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Runenstern

Weltenwandler Chroniken – One-Shot
von

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Runenstern

„Ich muss es aber tun, Lichtwesen. Ich muss“, meinte Runa mit einer Bestimmtheit in der Stimme, die klar machte, wie ernst es ihr war.

„Es wird dir nur wehtun. Bleib hier. Vergiss die Erde. Sie ist schon lange nicht mehr dein Zuhause“, erwiderte das leuchtende Wesen sanft.

Die Gelbe drehte sich noch einmal um. Sie stand vor dem Weltentor, das sich weit geöffnet hatte, damit sie eintreten konnte: „Nicht einmal die 10.000 Jahre, die ich geschlafen habe, können etwas daran ändern, dass dieser Planet meine Heimat ist.“

Nach diesen Worten schritt sie durch das Tor hindurch und ließ das Todeswesen hinter sich. Als sie die Augen wieder öffnete, wollte sie diesen kaum trauen. Sie tat den ersten Schritt auf den trockenen, verbrannten Boden und musste sich zusammenreißen nicht laut aufzuheulen.

„Nein“, flüsterte die Wölfin. „Wie konnte das nur geschehen?“

Der Planet war tot. Nur noch eine Wüste, in der man zwar noch atmen konnte, aber sicher nicht lange überleben. Die Pflanzen, das Wasser, der schöne blaue Planet – vergangen. Die Gelbe ging ein wenig weiter und setzte sich dann in den dunklen Sand. Sie wusste, dass sich hier niemand mehr befand. Ihre Magie verriet ihr, dass es nichts Lebendiges auf diesem alten, toten Felsbrocken mehr gab, nicht einmal die kleinste Lebensform. Nur eine Energie konnte sie neben ihrer noch fühlen und die kam vom Tor auf sie zu.

„Du bist mir gefolgt?“, sagte Runa ohne sich umzudrehen, damit ihr Gesicht nicht den Schmerz verriet, der gerade in ihr tobte.

„Es ist erstaunlich, wie sich deine Macht weiter und weiter steigert. Dass du jetzt sogar spüren kannst, wer sich dir nähert“, sagte der rotbraune Rüde verblüfft.

„Ich hatte schließlich genug Zeit zum Üben. Viel zu viel Zeit.“

„Das Lichtwesen macht sich Sorgen um dich.“

Sie schwieg. Ein leichter Wind fuhr ihr durchs Fell. Sie wünschte sich alleine zu sein, aber sie wusste auch, wenn sie alleine wäre, dann würde sie sich wünschen, dass jemand bei ihr war. Aber warum musste er hier sein? Sie wollte nicht, dass er sie so erlebte. Merlin kam näher und setze sich schließlich neben sie, aber sie sah ihn immer noch nicht an und starrte weiter auf das trostlose Bild vor sich.

„Es ist hart“, begann der Rüde erneut. „Auch mein Planet hatte so ein Schicksal. So ist es bei uns Unsterblichen. Um uns herum zerfällt alles, während wir immer das bleiben was wir sind.“

Er wusste also, wie sie sich gerade fühlte. Ausgerechnet er. Seine Nähe machte sie nervös, aber seine Wärme beruhigte sie auch. Dann dachte sie an Yaris. Ihr war entfallen, welche Fellfarbe er eigentlich gehabt hatte, an den klang seiner Stimme konnte sie sich schon seit Jahrhunderten nicht mehr erinnern.

„Aber ich bin nicht so wie du. Ein Gott ist dafür gemacht für alle Zeiten zu leben, aber ich war eine sterbliche Erdenwölfin. Mit etwas Glück wäre ich zehn Jahre alt geworden. Sie verblassen alle. Manchmal weiß ich nicht einmal mehr den Namen meiner Eltern oder wie viele Geschwister ich hatte. Ich will sie doch nicht verlieren.“

Er kam noch ein Stückchen näher, so dass sich ihre Körper berührten. Runa zitterte leicht, wehrte sich dann aber nicht mehr dagegen und drückte ihren Kopf in sein dichtes Brustfell, das wunderbar weich war.

„Sie werden immer ein Teil von dir sein. Und du hast die Weltenwandler. Wir sind deine Familie. Und du hast…mich“, flüsterte er ihr ins Ohr.

Ihr Herz schlug ein wenig schneller. Warum hatte sie nicht früher erkannt, was da zwischen ihnen war? So sehr hatten sich gegenseitig geärgert und nie verstanden, was es wirklich bedeutet. Eine Träne lief ihr über die Wange. So lange hatte sie ihr Herz gegen alles verschlossen, aber nun gab es da jemanden, den sie nicht verlieren konnte, weil er so war wie sie.

„Merlin.“ Sie legte ihre Pfote auf die seine. „Danke.“

Er nickte nur leicht und blieb still sitzen. Sie achtete auf seinen Brustkorb, der sich gleichmäßig auf und ab bewegte und rührte sich ebenfalls nicht. Es war als würde die Zeit stehen bleiben. Das war ihr Moment. Der Wind wirbelte ihr Fell auf, als sie sich löste und ihm die Augen sahen.

„Ich hätte nie gedacht...“, sagte er.

„Ich auch nicht…“

„Lass uns gehen. Hier gibt es nichts mehr wofür man bleiben sollte.“ Merlin stand auf und ging in Richtung Tor.

Runa blickte noch einmal zurück: „Es gibt hier nichts außer Schmerz…“

Dann drehte auch sie sich weg und folgte dem rotbraunen Rüden. Dieser Lebensabschnitt war nun vorbei für sie. Nie wieder würde sie die Wälder, die Wiesen, die Flüsse, die Tiere und die Pflanzen der Erde sehen können.

„Tschüss“, hauchte sie, kurz bevor sie durch das Weltentor schritt und ihre Heimat für immer hinter sich ließ.
 

ENDE



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  hundefrau
2012-05-07T20:49:59+00:00 07.05.2012 22:49
Ein toller One-shot :'D
Richtig dramatisch, ohne wirklich viel zu verraten <3


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