Eine Hochzeit, die ist lustig - Eine Hochzeit, die ist stressig
Er gab sich alle Mühe, um sich zu beherrschen. Er versuchte es wirklich, doch das Bild, das sich ihm bot, machte es ihm wirklich schwer. Er biss sich auf die Lippe und ballte seine Hände zu Fäusten, während er die Augen schloss und langsam bis zehn zählte. Doch anstatt sich zu beruhigen, stieg diese unbändige Wut weiter in ihm auf.
Er öffnete die Augen wieder, doch das Bild war noch immer das Gleiche und diese Wut war noch immer da.
„URI.“
Ein Fauchen bekam er als Antwort, bevor ein Fellbündel blitzschnell durch die Beine huschte. Er drehte sich um und jagte der jungen Katze hinterher, die jenem Moment auf das Fensterbrett sprang und dabei zu Vase zu Boden warf. Ein letztes Fauchen warf sie ihrem Herren noch entgegen und verschwand durch das Fenster nach draußen.
Er versuchte noch nach ihr zu greifen, doch vergebens. Alles was er zu fassen bekam, war Luft, während seine Socken sich mit dem Wasser aus der Vase vollsogen.
„Du dummes Mistvieh.“
Fluchend schloss Hayato das Fenster. Sollte doch das Fellbündel zusehen, wie es wieder reinkam. Ihm war es egal, zumal er erst spät am Abend wiederkommen würde.
Weiterhin fluchend betrachtete der Silberhaarige das hinterlassene Werk von Uri. Nicht mal duschen konnte er gehen, ohne dass das kleine Biest irgendeinen Unsinn anstellte. Sein Festanzug war ruiniert. Da hatte das Fellknäul ganze Arbeit geleistet, als es seine Krallen in den Stoff vergraben hatte. Die Löcher waren nicht zu übersehen und die losen Fäden schon mal gar nicht. So konnte er definitiv nicht zur Feier gehen. Er würde sich nur blamieren und seinen Boss gleich noch dazu.
Seufzend ließ Hayato sich auf seinem Bett nieder und ging im Kopf die Möglichkeiten durch.
Es war ja nicht so, dass der Anzug sein Einziger war. Natürlich hatte der Mafioso schon noch andere, doch waren diese durch gewisse Umstände in der Reinigung gelandet. Murrend dachte er an die vergangenen Tage zurück.
Montag – es war ein regnerischer Tag gewesen, doch dies hatte so manchen PKW- und LKW-Fahrer nicht davon abgehalten langsamer oder vorsichtiger zu fahren. Als Fußgänger war man dementsprechend schlecht dran, besonders wenn man an einer schlammigen Pfütze vorbeilaufen musste. Es kam, wie es kommen musste und am Ende des Tages konnte sein Anzug es locker mit den Hemden von Lambo aufnehmen, so fleckig wie dieser war.
Dienstag – es war der Tag der Idioten gewesen. Seit ein paar Jahren war sein Boss nun schon das Familienoberhaupt, doch innerhalb der Familie hatte dies eben noch nicht jeder kapiert. Folglich hielt es keinen dieser Schwachköpfe davon ab, blöde Sprüche zu klopfen. Was folgte, war eine handfeste Prügelei, aus der Hayato als Sieger mit Nasenbluten, aufgerissenen Hosen und losen Anzugärmel hervorgegangen war.
Mittwoch – es war ein horrormäßiger Tag. Was hatte ihn nur dazu geritten mit den Frauen einkaufen zu gehen? Ach ja, es war die Bitte des Bosses gewesen, der sich nicht alleine von drei Frauen durch Geschäfte schleifen lassen wollte. Noch ehe man sich versehen konnte, waren seine Kameraden plötzlich verschwunden gewesen, so dass nur der Boss und er selbst alleine zurückgeblieben waren. Schöner Mist. So mussten sie sich fünf Stunden lang mit durch die Geschäfte schlagen und darauf warten, dass die Frauen endlich das fanden, was sie suchten. Voll beladen hatte man seinem Boss und ihm eine Pause in einem Café gewährt. Das wäre eigentlich der beste Teil an dem Tag gewesen, wenn die Kellnerin ihr Handwerk beherrschen würde und den Kaffee nicht über ihn geschüttet hätte.
Donnerstag – ein arbeitsfreier Tag. Ein Tag zum Ausschlafen eigentlich. Jedenfalls wenn man nicht früh um 6.00 Uhr aus dem Bett geklingelt wurde. Gereizt und müde schleppte der Bombenschütze sich zur Türe, wo ihn ein gehetzter Ryohei lautstark begrüßte. Der Grund seines Kommens war das Problem welches er auch hatte – der Boxer hatte keinen Anzug mehr. Sein Koffer, in denen sich alle Anzüge befanden, die Ryohei im Moment besaß, war auf dem Rückflug von Amerika verloren gegangen. Nun klapperte er alle Kameraden ab, die noch einen Anzug zum Ausleihen hatte. Doch auch dies brachte so seine Probleme mit. Takeshi war nicht da, Hibari hatte die Türe gleich wieder zu gemacht und Tsuna war einfach zu klein.
Also blieb nur noch er übrig und musste dem Mann aushelfen. Zwar war sein Anzug auch ein wenig zu klein, doch noch lange nicht so klein wie der seines Bosses. Letztendlich hieß es „besser als gar nichts“ und Ryohei war dann auch im Eiltempo wieder verschwunden. Doch an Schlaf war nicht mehr zu denken.
Freitag – es war ein nasser Tag. Er war gerade mit Lambo unterwegs gewesen, als es knallte der Teenager in einer rosaroten Wolke verschwand. Schön blöd, dass dies ausgerechnet auf einer Brücke passieren musste und der kleine Lambo auf dem Geländer der Brücke landete. Noch bevor er bei dem Jungen sein konnte, war dieser schon kopfüber in den Fluss gefallen. Wild paddelnd und panisch schreiend tauchte der kleine schwarze Schopf wieder auf. Ohne weiter nachzudenken war er ebenfalls in den Fluss gesprungen und hatte den Kleineren gerettet – doch sein Anzug war dahin.
Samstag – es war der Hochzeitstag. Die Hochzeit von Tsuna und Kyoko und er war Trauzeuge des jungen Vongola-Bosses. Doch er hatte ein Problem – seinen letzten Anzug hatte Uri gerade zerlegt. Nun hieß es handeln.
Er griff nach dem Handy auf seinem Nachttisch und wählte. Jedoch standen die Chancen ziemlich schlecht für ihn. Ryohei ging nicht dran, Hibari legte gleich wieder auf, sowohl Spanner als auch Shoichi hatten jeder wirklich nur einen Anzug und Dino war bereits unterwegs. Entnervt wählte der Silberhaarige die letzte noch bleibende Nummer der Person an, die er um Hilfe bitten würde.
Fast erleichtert atmete er auf, als am anderen Ende abgenommen wurde.
„Takeshi, ich brauche deine Hilfe.“
Ein Lachen erklang.
„Die scheinst du wirklich zu brauchen, wenn du mich schon beim Vornamen nennst, Hayato.“
Zweifelnd betrachtete sich Hayato im Spiegel und zog die Augenbrauen hoch. Dafür, dass dies eine Notlösung war, konnte man mit dem Ergebnis recht zufrieden sein. Doch er war nun mal ein Perfektionist und daran würde sich nicht mal in hundert Jahren was ändern.
„Warum zum Teufel musst du so lange Beine haben, du Baseballhirn?“
Ratlos zuckte Takeshi mit den Schultern und lächelte ihn an. Eine Tatsache die sich auch bei ihm niemals ändern würde. Wenn man es genau betrachtete, war jeder von Tsunas Wächtern der einen oder anderen Eigenart treu geblieben.
Er selbst war ein Perfektionist und an erster Stelle kam noch immer sein Boss für ihn. Takeshi lächelte immer noch dämlich durch die Gegend. Bei Ryohei endet kaum ein Satz ohne sein persönliches Lieblingswort an dessen Ende und dies auch noch immer in einer besonderen Lautstärke. Hibari vermöbelte noch immer fast alles, was ihm zu nahe kam, wobei man bemerken musste, dass er sich schon zurückhielt. Lambo war nach wie vor eine Heulboje. Und dann war da noch Mukuro, der noch immer die Mafia zerstören wollte. Jedoch hatte er damit bisher sehr wenig Erfolg gehabt. Vielleicht lag es ja daran, dass Tsuna inzwischen der Boss war, denn seine Aktion waren in den letzten Jahren weniger geworden und er ließ sich auch des Öfteren mal bei dem Braunhaarigen und den anderen Wächtern (bis auf Hibari) blicken.
Mit einem grimmigen Gesicht dachte Hayato an die letzte Begegnung vor zwei Monaten zurück. Der Typ trieb ihn irgendwann noch in den Wahnsinn. Wie hielt sein Boss das bloß aus?
Doch dies war im Moment nicht sein Hauptproblem.
Mit finsterer Miene sah der Mafioso an sich herab und strafte dann Takeshi mit einem zornigen Blick, der sich davon jedoch nicht einschüchtern ließ.
„Besser als nichts. Das wird schon gehen.“
Hayato knurrte.
„Ja bis ich auf die Fresse fliege, weil ich über die langen Hosenbeine stolpere.“
Damit hatte er nicht einmal so Unrecht. Die Hosenbeine reichten ihm weit über die Füße. Da brauchte man kein Hellseher zu sein, um den Sturz vorauszusehen.
„Dann kremple die Hosenbeine doch hoch.“
„Du Baseballhirni, wie sieht das denn aus? Hast du schon mal jemanden im Anzug mit hochgekrempelten Hosenbeinen gesehen?“
„Auch wieder wahr.“
Entnervt rieb sich Hayato über die Stirn. Es war doch ein riesengroßer Mist, der hier ablief. Wenn er Ryohei über den Weg lief, würde er den einen Kopf kürzer machen. Schließlich hatte der noch den passenden Anzug des anderen.
Auch Takeshi runzelte nachdenklich die Stirn und schien tatsächlich eine Idee zu haben. Jedenfalls machte der Baseballliebhaber ein glückliches Gesicht und verschwand aus dem Zimmer.
Verwundert sah Hayato ihm hinterher.
Ein lautes Krachen kam aus dem Zimmer nebenan und der Silberhaarige wollte gerade zu Takeshi laufen, als dieser glücklich strahlend in der Tür erschien.
„Hier ist die Lösung für alle Probleme.“
Stolz hielt er seinem Gegenüber eine kleine Schachtel hin, wofür dieser einen sehr zweifelnden Blick seitens Hayato erhielt. Tatsächlich fragte sich der Bombenschütze, was Takeshi auf den Kopf gefallen sein mag und ob es an der Zeit war sich ernsthafte Sorgen zu machen.
„Stell dich mal auf den Stuhl.“
„Äh?“
Das war alles, was er als wenig geistreiche Antwort hervorbrache, kam dann jedoch zögernd der Aufforderung nach.
Sein Blick wanderte nun wieder zu Takeshi, der nun näher zu ihm trat und die kleine Schachtel öffnete. Zum Vorschein kamen kleine Nadeln.
Hayatos Augenbrauen wanderten weiter nach oben, sofern es noch möglich war, während er sehr skeptisch das Handeln verfolgte.
Sein Gegenüber griff nach den Hosenbeinen und begann sie nach innen hochzuschlagen.
„Das müsste reichen.“
Geschickt fischte Takeshi sich eine der Nadel aus der Schachtel und begann den Stoff festzustecken.
Nun verstand auch Hayato, was der Regenwächter vorhatte und musste zugeben, dass dies nicht mal eine schlechte Idee war.
Nach ein paar Minuten war Takeshi fertig und der Silberhaarige betrachtete sich zufrieden im Spiegel. So konnte er sich auf der Hochzeit blicken lassen.
Mit einem zufriedenen Ausdruck drehte er sich zu Takeshi um.
„Danke. Dann steh ich wohl in deiner Schuld.“
Doch der lachte darüber nur und hielt ihm eine Krawatte hin.
„Die kannst du gleich wieder wettmachen.“
Wieder einmal schnellten Hayatos Augenbrauen in die Höhe und er betrachtete den Schwarzhaarigen mit einem fragenden Blick.
„Wie lange trägst du jetzt schon eine Krawatte? Müsstest du es nicht inzwischen selber können?“
„Och ich kann schon, doch ich mach es nicht gerne.“
Hayato seufzte auf und griff nach der Krawatte.
„Du änderst dich wohl nie.“
Suchend streifte der Sturmwächter durch die Menschenmenge, die sich bereits versammelt hatte und hielt nach seinem Boss Ausschau. Vereinzelt grüßte er einige Bekannte und Freunde und um gewisse Personen machte er einen gewaltigen Bogen. Vor allem den Verrückten der Varia versuchte der Mafioso zu entgehen.
Wenn Hayato und die Varia aufeinandertrafen, lief dies meist nicht gerade glimpflich ab, besonders wenn es Bel war, mit dem er aneinander geriet.
Seit dem Ringkampf bestand da eine gewisse Spannung zwischen ihnen, die jedes Mal kurz davor stand zu kippen. Sie würden niemals gut miteinander auskommen und sich eher an die Gurgel gehen.
Hayato konnte den durchgedrehten Prinzen einfach nicht leiden. Für ihn war der Blonde ein Fall für die nächste Klapse. Allein dieses komische Gekicher konnte einen wahnsinnig machen. Doch Mukuro stand dem in nichts nach.
Er schüttelte den Kopf. Alles nur Bekloppte.
Endlich hatte er Tsuna gefunden und zu seinem Glück stand neben ihm kein Geringerer als Ryohei. Der konnte jetzt was erleben. Nicht nur, dass er seinen Anzug noch hatte, wagte der Boxer es doch tatsächlich in diesem hier aufzutauchen. Das war ja wohl die Höhe.
Mit finsteren Blick schnappte sich Hayato Ryoheis Handgelenk und zerrte ihn mit sich mit.
„Mitkommen.“
Weder der Himmelswächter noch Angeknurrter wagten es ihm zu widersprechen, denn sie kannte den Sturmwächter lange genug, um zu wissen, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen war, wenn er solch einen Ton anschlug. So blieb dem Mann nichts anders übrig als Hayato brav zu folgen, während Tsuna ihnen einen fragenden Blick hinterher warf, als sie in der Männertoilette verschwanden.
Hatte er irgendetwas verpasst?
Hayato ließ Ryoheis Handgelenk los und drehte sich zu ihm um. Sofort wich der Sonnenwächter vor dessen Blick zurück. Es war lange her, seit er den jungen Mann so wütend gesehen hatte und nur zu gut er wusste noch, wie es das letzte Mal ausgegangen war. Die Einrichtung von zwei Zimmern, vier Fenster und eine Türe hatte dran glauben müssen. Es war kein schöner Anblick gewesen.
„Was gibt es?“
Auf die Frage kniff Hayato die Lippen zusammen und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er stand kurz vor einer Explosion und konnte sich nur noch schwer beherrschen. Der Silberhaarige holte einige Mal tief Luft.
„Hose aus.“
„ÄH?“
Ryohei hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit. Völlig verdattert starrte er sein Gegenüber an.
„Wie bitte?“
Eine Augenbraue zuckte gefährlich. Nicht mehr lange und er explodierte wirklich.
„Hose aus.“
Der Boxer starrte Hayato immer noch verdattert an und fragte sich, ob er denn im falschen Film sei.
In dem Moment öffnete sich eine Tür der Kabinen und ein dunkler Schopf erschien auf der Bildfläche. Ein amüsiertes Lächeln zierte das blasse Gesicht, während aus den zweifarbigen Augen der Spott sprach.
„Ich wusste gar nicht, dass ihr seit neustem so eine Beziehung führt.“
„Äh?“
Ryohei begriff gar nichts mehr und Hayato war zu Stein erstarrt. Warum zum Teufel war es immer wieder Mukuro, der in solchen Situationen erschien?
Das Lächeln der Illusionisten wurde breit, während er an den Beiden zur Türe vorbeilief.
„Lasst euch nicht weiter stören. Kufufufu~“
Zweifelnd blickte der Sonnenwächter dem Ananaskopf hinterher, bevor sein Blick wieder zu dem anderen Verbliebenen wanderte, der immer noch stock und steif dastand.
„Also nochmal. Was willst du von mir?“
In jenem Moment erholte sich Hayato wieder und er sah ihn finsterer an als zuvor. Urplötzlich hatte Ryohei das Gefühl einer gereizten Uri gegenüber zu stehen, die sich bereit zum Sprung machte. Automatisch wich er einen Schritt zurück.
„Ich sage es nur noch einmal. Zieh die Hose aus und gib sie mir wieder, Rasenkopf.“
Diesmal kam dieser sofort der Aufforderung nach, denn seine Augen wollte er doch noch behalten und Hayato machte im Moment den Eindruck, als würde er nichts lieber tun als diese auszukratzen.
Tsuna und er hatte wochenlang den Ablauf der Hochzeit geplant und waren diesen das eine ums andere Mal durch gegangen. Der Ablauf war perfekt und es wäre auch alles gut gelaufen, wenn der Mensch fehlerfrei wäre. Jedoch war er dies nicht, was mehre unter Beweis stellten.
Die Braut hatte das Lampenfieber gepackt, die Nerven seines Bosses hatte verrückt gespielt, Haru hatte sich der Länge nach in den Gang der Kirche gelegt, neben den Varia hatte niemand sitzen wollen und Tsunas Vater hatte sich in der Zeit vertan.
Doch Hayato wäre nicht die rechte Hand des Vongola-Bosses, wenn er diese kleinen Probleme nicht in den Griff bekommen hätte.
Haru hatte er vom Boden wieder aufgelesen und zu Kyoko geschickt. Immerhin waren die Beiden beste Freundinnen und die junge Frau wusste am besten, was zu tun war, um die Braut zu beruhigen.
Die Varia hatte er zwischen Ryohei und Takeshi platziert, denn die Beiden waren so ziemlich die Einzigen, die es mit denen aushalten konnten. Doch zuvor hatte er allen Anwesenden die Waffen abgenommen. Auch wenn sie sich in einer Kirche befanden, war diesen Bekloppten alles zu zutrauen.
Demnächst Besten hatte der Silberhaarige dann das Handy entrissen und Iemitsu ein Taxi geschickt, dass diesen auf den schnellsten Weg zur Kirche bringen würde und war dann zu Tsuna gelaufen. Zum Glück war Reborn schon zur Stelle gewesen, um Motivationshilfe zu leisten.
Irgendwie war diese Trauung dann doch von Statten gegangen und zumindest während der Zeremonie war es zu keinen Zwischenfällen gekommen.
Doch beim Brautstraußwerfen ging das Theater weiter, denn der Glückliche, der den Brautstrauß fing war kein geringerer als Lambo. Das dies den Mädels nicht gefiel war ja wohl klar. Doch während der junge Bovino vor einer Horde wütender Weiber floh, musste sich Hayato einem anderen Problem widmen. Irgendwann hatte sich die Bekloppten ihre Waffen wieder zurückgeholt und waren drauf und dran sich auf der Straße die Köpfe einzuschlagen. Zu seinem Entsetzen mischte auch Hibari bei der ganzen Sache mit.
Nur durch das Einschreiten Dinos, des Neunten und seiner Wenigkeit konnte das Schlimmste noch verhindert werden.
Inzwischen waren alle gesund und noch unverletzt, was an ein Wunder grenzte, im Hotel angekommen, wo die Festivitäten stattfinden sollten. Nun hieß es die Gäste geschickt an die richtigen Tische zu lotsen.
Die Varia wurden gleich an die Bar verbannt, denn außer trinken würde die heute kaum noch was zur Feier beitragen. Yamamoto, Ryohei und Hibari verbannte er in eine andere Ecke des Saals und Mukuro schickte er in die andere.
Der Rest der Gäste machte ihm weitaus weniger Probleme und dennoch dauerte es eine gute Stunde, bis alle einen Platz gefunden hatten und saßen.
Auch er konnte sich endlich mal niederlassen und sich für ein paar Minuten ausruhen. Dankend hatte der Bombenschütze das Glas Wasser entgegengenommen, welches Takeshi ihm gereicht hatte. Gerade als er sich eine kräftigen Schluck genehmigen wollte, erklang Tsunas Schrei und sofort schellte Hayatos Kopf herum.
Er konnte den entsetzten Blick des Himmelswächters sehen und sah in dieselbe Richtung. Eiskalt lief es ihm den Rücken herunter. Nahe dem Ausgang entdeckte er Hibari, der sich scheinbar gerade verdrücken wollte, und ihm gegenüber stand ausgerechnet I-Pin. Selbst aus der Entfernung konnte er die Countdown – Markierung auf ihrer Stirn erkennen.
Fluchend sprang er auf und hechtete durch die Menge.
Schnell schnappte er sich das Handgelenk der Chinesin und zerrte sie hinter sich aus dem Raum.
Eilig und auch ganz verwundert sprang das Personal zur Seite um ihm Platz zu machen. Gerade noch rechtzeitig erreichte der Mafioso die Ausgangstüre und schleudert I-Pin so gut es ging in die Luft.
Eine Explosion erschallte und erhellte den Himmel für wenige Sekunden.
Erschöpft und mit knurrenden Magen kehrte Hayato in den Saal zurück, wo er feststellte, dass inzwischen das Büfett eröffnet war. Doch war er nicht der Einzige der dies feststellte. Auch die Varia zeigten reges Interesse daran und plünderten dies gerade nach Lust und Laune. Also was übrig blieb war ein Schweinestall.
Nur mit Mühe und Not konnte der Silberhaarige sich eine Portion Pasta retten und ließ sich schnell wieder neben Takeshi nieder, der ihn angrinste. Mit einer finsteren Miene antwortete Hayato darauf, während er sich den ersten Happen seines Essens in den Mund schob.
„Jetzt mach nicht so ein Gesicht. Das ist schließlich eine Hochzeit.“
„Eher ein Treffen der Bekloppten.“
Hayatos Blick wanderte zu den Varia, die sich inzwischen an die Bar wieder zurückgezogen hatten und sich dort dem Alkohol hingaben. Solche Schnapsdrosseln.
Sein Kamerad folgte seinem Blick und erneut erklang ein Lachen im Raum.
„Lass sie doch. Anders wäre es ja nicht so lustig.“
Angesprochener murrte nur etwas und aß schweigend seine Pasta auf. Derweilen schien etwas Ruhe unter den Gästen einzuziehen. Der vorerst aufregendste Teil der Hochzeit war vorbei und es war Zeit zum Luft holen. Er sollte wahrlich diese Zeit genießen.
Nach und nach verabschiedeten sich die Gäste und allmählich leerte sich der Saal. Müde ließ Hayato seinen Blick durch den Saal wandern. Die älteren Leute hatten sich schon vor einer Ewigkeit verabschiedet und nur der sogenannte harte Kern war geblieben - mehr oder weniger.
Shoichi und Spanner wankten gerade gefährlich schwankend durch die Türe, während sie lautstark noch ein Loblied auf das Hochzeitspaar sangen.
Der Sturmwächter hätte nicht gedacht, dass der Japaner so viel Alkohol wegstecken konnte, hatte er doch eine Unmenge an Cocktail´s in sich hinein geschüttet. Das war wohl, was man ein Fass ohne Boden nannte. Auf jeden Fall waren die Beiden bester Laune, ob sie dies noch am nächsten Morgen so sein würden, war eine andere Frage.
Auch Mukuro und seine Gruppe machten sich auf den Weg. Gerade verabschiedete der Illusionist sich vom Hochzeitspaar mit einem Lächeln, ob echt oder falsch blieb mal dahin gestellt.
Doch bevor er den Saal durch die Türe verließ, blieb er nochmal stehen und lächelte Hayato an. Jedoch war es ein Lächeln, bei dem es dem Bombenschütze eiskalt den Rücken hinunterlief. Listig und spöttisch – der Kerl dachte garantiert gerade wieder an die Szene auf der Toilette. Selbst auf die Entfernung konnte er Mukuros gemeines Kichern vernehmen, der nun endgültig durch die Türe verschwand.
Schweigend sah Hayato ihm hinterher. Bei der nächstbesten Gelegenheit sollte er das mit dem männlichen Neberlwächter klären, nicht dass noch dumme Gerüchte aufkamen.
Er schüttelte den Kopf um diese unangenehmen Gedanken zu vertreiben und ließ seinen Blick weiter durch den Raum wandern.
Auch die Varia waren noch da und würden sich wohl auch nicht mehr fortbewegen. Schnarchend lag Xanxus auf dem Tresen der Bar, während die restlichen Mitglieder es sich am Fuß des Tresens gemütlich gemacht hatten und ihren Rausch ausschliefen. Sollten sie doch, er würde für die keinen Finger krumm machen. Außerdem war der Mafioso ja nicht lebensmüde. Wenn nur einer von denen aufwachte, konnte er sein Testament machen. Hayato wusste wovon er da sprach, schließlich hatte er Bel in schlaftrunkenen Zustand bereits er- und überlebt.
Sein Blick wanderte weiter. Ryohei war gerade dabei Lambo zu wecken. Der Kleine hatte sich an dem Abend auch den einen oder anderen Drink genehmigt und anschließend einen Samba-Tanz auf dem Tisch zu Besten gegeben.
Rhythmus hatte er, dass musste man schon zugeben, doch an Schamgefühl mangelte es ihm eindeutig. Der junge Bovino hatte noch einiges zu lernen.
Hayato seufzte und blickte schließlich zum letzten der noch Anwesenden – Takeshi. Dieser saß neben ihm, oder besser gesagt lag halb auf dem Tisch. Im Gegensatz zu Shoichi vertrug Takeshi so gut wie überhaupt keinen Alkohol. Schon nach zwei Gläsern war er bereits am Lallen und vor gut einer Stunde hatte er dann seinen Kopf auf den Tisch platziert und war eingeschlafen.
Da Ryohei sich um Lambo kümmerte, würde es wohl Hayato zufallen seinen Sitznachbarn nach Hause zu bringen. Allzu begeistert war er davon nicht, dafür einen Umweg einlegen zu müssen und eigentlich wollte er schnell wie möglich in sein Bett kommen.
Der Silberhaarige war völlig fertig und müde. Der Tag hatte ihn ziemlich geschlaucht.
Doch er konnte Takeshi nicht hier lassen.
Wenn die Varia am nächsten Morgen wach werden, würde der Dunkelhaarige als Hackfleisch enden. Das konnte man ihm nun wirklich nicht antun. Da würde er wohl oder übel in seinem Haus schlafen müssen.
Eine Stunde später verfluchte Hayato seine gutmütige Entscheidung. Er hätte Takeshi den Klauen der Varia am nächsten Morgen überlassen sollen. Der Tag war schon so hart genug gewesen und die Grenzen seiner Belast- und Reizbarkeit waren schon weit ausgedehnt worden, doch dies schlug nun fast den Boden aus.
Der Schwertkämpter hing wie ein schwerer Sack auf seiner Schulter und döste vor sich hin. Ein Bein vors nächste setzte er schon seit geraumer Zeit nicht mehr, sodass der Bombenschütze ihn mitschleifen musste. Dabei stieg Hayato immer wieder der leichte Geruch von Alkohol in die Nase, da der Betrunkene durch den Mund atmete.
Endlich erreicht er seine Wohnung. Vor der Türe wartete Uri und begrüßte ihn mit einem wütenden Fauchen. Ihr Herrchen funkelte sie böse an, was die Katze jedoch nicht davon abhielt weiter zu zetern.
Diesen Moment wählte Takeshi, um in die Welt der Lebenden zurückzukehren.
Ein paar Mal blinzelte er und blickte Hayato schließlich mit glasigen Augen an.
„Wasch ischt losch? Warum fauscht du schon wieder?“
Zwei Augenbrauen huschten augenblicklich in die Höhe und kurz darauf trat ein zorniger Ausdruck in sie. Wieder einmal, wie schon in den letzten Stunden zählte er bis zehn, fischte mit einiger Mühe den Haustürschlüssel hervor und schloss die Türe auf.
Etwas härter als nötig packte er Takeshi an der Hüfte und schob ihn zur Türe hinein. Jedoch hatte er nicht mit Uri gerechnet, die sich zwischen ihren Beine durchschlängen musste. Der Regenwächter kam ins Straucheln und riss seine Stütze mit einem leisen Schrei zu Boden.
Sein Rücken schmerzte, sein Kreuz schmerzte, sein Kopf schmerzte und zu allem Übel lag Takeshi auch noch mit seinem ganzen Gewicht auf ihm.
Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt und Hayato blickte erschrocken in die glasigen Augen seines Gegenübers, der nicht minder erschrocken durch den Sturz wirkten.
Jedoch fand der Auslöser schnell wieder aus der Schreckensstarre zurück und lächelte den Silberhaarigen gutmütig an. Seine Hand wanderte zu Hayatos Gesicht und legte sich auf dessen Wange.
Ein kalter Schauer jagte über den Rücken des Mannes und er fühlte sich nicht in der Lage irgendetwas zu tun. Stattdessen beobachtete er stillschweigend Takeshis Verhalten, dessen Hand sanft über seine Wange strich.
„Du bist hübsch, Hayato.“
Angesprochener zog die Augenbrauen hoch, sagte jedoch nichts, da er einfach sprachlos war.
Doch auch Takeshi erachtete es wohl für unnötig, noch etwas zu sagen. Ein paar Augenblicke sah er den Silberhaarigen noch an, bevor er seinen Kopf auf dessen Brust bettete und einschlief.
Besagter war noch immer sprachlos und erst ganz allmählich löste er sich aus seiner Starre, bevor er sich mehr schlecht als recht von seinem Kameraden befreite.
Als er es schließlich geschafft hatte, hockte er sich vor Takeshi und betrachtete sein schlafendes Gesicht. Noch immer konnte der Sturmwächter das Kribbeln auf seiner Wange spüren, wo der Schlafende wenige Minuten zuvor mit der Hand darüber gestrichen hatte.
„Was sollte der Mist, du Baseballhirni?“
Wach lag Hayato im Bett und die letzten Worte Takeshis geisterten noch immer in seinem Kopf herum. Er konnte sie einfach nicht vergessen. Viel mehr verleiteten sie ihn zum Grübeln. Konnte man die Worte wirklich nur dem Alkohol zuschieben oder war da mehr? Der junge Japaner hatte Frauen schon des Öfteren mal Komplimente gemacht, wenn es um deren Aussehen ging. Es war ja auch verständlich, wenn ein Mann Frauen Komplimente machte. Doch Hayato war keine Frau und es war auch das erste Mal, dass der Schwarzhaarige ihm ein Kompliment in dieser Weise machte.
Es war ungewohnt und brachte den Sturmwächter einfach aus dem Konzept. Was sollte das?
Er warf sich auf die andere Seite und verfluchte sich selbst.
Warum machte er sich eigentlich so einen Kopf darum. Es konnte ihm doch völlig egal sein. Er musste endlich schlafen, denn in ein paar Stunden musste der Silberhaarige wieder fit sein und gemeinsam mit dem Hochzeitspaar alle Gäste verabschieden. Vor allem war dafür zu sorgen, dass die Varia ohne Komplikationen den Heimweg antraten und gerade deswegen musste der Mafioso ausgeruht sein.
Er schloss die Augen und verdrängte alle störenden Gedanken aus seinem Kopf, während er spürte wie die Anstrengungen und der Stress des Tages ihren Tribut einforderten.