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Kalt wie Eis, Brennend wie Feuer

von

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Kalt wie Eis, Brennend wie Feuer

Es herrschte eine fast vollkommene Stille um ihn herum, die er gewöhnt war. Seit einigen Tagen streifte er durch das Gelände auf der Suche nach einem Tier, vor denen sich die Leute fürchteten. Sicher war es nur wieder ein normales Tier und die Menschen hatte einfach nur etwas dazu erfunden. Er stellte fest, dass sie das immer wieder gerne taten und nicht immer bei der Wahrheit blieben. Der Schnee war im Moment knietief und er hatte einige Probleme damit voranzukommen. Das charakteristische Knirschen des Schnees auf dem er lief war zu hören und das leise Heulen des Schnees ab und an. Dann fiel sein Blick auf eine rote Spur im Schnee. Connor kniete sich hin und besah sich die Sache. Mit den Fingern fuhr er darüber und leckte etwas ab. Es war kein Tierblut, stellte er erstaunt fest.

„Menschenblut?“ murmelte er und sah die Spur von roten Tropfen, die unregelmäßig auf dem Schnee verteilt waren.

Es waren Fußspuren im Schnee in Richtung Norden, zusammen mit dem Blut. Da beides noch nicht verweht wurde, musste die verletzte Person auch noch nicht so weit weg sein. Vielleicht würde er noch rechtzeitig kommen und helfen können. Einige Meter weiter und einen kleinen Vorsprung nach oben, auf dessen Kante er einen blutigen Händeabdruck gesehen hatte, fand er eine Frau im Schnee sitzen. Und nicht sehr weit von ihr ein Luchs, der sich geschmeidig an sie heranpirschte. Er sah die Angst in ihren Augen. Zurecht, da sie nicht so aussah, als könnte sie sich gegen ein wildes Tier wehren. Er zog sich schnell seinen Bogen ab und griff nach einem Pfeil aus seinem Köcher. Ruhig und bedacht zog er die Sehne zurück und zielte auf den Luchs. Seine Atmung ging ruhig und langsam, die Konzentration lag jetzt bei ihm und dem Tier. Kleine weiße Wolken stiegen aus seinem Mund empor. Keinen Gedanke konnte er an die Frau verschwenden, weil der Schuss sonst vorbei gehen könnte. In dem Moment, in dem der Luchs innehielt und wohl zum Sprung ansetzten wollte, ließ Connor die Sehne los und die Pfeilspitze bohrte sich in den Brustkorb des Luchses. Er fauchte auf und nach einem letzten aufbäumen, fiel er zur Seite weg und blieb im Schnee liegen. Jetzt sah er wieder zu der Frau, die nun zu ihm sah. Noch immer waren ihre Augen voller Schrecken. Connor legte sich den Bogen wieder um und ging zu ihr. Der Schnee war an dieser Stelle nicht ganz so tief, wie gerade eben noch, das erklärte, wie sie mit einer Verletzung noch diese beachtliche Entfernung zurückgelegt hatte. Vor ihr, kniete er sich in den Schnee.

„Bist Du verletzt?“

Die Frage hat sich erübrigt, da er es schon sah. Auf ihrer linken Wange hatte sie eine Kratzspur, aus der Blut quoll. Ihr Mantel war offen und der Saum war zerrissen, ebenso wie das Kleid. Der Riss ging von unten, bis hinauf zu ihrer Hüfte. Eine weitere Wunde hatte sie an ihrem Unterarm, dessen Stoff sich rot färbte.

„Ja..ich..mein Rücken. Er hat mich am Rücken erwischt…“

Connor beugte sich nach links und warf einen Blick dorthin. Das Tier hatte sie ziemlich schwer erwischt. Nicht lebensbedrohlich, wie er es im Moment schätze aber auch kein leichter Kratzer.

„Kannst Du aufstehen und laufen?“ wollte er wissen und sah sie nun wieder an.

Ihre Haube war verrückt und braune Haare fielen in ihr Gesicht. Ihr Akzent war britisch.

„Ich weiß nicht..“ erwiderte sie und versuchte aufzustehen, ließ es aber unter einem Schmerzenslaut wieder sein. „Nein.“

Tränen waren in ihren Augen zu sehen und Connor entschied sich, sie hochzuheben. Davor sah er aber noch einmal, wo er sie anfassen konnte ohne in die Wunde zu greifen.

„Ich hebe Dich hoch und versuche Dich zu einem Arzt hier in der Nähe zu bringen. Ist das für Dich in Ordnung?“

Sie nickte nur und ließ sich von ihm hochheben. Er war der Meinung, dass sie hier schnell weg sollten, da hier in der Gegend oft Luchse unterwegs waren und mit einer Frau auf dem Arm konnte er sich nur schwerlich wehren. Der Weg führte zurück zu dem Pferd, das er an einem Baum gebunden zurückgelassen hatte. Er setzte die Frau vorsichtig auf den Sattel ab und band dann die Zügel los.

„Danke, dass Du mir hilfst.“ sagte sie und lief vor um das Pferd nach sich zu ziehen.

„Wie heißt Du?“

„Caitlin. Und Dein Name?“

Er sah zu ihr und bemerkte wie sie sich leicht krümmte und versuchte eine Position zu finden, in ihr Rücken nicht wehtat.

„Connor. Was hast Du hier draußen gemacht?“

Der Wind nahm etwas zu und kam von Nordwesten her. Der Schnee wehte ihm leicht ins Gesicht aber die Kapuze hielt das meiste ab. Bei Caitlin war das aber anders. Sie zog sich mit ihrem unverletzten Arm den Kragen näher an den Hals.

„Ich wollte nach Boston.“

„Bei diesem Wetter? Hättest Du nicht warten können bis der Frühling kommt?“

Einen Moment war es still, deswegen sah er über die Schulter und sah ihren traurigen Gesichtsausdruck.

„Entschuldige, wenn ich traurige Erinnerungen geweckt habe.“

Sie lächelte schwach.

„Schon gut. Weißt du, mein Mann ist vor wenigen Wochen verstorben und sein Sohn ist per Testament als Erbe eingesetzt worden. Er…mochte mich nie und hat mich davongejagt…“

Connor blieb stehen, somit das Pferd auch.

„Dein eigener Sohn hat so etwas getan?“ fragte er ungläubig.

„Nein, er ist nicht mein Sohn, er war der Sohn von Edward. Ich war nur seine Stiefmutter.“

Die Antwort rechtfertigte für ihn aber immer noch nicht, warum dieser Junge so gehandelt hatte. Caitlin zog sich die Haube etwas mehr zurecht und Connor merkte, dass es wohl bald zu einem richtigen Schneesturm kommen würde. Und die Siedlungen waren noch zu weit entfernt. Sie mussten hier irgendwo als Übergangslösung ein Lager aufschlagen um sich nicht in dem Sturm zu verirren und im schlechtesten Fall zu erfrieren. Dazu kam noch, dass die Nacht langsam hereinbrach. Um sich machte er sich keine Sorgen aber sie, Caitlin, schien es ja kaum so zu schaffen.

„Siehst Du dort den dichteren Teil des Waldes?“ fragte er und deutete in die Richtung.

Sie nickte und folgte seinem Fingerzeig, dann schaute sie wieder ihn an.

„Dort werden wir solange bleiben, bis der Sturm vorüber ist. Durch die dichten Reihen der Bäume sind wir besser geschützt.“ erklärte Connor und machte sich mit dem Pferd und seiner neuen Begleitung auf den Weg dorthin.

„Ist gut..“

Er hörte die Unsicherheit in ihrer Stimme und verstand, dass die Situation für sie nicht besser wurde, sicher hatte sie Angst. Auf der Windschattenseite war, wie er vermutet hatte, weniger Schnee und somit war die Lage auch ganz gut, um das Zelt aufzuschlagen. Die Bäume waren in einem Halbkreis angeordnet, als hätte man sie so gepflanzt. Connor hielt an und nahm das Zelt um es aufzubauen. Es war nicht einfach, auch wenn sie etwas windgeschützter waren aber eine Höhle wäre ihm lieber gewesen. Dennoch musste er sich mit dem arrangieren was er zur Verfügung hatte.

Sobald das kleine Zelt aufgebaut war, legte er seine blaue Decke hinein und ging zu Caitlin um sie vorsichtig an der Hüfte zu umfassen und von dem Sattel zu heben.

„Geh und leg Dich in das Zelt.“ wies er sie an und wandte sich wieder dem Pferd zu.

„Und was..au! Was ist mit dem Pferd und Dir?“

„Das Pferd werde ich gehen lassen. Es wird seinen Weg nach Hause finden und ich werde Feuerholz suchen und die Nacht über wachehalten.“

Wie er es gesagt hatte, nahm er das Nötigste von dem Tier ab, das er brauchte und entfernte dann das Zaumzeug um es in die Satteltaschen zu stecke. Dann gab er ihm einen Klaps auf den Hinterlauf und das Pferd begann davon zulaufen. Nach etwa zehn Metern war das Pferd nicht mehr zu sehen und Connor drehte sich zu Caitlin um, die noch immer hinter ihm stand.

„Wenn Du weiter hier stehst und nicht in das Zelt gehst, dann wirst Du ganz sicher noch erfrieren.“

„Und Du? Wie willst Du denn bei dem Schnee trockenes Holz finden?“

„Ich weiß wo ich suchen muss.“

Dann begann er zu suchen, in dem Glauben, dass Caitlin das machen würde, was er ihr gesagt hatte. Mit Verletzungen sollte man sich schonen, besonders wenn man auch noch in einem Schneesturm festsaß und eine Frau ist.

Er fand auch einiges an Holz, das er nutzen konnte aber er setzte sich auch selbst etwas unter Zeitdruck, da er nicht einschätzten konnte, wie lange man sie alleine lassen kann. Also ging er lieber etwas schneller und hoffte, dass bei ihr noch alles in Ordnung war, wenn er ankam.

Sie war nicht zu sehen, also nahm er an, sie hatte sich in das Zelt gelegt und ruhte sich etwas aus. Er rief sie und schlug dabei das eine Stück Stoff zur Seite um hineinzusehen. Sie saß aufrecht und schaute sich die Verletzung an ihrem Arm an. Connor kniete im Eingang und streckte seine Hand aus um es sich selbst genauer anzusehen, was bei den Lichtverhältnissen nicht so leicht war aber er hatte schon oft festgestellt, dass er bessere Augen hatte, als mach andere Menschen.

„Er ist nicht schlimm verletzt, genau wie Dein Gesicht. Es wird anschwellen aber das geht wieder vorbei. Leg Dich auf den Bauch, ich will mir Deinen Rücken ansehen.“

Das kurze Zögern bemerkte er, ließ es aber unangesprochen, weil sie dann der Aufforderung nachkam. Caitlin legte sich auf den Bauch und Conner nahm den Mantel und zog ihn nach unten um nicht die ganzen Schichten an Kleidung weghalten zu müssen, während er sich das ansah. Mit zwei Fingern tastete er den Wundbereich ab und entlockte ihr ein schmerzvolles Einatmen.

„Verzeih.“

„Das müsste ich sagen, weil ich Dir nur Mühe mache. Danke für die Rettung, Connor.“

„Das war selbstverständlich.“

„Sobald ich eine Färberei gefunden habe, die mir Arbeit gibt, werde ich mich Erkenntlich zeigen. Du kannst jeder Zeit vorbeikommen und Deine Sachen von mir färben lassen, wenn Dir danach ist.“

Kurz sah er von den Verletzungen auf und sie an.

„Du beherrscht die Kunst des Färbens? Wie kam es dazu?“

„Es ist Familientradition. Ich hatte es auch solange gemacht, bis ich verheiratet wurde und dann war ich Hausfrau und Stiefmutter.“

Er merkte wie sie zu zittern begann.

„Ist Dir kalt?“ fragte Connor und legte die Hand in ihren Nacken um zu sehen, wie weit sie ausgekühlt war. Zu weit, wie es schien.

„Ich könnte nicht behaupten, dass mir warm ist.“ gab sie zurück und drehte den Kopf, leicht in seine Richtung.

Wenn sie jetzt schon friert, dann sollte er lieber bei ihr bleiben, draußen am Feuer konnte er sie nicht lassen, weil noch immer heftiges Schneetreiben herrschte. Er rutschte auf den Knien ganz in das Zelt und verschloss die beiden Stoffteile durch die Knöpfe um so die Kälte etwas besser draußen zu halten. Dann löste er die Schnalle, die den Köcher hielt um ihn abzulegen, ebenso wie den Bogen und sein Schwert. Danach zog er das Hemd aus dem Gürtel, an dem das Assassinen-Zeichen zu sehen war und knöpfte es auf.

„Connor..?“ fragte Caitlin zögerlich und sah ihn an.

„Ja?“

Er blickte sie an und machte den letzten Knopf auf.

„Warum..nun..wieso ziehst Du Dich aus?“

„Damit ich Dich besser wärmen kann. Dein Körper ist durch die Verletzungen geschwächt und bei diesem Wetter, ist es besser, wenn wir zusammenrücken.“

Leicht hatte sie sich mit ihrem Arm hochgedrückt und sah ihn an, nach einem Moment schien sie wohl zu begreifen, das er Recht hatte.

„Wenn Du sagst, dass es besser ist…“ meinte sie und legte sich ihm.

„Leg dich mit dem Bauch zu mir und komm näher, Caitlin.“

Zuerst zog sie sich den Mantel wieder zurecht und legte sich dann so, wie er es gesagt hin, nun nicht ganz so nah, wie Connor es gedacht hatte und half deswegen etwas nach. Er legte eine Hand auf die Hinterseite ihres Oberschenkels, die andere führte er unter ihrem Kopf hindurch und legte sie auf ihr Schulterblatt. Jetzt zog er sie mit einem Ruck zu sich an die Brust und nahm die offene Seite seines Hemds und Mantels und legte es so über sie.

Er merkte, dass sie den Atem angehalten hatte, da er das lange Ausatmen auf seiner Haut spürte.

„Du musst nicht nach einer Färberei suche. Komm mit mir, ich wohne in einer kleinen Siedlung. Dort haben wir auch eine Schneiderin. Ellen wird es sicher begrüßen, wenn wir jemanden bei uns haben, der die Stoffe nach Bedarf einfärben kann.“ sagte Connor und Caitlin hob daraufhin leicht den Kopf an um ihm in die Augen zu schauen.

„Meinst Du das ernst?“

„Natürlich. Außer du möchtest nach Boston, dann werde ich Dich davon nicht abhalten.“

„Ich muss Dir noch etwas sagen, bevor Du mir diesen Vorschlag auch ehrlich anbieten kannst.“ Sie legte den Kopf wieder auf seinen Arm und schien nach den richtigen Worten zu suchen. „Ich war vorhin nicht ganz ehrlich zu Dir, als ich gesagt habe, dass mich mein Stiefsohn davongejagt hat.“

„Und was ist die Wahrheit?“

„…es ist so, dass man mich angeklagt hat, dass ich Edward umgebracht habe.“

„Bist Du denn schuldig?“ fragte Connor ruhig.

„Nein! Natürlich nicht!“

„Was ist geschehen?“

„Ich weiß nicht was geschehen ist. Ich ging in sein Arbeitszimmer um zu sehen, was er dort den ganzen Tag über gemacht hatte und als ich den Raum betreten hatte, lag er auf dem Boden. Ich bin zu ihm hin und wollte ihn auf den Rücken drehen und als ich das getan hatte, sah ich eine das er…Edward wurde erstochen..“ Ihre Stimme zitterte. „Ich war so in Trance, dass ich das Messer ohne nachzudenken in die Hand genommen habe und in diesem Moment kam sein Sohn und hat mich so gesehen, wie ich neben Edwards Leichnam gekniet habe und mit dem Messer in der Hand. Keiner glaubte mir und ich wurde angeklagt und nur durch einen alten Freund konnte ich entkommen. Deswegen bin ich auf der Flucht…Entschuldige wegen der Lüge aber ich wusste nicht, ob ich Dir soweit trauen konnte.“

„Natürlich, das verstehe ich. Das Angebot kannst Du gerne noch annehmen. Auch wenn Du fälschlicherweise für den Mord an deinem Mann angeklagt wurdest. Solange Du unschuldig bist, ist es gleich für welche Verbrechen man Dich anklagt, Du bist noch immer in unserer Gemeinde willkommen.“

„Vielen Dank, Connor. Du hast mir heute zum zweiten Mal das Leben gerettet.“
 

-Zwei Monat später-
 

Caitlin stand in den belebten Straßen von Boston und schaute sich um, den Pergamentzettel in der Hand. Kurz schaute sie darauf und las sich durch, was sie noch für Ellen besorgen musste. Sie selbst hatte schon eine Kiste mit einigen Wurzeln und Kräuter erstanden, die sie in dieser Region nicht bekam aber zum Färben brauchte. Den Rest würde sie in der Nähe der Siedlung suchen gehen, Connor hatte ihr einmal gesagt, wo sie alles finden konnte.

Die Sonne schien aber es war noch kalt, da der Frühling erst noch kommen würde. Der Boden war noch von Schnee bedeckt und würde es wohl eine Weile noch weiter bleiben. Der Atem stieg immer noch in Form von weißlichen Wolken aus ihrem Mund, da sie die Lippen leicht geöffnet hatte und durch den Mund atmete. Dank Ellen hatte sie von ihr Lederhandschuhe bekommen, die ihre Hände sehr warmhielten, da Fell in der Innenseite war. Ihr Mantel war aus dicker und dunkler Wolle hergestellt und hielt sie war.

Nachdem sie den Zettel noch einmal angesehen hatte, steckte sie ihn in die Kiste und hob sie auf um den Laden zu suchen, den Ellen ihr genannt hatte. Sie war nur einmal in Boston gewesen und Connor hatte zwar angeboten, das er gehen würde aber sie schuldete ihm schon so viel, dass sie das nicht auch noch verlangen konnte. Also hatte sie sich selbst auf den Weg gemacht und bereute es nun ein bisschen. Den Weg zurück kannte sie ihm Notfall aber ohne ihre Sachen zurückzukommen fand Caitlin auch nicht gut, deswegen machte sie sich weiter auf den Weg um zu suchen. Die Rotröcke traute sie sich nicht zu fragen, aus Angst man würde sie noch suchen und einer würde sie vielleicht kennen. Natürlich könnte sie auch einfach jemanden fragen aber sie musste lernen auch selbstständig etwas zu erreichen und so, ging sie los, mit der Kiste auf den Arm.

Es dauerte aber nicht lange und ihr Lauf wurde gestoppt. Eben durch die Kiste, sah sie nicht, was sich direkt vor ihren Füßen befand und so stolperte sie über eine Katze, die lautstark fauchte und davonrannte. Caitlin stolperte nach vorne, trat auf den Saum ihres Kleides und fiel vornüber. Die Kiste kam mit einem lauten Geräusch auf dem gepflasterten Boden an und der Inhalt blieb, dank der Polsterung aus Stroh, heil. Bis auf ein Glas, das klirrend über das Kopfsteinpflaster rollte. Sofort wollte sie dem Glas hinterher, weil es Indigo zum Inhalt hatte und es ziemlich teuer gewesen war. Sie mochte diese Farbe besonders. Es erinnerte sie ein bisschen an das Blau, das Connor trug.

Weit musste sie nicht, da das Glas an dem Fuß eines Mannes zum stoppen kam. Er beugte sich nach unten und hob es auf. Kurz beäugte er den Inhalt und schaute dann zu Caitlin. Er kam auf sie zu und hielt ihr seine Hand entgegen.

„Seid Ihr verletzt, Mrs..?“

„Caitlin, einfach nur Caitlin. Und nein, ich bin wohlauf. Vielen Dank der Nachfrage, Sir.“ antwortete sie und ließ sich von ihm aufhelfen.

„Nun denn, Caitlin. Ihr solltet vorsichtiger sein und die Augen ab und an gen Boden richten.“

Er beugte sich nach unten und hob die Kiste samt dem Zettel auf, der beinahe vom Wind verweht gewesen wäre, hätte er nicht danach gegriffen. Das Indigo legte er in die Kiste und warf einen kurzen Blick auf die Liste.

„Seid Ihr auf dem Weg zu einem Stoffhändler?“

Der Dreispitz auf seinem Kopf, hielt die Sonne aus seinem Gesicht und warf seine Züge in Schatten aber nicht so sehr, dass sie Probleme hatte seine Augen zu sehen. Ganz im Gegenteil, sie sah wie diese sie aufmerksam anblickten und genau musterten.

„Ja, eine Freundin hatte mich gebeten ihr das mitzubringen, was auf der Liste steht, da ich ohnehin nach Boston reisen musste.“

„Erlaubt mir, Euch zu einem Stoffhändler zu führen um darauf Acht geben zu können, dass Ihr nicht erneut das Gleichgewicht verliert.“

Er bot es freundlich an und seine Züge, wiesen ein galantes Lächeln auf.

„Dürfte ich den Namen meines Helfers erfahren?“

„Haytham Kenway, Miss Caitlin.“

„Ich bitte Euch Mr. Kenway. Für eine Miss bin ich schon zu alt, nennt mich einfach nur Caitlin.“

„Wie Ihr es wünscht. Und für was benötigt Ihr diese Dinge hier?“

„Mein Handwerk ist das, des Färbers. Daher habe ich mir diese Pflanzen importieren lassen um das bestmögliche Ergebnis zu erhalten.“

Sie lief rechts von ihm und sah zu ihm auf. Er war groß, etwas mehr als einen ganzen Kopf im Vergleich zu ihr. Seine Haare, die schon leicht grau meliert waren, hatte er mit einem roten Band im Nacken zusammengebunden. Seine Kleidung saß gut, sie schien maßgeschneidert zu sein. Folglich war er ein Mann der ein gutes Einkommen hatte und vielleicht auch Einfluss. Aber das sah sie ihm nicht an. Oder er versteckte es einfach gut.

„Läuft Euer Geschäft gut? Ich gebe zu, das ich nicht bewandert in diesem Bereich des Handwerks bin.“

„Nun, ich werde davon nicht reich aber es freut mich, etwas herzustellen, was andere Menschen mögen und bunt ist.“

Von Norden zogen graue Wolken auf, die wahrscheinlich Schnee versprachen. Wenn der Schneefall nicht so heftig werden würde, konnte sie schon am nächsten Tag wieder zurück zur Siedlung.

„Dann kennt Ihr Euch gut damit aus?“

„Ich mache das schon eine Weile und würde sagen, ja. Schon so gut, dass ich manchen Leuten ansehen kann, welche Farbe sie gerne hätten.“

Haytham sah zu ihr und fragte: „Das könnt Ihr?“

Caitlin lächelte und nickte.

„Anhand des Charakters eine Person, kann ich gut die Farbe schätzen und umgekehrt. Welche Farben ein Mensch trägt, lässt Schlüsse auf sein Charakter zu.“

Er erwiderte das Lächeln.

„Dann zeigt es mir. Was bin ich für eine Person?“

„Wie Ihr wollt. Dann stellt bitte die Kiste ab.“ gab sie zurück und neigte den Kopf leicht, dann blieb sie stehen.

Er kam der Aufforderung nach und richtete sich dann wieder auf. Langsam lief sie einmal um ihn herum und blieb vor ihm stehen. Nicht nur seine Kleidung studierte sie, sondern auch sein Gesicht, denn auch daran konnte sie Einiges erkennen. Auch das er den Augenkontakt hielt und es ihm nicht unangenehm zu erscheinen schien, gab ihr etwas Aufschluss zu seiner Persönlichkeit.

„Das Graublau das Ihr tragt finde ich sehr interessant. Nicht leicht zu erstellen. Es sagt mir, dass Ihr durch die gedeckte Farbe gerne beobachtet und nicht der Mittelpunkt sein wollt. Der blaue Farbton darin aber lässt mich vermutet, Ihr gebt Euer Wissen das Ihr besitzt nicht Preis, obwohl es einiges sein kann. Wobei das Rot auf der Innenseite Eures Mantels das Gegenteil sagt. Aggressivität und Handlungsdrang lässt Euch das ausstrahlen. Passion womöglich auch. Aber auch hier ist das Rot verdunkelt, als wolltet Ihr Euer wahres Bild vor der Welt verstecken.“

„Und was, wenn ich Euch sagen würde, dass mir die Farben einfach nur gefallen haben?“

Sie lächelte ihn an, da er nicht der Erste war, der so reagiert hatte. Meist war es ein Zeichen dafür, dass sie zumindest in einem Punkt Recht gehabt hatte.

„Dann würde ich sagen, dass ich mich wohl getäuscht haben muss. Sollen wir weiter?“

„Wie Ihr es möchtet.“

Haytham hob die Kiste wieder auf und Caitlin lief wieder neben ihm her. Genau konnte sie nicht sagen, ob sie wirklich richtig lag, weil er dazu nichts gesagt hatte, ob es stimmte oder nicht. Er war fast wie ihre Schätzung, er gab nicht viel Preis, nur wenn er es wollte. Ein privilegierter Mensch, nahm sie an. Aus einem guten Haus, womöglich auch.

„Woher wisst Ihr wo ich einen Stoffhändler finden kann?“ fragte sie nach einigen Straßen, die sie schweigend nebeneinander hergelaufen waren.

„Ich komme oft daran vorbei.“

„Arbeitet ihr in der Nähe?“

„Nicht direkt.“

„Nicht direkt? Wie meint Ihr das?“

„Ich arbeite an verschiedenen Stellen.“

Sie wunderte sich darüber, konnte sich keinen Reim drauf machen.

„Wenn Ihr mir die Frage gestattet, was ist Euer Beruf?“

„Ich bin…eine Art Politiker.“

Da er es nicht weiter ausführte und sie auch keine Ahnung von Politik hatte, frage sie nicht weiter nach. In einem Gespräch darüber hätte sie auch nicht viel dazu sagen können. Aber in der Zeit dieses Umbruches, war es gut, dass es noch Politiker gab und nicht nur Männer die alles immer sofort mit Waffengewalt lösen wollten.

Haytham führte sie nicht über die Hauptstraßen sondern über kleine Gassen und Schleichwege wie es schien, da sie die Straßen nicht kannte und auch erstaunlich schnell ankamen, als sie merkte wo sie war. Normalerweise hätte sie mit ihrem Weg, wenn sie denn den Richtigen auch gefunden hätte, doppelt so lange gebraucht. Durch das Fenster des Ladens, konnte sie schon die Stoffe sehen und trat in den Laden ein, hielt ihrem Helfer die Tür auf und schloss sie dann wieder. An dem Türrahmen war eine Glocke befestigte, die läutete und den Stoffhändler auf den Plan rief.

Dank Ellen wusste sie auf was sie bei dem Stoff achten musste und handeln konnte sie auch so schon, weil sie das auch immer tat. Sie versuchte sich zu erinnern, wie sich die Stoffe angefühlt haben die Ellen ihr gezeigt hatte und suchte die entsprechenden raus. Der Händler versuchte sie, wie sie es vermutet hatte, über den Tisch zu ziehen. Aber so leicht, gab sie sich dabei nicht geschlagen. Es dauerte geschlagene fünf Minuten bis er, nach einem kurzen Blick zur Seite, auf das Angebot von Caitlin einging. Sie schaute in die Richtung und Haytham war dort aber mit dem Rücken zu ihr und sah sich in der Gegend um. Mit einem leichten Achselzucken, drehte sie sich wieder zu dem Händler und gab ihm die vereinbarten Pfund und sie bekam dafür die Ballen Stoff, die für Ellen bestimmt waren. Bevor sie sie aber nehmen konnte, stand Haytham neben ihr und nahm sie.

„Vielen Dank.“

„Es bedarf keines Dankes, einer Frau in Not muss ich selbstverständlich helfen.“

„Würdet Ihr mir dann noch bis zu dem Gasthaus in dem ich mich einquartiert habe, begleiten?“

„Natürlich, Caitlin.“

„Dann lasst mich Euch dieses Mal führen.“ sagte sie und lachte leicht.

Es fühlte sich nicht schlimm an, sich offen zu geben, da er einen freundlichen und zuvorkommenden Eindruck machte. Er schien ein Gentleman zu sein, wie ihn sich eine Frau nur wünschen konnte.

Wie sie feststellte, war der Händler, wirklich nicht weit von dem Gasthaus, in dem sie untergekommen war, entfernt. Die Straße wurde belebter, obwohl es zu schneien begonnen hatte. Caitlin reckte den Kopf nach oben und sah sich die Schneeflocken an, die Richtung Erde glitten.

„Ihr unterkühlt Euch noch, wenn Ihr weiter in den Himmel seht und hier draußen stehen.“

„Ich denke, Ihr habt Recht. Ich verliere mich schnell in Gedanken und bemerke manchmal nicht sofort was um mich herum passiert.“

„Dann solltet Ihr doppelte Vorsicht walten lassen.“ gab er ihr noch als Rat hinterher und sie setzten sich wieder in Bewegung.

„Da ist es.“ sagte Caitlin an Haytham gewandt und deutete auf das Gebäude.

„Ich werde Euch alles noch in Euer Zimmer tragen, nicht das ihr noch über eine Stufe stolpert und Euch verletzt.“

Sie nickte und lächelte ihn ehrlich an. Vor dem Gasthaus öffnete sie die Tür und ließ ihn vorgehen um dann die Tür zu schließen. Sie war sich sicher, dass er ihr den Vortritt gelassen hätte, wenn er denn die Hände frei gehabt hätte.

„Folgt mir, ich zeige Euch noch das letzte Stück, dann seid Ihr wieder ein freier Mann.“

„Geht voran.“

Das tat sie auch. Der Weg führte die Holztreppe nach oben und dann in das zweite Zimmer im linken Gang. Wieder öffnete sie die Tür und ließ ihn hinein.

„Stellt es einfach irgendwo hin. Ich werde mich damit später arrangieren.“

Die Sachen stellte er auf den Tisch, der am Fenster stand und drehte sich zu ihr um, nachdem er kurz einen Blick hinausgeworfen hatte. Er holte eine Taschenuhr hervor und klappte sie auf.

„Ich hoffe Ihr habt Euch wegen mir nicht irgendwo verspätet.“ meinte Caitlin und schaute ihn entschuldigend an, so als wäre es wirklich so.

„Nein, keineswegs. Ich habe nur auf die Uhr gesehen.“

„Ich weiß nicht, wie ich mich erkenntlich zeigen soll, Mr. Kenway. Ihr habt mir sehr geholfen.“

Sie schaute auf den Boden und war etwas verlegen, da sie es wirklich nicht wusste.

„Ihr seid Britin?“

„Ich komme ursprünglich aus York.“

„Dann wüsste ich vielleicht, wie Ihr mir helfen könntet.“

„Aber natürlich. Um was geht es?“ fragte sie schnell.

„Es ist an der Zeit einen Tee zu trinken. Würdet Ihr mir Gesellschaft leisten? Hier in der Nähe ist ein kleines Teehaus, in dem viele britische Soldaten ein und ausgehen. Der Tee dort hat durchaus eine gute Qualität.“

„Ich würde nichts lieber machen.“ antwortete Caitlin und strahlte ihn an.

„Wohl an. Wollen wir?“ fragte Haytham und ging auf sie zu, bot ihr dabei seinen Arm an, den sie nehmen konnte.

Das Angebot nahm sie an, wie die meisten von ihm, und sie gingen die Treppe wieder hinunter und aus dem Gasthaus hinaus. Der Wind hatte ein bisschen zugenommen und Caitlin zog den Mantel enger um sich um der Kälte entgehen zu können.

„Gebt Acht. Zuweilen sind die Steine sehr glatt.“

„Ich werde aufpassen.“ versprach Caitlin.

Dank seinem Arm, an dem sie sich etwas festhalten konnte, war der Weg nicht ganz so gefährlich gewesen, als wenn sie ihn alleine gegangen wäre. Genau schaute sie sich den Weg an, vielleicht würde sie eines Tages auch in dieses Teehaus gehen, wenn sie denn sicher war, dass die Rotröcke nicht mehr nach ihr suchen würden. Allerdings fragte sie sich, ob dieser Tag überhaupt kommen würde.

Vor dem Teehaus öffnete er ihr die Tür und ließ sie durch die Tür gehen. Sie sah zu ihm über die Schulter, um sicher zu gehen, dass er auch nachkam, sie selbst blieb stehen. Er kam ihr hinterher und führte sie an einen Tisch, abseits der meisten Leute. So zielsicher hatte er ihn angesteuert, als würde er dort oft sitzen. Vielleicht hat er das auch, schließlich wusste er auch dass es diesen Ort gab.

„Setzt Euch, bitte.“

Er wies auf den Stuhl und Caitlin knöpfte ihren Mantel auf, den Haytham ihr abnahm und über den Stuhl neben ihr ablegte. Sie setzte sich, während sie ihre Handschuhe auszog und in ihren Schoß legte.

„Welchen Tee würdet Ihr gerne trinken?“ fragte er und hatte seine Hände hinter dem Rücken verschränkt.

„Einen grünen Tee, falls das möglich ist.“

„Ich werde sehen was ich tun kann.“

Damit entfernte er sich von dem Tisch und ging zu dem Tresen, hinter dem eine junge Frau stand und ihre Aufmerksamkeit nun ihm zuwandte. Sie nickte und drehte sich um, um von dem Herd Wasser mit einer Kelle in eine Teekanne und tat dann die Teeblätter hinzu. Mit einem Löffel rührte sie kurz um. Zusammen mit Teegeschirr stellte sie die Kanne auf ein Tablett und übergab es Haytham. Er legte die paar Pfund auf den Tisch, nahm das Tablett und lief damit zurück zu Caitlin, die sich im Geschäftsraum umgesehen hatte und erst jetzt festgestellt hatte, das hier ziemlich viele britische Soldaten waren. Mehr als sie angenommen hatte. Haytham hatte das gesagt aber sie hatte das nicht wirklich realisiert, weil sie ihre Schuld zurückzahlen wollte und jetzt hatte sie das Gefühl, als würde sie in der Falle sitzen. Aber sie versuchte sich zu beruhigen. Sie kannte keine Männer, die hier anwesend waren und noch hatte keiner reagiert, daher hoffte sie, dass das so bleiben würde und schaute lieber auf den Tisch, bis Haytham wieder kam, um nicht noch auffälliger zu sein.

„Ist mit Euch alles in Ordnung? Ihr seht blass aus.“ fragte er, als er wieder bei ihr war und stellte den Tee ab.

„Ja, mir ist nur etwas kalt. Durch den Tee wird es sicher gleich besser.“

Sie lächelte ihn an und begradigte ihre Körperhaltung wieder. Haytham setzte sich und zog seinen Hut ab. Jetzt konnte sie sein Gesicht ohne Probleme sehen. An den Schläfen waren die Haare grauer, als der Rest. Er hatte Falten in seinem Gesicht, die sein Aussehen aber nicht schmälerten. Sie wusste nicht wie alt er war, aber wenn sie schätzen musst, dann vielleicht Ende Vierzig, höchstens. Wenn nicht sogar jünger. Seine dunklen Augen waren aufmerksam auf sie gerichtet und schauten sich ab und an im Raum um.

„Wie kommt Ihr von York hierher? Es ist eine sehr weite Strecke.“

„Ich wurde verheiratet und mein Ehemann ging in die neue Welt, ich kam kurze Zeit nach ihm auch hierher.“

„Ihr seid also verheiratet und Ihr tragt einen Ring, wie ich sehe. Warum habt Ihr mir dann nicht Euren Familiennamen verraten?“

Caitlin legte ihre linke Hand über ihre Rechte um den Ring abzudecken. Sie sah ihn nervös an und erzählte ihm die Version, die sie Connor auch schon erzählt hatte.

„Mein Mann, ist vor einigen Wochen verstorben und ich..habe meinen Mädchennamen wieder angenommen.“

„Dann seid Ihr kinderlos, nehme ich an?“

Das Thema war ihr unangenehm, weil es dazu auch schon viele Streitigkeiten mit Edward gegeben hatte. Schließlich war es die Aufgabe einer Frau die Nachkommen ihres Mannes auszutragen.

„Dieser Segen blieb mir verwehrt.“ antwortete sie mit einem unechten Lächeln.

„Verzeiht mir, wenn ich Euch mit diesem Thema zu nahegetreten bin. Das lag nicht in meiner Absicht.“

„Natürlich. Ich nehme es Euch nicht übel, da mit dem Tod von meinem Mann auch das nicht mehr von Bedeutung ist.“

„Ihr wollt keine Kinder?“

„Ich würde sehr gerne aber seht mich an, ich gehöre nicht mehr zu den Jüngsten und verheiratet bin ich auch nicht. Ich kann nicht viel vorweise und mache mir daher auch nichts vor, jemals wieder heiraten zu können. Dort wo ich wohne, gibt es Kinder und ich helfe den Eltern so gut ich kann. Gebe auf die Kleinen Acht, wenn niemand zum aufpassen da ist. Das genügt mir, auch wenn ich keine eigenen Kinder haben kann.“

Ihr Gegenüber legte seine Unterarme auf die Tischplatte und beugte sich so nach vorne.

„Mit Verlaub, Ihr seid weder zu alt noch seid ihr zu unattraktiv um den jungfräulichen Mädchen keine Konkurrenz zu machen. Seht Ihr, ich bin sicher, dass wenn Ihr es wolltet, dann würde sich auch ein Mann finden lassen.“

„Vielen Dank für das Kompliment, Mr. Kenway aber seid versichert, dass ich noch um meinen Mann trauere und noch keine Intension darin habe, mich wieder zu vermählen. Die Siedlung in der ich jetzt lebe, ist so wundervoll, dass ich dort nicht weg möchte und eine Heirat hätte das zur Folge.“

Caitlin nahm die Teekanne und roch an dem Dampf der empor stieg, ehe sie ihn für sich und Haytham eingoss.

„Wenn das Euer Wunsch ist, dann werde ich kein Wort mehr darüber verlieren.“

„Erlaubt Ihr mir nun eine Frage?“

Vorsichtig stellte sie die Kanne wieder ab und nahm sich die Tasse samt dem Unterteller und stellte sie vor sich. Die Wärme des Wassers war an der Außenwand zu spüren und begann ihr die Kälte langsam aus den Gliedern zu treiben. Sie blickte zu ihm und wartete auf seine Antwort. Diese kam mit einem Nicken.

„Dieses Symbol an Eurem Arm,“ sie deutete darauf, “was bedeutet es?“

Haytham drehte seinen rechten Unterarm so, dass er ihn ansehen konnte und schaute dann wieder Caitlin an.

„Es ist ein Symbol meiner Familie. Vergangene Tage, die man ruhen lassen sollte.“

„Dann hab Ihr mit Eurer Familie gebrochen?“

„Das könnte man durchaus so sagen.“

Ihren Blick, der nachdenklich wirkte, bemerkte er.

„Was habt Ihr?“

Sie schaute zu ihm auf und blinzelte mehrmals.

„Nichts weiter, ich habe nur überlegt. Jemand der in der gleichen Siedlung wie ich wohnt, er ist ein guter Freund, hat dasselbe Symbol auf seiner Kleidung.“

Ein Lächeln, schlich sich auf Haythams Züge und es gab nur eine Person die sie meinen konnte. Er hätte losgelacht, würde er nicht in einem Raum voller Soldaten sitzen, wegen dem Wege dass das Schicksals manchmal ging. Da traf er doch tatsächlich eine Frau, die seinen Sohn kannte. Und sie lebten auch noch nahe zusammen. Das hätte er wirklich nicht erwartet aber ob es jetzt Glück war, das zu wissen, konnte er noch nicht einschätzen. Viel Wert auf eine erzwungene Beziehung zueinander hatte er nicht. Dieses Balg war…er war, noch zu jung um zu verstehen, dass die Templer die klügere Ansicht der Welt hatten. Er war geblendet von dem Wunsch nach Freiheit, sah aber nicht, dass wahre Freiheit nur aus Kontrolle und Ordnung entstehen konnte. Und solange er noch so verrannt in seine Idee war, war er unnütz, ihn eines Besseren belehren zu wollen.

Caitlin sah in ihre Tasse und trank einen Schluck, aus dem Augenwinkel heraus, sah er eine bekannte Bewegung. Er schaute nun flüchtig in die Richtung und nickte.

„Caitlin,“ Sie blickte auf und stellte die Tasse ab. „verzeiht mir, aber die Pflicht ruft. Ich muss Euch nun leider verlassen.“

Kurz war sie wirklich etwas enttäuscht aber sie lächelte auch schnell.

„Ein Politiker hat wohl immer Arbeit die er verrichten muss, wie mir scheint. Aber es gibt nichts was zu verzeihen wäre. Ihr habt mir sehr geholfen und ich bin Euch dankbar, für Eure Gesellschaft die ich genießen durfte.“

Haytham stand auf und nahm seinen Hut in die Hand. Er ging die zwei Schritte zu ihr, nahm ihre rechte Hand und führte sie zu seinen Lippen.

„Es war mir ein großes Vergnügen Euch geholfen zu haben. Auf Wiedersehen, Caitlin.“

Seine Stimme war zum Ende hin tiefer geworden, was ihre Nackenhärchen zum Aufstellen brachte. Auch wenn er älter war als sie, oder gerade deswegen, hatte er eine Ausstrahlung, ein Chrisma, was ihn nur noch interessanter wirken ließ. Es war zudem nicht ungewöhnlich, dass eine Mann, eine wesentlich jüngere Frau zum Weib nahm. Ihr Mann war auch älter gewesen und daher wunderte es sie nicht, dass sie eine leichte Wärme in ihren Wangen zu spüren glaubte.

Sie lächelte ihn verlegen an und nickte.

„Auf Wiedersehen.“

Dann ging er und Caitlin sah ihm nach. Er schaute zu einem Mann, der ihm auch folgte, nachdem er an ihm vorbei gelaufen war. Bei der Tür blieb er stehen und deutete eine Verbeugung in ihre Richtung an, was sie wieder lächeln ließ. Als er die Tür öffnete sah sie, wie sich einige Schneeflocken in das Innere verirrten und er hinaustrat und verschwand.

Es war schön gewesen, ihn in ihrer Nähe haben zu können. Er war ein Gentleman und das hatte sie nicht oft in diesem Land erlebt. Erfrischend, dass man von einem Fremden geholfen bekam und auch, dass er ausgerechnet ihr geholfen hatte, ließ sie in sich hinein lächeln. Vielleicht hatte er ja Recht, dass sie noch ganz hübsch war.

Schnell trank sie die Tasse Tee aus und stand dann auch auf. Ihren Mantel zog sie an und knöpfte ihn dann zu. Als sie ihre Handschuhe nahm, schaute sie auf die Stelle an ihrer rechten Hand, auf der sie den Hauch seiner Lippen gespürt hatte. Einen Moment schaute sie darauf und dachte sich, wie es sich wohl angefühlt hätte, wenn er ihre Hand geküsst hätte.

Ein Klappern riss sie aus den Gedanken und sie zog ihre Handschuhe an und verließ auch das Teehaus um zurück in das Gasthaus zu gehen. Dort würde sie noch eine Nacht bleiben und dann den Weg nach Hause antreten, sollte es nicht noch in der Nacht zu heftig schneien.
 

-Am nächsten Tag-
 

Es war gegen die Mittagszeit, als sie das Gasthaus in Boston verließ. Zu ihrem Glück hatte es nicht mehr viel geschneit und nur eine dünne Schneedecke hatte sich über Boston gelegt. Es war also kein Problem für sie, wieder zur Siedlung zu kommen, vorausgesetzt, auf dem Weg dorthin hatte es nicht schimmer geschneit als hier in der Stadt. Wissen konnte sie es nicht, also konnte sie nur ihr Glück versuchen und daher ließ sie sich vom Wirt helfen, ihre Habe auf das Pferd zu laden. Die Gläser passten gut in die Satteltaschen einzig der Stoff musste noch einmal extra mit Leder umwickelt werden und dann hinter dem Sattel befestigt, damit, falls es wieder schneite, der Stoff nicht so schnell durchnässte. Sie bedankte sich bei ihm und gab ihm für seine Hilfe einige Pfund. Dann half er ihr noch auf das Pferd und Caitlin ritt in Richtung Grenzland. Sie klopfte auf den Hals des Pferdes und strich danach über das braune Fell. Es war eine ruhige Stute, die Dave ihr geliehen hatte. Sie war nicht schnell, dafür aber robust und konnte einiges aushalten, da sie auch immer das Brennholz von Terry zu ihm tragen musste. Ein liebenswertes Wesen. Sie war froh, dass sie so ein ruhiges Tier hatte, da sie ohnehin nicht gut reiten konnte, da sie es kaum gemusst hatte. Aber sie stellte fest, dass man nur mit einem Pferd schneller vorankam, als mit einer Kutsche, auch wenn diese wiederum bequemer war.

Eine Windböe kam auf und wirbelte leicht den Schnee auf dem Boden auf. Sie atmete stoßartig aus und ihre Glieder begannen erneut vor Kälte zu zittern. Zwar schneite es nicht mehr und die Sonne schien aber ihr kam es kälter vor, als am gestrigen Tag. Sie würde im Grenzland eine Nacht in einem Gasthaus verbringen und den Rest des Weges am nächsten Tag zurücklegen. Sicher konnte sie auch den ganzen Weg schaffen, doch wollte sie nicht die Nacht hindurch reiten. Es war gerade Vollmond gewesen und sie hätte genug sehen können aber Dave hatte sie gewarnt, dass auf ihrem Weg oft Wölfe unterwegs waren. Und die Begegnung mit dem Luchs hatte ihr gereicht, sie wollte lieber nicht noch einmal einem wilden Tier begegnen.

Gerade verließ sie die Stadt und kam in eine Gegend die nun mehr nach Natur aussah. Zwar gab es noch hier und da einige Häuser aber eher vereinzelt, bis sie dann schließlich wirklich merkte, dass sie im Grenzgebiet war. Es waren viele Baume und ruhige Pfade. Sie sah hier und da einen Hasen durch den Schnee hüpfen und sogar hatte sie das Geweih eines Hirschs gesehen. Der aber schnell verschwunden war, als er die Stute hatte wiehern hören. Sie mochte es solche Tiere zu sehen und grundsätzlich fand sie auch Wölfe und Luchse schön aber eben nur nicht, wenn sie ihr an den Kragen wollten. Die Schneedecke war an vielen Stellen unberührt und selten war sie von Spuren durchbrochen. Nur das Geräusch ihr eigenes Atmen und das des Pferdes waren zu hören, sonst war Alles auf ihrem Weg still, als würde es nur sie geben. Der Weg, war gut zu sehen, da kurz vor ihr jemand mit einem Wagen entlanggefahren war. Somit hatte sie kein Problem den Spuren zu folgen. Allerdings musste sie dann nach einigen Meilen an einer Gabelung nach links musste und hatte somit einen weniger klaren Weg dem sie folgen konnte. Caitlin stieg bei einem Stück ab bei dem sie nicht einschätzen konnte, wie tief die Schneeverwehung war und wollte nicht riskieren, dass das Pferd sich dadurch vielleicht erschrecken würde. Der Schnee ging ihr, nachdem sie einige Schritte gelaufen war, bis zur Mitte ihrer Wade. Ihre Stiefel hielten die Kälte weitestgehend ab aber zu lange und dann würde sie das auch spüren. Sie hatte die Stute an den Zügeln und zog sie, ohne das sie bockte, hinter sich her. Etwas unsicher stapfte Caitlin durch den Schnee und frage sich in diesem Moment, ob Haytham sie wohl getragen hätte. Wenn er so war, wie er sich gestern gezeigt hatte, dann sicherlich und sie lächelte leicht, wenn sie an ihn dachte. Aber sie wurde auch traurig, da sie ihn wohl nicht mehr wieder sehen würde. Es war schade, er war ein interessanter Mann und gerne hätte sie sich länger mit ihm unterhalten aber wenn das der Weg war, wie das Schicksal so spielte, war es grausam. Er war der erste Mann, seitdem Edward gestorben war, für den sie sich interessierte. Natürlich gab es auch in der Siedlung Männer und Reisende aber keiner der ihr Interesse in der Weise geweckt hatte, wie es Haytham Kenway getan hatte.

Er strahlte etwas Scharfsinniges aus und vielleicht war es auch Gefahr aber möglicherweise war es genau das, was sie so faszinierte. Sein Alter zudem versprach auch, dass er mehr Weisheit besaß und nicht mehr so impulsiv war, wie junge Männer. Natürlich sagte keiner, dass er es nicht auch sein konnte aber so würde sie ihn nicht einschätzen. Andererseits, wenn sie an seine Augen dachte, dann konnte er doch Abgründe haben, die sie nicht erahnen konnte, geschweige denn davon wissen. In Gedanken versunken lief sie weiter und stieg wieder auf das Pferd, als der Weg wieder gut zu sehen war. Schnee klebte an ihrem Kleid und Mantel, was sie aber noch nicht gemerkt hatte und das würde sich auch geben, wenn sie in dem Gasthaus sein würde, dort würde er dann einfach schmelzen und ihre Kleidung wieder trocknen. Als sie wieder im Sattel saß, lobte sie die Stute und streichelte sie wieder. Wegen dem Stück das sie gelaufen war, und weil sie sich mehr angesträngt hatte, als sie es sonst getan hatte, war der Knoten an ihrer Haube aufgegangen, die langsam von ihrem Kopf rutschte, was sie aber nicht bemerkte. Der Wind blies wieder und Caitlin hatte genug damit zu tun, ihr Gesicht bis zur Nase in den Schal zu stecken, damit sie etwas mehr gewärmt wurde. Irgendwann war die Haube ganz heruntergerutscht und ihre Haare begannen sich aufzudrehen, da sie diese nicht mit Nadeln befestigt hatte. Erst, als sich eine Strähne in ihr Gesicht verirrte, merkte sie es. Sie ließ die Zügel in einer Hand und tastete mit der Freien nach der Haube, fand sie aber nicht. Darum wollte sie sich jetzt nicht kümmern. Es war ihr zu kalt um stehen zu bleiben und aus ihrem Gepäck die Haube rauszusuchen, die sie noch dabei hatte.

Je früher sie also das Gasthaus erreichen würde, desto eher könnte sie sich aufwärmen und auch wieder ihr Haar richten. Was das anging, war sie etwas eitel, da sie fand, dass sie sehr schönes Haar hatte. Caitlins Haar war nussbraun und dick. Ein natürlicher Glanz lag immer darüber, der es in der Sonne oder im Kerzenschein, leicht golden schimmern ließ. Sie reichten ihr bis an die Hüfte und waren zu den Spitzen hin, leicht gewellt. Sie pflegte es immer mit verschieden Suden um es gesund zu halten. Jetzt hing es über ihrem Rücken herunter und reichte bis knapp an den Sattel, einige Strähnen, lagen über ihrer Schulter und hatten sich soweit ausgedreht, dass man annehmen konnte, dass nie eine Haube vorhanden gewesen war. Je länger sie ritt, desto weniger merkte sie, dass sie fehlte. Es war auch einmal ganz angenehm, den Wind auch in den Haaren spüren zu können. Sie atmete tief durch und langsam wieder aus, dabei verfolgte sie die weiße Wolke aus ihrem Mund bis sie verschwand.

Sie war nun einige Stunden unterwegs und kam an einer Kreuzung, an der eine große Platane stand. Von rechts näherte sich ein Mann, auch auf einem Pferd. Sie blickte ihn kurz an, und schaute dann wieder geradeaus. Außerdem wollte sie nicht noch mehr Aufmerksamkeit auch sich ziehen, wenn sie schon offene Haare hatte. Allerdings, und das war seltsam, hörte sie wie ihr Name gerufen wurde. Zuerst bekam sie Panik und dachte, jetzt hätte man sie doch wegen dem vermeidlichen Mord an ihrem Mann gefunden aber als sie sich umdrehte, erkannte sie Haytham, der auf sie zugeritten kam.

„Mr. Kenway…guten Tag.“

„Diesen wünsche ich Euch auch. Ihr seid auf dem Weg zurück zu Eurer Siedlung nehme ich an?“

„Ja..aber was macht Ihr hier? Das Wiedersehen ist unerwartet.“

„Ich muss zu einem Freund und da sah ich Euch, wie Ihr hier rittet. Mit Euren offenen Haaren, hätte ich Euch vermeidlich für eine fremde Frau gehalten.“

Sie griff sich an die Haare und schaute verlegen zur Seite.

„Ich verlor meine Haube, vor einiger Zeit und hatte bisher keine Gelegenheit mein Haar erneut zu richten.“

Er ging nicht weiter darauf ein und fragte stattdessen: „In welche Richtung liegt Eure Siedlung?“

„Ich muss weiter nach Norden.“

„Das ist auch mein Weg. Gestattet Ihr mir, das ich Euch begleite?“

„Sehr gerne, ich würde mich darüber freuen.“ antwortete sie und brachte die Stute dazu, wieder zu laufen.

Der Mann, der von rechts kam, war mittlerweile über die Kreuzung geritten und entfernte sich langsam von ihnen.

„Wie weit ist die Siedlung denn noch entfernt?“

„Noch ein gutes Stück. Ich wollte in einem Gasthaus, das auf dem Weg liegt, nächtigen und am kommenden Tag meinen Weg fortsetzen, da ich ungern in der Nacht reiten möchte.“ erklärte sie und beide ritten in einem lockeren Trab voran.

„Verständlich.“

Kurz überlegte sie, ob sie ihm das Angebot machen sollte. Spontan entschied sie sich dafür.

„Ihr sagtet, dass Ihr in dieselbe Richtung müsst. Es würde mich freuen, wenn ich Euch in mein Haus einladen dürfte. Ihr habt mir geholfen und ich konnte meine Dankbarkeit nicht zum Ausdruck bringen. Gerne würde ich Euch ein Quartier für die Nacht anbieten.“

Fast schon erwartungsvoll, sag sie zu ihm herüber und wartete auf seine Antwort, obwohl sie schon fast damit rechnete, dass er das ausschlagen würde.

„Ich will Euch keine Umstände bereiten. Sicher habt Ihr anderes zu tun, als Euch um einen Gast zu kümmern.“

„Ich insistiere, Mr. Kenway. Es würde mich beschämen, wenn ich in Eurer Schuld stehen würde.“

Er lachte kurz und nickte.

„Wenn Ihr so vehement darauf besteht, dann nehme ich Euer Angebot an.“

Sie freute sich wirklich, dass er ihr ermöglichte, dass sie ihm zumindest so danke sagen konnte auch wenn es nicht viel war.

„Wir sollten uns sputen, damit wir möglicherweise ankommen, ehe es schon ganz dunkel wird.“ meinte Caitlin und trieb ihr Pferd mehr an, das daraufhin in einen langsamen Galopp überging.
 

-einige Stunden später-
 

Als die Sonne untergegangen war, waren sie noch nicht angekommen aber das Ziel war auch nicht mehr allzu weit entfernt.

„Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir doch eine Nacht im Gasthaus verbracht hätten.“ meinte Caitlin und zog sich den Kragen enger um den Hals, auch das Zittern wurde schlimmer.

Sie legte ihre behandschuhte Hand an ihr Gesicht und versuchte es so ein bisschen zu wärmen.

„Gestattet Ihr?“

Sie schaute zu Haytham, der sich im Moment zu ihr herüber beugte und setzte ihr seinen Hut auf.

„Er hält nichts sonderlich warm aber er sollte Euer Gesicht besser vor den kalten Winden schützen.“

„Danke…“ entgegnete sie und fühlte sich geschmeichelt, dass er so aufmerksam war. „Aber was ist mit Euch?“

„Kälte macht mir weniger aus. Ich brauche ihn im Moment nicht.“

Caitlin rückte ihn sich zurecht und vergrub ihr Gesicht zusätzlich mehr in dem Schal.

Sie hatten den gemeinsamen Ritt nicht viel gesprochen und damit hatte sie auch kein Problem. Es war nicht unangenehm, empfand es sogar als entspannend in seiner Gegenwart, da er eine Ruhe ausstrahlte, die auch auf sie wirkte. Auch jetzt schwiegen sie wieder und Caitlin konzentrierte sich auf den Weg vor sich. Wie schon gedacht, war der Mond noch hell genug und der Schnee machte es auch leichter den Weg zu sehen. Wenn sie sich unterhielten, dann stellte er meist Fragen. Sicherlich hätte sie das auch tun können aber nicht nur das seine Art beruhigend war, sie war auch autoritär und sie hatte Respekt vor ihm. Es war keine Angst, nur Achtung vor ihm als Person und seiner Art. Wenn er sich nicht unterhalten wollte, dann ließ sie es auch sein.

Ohne eine Uhr musste sie schätzen, wie spät es war, als sie die Siedlung erreichten. Aber da es im Winter ohnehin früher dunkler wurde als im Winter, musste es noch nicht ganz so spät sein. Wenn sie in ihrem Haus war, konnte sie auf die Uhr sehen. Aber es war schon spät genug wie es schien, damit Dave schon im Bett zu sein scheint oder in der Taverne. Zumindest brannte nirgendswo Licht. Da sie nicht wusste ob er schlief oder nicht da war, entschied sie sich dazu, die Stute einfach in ihren Stall zu bringen. Sie würde dann am kommenden Tag zu Dave gehen und sich für das Tier bedanken.

„Ich bin sicher, Dave wird damit kein Problem haben, wenn Ihr Euer Pferd ebenfalls für die Nacht bei ihm lasst.“

Caitlin stieg von dem Pferd und öffnete das Tor zum Stall. Sie führte das Tier hinein und nahm sich den Stoff um ihn zu sich zu tragen. Die Satteltaschen wollte sie so nehmen, da es einfacher war, als jedes Teil einzeln zu tragen. Haytham kam zu ihr und ließ sein Pferd, neben der Stute von Dave stehen.

„Lasst mich das nehmen.“ sagte er und nahm ihr die Satteltaschen ab, ehe sie etwas hätte sagen können.

Er legte sie sich über die Schulter und wandte sich Richtung Ausgang, Caitlin folgte ihm und wie schon in Boston, liefen sie nebeneinander her. Sie kamen an der Taverne vorbei.

„Dort ist es.“ sagte Caitlin stolz und zeigte auf das Haus.

„Direkt am Wasser?“

„Ja, ich benötige es für meine Arbeit. Daher war es unerlässlich, dass mein Haus in der Nähe von Wasser sein musste und der Fluss bot sich perfekt dazu an. Außerdem mag ich den Klang des Wassers, er beruhigt mich.“

Gerade ging sie auf die Tür zu um sie zu öffnen und Haytham hineinzubitten, als sie auf einer gefrorenen Pfütze ausrutschte. Sie erschreckte sich und ließ den Stoff in den Schnee fallen um sich mit den Händen abstützen zu können, wenn sie auf dem Boden aufkommen würde. Aber sie wurde von Haytham am Arm gepackt und zu ihm gezogen. So schwungvoll, dass sie mit ihrer Brust gegen seine stieß. Der Dreispitz fiel von ihrem Kopf und in den Schnee, nahe dem Stoff.

Die Situation war anders. Komisch. Für einen Augenblick war sie regungslos, geradezu starr, allerdings kam das nicht wegen des Schocks. Caitlin sah zu ihm auf und ihre Blicke begegneten sich. Für einen Atemzug, der sich anfühlte, als wären es Minuten, schauten sie sich an. Sein Gesicht war durch das Mondlicht fahl und seine Falten zeichneten sich tiefer ab als am Tag. Vielleicht hätte sie unter normalen Umständen seinen Blick deuten können, der so an ihrem hing, wie ihrer an seinem aber sie konnte gerade an Nichts denken.

Ob es die Kälte war oder der enge Körperkontakt zu ihm, wusste sie nicht aber sie bekam eine Gänsehaut und legte eine Hand auf seine Brust und löste sich von ihm und schlug den Blick schnell nieder.

„Wir..sollten rein gehen, sonst werden wir uns noch..erkälten..“ meinte sie und musste sich räuspern um überhaupt eine Wort rauszubekommen.

Sie ging in die Hocke und hob den Hut und den Stoff auf, den sie hatte fallen lassen. Dieses Mal gab sie Acht wohin sie trat und öffnete die Tür. Prudence, die auf ihr Haus aufgepasst hatte, war anscheinend noch nicht lange fort, da das Feuer noch knisterte und den Raum heizte. Zum Glück, denn sonst wäre es selbst im Haus unangenehm gewesen. Daher war es angenehm warm und sie merkte, wie die Kälte aus ihr wich. Den Stoff und den Hut legte sie auf eine Truhe, die sie neben der Tür stehen hatte und wandte sich dann zu Haytham.

„Fühlt Euch ganz wie zu Hause. Habt Ihr hunger? Sicher hat Prudence etwas von ihrem Gemüse hiergelassen, das ich zubereiten kann. Oder möchtet Ihr etwas trinken? Kann ich Euch etwas Rum anbieten? Eure Sachen, falls Ihr Euch dieser entledigen wollte, legt sie einfach dorthin wo Platz ist.“

Er schloss die Tür hinter sich und öffnete den Verschluss seines Umhangs.

„Hunger habe ich keinen aber das Angebot etwas Rum zu trinken, nehme ich gerne an.“ antwortete er.

Caitlin nickte und ging in den Nebenraum, der die Küche war. Dort öffnete sie einen der Hängeschränke und streckte sich nach oben um nach der Flasche mit dem Alkohol zu greifen. Sie stellte die braune Flasche auf die Arbeitsfläche und holte dazu noch zwei Gläser hervor. Beide Gläser hatte sie in einer Hand, die Flasche in einer anderen. Als sie zurück kam, saß Haytham in einem Sessel, nahe bim Feuer und schaute sie an, als hätte er gewartete, dass sie durch die Tür zurück kam. Er hatte sich seinen Mantel ausgezogen und saß jetzt noch mit Hemd und der Weste bekleidet im Sessel. Sein Blick machte sie nervös und ein leichtes Zittern kam in ihr auf.

„Hier. Nehmt das Glas.“

Er streckte seinen Arm aus und nahm ihr das Glas ab, wobei er dabei für kurze Zeit seine Finger um ihre gelegt hatte. Sie konnte nicht sagen warum aber beinahe wäre sie von der Berührung davon geschreckt, konnte das aber noch unter Kontrolle halten. Sie hatte die Flasche in der rechten Hand und entkorkte sie mit der Hand in der sie noch ihr Glas hielt, und goss ihm ein. Ihr Glas und die Flasche stellte sie zunächst auf dem kleinen Tisch ab und beugte sich dann an den Kamin um etwas Holz nachzulegen und ein kleines Stück zu nehmen und damit einige Lampen anzuzünden, die ihm Zimmer standen. Vorsichtig öffnete sie die Glasverkleidung und entzündete dann den Docht. Durch die Lampen und dem Kamin wurde der Raum in ein warmes Licht getaucht und ließ ihn gemütlicher wirken. Das Stück Holz warf sie in den Kamin und setzte sich in den Sessel neben ihrem Gast. Er hielt ihr das Glas entgegen, das noch vorhin auf dem Tisch gestanden hatte. Nebenher hatte er schon etwas eingeschenkt und reichte es ihr nun. Sie nahm das Glas und achtete dieses Mal darauf, dass sie ihn nicht anfasste.

„Danke.“ meinte sie und lehnte sich zurück und schloss kurz die Augen.

Es war ruhig und sie hörte nur das Kacken des Holzes im Feuer. Caitlin starrte hinein und trank etwas von dem Rum.

„Wie kommt es, dass Ihr fern einer Stadt wohnt, wo Ihr doch aus York kommt?“

„Ich bekam ein großzügiges Angebot und nutze es, da ich sonst keine sicheren Optionen hatte.“

„Ihr seid Witwe und hattet keine Kinder. Hat Euch euer Mann nichts hinterlassen?“

Ihr Blick fiel auf das Glas mit der braunen Flüssigkeit, die einen angenehmen Ton durch die Flammen vor ihr annahm.

„Das ist richtig. Ich hatte keine. Er allerdings schon. Einen Bastard, den er als sein Kind angenommen hat, da ich ihm keinen Sohn geschenkt hatte. Er war der Begünstigte.“

Wie trank sie einen Schluck.

Nach kurzem Schweigen sagte Haytham: „Kein einfaches Los für eine Frau.“

„Aber Ihr seht, es geht mir gut. Ich lebe in einer Gemeinde, die netter nicht sein kann, kann meinen Unterhalt verdienen und bin glücklich. Es gibt nichts, das man im Leben mehr anstreben kann.“

„Das klingt sehr allgemein. Was ist für Euch die wirkliche Definition von Glück?“ fragte Haytham.

Die Frage war ihr unangenehm, weil er damit ins Schwarze getroffen hatte, daher stand sie auf und entfernte sich so von ihm, nur folgte er ihr.

„Ich sollte Euch nun Euer Zimmer zeigen.“ meinte sie hastig und nahm sich eine Lampe in die Hand, mit der sie zur Treppe lief. „Es ist nichts Besonderes aber für eine Nacht wird es sicher reichen. In diesem Zimmer übernachten gerne die Kinder der anderen Familien, wenn sie manchmal etwas angestellt haben und sich nicht nach Hause trauen, suchen sie immer bei mir Unterschlupf.“

Sie war oben angekommen und hatte die Tür geöffnet und die Lampe an einen Hacken, nahe der Tür gehangen, damit Haytham noch etwas Licht hatte.

„Wenn Ihr alles habt, dann wünsche ich Euch eine gute Nacht, Mr. Kenway.“ sagte sie an ihn gewandt und merkte, wie nah er ihr war.

„Wovor hast Du Angst, Caitlin?“ fragte er.

Dass er sie so persönlich ansprach, ließ sie erschaudern, besonders wie er es aussprach. Allerdings wich sie seinem Blick aus und drehte den Kopf zur Seite, sodass er ihre linke Gesichtshälfte mehr sah, als den Rest.

Er merkte wohl, dass er keine Antwort zu erwarten hatte, daher wiederholte er seine Frage.

„Vor was fürchtest Du Dich?“

„Ich..ich fürchte einen Fehler zu machen.“

Jetzt blickte sie ihn wieder an und seine Nähe wurde ihr erneut bewusst.

„Und wenn es kein Fehler ist?“ fragte er und nahm ihre rechte Hand.

Sie schaute darauf und sah zu, wie er ihr den goldenen Ring von ihrem Ringfinger zog. Diese Geste hatte etwas derart intimes und bewegendes, wie sie es nur einmal in ihrem Leben erlebt hatte.

„Du bist eine ungebundene Frau. Es gibt keine Fehler die Du begehen könntest.“

Haytham beugte sich leicht zu ihr herunter und küsste ihre Lippen sanft mit Seinen. Ihre Augen waren fast ganz geschlossen, da sie versuchte den Kuss zu verfolgen.

„Fühlt es sich wie ein Fehler an?“ fragte er, als sich ihre Lippen nicht mehr berührten und er kaum von ihr abgerückt war.

„..ja..“ murmelte sie.

Sie sah sein Grinsen und hörte das leichte Lachen.

„Das sagst Du zwar aber ich sehe in Deinen Augen, dass Du nicht die Wahrheit sprichst.“

Ihr war klar, dass er Recht hatte aber was hätte sie sagen sollen? Aber auch das Schweigen an sich war wohl genug Antwort für ihn. Erneut küsste er sie, dann küsste er sie auf ihre Wange und blickte ihr dann wieder in die Augen.

„Sag mir, dass Du Dir sicher bist und ich werde Dich in Frieden lassen und gehen. Sag es mir so, dass ich Dir glauben werde.“

Caitlin legte ihre Hände auf seine Brust und drückte ihn von sich weg. Nun sah sie ihn an und öffnete den Mund um etwas zu sagen aber ihr fehlten schlicht die Worte. Ein zweiter Ansatz und wieder kam sie sich vor, als wäre sie plötzlich stumm. Das wiederum ließ Haytham lächeln und er griff nach ihren Händen. Er machte den Schritt auf sie zu, den Caitlin gerade auf Abstand gegangen war. Eine Hand ließ er los und legte sie ihr seitlich an den Hals. Noch immer unsicher schaute sie ihn an und als er sie wieder küsste, nun zum dritten Mal, ergab sie sich ihm und hielt sich an der Weste leicht fest, die er noch trug.

Auch wenn sie sich dem nicht verwehren konnte, waren die Küsse doch mit einer leichten Bitterkeit behaftet, da sie nicht mit reinem Gewissen sagen konnte, das es richtig war aber sie wusste auch den Grund nicht für ihr Empfinden.

Das Licht der Öllaterne, beleuchtete die Szene nur schwach und das Mondlicht, das durch das Fenster fiel, erreichte sie nicht. Er fuhr ihr über das Haar und rieb es vorsichtig zwischen seinen Fingern, als wolle er die Beschaffenheit festmachen. Es war keine Liebe die sie verspürte es war etwas, was sie nicht kannte, nie kennengelernt hatte. Ein Feuer, das von ihm zu ihr überzugehen schien. Und es brannte sich unaufhaltsam durch sie hindurch, als wäre sie nur aus Stroh. Bis sie letztlich vollkommen aus einer Glut zu bestehen schien.
 

-Am nächsten Morgen-
 

Durch das Krähen eines Hahns wurde Caitlin wach und schlug die Augen auf. Sie erinnerte sich was passiert war und schaute neben sich auf das Bett, nachdem sie sich leicht aufgerichtet hatte. Haytham war schon wach und sah sie nun an.

„Guten Morgen.“ begrüßte er sie zum neu angebrochenen Tag und schmunzelte leicht.

„Guten Morgen. Willst Du etwas essen? Ich werde ohnehin frühstücken, Du kannst mir gerne Gesellschaft leisten.“

Sie setzte sich an den Bettrand und griff nach ihrem Rock und der Bluse die nicht weit vom Bett entfernt lagen um es sich überzuziehen. Danach ging sie zum Fenster und öffnete es um zu lüften.

„Spätestens jetzt würde ich Dir empfählen, diesen Raum zu verlassen, da es hier schnell kalt werden wird.“ meinte sie und lächelte ihn, leicht keck an.

„Wenn die Hausherrin, das so anrät, dann werde ich wohl besser mir Dir kommen.“

Nun stand auch er auf und zog sich an. Caitlin sah, leicht errötend, weg und ging schon einmal voraus in das Erdgeschoss um das Kaminfeuer wieder zu entfachen. Bevor sie das tat, ging sie in die Küche und zog sich ihre Schürze an. Ohne viele Schwierigkeiten, tat sie das und eine kleine Flamme begann langsam das Holz zu umschließen. Ihre leicht rußigen Finger, wischte sie sich an der Schürze ab. Haytham kam die Treppe herunter und blickte zu ihr.

„Setzt dich solange einfach bis ich fertig bin. Ich werde Dir einen Tee kochen wenn Du willst.“

Dazu nickte er nur und setzte sich wieder an das Kaminfeuer. Caitlin wollte gerade in die Küche gehen, als es an der Tür klopfte. Verwundert, wer es schon sein konnte, ging sie hin und öffnete.

„Guten Morgen, Caitlin. Ellen schickt mich und möchte, dass ich ihr die Stoffe mitbringe, die Du ihr besorgt hast.“

„Natürlich. Komm noch einen Moment rein.“

Sie ließ Connor eintreten und schloss die Tür hinter ihm. Dann ging sie die paar Schritte zur Truhe und nahm die Ballen.

„Kannst du ihr ausrichten, dass ich nicht genau den Stoff in der passenden Farbe gefunden habe? Aber wenn sie möchte, kann ich ihn auch gerne noch einmal nachfärben und - Connor?“

Er jetzt merkte sie, dass er sich nicht auf sie konzentrierte, sondern auf Haytham, der zu Connor blickte. Beide Männer starrten einander an und Caitlin stand unsicher dazwischen und fragte sich, warum nun plötzlich so eine angespannte Stimmung entstanden war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Jefferson
2013-08-25T13:38:02+00:00 25.08.2013 15:38
Eine wirklich tolle Fanfiktion, mus sich sagen.
Es hat wirklich Spaß gemacht, sie zu lesen, du hast die Charaktere sehr gut getroffen! (Persönlich muss ich natürlich sagen, dass ich ein absoluter Haytham und Ziio Fan bin aber... das hier hat mich trotzdem überzeugt. ;)
Einzig den Schluss fand ich ein klein wenig abrupt und wäre gespannt auf mehr gewesen. Irgendwas.
Deswegen wäre ich sehr begeistert, wenn davon noch mehr kommen würde.
Ansonsten: Daumen hoch!
Antwort von:  Emily_Clark
11.09.2013 19:38
Danke erst einmal, für das Kompliment. Freut mich, wenn die Story gut ankam.
Ich bin nur ein Haytham-Fan. Deswegen: Hauptsache er is dabei :'>
Das Ende war extra so abgehackt gedacht, eben um denjenigen der es ließ anzuregen sich selbst Gedanken zu machen, was kommen könnte.
Von:  Kyuubi-
2012-12-28T19:52:50+00:00 28.12.2012 20:52
ich finde deine FF sehr schön hatt mir viel freude gemacht sie zu lessen :3
aber das schönste wäre wenn es noch weiter gehen könnte.
Von:  Robert_de_Sable
2012-11-17T18:35:08+00:00 17.11.2012 19:35
hey, deine story isr wirklich klasse ;)
wollte nur mal sagen, dass mir deine fanfic denn abend verschönert hat :D ich danke dir dafür! hab ac3 grad durch gespielt ...
du hast die charaktere sehr gut umschrieben, würde mich über eine weiterführung freuen

Robert_de_Sable




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