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Janus

von

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Er hatte sich betrunken.
 

War er sich sicher, dass er nicht am Alkohol sterben würde?

Schließlich war er kaum 1, 30 m groß. Der Körper eines Grundschülers verträgt keinen Schnaps, insbesondere, wenn er bereits gesundheitlich angeschlagen ist. Was hatte er sich nur dabei gedacht, gerade heute zu Trinker zu werden? Ach, sei’s drum. Er hob ein weiteres Glas zum Mund und leerte es in einem Zug. Morgen früh würde sich Kogoro fragen, ob er schlafwandele und wo der ganze Fußel hin verschwunden sei.
 

Conan saß im Dunkeln am Couchtisch der Detektei. Ein stilles Refugium, ein Fluchtpunkt, wenn ihn die Dämonen auf’s Neue verfolgten. Niemand würde ihn sehen, niemand würde so spät hier herunterkommen. Nur richtig so, es war halb 4 Uhr morgens. Schlafenszeit. Zeit, zu träumen.

Doch, wenn er seine Augen schloss übermannte ihn die Schuld, die er auf sich lädt, Tag für Tag. Wie ein jüngstes Gericht kommt sein Gewissen über ihn, geißelt ihn, lässt ihn die Sünden büßen, deren er sich ohne Unterlass schuldig macht. Dann sieht er ihr Gesicht, sieht die Tränen über ihre Wangen rinnen und fragt sich, wie er sie trocknen soll. Warum nur wartet sie? Womit hatte er verdient, dass sie sich für ihn aufgab? War es wegen der Lebenszeichen, die er so selten sandte? Sollte er aufhören, sie anzurufen? Sollte er nicht mehr über Shinichi reden? Sollte er sie meiden? Ran…
 

Manchmal ertappte er sich bei dem Gefühl, sich in seiner Maske wohl zu fühlen. Ein Kind zu sein erschwerte zwar gewisse Dinge, machte das Leben aber auch um Einiges leichter. Keine Verantwortung, keine Kritik, keine Rechtfertigung, Fehlertoleranz. Keine Eigenständigkeit, keine Erwartungen. Er genoss es von niemandem ernst genommen zu werden und doch ein Faktor zu sein, mit dem man rechnen musste – der ewig Unterschätzte. Manchmal fühlte es sich so an, als könne er mit verdeckten Karten spielen, viel besser, als der großspurige, vorlaute Oberschülerdetektiv Shinichi Kudo. Aber die Freiheit? Von ihr blieben nur die langen Gespräche mit Shiho…
 

Wenn es wieder einmal zu viel wurde, wenn die eigene Zerrissenheit ihn übermannte, dann trank er. Es wurde zu einer schlechten Angewohnheit, wohl gar zu einer Sucht? Dabei fühlte er sich frei, ließ sich fallen in die stumpfe Verblödung des Rausches. Und doch konnte Alkohol nicht trösten. Nicht ihn selbst und erst Recht nicht Ran. Wie es wohl Shiho erging? Über solche Sachen schwieg die Chemikerin immerzu – man konnte alles mit ihr besprechen, doch ihr Panzer verbarg das Innerste, das Privateste sogar vor ihm. Vielleicht würde er sich mit etwas Sake zum Reden bekommen? Conan machte sich eine gedankliche Notiz.

Auf Einmal begann es ihn zu schütteln. Ein Schlottern, aus dem tiefsten Körperinnersten heraus breitete sich zuerst über den Oberkörper auf Arme und Unterleib, dann auf die Beine und schließlich den Kopf aus. Alle Muskeln schienen sich auf einmal zu verkrampfen. Ihm wurde heiß, nicht die trügerische Wärme, die der Schnaps hervorrief, die glühende Hitze eines lähmenden Fiebers. Sein ganzer Körper schien in Flammen zu stehen, sein persönliches Fegefeuer. Nein, das konnte nicht sein, nicht so plötzlich! Doch sein Herz zog sich ruckartig zusammen und entrang seiner Kehle einen spitzen Schrei. Es fühlte sich an, als dränge eine andere Seele nach oben, heraus aus dem Kinderkörper, hinein in sein zweites Gesicht. Er schrie.



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