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Neun Millimeter

[BangHim]
von

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Target o1 – Kim Himchan

Er betrachtete die bernsteinfarbene Flüssigkeit, die bei jeder seiner Bewegungen in dem Glas schwenkte. Ihm war der Durst vergangen, aber seine Miene war hart und ausdruckslos und es war schwer darin zu lesen. Er hatte das Gefühl, dass er sich übergeben müsste, wenn er noch einen weiteren Schluck aus dem Glas nehmen würde; und das würde nicht daran liegen, dass er betrunken war und nicht viel Alkohol vertrug. Nein, es lag ganz einfach daran, dass er über sein Leben nachdachte.

Es gab Menschen, die wurden aggressiv wenn sie zu viel tranken. Und es gab Menschen, die wurden melancholisch. Bei ihm war es eindeutig letzteres und vermutlich war das auch der einzige Grund, wieso er über sein Leben nachdachte. Denn Gedanken an diese Richtungen wurden normalerweise sofort verdrängt. Er konnte sie nicht gebrauchen; er konnte nicht über sein Leben nachdenken. Weil es ihn sonst verrückt machen würde.

Er saß in einer stinkenden, schäbigen Bar, war angetrunken und glaubte gleich kotzen zu müssen, weil er über sein erbärmliches Leben nachdachte.

Würde er sich morgen noch an die heutige Nacht erinnern, dann würde er sich schwören, kein Alkohol mehr zu trinken, weil es nie zu etwas Gutem führte, wenn man das allein tat. Einfach mal so Alkohol in sich zu schütten war keine gute Idee. Man trank Alkohol nicht einfach so. Eine Lektion, die er hoffentlich nicht vergessen würde.

Vermutlich würde er sie vergessen und vermutlich würde er auch vergessen, dass ihn sein Leben gerade bis aufs Übelste ankotze und selbst anwiderte. Es gab Gründe wieso er normal nicht darüber nachdachte; er wusste wieso man ihm gesagt hatte, dass sie nie lange über das, was er tut, nachdenken sollte.

Weil es ihn enttäuschen würde. Weil es sich nicht gut anfühlte.

Weil es schlicht und ergreifend falsch war.

Er schwenkte das Glas mit dem Whiskey noch immer und es war schwer seine Gedanken los zu werden. Vor allem half es nicht dabei, dass direkt gegenüber, hinter den Flaschen und Gläsern, ein Spiegel stand, der sein Abbild zurückwarf. Er sah seine rote Haarmähne, sah seine Gesichtszüge die Lippen und sah seine dunklen, ausdruckslosen Augen. Und er sah keinen Mensch, heute sah er ein Monster.

Ein elendiges Monster, das Dinge tat, die niemand tun sollte.

»Wurdest du versetzt?«, konnte er plötzlich eine Stimme hören und statt den Kopf zu drehen, betrachtete er den Spiegelbild der Person, die neben ihn getreten war. Er konnte zwischen den dunklen Flaschen nur einen schwarzen Haarschopf erkennen.

»Nein«, antwortete er ehrlich mit seiner tiefen, rauen Stimme.

»Wirklich nicht? Du sitzt da schon seit gut zwei Stunden und starrst nur gerade aus, trinkst allein und wirkst nicht so, als würdest du freiwillig hier sein.«

Wer zur Hölle war das? Er zog seine Augenbrauen zusammen und drehte den Kopf zur Seite, um den Kerl, der ihn von der Seite anlaberte, letztendlich ganz zu sehen. Schwarze Haare, scharf geschnittene, asiatische Augen. Und Lippen, auf die wohl jede Frau neidisch wäre.

»Vielleicht bin ich nicht freiwillig hier«, sagte er und merkte erst danach, dass seine Aussage nicht viel Sinn machte. Aber er war betrunken, das was er sagte musste keinen Sinn machen.

»Und welcher böse Mensch zwingt dich dazu hier zu sitzen und Alkohol zu trinken?« Auf den Lippen des Fremden lag ein schiefes, amüsiertes Lächeln.

Machte er sich über ihn lustig?

»Wüsste nicht, was dich das angeht.«

»Hat die Frau die Scheidung eingereicht?«

»Ich hab keine Frau.«

»Nicht mehr?«

»Nie gehabt.«

Was zur Hölle wurde das? Als würde es diesen Idioten etwas angehen, ob er verheiratet war, oder nicht. Außerdem trug er keinen Ehering.

»Kaum zu glauben«, fing der andere an und wäre er nicht so betrunken, hätte er ihm wohl spätestens jetzt das Glas in die Fresse geworfen, »dabei kann man dich durchaus gut ansehen.«

Versuchte dieser Idiot mit ihm zu flirten?

»Was willst du?«, fragte er genervt.

»Dir Gesellschaft leisten«, antwortete der Dunkelhaarige.

»Seh ich so aus, als hätte ich Lust auf deine beschissene Gesellschaft?«, war die nächste Frage.

»Um ehrlich zu sein siehst du so aus, als hättest du Gesellschaft dringen nötig.«

»Hör mir zu«, sprach er, senkte seine Stimme. »Es gibt Menschen, denen sollte jemand wie du keine Gesellschaft leisten. Und ich gehöre zu diesen Menschen. Also solltest du jetzt deinen Hintern wieder dorthin zurückschwingen, wo du hergekommen bist.«

»Ansonsten?«

Wollte dieser Trottel ihn provozieren? Wäre viel einfacher, wenn er nicht betrunken wäre... »Ansonsten könntest du es bereuen, mich angesprochen zu haben.«

Der junge Mann mit den schwarzen Haaren lachte kurz und hohl. »Ach, wirklich? Was willst du machen? Mir auf mein Hemd kotzen? Du siehst nicht so aus, als könntest du noch gerade laufen.«

»Mir würden mehrere Möglichkeiten einfallen, dich umzubringen. Ohne großen Aufwand. Und dafür muss ich nicht gerade laufen können.«

»Beeindruckend«, sagte der Mann offensichtlich unbeeindruckt. Er schenkte ihm ein Grinsen, lehnte sich auf die Theke der Bar. »Wenn du willst, spendier ich dir einen Drink.«

»Nein, danke«, sagte er und klang alles andere als höflich.

»Wie heißt du?«

»Geht dich nen Scheißdreck an.«

»Interessanter Name. Hast du auch einen Spitznamen?«

Er seufzte. Dieser Mensch ging ihm unglaublich auf seinen Sack. Merkte der Trottel nicht, dass er keine Lust hatte mit ihm zu reden, ihn kennenzulernen oder gar anzusehen? Er wollte einfach nur hier sitzen und über sein Leben nachdenken. Moment. Eigentlich wollte er genau das ja nicht tun. Vielleicht war dieser Unbekannte ja doch eine bessere Ablenkung als das Glas Whiskey in seiner Hand.

»Yongguk«, antwortete er dann ehrlich und dennoch offensichtlich genervt. Was er trotz der Feststellung noch immer war.

»Kim Himchan«, stellte sich der Schwarzhaarige vor und Yongguk rechnete fast damit, dass er ihm die Hand unter die Nase halten würde, damit sie ihre Hände schütteln könnten. Zu seinem Glück tat der Vollidiot namens Himchan das aber nicht.

Ein kurzes Schweigen trat ein, in dem Himchan seinen linken Ellbogen auf die Theke legte und die Wange auf die Hand stützte und ihn aus dieser Situation mit einem leichten Grinsen betrachtete.

»Und was willst du?«, fragte er erneut und sah lieber wieder zu seinem Whiskey, weil der ihn nicht so dämlich angrinste.

»Die Frage hab ich dir schon beantwortet. Wird Zeit dass du mir sagst, wieso du hier allein sitzt.«

»Weil meinen letzten One-Night-Stand geschwängert hab und nicht weiß wie ich es meiner Mutter erzählen soll. Außerdem hab ich keine Freunde und liebe den Geruch dieser versifften Bar«, war seine hoch sarkastische Antwort, während er mit den Augen rollte. »Ist es verboten allein hier zu sitzen und Alkohol zu trinken?«

»Oh nein, das ist es nicht. Es ist nur sehr untypisch. Ich kenne nur Leute die hier allein sitzen, die entweder ein scheiß Leben haben, irgendwas vergessen wollen oder gerade von ihrer Frau verlassen worden sind. Und zu welchem der drei Stereotypen gehörst du?«

»Zu Nummer vier, die einfach gern allein sind und Alkohol mögen?« Seine dunkle Stimme hatte noch immer diesen gereizten Unterton.

»Oooh, der einsame Wolf, der darauf wartet, dass ihn eine hübsche Frau anspricht, damit er die Nacht doch nicht allein verbringen muss, weil er eigentlich gar nicht gern allein ist«, schlussfolgerte Himchan, noch immer mit diesem Amüsement in seiner Stimme.

»Ja, genau«, sagte er mit einem hörbaren ironischen Ton. »Schade nur, dass mich ein Kerl anspricht. Oder bist du einfach nur eine Lady die keine Brüste und eine männliche Stimme hat?«

»Soll es auch geben«, sagte er und zuckte mit den Schultern.

Für einen kurzen Moment dachte er ernsthaft darüber nach, ob sein Sitznachbar tatsächlich eine Frau war, stellte dann aber recht schnell fest, dass der Gedankengang genau so dämlich war wie der Geschmack des Whiskeys. Natürlich war das da ein Kerl. Der wohl Spaß daran hatte, sich über ihn lustig zu machen. Vielleicht sollte er ihn einfach verprügeln. Wäre zwar schade um sein schönes Gesicht, aber das hatte dann keine Priorität mehr.

Zu Himchans Glück war er im Moment zu träge und frustriert.

»Hast du gerade ernsthaft darüber nachgedacht, ob ich eine Frau bin?«, wollte Himchan wissen.

»Nein«, log er prompt.

Himchan zog seine Lippen zu einem schiefen Grinsen und musste sich offensichtlich das Lachen verkneifen.

»Willst du nicht wieder zu deinen dämlichen Freunden gehen? Oder woher du auch immer gekommen bist...«, brummte Yongguk und wandte den Blick ab, zwang sich dazu einen Schluck von dem brennenden Whiskey zu nehmen. Jedoch war er zu stolz um eine Miene zu verziehen. Er spürte die Hitze, die der Alkohol verursachte, und glaubte, dass er bald gehen sollte. Es wurde zu warm hier, er sollte nicht noch mehr trinken und er sollte langsam schlafen.

»Die sind bereits gegangen.«

»Solltest ihnen nachlaufen.«

»Nerv ich dich?«, wollte er mit hochgezogenen Augenbrauen und einem schiefen, überlegenden Grinsen wissen.

»Rhetorische Fragen beantworte ich nicht«, sagte er.

»Würdest du mit mir flirten, wenn ich eine Frau wäre?«, fragte er dann und Yongguk stutzte, weil er den Zusammenhang in ihrem Gespräch suchte. Ohne fündig zu werden.

»Versuchst du hier mit mir zu flirten?«, wollte er wissen, runzelte die Stirn und betrachtete den anderen mit einem deutlich angepissten Gesichtsausdruck von der Seite.

»Vielleicht.«

»Verzieh dich, Schwuchtel«, schnaubte er.

»Wusstest du, dass die meisten Leute, die offensichtlich homophob sind meist selbst auf das gleiche Geschlecht stehen? Du gehörst sicher dazu.«

»Ich bin nicht homophob.«

»Ach wirklich? Willst du deine Aussage dann nicht überdenken?«, fragte Himchan.

»Nein.«

»Also doch homophob.«

Er zwinkerte ihm zu und Yongguk merkte, dass ihm das Gespräch zu viel wurde. Vermutlich war da schon zu viel Alkohol in seiner Blutbahn und schränkte sein Gedanken irgendwie ein.

»Boah«, machte er und drehte den Kopf wieder nach vorn. »Du nervst mich.« Eine ehrliche und offensichtliche Feststellung.

»Irgendwie muss ich deine Aufmerksamkeit ja bekommen.«

Er sollte ihm einfach nicht mehr antworten. Dann würde er schon gehen. Denn Yongguk war zu stolz zu gehen. Er ließ sich nicht vertreiben. Nicht einmal, wenn sein Kopf dröhnte und er genervt wurde. Stolz war etwas ekliges und stursinniges.

»Wusstest du, dass Elefanten nicht springen können?«

Yongguk blickte nach vorn und sah in sein eigenes, verwirrtes und verdutztes Spiegelbild. Was hatte dieser Idiot da gerade gesagt? Hatte er sich verhört?

Oh Gott, er hatte Lust auf seinen Stolz zu scheißen und einfach zu gehen.

»Nein? Jetzt weiß du es. Aber wäre auch sehr gruselig, wenn sowas großes und schweres wie ein Elefant plötzlich springen würde. Stell dir mal vo-«, Yongguk unterbrach ihn in einem barschen Ton. »Halt die Fresse.«

Himchan gluckste. »Und, darf ich dir noch einen Drink spendieren?«

»Hältst du dann die Klappe?«

»Hm«, machte er und schien zu überlegen. »Ein Versuch wäre es wert.«

»Okay.«

Himchan gab einen kurzen Siegeslaut von sich und klopfte dann den Bartender heran und bestellte zwei Getränke. Yongguk wollte ein einfaches Wasser. Das er kurz darauf auch bekam. Der Schwarzhaarige bezahlte und drehte sich dann zu ihm. »Cheers!«

Yongguk verdrehte die Augen, leere erst mit innerem Wider den Whiskey und griff dann zu dem Glas mit dem Wasser.

»Erzähl mir von dir.«

Okay, das war zu viel. Darauf hatte er jetzt absolut keine Lust. Wirklich absolut gar keine Lust.

Also hob er einfach das Wasserglas, schüttete es Himchan über den Kopf und stellte es leer zurück auf die Theke. Er rutschte von dem Barhocker, warf ihm einen gefährlichen Blick zu und sprach. »Ich bin ein Arschloch und ich gehe jetzt.«

Und mit diesen Worten ging er tatsächlich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  queermatcha
2014-02-07T11:50:20+00:00 07.02.2014 12:50
Dieses Kapitel war einfach nur klasse xD Wie Yongguk auf Himchan reagiert hat und dieser Satz von ihm mit den Elefanten xD Sowas von random xD Habe sehr gelacht und werde direkt weiterlesen gehen :3


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