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The Akatsuki Job

[Itachi x Sakura | modern AU | thriller]
von

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Prelude Of The Truth


 

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Vier Jahre zuvor. City General Hospital, Ōsaka.

Es dauerte, bis die Krankenschwester endlich an ihr Bett kam, das Sakura zugewiesen worden war. Aufgezwungen wohl eher. Sie war kein Narr, und dass man ein Krankenhaus aufsuchte, nachdem man in eine Schießerei verwickelt worden war, wusste jedes Kleinkind. Dennoch war sie der Meinung, in diesem Fall ausgeschöpfte Kapazitäten zusätzlich zu belasten. Das Krankenhaus war überfüllt, sodass ihre provisorisch aufgeklappte Trage am hektischen Gang stand, wo sie Mühe hatte, dem Geschehen zu folgen. Sie war eine von neun Personen, die man als Involvierte betrachtete. Fünf davon waren die Verursacher der Schießerei, die restlichen vier Opfer.

Sie wehrte sich dagegen, sich als solches zu sehen. Ihr Glas war noch immer halb voll und nach den letzten Wochen konnte sie niemanden gebrauchen, der ihr die letzten Schlucke wegtrank. Dies versuchte die eifrige junge Krankenschwester, die Probleme damit hatte, eine Manschette anzulegen, um Sakura Blut abzunehmen. Sie hatte gewiss schon Schlimmeres gesehen als ein paar Blutspritzer, welche die Haut ihrer Patientin zierten, dennoch bemitleidete sie sie, als wäre sie eine Krebskranke, und wetterte gegen Schusswaffen aller Art.

Sakura widerstand dem unabdinglichen Drang, ihre Hilfe anzubieten. Die so genannte 'Ausbildung' im Lazarett ihrer Brigade hatte sie nicht zu einem medizinischen Almanach gemacht. Wie man eine Manschette korrekt um den Oberarm schloss, war trotz alledem hängen geblieben. Sakura stöhnte genervt, was die Schwester noch nervöser machte. Der vierte Versuch gelang endlich und sie war erleichtert, als das Nervenbündel sich seinen eiligen Weg durch den hektischen Strom an medizinischem Fachpersonal auf den Gängen bahnte. Ausschließlich jeder war in Eile, bloß ein Junge—ein sehr junger Mann—schlenderte grinsend die Wand entlang und hievte sich leichtfüßig auf die Trage ihr gegenüber. Sakura neigte fragend ihren Kopf. Sie kannte ihn; er war in die Schießerei verwickelt worden. Einer der fünf, die sie angezettelt hatten. Drei davon wurden von Polizisten in einem gesonderten Raum bewacht, von den beiden anderen fehlte bis jetzt jede Spur. Dabei war Sakura sicher, mit allen neun eingeliefert worden zu sein. Selbst neben ihr stand ein Streifenpolizist, der halbherzig ihre Aussage aufnahm.

"Du warst da drinnen ziemlich gut."

Skeptisch verschränkte sie die Arme vor der Brust. Ein Lob von einem Kriminellen war nicht unbedingt etwas, das ihren versauten Tag versüßte.

"Danke."

"Wo hast du Schießen gelernt?" Sie antwortete nicht und er verschränkte die Arme hinter dem Kopf. "Zivilist oder Polizei?"

"Weder noch." Es war eine merkwürdige Frage, die er stellte und sie dachte nicht daran, zu antworten. Es ging ihn nichts an. Sakura musterte ihn; er machte einen vertrauenswürdigen Eindruck. Solche Leute waren die Schlimmsten.

"Mein Partner und ich hätten es auch ohne deine Hilfe geschafft, aber trotzdem sind wir dir dankbar für deine Rückendeckung. Ein super Schuss, mit dem du diesen Hampelmann hinter der Theke ausgeknockt hast."

"Ich verfehle nie", nahm sie sein Kompliment zögerlich an. Ihre Verschränkung verkrampfte sich, als er von dem Bett sprang und auf sie zu ging.

"Vermutlich bist du eingespannt, aber falls nicht, suchen wir immer Leute wie dich."

"Wer ist 'wir'?" Eine vage Formulierung verhieß selten Gutes. So viel hatte sie gelernt.

Der Mann streckte ihr ein weißes Kärtchen entgegen und grinste sie mit blitzenden Zähnen an. "Nimm schon, sie explodiert nicht", forderte er mit freundlichem Nachdruck.

Eine durchaus gerechtfertigte Warnung, wenn man bedachte, dass er in dem Café wie ein Geisteskranker um sich geschlagen hatte. Mit der Pistole war er nichtsnutzig gewesen, doch als er die erste Distanz überbrückt gehabt hatte, hatte er mit nur drei Schlägen zwei kräftige Japaner zu Boden gerungen.

"Wenig Arbeit für gutes Geld. Überleg's dir."

"Das Drogengeschäft interessiert mich nicht", wehrte Sakra ab. Sie wollte ihm die Karte zurückgeben, doch er bestand darauf, sie in ihrem Besitz verweilen zu lassen.

"Mit Drogen haben wir nichts zu tun. Vertrau mir." Als wäre jemand dämlich genug, aufgrund dieser abgedroschenen Aufforderung Folge zu leisten. "Wie auch immer. Wenn du jemals schnell Geld brauchst, wähle die Nummer auf der Karte an." Die Hände hinterm Kopf verschränkt, ging er im Hüpfschritt den Flur entlang.

"Wir sehen uns bei der Gerichtsverhandlung", rief sie ihm nach, doch er winkte lächelnd ab—seine Stimme ein heiterer Singsang.

"Da wäre ich mir nicht so sicher!"

Sakuras Runzeln wurde tiefer. Argwöhnisch betrachtete sie die Visitenkarte, auf der in orangenen Lettern ein Name stand, darunter eine mobile Telefonnummer. Entweder war der Kerl naiv oder selten dumm. Mit beidem wollte sie lieber nichts zu tun haben.

Sie besah die Karte minutenlang. Er hatte an ihrer Seite gegen die drei Angreifer gekämpft und sie brauchte dringend Geld. Sehr dringend. Vielleicht war es doch kein allzu großer Fehler, diesen Uzumaki Naruto in nächster Zeit anzurufen.
 

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Das Curry lag schwer in Sakuras Magen, sodass sie einschlief, noch ehe sie realisieren konnte, dass Itachi sich seiner Kleidung bis auf die Unterwäsche entledigte. Im Kinderbett ihrer Mutter einzuschlafen, war ein eigenartiges Gefühl. Fast, als spüre sie ihre Wärme. Sie vermisste sie. Selbst wenn ihre Trennung keinen Bruch bedeutet hatte, hatten sie seit Jahren nichts voneinander gehört. Seit Sakura beschlossen hatte, nach Okinawa zu gehen, war es still zwischen ihnen geworden.

Als Sakura erwachte, überprüfte sie ihr Gesicht auf noch nicht getrocknete Tränen. Es war eine erniedrigende Angewohnheit, im Schlaf zu weinen—vor allem, wenn jemand wie Itachi neben ihr auf dem Boden schlief. Er hatte es sich, ohne Anstände zu machen, auf dem rosageblümten Teppich vor dem leeren Schreibtisch gemütlich gemacht, wo er ihr mit erhobener Hand einen guten Morgen wünschte. Natürlich war er lange vor ihr wach. Dieser Typ musste es aber auch immer übertreiben.

Sie nickte ihm, den Gruß zu erwidernd zu, enthielt sich ansonsten allerdings jedweder Reaktion. Ihr erster Weg führte aus dem Bett, das sie unordentlich zurückließ, in das altmodische Badezimmer, wo sie notdürftig mit den Naturprodukten ihrer Großeltern hantierte. Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, wie gesegnet sie mit Inos Schönheitswahn doch war. Sie hatte jahrelang, ohne zu murren, ihre teuren Markenprodukte mit Sakura geteilt, die nicht gedacht hatte, dass sie sich über das Fehlen von ordentlichem Antitranspirant und Haarspray ärgern würde. Nicht, dass sie vor Itachi hübsch sein wollte! Wie konnte sie das auch in den zerfetzten, blutbespritzten Sachen, die sie seit über vierundzwanzig Stunden trug?

Das kalte Wasser in ihrem Gesicht konnte nicht über ihre Blödheit hinwegtäuschen. An was dachte sie hier bloß? Was erwartete sie sich? Es war alles Itachis Schuld! Dieser … dieser … ihr fiel keine passende Bezeichnung für den schmalen Grat zwischen todbringendem Wahnsinn und attraktiver Tragik ein, auf dem er balancierte, ohne dass sie sich entscheiden konnte, in welche der beiden brandmarkenden Schubladen sie ihn stoßen wollte.

Als sie wiederkam, saß er geduldig wartend auf dem Schreibtischstuhl.

"Wir müssen hier weg", sagte sie, während sie damit begann, ihre Sachen zusammenzupacken. "Gefährliche Leute sind hinter uns her. Meine Großeltern waren eine Notlösung. Ich möchte sie nicht in Gefahr bringen."

"Das verstehe ich", erwiderte er, sie eindringlich ansehend. Selbst als er aufstand und sich vor sie stellte, wandte er den Blick nicht ab. Die aufgehende Sonne traf seine Iriden, sodass sie ihr Uchiharot in voller Blüte entfalteten. Er legte seine Hände auf ihre Schultern, wo sie spürbar waren, als lägen sie auf nackter Haut, nicht auf der Weste, die sie trug.

Dieser Bastard.

Er wusste genau, wie er sie rumkriegen konnte.

Die Frage war: wieso wollte er das?

Ohne zu sagen, was ihm sichtlich auf der Zunge lag, löste er die Berührung auf. "Ich werde mir vorher noch die Zähne putzen", stellte er fest, ohne auf ihre Einwilligung zu warten. Sakura verübelte es ihm nicht. Er war nicht auf sie angewiesen, nicht minder war sie es. Wenn sie wollten, konnten sie ihre Wege trennen, sobald sie dieses Haus verlassen hatten.

Sie würden nicht.
 

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Das Einfamilienhaus war heute ausnahmsweise verlassen. Die Bewohner hatten ihr eine Notiz an den Kühlschrank geklebt, in der sie erklärten, dass sie zum Einkaufen in die Stadt gefahren waren. Sakura wollte aufbrechen, bevor sie wiederkamen. Gestern hatten sie sich aufgrund Sakuras Müdigkeit vorbildlich zurückgehalten. Ausgeschlafen hatte sie weit weniger Entschuldigungen für ihre Wortkargheit, die ihr nicht ähnlich sah. Deshalb verbat sie sich und Itachi das Frühstück, das ihre Großmutter hergerichtet hatte. Sie würden in irgendeinem Café etwas essen.

"Hast du einen Vorschlag, wo wir sicher sind?"

"Vor der ANBU?", sinnierte Itachi. Er startete den Motor des Toyotas. "Schwerlich irgendwo. Am ehesten in einem Motel. Ich kenne einen Appartementblock etwa eine Stunde von hier am nördlichen Rand Ōsakas. Wenn wir mit einer meiner Kreditkarten bezahlen, werden sie es schwer haben, uns schnell zu finden."

Sakura schielte ihn argwöhnisch von der Seite an. "Ist auch nur eine davon auf deinen richtigen Namen zugelassen?"

"Wo denkst du hin? Es sollte uns ein wenig Raum geben. Zwei, drei Tage vielleicht."

Keine guten Aussichten. Aber immerhin mindestens achtundvierzig Stunden, in denen sie überlegen konnten, wie ihr nächster Schritt aussah—in denen sie überlegen konnte, wie ihr nächster Schritt aussah. "Ich stelle eine Bedingung."

Itachi hielt seinen Blick auf die Straße vor ihm gerichtet. "Die wäre?"

"Die Wahrheit. Ich habe dich nur aus einem Grund verfehlt: weil ich dich im Grunde noch nicht erschießen wollte. Ich will Antworten, Itachi."

Dass er aufhorchte, als sie ihn beim Vornamen nannte, entging ihr.

"Was Sasuke gesammelt hat ist lückenhaft. Mehr noch, es ist an vielen Stellen schlichtweg falsch. Wenn man genauer hinsieht, widersprechen sich eine Menge Fakten. Du hast mich an den Table eingeladen und die Karten ausgeteilt. Wir haben geblufft, gesetzt und jetzt will ich sehen."

"Denkst du immer in Pokermetaphern?", fragte er sichtlich erheitert darüber. Woher seine unterschwellige Hochstimmung kam, konnte sie sich nicht erklären. Ebenso wenig wieso sie hinter seiner gelassenen Fassade wusste, dass er sich in einer solchen befand. Konfus. Und beängstigend. Aber hauptsächlich konfus. Irgendwie.

"Kann schon sein", antwortete sie schließlich. "Ja oder nein? Wenn mir gefällt, was ich höre, werde ich dir helfen."

Es war eine ungeschickte Wortwahl, das war beiden klar. Sakura hatte soeben ein wichtiges Druckmittel verspielt—das zwar nur theoretisch, aber in ihrem vagen Plan immerhin funktioniert hätte. Itachi wiederum wusste, dass er gewonnen hatte. Wieso hätte er sich sonst so auf sie fixiert, wenn er sie nicht auf eine Fährte hatte bringen wollen, die ihm in die Hände spielte?

Seine Aufmerksamkeiten, der bewusst erzeugte Nervenkitzel, der Flirt: alles war dazu ausgelegt, Sakura einem Ziel zuzuführen. Und eines war beiden ebenfalls klar. Der Ausgang des Spiels war noch lange nicht entschieden. Wenn ihr sein Kartenblatt nicht gefiel, würde sie ihn ohne zu zögern töten. Bloß, dass Itachi nicht davon auszugehen schien, bereitete ihr Kopfzerbrechen.
 

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Itachi übergab Sakura seine Geldbörse, aus der sie eine der vielen Kreditkarten auswählen durfte, die sie mit der Rechnung belasten wollte. Während sie sich durch den schier endlosen Stapel verschiedenster Hartplastikkarten kämpfte, überprüfte er die öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten des Motels auf Fluchtwege und Verstecke.

"Wie viele hast du von den Teilen?", zischte sie leise, als sie zusammen den Fahrstuhl ansteuerten. Genauer gesagt steuerte er ihn an. Bevor er ihn rufen konnte, schlug sie zu den Treppen ein. Itachi folgte ihr fragend, hatte er angesichts ihrer Sturheit doch keine Wahl, die Richtung zu ändern. Sein Arm allein, den er 'alibihalber' um ihre Schulter gelegt hatte, war Hindernis genug, das ihn davon abhielt, seinen Weg fortzusetzen.

"Ein paar. Vierzig, vielleicht fünfzig. Mir wäre noch nie eingefallen, sie zu zählen."

"Das ist … pervers. Alle auf andere Namen. Wie behältst du den Überblick?"

Sie waren aus der Sicht der Rezeption verschwunden, weswegen er seinen Arm sinken ließ. Es behagte ihr nicht, und dass es ihr nicht behagte, behagte ihr noch weniger.

"Übung", meinte er beiläufig. "Die meisten Karten laufen auf irgendwelche Namen von Frontmännern. Allerdings bin ich der einzige, der auf sie einzahlt. Natürlich von anderen Konten, um die Buchungsbelege nicht auffällig zu gestalten. Du verstehst?"

Sie nickte. Ein ziemlich banales System, das sie längst von Shikamarus Recherchen kannte.

"Wieso nehmen wir die Treppen?"

"Ist nun etwa eine Fragerunde ausgebrochen?", fragte sie—sich der Ironie durchaus bewusst. Sein Schulterzucken war Antwort genug. Wie sie das hasste! Es war frustrierend, wie egal ihm manche Dinge waren, obwohl er bei anderen den Eindruck machte, als läge ihm etwas an ihr. Sie musste sich eingestehen, dass sie mit beißendem Sarkasmus nicht weiterkam. Besser kurz und schmerzlos, bevor er etwas Größeres dahinter vermutete. "Mir wird schlecht in Aufzügen. Das Rauf und Runter fühlt sich an, als hebe jemand meinen Magen mit bloßen Händen an und werfe ihn durch die Luft."

"Das klingt … ekelhaft."

"Fühlt sich auch so an."

"Wie schade. Ich hätte auf ein tragisches Trauma aus der Kindheit getippt." Unzufrieden damit, dass er sich geirrt hatte, schoben sich seine Augenbrauen eine Spur zusammen. "Es hätte zu dir gepasst."

"Was?", hakte sie rhetorisch nach. "Dass ich mit ansehen musste, wie meine Eltern in einem Fahrstuhl von einem Psychopathen erschossen wurden, woraufhin ich mir die unendliche Rache schwor, die mich letztendlich unter heroischem Gedankenorchester in mein sicheres Grab manövrieren würde? Damit muss ich dich enttäuschen. Meine Eltern sind quicklebendig und lieben mich. Ich bin keine tragische Heldin und keine Märtyrerin. Das ist Sasukes und Narutos Part. Ich bin bloß die Helferin, die leider ziemlichen Mist gebaut hat."

"Indem du mir das Leben schenktest?"

Sie schnaubte unwillig. "Geborgt. Noch habe ich mein Vorhaben, dich zu erschießen, nicht auf Eis gelegt. Wie würde es die ANBU finden, wenn ich ihnen meinen toten Uchiha Itachi vor die Füße würfe? Man sagt, dort verdiene man gutes Geld."

"Wie kaltherzig", tadelte Itachi ohne nennenswerte Gefühlsregung. Sie bogen zusammen um die Ecke in den Flur, in dem ihr Zimmer ganz hinten nahe der Feuerleiter lag. "Du bist ziemlich störrisch, weißt du das?"

Natürlich wusste sie das. Wichtig war, dass er es wusste. Es verschaffte ihr ein wunderbares Gefühl der Genugtuung, diese Art von Anerkennung gezollt zu bekommen. "Ich bilde mir gerne meine eigene Meinung. Dass du mich auf eine Fährte gelockt hast, muss nicht bedeuten, dass ich auch den Weg gehe, auf dem die Brotkrumen liegen. Letzten Endes geht es nur um Sasuke-kun, habe ich recht?"

Die Stille, die nach diesen Feststellungen aufkam, legte sich zusammen mit Anspannung über sie, bis sie das nett eingerichtete Zimmer betraten. Itachi hatte nicht vor, auf diese Frage zu antworten.
 

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Sie hatte ein Selbstversorger-Appartement ausgewählt, in dem sie keine Putzfrau stören würde. Die kleine Küche war niedlich, wenn auch mehr funktional als schön. Das Doppelbett war mit einem hässlichen grauen Laken bespannt, auf dem noch hässlichere, rot bezogene Decken lagen. Auf jeder Seite war ein paketiertes Stück Schokolade drapiert, das Itachi, auf dem Bett sitzend, eingehend begutachtete, ehe er es sich in den Mund schob. Es schien gut zu schmecken.

"Du kannst meines auch haben", bot Sakura an, die es gar nicht gut fand, mit welch Genuss sie ihm dabei zusah, wie er wiederum diesen Genuss empfand. In Gedanken schlug sie sich. Wie seine schlanken Finger die zweite Süßigkeit auspackte und wie er es in quälender Langsamkeit kaute, die Augen sinnlich geschlossen, machte sie fertig.

Scheiß drauf.

"Das machst du doch mit Absicht! Weißt du eigentlich, wie sowas auf Frauen wirkt?"

"Durchaus."

Das nahm ihr den Wind aus den Segeln. Zumindest den der sarkastischen Stichelei, die sie bereits zuvor anstoßen hatte lassen. Plötzlich wehte ein anderer Wind, der sie das Zimmer durchsetzen ließ, direkt auf Itachi zu, neben dem sie ihre Arme abstützte, sodass ihre Nasenspitzen sich beinahe berührten. Das stechende Rot seiner Iriden flackerte—sie mochte nicht sagen 'leidenschaftlich'—auf, ehe er eine Hand in ihrem Haar versenkte, um ihren Kopf zu sich herunter zu ziehen. Seine Lippen waren leicht geöffnet, was sie nur durch seinen Atem spürte, der über die ihren strich. Er jagte einen prickelnden Schauer durch ihren Körper.

"Dann ist's ja gut", sagte sie matt, wandte sich ab und setzte sich auf einen Stuhl am anderen Ende des Zimmers, wo sie die Beine verwehrend überschlug. Itachi sollte ja nicht denken, sie ließe sich von seiner Erotik betören—au contraire! Sie wartete immer noch auf seine Erklärung, die besser mehr als nur gut war.

Ehe sie ihn dazu auffordern konnte, stand er auf. "Ich gehe duschen", erklärte er.

Sakura rammte ihre Faust in die Wand und verfluchte sich dafür. Es war nicht fair. Er war nicht fair. Er wusste alles, sie wusste nichts. Und er schien sie nicht für würdig zu erachten, ihr mehr als schwache Andeutungen vor die Füße zu werfen. Ohne es zu ahnen, hatte sie ihn ein Netz um sich spinnen lassen, das sie gefangen hielt.

Fein.

Sie besaß kein Messer, mit dem sie die Maschen durchtrennen hätte können und selbst wenn, sie hätte es nicht übers Herz gebracht. Nicht nach allem, durch das sie sich gekämpft hatte. Sie würde nicht aufgeben, weil Itachi zu stolz war. So oder so, heute würde sie alles erfahren, was sie wissen musste.

Inzwischen hatten sich stumme Tränen der Wut mit jenen vermischt, die sie nach ihrem schmerzenden Schlag tapfer weggedrückt hatte. Als sie ihre Augen wieder öffnete, stand er dicht vor ihr, seinen dunklen Blick auf sie niedergeschlagen. Die Rücken seiner Finger, die in einer schmeichlerischen Geste von ihrer Schläfe bis hinab zu ihrem Unterkiefer strichen, jagten ihr einen Schauer ihre Wirbelsäule hinab. Fordernd drückte er ihr Kinn nach oben, um sie dazu zu zwingen, ihn anzusehen. Sein Mund öffnete sich, doch sie erstickte seine Worte mit einem Blick.

"Ich will bloß die Wahrheit."

Ihre Worte waren eiskalt, obwohl sie aus einem Meer der Emotionen geboren waren. Es kostete sie Anstrengung, ihren Ton eben zu halten, als Itachis Fingerkuppe ein seichtes Prickeln auf ihrer Unterlippe hinterließen.

"Itachi." Ihre Worte eine Warnung. "Du kannst nicht von mir verlangen, weiterhin im Dunkeln zu tappen. Ich bin Teil dieses … Plans. Es war deine Entscheidung, mich zu involvieren und die meine, deinem Pfad zu folgen. Bislang habe ich dieses Spiel mitgespielt, um die Grenzen deiner Privatsphäre zu respektieren, aber ich habe mein Limit erreicht. Erzähle mir, was damals geschah, sonst werde ich dir jeden Stein in den Weg legen, den ich in der Lage bin aufzutreiben. Und neben meinem Appartement wird gerade ein Hochhaus gebaut."

Itachi brummte düster. "Wie willst du das schaffen? Es sind du und ich gegen die Welt."

Sakura hatte gehofft, diese Frage aus seinem Mund zu hören. Zumindest im Nachhinein erschien es ihr, als sei ihre Drohung darauf hinausgelaufen. Er hatte ihr mit dieser unbedachten Äußerung direkt in die Hände gespielt. Genau das schien er in diesem Augenblick zu bemerken. Sie konnte sehen, wie sein Mund von dem herausfordernden Grinsen der Überlegenheit in eine harte Linie überging. Es war das erste Mal, dass sie für diese Szene die Oberhand besaß.

"Zu deinem Bedauern traue ich dir nicht zu, so kurzfristig die Seiten zu wechseln. Allerdings", präzisierte Itachi mit einem Schritt zurück, der geschäftliche Distanz zwischen ihnen einräumte, "besitzt du die Intelligenz, Orochimarus Reihen zu intrigieren und die Rücksichtslosigkeit, sie, wenn nötig, mit Gewalt zu durchbrechen. Ich wäre nicht überrascht, wenn du seine Basis mit einem Maschinengewehr kompromisslos aufräumen würdest."

Nun, danke für die Blumen, dachte sie ungeduldig. Immerhin wusste sie nun, dass es irgendetwas mit Orochimaru zu tun hatte, was eine mittelmäßige Überraschung war. Es war ein innerer Kampf, nicht mit den Augen zu rollen. Jede Reaktion konnte er als Druckmittel verwenden, um ihre Neugierde zu schüren. Sie brannte bereits lichterloh, aber das brauchte er ja nicht zu wissen. Dieses Spiel würde heute enden.

"Ich sehe schon", seufzte er in gespieltem Selbstmitleid, "ich habe mich wohl zu weit durch das Dickicht deiner Toleranz geschlagen. Irgendwann musste ich gegen diesen Widerstand stoßen. Also schön, was willst du wissen?"

Sakura unterdrückte ein verächtliches Zischen. Was sie wissen wollte? Wie weit wollte er diese Farce noch treiben? Sie entschied, den Blick starr zu halten. "Alles."

"Dann mache ich Tee."

Itachi dabei zuzusehen, wie er den vom Motel bereitgestellten europäischen Earl Grey-Import zubereitete, war, als sähe man einem Meister bei der Ausführung eines chadō zu. Die gezielte Akkuratheit, mit der er jedem Handgriff nicht mehr Energie zur Verfügung stellte, als er brauchte, war beängstigend und berauschend zugleich. Seine Hände machten keine einzige unnötige Bewegung, keinen Millimeter Umweg. Nach exakt sieben Minuten stellte er zwei dampfende Tassen auf den Küchentisch zwischen ihnen. Der Tee war zu heiß, um ihn sofort zu trinken, also sah sie Itachi möglichst neutral an. Sobald er einen Funken Neugierde, Ungeduld oder Herausforderung hinter ihrer Fassade entdeckte, würde er sein Spiel wieder aufnehmen. Nicht heute.

"Hervorragend", sagte Itachi ruhig. Sie konnte keinen Sarkasmus dahinter entdecken. Uchiha Itachi war nicht sarkastisch. Er meinte, was er sagte. Diese Tatsache legte sich um ihre Eingeweide wie eine Plastikverpackung, die man zusammendrückte. Er vertraute ihr genügend, um ihr wider seines Willens seine Vergangenheit zu offenbaren.

"Ich höre dir zu", versicherte sie tonlos. Es war verlockend, auf die Teetasse zu sehen, aber sie widerstand. Noch verlockender war Itachis Gesicht, wenn er seine erste Emotion zeigte. Diesen Moment wollte sie nicht verpassen.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (12)
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Von:  Goetheraserei
2013-06-19T09:40:20+00:00 19.06.2013 11:40
Hey-ho! ;D

Ich hatte mir nicht so viele Vorstellungen darüber gemacht, wie Naruto Sakura genau kennen gelernt haben könnte, aber ich denke irgendwie passt es zu ihm, selbst mit Verletzungen im Krankenhaus einen auf fittlichen Turnschuh zu machen. Er lässt sich eben durch nichts abschrecken, was er auch wunderbar vor Sakura zur Schau gestellt hatte. Hüpft er doch einfach grinsend von einer Trage... hehehe, das ist super! :D Das Einzige, was mich wunderte war, dass Naruto eine NORMALE Visitenkarte besaß. Bei dem Chaoten hätte ich mir durchaus vorstellen können, dass die Karte etwas ausgefallener aussieht, aber naja. Es war nicht unbedingt schlecht, doch hatte ich es mir halt einfach anders vorgestellt.

Zu Sakuras und Itachis Beziehung habe ich im Grunde bereits sehr viel gesagt, sodass ich eigentlich nicht mehr so sehr darauf eingehen muss, außer, dass sie beide langsam in Spiellaune geraten. Ich denke, Itachi weiß, wie man Frauen um die Finger wickelt und so allmählich klappt das bei Sakura auch, da sie öfters über ihn nachdenkt und das nicht nur im negativen Sinne. Neben ihren Mordabsichten ihm gegenüber, konzentriert sie sich heimlich auch auf seine Attraktivität, die er an den Tag legt.
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"Sie waren aus der Sicht der Rezeption verschwunden, weswegen er seinen Arm sinken ließ. Es behagte ihr nicht, und dass es ihr nicht behagte, behagte ihr noch weniger."

___> Sakura weiß, dass ihre verwirrten Gefühle keineswegs positiv zur Mission beitragen. Sie will Itachi in ihrer Nähe haben und genau dieser Umstand gefällt ihr selber nicht, da sie eigentlich sich von ihm fernhalten müsste. Sie müsste wollen, dass Itachi den Tod findet, um die ganzen perfiden Aktionen um ihn herum zu beenden. Doch sehnt sich ihr Herz nach etwas anderem, was ihr selber wahrscheinlich auch allmählich klar wird. Immerhin wird sie irgendwann erkennen, dass es nichts bringt sich selbst zu belügen. Mal sehen, wie das zwischen den beiden weiter geht.

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Auch wenn dieses Kapitel nicht so viele Elemente besaß, die man als spannend erachten würde, habe ich trotzdem auf meinem Computerstuhl gesessen und jeden einzelne Szene in mir aufgesogen. Du bist einer der wenigen Autorinnen, die es schaffen mich auch mit leichten Übergangskapiteln zu beeindrucken, indem du Elemente mit einbaust, die ich... naja nicht so gut beschreiben kann. Mit meinen Worten würde ich einfach sagen: dass du viele Methapern einbaust, um den Leser etwas zu erklären, selbst wenn der heiße Brei herum drüber gesponnen wird, wie ein Netz. Und genau das finde ich so toll an dir! :D

Fazit: Mir hat das Kapitel wieder einmal sehr gut gefallen, sodass ich mich bereits auf das Nächste freue. :3

Liebe Grüße,

Corni
Von:  -Levy-
2013-06-16T21:37:25+00:00 16.06.2013 23:37
Aber klar muss ich doch jedesmal bei so einer tollen story ein review hinterlassen!!! Manchmal würde ich die beiden einfach nur gerne mal ordentlich durchschütteln. Wobei mich momentan auch reizt zu wissen wqs momentan bei den anderen so abgeht umd was naruto zur zeit so tut... falls er denn was tun kann xD
woeder mal schönes kapitel was viel zu schnell vorbei war ;)
Von:  Levisto
2013-06-13T14:29:04+00:00 13.06.2013 16:29
Wirklich eine super spannende Story! Und kaum freut man sich dass das nächste Kappi da ist, hat man's durch :-(
Es ist einfach alles so aufregend!!!

Greetz
Levisto
Von:  Dark-san
2013-06-13T12:41:45+00:00 13.06.2013 14:41
Hallihallo :)

Das Kapitel ist dir wirklich gut gelungen. Die Anspannung, die zwischen Sakura und Itachi hängt, war dieses Mal fast greifbar.- und das, obwohl kaum etwas passiert. Ich bin sehr gespannt, was nun im nächsten Kapitel enthüllt wird. :)

Weiter so!

LG

Dark-san
Von:  XlaramoonX
2013-06-13T10:43:35+00:00 13.06.2013 12:43
wuhuu. Ich liebe deine FF einfach und ich bin immer richtig aufgeregt ein neues Kaptel zu lesen. Genau so traurig, wenn ich dann die letzten Sätze eines neuen Kapitels lese ._.

:D bin gespannt.
Von:  MiezMiez
2013-06-12T21:54:40+00:00 12.06.2013 23:54
Ach jetzt komm schon -.-...echt jetzt? Einen Cliffhanger zu machen ist ja sowas von spannungsaufbauend, dass ich jetzt schon ganz hibbelig bin^^
Bin sehr gespannt wie Sakura die Wahrheit auf nimmt und was die Lösung des Problems wird.
glG MiezMiez
Von:  DarkBloodyKiss
2013-06-12T20:53:51+00:00 12.06.2013 22:53
WOW WOW WOW ^^
Sehr Sehr Spannend !!! ^^
bin sehr gespannt wie es weiter geht ^^
freue mich sehr aufs nächste Kappi ^^

glg & einen schönen Mittwoch Abend DarkBloodyKiss ^^
Von:  Kleines-Engelschen
2013-06-12T20:19:07+00:00 12.06.2013 22:19
ultra spannend. ich freue mich schon darauf zu erfahren was itachi zu erzählen hat. mach weiter so

greetz
Von:  Phoenixfedern
2013-06-12T19:50:42+00:00 12.06.2013 21:50
Dieser Dialog zwischen Itachi und Sakura: Einfach genial!
Bin schon auf das nächste Kapitel gespannt! :)
Von:  L-San
2013-06-12T19:41:40+00:00 12.06.2013 21:41
Abend Five. ;D

Endlich. Ein. Neues. Kapitel. Von. TST.
Auf diesen Tag hab ich lange gewartet. ;]


Inhalt:
Der Flashback hat mich überrascht, positiv natürlich.
War doch sehr amüsant, wie sie Naruto kennengelernt hat.
Also mit ihm hab ich gar nicht gerechnet.
Ein sehr interessanter Einstieg.
- ɣ - das hier finde ich cool.
Sehr speziell und hab ich in FFs nie gesehen.
Dann - hinter den Kulissen brodelt es ganz schön.
Die Spannung steigt ins Unermessliche.
Wie ich dieses schon fast krankhafte und doch amüsante Spiel zwischen Sakura und Itachi genieße.
Ehe man sich versieht oder verliest, passiert schon was Unerwartetes.
Bei mir war das, als Itachi Sakura so nah war.
Und das Ende - oh Mann, du bist eine Sadistin *mit dem Finger auf dich zeigt*
Schäm dich. u/.\u
Kannst doch nicht einfach da aufhören, wo es doch grad spannend wird.
u/.\u


Zusammenfassung:
Diesmal ein sehr kurzer Kommentar von mir und ich weiß so langsam nicht mehr, was ich noch sagen soll, ohne mich allzu oft zu wiederholen.
Ich hab keine Fehler gefunden.
Die Dialoge gefallen mir, oder die passive Erotik, oder Sakuras Gefühle.
Sehr temperamentvoll.
Woher seine unterschwellige Hochstimmung kam, konnte sie sich nicht erklären. 
Ernsthaft?
Ich auch nicht.
Ich konnte mich da richtig in die Situation hineinversetzen.
Hab das schon gedacht, nein, ich hab das gefühlt, bevor ich diesen Satz gelesen habe.
Chapeau Five. ;]

Irgendwie.
Irgendwie scheint dich dieses Wort zu verfolgen, sei es in deinen OS oder in Evenfall.
Kommt wohl in dein Fiveness-Schreibstil?
Mir gefällt's, sieht man doch, dass dein Schreibstil weiterhin im Wandel ist und keine feste Formen aufweist.
Ist alles abwechslungsreich, was ich sehr lobenswert finde.
Was beiden ebenfalls klar war, war, dass der Ausgang des Spiels noch lange nicht entschieden war.
Das war der einzige Satz, der mir persönlich nicht gefallen hat - 3x war. ;DDDDD
Über was für Nichtigkeiten L-San doch meckert.
Und jetzt redet er auch noch in der dritten Person von sich. ;DDDDD
Ansonsten war das ein klasse Kapitel.
;D
Ich warte gespannt aufs nächste Kapitel und Danke für deine ENS.
;D

L-San
Antwort von:  4FIVE
13.06.2013 09:08
Den letzten Satz habe ich ausgebessert; klang wirklich nicht sehr schön. Mit "irgendwie" hast du recht. Das ist einer von vielen kleinen Ticks meinerseits, mit dem sich gut darstellen lässt, dass hier nichts absolut ist. Sakuras Gefühle/Verweigerungen sind relativ, die Wahrheit um das Uchihamassaker, etc. Hab das, denke ich, auch bei 'Evenfall' übernommen. Da aber aus anderen Gründen.

Viel immer danke für deine Kontinuität, mit der du immer fleißig kommentierst, und danke für das dicke Lob. Ich sitze immer vier Stunden vor meinem Kapitel und frage mich: "Omg, hoffentlich gefällt es L-San!"
;D War natürlich ein Witz, aber es freut mich, dass ich nicht nachlasse.

Liebe Grüße,
4FIVE

P.S. Keine Fehler, yaaaaay! Party!!!!


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