todsünde des Hochmuts fuhr sich mit der freien Hand über das halblange, dunkelbraune Haar, das wie immer makellos zurück gegelt war und der kalte Blick des Dämons blieb an dem Zimmerfenster im ersten Stock hängen.

„Bislang noch nicht, aber ich bin dran.“

„Ich habe für die nächste Zeit einen wichtigen Gast bei mir wohnen. Ich brauch dich nicht sofort, aber sei wachsam und halte dich für den Notfall bereit.“

Der junge Mann lächelte böse.

„So wichtig also? Du weißt ich bin in der Nähe. Allerdings wird das hier noch ein wenig dauern.“

Ein amüsiertes Schnauben war die Antwort.

„Du genießt das viel zu sehr.“

Schmale dunkelblaue Augen fixierten die Gestalt hinter dem dünnen, zartorangen Vorhang.

„Kann sein.“

Leises Lachen am anderen Ende der Leitung.

„Erfolgreiche Jagd.“

Pride grinste.
 

~* Erde, Lokis Appartement im offiziell nicht vorhandenen 13. Stock des Kazewolkenkratzers, einige Stunden später *~
 

Mit einem leisen Stöhnen schlug Eve die Augen auf. Sie fühlte sich schwach und müde und für einen Moment war sie absolut orientierungslos, als sie versuchte, in dem Dämmerlicht, das sie umgab irgendetwas zu erkennen, das ihr bekannt vorkam. Mühsam kämpfte sie sich hoch und erhob sich dann hastig.

Zu hastig.

Der schneidende Schmerz, der plötzlich von ihrem Hals ausgehend ihren gesamten Körper erfüllte traf sie gänzlich unvorbereitet, und mit einem leisen Wimmern landete sie unsanft auf dem Boden. Gleichzeitig kehrte die Erinnerung an die vorangegangenen Stunden zurück.

Anscheinend hatten sie die Dämonen einfach auf dem Sofa liegen lassen, auf dem sie schließlich vor Erschöpfung eingenickt war. Zuvor hatte ihr Loki mitgeteilt, dass er sich um alles weitere kümmern würde, und sein bestimmender Tonfall hatte die junge Frau in Kindform schmerzhaft daran erinnert, wer nun das Sagen hatte.

Immerhin war der Schwarzhaarige davon überzeugt, es ohne Probleme zu schaffen, dass sie bereits morgen in dieselbe Klasse gehen könnte wie Alica. Er hatte Wantoness zum Kleider einkaufen geschickt und Greed und Anger damit beauftragt, ihr eine Zimmerausstattung zu besorgen. Um den Papierkram hatte er sich persönlich kümmern wollen. All dies trug dazu bei, sie zu beruhigen – was immer die Dämonen im Schilde führen, vorerst schienen sie sich an die Abmachungen halten zu wollen die sie getroffen hatten.

Erheblich langsamer als zuvor versuchte Eve noch einmal, sich aufzurichten, was ihr allerdings ebenso wenig gelingen wollte wie davor.

Sobald sie versuchte, ihre Arme oder Beine mit Gewicht zu belasten, durchfuhr sie ein weiteres Mal dieses qualvolle Stechen und zwang sie wieder in ihre etwas unglückliche liegende Position auf dem Parkettfußboden zurück.

*Was ist nur los mit mir? Irgendetwas ist mit meinem Hals ...* vorsichtig fuhr sie mit einer Hand an ihrer Kehle entlang und zuckte zusammen, als sie über eine Stelle strich, bei der schon die leichte Berührung ihrer Fingerspitzen ausreichte, um eine neuerliche Schmerzenswoge durch sie hindurch zu jagen.

Der Engel keuchte überrascht auf, als diese gleich darauf in ein seltsam angenehmes Kribbeln überging und zog hastig die Hand zurück. Die Haut war in dem Bereich so hypersensibel, dass sich selbst die leichteste Berührung wie ein elektrisierender Stromschlag anfühlte.

Eve runzelte die Stirn.

Was war das?

Der seltsame Traum kam ihr wieder in den Sinn, dort hatte sie erst etwas dort gestochen, später gebissen. Und die Schlage hatte die gleichen Augen gehabt wie Loki …

Bedeutete das etwa, dass er sie dort ... hastig versuchte sie, das verstörend erotische Bild eines wie ein Vampir von ihrem Blut trinkenden Dämons aus ihrem Kopf zu bekommen.

Ihre Wangen glühten.

Wie peinlich!

Offensichtlich hatte sie sich zu viel mit den Mythen und Märchen der Erde beschäftigt, wenn ein solches Fantasiegespinnst ausreichte, um ihr Wunschdenken mit ihr durchgehen zu lassen.

Moment – Wunschdenken?

Die Himmlische schüttelte energisch den Kopf und unterdrückte den Impuls, sich gegen die Stirn zu schlagen. Was war nur mit ihr los? Seit sie aus ihrer Ohnmacht aufgewacht war, hatte sie ständig so seltsame Gedanken und Gefühle, wenn sie Loki ansah. Natürlich konnte es daran liegen, dass er nun erwachsen war, nicht länger ein Kind, aber … das konnte nicht normal sein. Womöglich konnte sie mit ihrer Menschenform, noch dazu als Vorpubertierende, nicht richtig umgehen? Schließlich hatte sie in diesem Zustand Bedürfnisse, die ihr als Engel fremd waren. Ihr Magen knurrte zustimmend und riss Eve damit aus ihren wirren Gedanken.

Apropos.

Sie hatte Hunger.

Um genau zu sein wahnsinnigen Hunger und der daraus resultierende Unterzucker sorgte wahrscheinlich dafür, dass sie nicht mehr klar denken konnte.

Ganz eindeutig.

Das bedeutete, sie musste unbedingt auf die Beine kommen um etwas zu essen, ehe es noch schlimmer wurde. Diese nagende Leere in ihrem Bauch war etwas, das sie so nicht kannte – als müsste sie dringend irgendwelche Energien wieder aufladen.

Sich mit zusammengebissenen Zähnen gegen den Schmerz wappnend unternahm sie einen weiteren Versuch, sich zu erheben, und obwohl ihr der Schweiß vor Anstrengung und der stechenden Qual die sich prompt wieder meldete, auf die Stirn trat schaffte sie es schließlich, sich am Sofa hochzuziehen und schwankend zum Stehen zu kommen. Sie stolperte über ihre viel zu weite Hose, die ihr – ebenso wie ihr Höschen – von den nun wesentlich schmaleren Hüften rutschte. Der Engel erstarrte, als beides langsam zu ihren Knien rutschte und umklammerte mit weißen Knöcheln ihre Stütze, während sie heftig errötend überlegte, was sie nun tun sollte.

Ihr ebenfalls viel zu weites Oberteil war nun wenigstens auch lang genug um als eine Art Rock zu dienen, und nach kurzem Zögern schlüpfte die Blonde kurzerhand aus ihren ohnehin unbrauchbaren und sie nur behindernden Beinkleidern und Socken - ihre Schuhe musste sie irgendwann verloren haben – um dann mühsam in die Richtung, in der sie den schemenhaften Umriss einer Tür erkannte zu stolpern. Zum Glück war eine Wand des riesigen Raumes verglast, so dass sie in dem dämmrigen Licht des beinahe vollen Mondes ihre Umgebung relativ gut erkannte.

Dummerweise war die edle, schwarze Sitzlandschaft – anders konnte man die drei ausgesprochenen breiten und langen Sofas nicht bezeichnen - ziemlich mittig platziert und der Weg über das kühle, ebenfalls dunkle Parkett kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Um sich von dem Schmerz abzulenken, nahm sie das Zimmer etwas genauer in Augenschein. Neben einigen gezielt platzierten, überall verteilten schwarzen Regalen, einem großzügigen Wohnzimmertisch aus Glas und Stahl sowie einem gigantischen Flachbildfernseher erkannte sie noch einen geräumigen, offenen Kamin an der Wand links von ihr, vor dem ein weißes Fell lag und einen Schreibtisch, der sich vor der Glaswand befand. In der Ecke rechts von ihr gab es noch einen Essplatz, der aus einem massiven Holztisch und mehreren, gemütlich aussehenden Stühlen bestand.

Nach Atem ringend erreichte sie schließlich die Tür und öffnete diese.

Unsicher taumelte sie auf einen breiten Flur hinaus, der schon eher einer Diele glich und von dem sieben weitere Durchgänge abzweigten, was Eve nun restlos überforderte. Außerdem war auch hier alles dunkel – war sie etwa alleine in dieser offensichtlich riesigen Wohnung?

Ihre rechte Hand tastete nach einem Lichtschalter, den sie leider nicht fand.

Erschöpft lehnte sie sich gegen den Türrahmen und überlegte. Es war relativ wahrscheinlich, dass sich die Küche in der Nähe der Essecke und somit dieses Zimmers befand. Blieben also die Räume links und rechts neben diesem und der ihr gegenüber. Sie entschied sich spontan für Letzteren und taumelte auf den Flur hinaus. Sofort versanken ihre nackten Füße in dem flauschigen, warmen Teppich, der den Großteil des Bodens bedeckte und dessen Farbe sie nicht identifizieren konnte, während sie mühsam die Distanz überwand, die sie hoffentlich zu etwas zu Essen führte.

Nachdem sie vorsichtshalber angeklopft hatte öffnete die Himmlische die Tür und stieß erleichtert die Luft aus, die sie unbewusst vor Anspannung angehalten hatte. Vor ihr erstreckte sich eine riesige Küche mit Kochinsel, jeder Menge technischem Schickschnack und auch diesmal – wie sollte es anders sein – in glänzendem Schwarz. Der Boden bestand aus schachbrettmusterartig verlegten Fliesen und sogar eine Bar mit Barhockern gab es. Große Glastüren führten hinaus auf eine geräumige Terrasse und ließen auch hier das Mondlicht herein, so dass der Engel diesmal darauf verzichtete, überhaupt nach einem Lichtschalter zu suchen. Stattdessen steuerte sie zielstrebig auf den gigantischen Kühlschrank zu, der dank der chromglänzenden Oberfläche sofort ins Auge stach.

Als sie ihn öffnete, lies sie die kühle Luft die ihr entgegenschlug ein wenig frösteln, doch angesichts der vielen Köstlichkeiten, die sie im gelben Schein der angegangenen Lampe erkennen konnte, vergaß sie sämtliche Unannehmlichkeiten.

Vorsichtig nahm Eve sich einen der knusprigen Teriyaki-Hähnchenschenkel, die sich direkt vor ihrer Nase befanden und biss herzhaft hinein. Sobald sie ein Stück von dem Fleisch im Mund hatte, zeigte sich, dass sie tatsächlich völlig ausgehungert war, was sie dazu brachte, kurzerhand direkt vor ihrer Nahrungsquelle stehen zu bleiben und mit atemberaubender Geschwindigkeit mehr zu essen.

Nachdem sie eine große Portion Sushi, einige Wan Tans, eine kleine Schale scharfen Gemüsereis und etwas Möhren-Avocado-Salat verschlungen hatte, entdeckte sie schließlich eine große Schüssel Mousse au Chocolat, in der sich sogar ein Löffel befand. Der Duft, der ihr entgegen strömte war vielversprechend, süß und vor allem – schokoladig. Ohne lange zu fackeln verleibte sie sich die gesamte zart schmelzende, himmlisch schmeckende dunkelbraune Creme ein, und merkte nun endlich, dass die gähnende Leere in ihrem Magen vollkommen gefüllt war.

Die im Moment zwölfjährige Blonde leckte gerade genüsslich ihre schokoladenverschmierten Finger ab, als plötzlich eine raue Stimme hinter ihr erklang, die sie erschreckt zusammenzucken lies.

„Normalerweise stecke hier immer nur ich meine Finger in Honigtöpfe.“ Die Zweideutigkeit des Satzes ging vollständig an Eve vorbei, die sich ertappt umdrehte, die leere Schüssel noch immer vergessen im Arm haltend. Sie blinzelte, als sie plötzlich nicht mehr direkt in das Licht des Kühlschranks blickte und brauchte einen kurzen Moment, ehe sie die Gestalt genauer erkennen konnte.

Es handelte sich um einen ausgesprochen gut aussehenden jungen Mann mit durchdringenden schwarzen Augen und ebenso schwarzen im Pagenschnitt getragenen Haaren, die ihm ungezähmt in die Stirn fielen. Er trug ein dunkles, halb aufgeknöpftes Hemd, das einen Großteil seiner gebräunten, durchtrainierten Brust entblößte und sie hastig den Blick abwenden lies, als sich verräterische Hitze in ihr Gesicht schleichen wollte, sowie schwarze Jeans. Irgendwie kam er ihr bekannt vor, sie war sich andrerseits aber sicher, ihn noch nie gesehen zu haben.

„Wer ...“ stotterte sie verwirrt, was ihr Gegenüber lediglich dazu veranlasste, spöttisch eine Augenbraue in die Höhe zu ziehen. Prompt errötete sie und fixierte verlegen den Boden. „Oh ...“

*Wie peinlich. Ich habe ihn in seiner Menschenform nicht erkannt! Dabei wäre die prompte Reaktion auf ihn schon Hinweis genug gewesen ...*

„Guten Abend.“ jetzt klang er eindeutig amüsiert, und der Rotton ihrer Wangen vertiefte sich.

„Guten Abend Loki. Entschuldige, dass ich mich hier einfach so bedient habe, aber ich hatte ziemlich großen Hunger.“ murmelte Eve verlegen und starrte seine nackten Füße an.

Wie beschämend – anscheinend war er zu Hause gewesen und sie hatte sich noch nicht mal die Mühe gemacht, nach ihm zu suchen um ihn zu fragen, ob sie sich was zu essen nehmen durfte.

„Kein Problem – nach dem Energieentzug ist dein Hunger nur eine logische Konsequenz. Und du solltest dich hier ab jetzt sowieso wie zu Hause fühlen.“

Langsam hob sie die Augen und lächelte zögerlich, nicht sicher ob ihr diese Aussage gefiel.

„Ich hätte vielleicht vorher mal fragen sollen aber irgendwie konnte ich gar nicht mehr klar denken.“ *Und ich merke gerade, dass das offensichtlich nicht am Unterzucker lag. Oh nein ...*

Krampfhaft versuchte sie, ihre Gedanken neutral zu halten und vor allem nicht an ihre Überlegungen von vorhin anzuknüpfen. Dennoch kam der Dämon in diesem Halbdunkel ihrer Vorstellung von einem betörenden Blutsauger verdammt nahe.

Wie hypnotisiert sah sie ihn an, als er grinsend einen weiteren Schritt auf sie zu machte und ihr auf einmal so nahe war, dass sie glaubte, seine Körperwärme zu spüren.

„Ach übrigens ...“ murmelte er, mit einer Stimme wie schwarzer Samt, wobei er sich langsam zu ihr hinunterbeugte und Eve vergaß zu atmen.

Ihr Herz raste plötzlich wie verrückt, während sie abwechselnd in diese bezwingenden Augen und auf die sich ihr langsam nähernden Lippen des jungen Mannes starrte. Sie konnte seinen warmen Atem über ihre Haut geistern spüren und überlegte sich gerade, ob er sie tatsächlich küssen würde, und dass sie doch eigentlich etwas dagegen haben müsste, als sie eine sanfte Berührung an ihrem Mundwinkel zusammenzucken ließ.

„... du hattest da noch Schokolade.“ vollendete Loki den Satz ruhig, richtete sich gemächlich wieder auf und leckte dabei mit seiner Zunge genüsslich seinen Finger ab ohne diesen hypnotischen Blick von ihr zu nehmen.

Der Engel schluckte schwer und biss sich verunsichert auf die Unterlippe.

„D … danke.“ brachte sie schließlich mühsam hervor.

Der Dämon schenkte ihr noch ein wissendes Lächeln, ehe er sich umdrehte und mit geschmeidigen, vollkommen lautlosen Schritten auf die offenstehende Küchentür zusteuerte.

„Wenn du möchtest, zeige ich dir dein Bett.“

Wie schaffte er es nur, einen eigentlich harmlosen Satz so anzüglich klingen zu lassen?

Eve spürte, wie ihre Wangen brannten.

Ihr Pulsschlag hatte sich noch immer nicht normalisiert, während ihre Finger vorsichtig die Stelle an ihrem Mund streiften, die nach wie vor von seiner Berührung prickelte. Von seiner eigentlich absolut harmlosen Berührung.

*Oh mein Gott – ich stecke noch viel tiefer im Schlamassel als angenommen.* dachte sie kläglich.

„Übrigens …“ drang seine Stimme an ihre Ohren. „Nicht dass ich etwas dagegen hätte, wenn du ohne Höschen herumläufst, aber im Moment bist du eigentlich ein bisschen jung dafür.“
 

*:------------------------~*~--------------------------:*
 

TBC.

~: Acclimatization :~

» Bei vielen Menschen müssen die Erzengel bestimmt Überstunden machen. «

(Dr. Ebo Rau)
 

~* Erde, Lokis Appartement im offiziell nicht vorhandenen 13. Stock des Kazewolkenkratzers, der nächste Morgen *~
 

Ein weiteres Mal berührte Eve prüfend ihre Ohren, und starrte dabei wie hypnotisiert in den Spiegel. Nein, sie waren tatsächlich nicht zu sehen. Aber sie konnte spüren, dass dort nicht nur die schlichten, an kleine Diamanten erinnernde Stecker waren, die in dem Licht der Lampen funkelten.

Ihre scheinbar in der Luft schwebenden Finger konnten feine Ketten, an denen sich verschiedene winzige Steinchen unterschiedlicher Form befanden ertasten. Diese waren anscheinend verbunden mit weiteren Klemmen, die vor allem in der Mitte und dem oberen Teil ihres Ohres befestigt waren. Aber sie konnte sie nicht sehen!

Die junge Frau starrte ihr kindliches Spiegelbild, das ihren Blick aus großen, rehbraunen Augen erwiderte noch einige Sekunden länger an. Dann beschloss sie, die Sache auf sich beruhen zu lassen.

Sie könnte ohnehin mit niemand anderem als den Dämonen darüber sprechen. Und dass der ganze Schmuck unsichtbar war, sollte ihn mit Sicherheit genau vor deren neugierigen Augen verbergen. Auch wenn sich ihr der Sinn der Ohrringe an sich nicht erschloss.

Nervös nestelte der Engel an der nagelneuen Schuluniform, die mit der kurzärmligen weißen Bluse, um deren kleinen Stehkragen ein dunkelblaues Seidenband gebunden war, dem schlichten, V-artig ausgeschnittenen, ärmellosen Strickpullover in dunkelblau, dem knapp über dem Knie endenden Bundfaltenrock und den Söckchen in der gleichen Farbe sehr adrett wirkte. Und die Eve nachdrücklich daran erinnerte, dass sie im Moment aussah wie eine Zwölfjährige. Sie hatte sich ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, doch das ließ sie keineswegs älter erscheinen.

Höchstens noch ordentlicher.

Sie seufzte und beschloss, das Bad, das sie nun schon sicherlich eine halbe Stunde lang blockiert hatte, zu verlassen und ihrem Peiniger – denn um nichts anderes handelte es sich hier, er hatte sie sogar im Schlaf verfolgt - gegenüber zu treten.

Hoffentlich konnte sie ihm in die Augen sehen ohne rot zu werden. Nach dem Zwischenfall in der Küche hatte er ihr gestern Abend lediglich ihr komplett neu eingerichtetes Zimmer gezeigt und sie dann mit einem geraunten „Süße Träume“ alleine gelassen.

Der Raum hatte ebenso großzügige Maße wie anscheinend alles in der Wohnung. Loki hatte gnädigerweise das Licht angemacht, so dass sie ohne Probleme alles in voller Pracht sehen konnte.

Von dem schwarz lackierten Bett mit der mit blutrotem Satin bezogenen Bettwäsche hatte sie sich hastig abgewandt. Stattdessen hatte sie, um sich abzulenken und ihre überreizten Nerven etwas zu beruhigen, den dunklen Schreibtisch samt dazu passendem Schreibtischstuhl angesehen.

Das Farbschema zeugte eindeutig von dämonischem Geschmack. Als sie ihren ebenfalls schwarzen Schulrucksack entdeckt hatte, hatte sie nicht widerstehen können und einen Blick hinein geworfen. Neben einem Ordner, einem Schlampermäppchen mit einer großzügigen Stiftauswahl und einem Block enthielt er nichts.

Dafür waren der große Spiegelschrank und die Kommode bis zum Bersten mit Kleidung gefüllt, und diesmal hatte sich derjenige bemüht, sich zumindest farblich ein wenig an dem gängigen Engelscolorit zu orientieren. Die Schnitte waren allerdings allesamt sehr figurbetont und knapp geschnitten. Und als sie die Schublade mit der Unterwäsche aufzog, quoll diese beinahe über vor feinster Lingerie mit Rüschen, Schnüren und zum Teil auch durchsichtigen Elementen. Es war nichts zu gewagtes dabei aber Eve war sich nicht sicher, ob sie diese Dessous als Erwachsene anziehen würde, und im Moment besaß sie den Körper einer Zwölfjährigen.

Schließlich war die Erschöpfung wiedergekommen. Sie war in den bereitliegenden weißen Schlafanzug geschlüpft – die kleinen aufgedruckten Engechen hatten ihr ein schiefes Lächeln entlockt – war ins Bad gegangen, hatte sich schnell gewaschen und mit einer funkelnagelneuen Zahnbürste die Zähne geputzt. Anschließend war sie in die ungewohnt kühlen Laken geschlüpft. An dieses Material musste sie sich zweifellos erst gewöhnen.

Sie war dann erstaunlich schnell eingeschlafen – ihr Körper war nach wie vor total geschwächt – was sie allerdings leider nicht davon abgehalten hatte, die ganze Nacht von dieser Szene am Kühlschrank zu träumen.

Die Blonde verbannte alle weiteren Erinnerungen in diese Richtung rigoros aus ihren Gedanken und betrat die Küche, die von der aufgehenden Sonne in zart orangefarbenes Licht getaucht wurde. Sofort bemerkte sie die geöffneten Glastüren, durch die die für den Frühling bereits ungewöhnlich warme Luft zusammen mit gedämpften Stimmen und Geschirrgeklapper hereinströmte.

Neugierig trat sie nach draußen auf die hellen Holzbretter, die die weitläufige Terrasse bedeckten. Der Wolkenkratzer war eines der höchsten Gebäude und befand sich gleichzeitig im Zentrum. Zudem erlaubte der dreizehnte Stock eine atemberaubende Aussicht über die gesamte Stadt, die im hellen Morgenlicht in Gold gebadet vor ihr lag. Mit wenigen Schritten hastete sie zu dem etwa fünf Meter entfernten, filigranen Stahlgeländer und starrte über die Brüstung auf den unglaublichen Anblick, der sich ihr bot. Vor ihr erstreckten sich ein Meer aus Gebäuden und Dächern, durchbrochen von Straßenschluchten und Grünanlagen. Die Autos und Menschen wirkten wie Spielzeuge. Da der Lärm der Großstadt nicht bis hier nach oben drang, herrschte eine beinahe schon andächtige Stille, nur durchbrochen vom leisen Säuseln des Windes und dem vereinzelten Zwitschern eines Vogels.

Dem Engel verschlug es die Sprache.

„Guten Morgen, Eve. Wir fühlen uns gerade ein bisschen ignoriert.“

Lokis Stimme riss sie aus ihrem Staunen und sickerte gleichzeitig wie dunkler Honig zwischen ihren Schulterblättern über ihren Rücken weiter nach unten. Die junge Frau schluckte schwer, als sie brennende Hitze in ihr Gesicht steigen spürte.

*Als ob ich ihn ignorieren könnte. Wenn das so weiter geht, halte ich es keine zehn Minuten mehr in seiner Gegenwart aus.*

Sie hoffte, ihr erhitztes Gesicht würde als Reaktion auf die zugegeben peinliche Anspielung ihre Unfreundlichkeit betreffend ausgelegt werden und wandte ihre Aufmerksamkeit nach rechts. Dort saß der Schwarzhaarige zusammen mit Wantonness und Greed an einem reichlich gedeckten großen Holztisch und – frühstückte.

Die Szene hatte etwas verstörend heimeliges und vor allem menschliches, was irgendwie nicht so recht zu ihren Eindrücken von gestern passte.

Mühsam besann sie sich auf ihre guten Manieren.

„Guten Morgen. Entschuldigt, die Aussicht hat mich etwas … mitgenommen.“

*Arg – schlechte Wortwahl, ganz schlechte Wortwahl!* schoss es ihr durch den Kopf, als Loki ihr ein belustigtes Lächeln schenkte und sie prompt über ihre eigenen Füße stolperte. Natürlich stand ausgerechnet ihm gegenüber ein weiteres, noch unbenutztes Gedeck, und widerstrebend ließ sie sich auf dem gepolsterten Stuhl nieder.

„Gut geschlafen?“

*Herrgott, macht er das absichtlich?*

Sie zwang sich, den Blick dieser amüsiert funkelnden, momentan schwarzen Augen zu erwidern. Und der Tatsache, dass ihr Kopf einer überreifen Tomate glich und ihr Herzschlag sich verdoppelt hatte keine Bedeutung beizumessen.

„Ja, danke. Du auch?“

Das anzügliche Grinsen, mit dem er sie daraufhin bedachte, sorgte dafür, dass sich auch noch Luftmangel zu den Symptomen gesellte.

*Na ganz toll, vielen Dank auch. Das waren noch keine fünf Minuten. Von jetzt ab keine Konversation mehr. Ich werde so tun als sei gar nichts gewesen und ihn einfach nicht ansehen.*

„Ich hatte einiges nachzuholen, ...“ Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie er Wantoness einen eindeutig zweideutigen Blick zuwarf, und die Blonde starrte hastig auf ihren mitternachtsblauen Teller. „... aber wir Dämonen brauchen sowieso wenig Schlaf.“ fuhr er fort, während der Engel den sich plötzlich in ihrer Kehle manifestierenden Kloß ignorierte. Stattdessen langte sie nach einem der knusprigen Brötchen, die neben ihr standen.

Der Appetit war der jungen Frau allerdings gerade gründlich vergangen.

*Was ist nur los mit mir? Diese Reaktionen … ich bin zwölf! Noch nicht mal in der Pubertät! Warum benehme ich mich wie ein verliebter Teenager? Ein eifersüchtiger verliebter Teenager, was eindeutig nicht unbedingt zu den Eigenschaften eines Engels zählen sollte. Genetik hin oder her, meine Hormone dürften doch noch gar nicht so verrückt spielen. Niemand kann wollen, dass ich solche Gefühle in meiner Kindform auslebe, oder? Ich bin viel zu jung dafür – also rein körperlich gesehen. Wobei ich mich auch sonst nicht unbedingt bereit fühle um ...*

„Nachdem du gestern bereits eine gewisse Vorliebe für Schokolade gezeigt hast - magst du einen Kakao?“ Damit riss er sie ein weiteres Mal äußerst effektiv aus ihren ohnehin immer verworrener werdenden Überlegungen. Und als er sie mit betont arglosem Unterton so unverfroren an die Szene gestern Nacht erinnerte, brachte das ihren gerade noch so heldenhaft gefassten Entschluss, dieses Folterfrühstück um jeden Preis durchzuziehen, endgültig zum Einsturz.

Im Moment war ihr Nervenkostüm einfach noch nicht bereit, einer weiteren Belastung dieser Art stand zu halten. Gestern Abend hatte erst Mal vollkommen gereicht.

Sie erhob abrupt.

„Entschuldigt mich bitte, eigentlich habe ich gar keinen Hunger. Ich bin viel zu aufgewühlt und muss jetzt dann sowieso los in die Schule.“

*Gott sei Dank sind Halbwahrheiten kein großes Problem wie richtiges lügen.*

Eve verließ die Terrasse fluchtartig, damit nicht doch noch jemand auf die Idee kommen konnte, sie aufzuhalten.

Das spöttische Gelächter das kurz darauf von draußen zu ihr hereindrang, während sie ihr heißes Gesicht an das kühle Metall des Kühlschranks presste und versuchte, sich zu beruhigen, passte schon viel eher zu den Dämonen die sie gestern kennengelernt hatte.

*Wenn das so weiter geht fange ich noch an zu fluchen.*
 

~* Etwa eine halbe Stunde später vor dem Sekretariat der Tanemura Gesamt-Mädchenschule *~
 

*Die 13. Stockwerke sind nicht etwa aus Aberglauben ausgelassen worden, sondern einfach nur den Dämonen vorbehalten. Das war vor allem früher sehr praktisch, als die Menschen noch abergläubischer waren, dafür aber auch frommer. Da hatten es die Höllengeborenen schwerer, vor allem weil sie durch ihr Aussehen auch leicht aufgefallen sind. Denn insbesondere die niederen Dämonen sind in ihrer menschlichen Form nicht so unauffällig, da sie ihre wahre Natur nicht so gut verschleiern können wie die hochrangigen. Wir Himmlischen hatten es im Gegensatz zu den armen Höllenbewohnern, die sich verstecken mussten, um nicht auf dem Scheiterhaufen zu landen, natürlich nicht schwer.* Eisern wiederholte Eve in Gedanken das Gespräch, das Loki und sie im Aufzug geführt hatten, als ihr aufgefallen war, dass es gar keinen Etagenknopf für das Stockwerk gab, in dem sie wohnten.

Er hatte ihr laut eigener Aussage eine kleine Unterrichtsstunde in magischer Geschichte gegeben und sie bildete im Moment eine unverfängliche, willkommene Ablenkung von der Situation, die sich gerade vor ihren Augen abspielte. So musste sie nicht mit anhören, wie sich die Sekretärin, die sich der Schwarzhaarige als Opfer ausgesucht hatte, tausendmal bei „Mr. Black“ dafür entschuldigte, dass sie in ihrem Computer übersehen hatte, dass heute seine kleine Schwester eingeschult wurde. Gleichzeitig wurde die arme Frau immer wieder rot, sobald er ihr ein Lächeln schenkte und ihr versicherte, dass so etwas ja schon mal vorkommen konnte.

Von wegen.

Im Auto hatte ihr der Dämon mitgeteilt, dass sich eine der Todsünden – Pride, den sie noch nicht kannte – in das Computersystem der Schule gehackt hatte um dort die entsprechenden Änderungen vorzunehmen.

Die Sekretärin, die sich beinahe überschlug Mr. Black jeden Wunsch von den Augen abzulesen, hatte gar keine Chance gehabt, sich auf ihr Kommen vorzubereiten. Hastig wandte Eve die Augen ab und ließ stattdessen wieder das im Aufzug geführte Gespräch Revue passieren, darum bemüht, keine anderen Gedanken an die Oberfläche zu lassen.

*Heutzutage haben sich die Zeiten aber zum Glück für die Dämonen geändert, jeder läuft rum wie er will, ausgefallen sticht nicht mehr hervor und die Höllenwesen haben außerdem neue Techniken entwickelt um sich zu verbergen. Allerdings sind die Menschen jetzt nicht mehr so abergläubisch, deswegen gibt es oft keine ausgelassenen 13. Stockwerke mehr und sie müssen mehr Energie darauf verwenden, um ihre Orte zu tarnen. Oh bitte, lass die arme Sekretärin endlich fertig werden!*
 

„So, nachdem das erledigt ist, dürfte deine Lehrerin gleich hier sein um dich deiner neuen Klasse vorzustellen. Laut Stundenplan hast du heute um drei Uhr aus. Ich hole dich dann wieder ab.“

Es machte Eve nervös, dass Loki unmittelbar hinter ihr stand. Nicht, dass sie entspannter war, wenn sie in dieses gutaussehende Gesicht blicken musste, aber so … kribbelte ihr ganzer Rücken und es machte sie fast wahnsinnig.

„Ich könnte doch auch einfach heim laufen oder mit dem Bus fahren.“

Die Fahrt war die Hölle gewesen und sie war nicht unbedingt scharf auf eine Wiederholung. Nicht nur, dass Loki fuhr als wäre - haha – der Teufel hinter ihm her. Nein, die zweideutigen Sätze und Anspielungen von heute morgen schienen seit gestern Abend - *Und schon wieder dran gedacht. Das gibt’s doch nicht!* - sein bevorzugter Umgangston zu sein, wenn er mit ihr sprach.

Vielleicht hatten alle Dämonen so eine Art. Sie war ganz ausgezeichnet dazu geeignet, um Engel langsam in den Wahnsinn zu treiben.

Sie jedenfalls hatte seit gestern das Gefühl, an Bluthochdruck zu leiden und ihre Wangen schienen gar nicht mehr zu wissen, dass rot nicht ihre normale Farbe war.

*Wenn ich alleine heim gehen würde hätte ich noch ein bisschen Ruhe und könnte mich wappnen ehe ich ihm wieder unter die Augen treten muss. Ich könnte mich kurz in irgendeinen Park setzen um etwas Energie zu tanken und dann ...*

„Nein, ich hole dich ab.“ murmelte er bestimmend direkt an ihrem Ohr und ließ sie erschreckt zusammenzucken. Gleichzeitig durchrieselte sie ein köstlicher Schauer, als sein warmer Atem liebkosend über ihre Haut strich. Alle ihre Gedanken waren zum erliegen gekommen, während er unbeirrt fortfuhr. „Unterwegs besteht die Gefahr, dass du irgendwelchem unliebsamen … Gesindel begegnest und dann müsste ich mir Sorgen machen.“

Dieser Satz brachte dankenswerterweise ihre Gehirntätigkeit wieder in Gang.

Die Tatsache, dass er unter Gesindel etwas ganz anderes verstand als sie oder jeder Durchschnittsbürger machte ihr die wahre Bedeutung dieser Aussage umso mehr bewusst.

*Er will anscheinend um jeden Preis, dass ich erst Mal bei ihm bleibe und keine Möglichkeit habe, auch nur zufällig mit irgendwelchen anderen Engeln Kontakt aufzunehmen. Aber warum? Macht es ihm so viel Spaß, mich mit diesen Anzüglichkeiten zu quälen, dass er mich hier behalten will?*

Plötzlich stand er vor ihr und sie blickte direkt in seine durchdringenden schwarzen Augen.

„Versprich mir, dass du auf mich wartest, Eve.“

Sie schluckte. Es war ganz und gar seltsam, von ihm in diesem befehlenden Ton angesprochen zu werden. Ob er sie bestrafen würde wenn sie nicht gehorchte?

*Hilfe, wo kam das schon wieder her?*

„Ehm … ich … verspreche es?“

„Was, Eve?“

Ihr Herz schlug so heftig, dass es sie nicht wundern würde, wenn er es hören konnte.

„Ich verspreche, dass ich auf dich warten werde.“ wisperte sie und hatte das Gefühl, damit so viel mehr zu besiegeln als lediglich die Tatsache, sich nicht allein von der Schule zu entfernen.

Zufrieden entließ Loki sie aus seiner intensiven Musterung, trat einen Schritt zur Seite und lehnte sich lässig an die weiß gestrichene Wand.

„Du weißt schon, dass Engel unwiderruflich an ihre Versprechen gebunden sind?“ Erkundigte er sich beiläufig, sie dabei nicht aus den Augen lassend. Die Blonde biss sich auf die Lippe.

Daran hatte sie gar nicht gedacht. Aber es war ohnehin nicht ihre Absicht gewesen, gegen die Absprache zu verstoßen.

Trotzdem hatte sie das nagende Gefühl, sich auf etwas festgelegt zu haben, dessen Ausmaße ihr noch nicht einmal im Entferntesten klar waren.

Glücklicherweise steuerte in diesem Moment eine attraktive Brünette auf sie zu. Deren Wangen wurden prompt von einem rosa Hauch überzogen, als sie Loki erblickte.

„Guten Morgen, Sie sind sicherlich Kai Black? Ich bin Miss Brown.“ Sie streckte ihm ihre Hand entgegen, die der Schwarzhaarige mit einem Lächeln, das dafür sorgte, dass sie noch mehr errötete, ergriff. Sanft fuhr er wie zufällig mit seinem Daumen über ihren Handrücken.

„Sehr erfreut, Miss Brown.“ murmelte er mit dunkler Stimme.

Ihre zukünftige Klassenlehrerin sah so aus, als würde sie ihm gleich ohnmächtig zu Füßen sinken und Eve stellte fest, dass der gutaussehende Dämon offensichtlich auf alle weiblichen Wesen diese Wirkung hatte. Die Sekretärin war ja auch schon so gewesen und beinahe vor Scham im Boden versunken, da sie dachte, die Einschulung der kleinen Schwester dieses Prachtkerls übersehen zu haben.

Dass er sich seiner Anziehungskraft nur zu bewusst war und diese schamlos einsetzte machte es umso schlimmer, dass sie ebenfalls zu denjenigen zählte, bei denen er diesen gewünschten Effekt mühelos erzielte.

*Oh Gott, bitte lass mich ein wenig resistenter werden, nur ein bisschen, ich weiß nicht, wie ich es sonst schaffen soll, irgendetwas, geschweige denn meinen Schutzengelauftrag, auszuführen...* dachte sie verzweifelt, als sie schon wieder diese nagende Eifersucht spürte, während Miss Brown in den Augen von Loki zu versinken schien.

Beinahe augenblicklich fühlte der Engel sich ruhiger.

„Nun, dann übergebe ich meine kleine Schwester mal in Ihre Obhut und verabschiede mich fürs Erste. Viel Spaß, Kleines, ich hol dich dann ab.“ er schenkte ihr ein träges Grinsen, nickte der Brünetten noch einmal zu und wandte sich dann mit einer geschmeidigen Bewegung zum Gehen.

„Ja, bis dann.“ Murmelte die Blonde, weigerte sich jedoch, ihm nachzusehen, und beobachtete stattdessen, wie das ihre Klassenlehrerin für sie übernahm. Dann blinzelte Miss Brown, als würde sie erst jetzt wieder in die Wirklichkeit zurückkehren und warf Eve einen schuldbewussten Blick aus braunen Augen zu.

„Oh, entschuldige bitte, ich hatte dich vollkommen übersehen.“

*Offensichtlich.* Dachte der Engel seufzend und zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht.

„Du bist dann wohl Mia.“

*Laut meinen neuen Dokumenten schon. Allerdings muss ich mich daran erst noch gewöhnen.* dachte die junge Frau in Kindform frustriert. Natürlich hatte Loki darauf bestanden, dass auch sie einen Decknamen trug, das taten ihres Wissens nach die Engel ebenso wie die Dämonen.

Aber dadurch, dass es ihr immer noch schwer fiel, zu lügen, beließ sie es lieber bei einem unverbindlichen Nicken.

Ihre Klassenlehrerin reichte ihr die Hand. „Du hast ja schon mitbekommen, wer ich bin. Du hast mich in Englisch, Deutsch und Geschichte. Wir sollten in die Klasse gehen, der Unterricht beginnt gleich.“

„Okay.“ Eve lief hinter der Brünetten den Korridor entlang. Wie das Sekretariat auch befand sich ihr Klassenzimmer im ersten Stock der riesigen, zartgelb gestrichenen Mädchenschule, die mitten in einem parkähnlichen Grundstück lag. Sie war umgeben von Hochhäusern und befand sich in einer der besten Gegenden der Stadt.

Gar nicht soweit weg von dem Viertel, in dem Loki wohnte.

Sie erreichten die offenstehende weiße Tür der 7b aus der leises Gemurmel drang und traten ein.

„Guten Morgen, Klasse.“ begrüßte Miss Brown die Mädchen, und augenblicklich verstummte jedes Gespräch. Stattdessen wandte sich die gesamte Aufmerksamkeit nach vorne und leises Stühle schieben war zu vernehmen, als sich die zwanzig Schülerinnen erhoben und mit klarer Stimme „Guten Morgen Miss Brown“ antworteten.

Die Blonde bemerkte, wie sie neugierige Blicke trafen und sah sich ihrerseits interessiert um. Dabei erlitt sie beinahe einen Schock, denn die meisten Mädchen sahen keineswegs mehr so kindlich aus, wie sie es erwartet hatte, im Gegenteil.

Sie waren sorgfältig zurecht gemacht mit gefärbten Haaren und geschminkt, körperlich schon beinahe junge Frauen und mitten in der Pubertät. Offensichtlich mussten die kindlichen Erscheinungsformen, die sie hier auf der Erde annahmen, im Himmel noch einmal überdacht und angeglichen werden. Natürlich gab es auch Ausnahmen, deren Aussehen in etwa dem ihren entsprach und zu denen auch Alica, auf die ihr Blick als erstes gefallen war zählte, doch war das eindeutig die Minderheit.

„Mädchen, ich möchte euch Mia Black vorstellen, sie ist neu in die Stadt gezogen und wird unsere Schule besuchen. Wenn du möchtest, kannst du gerne ein paar Worte sagen, Mia.“

Eve schluckte. Vor so vielen Leuten überzeugend eine ausführliche Lügengeschichte zum Besten zu geben war unmöglich. Sie würde sich auf ein paar Halbwahrheiten beschränken müssen.

„Hallo. Ich bin … Mia Black und wohne hier nun zusammen mit … meinem älteren Bruder, was sich überraschend ergeben hat. Ich bin erst gestern hier angekommen und stamme ursprünglich aus einer völlig anderen Gegend. Bislang war ich noch nie in einer Großstadt oder einer Mädchenschule und alles ist neu für mich. Ich freue mich darauf, euch kennen zu lernen.“

Als die Blonde lächelnd in die Runde blickte, fügte Miss Brown hinzu. „Sehr schön. Ich bin davon überzeugt, dass ihr Mädchen eure neue Mitschülerin unterstützen werdet. Mia, setz dich doch neben Alica dort drüben. Ihre Banknachbarin ist heute krank und sie kann dir alles zeigen und erklären.“

„Vielen Dank.“

Mit einem mulmigen Gefühl steuerte Eve auf ihren Schützling zu.

Das Mädchen das eigentlich hier saß war krank? Das war ein bisschen zu viel des Zufalls. Sie würde Loki zur Rede stellen müssen – sie wollte nicht, dass die Dämonen ihretwegen irgendeinem Menschen schadeten, und wenn es aus deren Sicht noch so harmlos war.

„Hallo.“ begrüßte sie Alica leise und mit einem schüchternen Lächeln, die sie ihrerseits anstrahlte.

„Hi. Ich helfe dir gerne und führe dich später in der Pause rum wenn du möchtest. Solltest du irgendwelche Fragen haben, dann stell sie mir einfach.“

Miss Brown räusperte sich.

„Gut Mädchen, dann lasst uns mit dem Unterricht beginnen. Holt eure Englischhefte heraus und schlagt Seite 26 auf.“

Da die Blonde noch keine Bücher hatte - die würde ihr die Sekretärin zu ihrem größten Bedauern erst in der Mittagspause geben können – musste sie bei Alica mit hinein schauen.

Glücklicherweise war Eve nicht unwissend – da ihr von Kind an auch menschliche Dinge beigebracht worden waren, war keines der Fächer ein Problem für sie. Und irdische Fremdsprachen gab es für Engel und Dämonen ohnehin nicht.

Nach den ersten drei Schulstunden hatten sie 30 Minuten Pause. Zu ihrer Überraschung befand sich eine große, dunkelrot lackierte Lunchbox mit drei übereinander gestapelten Behältern in ihrem Schulrucksack. Vor allem in der letzten halben Stunde hatte ihr Magen begonnen, ziemlich weh zu tun und sie hatte sich schon gefragt, ob sie den Tag über hungern musste - schließlich hatte sie noch nicht einmal gefrühstückt. Unter dem Gummi der alles zusammen hielt war ein kleiner weißer Zettel eingeklemmt und neugierig zog sie ihn hervor.

Schön aufessen. Hungrig genug bist du mit Sicherheit ...

Die Blonde blinzelte. Zwar war die Notiz mal wieder dazu geeignet gewesen, sie erröten zu lassen, aber alles in allem war es unglaublich nett von Loki, dafür zu sorgen, dass sie etwas zu Essen dabei hatte – oder? Als sie die Lunchbox öffnete, war sie prall gefüllt mit allerlei Leckereien und … der komplette untere Behälter war voll mit Mousse au Chocolat.

Ein weiteres Mal spürte sie brennende Röte in ihren Wangen. Sie hatte es die ganze Zeit über erfolgreich vermeiden können, an den Schwarzhaarigen und diverse damit verbundenen peinlich-verfänglichen Situationen zu denken und er machte ihre ganzen Mühen mit einer simplen Aktion wieder zunichte.

*Am Besten, ich gewöhne mich daran.* dachte sie und unterdrückte ein Seufzen, während sie die Dose wieder schloss und ihre Aufmerksamkeit Alica zuwandte, die geduldig an der Klassenzimmertür auf sie wartete, ihr Essen ebenfalls in der Hand. Sie hatte vorgeschlagen, ihre Mahlzeit unterwegs an einem Plätzchen, das Mia gefallen würde einzunehmen.

„Okay, es kann los gehen.“

Hier gab es genug Ablenkung und ihr blieben noch einige Stunden, ehe sie Kai Black wieder gegenüber treten musste.

Alica hielt ihr Versprechen und zeigte ihr das weitläufige Schulgelände, auch wenn die halbe Stunde bei Weitem nicht ausreichte, um alles zu sehen. Die Blonde war beeindruckt, als ihr die Dunkelhaarige sagte, dass sie den Rest in der Mittagspause ansehen würden, nachdem sie Mias Bücher in ihrem Spind verstaut hätten.

Alles in allem verging der Schultag wie im Fluge und die beiden Mädchen verstanden sich ausgezeichnet. Eve war froh, dass es ihr so leicht fiel, ihrer Schutzbefohlenen näher zu kommen – wenn das so weiter ging, hätte Alica bestimmt nichts dagegen, wenn sie sich auch so öfter sahen und dann würde es nicht so schwer werden, sie vor möglichen Dämonenangriffen zu schützen, da sie in der Nähe war.

Viel zu schnell verabschiedete sich die Dunkelhaarige und Eve erblickte Loki. Er lehnte entspannt an einem der großen Sandsteinpfosten, die das Ende des parkähnlichen Schulgeländes markierten und links und rechts von dem breiten Durchgang in einen hohen, verschlungenen Metallzaun übergingen, und wartete auf sie.

Der Engel registrierte augenblicklich, dass sich auffällig viele Mädchen trotz Schulschluss noch in der Nähe des Eingangsbereichs aufhielten und den gutaussehenden jungen Mann unauffällig anschmachteten.

Zu ihrem Entsetzen befanden sich auch einige ihrer Klassenkameradinnen darunter. *Um Gottes Willen, er ist viel älter als ihr! Was ist nur mit diesen Menschen los? Arg!*

„Hallo Mia, wie war dein Schultag?“ erkundigte sich der Schwarzhaarige, ganz großer Bruder, und – tätschelte ihr tatsächlich den Kopf!

Eve errötete vor Scham, vor allem, weil seine Finger gleich darauf scheinbar zufällig in ihren Nacken glitten. Dort begann Loki gedankenverloren mit einigen Haarsträhnen zu spielen, was ihr einen Schauer über den Rücken jagte und ihren Pulsschlag schon wieder in verdächtige Höhen schnellen ließ.

„Hallo Kai. Ganz gut, danke.“ würgte sie angestrengt hervor, bemüht, ihre Fassung zurückzuerlangen und gleichzeitig irgendwie diese verflixte Hand loszuwerden. Als sie einfach an ihm vorbei weiter ging, reagierte er entgegen ihren Hoffnungen schnell genug. Nun hatte sie statt der Finger auf einmal einen besitzergreifenden Arm um ihre Schultern liegen, was ihr „Bruder“ dazu nutzte um sie mit sanftem Druck die Straße entlang nach rechts zu dirigieren, wo wahrscheinlich sein Auto stand.

„Vielen Dank für das Essen, war sehr lecker.“ presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus, bestrebt, sich zumindest einigermaßen normal zu verhalten.

Im Hintergrund hörte sie die Mädchen kichern und tuscheln. Sie glaubte Sätze wie „So süß, er holt sie von der Schule ab!“ und „Oh, er sieht so gut aus!“ zu hören und beschleunigte ihre Schritte.

Das wollte sie sich gerade wirklich nicht antun!

„Gern geschehen, mein süßes Schwesterchen. Da wären wir auch schon. Steig ein.“

Loki hielt ihr die Autotür des schwarzen Flitzers auf und ihr blieb nichts anderes übrig, als vorne Platz zu nehmen, auch wenn sie die Rückbank bei weitem vorgezogen hätte. Die Blonde hatte heute Früh zwar schon feststellen müssen, dass diese super unbequem und eng war – so ein Sportwagen war nun mal eher als Zweisitzer ausgelegt - doch wenn sie wie jetzt direkt neben ihm sitzen musste, war sie ihm viel näher als ihr lieb sein konnte.

Nervös schnallte sie sich an, dann spielte sie mit den Trägern ihres Rucksacks, während der Dämon neben ihr einstieg und los fuhr.

Schließlich hatte sie sich soweit wieder gefasst, dass sie das Thema ansprechen konnte, das ihr schon seit heute früh auf der Seele brannte.

„Was ist mit Alicas Banknachbarin passiert?“ wollte sie mit angespannter Stimme wissen.

Der Schwarzhaarige warf ihr einen Seitenblick zu.

„Was soll mit ihr sein? Sie war im Weg und musste aus dem Verkehr gezogen werden. Also hatte sie einen kleinen Unfall und liegt für die nächste Zeit im Krankenhaus.“

Eve wurde schlecht.

Er hörte sich an, als würde er mit ihr über das Wetter plaudern.

„Das ging am Schnellsten, alles andere hätte eine gewisse Inkubationszeit benötigt und der Platz musste heute frei sein.“ fuhr er mit dieser unerträglichen Sachlichkeit fort. Offensichtlich sah er kein Problem in dieser Vorgehensweise.

Sie starrte ihn sprachlos an. Ihr Gesicht hatte jede Farbe verloren und ihre Augen waren dunkel vor unterdrückter Wut.

„Sie hatte einen Unfall? Der sie ins KRANKENHAUS gebracht hat?“ zischte sie aufgebracht.

Loki zuckte mit den Schultern. „Ich habe Pride geschickt. Er macht seine Sachen sauber und effektiv, lässt sich nur selten hinreißen ... im Gegensatz zu Anger oder Envy.“

„Es ist mir piepegal, wer seine Sachen wie macht!“ fauchte sie unbeherrscht. „Was fällt dir ein, ein junges zwölfjähriges Mädchen verletzen zu lassen, nur weil es dir vielleicht gerade in den Kram passt?“ Ihre Stimme überschlug sich beinahe.

„Du hast ja doch ein wenig Feuer in dir.“ Er klang trügerisch sanft, das Lächeln, das er ihr schenkte, war jedoch eindeutig gefährlich und sorgte dafür, dass sich ihr sämtliche Nackenhärchen aufstellten. „Jetzt hör mir mal gut zu, kleiner Engel. Ich habe dir lediglich gesagt, dass Alica am Leben bleibt. Was sie in der Tat noch ist. Das bedeutet nicht, dass ich meine Methoden umstelle, weil es nicht mit deinen himmlischen Moralvorstellungen zusammenpasst. Haben wir uns verstanden?“

„Nur weil dir meine Ansichten gegen den Strich gehen heißt das noch lange nicht, dass ich es akzeptieren muss, wenn du Menschen verletzt! Und du brauchst mich auch nicht wie ein kleines Kind zu behandeln, das bin ich nämlich nicht!“ explodierte sie wider besseren Wissens. Sie bewegte sich auf dünnem Eis und ihn zu reizen war sicherlich nicht das Sinnvollste, aber sie konnte und wollte ihren Ärger bei dieser Sache nicht unterdrücken.

Loki bremste so abrupt, dass Eve heftig in den Sitz gedrückt wurde und erschrocken aufschrie. Das Auto kam schlingernd zum Stehen und mit klopfendem Herzen starrte sie wie hypnotisiert in die pechschwarzen, glühenden Augen des Dämons, die sich plötzlich nur noch wenige Zentimeter von ihr entfernt befanden.

„Du meinst also, ich sollte dich wie eine Frau behandeln?“ schnurrte Loki, ohne auf ihre anderen Argumente einzugehen.

„Was?“ erwiderte sie total perplex und presste sich noch tiefer in den Sitz, als sie seinen warmen Atem über ihre Haut geistern spürte.

*Nicht auf seine Lippen sehen, nicht ...*

„Bist du ein wenig unausgeglichen, kleines Engelchen?“

Ihre Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in ihre Handinnenfläche, so fest umklammerte sie den Riemen ihres Schulrucksacks.

„Das … hat damit gar nichts zu tun!“ ihre Stimme klang selbst in ihren Ohren zittrig und schwach.

*Ich habe es nicht abgestritten! Warum habe ich seine absurde Behauptung nicht abgestritten?*

Sein Lächeln war raubtierhaft.

„Du hast hier noch einiges mehr zu verlieren, Kleine. Vielleicht musst du einmal nachdrücklich daran erinnert werden?“

„Ich verzichte dankend.“ Diesmal kam ihr die Lüge ohne das geringste Stocken von den Lippen, auch wenn sie Lokis spöttisches Lächeln wissen ließ, dass er sie problemlos durchschaut hatte.

*Blöde Hormone!*

Mit einem amüsierten Grinsen beobachtete der Schwarzhaarige, dass sie eine Schnute zog und mit verschränkten Armen beleidigt aus dem Fenster sah und schmollte.

*Du bist durchsichtiger als Glas, kleines Engelchen. Wenn das so weitergeht brauche ich nicht mal einen Monat, und du bist Wachs in meinen Händen.*
 

~* Erde, Eisgrube, zur gleichen Zeit *~
 

Eine junge Frau mit langen bordeauxfarbenen Haaren und geradem Pony über großen, schokoladenbraunen Augen lächelte zufrieden, während sie das Pergament, auf dem das Blut der Unterschrift noch nicht ganz getrocknet war, in ihrer schwarzen kleinen Lacktasche verstaute. Sie ließ ihren Blick über die Fenster der sie umgebenden Häuser schweifen. Ihre hohen Schuhe machten klackende Geräusche auf dem Kopfsteinpflaster des breiten Gehsteigs.

Das war ausgezeichnet gelaufen. Wie leicht die Menschen doch zu einem Packt mit dem Teufel bereit waren, wenn man ihre Gelüste richtig schürte.

Damit hatte sie dem Tag gerade seinen krönenden Abschluss verpasst und zwei – nein, drei – Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Sie hatte der Unterwelt nicht nur eine neue Seele gesichert, denn wenn alles wie geplant lief, würden in den nächsten Tagen noch zwei weitere dazu kommen, die zudem beide lupenrein waren. Und eine von ihnen wäre mehr Wert als alles was sie bislang erbeutet hatten. Gleichzeitig würde sie ein Ärgernis loswerden, das sie bereits jetzt mehr störte als alles andere.

Das schrie geradezu danach, ordentlich gefeiert zu werden - sie hatte da einen jungen Mann im Auge, der von seiner Verlobten betrogen wurde und es noch nicht wusste.

Ihr Grinsen wurde breiter und bekam etwas unheimliches. Ja, ein kleines Blutbad wäre genau das Richtige, um die heutige Nacht zu beginnen.

Envy lachte voller Vorfreude.
 

*:------------------------~*~--------------------------:*
 

TBC.



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Von:  Crashie
2013-11-18T11:22:58+00:00 18.11.2013 12:22
Ich war ja schon etwas erstaunt, als ein neues Kapitel kam. :D Ist schon echt lange her, seit dem letzten Kapitel und ich musste erstmal überfliegen, was vorher genau passiert war. XD
Aber jetzt kam ich zum Lesen.
Und es war ja ein eher ruhiges Kapitel. Ich finds witzig, wie Loki Eve (und alle anderen weiblichen Wesen) aus der Fassung bringt. XD Bin gespannt, wohin das noch führt. Und ich habe das Gefühl, bald kommt da ordentlich Action. ;)
Und noch eine Kleinigkeit zum Schreibstil: Vielleicht liegt es auch nur daran, dass ich heute nicht so fit bin, aber ich fand es stellenweise anstrengend zu lesen, weil manche Sätze so lang und verworren sind und so viele Adjektive vorkommen. Da im nächsten Kapitel vielleicht etwas drauf achten. ;)
Ansonsten finde ich es super, dass es endlich weiter geht. :D
Antwort von:  fiZi
21.11.2013 10:57
Huhu Alica,

danke für dein Feedback. Ja, die Monstersätze sind eines meiner Probleme und anscheinend ist es wiedewr etwas schlimmer geworden. Mal schaun, ob ichs schaffe, einige zu eliminieren^^
In diesem Kapitel kam in der Tat wenig Aktion vor, da es eine Art Füllkapi war. Das ändert sich im nächsten wieder :-)
LG
Antwort von:  Crashie
25.11.2013 22:24
Übrigens finde ich es cool, dass ein Chara meinen Namen trägt. ;) Sieht man selten, wenn dann heißen die Alice.
Von:  la_estrella
2009-05-07T00:01:47+00:00 07.05.2009 02:01
So nach Verspätung endlich
mein Kommentar. ( Und das auch zum richtigen Kapitel... )
Wie du ja bereits weißt, freue ich mich unheimlich,
dass du dich endlich dazu aufgerafft hast,
weiter zu schreiben! ;)
Interessantes Angebot von dem werten Herr Loki.
Das scheint spannend zu werden.
Die Darstellung der Erzengel etc in Brasilien (wars doch, oder)
ist dir humorvoll gelungen.
Ich freue mich aufs nächste Kapite :)


Grüße,
*estrella

PS. Dass du super schreiben kannst, solltest du ja auch
bereits wissen =)
Von: abgemeldet
2009-05-06T13:02:24+00:00 06.05.2009 15:02
zuuuu kuirz~~~~
sry, bin nciht dazu gekommen, es sofort zu lesen^^
wann taucht blithe eig wieder auf? *immernoch darauf hoff* sie könnte ja alicas große mschwester sein oder so :)
Von:  la_estrella
2009-04-27T20:43:32+00:00 27.04.2009 22:43
Oh Gott bin ich verpeilt!!!
Ich habe gerade mit Schrecken festgestellt,
dass ich dieses Kapitel schon mal gelesen hatte o.o
Vor einem Jahr ...
Oh Mann...loooool Tut mir Leid ich bin gerade baff
über mich selbst. Oh nee....also sowas ist mir ja
noch nie passiert... Also ist das "neue Kapitel" noch
gar net frei geschaltet. Herjeee... bin ich ein Depp
lol Oh Gott. Okay ich brauch n Bier...

Von:  la_estrella
2009-04-27T20:40:10+00:00 27.04.2009 22:40
Mann bin ich froh dass es weitergeht.
Und danke dass du mir eine ENS geschickt hast,
sonst hätte ich das wohl soeben net gelesen.
War zwar anfangs sehr schwer wieder in die FF
einzusteigen, aber jetzt bin ich wieder "voll mit dabei".
Dein Schreibstil ist und bleibt wunderbar. Die Thematik
ist äußerst interessant und du weißt wirklich sehr gut
mit den Beschreibungen der Engel und der Dämonen umzugehen.
Vor allem wie du die "Engelwelt" beschreibst und auch deren
Unterteilungen etc weißt. Oh Mann, ich weiß mich heute nicht
gut auszudrücken...Also ich fordere sofortiges Weiterschreiben,
damit Loki endlich zur Tat schreiten kann!

Hau in die Tasten und komm ja nicht auf die Idee, wieder
ein paar Jährchen zu pausieren...Dann setzt was ! :)

Lg
*estrella
Von: abgemeldet
2009-04-26T21:35:32+00:00 26.04.2009 23:35
Hey also ich fand deine geschichte wirklich äusserst amüsant ^^
ich find deinen schreibstil echt interessant und gut und bin schon sehr gespannt, wies weitergeht :)

*anflausch* EDI
Von: abgemeldet
2008-03-18T17:49:59+00:00 18.03.2008 18:49
OMG......wil wissen welchen vorschlag ihr macht.....mist
Naja ich hoffe es geht bald weiter.....
Ich mag deine Geschichte total......
Aber ich muss schon zugeben das du echt ne gute Stelle augesucht hast um abzubrechen......das is echt spannend......
will unbedung weiterlesen....*heulz*
naja bis dann und schreib schnell weiter.....
LG NiCi
Von:  la_estrella
2008-02-14T13:29:11+00:00 14.02.2008 14:29
Oh nein...Oh nein... So eine spannende Stelle und kein weiter vorhandenes Kapitel für mich zum Lesen. Mein Lesefluss wurde unterbrochen und nun bin ich meinem spekulativen Gedankengang völlig ausgeliefert. Mal ganz im Ernst..., liebe fizi, findest du das fair?! Kannst du das verantwortden?!... :P

Nun gut... Ich bin noch immer begeister von dieser FF und finde, dass du vor allem die unterschiedlichen Perspektiven gut meisterst und immer wieder Schwung in die Handlung bringst. Nur was ist eigentl aus dieser "Aideen" geschehen?

Ich hoffe für dich, dass das nächste Chapt schon fertig ist und du ebenso schon mit dem Gedanken spielst, es bald hochzuladen *hust* hehe :P

Ansonsten machs gut
Schöne Grüße
*estrella =))
Von:  la_estrella
2008-02-14T13:00:51+00:00 14.02.2008 14:00
Nette "Endfrequenz" :-D

Bisher kann ich noch immer keine Kritik äußern und ich muss sagen, die FF hat es in sich! Und ganz besonders auch Loki =)

LG
*
Von:  la_estrella
2008-02-14T12:39:18+00:00 14.02.2008 13:39
Muy bien!

Bisher hat sich beim Lesen der FF noch nie Langeweile eingeschlichen und sie gestaltet sich zunehmend interessanter.

Freue mich auf das nächste Kapitel

LG
*


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