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Der Mann ohne Vergangenheit

von

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Sesshoumaru

There´s something in his eyes, something in his hands

You can almost smell his revenge

And whoever he is after

It will be disaster

This man is gonna take him to the very end
 

Chris de Burgh: The Traveller
 

Der junge weißhaarige Hundedämon im dunklen Anzug hörte kaum zu als die menschliche Hausverwalterin ihm den Schlüssel für sein neues Büro überreichte und ihm alles Gute zum Einzug wünschte. Erst, als sie verschwunden war, sah er sich kurz um. Es waren nur zwei Räume, ein Vorzimmer und das eigentliche Büro, klein, aber darauf kam es ihm nicht an. Mehr hätte er sich sowieso nicht leisten können – und hierfür war schon fast ein Jahrhundert Arbeit notwendig gewesen. Es war die Lage, die ihn so gereizt hatte, und er trat an das Fenster des Büros. Von hier, einem der Wolkenkratzer des Wirtschaftszentrums der Stadt, hatte man einen Blick auf die Häuser der reichen und mächtigen Menschen und Dämonen, Villen, umgeben von Gärten, ja, Parks. Wenn man genau hinsah konnte man in der Mitte das Fürstenschloss erkennen. Für einen Jungen aus Akumu hatte er es wahrlich weit gebracht.

Ein Hüsteln ließ ihn sich umdrehen. Hinter ihm standen seine beiden Mitarbeiter, ein kleiner Krötendämon namens Jaken und ein dunkelhaariges Menschenmädchen von höchstens sechzehn Jahren, Rin.

„Kann ich die Möbel kommen lassen, Sesshoumaru-sama?“ erkundigte sich Jaken.

„Ja. - Rin?“

„Keine Probleme. Ich kann den Laptop anschalten.“ Sie lächelte. Als Tochter eines EDV-Spezialisten war sie mit Computern buchstäblich groß geworden – bis sich ihr Vater mit den Falschen angelegt hatte.

Sesshoumaru, diesem Menschen verpflichtet, hatte das traumatisierte Mädchen aus dem brennenden Haus geholt und sie mit sich genommen. Ihr Talent erwies sich gerade in seiner Branche als Gold wert und er hatte, neben ihrem immer fröhlichen Wesen, einen zweiten guten Grund gehabt, sie bei sich zu behalten. Offiziell galt sie als tot. Jetzt nickte er nur: „Erledigt alles, bis ich zurückkomme.“

Er verschwand, und die Beiden, die an seine schweigsame Art gewöhnt waren, machten sich an die Arbeit.
 

Langsam spazierte er durch das wohlhabendste Viertel der Stadt. Bei manchen Häusern entdeckte er auch menschliche Wachen, aber zumeist Dämonen. Als ob es eine Bande aus Akumu wagen würde, durch die halbe Stadt zu marschieren und hier einzubrechen. Die fürstliche Polizei war auf Draht.

Sein Ziel war allerdings ein Mann gegen den „auf Draht sein“ nichts half. Sein lebenslanges Ziel.
 

Er hatte wenige Erinnerungen an seine Kindheit, das Haus, in dem er mit seiner Mutter gewohnt hatte, aber es war überaus groß gewesen, so, wie die Anwesen hier. Ab und an war auch sein Vater vorbeigekommen. Er entsann sich nicht wie seine Eltern ausgesehen hatten, aber sie mussten Hundedämonen gewesen sein, ihm ähnlich. Und dann, er war kaum so alt gewesen, dass er nach menschlichem Recht zur Schule hätte gehen müssen, war die Katastrophe passiert.

Er hatte in einem Moment noch in seinem Zimmer gesessen, dann war jemand gekommen, der ihm erzählt hatte, seine Mutter sei gestorben und sein Vater wolle ihn daher auch nicht mehr. Der ihm Unbekannte hatte ihn mit einem Auto weggefahren. Er war zu jung und zu verstört gewesen, um zu erkennen, wohin oder wie lange sie fuhren. In Akumu hatte ihn der Fremde dann aus dem Auto gestoßen und war weggefahren, den kleinen Hundedämonen allein in einer der gefährlichsten Gegenden des Landes lassend.

Die nächsten Tage waren voller Einsamkeit und Schrecken gewesen, bis er gelernt hatte, aus Hunger und Verzweiflung, wie er sich gegen andere Dämonen, größere Jungen, Männer durchsetzen konnte – und vor allem, dass er es konnte. Er war stark, schon für sein Alter. Fast zwei Monate, oder waren es mehr gewesen, hatte er sich so durchgekämpft, ehe er auf Jaken und seine Bande traf, sie bat, ihn, Sesshoumaru nach Hause zu bringen, ohne freilich zu wissen wo, wie, wer. Er hatte nur Erinnerungen – und einen Namen.

In Akumu hatte auch niemand gewusst, woher er kam, ob aus der Stadt oder auch überhaupt nur dem westlichen Fürstentum. Sie hatten nie zuvor einen Hundedämon lebendig gesehen – und kein Interesse an dem Leben außerhalb. Jaken hatte dann mit ihm einen Handel gemacht: sie beschützten ihn und er sie. Das hatte sich als das Beste herausgestellt, was ihm passieren hätte können. Die kleinen Kröten waren nicht sonderlich stark, aber sie hatten ein gutes Spionagenetz aufgebaut, verkauften Informationen an die anderen Gangs. Er hatte viel gelernt und eines Tages hatte ihn Jaken dann auch zu ein paar alten Freunden geschickt, die ihm wieder Benehmen beibrachten, Wissen – und Kampftechniken.

Zum ersten Mal hatte er damals begriffen, was ihm genommen worden war. Und, dass, gleich ob sein Vater oder der Unbekannte hinter allem steckten, sie ihn tot sehen wollten, sie aber wohl nicht die Courage hatten das selbst zu tun. So hatten sie ihn in Akumu ausgesetzt, in der sicheren Überzeugung, dass es kein Kind dort lange machen würde. Sein Ziel war es seither geworden Rache zu nehmen.

Mit den Kröten und ihrem Netz hinter sich hatte er begonnen sich hochzuarbeiten, eine offizielle Firma in einem einfachen Wohngebiet aufzubauen, Akumu zu einem gut Teil hinter sich zu lassen. Und, nach seinem Gegner zu suchen. Bei dieser Aufgabe war er immer wieder auf Geheimnisse anderer Leute gestoßen, die er verkauft hatte, immer zunächst an den, den es anging. Nein, Erpressung war das nicht. Er verlangte einen nicht zu hohen Preis, wurde der bezahlt, hörte der Andere nie wieder von ihm. Manchmal wandten sich dann sogar dessen Freunde an ihn, um den Mann, der offenbar sehr viel wusste, mit Nachforschungen zu beauftragen. Langsam hatte er sich einen guten Ruf erworben, bewahrte aber noch immer die Vorsicht aus Anfangstagen. Er wusste nicht, wer und wo seine Beute war, aber ihm war aus den vagen Erinnerungen klar, dass es ein reicher und mächtiger Mann sein musste, der das veranlasst hatte.
 

Er verhielt kurz im Schritt, ehe er weiterging, ohne zu zeigen, dass sich sein Herz zusammen krampfte.

Das war es.

Wenn ihn seine mageren Erinnerungen nicht täuschten, war dies das Haus, in dem er mit Mutter gewohnt hatte, der Garten, in dem er als Kind gespielt hatte. Wer lebte da heute drin? Der Unbekannte, der ihn nach Akumu gebracht hatte? Sein Vater? Auch der ihm ein Unbekannter? Hingen beide zusammen? Sogar die Kröten und selbst Rin und zuvor ihr Vater hatten nichts herausbringen können, zumal er keine Adresse mehr wusste und doch so einige Kinder im Fürstentum vor vierhundert Jahren diesen Namen erhalten hatten, angeblich nach einem bekannten Vorbild.

Jetzt hatte er die Anschrift.

Er erkannte zwei Männer im Garten, offenkundig Wachen, wenngleich menschlich, die ihn bemerkt hatten, und sah sich nicht mehr zu ihnen um.

Der erste Schritt, den er sich von seinem Umzug hierher versprochen hatte, war getan.
 

Als er in das Büro zurückkehrte, war ein Mensch gerade dabei, die Tür seines Arbeitszimmers elektronisch zumindest gegen menschliche Einbrecher zu sichern.

Jaken, der einige Ordner mühsam in ein Regal hievte, blickte sich um: „Ah, es kam ein Anruf für Sie auf dem Handy. Vielleicht ein neuer Auftrag..“

Den konnte er momentan wirklich nicht brauchen, wenn er Neues im Rätsel seiner Vergangenheit gefunden hatte. Aber Sesshoumaru nahm das kleine Telefon und ging in sein eigentliches Büro, gefolgt von einem flüchtigen Lächeln Rins.

Die Nummer kannte er nicht, dennoch drückte er die Taste des Anrufbeantworters. „Guten Abend Tantei. Ich bin Myouga. Sie werden sich an mich erinnern. Ich habe einen Auftrag für Sie. Rufen Sie unter dieser Nummer zurück, für ein Treffen in den nächsten vier Tagen. Oh, und lassen Sie sich nicht von dem Besetztzeichen irritieren. Nach einer Minute geht es frei.“

Myouga. Natürlich erinnerte er sich an den kleinen Flohgeist. Er hatte ihn fast nicht ernst genommen, aber dieser hatte sich als Leiter des fürstlichen Nachrichtendienstes entpuppt – und einen recht lukrativen Auftrag mitgebracht. Überdies war es nicht klug, den Informationsdienst oder auch den Fürsten damit auf die eigene Spur zu lenken, in dem man deren Aufträge ablehnte. So rief er zurück.

„Was kann ich für Sie tun, Myouga?“

„Ich möchte Sie treffen,“ gab der Flohgeist hörbar erleichtert zurück. „In sagen wir, drei oder vier Tagen? Ich habe einen Auftrag für Sie.“

Dann konnte er sich erst einmal vier Tage um sein eigenes Problem kümmern. „Einverstanden. Das wäre am Mittwoch. Sagen wir um vierzehn Uhr am großen Springbrunnen im botanischen Garten.“

„Ich werde dort sein.“

Die Verbindung wurde unterbrochen.
 

Sesshoumaru legte auf und schaltete das Handy wieder aus, um eine Ortung zu erschweren, ehe er zu seinen Mitarbeitern ging, eine Adresse nannte. „Wer wohnt in diesem Haus, seit wann. Ich will alles über die Bewohner wissen.“

Rin nickte nur und begann bereits ihren Laptop hochzufahren, während Jaken seufzend meinte: „Alles? Sesshoumaru-sama? Das kann dauern.“

„Mittwoch Abend.“ Dann wusste er auch, was Myouga, also der fürstliche Geheimdienst, brauchte und konnte sich dann auf diesen Auftrag konzentrieren, ehe er im Privaten weiterforschte.
 

Mittwoch Nachmittag war es kühl und regnerisch, aber der junge Hundedämon im schwarzen Trenchcoat, der darunter seinen Anzug verbarg, setzte sich nachlässig auf eine Bank und betrachtete den Springbrunnen.

Wie er es erwartet hatte, tauchte keine Minute später ein Flohgeist auf und setzte sich auf seine Schulter. Eine Annäherung, die er gewöhnlich nie geduldet hätte, aber das war ein Auftraggeber – und ein ziemlich einflussreicher. „Myouga.“

„Sie sind stets pünktlich, Tantei. Das schätze ich an Ihnen.“

„Um was geht es?“

„Äh, das weiß ich selbst noch nicht.“

Sesshoumaru hätte um ein Haar zu seiner Schulter geblickt, sagte aber nur kühl: „Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?“

„Nein, natürlich nicht. Es ist nur so, mir wurde das nicht gesagt. - Ich bin heute nur der Bote. Mein...Herr möchte Sie treffen. Persönlich. Sie sollen den Ort vorschlagen und er sagt die Zeit.“

Sein Herr? Also der Fürst privat? Darum auch dieses Treffen hier und nicht per Telefon? Das klang nach einem geheimnisvollen, aber auch überaus lohnenden, Auftrag. Und sich den Fürsten persönlich zu verpflichten könnte ihm auch selbst weiter helfen. „Gut. Am Kinderspielplatz am Nordufer des Mizuumi. Beim Grillplatz.“

„Danke, ich werde es ausrichten und Ihnen die Zeit dann über Ihr Handy mitteilen.“ Myouga verschwand.

Sesshoumaru erhob sich, um zurück in sein Büro zu fahren. Eine Wohnung besaß er nicht. Wie viele Dämonen benötigte er nur wenig Schlaf. Jaken kehrte, wenn er frei hatte, zu seiner Bande nach Akumu zurück und Rin bevorzugte es im Büro in einer Ecke zu schlafen. So hielt sie es, seit sie bei ihm war, und sie hatte ihm versichert, sie fühle sich da wohl.

Der Fürst, also. Was der von ihm wollte? Vermutlich eine Recherche, die möglichst wenige Leute wissen sollten. Der Fürst. Was wusste er über ihn? Dieserr hatte den Großen Krieg beendet, vor vierhundertfünfzig Jahren, war ein Hundedämon und trug noch immer den militärischen Titel des Inu no Taishou, des Anführers der Hunde. Er hatte einen Sohn von einer Menschenfrau, der nicht erbberechtigt nach dämonischem Recht war. In Sesshoumarus Augen war es zwar keine Empfehlung sich mit Menschen solcherart abzugeben, aber nun gut. Immerhin war der Fürst nicht naiv genug anzunehmen, dass sich dieser Bastard auf den Thron setzen könnte. Überdies galt er als hart, wenn etwas gegen seine Interessen ging, und hatte bei Verschwörungen schon radikal durchgegriffen. Dann gab es Gerüchte um Gefangene im Schloss, die in einem zugemauerten Trakt leben mussten, aber er hatte noch nie viel auf Geschwätz gegeben. Bei seiner Arbeit zählten Fakten.
 

Zurück in seinem Büro zog er sich den Mantel aus und ließ sich in seinen Stuhl sinken. Da seine beiden Mitarbeiter unverzüglich zu ihm kamen, hob er nur die Brauen.

Rin begann: „Unter der angegebenen Adresse lebt ein gewisser Naraku mit seiner Familie. Ein Sohn, Hakudoshi, eine Tochter Kagura, die ihm wohl den Haushalt führt, und Zwillinge, Akago und Kanna, die aber anscheinend noch Kinder sind. Bei Dämonen ist das immer schwer zu sagen.“

„Überdies leben bei ihm sieben menschliche Krieger,“ ergänzte Jaken: „Die, so hört man, mehr drauf haben als sonst Menschen. - Naraku ist ein schwer reicher Mann mit allerlei Aktienbeteiligungen, und, vor allem, ein Berater des Fürsten.“

„Ich habe Ihnen hier alles ausgedruckt, was ich finden konnte, auch Zeitungsauszüge,“ sagte Rin und legte einen dicken Ordner auf den Tisch. „Naraku lebt seit ungefähr zweihundertfünfzig Jahren in dem Haus.“

Also hatte er es bezogen, nachdem Mutter und er.....Aber Sesshoumaru zwang sich zur Ruhe: „Wer besaß es zuvor?“

„Der Fürst.“

Ah, das war klar. Nach Mutters Tod und seinem Verschwinden war das Erbe vermutlich an den Fürsten zurückgefallen und der hatte zumindest das Grundstück, oder die Grundstücke verkauft. Hm. War Naraku sein Mann? Nicht voreilig werden, mahnte er sich. Er arbeitete seit Jahrhunderten an der Sache, was schadeten nun Wochen oder Monate. „Ich werde lesen. Ihr könnt gehen.“
 

Als er sich am Sonntag, wie telefonisch angegeben, am sehr frühen Morgen zu dem Grillplatz begab, an dem er das Treffen mit dem Fürsten hatte, dachte er nach. Es war vier Uhr, die Sonne ging gerade auf, und es würden sich sicher keine Menschen oder Dämonen dort herumtreiben. Ein guter, stiller Treffpunkt. Und er war früh genug dran, dass er warten musste. Es war ihm lieber Unbekannte kommen zu sehen, und, obwohl er eigentlich nicht glaubte, dass das nur ein Vorwand war um ihn festzunehmen, so wollte er doch seinen neuen Klienten ein wenig beobachten. Vorsicht lernte man in Akumu ebenso wie rasches Zuschlagen.

Auf der Autofahrt zum Mizuumi überlegte er. Selbst Rin und bislang auch Jaken mit seinen Kontakten waren bei Naraku nicht weit gekommen. Vor ungefähr zweihundertfünfzig Jahren endete jede Spur, die die Beiden bislang hatten auftreiben können. Eigenartig und durchaus verdächtig. Aber andererseits hatte so mancher Dämon nach dem Krieg sein Leben und seinen Namen geändert, vor allem, wenn er gegen den Inu no Taishou gekämpft hatte. Wer also war Naraku? Er brauchte mehr und andere Nachweise – und Zeit. Aber da es nun einen Namen gab, würde man damit auch weiterkommen. Eben auf anderen Wegen, die zeitraubender waren. Rin hatte es jedenfalls schon mal bislang nicht vermocht in Narakus Computer vorzudringen, was sie und auch ihn durchaus überrascht hatte. Solche Sicherungen waren bei großen Firmen oder fürstlichen Behörden üblich, aber selten in einem Privathaushalt. Aber Naraku war ja ein fürstlicher Berater, da mochte es schon sein, dass er vorsichtig war, auch mit seinen Privatdingen.

Seine vier Kinder hatten offenbar keine Mutter, aber auch das mochte in den Wirren nach dem Großen Krieg untergegangen sein, zumal die beiden Älteren, Kagura und Hakudoshi, sicher sein eigenes Alter hatten. Jedenfalls war klar, dass dieser Naraku ein vorsichtiger Mann war. Und, das gab er zähneknirschend zu, dass er ihm bislang nur vorwerfen konnte, das Haus gekauft zu haben, in dem Mutter mit ihm lebte.

Aber womöglich wusste Naraku, wer zuvor in dem Haus wohnte, wer sein Vater war? Den Namen seiner Mutter? Es gab so viel, das er selbst nicht wusste und die Erinnerungen eines Kleinkindes waren mehr als verschwommen. Aber er hatte sich geschworen dem Rätsel seiner Herkunft auf die Spur zu kommen und herauszufinden, warum seine Mutter gestorben war. Nach allem, was danach geschehen war, konnte und wollte er nicht ausschließen, dass sie ermordet worden war. Nur, warum? Und warum hatte man ihn selbst nicht auch getötet sondern nach Akumu geschickt? Leute, die man nicht wiedersehen wollte, musste man umbringen. Eines Tages würde er wissen, wer diesen fatalen Fehler begangen hatte, Mutter und seine eigene, schwere Kindheit an ihm rächen.

Lange hatte er überlegt, ob dies auch der Fall wäre, wenn es sich um seinen Vater handelte. Und ja. Er würde auch den töten, in einem fairen Duell, wie es noch heute unter Dämonen üblich war. Diese Kämpfe standen außerhalb der gewöhnlichen Gesetze und wurden toleriert.
 

Er parkte fast zwei Kilometer vom Treffpunkt entfernt und machte sich ohne Mantel zu Fuß auf den weiteren Weg. Es gab einen näher gelegenen Parkplatz, aber dort würde sich vermutlich der Fürst hinstellen und er wollte nicht, dass dieser dachte, er lauere ihm auf. Vorsicht auf beiden Seiten, das verriet auch die Methode des Aushandelns des Treffens. Nun ja, man wurde kaum in einem Krieg Anführer der Hundedämonen und später Fürst, wenn man ahnungslos und leichtfertig war. Er war ein wenig neugierig, wie sich der Inu no Taishou persönlich darstellte. Er kannte nur die Aufnahmen im Fernsehen, von Eröffnungen, Feiern, Staatstagen, aber da hatte der wie so ziemlich jeder Hundedämon ausgesehen, ihm selbst nicht unähnlich. Nun, egal. Es war ein Klient, noch dazu ein mächtiger und sicher reicher, das hatte Vorrang. Er trug Anzug, auch, wenn er gehört hatte, der Fürst schätze die Kleidung früherer Jahrhunderte mehr. Er wollte sich nicht anbiedern, war kein Höfling, sondern der wollte etwas von ihm. Überdies besaß er gar keine teure Seidengarderobe.

Nun gut. Sesshoumaru wusste, was er verlangen durfte. Gute, sachliche und fachkundige, Arbeit gegen gutes Geld, so hielt er es, und damit war er stets erfolgreich gefahren. „Tantei“ hatte einen gewissen Ruf zu verteidigen. Mit seinem richtigen Namen ging er nicht gerade hausieren.

Er prüfte den Wind, ehe er die Richtung wechselte. Er wollte nicht, dass ihn der Fürst bemerkte ehe er selbst ihn sah. Ob der wohl mit Leibwächtern kommen würde? Dann könnte sich sein Versteckspiel als fatal erweisen. Die Personenschützer des Fürsten waren ausgezeichnet ausgebildete Hundedämonen und ihrem Herrn treu ergeben. Sie würden ihn erst umbringen wollen und dann Fragen stellen.

Aber das vermutete er doch nicht. Schließlich war die Geheimnistuerei in diesem Fall kaum nötig.

Er blieb gegen den Wind stehen und beobachtete den Kinderspielplatz, die leeren Bänke. Der Morgennebel über dem Mizuumi hatte hob sich bereits langsam und es versprach ein warmer Tag zu werden.

Naraku.

Ob er den mal selbst aufsuchen sollte, unter einem Vorwand?

Lieber nicht. Ein Berater des Fürsten würde kaum jedem Hergelaufenen ein Gespräch geben – und wenn, dann würde der sein Gesicht und ihn kennen. Nein. Es musste einen anderen Weg geben. Nur, welchen? Rin kam mit Computern nicht weiter, also würde Jaken seine Kontakte spielen lassen müssen. Die waren teuer, aber das musste es ihm wert sein. Gewöhnlich würde er ja so etwas einem Klienten aufhalsen, aber ...es ging um sein Leben, seine Rache.

Und womöglich war dieser Naraku harmlos, eben ein Dämon, der für sich und seine wachsende Familie ein neues Haus gesucht hatte und einen guten Fang gemacht zu haben glaubte, ohne zu ahnen, welche Tragödie sich dort abgespielt hatte.

Dennoch. Er sollte ihn einmal unauffällig betrachten. Vielleicht war das der Mann, der ihn nach Akumu gefahren hatte. Seine Erinnerungen an den waren recht verschwommen, aber er meinte sich an die Hand erinnern zu können, die ihn gepackt hatte. Es war sicher ein Dämon gewesen, auch, wenn er sich das Gesicht nicht mehr in das Gedächnis zurückrufen konnte.

Er hob den Kopf und machte einen Schritt näher gegen den Baum, als er eine Autotür klappen hörte – fast zu laut. Wollte ihn der Fürst damit auf sich aufmerksam machen? Oder war der einfach so unbesorgt?

Fast fünf Minuten später beobachtete er einen Dämon, wie er selbst in dunklem Anzug mit Krawatte, die weißen Haare allerdings zu einem Zopf zusammengebunden, zwei weiße Fellteile als Zeichen seines Ranges über die Schultern bis fast auf den Boden fallen gelassen, auf dem Weg vom Parkplatz zu dieser Freizeitanlage. Ohne, dass der im Schritt innehielt, überflog er die Lage mit einer raschen Wendung seines Kopfes. Nein, das war kein Anfänger. Nun ja, der hatte den Großen Krieg geführt, die Hundedämonen angeführt....Der Körper verriet noch heute Beweglichkeit und eine Anmut, die nur aus vielem Üben mit dem Schwert zu erhalten war. Das war ein gefährlicher Mann, dachte Sesshoumaru – ein wertfreies Urteil, da er sich selbst so sah.

Er bemerkte, dass der Ältere scheinbar unbesorgt zu einer Bank trat und sich dort niederließ – aber erkannte ebenso die Handbewegung. Eindeutig ein Wink, der ihm galt, ihn aufforderte, näherzukommen. Der Fürst hatte ihn entdeckt. Entweder begann er selbst zu stümpern – oder der war wirklich ein perfekter Krieger. Eher letzteres.

Sesshoumaru folgte mit einem gewissen Unbehagen, aber auch ehrlicher Anerkennung, der stummen Einladung.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Im nächsten Kapitel erhält Tantei alias Sesshoumaru einen Auftrag - aber auch so wird es eine interessante Unterhaltung für beide Seiten.


bye

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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Kerstin-san
2018-02-03T12:00:47+00:00 03.02.2018 13:00
Hallo,
 
interesant, wie Sesshoumaru aufgewachsen ist und wie er als ganz normaler Dämon seinen Lebensunterhalt bestreitet. Mir gefällt auch, dass Rin hier als Hackerin unterwegs ist und dass es ausgerechnet Jaken war, der Sesshoumaru damals geholfen hat. Ich denke, es ist nicht allzu weit hergeholt, wenn ich vermute, dass Naraku bei der Nacht- und Nebelaktion, in der Sesshoumaru ausgesetzt wurde, beteiligt war?
 
Mir gefällt auch der Ansatz, dass Dämonen und Menschen miteinander leben und Sesshoumaru eher eine neutrale Meinung zu Menschen hat. Bin ja mal gespannt, was bei seinen Recherchen zu Naraku noch so ans Tageslicht kommt.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Minerva_Noctua
2015-10-15T13:24:02+00:00 15.10.2015 15:24
Ich muss sagen,maß mir die Idee vom kleinen Sesshoumaru in der Krötenbande gefällt.
Seine Vergangenheit lässt vermuten, dass er in diesem Alter wirklich noch ein unbedarftes Kind gewesen ist.
Noch vor der Nennung des neuen Hauseigentümers musste ich an Naraku als Entführer denken. Was mich an dem Gedanken jedoch stört, ist, dass es ziemlich dumm war Sesshoumaru nicht zu töten und die Leiche irgendwo zu versenken.
Naraku war jedoch sicherlich daran beteiligt den Taishou mit dem Schicksal seiner Familie aus der Fassung zu bringen.
Die hatten vor über 400 Jahren also Autos. Dann ist das wohl kaum unsere Zeit, in der die AU spielt.
Ich bin auf das Treffen von Vater und Sohn gespannt und wie du es drehst, dass der Taishou nicht allzu skeptisch wird.
Nun ja, Sesshoumaru wäre bis zur Aufklärung des Schicksals seiner Mutter sicherlich auch auf den Fürsten nicht gut zu sprechen und würde ein Duell in Erwägung ziehen, stellte der sich als sein Vater heraus.
Ich bin gespannt.

Liebe Grüße,

Minerva

Antwort von:  Hotepneith
15.10.2015 15:26
Gratulation, du bist die einzige die den Fehler mit den Autos bemerkt hat:)
Von: -Suhani-
2014-02-12T21:52:43+00:00 12.02.2014 22:52
Interessant, dass du Sesshoumarus Vergangenheit schon so früh so ausführlich enthüllst. Und dass es Jaken war, der seinen Herrn quasi aufgezogen und sich um seine Ausbildung gekümmert hat. Wirklich mal eine noch nie dagewesene Handlung. Bis jetzt ist nur die Tatsache, dass Naraku seine schmierigen Pfoten im Spiel hatte wie üblich.
Mals sehen, wie du das weiterspinnst.
Lg
Hani
Von:  chaska
2014-02-09T16:11:52+00:00 09.02.2014 17:11
Langsam formt sich ein Bild. Vor allem wenn der Name Naraku auftaucht. Tja, wir wissen ja alle, wer hier der Bösewicht ist -.O.
Ein wirklich interessantes Treffen steht da an. Ob einer von den beiden da auch nur im Ansatz ahnt, auf wen er da gleich treffen wird?
Liebe Grüße
chaska

Von:  ayakoshino
2013-09-29T18:17:57+00:00 29.09.2013 20:17
Jetzt haben wir also Sesshoumaru kennen gelernt. Der arme hatte ja wirklich keine schöne Kindheit und es ist nur zu verständlich, und liegt auch in seiner Natur, das er Rache will!
Durch seinen neuen Auftrag wird er ja nun auch in seinem eigenen Interesse weiter recherchieren können, und kann gleich mal Papa dafür bezahlen lassen.:) Er weiß ja zumindest schon das es nicht so einfach wird und er Jakens Kontakte wird benutzen müssen.
Ich bin sehr auf das Gespräch zwischen Vater und Sohn gespannt! Ob einer von beiden etwas merken wird, oder zumindest ein Gefühl bekommt in diese Richtung weiter zu schauen... Und auf Inuyasha bin ich auch gespannt, dieses mal hat er ja die ganze Zeit bei Papa gelebt und müsste die komplette Ausbildung eines Prinzen erhalten haben, ich bin sehr gespannt wie die Geschichte und vor allem das nächste Kapitel weiter geht!
lg ayako
Von:  Catan
2013-09-26T10:28:48+00:00 26.09.2013 12:28
Unser Sessy als verlorener Sohn - Die Idee gefällt mir und ich bin wahrlich gespannt wie sich Inu Yasha entwickelt hat. Schließlich wurde er von seinem Vater großgezogen.
Auf das Treffen zwischen dem Herrn der Hunde und seinem "unbekannten" Sohn bin ich ebenfalls richtig gespannt. Erkennen werden sie sich ja gegenseitig nicht. Wobei, sollte der Inu no Taisho nicht die Witterung seines erstgeborenen erkennen können? Die ändert sich ja nicht wirklich... Egal, ich freu mich auf das nächste Kapitel!
Antwort von:  Hotepneith
26.09.2013 12:35
Danke:)

Nun ja, die Witterung ist so eine Sache. Nach zweihundertfünfzig Jahren und der festen Überzeugung der Junge ist tot - wer denkt an so was?

bye

hotep
Von:  Roza007
2013-09-26T08:04:45+00:00 26.09.2013 10:04
Der arme Sesshomaru, für seine Kindheit beneide ich ihn nicht. Aber er hat sein schweres Schicksal gut gemeistert.^^
Ich hoffe er kann Rache nehmen, aber ist schon seltsam das er nicht weiterkommt in den Ermittlungen zu seiner eigenen Person. Gut das er die Idee, Naraku selbst zu treffen, aufgegeben hat. Ich glaube nicht, dass dieses Treffen so gut und glatt abgelaufen wäre. Da hoffen wir mal, dass Jaken mit seinen Kontakten mehr erreichen kann.

Den Inhalt des geheimnisvollen Treffens mit dem Inu no Taisho kann ich kaum erwarten, ich freu mich schon so auf das nächste Kapitel. :)

LG
Roza


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