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Engelstanz der Dunkelheit

"If people had wings...they'd be monsters"
von

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Bonus: Mit anderen Augen


 

Engelstanz der Dunkelheit

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M i t . a n d e r e n . A u g e n
 


 

In der Dämonenwelt / Zwei Jahre zuvor
 

Er streckte seine müden Glieder, legte sich seufzend in das satte Grün der Wiese und atmete den frischen Duft der Blumen und Gräser ein. Der Wind wehte, er ließ die Blätter der Kirschblütenbäume tanzen und blies sie wie den Schnee des Frühlings umher.

»Schüre deinen Hass, du musst die angestaute Wut in dir zum Vorschein bringen, ohne sie kannst du nie ein richtiger Dämon werden – Du bist zu sanftmütig«

Diese Worte hatten seine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch genommen. Myras, auch wenn er ihn noch nie wirklich hatte ausstehen können, kannte diese – ihm noch unendlich fremde und ferne Welt – besser als er es selbst tat, es gab keinen Grund an seinen Worten zu zweifeln. Er musste sich endlich beherrschen lernen, und zwar schnell.

„Meister, Meister“, keckerte Mochi fröhlich, „Sag mal, was liest du denn da?!“

Im ersten Augenblick war er irritiert gewesen, wusste nicht, was sein Partner meinte, doch als Mochi auf die Zeitung in seinem Schoss deutete, nickte er und reichte ihm das Magazin.

„So etwas wirst du in der Dämonenwelt nicht finden, Mochi“, flüsterte Cay vergnügt, „Mach also keine Knicke oder Falten hinein“, dann fügte er mit einer unerwarteten Ernsthaftigkeit hinzu: „Ich erschlage dich nämlich sonst.“

„Kein Grund gleich auszuflippen, ich will doch nur mal schauen“, der Kürbisgeist ließ das Magazin schweben, blätterte Seite um Seite durch und sagte schließlich leise murmelnd, „Die Menschenwelt ist komisch... Ich habe nicht gewusst, dass du auf so was stehst...“

„Hey!“, raunte Cay, „Darauf steht jeder Mann! - Aber du kannst das natürlich nicht verstehen.“

Er riss Mochi die Zeitschrift aus der Hand, rollte sie zusammen und steckte sie in seine Seitentasche, die er neben sich ins Gras geworfen hatte. Fast schon beleidigt schmollend verschränkte er die Arme vor der Brust und wand sich von Mochi ab.

Nach einer gefühlten Endlosigkeit, die sie damit verbrachten sich gegenseitig anzuschweigen, erklang hinter ihm eine laute, aber vertraute Stimme.

„Cay, warum sitzt du da eigentlich noch dumm herum?!“, fragte Ren und winkte dem Rothaarigen mit einer kurzen, abgehackten Handbewegung zu, „Komm ins Wasser!“

„Ich will nicht“, hatte er trotzig geantwortet und zeigte anschließend ein unmissverständliches, genervtes Augenrollen.

„Hab dich nicht so, sei kein Spielverderber“, entgegnete Ren vorwurfsvoll, „Dir entgeht was – Wir werden wegen der Missionen sicher bald keine Zeit mehr für so etwas haben.“

„Ach lass den Feigling doch“, knurrte Toxica mit zusammengebissenen Zähnen. Er hatte sich eine Zigarette angezündet und überquerte die Wiese, die zum See hinabführte, mit schnellen, fast schon hastigen Schritten. Das Rauchen war nur eines seiner vielen Laster, die er sich im Laufe der Jahre angewöhnt hatte und selbst wenn er die Selbstbeherrschung aufbringen und sich das Rauchen abgewöhnen wollte, wusste er, dass ihm seine Einstellung einen sicheren Strich durch die Rechnung machen würde.

Unachtsam schnippte er die halb verrauchte Zigarette neben sich ins Gras, trat sie aus und musterte Cay mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Du kannst nicht schwimmen, oder?!“, seine Worte waren hart wie Eis gewesen und ebenso treffend, denn Cay reagiert sofort, er wirbelte herum und tat einige Schritte auf den Mann vor sich zu.

„Spinnst du, natürlich kann ich schwimmen!“, keifte er und machte im gleichen Augenblick eine ausfallende Handbewegung in Toxicas Richtung.

„Dann komm mit ins Wasser – Du hast doch nichts zu befürchten“, Toxica hatte ihn zu provozieren versucht, doch zu seiner Enttäuschung ging Cay nicht darauf ein und schüttelte nur den Kopf.

„Ich will schlicht und ergreifend nicht... Und dir muss ich noch lange nichts beweisen, du Bastard“, sagte Cay – konnte jedoch den bissigen Unterton in seiner Stimme nicht unterdrücken.

„Es war nichts anderes von dir zu erwarten, als dass du feige kneifen würdest“, spottete er und fügte dann bösartig hinzu, „Oder liegt es an deiner unansehnlichen Hühnerbrust?!“

„Halt dein Maul, Toxica – Wer hat hier bitte eine Hühnerbrust, he~he~?!“, er stieß mit dem Zeige- und Mittelfinger immer wieder gegen die Schulter seines Rivalen und drängte ihn so einige Schritte zurück, spürte jedoch schon nach wenigen Sekunden, wie sich eine kalte, feste Hand um seinen Arm schlang.

„Lass das, oder ich tue dir was an“, zischte Toxica finster und drückte Cay grob von sich weg.

Ihre Blicke trafen sich – Toxicas Augen hatten eine außergewöhnliche Form, wirkten, ohne dass er seine Züge groß zu verändern brauchte, bedrohlich, wenn nicht sogar unheimlich. Sie waren von einer undefinierbaren Farbe gezeichnet, schimmerten zwar dämonisch rot, aber er erkannte auch schwarze Partikel, die sich aus dem tiefen, bernsteinfarbenen Meer abhoben – Wie viele kleine, verschiedenfarbige Sterne.

Obwohl er es nicht wollte, sich regelrecht in Gedanken ermahnte es nicht zu tun, huschten seine Augen weiter, sie wanderten über seinen Körper und blieben dann – für einen endlosen, peinlichen Augenblick auf der Brust Toxicas kleben.

Der Dämon hatte nur eine Schwimmhose getragen und sein Körper war ebenso perfekt geformt, wie es sein makelloses Gesicht gewesen war – Cay schluckte.

Es war mehr als die Summe einzelner Eindrücke, die er wahrnahm: Alle seine Sinne schienen für einen Moment so sehr überreizt zu sein, wie die Optik einer billigen Pocketkamera. Diesmal bedurfte es keines Monsters aus der Schattenwelt und keiner Explosion des Grauens – Die Welt schien sich auch so schneller drehen zu können und die normalen Reize auf ein hundertfaches zu verstärken, bemerkte Cay plötzlich.

„Was ist denn nun?!“, fragte Toxica gereizt. Der Klang seiner Stimme brach den Bann.

Cay war dem Griff seines Rivalen entkommen, trat automatisch einige Schritte zurück und drehte sich noch im selben Augenblick herum, „Wenn du wirklich denkst, dass ich mich nicht trauen würde, dann schau zu, denn ich werde dir heute eine Lektion erteilen, die du niemals im Leben vergessen wirst.“

Er lief neben Toxica, sie überquerten gemeinsam den steil verlaufenden Hang. Vorsichtig schaute er zur Seite, versuchte seinen Widersacher dabei genauer in Augenschein zu nehmen und vielleicht diesmal sogar objektiv.

Der unheimliche Zauber des Augenblick war gebrochen, er war wie ein alter Mantel von Toxica abgefallen und er spürte, wie er sich nicht nur für seine dummen Gedanken zu schämen begann, sondern sich regelrecht über sie ärgerte.

Einige Sekunden verstrichen, in denen beide einfach nur stumm nebeneinander herliefen, nichts sagten und förmlich darauf warteten, dass der andere die Stille brechen möge – Sie warteten auf die Reaktion des anderen, ohne selbst aktiv zu werden.

Dann sagte Toxica endlich: „Wie wäre es mit einem Wettschwimmen? Nur so zum Spaß, versteht sich.“

„Wenn du eine Niederlage wie ein Mann wegstecken kannst und nicht am Ende beleidigt in der Ecke sitzt und schmollst, dann von mir aus gerne“, antwortete Cay großspurig und zog sich sein Shirt aus und warf es gut einen Meter von sich entfernt ins Gras.

„Das wird nicht passieren – Das kann ich dir versprechen, ohne dabei lügen zu müssen“, meinte Toxica gelangweilt und tat einige Schritte ins kalte Wasser hinein.

„Aha“, sagte Cay, er legte seinen Kopf schräg, „Dann auf mein Kommando.“

Er begann von zehn abwärts zu zählen, ließ sich aber deutlich Zeit für den Countdown und zögerte den Start spürbar hinaus. Bei null angekommen, hastete er entschlossen einige Schritte weit in den See hinein, streckte beide Arme nach vorne aus und sprang ab. Kaum hatte sein Körper die gekräuselte, tiefblaue Oberfläche erreicht, spürte er wie sein Körper die gewaltigen Wassermassen verdrängte, tief in den Strom eintauchte, und dabei die Kontrolle über sich und seine Gliedmaßen verlor. Er driftete ab, strudelte in die Tiefe, trat und schlug dabei in einem Anflug aus rasender Panik wild um sich und verlor zusehends den Kampf gegen die wogende, schwarze See.

Cays Gedanken rasten. Er spürte – nein – er wusste es. Wenn er überleben wollte, musste er nicht nur um sein Leben kämpfen, nein, er musste schier unmögliche Kräfte in sich mobilisieren und die tosenden Wassermassen, die wie ein ungnädiger Faustschlag der Natur über ihm zusammengebrochen waren, zurückdrängen.

Ein langer, spitzer Schrei ertönte über ihm, gefolgt von vielen unverständlichen Worten, die wild durcheinander gesprochen wurden. Nichts davon ergab einen Sinn.

„Der Junge ertrinkt – Schnell! Einer muss ihn herausziehen“, kreischte ein Mädchen hilflos.

Die Luft wich aus seinen Lungenflügeln – es war schneller gegangen, als er gehofft hatte – sie stieg als Strom aus tausend kleinen Luftblasen empor, erreichte aber die Oberfläche nicht. Plötzlich spürte er, wie sich ein starker Arm um seinen Brustkorb schlang, er wurde ruckartig in die Höhe gerissen, dann verschwamm seine Sicht.
 

„Chef, bist du okay?!“, murmelte Mochi leise, sackte neben seinem Meister zusammen und blickte dann kurz in Toxicas ausdruckslosen, starren Augen, ehe er ihn fragte „Er lebt doch noch, oder?!“

„Mach dir um den Spinner keine Sorgen“, zischte er, „Er hat nur ein bisschen Wasser geschluckt, er wird wieder.“

„Warum muss er auch immer so einen Scheiß machen“, es war keine Reaktion auf Toxicas Worte gewesen und doch antwortete ihm sein Gegenüber, ohne dass er es gewollt hatte.

„Weil dein Meister ein Idiot ist, der sich keine Niederlage eingestehen kann – Grüß ihn aber bitte von mir, wenn er die Augen aufmacht, denn bewusstlos ist er nicht“, sagte Toxica finster und wandte sich zum Gehen um.

Kurz spielte Mochi mit dem Gedanken Cay aus der Erstarrung zu rütteln, ihn anzuschreien und für sein dummes, unüberlegtes Verhalten zur Rechenschaft zu ziehen, aber entschied sich dann doch dagegen. Auch wenn er der Meinung gewesen war, dass er ihm eine Antwort schuldig sei, wollte er nicht unnötig einen sinnlosen Streit vom Zaun brechen, der ihn schlussendlich mehr verletzten würde, als seinen Partner. Cay war nicht nur unberechenbar, er konnte auch von einer Sekunde auf die Nächste in seiner Laune umschwenken und von einer Wut übermannt werden, die bis zur Krankhaftigkeit hin reichte.

Cay hatte gewartet bis Toxica außer Sichtweite gelangt war, dann öffnete er blinzelnd die Augen und richtete sich mit einer deutlich schwerfälligen Bewegung auf.

„Ist er endlich weg?!“, stieß er mit schwacher Stimme hervor und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, „Das war ganz schön peinlich...“

„Ich habe halt einen jämmerlichen Boss, daran werde ich mich halt noch gewöhnen müssen“, Mochi grinste ihn böse an, „Ich habe bislang halt immer nur mit hochrangigen Dämonen zusammengearbeitet, die ihre Gegner allein durch ihre unheilverkündende und angsteinflößende Aura in die Flucht geschlagen haben“, ereiferte sich Mochi weiter, „Aber ich komme mit der Veränderung klar... denke ich.“

„Mochi, überspann' den Bogen nicht“, zischte Cay und bäumte sich schlagartig auf.

„Ich würde mich lieber bedeckt halten, nach deinem peinlichen Auftritt, Meister“, entgegnete Mochi siegessicher, Aber... Cay... Kann ich dich was fragen?!“

Kurz überlegte der Dämon, ob die Frage seines Partners hören wollte, er öffnete seinen Mund, wollte ihm einen unnötigen Protest entgegenschleudern, schloss ihn aber sogleich wieder, ohne etwas gesagt zu haben. Er nickte stumm, wirkte aber verwirrt.

„Die Zeitung...“ begann Mochi verlegen, „Da waren riesige Kreaturen aus glänzendem Stahl drin... Was machen die Menschen damit, wenn sie sie gefangen haben?!“

Ein lautes, aber ehrliches Lachen kam über seine Lippen, er zeigte eine Reihe spitzer Zähne und sagte dann: „Das war eine Autozeitung – Hast du denn noch nie in deinem Leben ein Auto gesehen?!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Farbwolke
2013-12-20T23:29:34+00:00 21.12.2013 00:29
Teil 2:)
Okay Cay las also eine Auto Bild sage ich mal xD Da hat der gute verloren, tut mir aber Leid ;) Toxica ist echt lustig hahaha. Woher wusste der eigentlich das Cay wieder wach ist? Hellseher, oder wie?

Insgesamt war das Kapitel sehr schön :) Was mir gut gefallen hat war der Inhalt. Die Idee mit dem Wettschwimmen. Hast du Free geguckt, oder wie? XD Das mit der Zeitschrift fand ich auch gut, weil ich so lachen musste deswegen, weil ich zuerst dachte Cay liest den Playboy haha. Du hast das Kapitel sehr schön beschrieben :) Auch gut war die Darstellung in dem Kapitel :)

Grüße
Traumtaenzerin

Ps. Heute Mittag kommen die nächsten Kapitel :)

Antwort von: abgemeldet
08.03.2014 15:23
Es sollte ja auch so wirken, als ob er Schmuddelmagazin liest *lach*
Von:  Farbwolke
2013-12-20T23:23:13+00:00 21.12.2013 00:23
Hallo :)
Teil 1 :D
Ich fand die Seite sehr gut :) Besonders die Reaktion von Cay fand ich klasse gegenüber Toyica. Was ich noch gut fand war, wie Cay Toyica gemustert hat :) Was für eine Zeitschrift wohl Cay gelesen hat? :D Auf jedenfall ist Ren eine Wasserratte lol


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