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Love Lost

von

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Der Unfall

Tony spürte es in dem Moment, als er die Wohnung betrat. Wie sich alles in ihm zusammenzog, mehr noch, als die letzten beiden Stunden zuvor. Die Enge in seinem Brustkorb, das Problem, Luft zu bekommen. Das Schwindelgefühl, gerade als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, mit einem fast schon unheilverkündenden Knall. Er streckte eine Hand aus, versuchte, sich an der Wand abzustützen, doch weder Wand noch Boden schienen stabil zu sein, es war, als würde er auf Wackelpudding stehen, nein, auf… auf einer Hüpfburg, sein… sein siebter Geburtstag, der halbleere Garten, nachts, die Hüpfburg in Form eines Schlosses…
 

Tony hörte sich selbst japsen, sackte weiter in sich zusammen. Er wusste, niemand konnte und würde ihm helfen. Sie waren alle im Krankenhaus – bei Gibbs. Und er war allein, wie schon so oft in seinem Leben – an dem Geburtstag, zu dem sein Vater die Einladungen nicht verschickt hatte, nur, um ihm weh zu tun, als er ins Internat abgeschoben worden war, selbst so oft im Team, weil sie ihn alle nur für einen Idioten und Clown hielten, selbst jetzt, wo er sich fast ein Jahr lang ganz anders verhalten hatte. Es interessierte die Menschen nicht.
 

Vielleicht hatte sein Vater doch oft Recht gehabt…
 

Nun, egal. Er mochte sie. Und er hatte ihnen geholfen, das Wichtigste zu behalten – Gibbs. Es war dumm gewesen und er hatte das Risiko gekannt, seine angegriffene Lunge, der eisige See in der Kälte, der Dreck. Doch er hatte nicht gezögert, war sofort hinterher gesprungen, getaucht, als hätte er nie die Pest gehabt, erst das Mädchen, dann seinen Boss befreit. Sein Boss…
 

Er sah sich selbst wieder, damals in Baltimore, als er den Marine das erste Mal gesehen hatte, vor einer gefühlten Ewigkeit. Schon damals war es ihm klar gewesen. Er war Gibbs verfallen, mit Haut und Haaren und allem, was er besaß. Der Mann, der alles war, was er sich gewünscht hatte. Stark und loyal, ehrlich und immer da, wenn man ihn brauchte. Doch er war eben auch ein Marine, der sicher nie was mit einem Kerl anfangen würde. Der vier Mal verheiratet gewesen war. Und dauernd was mit Rotschöpfen am laufen hatte.
 

Das Einzige, was er hatte tun können, war Gibbs zu beschützen, mit allem, was er hatte. Er war da gewesen, hatte Kugeln abgefangen, mit seinem eigenen Körper, immer wieder. Er hatte den Anderen sauer gemacht, um einen Klaps auf den Hinterkopf zu bekommen, die einzige Berührung, die er von dem Mann erwartet hatte. Es hatte immer so weh getan, doch er hatte nur gewollt, dass Gibbs glücklich sein könnte, hätte er gekonnt, er hätte sein Leben gegeben, um dessen erste Frau und seine Tochter zurückzubringen. Doch das ging nicht.
 

Nun aber sah es aus, als habe er das letzte Mal Schutzengel spielen können. Er merkte, wie die dunklen Flecken vor seinen Augen sich ausbreiteten. Und niemand würde ihn finden, niemand ihn vermissen. Sie waren alle bei Gibbs – wo sie hingehörten.
 

Nun, es war nicht so, als hätten sie ihn gemocht oder würden ihn sonderlich vermissen. McGee war sicher einfach froh, endlich Senior Field Agent zu werden und Ziva, dass er nicht mehr redete. Oh, er wusste, was sie hinter seinem Rücken über ihn sagten, sie hatten sogar mal den Funk ausgestellt, weil er sie so genervt hatte. Es hatte ihn fast sein Leben gekostet, er hatte sie nicht gemeldet, wissend, dass Gibbs sie mochte, sie dessen Familie waren. Er schützte Gibbs, damit auch diese beiden. Abby… Abby würde ehrlich traurig sein, sie wusste ein wenig über das, was er wirklich war, nicht zu viel, aber genug, sie würde es vermutlich sein, die morgen oder so auf die Idee kommen würde, nach ihm zu suchen. Ducky… vielleicht. Er hoffte, der Mann, den er irgendwie als väterlichen Freund sah, würde nicht seine Autopsie machen müssen, er wusste, wie schwer es diesem gefallen war, Kate und Jenny das anzutun… er hatte auch Niemandem je erzählt, warum er sich mit Jenny so schwer getan, was sie von ihm, gegen seine Natur, verlangt hatte, wieder und wieder.
 

Palmer… war vermutlich erleichtert, nicht mehr Gremlin genannt zu werden oder so. Außer Abs hatte sich eigentlich auch keiner je die Mühe gemacht, hinter seine Fassade zu sehen. Sie hatten es nicht gewollt. Zu gefangen in dem, was sie als schwierig gesehen hatten. Hoffentlich, hoffentlich würde einer von ihnen auf Gibbs achten, wenn er es nicht mehr konnte! Gott, dachte er verzweifelt. Wenn es eine höhere Macht gab, sollte die Jemanden schicken, der Gibbs schützte.
 

Tony japste, er merkte nicht, wie er schließlich auf dem Boden aufschlug. Um ihn war es nicht schade, es war nur wichtig, dass der Einzige, den er je wirklich geliebt hatte, sicher war, dann hatte er zumindest nicht versagt…
 


 


 


 

Japsend schoss Jethro aus dem Schlaf auf. „DiNozzo!“, rief er, einer Eingebung folgend, sah wild um sich. Doch sein Stellvertreter war nicht da. Er sah nur Ducky, Abby und die Anderen, die ihn erleichtert anlächelten. „Wo ist DiNozzo?!“, herrschte er aufgebracht, riss die IV-Nadel aus seinem Arm, warf die Decke zurück und stieg, noch bevor Jemand was tun konnte, aus dem Bett. „McGee! Antworte!“
 

„Ich… Boss, ich…!“
 

„Wo ist DiNozzo?!“
 

„Keine…keine Ahnung“, sprach Ziva ruhig. „Boss, du solltest dich wirklich…“
 

„David“, knirschte Jethro, während sein Magen rumorte. Oh, er erinnerte sich, das Auto, das Knirschen, Tony, der Maddy aus dem Wagen zerrte. Er hatte gedacht, dass es das war, dankbar, dass der Andere erst das Mädchen geholt hatte, er war eingeklemmt gewesen. Doch Tony war zurückgekommen, hatte, wie auch immer, das Lenkrad aus der Fassung gestemmt, um auch ihn zu holen. Er hatte doch schon Shannon gesehen und Kelly! Doch beide hatten ihm nur gewinkt, er hatte so deutlich gespürt, dass sie nicht wollten, dass er kam! Es hatte so weh getan! Doch dann… war er zu sich gekommen, hatte die grünen, panischen Augen des anderen Mannes gesehen, in denen anschließend schiere Erleichterung geglüht hatte.
 

„Er… er ist… heim, er war ganz nass und… wollte sich vermutlich umziehen“, murmelte Palmer schließlich. Doch er fragte sich schon seit einer Stunde, wo der andere blieb, der doch sonst immer der Erste war, der auftauchte, wenn Jemand verletzt wurde.
 

„Ihr Idioten habt ihn gehen lassen? Allein?!“ herrschte Jethro, nicht glauben können, was er da hörte, bevor er, blind vor Wut, einfach losstürmte, selbst Ziva unsanft zur Seite stoßend, unterwegs den erstbesten Arzt grabschend. Diese Idioten! Hatten die ihr Hirn vergessen?! Waren die so dumm oder einfach nur blöde?! Hatte Ducky etwa vergessen, dass Tonys Lungen schlecht waren? Dass er eigentlich nicht in kaltes Wasser springen sollte?! War ihnen nicht aufgefallen, dass der Jüngere nicht aufgetaucht war?
 

„Sir, ich…!“
 

„Mitkommen!“, bellte Jethro nur ungehalten, zerrte den Mann zu einem Krankenwagen, stieß ihn rein und schrie den Fahrer an, endlich loszufahren, während er eine Adresse gab, betend, nicht zu spät zu sein.
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

„Ich weiß, du willst zu uns, aber… noch nicht jetzt, mein Soldat. Du bist nicht mit ganzem Herzen hier und… jemand anderes würde sterben, willst du das? Geh, geh zurück, Marine. Du hast noch ein paar Jahre vor dir, die du glücklich sein sollst…“
 

„Shannon…“, bettelte er selbst, streckte die Hand nach dem feinen Gesicht aus, es nur berühren wollend.
 

„Nein, Marine. Ich bin tot, Kelly und ich sind aber nicht einsam, Zeit vergeht hier anders und wir wissen, dass du noch gebraucht wirst. Geh, geh zurück mein Geliebter. Ich will, dass du glücklich wirst und du weißt, dass du es sein kannst…“
 

„Aber ich…!“
 

„Daddy, du hast immer gesagt, ich muss stark sein, das musst du auch“, erklärte Kelly mit einer Stimme, wie es nur ein kleines Mädchen konnte. „Du hast Maddy geholfen, Tony hat dir geholfen, jetzt musst du ihm helfen, bevor ihr es alle vergesst. Bitte Daddy. Ich bin später immer noch hier und dann können wir zu fünft lustige Spiele spielen! Geh zurück! Mommy und ich sind immer bei dir!“

~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Jethro hatte nicht gewollt, er wäre mit dem Tod zufrieden gewesen, doch dann hatte er Tony gehört. Ja, DiNozzo, den ewigen Schauspieler mit den immer traurigen Augen, den Clown mit der Träne auf der Wange. Sein dauerndes Sorgenkind. Er war in Ordnung gewesen. Jethro hatte ihn gesehen, als er die Augen geöffnet hatte, bevor man ihn ins Krankenhaus gezwungen hatte. Doch als er da aufgewacht war, war er nicht da gewesen. Doch in seinem Ohr hatten Kellys Worte geklungen. Also war er gerannt.
 

Er sah auf, erkannte die Straße, sprang aus dem Wagen, kaum, dass der zum Stehen kam, den Arzt weiterhin am Kragen. Er zerrte ihn das schäbige Apartmentgebäude hoch, dass ganz in der Nähe des NCIS-Gebäudes stand, hin zu Tonys Tür, doch der reagierte nicht, auch nicht auf mehrfaches Rufen, er dachte nicht mal nach, weder darüber, dass er gar keine Schuhe trug, noch, dass er unbewaffnet war, bevor er mit einem Tritt die ohnehin nicht sonderlich stabile Tür aus den Angeln trat. „Oh mein Gott, Tony“, flüsterte er dann allerdings nur.
 

Da lag er, noch immer klatschnass, mit durchweichten Klamotten, zusammengekrümmt auf dem Boden seiner Wohnung, in einer Pfütze. Wie lang lag er da schon?! Mit zwei Schritten war er bei dem Jüngeren, riss ihn herum. „DiNozzo!“, bellte er ungehalten. „Aufwachen, sofort!“ Er sah, wie ein kurzes Zucken durch den Körper ging, doch die Augen blieben geschlossen. „Du hast nicht meine Erlaubnis, zu sterben, du Idiot!“, schrie er nun regelrecht, schüttelte den Anderen.
 

„Sir, ich kann ihn so nicht behandeln, er muss…!“
 

Jethro konnte Tony nicht loslassen, er packte den Jüngeren, wuchtete ihn sich auf die Schultern und rannte zum Krankenwagen, wo der Fahrer ihm half, Tony auf die Trage zu legen, die er gerade raus gezogen hatte.
 


 


 


 


 


 

„Jethro…!“, versuchte Ducky noch, den Anderen zu erreichen, doch der Marine war bereits mit dem gekidnappten Arzt verschwunden. Er starrte auf den Punkt, wo er den Anderen verloren hatte, während ihm selbst elend wurde. Tony. Anthony. Er hatte ihn vergessen. Den Mann, der immer für sie da gewesen war, wenn sie ihn brauchten. Der seine Mutter betreut hatte, als sie in Gefahr war. Der zwar manchmal ein wenig laut und angeberisch war, doch nie dann, wenn er es wirklich sein könnte. Als er mit den Anderen eingetroffen war, hatten sie Anthony gesehen, auf dem Boden neben Jethro kniend und ja, er meinte, der Jüngere wäre nass gewesen, hatte den Kopf des Teams im Arm gehalten, bevor die Leute diesen gegen dessen ausdrücklichen Willen auf die Bahre gelegt hatten, um ihn zur Untersuchung zu fahren.
 

Anthony war nass gewesen! Wegen des Wassers! Das Wasser in diesem Schmuddelloch! Und das bei… bei der Lunge, die schon die Pest über sich hatte ergehen müssen! Wie? Wie hatten sie einen der ihren so derart vergessen können, als sei nichts gewesen? Als würde nicht auch Anthony zählen? Niemand hatte ihn hier auch nur erwähnt! Sie alle hatten nur darauf gewartet, dass die Sedativa, die man dem aufgebrachten Mann gespritzt hatte, soweit abgeklungen sein würden, dass sie ihn fragen konnten, ob er wirklich in Ordnung wäre! Ihn vielleicht sogar heim zu fahren oder so! Sie hatten… hatten Ziva und Timothy nicht noch gelästert, warum Anthony nicht bei ihnen war, um zu warten?
 

„Anthony… was haben wir getan?“, fragte er tonlos. Gerade er, der doch die medizinische Akte kannte und das weit besser, als ihm lieb war, auch wenn er natürlich nie etwas gesagt hatte! Schon, weil er der ärztlichen Schweigeplicht unterlag! Und doch hatte er keinen Gedanken an den armen Jungen verschwendet, dabei hörte er die Worte von Doktor Pitt noch heut ganz klar. Dass Anthony nie wieder Derselbe sein würde, dessen Lunge angegriffen war. Dass sogar eine einfache Erkältung schnell zu einer Lungenentzündung führen könnte! Man hatte Jethro vor acht Stunden eingeliefert! Acht Stunden und Tony hatte sich nicht gerührt! Das konnte nicht sein, das war ein Zeichen, ein sehr, sehr schlechtes!
 

Immer wieder rieb Ducky sich über das Gesicht, versuchte, sich selbst zu verstehen. Wie hatte das geschehen können? Er hatte sich so hinreißen lassen! Warum? War er noch ganz sauber? Er hatte sich so viel auf seine Kenntnisse eingebildet, seinen Psychologieabschluss und jetzt das! Er konnte sich kaum selbst aufraffen, doch er setzte einen Fuß vor den Anderen, immer weiter – bis hin zur Notaufnahme. Er wusste, entweder das… oder die Pathologie. Und er würde es nicht über sich bringen, nach Kate und Jenny auch noch Tony sezieren zu müssen.
 

„… lieren ihn!“
 

„Gehen Sie aus dem Weg!“
 

„… nicht das Recht…!“
 

Eine Tür ging auf und kein Geringerer als Gibbs selbst flog im hohen Bogen aus einem der Räume. Na ja, er wurde raus geschubst und die Tür hinter ihm geschlossen.
 

„Jethro…“
 

„Sprich mich nicht an!“, zischte Jethro, stellte sich wieder direkt vor die Tür, fluchte aufgebracht an der Milchglasscheibe, durch die er nichts sehen konnte. „Du hast NICHT meine Erlaubnis, drauf zu gehen, DiNozzo!“, brüllte er in voller Lautstärke.
 

„J…!“
 

„Nein!“, baffte Gibbs aufgebracht, stieß den älteren Mann auf einen der Stühle im Wartebereich. „Ihr habt kein Recht, irgendwas zu sagen! Da drin liegt Tony und kämpft um sein Leben! Er war bewusstlos, als wir ihn gefunden haben und hat nicht mehr geatmet! Ihr habt hier rum gesessen und Däumchen gedreht, obwohl ihr wusstet, dass ich in Ordnung war, ohne auch nur darüber nachzudenken, dass da noch einer fehlt! Hau ab! Hau ab, bevor es endgültig mit mir durchgeht! Und nimm die ganze Bagage mit! Denn ich weiß nicht, ob ich mich noch beherrschen kann!“
 

Ducky wollte etwas sagen, doch er sah schon an dem eisigen Blick aus den intensiv-blauen Augen, dass er nichts von sich geben konnte, was auch nur im Ansatz ihre Nachlässigkeit erklären würde. Er stand auf, schüttelte den Kopf, rieb sich über das Gesicht und ging die Treppe wieder hoch. Er konnte im Moment nur eines tun, auch, wenn es nicht genug war oder irgendwas wieder gutmachen würde. Er musste Doktor Pitt verständigen. Der Mann war ein Genie, kannte Tonys Vorgeschichte und hatte ihn schon einmal gerettet.
 

Und dann musste er rausfinden, warum sie alle Anthony so schrecklich ignoriert hatten…
 


 


 


 


 


 


 

Vance starrte auf sein Handy, massierte sich kurz die Schläfen. Das hier mutierte zu einem riesigen Alptraum und er steckte in der Mitte. Vor zwei Tagen war DiNozzo von einem aufgebrachten, halb nackten Gibbs in dessen Wohnung gefunden worden und seither hing der junge Mann an Maschinen, hatte drei Notoperationen und zwei Wiederbelebungen hinter sich.
 

Special Agent Balboa hatte das Mädchen befragt, dass bei Gibbs gewesen war. Sie hatte von dem Unfall erzählt und dem Mann, der sie aus dem Wasser gezogen hatte, um noch mal rein zu springen und auch Gibbs aus dem Wrack unter Wasser zu zerren, was der ja auch geschafft hatte, obwohl der wohl, laut den forensischen Unterlagen, hinter dem Lenkrad eingeklemmt gewesen war, dass DiNozzo tatsächlich raus gerissen hatte. Der Mann war ein Held.
 

Trotz allem.
 

Sicher hatte der Agent gewusst, was er da tat, als er in den See sprang, mitten im Dezember, um die beiden Verletzten aus dem Wrack zu zerren. Man hatte ihm bestätigt, dass DiNozzo um sein Lungenproblem gewusst hatte, doch es hatte diesen nicht geschert. Ein Held. Einer, der von seinem eigenen Team vergessen worden war. Sie wollten nicht gesehen haben, wie nass der Mann war, als sie auftauchten, hatten nicht gemerkt, dass der Beste als Einziger nicht im Krankenhaus war, man hatte nicht mal versucht, ihn anzurufen. Bis Jethro aufgewacht war und einen riesigen Zinober veranstaltet hatte – zurecht.
 

Doch ob es noch was nützen würde…
 

Die Ärzte gaben ihm wenig Hoffnung, allen voran ein gewisser Doktor Pitt, der diesen behandelte. Sie wussten nicht, ob sie den Mann noch eine weitere Nacht auch nur stabil halten konnten, er atmete nur dank der Geräte, an die er angeschlossen war, lag im Koma. Niemand wusste, wann DiNozzo in seiner Wohnung zusammengebrochen war und das Atmen aufgehört hatte, wie viel Sauerstoff dessen Hirn gefehlt hatte und welche Spätfolgen es geben könnte, würde er tatsächlich durchkommen.
 

Und er musste mit dem allem umgehen.
 

Mit einem Team, dass gerade zerbrach.
 

Mit Gibbs, der nicht erreichbar war, weil er sich weigerte, DiNozzo allein zu lassen, sogar sein Handy ausgeschaltet hatte. Mit einer Topforensikerin, die sich furchtbare Vorwürfe machte und kaum noch klar denken konnte, einem Pathologen, der sich in Arbeit regelrecht ertränkte und zwei Agenten, die gerade Rangkämpfe ausfochten!
 

Ja, das war eines der wirklichen Probleme. David und McGee, die ihren Kollegen beide schon abgeschrieben hatten, stritten sich nur darum, wer von ihnen nun Senior Field Agent werden sollte! Es kümmerte sie nicht, was andere sagten oder dass nicht mal ihr Boss da war, sie wollten nur aufsteigen. Sie vermissten DiNozzo auch nicht, hatten Maddy nicht geglaubt, dass der Mann sie gerettet hatte, hatten ihr gesagt, sie habe nur phantasiert.
 

Er wusste es besser.
 

Nach dem ersten Streit hatte er beide an Cold Cases gesetzt, das erste Mal in Ruhe DiNozzos Akte angesehen. Der Mann hatte mindestens so viele Medaillen wie Gibbs selbst, schon als Officer im Training bei der Baltimore Police hatte er mehrere bekommen, war der Jüngste Cop, der je für seine Verdienste das golden Shield erhalten hatte. Es sah so aus, als wäre Gibbs nicht der Einzige, der mit Metall nichts anfangen konnte. Dabei hatte er immer gedacht, dass DiNozzo es liebte, anzugeben, doch die Akte sprach eine andere Sprache. Da stand, dass der Mann einen hervorragenden Abschluss an der University hingelegt hatte, in Kriminologie, Psychologie und Sport, dazu mehrere Sprachen fließend beherrschte. Und Niemand in seinem Team hatte es gewusst. Die hielten ihn einfach nur für einen sich selbst überbewertenden Clown.
 

Idioten.
 

Und so was sollten Agents sein? Er musste seine Personalpolitik wahrlich überdenken. Der Einzige bei klarem Verstand schien Gibbs zu sein. Der hatte alle durch die Bank weg aus dem Krankenhaus geworfen und sie bedroht, sich nicht sehen zu lassen, dass er jeden, dessen Gesicht er sah, erschießen würde, sollte der junge Mann das hier nicht überlegen. Und er könnte es dem Anderen nicht mal verdenken. Das Dumme war nur, dass das ihn mit einschloss. Na ja, nicht das mit dem Erschießen, aber das mit dem nicht sehen wollen.
 

Im Grunde hatte Vance gar keine Wahl. Gibbs war stark, aber nicht mal er sollte jetzt allein sein. Er hatte mit DiNozzo Senior gesprochen und einen Schock bekommen, als der nur kalt gemeint hatte, dass er informiert zu werden wünschte, wenn der Idiot verreckt sei, so erfahren, dass der junge Mann Jethro alle Verantwortung übertragen hatte. Auch darüber, ob und wann lebenserhaltende Maschinen auszuschalten seien. Sogar das Testament, dass er, zu seinem Entsetzen in der Personalakte gefunden hatte, war an Gibbs adressiert. Nein, er wollte nicht, dass der Mann allein mit der Verantwortung sein würde.
 

Und es gab nur zwei Menschen, an die er denken konnte. Mike und Tobias. Die einzigen Beiden, die sich sicher nicht von Gibbs schlechter Laune würden abschrecken oder blenden lassen, die er sicher auch empfangen würde, weil die nichts mit der Sache selbst zu tun hatten. Der Eine konnte bestimmt schnell da sein, der Andere würde wohl ein wenig länger brauchen, um aus Texas hierher zu kommen, aber vermutlich auch nicht zu lang.
 

„Claire“, sprach er, als er den Hörer des Telefons abgenommen hatte. „Bitte stellen Sie eine Leitung zu Mike Franks auf – und verbinden Sie mich mit Agent Fornell vom FBI – sofort.“
 

Er legte auf, rieb sich erneut die Schläfen. Er fürchtete, in den letzten beiden Tagen war weit mehr in die Brüche gegangen, als das beste Team, dass der NCIS zu bieten hatte. Hier lag mehr im Argen. Davids und McGees Benehmen, dass auf Schlimmeres hindeutete, dieser Unfall, der vermutlich das Ende einer Karriere im Feld für DiNozzo war, sollte er das Glück haben, überhaupt zu überleben und etwas sagte ihm auch, dass er Gibbs, so oder so, verloren hatte.
 


 


 


 


 


 


 


 

„Jethro.“
 

Der Marine wandte sich nicht mal um, seinen Blick weiterhin auf das grau wirkende Gesicht seines besten Agenten gerichtet, das Heben und Senken von dessen Brust, ausgelöst durch den Schlauch in dessen Hals. All die Schläuche, das Piepen, die reglose Form…
 

Tobias musterte seinen Freund. Sie waren schon immer gut miteinander ausgekommen, doch sie liebten es, anderen was vorzuspielen. Es war einfach amüsant. Doch so hatte er den Anderen nie sehen wollen. Übermüdet, unglücklich, am Bett eines Mannes, den der schätzte und der es wohl nicht schaffen würde. Er hatte mit einigen Ärzten gesprochen, bevor er hierher gekommen war und es sah nicht gut aus.
 

DiNozzo war ein Held, er hatte zwei Leute aus einem Auto befreit, indem er unter Wasser die Scheibe eingeschlagen hatte, dann noch das Lenkrad rausgerissen. Ein unsinnig hoher Kraftaufwand, nur, um auch Gibbs retten zu können, in eisigem Wasser mit einer kaputten Lunge und einer ohnehin schon fortgeschrittenen Erkältung, die er wohl gehabt haben musste. Um dem eines draufzusetzen, hatte man den Mann anschließend ignoriert, ihn, kaputt wie er war und ohne sein Auto, den Weg zurück zu dessen Apartment finden lassen, wo er zusammengebrochen war.
 

Durch das Wasser in seiner Lunge, das irgendwie wohl ins Bauchfell gekommen war, er war kein Arzt, er verstand das nicht, er wusste nur, wie unwahrscheinlich es war, dass der Mann überleben würde. Und das nur, weil man ihn nicht beachtet hatte. Eine Decke, eine kurze Untersuchung, ein Satz frischer, trockener Kleider und das alles wäre gar nicht erst geschehen. „Ich habe dir Kaffee mitgebracht“, merkte er leise an.
 

Jethro hielt seine Hand auf, immer noch nicht bereit, Tobias‘ Blick zu begegnen. Doch es war kein Becher, der ihm gereicht wurde, sondern ein Umschlag. Kein Normaler, wie sie ihn nutzten, um Post zu verschicken, sondern einer, der sehr fest zu sein schien, mit einem Wachssiegel darauf. Nun erst wandte er sich um. „Das ist kein Kaffee“, stellte er ruhig fest.
 

„Ah, du kannst also noch reden“, stellte Tobias fest, gab dem Mann den Becher, den er auf dem Weg hierher bei Starbucks geholt hatte, bevor er sich einen Stuhl ran zog und sich zu dem Anderen setzte. „Es ist sein Testament. Vance hat es in seiner Personalakte gefunden.“
 

„Warum hab ich es dann?“
 

„Ist dir dein Name auf dem Umschlag entgangen?“, fragte Tobias lakonisch. „Niemand hat es geöffnet, es ist an dich adressiert, offensichtlich. Sollte dich nicht wundern, bedenkt man, dass er dich auch als Notfallkontakt aufgeführt hat. Hing schon immer an dir, der Kleine.“
 

Jethro sagte nichts, blickte nur wieder zu DiNozzo. Als ob er das nicht wüsste. Ja, Tony war immer da gewesen, hatte auf ihn geachtet. Er hatte gewusst, es war alles in Ordnung, wenn der Jüngere mit ihm unterwegs war, sein Rücken war gedeckt – lückenlos. Immer und immer wieder hatte DiNozzo ihm das bewiesen, Kugeln und Messer für ihn abgefangen, ohne je einen Dank zu erwarten, hatte lächerlich glücklich ausgesehen beim kleinsten Lob – er hatte Tony nie genug gelobt, ihm nicht oft genug gesagt, was er für ein hervorragender Agent war. Gott, er bereute es, er bereute es so bitter! War es das? Warum hatte Shannon ihn nur zurückgeschickt? Damit er den Jüngeren sterben sehen konnte? Hatte er nicht schon genug Freunde verloren, oder Familie?
 

„Du solltest es lesen“, merkte Tobias an.
 

„Wozu?“, fragte Jethro nur tonlos, legte seine gebräunte Hand auf die des Jüngeren, strich leicht darüber.
 

„Es könnte Anweisungen enthalten.“
 

„Anweisungen wofür?“
 

„Jethro, ich weiß, es gefällt dir nicht, aber ich rede von seinem Tod. Oder von den Maschinen.“
 

„Er stirbt nicht! Ich erlaube es ihm nicht!“
 

„Glaubst du, das hindert den Tod daran, sich zu holen, was ihm gehört?“
 

„Tony wagt es nicht, meinem Befehl nicht Folge zu leisten!“, knurrte Jethro. Er wusste, das klang einfach nur dumm, doch er konnte nicht. Er wollte Tony nicht sterben sehen! Nicht noch Jemanden zu Grabe tragen, der ihm so viel bedeutete! Ja, er gab es zu. Dumm, wie es war, diese grünen Augen hatten ihn gefesselt. Als er aufgewacht war, nachdem Shannon und Kelly ihn zurückgeschickt hatten. Die Erleichterung in den verzweifelten Smaragden, das kurze Aufschluchzen.
 

„Jethro, lies es“, gab Tobias ruhig. „Du weißt so gut wie ich, dass das hier nichts mehr mit Willen zu tun hat. Oder soll ich es lesen?“
 

Jethro knurrte nur, sah wieder auf den Umschlag, der tatsächlich hinten seinen Namen trug. Warum hatte DiNozzo so was in seiner Personalakte hinterlegt und warum hatte Vance die überhaupt durchgesehen?! Er strich mit dem Finger über das Siegel, konnte es aber nicht über sich bringen, es zu brechen. Als wäre das zu endgültig. Umso mehr erschrak er, als Tobias ihm ein Taschenmesser gab. Er wollte nicht, doch er wusste, er musste zumindest wissen, was darin stand. Also ließ er die saubere, scharfe Klinge vorsichtig unter was Wachs gleiten, löste das Siegel vom teuren Papier, holte die beiden Blätter raus, überrascht, als er sah, dass sie von Hand beschrieben waren. Warum nicht mit dem Computer? Sonst liebte Tony doch auch all die modernen Spielsachen!
 

„Hätt nicht erwartet, dass einer von der Generation mit der Hand schreibt“, merkte Tobias leise an.
 

„Hng.“ Jethro starrte auf die Blätter. Es waren zwei, eines, das Erste, an ihn persönlich adressiert, das Andere mit Testament überschrieben und von einem Notar beglaubigt. Der Stempel des Notars zeigte ein Datum, das ihn ein wenig schockierte. Es war kurz nach seiner Rückkehr zum NCIS gewesen. Der Brief dagegen war weit jünger. Kaum ein halbes Jahr alt. Das Testament auf Seite legend, starrte er auf die überraschend leserliche Handschrift, die ihm so vertraut war.
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Hallo Gibbs,
 

ich weiß nicht, wie ich dich nennen soll, Jethro, Boss, Gibbs – na ja, ich denke, du kannst mir wohl nicht mehr auf den Hinterkopf schlagen, denn wenn du das liest, bin ich wohl tot. Ich kann nicht sagen, dass es mich überraschen würde oder ich nicht damit gerechnet hätte. Ich rechne jeden Tag damit, dass so was passieren kann und der Tod ist nicht so schlimm, wenn ich nur nicht an Maschinen hänge wie Gemüse.
 

Es tut mir so schrecklich Leid, dir diese Verantwortung aufbrummen zu müssen, aber mir fiele sonst absolut niemand ein. Mein Vater verachtet mich und Freunde… nun, ich habe sehr wenige, dessen bin ich mir vollauf bewusst. Abby vielleicht, aber sie wäre nicht in der Lage gewesen, das hier zu handhaben. Ich habe, was das angeht, nur dich. Ich weiß, Ziva verachtet mich und McGee denkt, ich bin einfach nur dumm. Sollen sie es glauben.
 

Ich hoffe nur, wenn ich nicht mehr da bin, werden sie auf dich achten und aufpassen, dass dir nichts geschieht. Ich will nicht, dass ich umsonst gestorben bin, denn immer, wenn was passiert, tut es das, weil ich versuche, dich zu schützen – ja, auch damals mit der Pest. Überrascht? Ich wusste, der Brief konnte nicht für mich sein, nicht mit einem weiblichen Kussmund drauf. Ich bin schwul. Sorry, dass du es so erfahren musst. Ich hatte Angst, dass einer der Anderen verletzt werden könnte. Sie sind deine Familie, ich will nicht, dass du sie verlierst. Also hab ich den Umschlag genommen – und ich war froh, dass es nicht Kate war, die die schwarze Pest bekommen hat. Ich hätte auch alles getan, damit nicht sie es ist, die stirbt, doch Ari war schneller als ich, ich weiß, dass du enttäuscht warst, aber ich war nicht schnell genug und ich kann dir nicht mal sagen, wie leid es mir tut, weil ich fürchte, dann würde ich zusammenbrechen.

Ich bin tot, wenn du das liest, es kann mir also nicht mehr viel passieren, also kann ich es dir vielleicht jetzt endlich sagen. Ich habe dich geliebt, von Anfang an, seit du mir in Baltimore begegnet bist. Du, der Marine, stattlich, muskulös, loyal über alle Maßen hinaus. Darum bin ich mit dir mitgegangen. Ich wusste ich habe keine Chance, aber ich wollte dir zumindest helfen, ein Freund sein – nicht mal das hab ich auf die Reihe gebracht. Kate wurde erschossen, du bist immer enttäuscht von mir. Vermutlich auch jetzt.
 

Bitte, gib dir keine Schuld, egal, was passiert ist, ich war mir vermutlich sehr im Klaren, was ich getan habe – und ich hab es gern gemacht. Du warst alles, was für mich gezählt hat, dafür habe ich auch Ziva und Tim geschützt, du solltest nicht noch eine Familie verlieren und glaub mir, hätte mein Tod etwas geändert, ich wäre gern gestorben, um dir Kate oder Shannon und Kelly zurückzugeben.
 

Ich hoffe, du bist nicht vollkommen angeekelt von mir. Es tut mir leid, es ist so. Ich habe dich geliebt, immer. Und ich hab euch allen was vorgespielt, da ich früh gelernt habe, dass ich nicht so akzeptiert werde, wie ich bin. Es ist das Leben dass ich gewählt habe. Und immerhin hat es mir dich gebracht, auch, wenn ich dich eben nur aus der Ferne sehe und mir woanders kurzzeitigen Ersatz holen muss. Ich wusste zumindest immer, dass du sicher warst.
 

Ich habe nur eine Bitte an dich – vergiss mich nicht, wenn du nicht vollkommen angeekelt bist, gib mir einen Platz irgendwo in deinem Herzen. Was du mit dem machst, was von mir übrig bleibt, ist dir überlassen, nur bitte, lass mich nicht praktisch tot an irgendwelchen Maschinen hängen.
 

Ich habe dir außerdem alles überlassen, was ich besitze. Es ist Einiges. Du kannst darüber verfügen, wie du willst. Geld, Häuser, die ich noch von meiner Mutter hatte. Es wäre nur nett, wenn du meine Patenschaften weiter tragen würdest. Und gib Abby und ihren Nonnen ein wenig ab. Ich habe jeden Monat einen anonymen Scheck an das Kloster geschickt, ich weiß, du wirst das auch tun.
 

Vergiss mich nicht,
 

Tony (der nie ein DiNozzo sein wollte)

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Jethro starrte ungläubig auf den zweiseitigen Brief, dann wieder auf den Mann, der da im Bett lag, grau, so jung und verletzlich aussehend mit all den Schläuchen. Nein! Das konnte nicht sein! Das war… war ein Missverständnis! Das… erklärte so viel… Er spürte, wie eine einzelne Träne sich aus seinem Auge löste, während er seine Hand um die des Jüngeren legte.
 

„Jethro?“, fragte Tobias leise und erschüttert über die Reaktionen, die er sah. So hatte er Gibbs noch nie erlebt. Nicht in all den Jahren, die sie zusammen gearbeitet hatten.
 

Wortlos gab Jethro dem Anderen den Brief. „Du hast nicht meine Erlaubnis zu sterben“, flüsterte er, strich leicht mit seinen Fingern über die eingefallen wirkende, zu heiße Wange. In ihm tobte es. Er dachte zurück an diese erste Begegnung, ihren ersten gemeinsamen Fall, die der junge Officer undercover ihn beeindruckt hatte. Wie der Mann später bei ihm gearbeitet hatte, immer lächelnd, selbst, wenn seine Augen etwas anderes sagten, bereit, Jeden mit einem harmlosen Witz aufzubauen. Immer da, wenn er ihn brauchte.
 

Doch sie?
 

Sie hatten Tony im Stich gelassen. Immer und immer wieder! Ihn allein gelassen, nicht gesehen, wie der Mann, der immer den Clown spielte, litt. Dass der bemerkte, wie man hinter seinem Rücken redete. Ja, Jethro hatte es gewusst und oft Schläge oder böse Kommentare verteilt, nie einen der Anderen als Senior Field Agent auch nur gesehen – doch er hatte es DiNozzo nie gesagt. So wenig, wie die Tatsache, dass der Mann ihm sicher nicht egal war!
 

Ja, er tat sich schwer, seine Gefühle in Worte zu fassen, er war ein Marine, er hatte schon mal eine Familie verloren, was es sicher nicht einfacher gemacht hatte, verdammt noch mal! Doch ja, er hatte was für den Mann empfunden, der es so lange mit ihm und seinen manchmal durchaus unerträglichen Launen ausgehalten hatte. Doch er hatte dem geglaubt, was ihm vorgespielt worden war – dass Tony hetero war, ihn höchstens als eine Art Vaterersatz sah. Dabei… hätte er sich durchaus mehr vorstellen können. Er war nicht schwul, beileibe nicht, seine vier Hochzeiten waren dafür mehr als Beweis genug. Doch er konnte Schönheit durchaus auch bei einem männlichen Körper sehen. Nur hatte er nie gedacht, Tony könnte interessiert sein! Gott! All die Jahre! Warum hatte der Mann sich das nur selbst angetan?!
 

„Das… ist harter Tobak“, stellte Tobias leise fest, musterte den Anderen, der sich an die reglos schlaffe Hand des jungen Mannes klammerte. Er wusste von Gibbs Neigungen durchaus und gerade zu Beginn hatte er Jethro oft aufgezogen, dass er sich ein Leckerli ins Team geholt hatte, um für die Pausen was zu spielen zu haben, wissend, dass der junge Halbitaliener durchaus ins Beuteschema gepasst hatte. „Aber auch eindeutig… was die Maschinen angeht…“
 

„Er ist nicht tot, ich erlaube das nicht! Sein… Gehirn zeigt noch Aktivität!“, wehrte Jethro sich sofort. Es stimmte. Die Ärzte hatten es überprüft, zwei Mal. Es waren nur schwache Ausschläge, doch sie waren da!
 

„Das kann auch einfach nur der Instinktbereich sein, das hat man dir auch gesagt“, merkte Tobias erneut an. „Setz dir ein Limit“, schlug er leise vor. „Einen Zeitrahmen. Dein DiNozzo hätte nicht so enden wollen, als Gemüse, wie er es selbst so schön ausgedrückt hat. Gefangen in einem Körper, der eigentlich schon abgeschaltet hat.“
 

„Er… hat gekämpft, sonst… hätte man ihn nicht zurückholen können!“, begehrte Jethro auf.
 

„Das mag sein, die Frage ist nur, ob es reichen wird.“
 

„Das muss es“, murmelte Gibbs, spielte wieder mit den erstaunlich langen Fingern. Warum waren ihm die eigentlich vorher nie aufgefallen? Perfekt geformt, elegant, Künstlerhände, geeignet zum Klavier spielen.
 

„Was, wenn nicht?“, fragte Tobias leise.
 

Dieses Mal antwortete Jethro nicht, sah nur wieder zum Bett, wie er auch die letzten beiden Tage verbracht hatte, wenn Tony nicht gerade notoperiert worden war.
 

Tobias wusste, er würde nichts mehr erreichen. Stattdessen legte er den Abschiedsbrief, nichts anderes war das hier für ihn, auf die Bettdecke, dazu eine Tasche. „Hier ist Rasierzeug und ein Satz frischer Kleidung. Ich bringe dir mehr, wenn ich morgen zurückkomme. Du hilfst dem Jungen nicht, wenn du jetzt dein Leben wegwirfst, wo er seins gegeben hat, um deins zu erhalten.“ Damit stand er auf, verließ den Raum. Er hatte Vance versprochen, ihn auf dem Laufenden zu halten, so schwer ihm das auch fallen mochte. Er musste dem Mann sagen, dass Gibbs noch länger nicht zur Arbeit erscheinen würde – und er wollte die Erlaubnis, David und McGee zu befragen. Einige Andeutungen in diesem Brief machten ihm und sicher auch Jethro zu schaffen.
 

Jethro dagegen bekam kaum mit, wie Tobias ging. Der Kaffee stand unangetastet auf dem Nachtschrank bei dem Bett, seine Hand hielt die des Jüngeren, die Andere lag auf dessen Wange. „Tony“, flüsterte er leise. Nicht, weil er nicht gehört werden wollte, sondern weil es ihm falsch vorkam, laut zu werden. „Bitte, komm zu mir zurück, lass mich alten Hornchosen nicht allein… ich weiß, ich war blind und ich hab zu lang weggesehen, mich von deinem dümmlichen Grinsen täuschen lassen, weil du nie aus dir raus gekommen bist. Aber… Gott, Tony, ich hab mich doch auch in dich verliebt! Aber du hattest immer diese dummen Weibergeschichten! Bitte – wach auf, ich möchte dir das ins Gesicht sagen können – während du wach bist…“



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  KennysGIRL
2013-08-18T12:03:32+00:00 18.08.2013 14:03
Wow....langes kapi!
Es kommt erstmal zu meinen Fav.
Ich lese es dann wenn ich Zeit hab...
Bin ganz sicher das es eine tolle Story ist!
Von:  Morraine
2013-08-14T06:43:34+00:00 14.08.2013 08:43
Ich liebe NCIS und freue mich sehr, eine neue Story von dir lesen zu können. Ich bin schon sehr gespannt, wie sich das entwickelt, und was mit Ziva und McGee passieren wird. :)
Von:  ai-lila
2013-08-13T14:45:54+00:00 13.08.2013 16:45
Hi~~

Es ist schön wieder etwas von dir zu lesen. ^_______^
Und jaaaa~ auch ich finde den NCIS klasse.
Freue mich ehrlich über deine neue Geschichte.

Das war ein spannender und auch trauriger Anfang.
Super Kapi, freue mich schon auf das Nächste.
lg deine ai
Von:  ShadowPhoenix
2013-08-13T09:52:30+00:00 13.08.2013 11:52
Oh mein Gott ich musste fast beim kompletten Kapitel heulen T.T
Ich schau.NCIS ja eigentlich nur ab und zu...
Aber Gott ich Liebe diese FF jetzt schon *_*
Ich Liebe deinen schreibstil und auch deine Ideen sind einfach nur toll...
Freu mich echt riesig das du endlich wieder eine schreibst und freu mich schon auf's nächste Kapitel.
Und bitte bitte lass Tony bald wieder aufwachen T.T
Freu mich schon darauf wenn ziva und mcgee ihre gerechte Strafe bekommen die haben se nämlich verdient *grml*

Lg Phoenix
Antwort von:  ShadowPhoenix
13.08.2013 22:23
Toll heut Abend NCIS geschaut und nu seh i es dank dir und der FF mit ganz anderen Augen xD
Von:  neverlandsprisoner
2013-08-12T20:19:15+00:00 12.08.2013 22:19
Hey!
Ich freu mich, dass es bei dir weiter geht^^ Und dann wählst du zum Start so ein trauriges Kappi.
Ich musste die ganze Zeit heulen *flenn* Das McGee und Ziva so böse sind kam ziemlich überraschend. So ne Ausgangskonstellation hätt ich nicht erwartet. Ich dachte immer das Team hält zusammen, wo wie in der Serie. Ich hatte ja geschrieben dass ich mehr der Animefan bin, aber mit diesem Einstieg hast du mich total überzeugt! Weiter so!! :)
Bitte schreib schnell weiter und vergiss die ENS für mich nicht. Ich hab doch nen neuen Account XD

Lg Neverlandsprisoner
Von:  Selina_Misao270889
2013-08-12T19:16:47+00:00 12.08.2013 21:16
Ich hoffe für dich das du bald weiter schreibst und Tony das ganze überlebt. Ich liebe deine Geschichten, habe aber leider noch nicht geschaft alle zulesen. Danke das du jetzt wieder etwas neues geschrieben hast. Die Handlung ist super freue mich schon auf das Verhör von Ziva und McGee, auch wenn ich froh bin das die beiden im Original nicht so sind. Wenn Mike beim Verhör der Beiden dabei ist könnte es noch richtig lustig werden. D bekommen so einen Ärger mit allen. Mach ganz schnell weiter.

LG Selina_Misao270889


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