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Begegnung

01. Tag des Monats November im dritten Jahr der Keiou Ära
 

Augen, die in völliger Finsternis ebenso gut sahen wie am helllichten Tag. Ohren, die geflüsterte Gespräche durch mehrere Wände belauschten. Eine Nase, zuverlässiger als die eines Hundes. Kazama Chikage wusste um die Vorzüge seiner edlen Herkunft. Es war ein Leichtes gewesen, sich an den schläfrigen Wachen vorbei zu schleichen, die am Tor zum Hauptquartier der Shinsengumi postiert waren, denn Chikage verstand sich besser aufs Ablenken und Täuschen als jeder andere seiner Art. Nicht umsonst nannte man ihn den stärksten Oni des Westens.
 

Geräuschlos folgte er dem Kiesweg zum großen Anwesen und horchte dabei auf nahende Schritte oder dem Surren von Klingen, die aus Schwertscheiden gezogen wurden, doch alles blieb ruhig. Das Dorf Fudoudou und die Unterkunft der Samurai lagen so still und friedlich vor ihm, wie es kurz nach Mitternacht kaum anders sein konnte und Chikages Lippen kräuselten sich zu einem überlegenen Grinsen. Wie einfältig diese Menschen doch waren. Wie leichtsinnig sie mit dem Schutz von Heim und Leben umgingen – zu arrogant, um zu glauben, ein Eindringling könne soweit vorrücken, dass er zur ernsten Bedrohung würde. Chikage hasste die Menschen aus tiefstem Herzen.
 

Wie ein Schatten huschte er über die Veranda zu jenen Zimmern des Hauptgebäudes, in denen sich die Schlafplätze der Krieger befanden. Das ruhige, gleichmäßige Schnaufen, das durch die dünnen Schiebewände drang, verriet ihm, dass die meisten sich gerade in ihren tiefsten Träumen befanden. Chikage hätte sie allesamt meucheln können, ohne dass vor dem Morgengrauen auch nur eine einzige Leiche entdeckt worden wäre. Doch das war nicht sein Ziel und sinnlose Handlungen und Kämpfe galt es stets zu vermeiden. Er brauchte nur dieses eine Mädchen und er brauchte es lebend.
 

Langsam schritt er an den vielen Räumen vorbei und hatte immer noch nicht den richtigen gefunden, als seine Neugier ihn für einen Moment innehalten ließ. Dort, hinter dieser Tür, war jemand wach. Die Person machte kein Geräusch, aber Chikage spürte ihre Präsenz mit seinen geschärften Sinnen so deutlich, als stünde sie direkt vor ihm. Und da war noch mehr…

Mit einem leisen Ratschen schob er die Tür zur Seite und blickte auf einen jungen Mann hinab, der sich in seinem Bett auf die ihm zugewandte Seite gedreht hatte. Seine Muskeln waren entspannt, sein Herzschlag vollkommen ruhig und man hätte meinen können, auch er würde schlafen, wären seine Augen nicht offen und die Hand am Schwertgriff gewesen.
 

Chikage erkannte ihn sofort, auch wenn es knapp drei Jahre her war, dass sie sich zum letzten Mal begegnet waren. Damals hatten sie im Ikedaya-Haus gegeneinander gekämpft und Chikage hatte sein Leben verschont, weil es schlicht nicht nötig gewesen war, ihn zu töten – und vielleicht auch, weil er diesen Kerl schon dort auf irgendeine Weise interessant gefunden hatte. Die Furchtlosigkeit, die sich in seinem Gesicht spiegelte, imponierte ihm mehr, als er zugeben mochte. Und dennoch: Die Menschen waren schwache, dumme Wesen ohne jeglichen Stolz und nicht einmal Okita Souji würde ihn da vom Gegenteil überzeugen.
 

„So sieht man sich also wieder“, bemerkte Souji leichthin und unterdrückte ein heiseres Husten. „Ich hätte nicht gedacht, dass du dich ohne deinen großen, starken Beschützer nach draußen wagst.“

„Nun, Amagiri hindert mich bisweilen daran, meine Gegner aus dem Weg zu räumen“, entgegnete Chikage kühl. „Deshalb erledige ich manche Dinge besser allein.“

„Da kann ich dich gut verstehen. Ich mag es auch nicht besonders, wenn man sich in meine Angelegenheiten mischt.“
 

Keiner der beiden traute sich zu blinzeln, während grüne und rote Augen einander schweigend durchbohrten.

„Und?“, fragte Souji schließlich. „Willst du mich nun aus dem Weg räumen?“

„Nein, dafür habe ich keine Zeit. Ich bin aus anderen Gründen hier“ sagte Chikage ehrlich.

„Du willst zu Chizuru-chan, hab ich Recht?“

„Und wenn es so wäre?“

Mühsam richtete Souji sich auf und die schwere Bettdecke glitt ihm von den Schultern, als er sein Schwert eine Handbreit aus der Scheide schnappen ließ. „Dann stehe ich dir wohl unweigerlich im Weg“, sagte er feixend.
 

Chikage zeigte keine Reaktion auf diese Aussage. Er musterte Souji mit prüfendem Blick und begriff endlich, was ihm schon vor der Tür hätte klar sein müssen und was ihm doch erst die glasigen Augen, die schweißnasse Stirn und der schwere Atem des anderen verraten hatten. Der Stempel des Todes haftete an diesem Mann wie ein Egel, der einem allmählich das Blut aus den Adern saugte.

„Du bist krank“, sagte Chikage wissend. „In deiner Verfassung würde ich mein Schwert nicht so leichtfertig ziehen.“

Das Lächeln blieb auf Soujis Lippen, doch seine Stimme klang plötzlich ernster und bedrohlicher, als es bisher der Fall gewesen war. „Unterschätz mich nicht!“, warnte er leise. „Ich kann trotzdem noch kämpfen.“
 

Ein schauriges Brüllen zerschnitt die nächtliche Stille, wehte durch die Gärten zu ihnen ins Zimmer und entschärfte die Situation, indem es alle Aufmerksamkeit auf sich zog.

„Ah, Sannan-sans Rasetsu-Armee kehrt von seiner Patrouille zurück“, stellte Souji gut gelaunt fest. „Jetzt kann es hier sehr ungemütlich werden. Du solltest besser wieder verschwinden, Kazama.“

Chikage ließ ein herablassendes Lachen ertönen. „Denkst du wirklich, ich könnte es nicht mit diesen billigen Kopien meiner Rasse aufnehmen? Ich hatte bereits das Vergnügen und gegen ein Original sind sie der reinste Witz.“

„Schön, dann geh raus und schaff sie dir vom Hals. Immerhin hast du heute freie Hand und an mir soll’s nicht liegen“, sagte Souji herausfordernd und umspielte mit den Fingern weiterhin den Griff seiner Waffe, als reize es ihn, selbst ein paar der Rasetsu zur Strecke zu bringen.
 

Tatsächlich hätte Chikage große Lust gehabt, diesem Treiben ein Ende zu setzen, denn die Experimente der Shinsengumi, einen Oni künstlich zu erschaffen, empfand er als persönliche Beleidigung gegen sein reines Blut. Doch der Instinkt riet ihm, sich um dieses Problem ein anderes Mal zu kümmern. Ein Herankommen an das Yukimura-Mädchen, wenn das Gelände vor Feinden nur so wimmelte, schien nun nahezu aussichtslos und Chikage beschloss, dass ein paar Monate mehr oder weniger der Sache keinen Abbruch taten, wo er doch bereits so lange schon ausgeharrt hatte.
 

„Ich denke, es hat keinen Sinn hier heute weiterzumachen“, sagte er an Souji gewandt. „Wir Oni leben schließlich lange genug. Da müssen wir uns nicht beeilen.“

Er kehrte ihm den Rücken zu, trat auf die Veranda und hatte die Schiebetür schon halb hinter sich zugezogen, als Souji plötzlich einwarf: „Wenn du wirklich so viel Zeit hast, warum schaust du dann nicht öfter bei mir vorbei? Ich verbringe fast den ganzen Tag im Haus und könnte ein wenig Abwechslung vertragen.“
 

Die Worte waren ihm entschlüpft, noch bevor er richtig über sie nachgedacht hatte und er konnte auch nicht sagen, was ihn zu diesem Vorschlag bewegte. Chikage aber stockte im Türrahmen und blickte über die Schulter zurück.

„Dich besuchen?“, sagte er spöttisch grinsend. „Aber nun ja, warum eigentlich nicht? Du bist dem Tode geweiht, Okita Souji. Doch bis dahin können wir uns vielleicht noch ein wenig amüsieren.“

Lautlos schloss er die Tür und Souji beobachtete, wie seine Silhouette hinter dem mondbeschienenen Reispapier verschwand, als sei er niemals dort gewesen.

„Komm nur“, flüsterte er, obwohl er wusste, dass Chikage ihn nicht mehr hören konnte. „Ich kann es kaum erwarten.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mismar
2014-02-21T01:47:51+00:00 21.02.2014 02:47
Ich schreibe mal, weil ich den Autor gerne unterstützen möchte: Mittlerweile bin ich für jede deutsche Story von Hakuouki dankbar.

Zuerst: Ich liebe Crack-Pairings, umso unwahrscheinlicher, umso interessanter. Man braucht viel Kreativität und Kenntnisse über die Charaktere, um einem anderen das Pairing schmackhaft zu machen... zumal ich es leid habe, Pairings wie OkitaxSaito oder HijikataxChikage zu sehen... die sind eigentlich auf ihre Art genauso unwahrscheinlich und trotzdem werden die Pairings totgetreten... ähm, ja, wie auch immer, zur Story:

Es ist etwas widersprüchlich, dass Chikage als bester Oni bezeichnet wird, nur weil er „laut Beschreibung“ vorgeht wie es ein Ninja tun würde – weil dann muss er seinen Job ziemlich schlecht machen, weil er es trotz allem nicht schafft, Chizuru zu holen. Ich persönlich glaube ja, Chikage hätte im Anime auch keine Schwierigkeiten gehabt, Chizuru zu entführen, ihm geht es aber mehr darum, Chizuru auch zu überzeugen. Ein Mann, der eine Frau dazu zwingen will, seine Kinder zu gebären, weiß, dass sie es freiwillig machen muss.

Mir fällt es gerade etwas schwer, mir die Situation vorzustellen, allerdings habe ich die Serie vor Jahren gesehen, vllt liegt es daran.

Am Ende muss ich sogar sagen, dass ich mir auf eine Art und Weise das Pairing durchaus vorstellen kann... ich meine eigentlich war ja Okita der Stärkste in der Shinsengumi und irgendwie Kaoru als Gegenspieler... ich weiß nicht, das nimmt ihm irgendwie die historische Stärke. Kazama als Gegenspieler hätte ich besser gefunden.
Die Umsetzung ist noch etwas schwer nachzuvollziehen, vllt ändert sich meine Meinung im Laufe der Story, weil ich fand die Interaktion der beiden sehr merkwürdig... also es kam überhaupt nicht raus, wieso er ihn besuchen sollte, teilweise klang es wie sexuelles Interesse... also man hatte nicht wirklich herausgelesen, dass es vllt darum geht, das Können an einem richtigen Gegner auszutesten (ich hoffe jetzt, dass es so gedacht war).

Und ach Gott, mein Kommentar ist furchtbar chaotisch, ich wusste nicht, wie ich ihn struktieren sollte -.-“ jetzt hast ein Durcheinander bekommen... also ich muss aber noch sagen ich mag bislang deinen Schreibstil, es ließt sich sehr gut. Ich mag auch wie du beschreibst, nur mehr Gedankengänge wären wünschenswert.
Aber ich muss noch einmal deutlich machen, dass ich die Pairingsache toll finde, selbst wenn die Story an manchen Stellen ooc sein sollte, finde ich es ein größeres Hindernis, eine Story zu einem Crackpairing zu schreiben als zu einem beliebten Pair... weil durch die ganzen Ffs und Fas fällt es einem auch einfacher, sich an denen zu orientieren ^^“ hier bist du ganz auf dich allein gestellt.
Nun ja, ich werde es mal aus Interesse verfolgen und sorry nochmal wegen dem chaotischen Kommentar.
Antwort von:  Erenya
06.03.2014 00:06
Nope X'D Ihm geht es nicht darum Chizuru zu überzeugen. Er hätte sie eiskalt am Palast mitgenommen, wenn die Jungs nicht dazwischen gegangen wären. Das er es in der OVA nicht tut, liegt wohl eher daran, dass Osen ihm den Kopf gewaschen hat und er dachte, dass er es mal auf eine neue Weise versuchen sollte. ODER! Und das halte ich für wahrscheinlicher, dass er einfach Hijikata Chizuru vor seinen Augen entführen will. Ihm demütigen damit, dass das Mädchen was er beschützen wollte, nicht beschützen konnte. Eben als Rache für diesen Kratzer der eh nie der Rede wert war. XD

Der Stärkste der Shinsengumi war irgendwie wenn man mal so nach Anime geht, nicht Souji. Souji unterlag gegen Saito. Und Saito galt als unbesiegt und war wohl scheinbar gerne der "Sparingspartner" von Souji. Ich glaube sogar, dass Hijikata der stärkste war. Zumindest will man das den Zuschauer glauben machen, indem man den letzten Kampf Hijikata vs. Kazama zu einem Sieg für Hijikata machte, der selbst als unvollständiger Oni von Kazama als vollständiger Oni anerkannt wurde.

(Sorry Kunoichi, dass ich hier diesen Text drücken muss ;___; Ein Zwang den ich nicht unterdrücken kann)


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