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Traum von der Freiheit

von

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Prolog

Disclaimer: Ich verdiene hiermit kein Geld. Alle Rechte von Stargate liegen bei MGM. Die von mir erfundenen Figuren sind mein Eigentum.
 

Prolog:
 

I walk a lonely road

The only one that I have ever known

Don't know where it goes

But it's only me and I walk alone

Green Day
 

Ich weiß nicht, ob es eine Erleichterung oder ein Schock war, als sie es herausfanden. Die letzten Tage lagen in einem diffusen, verschwommenen Grau. Alles erschien unwirklich und wie auf eine Leinwand gemalt. Ich erinnere mich noch an die Gesichter, die erst fragend waren und auf denen dann nach und nach Erkenntnis wich. Die kleinen Lücken meiner Geschichte, die ich ihnen erzählt hatte, fanden auf einmal einen Sinn. Ja, sie erkannten…aber sie verstanden nicht.

Der Rat saß vor mir. Alle elf Mitglieder waren anwesend. Die fünf Frauen und sechs Männer sahen mich streng an. Und ich konnte und kann auch immer noch gut verstehen, warum sie mich so ansahen. Schließlich hatte ich sie angelogen. So viele Zyklen lang hatte ich mich verstellt, meine Vergangenheit geheim gehalten und mich unter ihnen versteckt. Ausgenutzt wäre sogar der passendere Ausdruck, der wahrscheinlich mehr als einmal in den letzten Tagen gefallen war.

„Dein richtiger Name lautet also Leray von Etha“, fragte mich der Vorsitzende des Rates, Gertan.

„Ich wurde als Leray Centara geboren. Auf Etha“, erklärte ich offen. Mit dem Versteckspiel war es nun vorbei. Sie wussten doch schon längst, wer ich war. Oder zumindest wussten sie das, was die vielen Geschichten der Jaffa von mir erzählten.

Und einer der Jaffa war schuld daran, dass ich nun hier stand. Aber hatte ich wirklich gedacht, so lange unentdeckt zu bleiben? War ich wirklich so naiv gewesen? Aber so wirklich hatte ich ja auch nicht mehr an meine Deckung geachtet. Viel zu sehr war ich bei diesem Volk willkommen, viel zu sehr hatte ich mir hier eingelebt in der neuen Familie, die mich mit offenen Armen aufgenommen hatte.

Und den Jaffa war ich doch immer ausgewichen, wohl wissend, dass sie mich erkennen könnten, trotz meines veränderten Aussehens. Doch an dem Tag war ich zu unvorsichtig gewesen. Und als ich ihn dann erkannt hatte…nein, eigentlich weiß ich bis heute nicht, warum ich mich nicht damals umgedreht hatte. Warum ich mich nicht wieder versteckt hatte. Zeit dazu hatte ich, es hatte einen Moment gedauert, bis er mich überhaupt angesehen hatte.

„Wie viel ist überhaupt von deiner Geschichte war?“, fragte mich Farah, die mit im Rat saß. Sie kannte mich recht gut. Oder zumindest das, was ich vorgegeben hatte, zu sein. Waren wir uns doch oft in der Bibliothek begegnet, die für mich ein zweites Zuhause darstellte.

„Einiges“, erwiderte ich unbeholfen. Ich hatte so viel verändert, so viel Neues dazu erfunden. Für sie war ich doch immer das arme Sklavenmädchen gewesen, das keine Heimat, keine Familie, keine Freunde mehr hatte. War es vielleicht das Mitleid, deswegen sie mich aufgenommen hatten? Wenn dem so war, würde ich diesen Planeten bald nicht mehr meine Heimat nennen dürfen.

Was mir einen ziemlich heftigen Stich in der Brust verursachte. Ich selbst war in meine Rolle hineingewachsen. Hatte mich an meinen neuen Namen gewöhnt. Hier hatte ich doch zum ersten Mal richtige Freiheit erfahren. Freiheit, die ich so lange gesucht und auch so oft vergessen hatte.

Ja, ich habe viele Fehler in meinem Leben gemacht. Und jetzt gerade weiß ich nicht, ob das Vergessen meines Traumes oder das Belügen dieser aufrichtigen Leute mein größter Fehler war. Beide sind mir auf brutalste Weise vor Augen geführt worden. Und auch hierbei weiß ich nicht, welches Mal schlimmer war.

Unwillkürlich sammelten sich Tränen in meinen Augen. Tränen, die erst seit meinem neuen Leben hier wieder flossen. So lange habe ich sie unterdrückt. So lange mein Ziel verloren, ein falsches, unruhiges Leben geführt, in dem ich nicht wusste, wohin. Auch wenn ich mir eingeredet hatte, dass das Leben damals doch gut war, dass es doch das war, was ich immer gewollt hatte.

Wie dumm ich doch gewesen war. Dumm und unerfahren und…in dem Glauben, als Einzelgänger leben zu können.

Und das Leben davor? Mein Leben als Sklavin? Es war schlechter gewesen. Ohne Zweifel. Aber da hatte ich Freunde gehabt. Ja, sogar so etwas wie eine Familie hatte ich besessen. Nicht nur meinen Bruder Ron, der mich immer beschützt hatte. Sondern auch die anderen Sklaven. Wir waren eine Gemeinschaft gewesen. Eine wackelige, leicht zu zerstreuende Gemeinschaft, aber immerhin.

Und Ron…er war mein Ein und Alles bis zu dem Moment, da er mich verraten hatte…jedenfalls so, wie ich es damals als Kind gesehen hatte. Damals…als ich noch unerfahren war, naiv und voller Hoffnung auf die Freiheit.

Doch hatte ich überhaupt eine Ahnung von der Freiheit? Selbst jetzt kann ich sie nur schwer beschreiben. Und damals…das war einer meiner Träume gewesen.

„Leray Centara von Etha“, riss mich der Rat aus meinen Gedanken. „Wir erwarten eine Erklärung für die Lüge, mit der du unser Mitleid und unsere Entscheidung, dich in die Gemeinschaft auf unserem Planeten aufzunehmen, erschleicht hast.“

Ich wollte protestieren…doch…er hatte ja so verdammt recht. Zumindest von seiner Sicht aus. Meine Seite der Medaille sah vollkommen anders aus. So viel anders, als er sich nur vorstellen konnte.

Ich blickte zu den Rängen, in denen unter den vielen anderen Leuten auch meine jetzige Familie saß. Die Familie, die mich ohne Fragen aufnahm, die mich liebte wie ihr eigenes leibliches Kind. Und ich hatte sie belogen…nicht, dass ich in all den Zyklen nicht auch Gewissensbisse wegen dieser Lüge gehabt hatte. Aber ich wollte doch ein neues Leben haben. Und sie konnten es mir bieten, dieses ruhige Leben. Ausgenutzt…ja, so war es. Ich hatte sie ausgenutzt, um meine Freiheit leben zu können. Aber hatte ich nicht auch nach all den Kämpfen, den vielen Toten so etwas verdient?

Nun sahen sie mich verletzt an. Und ihnen konnte ich das nicht einmal übel nehmen. Früher wäre ich vielleicht sauer gewesen, dass sie mich nicht verstanden, aber inzwischen wusste ich: Wie sollten sie es denn verstehen?

Ich blickte nach vorne zum Rat, die vielen bohrenden Blicke der anwesenden Bewohner im Rücken. „Eine Erklärung…“ Ich wusste nicht, wie ich meine Lüge erklären würde. „Niemand von euch würde es verstehen.“ Die Augen des Rates wurden schmaler. Natürlich, das verstanden sie auch nicht. Ich holte tief Luft. „Ihr alle habt ein so vollkommen anderes Leben geführt als ich. Natürlich, die Jaffa erzählen Geschichten vom Krieg, aber keine davon beschreibt die Wahrheit. Und noch weniger mein Leben als Sklavin.“

Die Männer und Frauen warfen sich Blicke zu. Verstanden sie? Ich selbst hatte ja so lange mein eigenes Leben nicht verstanden. Hatte nie zurückgeschaut, um zu sehen, was ich vielleicht verloren haben könnte, was ich damals für Träume gehabt hatte. Und hatte auch nie nach vorne gesehen, um zu sehen, was mich erwartete.

So wie ich es eigentlich fast mein ganzes Leben getan hatte, hatte ich nie mehr als eine Woche weiter gedacht. Nie mehr als im Herbst daran zu denken, genug Nahrung zu haben, um den Winter zu überleben. Aber was im Frühling werden würde, hatte ich nie bedacht. Warum denn auch? Als Kind war für mich die Zukunft die Freiheit, von der ich nur träumen konnte. Und später…später sah ich einfach nicht mehr auf, hörte auf zu träumen.

„Erzähl uns deine Geschichte“, sagte schließlich Farah und sah mich…neugierig an. Natürlich, Farah. Sie liebte Geschichten…um genau zu sein, sie liebte die Vergangenheit. War sie es nicht, die mich in der Geschichte dieses Planeten unterrichtet hatte? Die mir die vielen alten Legenden von der Stadt der Götter, in der es Wände aus strahlend blauem Wasser gab und der auch unsere…deren Vorfahren lebten, erzählt hatte? Und auch die Geschichten und Legenden der anderen Planeten, mit denen sie eine Allianz bildeten, hatte sie mir erzählt. Und ich wusste immer, wie sehr sie die Geschichte von Etha interessieren würde. Aber Etha existierte in meiner Lüge nicht. Um ein neues Leben anzufangen, hatte ich beschlossen, meine gesamte Vergangenheit zu ändern. Und für Etha gab es keinen Platz.

Und dabei hatte ich mich so unglaublich schlecht gefühlt. Denn ich tat das gleiche, das Ron Jahre vor mir getan hatte. Er verriet unseren Planeten, unsere Heimat, unsere Vergangenheit…unseren Schwur. Nun, den hatte ich zwar nicht mit der Lüge gebrochen…doch mit meinem Leben nach der Sklaverei, als ich vergaß zu träumen und in die Zukunft zu sehen.

Aber wie sollte ich meine Geschichte erzählen? Wo begann sie? Mit meiner Geburt, der Legende des Entstehens meines Volkes, meiner Flucht? Es gab so viele Anfänge…und sie alle endeten hier auf dem kleinen Podest, auf dem ich in einem rollbaren Stuhl saß, weil meine Verletzungen noch nicht gut genug geheilt waren.

Ich hatte auf die Schmerzmittel verzichtet. In den letzten Wochen habe ich erkannt, dass diese meinen Geist benebelten. Aber ich wollte klar sein. Hier ging es um meine Zukunft. Eine Zukunft, die mir in den letzten Wochen genommen worden war. Ich hatte hier doch vorgehabt zu leben und auch hier zu sterben. Ja, und irgendwie habe ich mich sogar in nicht allzu ferner Zukunft mit Kindern gesehen.

Und diese Zukunft lag in Scherben. Aber es war nicht das erste Mal, dass meine Träume platzten, zunichte gemacht von fremden oder auch bekannten Leuten. Die anfängliche Verzweiflung, die Bedrückung und die anschließende Einsicht. All das hatte ich schon so oft erlebt, dass diese Gefühle fast schon vertraut erschienen. Die ersten Male hatte ich noch geweint, geglaubt, dass ich keine Zukunft mehr haben würde. Aber nach und nach war ich hart geworden. Eine harte Schale, die nichts von außen durchdringen konnte. Aber selbst diese Stärke, diese Gefühllosigkeit war mir genommen worden.

Die Lüge hatte mir hier eine Zukunft gegeben, von der ich glaubte, dass sie endlich sicher sei. Dass ich endlich am Ziel meines Lebens angekommen war. Dass ich hier Frieden und Freiheit gefunden hatte. Wie naiv ich gewesen war! Natürlich konnte die Lüge nicht lange aufrecht erhalten werden.

„Leray?“ Fragend sah mich Farah an. Ich hatte immer noch nichts gesagt. Starrte nur stumm vor mich hin, vollkommen in Gedanken versunken. Meine Geschichte…

Die Zellen in meinem Gehirn begannen zu arbeiten. Trennten Lüge von Wahrheit. Mein neues und mein altes Leben wurden wieder heraufgeholt. Ich schluckte, als ich mich an die vielen Szenen erinnerte…den vielen Schmerz. Und dann war da klar und deutlich ein Bild. Das Szenario meines Lebens, das wie ein Buch, dessen Seiten vom Wind ganz schnell umgeblättert wurden, erschien, blieb stehen.

Und ich sah mich.

Ein kleines Mädchen…vielleicht drei Jahre alt. In einem hellroten Kleidchen. Die dunklen lockigen Haare zu zwei Zöpfchen geflochten. Das war ich…so wie ich vor meinem Leben als Sklavin gewesen war. Es musste kurz vor dem Angriff gewesen sein. Der Angriff, durch den meine Zukunft, mein gesamtes Leben zum ersten Mal in Scherben lag.

Ich sah zu dem Rat auf und blickte jedem in die Augen. „Ihr wollt meine Geschichte. Ich werde sie euch erzählen.“ Ich musste schlucken. „Ich kann euch nicht versprechen, dass ihr meine Taten und meine Handlungen verstehen werdet. Aber dies ist nun die ganze Wahrheit.“

„Dann erzähl sie uns. Wir werden versuchen, sie zu verstehen“, sagte Farah sanft. Sie erinnerte mich oft an Rana. Genau wie diese, hatte sie immer ein offenes Ohr. Sie war ruhig und sanft. Selten wütend. Die Jaffa hatten ihr Gemüt nie brechen können. Mit keiner ihrer schändlichen Taten.

Ich atmete tief ein. Die Lüge…sie war nun Vergangenheit. Alles, was nun zählte, war die Wahrheit, die mich zu dem Menschen machte, der nun hier im Ratshaus noch immer verwundet saß.

„Ich bin nicht als Sklavin geboren worden. Doch an meine Freiheit erinnere ich mich kaum noch. Und doch war sie immer da, ist immer fast greifbar gewesen…“



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