Prolog
Ein starkes Wehen verließ die Kehle der jungen Frau und war mit Abstand das lauteste Schrei an diesem Tag, ehe sie schwer atmend zu der weißen Decke blickte und sich geradezu krampfhaft auf die Unterlippe biss, während immer wieder heftigen Schmerzen durch ihren bebenden Körper zogen und sie mittlerweile regelmäßige Klageschreie von sich gab. Kurz darauf löste sich eine kleine Träne aus dem Augenwinkel der schönen Frau und lief ihr sanft das schöne Gesicht hinab, während die Krankenschwestern fleißig mit einem feuchten Lappen die schweißgebadete Stirn der werdende Mutter tupften. Drangsal schüttelte Sakura Haruno, beim jeden Schmerz den ihr gebrechlicher Körper zog, ihren Kopf.
„Ich … kann … das nicht“, keuchte sie, obwohl sie die Intuition nicht loswurde, dass sie einen Fehler ausgesprochen hatte, denn ihre Hebamme besah sie in diesen Moment mit einem geäußerten Blick, was Sakura dazu veranließ, ihren Kopf erschöpft auf dem weichen Kissen zu legen.
„Sakura“, versuchte Tsunade Senju in einem ruhigen Tonfall den Namen ihrer Nichte auszusprechen, worüber sie innerlich dabei dachte, sie wachzurütteln und ihr ins Gesicht zu schreien, dass sie gerade ein Kinderleben im Gewissen haben wird, wenn sie die Geburt hier und jetzt nicht durchzog. „Versuch nicht in einem kleinen Loch voller Verzweiflung zu fallen, während du dabei bist, dein Kind auf die Welt zu bringen!“
Tsunade widmete sich abermals auf dem Intimbereich von Sakura, und die Ärztin bemerkte sofort, dass der Muttermund sich geöffnet hatte.
Sakuras Herzklopfen schlug unregelmäßig gegen ihren Brustkorb und drohte jeden Moment, den Takt zum Leben zu verlieren. Sie fragte sich selbst, warum sie ausgerechnet das Kind von ihrer abgeschlossenen Vergangenheit bekam.
Das schnelle Piepen des Herzschlaggerätes weckte die Hebamme dazu an, Sakura den Hals zu erwürgen, als sie das tatsächliche Aufgeben ihrer Nichte ins Auge stach. Schnelles Adrenalin stürmte in ihr. Sie warf tauschende Blicke zu Sakura und des Gerätes zu, dass ihr rasch Nervosität verabreichte, ihr gefülltes Enkelkind und ihre Nichte zu verlieren.
Fleißig widmeten sich die Krankenschwestern dazu, die Patientin zu beruhigen und ihren Herzschlagreflex zu stabilisieren, was Sakura nur zum Wimmern brachte.
Tsunade löste sich aus ihrem Trance, als sie das anflehende Wimmern ihrer Verwandten hörte und ihr automatisch wieder Mut gebracht hatte, es weiterzuführen.
„Atme tief ein und aus, Sakura.“ Tsunade machte die Atembewegungen nach, um Sakura die Motivation zu geben, es nachzuahmen. Sie musste nun die Nerven blank kriegen, während eine braunhaarige Krankenschwester ihre schweißgebadete Stirn tupfte. Tsunade fixierte sich stur auf das schwache Lächeln ihrer Nichte, wie sie gerade versuchte, ihr Lächeln standhaft zu halten – das ihr aber nach einem Bruchteil der Sekunde misslang. Sakuras Gesichtsausdruck wechselte sich zu einem verzogenen Ausdruck, als sie bereits den nächsten Schmerz krafthaft spürte.
„Ok, es ist jetzt soweit. Sakura, wenn ich dir sage, du sollst Pressen, dann tust du es – und stell möglichst keine Widersprüche dar!“, sagte sie in einem typischen Tonfall und befahl ihr nach einigen Sekunden, zu pressen.
Die werdende Mutter kniff ihre Augen zusammen und drückte ihre Bauchmuskeln zusammen, und sie presste mit tiefem Atemzug. Diese unbeschreiblichen Schmerzen, die Sakura gefühlte zehn Stunden erlebte, waren unerträglicher, als wenn man ein scharfes Messer durch die Brust durchgerammt bekommt. Auch wenn sie das Gefühl nicht kannte, spürte sie dennoch nahbare Leiden in sich. Diese Qualen, die eins der Mann verunstaltet hatte, der sie für Geld verließ. Diesen Mann, der sie geschwängert und alleine gelassen hatte. Und dennoch nahm sie es im Kauf, sein Kind zu gebären, ein unbeschreibliches Gefühl, Vater zu sein, was er gewiss nicht in seinem arroganten Leben verdient hatte.
Ohne, dass sie es selbst bemerkte, rollte eine Träne aus dem Augenwinkel der werdende Mutter und lief ihr prompt das strahlende Gesicht hinab, als sie endlich das befreiende Gefühl spürte und ein lautes Geschrei eines neugeborenes hörte. Erschöpft legte sie den feuchten Kopf an dem cremefarbenen Kissen. Sakura lachte trocken, als sie es endlich geschafft hatte. Am achten April um 2:42 Uhr wurde sie zu einer frischgebackene Mutter von einem kleinem Wesen, der anscheinend die ganze Welt von seinem Geschrei nach Aufmerksamkeit erlangen wollte.
„Geschafft!“, seufzte Tsunade und wickelte das gerade geborene Kind in ein kleines cremefarbenes Deckchen, ehe sie mit strahlenden Augen zu einer schwer atmenden jungen Frau sah und ihr das winzige, brüllende Bündel lächelnd reichte. „Gratuliere! Es ist ein Junge!“ Sie lächelte, während Sakura das kleine Wesen auf ihre Brust gelegt bekam und einen allerersten Blick in das Gesicht ihres Sohnes warf.
Seine Augen waren geschlossen, aber sobald er die Nähe seiner Mutter spürte, hörte er aufzuschreien und entspannte sich. Sakura strich ihm lächelnd über die kleine Wange und war überglücklich, als er seine Augen langsam öffnete und grüne Augen hervorlugten. Er hatte ein perfekt geschnitztes asiatisches Gesicht – doch als sie etwas sah, was sie eigentlich nicht sehen wollte und sich gehofft hatte, dass ihr Kind wenigstens auch noch ihre Haarfarbe erben könnte, waren seine schwarz.
Währenddessen die Krankenschwestern alles ordentlich gesäubert haben und den Geburtsraum verließen, beobachtete Tsunade mit gemischten Gefühlen die Situation ihrer gefüllten Tochter, wie diese gerade Hormongesteuert anfing, leise zu weinen. Stumm schaute ihr Sohn dabei zu. Tsunade wusste, was in ihrem Kopf gerade vor sich ging, deswegen versuchte sie auf ein anderes Gefühl zu gehen, um nicht auf das Thema zu kommen, das Sakura ganz sicher nicht hören wollte.
Die Hebamme näherte sich ihr und ließ sich vorsichtig an der Bettkante nieder, während sie getauschte Blicke zu ihrem Neugeborenen und zu der frischen Mutter warf. „Wie möchtest du ihn nennen?“, fragte sie sanftmütig und strich ihr behutsam eine rosa Strähne hinter ihrem Ohr.
Sakura blickte auf, schaute in die topazbraunen Augen der Ärztin und zwang sich zu einem Lächeln, das ihr schwer fiel. Immer wieder strich sie vorsichtig, geradezu übertrieben behutsam, den schwarzen Flaum ihres Sohnes. Wenn sie den kleinen Wesen in ihren Armen so musterte, fiel ihr auf, dass er genau wie sein Vater aussah. Kein Zweifel, man würde sofort meinen, dass es sein Sohn wäre. Doch eins stand in ihrem Leben vorgeschrieben: Sie würde niemals den Vater ihres Sohnes zeigen. Sakura würde ihm das Kind vorenthalten, auch wenn er verdammt ähnlich seinem Vater glich. Es war ihr aber gleichgültig. Er hatte es nicht verdient, einen süßes Kind an seiner Seite zu haben. Ihr Leben, das der Mann vollkommen zerstört hatte, wird ins Licht der Verbesserung aufleuchten.
Bei dem Gedanken, dass sie ihr Leben von nun an verbessern wollte, zuckte ihr Mundwinkel nach oben. Es würde eine große Hilfe sein. Sakura lächelte, während sie glücklich den Namen ihres Sohnes flüsterte: „Daisuke. Daisuke Haruno.“