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Küchentussi vs. Schwertschwuchtel

SanjixZorro; ?x?
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nein, ich lass nicht wirklich jemanden sterben! Das könnt ich gar nicht! Aber... es bleibt tragisch... ;) Komplett anzeigen

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Der Wille zu sterben

Zorros Part:

Als ich die Augen aufschlug, bemerkte ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Strahlen der Morgensonne fielen mir direkt ins Gesicht und blendeten mich. Für gewöhnlich wurden sie von meinen Vorhängen davon abgehalten. Außerdem war das auch gar nicht mein Bett, in dem ich lag. Bei genauerer Betrachtung schien es tatsächlich so, als ob es das Requisitenbett sei, welches Frankie für das Theaterstück geschreinert hatte. Was dann aber bedeutete...

Als hätte jemand ein Fenster ins Gestern aufgemacht, drang eine Flut von Erinnerungen auf mich ein. Bilder tauchten vor mir auf, von denen ich mir wünschte, dass sie nicht wahr sein mögen. Der Koch wie er mich küsste, ich wie ich ihn zu mir ins Bett zog, der Koch wie er seine Hand unter meinen Waffenrock und noch viel weiter ins Ungewisse schob... Jeder einzelne Handlungsablauf wurde mir wieder bewusst und egal, wie sehr ich darauf hoffte, endlich aufzuwachen und festzustellen, dass alles nur ein Traum war – mein Gedächtnis trügte mich nicht. Ich hatte gestern Nachmittag vor versammelter Mannschaft mein erstes Mal gehabt. Mit dem Koch, der die Gunst der Stunde auch noch ausgenutzt hatte, um einen armseligen, kleinen Anfänger wie mich flachzulegen. Das Schlimmste jedoch war, dass ich damit angefangen hatte, ohne überhaupt eine Ahnung davon zu haben, wie so etwas ging. Mit Sicherheit hatte ich mich bis aufs Blut blamiert.

Hinter mir regte sich etwas, weshalb ich mich alarmiert umdrehte. Der Koch hatte sich aufgerichtet und blickte mir nun direkt ins Gesicht, mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Entsetzen. Noch offensichtlicher konnte er es gar nicht machen, wie viel er von unserer gemeinsam verbrachten Nacht hielt. Doch auch mir wurde abwechselnd heiß und kalt bei dem Gedanken daran, dass wir die letzten zwölf Stunden dicht an dicht und vollkommen nackt nebeneinander gelegen hatten. Am liebsten hätte ich den Koch jetzt nämlich an mich gezogen, um ihn noch eine Weile genauso festzuhalten wie damals in der Pyramide. Und viel lieber wäre es mir auch gewesen, er hätte mich angelächelt, anstatt dieses bestürzte Gesicht zu machen. Auf der anderen Seite aber wurde ich mir schmerzhaft immer mehr dessen bewusst, dass er mich einfach benutzt hatte. So einer war er nun einmal, den die Gefühle seiner unzähligen Liebhaber nicht im Geringsten interessierten. Hauptsache, er kam auf seine Kosten.

Mit einem genervten Schnauben wandte ich den Blick ab und fischte meine Theaterklamotten vom Boden auf.

»Ich geh duschen.«

»Aber...!«

Ohne auf sein Lamentieren zu achten, dass er das doch gerade vorgehabt habe, erhob ich mich und wäre beinahe wieder hingefallen.

Scheiße, das brennt! Wie kann das denn jetzt auf einmal so wehtun?!

Ich holte scharf Luft, dann quälte ich mich möglichst eilig die Treppe hinunter, bevor mich noch einer so herumlaufen sah. Gestern noch war dieser Schmerz ein süßer gewesen und hatte sich einfach nur vollkommen und richtig angefühlt, egal wie ungewohnt er für mich auch gewesen sein mochte. Er war vom Koch ausgegangen, der mir wie in einem unbekannten Fieber näher gewesen war als je zuvor. Näher als ich mir je zu träumen gewagt hatte und doch so fern, dass ich nun kaum mehr sagen konnte, ob er mich währenddessen überhaupt angesehen hatte. Sicher war nur, dass wir die ganze Zeit über und auch danach kein Wort miteinander gesprochen hatten. Wir waren stumm wie zwei wilde Tiere übereinander hergefallen; ich, um meinen ganzen angestauten Frust loszuwerden, und er, weil es ihm wohl gerade gelegen gekommen war.

Ein dummer Esel bin ich und nichts weiter!, wies ich mich selbst zurecht, während ich unter die Dusche schlüpfte. Drei große Faktoren sprachen dafür, dass der Koch nun nie mehr wieder etwas mit mir zu tun haben wollen würde. Erstens: Das Ganze war von mir ausgegangen, obwohl ich noch nie zuvor etwas dergleichen getan hatte. Zweitens: Ich hatte seine sonst so perfekte Aufführung der Kussszene vermasselt. Und drittens: Mit so ziemlich jeglicher Sicherheit war ich grottenschlecht gewesen.

Trotzdem..., überlegte ich und schlich wie ein geschlagener Hund in mein Zimmer hinüber, Ich würde es wieder tun. Einfach nur, weil es der Koch ist.

Der Koch, dem ich gerade mal gut genug für einen One-Night-Stand war. Wie tief konnte ich eigentlich sinken?

Missmutig warf ich mich in mein Bett. Hier würde ich den ganzen Tag und vielleicht auch den Rest meines Lebens verbringen. Die Peinlichkeit, dem Koch noch einmal unter die Augen zu treten, wollte ich mir um jeden Preis ersparen. So wie die Dinge standen, wäre es vielleicht sogar besser, einfach zu sterben. Vermissen würde mich der Koch sowieso nicht und meine Ehre war bereits verloren. Was hielt mich denn noch auf dieser Welt? Welchen Sinn machte meine Existenz an sich noch?

Mit einem tiefen Seufzen drehte ich mich um und schob das lose Dielenbrett bei Seite, das sich neben meinem Bett befand. Darunter hervor zog ich das Püppchen, das mich so voller Liebe ansah, wie ich es mir Tag für Tag und Nacht für Nacht vom Koch wünschte. Ich hatte verspielt und dieses Wissen schmerzte mich mehr als alle Auswirkungen des gestrigen Tages zusammen.

»CHOPPER!!!«

Das Püppchen an die Brust gedrückt rollte ich mich unter der Decke zusammen und wartete darauf, dass mein Ruf erhört wurde. Zwar hatte ich keine Ahnung, was genau ich Chopper erzählen wollte, doch zumindest musste ich ihn in Kenntnis darüber setzen, dass es schlechter denn je um den Koch und mich stand. Mein einziger, wenn auch schwacher Trost dabei war die Vorstellung, wie dem bisher so friedlich vor sich hin feiernden Chopper die Champagnerflasche aus der Hand fiel.
 

Sanjis Part:

Nach einer ausgiebigen Dusche verzog ich mich in die Küche. Wenn es die Umstände verlangten, würde ich hier sogar übernachten. Nur, um dem Marimo aus dem Weg zu gehen.

Wieso? Wieso hat er mich zu sich in das Bett gezogen? Und warum ist er vorhin einfach abgehauen?

Die beiden Aktionen passten so gar nicht zusammen. Wenn er mich wollen würde, dann wäre er am nächsten Morgen niemals so schnell verschwunden. Aber wenn er mich wirklich abgrundtief hasste, hätte er andererseits gar nicht erst mit der ganzen Sache angefangen.

Himmel hilf! Ich werd einfach nicht schlau aus dem Kerl!

Es sei denn – und das sah dem Marimo kein Stück ähnlich – er hatte die Gelegenheit ausgenutzt, um es mal eben auszuprobieren. Doch, so musste es sein. Egal wie wenig ich ihm das zutrauen würde. Immerhin musste es ihm im Insgeheimen wahnsinnig zu schaffen gemacht haben, eine 21jährige Jungfrau zu sein. Und weil er genau wusste, dass ich schwul war und ein mieser Playboy obendrein, hatte er sich wohl gedacht, dass ich der richtige Testkandidat für ihn wäre. Unwissentlich hatte er dabei meine Schwäche für ihn ausgenutzt und mich auch noch in dem Glauben gelassen, dass das Ersehnte endlich geschehen wäre und er sich ernsthaft für mich interessierte.

Auf diese Weise war es mir unmöglich, in den Erinnerungen der vergangenen Nacht zu schwelgen. Nicht, dass ich ihm in irgendeiner Weise böse hätte sein können, aber hinzu kam ja noch, dass...

»Sanji? Bist du hier?«

Nami war in der Küchentür aufgetaucht.

»Ich hab gerade gar keine Zeit!«, rief ich und zog hektisch irgendeine Schüssel aus einem der Schränke, »Ich bin... am Kochen...! Ich...!«

»Mach mir doch nichts vor.«

Sie schloss die Tür hinter sich und kam zu mir herüber. Ihr Gesicht strahlte neben der üblichen Strenge etwas aus, das wohl Mitgefühl darstellen sollte.

»Zorro hat sich ins Bett gelegt und kommt nicht mehr aus seinem Zimmer«, informierte sie mich und plötzlich spürte ich ihre zögerliche Hand an meinem Unterarm, »War irgendwas? Ich dachte, ihr beide...«

»Ach!«

Starr vor Wut blickte ich die Wand an. War es etwa schon so weit? Dass Nami mich trösten musste? Noch vor zwei Monaten hätte das keiner von uns für möglich gehalten.

»Er hat mich doch bloß ausgenutzt«, murmelte ich, »Hat mich einfach alleine gelassen, ohne überhaupt ein Wort über das zu verlieren, was gestern war.«

»Ja, so sind Männer eben«, seufzte Nami und hier schien sie aus Erfahrung zu sprechen. Sie strich mir wieder mitfühlend über den Arm, dann meinte sie: »Aber vielleicht war das auch nur ein Missverständnis zwischen euch beiden.«

»Tss, ein Missverständnis!«

Ich gab freudlos grinsend ein Schnauben von mir.

»Wenn das ein Missverständnis war, fress ich meine Schuhe! Und ich bin ja auch selber Schuld!«

»Warum das denn?«

Mittlerweile mit der anderen Hand an meinem Rücken sah sie mich fragend an.

»Mann, weil ich...!«, es kostete mich einiges an Mühe, das über die Lippen zu bringen, so sehr quälten mich die Schuldgefühle, »Ich hab ihm sein erstes Mal versaut! So, jetzt weißt du's!«

Ich ließ Kopf und Schultern hängen und starrte trübsinnig die Arbeitsplatte an. Dass Nami mich daraufhin nur noch fester hielt, war ein Zug an ihr, den ich so gar nicht erwartet hätte. Recht war es mir gerade eben trotzdem. Man konnte doch nicht von mir erwarten, dass ich immer alles mit einem lässigen Grinsen wegsteckte.

»Bist du dir da sicher?«, fragte Nami, ihre sonst so laute Stimme leise und gefühlvoll.

»Natürlich bin ich mir sicher!«, schniefte ich, »Ich war doch viel zu grob, verdammt!«

Eine einzelne Träne lief meine Wange hinab. Es war schon Ewigkeiten her, seit ich das letzte Mal wegen einem Kerl geheult hatte. Wenn ich nicht aufpasste, würde ich mich gleich in Namis Armen in einen Wasserfall auflösen.

»Zu grob für Zorro?«

Sie klang ungläubig, doch ich schüttelte nur trübsinnig den Kopf.

»Darum geht es doch gar nicht«, flüsterte ich kaum hörbar, »So springt man einfach nicht mit demjenigen um, den man liebt.«

»Und wenn du dich bei ihm entschuldigst?«

»Ha, ha, lustig! Was soll ich denn sagen?! 'Sorry, dass ich dich zu hart rangenommen hab!' Das ist doch keine Entschuldigung!«

»Das meinte ich auch gar nicht«, erwiderte Nami, von meinem Gefühlsausbruch weitgehend unbeeindruckt, »Aber wenn du ihm sein Lieblingsessen kochst oder ihm einen Kuchen bäckst, wär doch alles wieder im Lot.«

»So, glaubst du?«

Ich sah sie herausfordernd an. Der Marimo war weder Ruffy noch Ace, die man mal eben mit etwas Essen beeindrucken konnte.

»Na, ein Versuch kann ja nicht schaden.«

Wo sie Recht hat, hat sie Recht.

Ich seufzte auf. Im Moment hätte ich jeden Ratschlag angenommen, der auch nur halbwegs vernünftig klang.

»Dann sollte ich das mal versuchen, was?«

»Besser ist das«, sagte Nami und strich mir noch einmal aufmunternd über den Rücken, bevor sie mich losließ, »Dann merkt er vielleicht, dass er dir nicht ganz egal ist.«

»Ist er mir auch kein Stück!«

»Ich weiß doch, Sanji, ich weiß...«

Sie ging lächelnd zur Tür hinüber. Dann, bevor sie verschwand, rief sie mir noch ein aufmunterndes »Viel Glück!« zu.

Ein Kuchen für den Marimo!

Ich stand mit hochrotem Kopf da und hatte jetzt erst festgestellt, worauf ich mich da eingelassen hatte. Sein Lieblingsessen war schnell und ohne Umstände zubereitet; das fiel noch nicht einmal wirklich auf. Aber ein ganzer Kuchen...!

Ein wenig von der Rolle wuselte ich in der Küche herum. Zumindest hatte ich nun eine Beschäftigung, bei der ich den anderen nicht großartig über den Weg laufen würde.
 

Als ich acht hungrigen Mäulern am Oberdeck das Mittagessen servierte, fiel mir sofort auf, wer fehlte.

»Wo ist denn der Marimo schon wieder?«, fragte ich und versuchte dabei so beiläufig wie nur möglich zu klingen. Was schwer war, immerhin konnte ich an gar nichts anderes mehr denken, als an ihn.

»Er liegt in seinem Bett«, piepste Chopper, ohne in meine Richtung zu sehen, »Und sagt, er kommt heute den ganzen Tag nicht mehr aus seinem Zimmer.«

»Wie bitte!?«

Ich knallte mit Schwung etwas Reis auf einen der Teller. Jetzt hatte der Idiot es tatsächlich geschafft, mich rasend zu machen.

»Da koch ich extra sein...! ...mein...! Da koch ich extra...! Ich meine: Da koch ich! Und er ist sich zu fein dafür, um überhaupt auf der Bildfläche zu erscheinen!«

Alle starrten mich an, wie ich zornig einen Berg Gemüse neben den Reis stapelte.

»Fangt meinetwegen schon mal an!«, fauchte ich und rauschte mit dem Teller in der Hand von dannen, »Dieser sture Mooskopf isst auf jeden Fall was! Und wenn ich ihn füttern muss!«

Ich stapfte geladen die Stufen auf das Mitteldeck hinunter, dann zog ich die Tür auf und polterte den Gang entlang.

»MARIMO!!!«

Schnaubend wie ein wilder Stier stürmte ich sein Zimmer. Er lag in seinem Bett und hatte mir den Rücken zugewandt.

»Hier!«, brüllte ich und pfefferte den Teller auf den Tisch in der rechten Ecke, »Friss das!!!«

»Nö. Keinen Hunger.«

»Mir egal! Wenn ich später das Geschirr abholen komme, hast du das aufgegessen!«

»Nein.«

»Ja!«

»Nein!«

»JA!«

»Koch, du NERVST!!!«, er setzte sich mit blitzenden Augen auf, »Ich ess das nicht!!! Und jetzt hau ab!!!«

»Ich denk ja gar nicht dran! Ich bleib hier stehen, bis du das isst!«

Ich verschränkte stur die Arme vor der Brust und funkelte zurück.

»So schon gleich dreimal nicht!«, schrie der Marimo mich an, »Lieber werf ich's aus dem Fenster!«

»Untersteh dich!«

Einen Moment sah ich ihn noch mit vorgeschobenem Unterkiefer an, dann besann ich mich eines Besseren.

»Tu doch, was du willst!«, ich drehte mich mit gespielter Gleichgültigkeit um, »Derjenige, der hungern muss, bin ja nicht ich!«

»Pah!«

Unter seinem abwertenden Blick verließ ich das Zimmer wieder.

Draußen angekommen wich von einem Moment zum nächsten all die heiße Luft aus mir, die meine Wut angefacht hatte. Mit gesenktem Blick und den Händen in den Hosentaschen trottete ich zurück zu den anderen. Anscheinend war es wirklich schwierig für mich, dem Marimo in normalem Tonfall zu begegnen. Ich hatte so zuvorkommend und fürsorglich sein wollen, indem ich ihm sein Lieblingsessen kochte, doch selbst das brachte ich nicht ordentlich zustande. Immer musste ich ihn anschreien.

Ist vielleicht besser, dass wir nicht zusammen sind. Wir könnten ja gar keine anständige Konversation führen.

Die neuerlich in mir aufkeimenden Depressionen niederkämpfend erklomm ich das Oberdeck. Überlegte es mir jedoch sofort anders, als mir fröhliches Johlen entgegenschlug.

»Vergesst nicht, den Tisch abzuräumen«, murmelte ich halblaut und eigentlich nur an Robin gewandt, »Ich geh mir das Essen von gestern aufwärmen.«

»Welches Essen von gestern?«

Fragend sah sie mir nach, doch ich war bereits auf dem Weg in die Küche. Natürlich gab es kein Essen von gestern, das ich mir aufwärmen konnte. Bei uns blieb nie etwas übrig. Aber es würde mir doch wenigstens einmal in drei Jahren gestattet sein, mich für eine Weile zurückzuziehen. Einfach nur, weil mir danach war. Außerdem, so wurde mir bewusst, war ein Kuchen nun tatsächlich meine letzte Rettung, um mich für meine Taten beim Marimo zu entschuldigen.

Wenn er mir doch nicht so viel bedeuten würde. Dann könnte ich versuchen, ihn einfach zu vergessen.

Aber das war mir unmöglich. Selbst, wenn ich den Rest meines Lebens damit verbringen würde, ihn aus sicherer Distanz heraus anzustarren – nach allem, was bereits passiert war, konnte ich ihn einfach nicht aufgeben.

Ein Kuchen...

Wenn ich den Marimo ansah, musste ich immer an Schokolade denken. Schokolade mit Pfefferminze. Was lag also näher, als aus viel Kakao und Butter einen saftigen Schokoladenkuchen zu backen? Obenauf mit zartgrüner Minzsahne und tiefbraunen Schokoladenblättern. Zwar hätte ich zum Garnieren gerne echte Minzblätter benutzt, doch nach so langer Zeit auf See suchte ich meine Küche vergebens nach diesen ab. Vielleicht sollte ich einen Pfefferminzstrauch meinem kleinen Küchenkräutergarten unter dem Fenster beifügen.

Als ich fertig war, glich der Kuchen beinahe einem Kunstwerk. Er war elegant, nicht zu überladen und bestach in seinem schlichten Farbspiel von dunklem Braun, erfrischendem Grün und purem Weiß. Ohne zu übertreiben, hätte ich sagen können, dass es sich hier zweifellos um das großartigste Meisterwerk meiner gesamten Karriere als Schiffskoch handelte.

Mit einem verträumten Lächeln hob ich den Kuchen von der Arbeitsplatte herunter, dann machte ich mich damit auf den Weg nach unten zu den Zimmern. Dass mir mindestens vier sabbernde Banausen hinterhergafften, blendete ich beinahe komplett aus. Ich erreichte das richtige Zimmer und holte noch einmal tief Luft. Was ich jetzt nicht tun durfte, war einerseits wieder ausrasten, andererseits einen Rückzieher machen und den Kuchen einfach vor die Tür stellen.

»Marimo?«

Ich klopfte vorsichtig an. Als sich nichts rührte, trat ich leise ein. Er schlief tief und fest, wie von ihm nicht anders zu erwarten. Auf dem Tisch in der Ecke jedoch stand ein leerer Teller.

Er hat tatsächlich aufgegessen.

Ein kleines, aufgeregtes Glücksgefühl durchzuckte mich. Es schien ihm doch noch nicht alles egal zu sein. Weshalb ich nun zufrieden die Teller austauschte. Danach wollte ich eigentlich wieder gehen, konnte mich jedoch nicht von dem Anblick loseisen, den mir der auf der Seite zusammengerollte Marimo bot. Wie üblich hatte er der Tür den Rücken zugewandt und klammerte sich auf für ihn gänzlich untypische Weise an seiner Bettdecke fest. Langsam näherte ich mich dem Bett. Schließlich beugte ich mich über ihn und strich mit der freien Hand über sein grünes Haar, die Schläfe und die Wange. Er sah so wunderschön und friedlich aus, wie er dalag und schlief. So wunderschön, dass mich mein Verlangen nach ihm ohne Vorwarnung übermannte.

»Ich liebe dich so sehr«, flüsterte ich nahe an seinem Ohr, »Und ich hoffe, dass du das eines Tages zu schätzen weißt.«

Damit küsste ich ihn kaum spürbar auf die Wange. Vielleicht erreichte ich ihn auf diese Weise wenigstens in seinen Träumen.

»Schlaf schön.«

So leise ich konnte, zog ich mich aus seinem Zimmer zurück. Dass dies nicht das letzte Mal sein sollte, dass ich ihn an seinem Bett besuchte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
 

Ace' Part:

Früh am nächsten Morgen erreichten wir Rococo. Die ganze Insel war eine einzige, bunt verzierte, wenn auch sehr ländliche Stadt, in der ein reges Treiben wie in einem Ameisenhaufen herrschte. Vor knapp zwei Jahren war ich bereits schon einmal hier gewesen, auf dieser Insel, die den Kulturmittelpunkt der Grand Line markierte. Seitdem hatte sie noch einiges an Prunk und Glanz hinzugewonnen. Möglich, dass dies aber nur an dem bevorstehenden Theaterfestival lag.

Kurz nach unserer Ankunft hatten wir uns auch schon aufgeteilt, um die Stadt unsicher zu machen. Nami und Robin waren unterwegs, um unsere Theatergruppe beim Bürgermeister höchstpersönlich anzumelden, danach wollten sie noch Klamotten einkaufen gehen. Mit ihnen zog es Sanji und auch Frankie, der eher dazu genötigt wurde. Brook indessen wurde damit beauftragt, das Schiff nicht aus den Augen zu lassen, und wir anderen machten uns auf den Weg, ein Restaurant oder Ähnliches zu finden. Auf einem großen, übersichtlichen Platz wurden wir auch schnell fündig, doch weil Chopper und Lysop erst noch wichtige Besorgungen in der Apotheke nebenan machen wollten, betraten Ruffy, Zorro und ich das Lokal zunächst alleine.

Im Gegensatz zu dem teils musizierenden, teils verrückt kostümierten Trubel, der alle Straßen der Stadt durchzog, war es hier drinnen vergleichsmäßig leise. Leicht gedämpfte Stimmen unterhielten sich über den neusten Tratsch der Gegend und kaum einer beachtete uns, wie wir uns direkt an der Theke niederließen. Ich bestellte bei der atemberaubend blonden Bedienung eine Portion Nudeln und erlaubte mir über die Speisekarte hinweg einen Blick in ihren Ausschnitt. Es mochte zwar stimmen, dass ich Vivi heiraten würde, aber solange ich sie nicht mit einer anderen betrog, hielt ich das für in Ordnung. Immerhin war ich ein Mann und ein Pirat obendrein. Vivi konnte nicht ernsthaft davon ausgehen, dass ich in ihrer Abwesenheit keusch war wie ein Klosterbruder.

Gemeinsam mit meinem Essen tauchten Lysop und Chopper wieder auf. Während Ruffy links von mir bereits sein viertes Kuchenstück verdrückte und Zorro an einem der Tische eingepennt war, beschlagnahmten sie die Plätze auf meiner rechten Seite.

»Oh, cool, was ist das denn?«, fragte Lysop mit einem Blick auf meinen Teller, »Sieht lecker aus.«

»Spaghetti-irgendwas«, antwortete ich.

»Kann ich mal probieren?«

»Klar. Warte...«

Ich drehte einige der Nudeln auf meine Gabel. Kaum hatte ich diese Lysop jedoch in den Mund gesteckt, lachte Ruffy lauthals los.

»Meine Güte, jetzt füttern sie sich sogar schon!«, gackerte er, »Mann, ist das schwul!«

»Ohh...!«

Ich schaffte es beinahe, dass meine Stimme sich überschlug, während ich zu einer normalen Reaktion nicht fähig die Hände zu Fäusten ballte. Lysop glotzte nur blöde drein, immer noch die Gabel im Mund, und Ruffy grinste breit.

»Hier«, mürrisch schob ich Lysop den Teller hin, »Kannst du haben. Ich hab keinen Hunger mehr.«

»Willst du ihn nicht noch weiterfüttern?«, fragte Ruffy scheinheilig.

»Lass mich in Ruhe, Ruffy, und unterhalt dich lieber mit dem da drüben!«

Ich deutete auf einen schlaksigen, seltsam stillen Mann, der sich in eine Ecke des Lokals zurückgezogen hatte.

»Okay.«

Wie durch ein Wunder hörte er auf mich und stand auf, um den bedauernswerten Kerl vollzulabern. Kaum hatte er sich neben ihm niedergelassen, brüllte er auch schon: »Boah! Wie machst du das?!«

Offensichtlich mit telekinetischen Fähigkeiten hatte der Typ Knoten in seinen Löffel gebogen. Na, vielleicht lenkte er Ruffy ausreichend ab, so dass ich mir neues Essen bestellen konnte.

Und wie er ihn ablenkte.

»Sag du noch einmal, dass mein Hut gammelig aussieht!!!«

Ich seufzte auf. Das klang ganz und gar nicht nach dem friedvollen Aufenthalt, den wir Nami versprochen hatten...
 

Sanjis Part:

Gemächlich schlenderten Nami und ich den Hafen entlang. Beide hatten wir uns mit neuen Klamotten eingedeckt und warteten jetzt nur noch darauf, dass Robin und Frankie auf der Bildfläche erschienen.

»Ich meine«, redete Nami gerade auf mich ein, »Du kannst nicht erwarten, dass sich so etwas von heute auf morgen im Sand verläuft. Natürlich wird er erst einmal nicht mehr mit dir reden. Hat ja auch allen Grund dazu, immerhin hat er dich... oh.«

Wir blieben stehen und starrten das an, was da auf uns zukam.

»Fünf!«, schnaubte Robin entnervt und hielt uns die ausgestreckten Finger einer Hand entgegen, »In fünf Geschäften waren wir! Und alles, was wir haben, sind drei Hosen!«

»Muss ich das wirklich anziehen?!«, jammerte Frankie, der hinter ihr herstapfte und ziemlich unglücklich über die Badeshorts schien, die er trug.

»Ja, du lässt sie an!«, blaffte Robin.

»Aber Robin...! Die ist so unbequem! Die zieh ich aus!«

»Nichts da!«

Aufgrund von Robins Teufelskraft tat sich Frankie wirklich schwer damit, die Badehose loswerden zu wollen.

Dass Robin so mit jemandem schimpft, hat auch noch keiner geschafft. Sollte man sich eigentlich in den Kalender schreiben.

Mit einem verhaltenen Grinsen wandte ich mich um.

»Wenn ihr euch dann mal entschieden habt, was Frankie anziehen soll«, sagte ich, »Könnten wir uns allmählich zum Treffpunkt bequemen. Wir sind eh schon spät dran.«

»Stimmt«, meinte Nami mit einem verlegenen Lächeln, »Kommt ihr?«

»Ja, Mann, gleich...!«, begann Frankie, doch Robin zerrte ihn einfach wie einen Hund an der Leine mit sich. Man sollte meinen, sie hätte sich nach all der Zeit, die sie schon mit ihm zusammen war, ein wenig mehr an seinen ungewöhnlichen Kleidungsstil gewöhnt. Nun, immerhin wussten wir nun, dass eine gestresste Robin ziemlich ungenießbar werden konnte.

Nach einem fünfminütigen Fußmarsch voller Gezeter und Gemurre erreichten wir schließlich unser Schiff, das gemütlich im Hafen vor sich hindümpelte. Entgegen unserer Befürchtungen waren jedoch nicht wir diejenigen, die sich verspäteten.

»Meint ihr, sie sind schon reingegangen?«, fragte Nami und versuchte durch eines der Bullaugen etwas zu erspähen.

»Würde man das bei den Chaoten nicht hören?«, erwiderte ich und lud sämtliche Taschen auf dem Boden ab. Nur weil ich schwul war, bedeutete das noch lange nicht, dass ich einer Dame nicht hilfsbereit unter die Arme greifen und ihre Einkäufe tragen konnte.

»Auch wieder wahr«, gab Nami daraufhin zu, »Aber vielleicht sollten wir schon mal reingehen. Wenn die wiederkommen, haben die sicherlich Hunger, Sanji.«

»Nachdem sie sich in irgendeinem Lokal die Bäuche vollgeschlagen haben?«

Ich hob eine Augenbraue.

»Du kennst doch Ruffy...«

Auch wieder wahr.

»Wie du meinst«, seufzte ich, »Bestimmt hat sich der Marimo sowieso nur wieder verlaufen und die anderen müssen ihn suchen. Lasst uns lieber...«

»Sagt mal«, unterbach mich Frankie, der den Blick auf einen Punkt am anderen Ende der Straße geheftet hatte, »Sind sie das nicht?«

Er deutete auf eine Gruppe Leute, die irgendwie ein wenig zu hektisch angelaufen kam, um nur ein Wettrennen oder dergleichen zu veranstalten.

»Es muss etwas passiert sein«, stellte Robin in sachlichem Ton fest.

»Ruffy!«

Nami schlug sich eine Hand vor den Mund, dies aber ganz umsonst. Denn auch nur einen Augenblick später hörte man Ruffy aus voller Lunge krakeelen.

»Aus dem Weg! Aus dem Weg!«

»Er geht sonst noch drauf!«, quietschte auch Chopper, dem Sturzbäche über das Gesicht rannen.

»Lysop?«, fragte Nami, schon nicht mehr ganz so besorgt.

»Jetzt glaubt mir doch endlich!«, ertönte eben dessen empörte Stimme, »Nachdem er euch alle fertig gemacht hatte, hab ich ihn einfach so besiegt, ohne wirklich etwas zu tun!«

»Spar dir deine Märchen!«, schnauzte Ace zurück, der gemeinsam mit Ruffy die verletzte Person in ihrer Mitte trug, »Das ist jetzt wohl kaum der richtige Zeitpunkt!«

»Aber wenn es doch stimmt...!«

Moment mal! Wenn es außer Ruffy und Chopper weder Lysop noch Ace ist, dann...

Sie waren schnell in direkte Sichtweite gelangt und die grausame Wahrheit traf mich mit solcher Wucht, dass ich von all meinen Kräften verlassen auf dem Boden zusammengesackt wäre, wenn mich nicht im nächsten Moment die Verzweiflung gepackt hätte. In meiner Brust zog sich etwas schmerzhaft zusammen, als ich ebenfalls zu laufen begann. Warum war ich nicht an seiner Seite gewesen, um zu verhindern, was geschehen war? Warum ausgerechnet er?

»ZORRO!!!«

Mit einem Tränenschleier vor den Augen rannte ich auf ihn zu. Über mir brach all das herein, was ich nie zu ihm gesagt hatte, was ich ihn aber so gerne noch hätte wissen lassen. Vergessen waren mit einem Schlag all die kleinen, schon längst vergangenen Lappalien; von einer Sekunde zur nächsten zählte nur noch die in scharlachrotes Licht getauchte Gegenwart. Blut. Überall dieses helle, verdammt viele Blut. Jeder der klaffenden Schnitte, die in seinen Körper eingraviert waren, war ein Schnitt in mein Herz. Immer waren wir füreinander dagewesen, wenn es hart auf hart kam. Immer. Nur dieses eine Mal hatte ich ihn im Stich gelassen. Es war meine Schuld.

Wütend ob meiner Machtlosigkeit biss ich die Zähne aufeinander, als ich bei ihm ankam, und versuchte die Tränen fortzuwischen, die meine Wangen hinabliefen. Ich musste den kleinen Lichtschimmer, der sich tief in meinem Inneren versteckte, jetzt um jeden Preis festhalten. Es war noch nicht alles verloren; Zorro hatte schon Schlimmeres hinter sich und Chopper würde das wie jedes Mal wieder hinkriegen.

Zumindest hoffte ich das.

Sollten sich jedoch all meine Befürchtungen bewahrheiten, dann würde ich noch nicht einmal mehr jemanden haben, mit dem ich mich streiten konnte. Denn dann, so wusste ich, war alles vorbei und verloren.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Zuerst hab ich das Nachwort voll vergessen... Mann, Mann... XD
Ich hoffe, man verzeiht mir dieses gemeine Ende. Aber ich bin ja schon fleißig am Weiterschreiben... Bald werden wir wissen, wie es wirklich um Zorro steht... Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  TK-Rabe
2014-03-16T07:03:20+00:00 16.03.2014 08:03
Was hat er da denn wieder geschafft...
Antwort von: abgemeldet
16.03.2014 11:20
Lies weiter, dann weißt du's. ;)
Von: abgemeldet
2013-06-29T19:01:53+00:00 29.06.2013 21:01
Mann... *kopfschüttel* ^^ ich hab jetzt schon die ganze zeit einen Song (ach ich weiß einfach nich wie er heißt^.^) im Ohr xD
~I will wait, I will wait, for you~ *sing* schon seit 3 oda 4 chaps! :DD
Na ja..*heul* was is passiert?? omg! Der arme Zorro! Und Sanji redet sich auch noch ein, dass er daran schuld is! :oo
Ich will meeehrr *agro werd* also ich les dene weiter! XD ^__^
Antwort von: abgemeldet
01.07.2013 09:40
Hmm... ich kenn das Lied auch nicht. Egal XD ich hör immer Musik beim Schreiben... ob das beeinflusst?
Von:  anyadulacre
2013-03-26T20:12:27+00:00 26.03.2013 21:12
Spannend, spannend:) Bei der anderen Sache schließ ich mich ganz meinem Vorredner an XD Mal schauen wies so weitergeht. Tolles Kapi *dich lob*
vg Anya-chan
Antwort von: abgemeldet
28.03.2013 18:25
Danke für das Lob <3 ;)

lg, Simon
Von:  shikakid
2013-03-20T19:35:23+00:00 20.03.2013 20:35
Unglaublich das die zwei Sturköpfe immer wieder Gründe finden um sich einzureden, dass der jeweils andere nichts von ihm will! Das mit Zorro ist echt heftig.
Antwort von: abgemeldet
21.03.2013 08:35
Jup, das nenn ich mal stur ;) Und sobald ich das nächste Kapitel hochgeladen hab, werdet ihr auch wissen, was genau es mit dem Kampf auf sich hatte und warum gerade Zorro verletzt ist.


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