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Delilah – Die Liebe einer Wölfin

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Salix - ich muss dir danken. Jetzt weiß ich, dass es doch noch Leben im Animexxuniversum gibt und mehr wollte ich eigentlich gar nicht. :)
Ich kann dich sehr gut verstehen und daher bin ich auch absolut keine der Autoren, die ständig um Aufmerksamkeit betteln. Ich empfinde das selbst als ziemlich nervig, aber es war wirklich mal wieder sehr schön, Feedback zu bekommen, gerade weil die letzten Kapitel so unglaublich mühsam waren.
Also danke noch mal, dass du dir die Zeit genommen hast. Ich werde dir das nicht vergessen.

Liebe Grüße
Darky Komplett anzeigen

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50. Kapitel

„Bist du sicher, dass du zuerst alleine mit ihm reden möchtest?“

James hörte auf, in seiner Kommode herumzukramen und warf einen kurzen Blick über seine Schulter zurück auf sein Bett, auf dem sie sich im Schneidersitz niedergelassen hatte. Sie war wesentlich schneller als er mit Duschen und Anziehen fertig gewesen, aber im Gegensatz zu ihm, hatte sie sich nur frische Unterwäsche und ein leichtes Sommerkleid überziehen müssen.

„Sicher bin ich mir nicht, aber ich denke, es wäre besser. Wenn er mich sieht, wird er nicht gleich eins und eins zusammenzählen. Hoffe ich zumindest.“ Er wandte sich erneut der geöffneten Schublade zu und nahm ein Paar Socken heraus. Mit dem Ellenbogen schloss er sie wieder und begann dann von einem Bein auf das andere zu hüpfen, während er sich die weißen Socken überstreifte.

Seine feuchten Haare sprangen dabei mit und verteilten noch ein paar vereinzelte Wassertropfen auf dem Boden oder liefen in glänzenden Rinnsalen seinen Nacken, Schulter und Brustkorb hinab. Delilah kämpfte darum, ihn nicht ständig anzustarren, aber ihre leuchtend roten Liebesbisse überall auf seinem Oberkörper verteilt, zogen sie wie magisch an und selbst jetzt wollte sie noch einmal von ihm kosten.

Sie lenkte ihren Blick auf die ineinandergeschlungenen Finger in ihrem Schoß, was sie nur für einen Moment vom Starren abhalten konnte.

Sobald James sich durch den Raum bewegte und vor seinem Kleiderschrank stehen blieb, hefteten sich ihre Augen wieder auf seine Rückseite und an die langen, roten Striemen, die ihre Fingernägel auf seiner Haut hinterlassen hatten.

„Du hast nicht zufälligerweise einen Rollkragenpulli in deinem Schrank?“

James schenkte ihr ein kurzes Lächeln. „Ich bin ein Werwolf. Nicht mal im tiefsten Winter würde ich so was anziehen.“

Sie seufzte. „Das hatte ich mir schon gedacht.“

„Mach dir keine Sorgen, Deli. D mag zwar sonst in vielen Dingen ein bisschen besser sein als ich, aber was Sturheit angeht, ist er mir genauso unterlegen wie beim Kochen. Wir werden ihm seine Terminator-Imitation schon noch austreiben. Deine Zeichen auf mir könnten dabei durchaus noch nützlich sein.“

Delilah hatte daran so ihre Zweifel, aber sie wollte James nicht widersprechen. Er kannte seinen Bruder schließlich besser als sie und eigentlich war sie ihm ganz dankbar dafür, dass er zuerst mit Dean reden wollte. Sie hätte nicht gewusst, wie sie mit ihren Erklärungen anfangen sollte.

James zog unterdessen frische Jeans aus einem ohnehin schon eher unordentlichen Stapel Kleider heraus, musterte sie kurz und entschied sich dann doch für eine andere Hose, die noch ausgewaschener wirkte als seine erste Wahl.

Delilah konnte auch sofort verstehen, warum er sich lieber für Letztere entschied. Als er sie sich über die Hüften zog und Knopf und Reißverschluss vorne schloss, spannte sich das weniger nachgiebige Material gerade richtig um seinen Po und gab diesem eine schön knackige Form, in die man am liebsten hineinbeißen wollte.

Ihr war schon früher aufgefallen, wie gutaussehend die Brüder waren. Sie hätte schon blind oder lesbisch sein müssen, um das nicht mitzukriegen, aber irgendwas war heute anders. Sie konnte nicht so genau sagen was, aber es war, als würde sie James sehr viel deutlicher als Mann wahrnehmen, als sie es bisher getan hatte. Dabei war sie sich dieser Tatsache in der Vergangenheit schon oft deutlich genug bewusst gewesen und hatte ihre Gedanken dahingehend immer wieder zügeln müssen, aber jetzt…

Ob es daran lag, dass sie ihn gezeichnet hatte und ihre Wölfin in ihrem Kopf nun weniger unruhig und dafür umso neugieriger war?

Oder vielleicht weil sie sich nicht mehr selbst davon abhalten musste, seinen Anblick zu genießen, da sie es nun sehr wohl durfte?

Irgendwie war der Gedanke immer noch unwirklich, aber er hatte auch etwas Befreiendes.

James entschied sich für ein schlichtes, weißes Shirt, mit einem rot-schwarzen Schriftzug quer über der Brust und streifte es sich über.

Ihr war schon früher aufgefallen, dass sowohl er als auch Dean keine allzu großen Fans von irgendwelchen T-Shirt-Sprüchen waren, während sie selbst vor der Zeit mit den Brüdern gerne mal mit einem provozierenden Text auf ihren Brüsten, herumgelaufen war. Warum genau sich das geändert hatte, konnte sie nicht sagen, aber um ehrlich zu sein, gefielen ihr die edleren Sachen, die sie von den Brüdern geschenkt bekommen hatte, besser. Genau genommen hatte sie auch gar keinen Grund mehr, gegen ihre konservative Jugend zu rebellieren. Alles in diesem Haus und in dieser Familie war weit davon entfernt, irgendwie unter religiösem Einfluss zu stehen, oder nach fest vorgegebenen Regeln abzulaufen. Selbst Elija war überraschend flexibel, wenn man ihn einmal näher kannte.

Der Gedanke brachte sie wieder zurück ins Hier und Jetzt.

„Während du mit Dean redest, werde ich Elija aufsuchen.“, beschloss sie spontan und stand vom Bett auf, während James die Tür seines Kleiderschranks schloss. „Vielleicht weiß er eine Möglichkeit, wie wir ihn wieder zurückholen können. Denn wie du schon sagtest, er scheint ihn irgendwie verstehen zu können und deshalb nicht eingreifen zu wollen. Vielleicht kann er auch mir helfen, Dean besser zu verstehen. Es wäre zumindest einen Versuch wert.“

Eigentlich kaum zu glauben, dass sie momentan lieber ein Gespräch mit dem alten Werwolf suchte, als mit Dean, der ihr nie etwas getan oder ihr Angst eingejagt hatte. Zumindest nicht bis vor kurzem.

„Du kannst es auf jeden Fall versuchen. Ich weiß aber nicht, wie redselig Dad sein wird. Mit Gefühlen kann er nicht so gut und dabei rede ich nur von der Erfahrung als sein Sohn. Keine Ahnung, was er dir dazu verraten wird.“ James zog ein Paar schwarzer Sneakers unter seinem Bett hervor und schlüpfte hinein. Um die Schnürsenkel binden zu können, ließ er sich nun an ihrer statt auf dem Bett nieder, so dass sie erneut seinen Haarschopf betrachten konnte, der tatsächlich nicht einfach nur braun war.

„Wir werden sehen.“ Immerhin hatte Delilah noch keinem der Brüder etwas von dem Gespräch in der Klinik erzählt, als sie alle auf den Ausgang von James‘ Operation gewartet hatten. Für ihre Verhältnisse war ihr Elija damals sehr offen vorgekommen.

Als James fertig war, stand er auf und trat vor sie.

Sofort wollte ihr das Herz vor lauter Nervosität aus der Brust springen, doch seine Nähe hatte auch eine beruhigende Wirkung auf sie.

Sie wussten beide, dass es für ihr Unternehmen momentan nicht förderlich war, wenn er zu sehr nach ihr roch, weshalb James auch nur ihre Hände in seine nahm und sie sanft festhielt. „Bist du bereit?“

„Nicht wirklich und du?“

„Auch nicht.“

„Dann bin ich ja beruhigt.“ Delilah schenkte ihm ein Lächeln. Dieses Mal sogar ein richtiges.

„Wir werden das schon packen.“ Er erwiderte es und beugte sich schließlich vor.

„Natürlich.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und kam ihm entgegen, so dass ihre Lippen das Einzige waren, was sich – von ihren Händen einmal abgesehen – berührte.

Es war nur ein kurzer, zarter Kuss, aber doch so viel mehr, als sie sich vor ein paar Tagen noch hätte erträumen lassen und vor allem schmeckte er nach Liebe.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verließen sie Hand in Hand sein Zimmer, um sich ihrer bevorstehenden Prüfung zu stellen.

Im Schatten der Veranda drückten sie sich gegenseitig noch einmal beruhigend die Hände, ehe sie sich losließen und jeder seinen eigenen Weg in Richtung Werkstatt ging. James in die Garage und Delilah ins Büro.

Klimatisierte Luft schlug ihr entgegen, als sie den schattigen Raum betrat und die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ. Ihr gegenüber befand sich eine moderne Sitzecke mit Zeitschriften auf einem kleinen Glastisch vor der schwarzen Ledercouch und in der Ecke war ein Getränkeautomat, an dem sich sogar die Brüder von Zeit zu Zeit bedienten, wenn sie Lust auf eine eisgekühlte Coke hatten und der kleine Kühlschrank in der Werkstatt mal wieder leer war.

Im Moment wartete kein Kunde auf seinen Wagen, aber Delilah wusste, dass es auch Tage gab, an denen selbst die Ledersessel vollbesetzt waren.

Zu ihrer Linken hob Elija den Kopf von einem der drei Computerbildschirme, die Tag und Nacht zu laufen schienen oder zumindest solange, wie hier gearbeitet wurde und das konnte bei dem alten Werwolf schon mal bis in die frühen Morgenstunden hinein sein. Kein Wunder. Eine Sekretärin hatten sie nicht und er musste sich nicht nur um die Autos sondern auch um den ganzen Bürokram kümmern. Warum sie nichts daran änderten, wusste sie nicht.

„Stör ich dich gerade?“, fragte sie leise und ging um den Empfangstisch herum, an dem sauber aufgeräumten Tisch für Kundengespräche vorbei und zu Elijas Schreibtisch hinüber, der immer nach einem Berg von Arbeit aussah, mit den ganzen Akten, Dokumenten und Ordnern darauf. Kurz warf sie dabei einen Blick durch die Glastür in die Werkstatt, konnte aber keinen der Brüder sehen. Vermutlich arbeitete Dean weiter hinten bei der zweiten, neueren Hebebühne, von der James ihr erzählt hatte, dass sie ein Weihnachtsgeschenk an sie alle gewesen war.

„Nein.“

Elijas knappe Antwort zog ihre Aufmerksamkeit wieder in das Büro zurück und sie ließ sich wie schon einmal ihm gegenüber auf dem Sessel, der vor seinem Schreibtisch stand, nieder. Würde es ihr inzwischen nicht wieder sehr viel besser gehen, sie hätte unter dem Zug der Klimaanlage in ihrem Nacken zu frieren begonnen, der direkt auf Elijas Schreibtisch gerichtet zu sein schien. Aber das verwunderte sie kein bisschen, musste er doch hier zu jeder Jahreszeit am meisten Zeit verbringen und die Hitze, welche die Rechner ausstrahlten, sollte man auch nicht unterschätzen. Dennoch schlang Delilah ihre Arme um sich und strich nachdenklich über James‘ Mal an ihrem Hals.

Elija folgte mit seinen wachsamen Augen der Bewegung und ließ sie erstarren.

Erst jetzt wurde sie sich bewusst, dass sie noch gar nicht darüber nachgedacht hatte, wie er die ganze Sache mit James, Dean und ihr sehen würde.

Sofort nahm Delilah ihre Hände wieder herunter und legte sie stattdessen auf ihren Bauch. Im Grunde genommen hatte sie ja nichts zu verstecken, aber trotzdem hatte sie plötzlich Angst vor seiner Reaktion.

„Anscheinend geht es dir wieder besser.“, durchbrach er das angespannte Schweigen, als sie keine Anstalten machte, den Grund ihres Besuches zu nennen.

„J-Ja.“ Sie räusperte sich leise und begann nervös an dem Stoff ihres Kleides herum zu fummeln. „James hat mir sehr dabei geholfen.“

„Das sehe ich.“

Sie wurde mit einem Schlag blass, doch als sie hochsah, war da kein Vorwurf in Elijas eisblauen Augen. Er hatte es nur festgestellt, obwohl er die Zeichen an ihrem Körper und James‘ Geruch an ihr, der selbst nach der Dusche noch an ihr haftete, da sie auf seinem Bett gesessen hatte, nicht falsch deuten konnte.

Sie sollte also langsam wirklich auf den Grund ihres Besuches kommen. Aber wie jedes Mal musste sie erst genügend Mut sammeln, bis sie wirklich ins Gespräch mit Elija kommen konnte. Und da sie Rückenwind hatte, half ihr dieses Mal sein beruhigender Geruch nicht aus der Patsche. Viel mehr konnte er so noch deutlicher ihre Nervosität wittern, was sie gleich noch nervöser machte.

„Delilah, warum bist du hier?“ Elija schob die Computertastatur von sich und faltete entspannt aber unmissverständlich seine großen Hände auf dem Tisch.

Der Anblick erinnerte sie sofort an die beiden Bulldozer, die beim Aufmischen der Moonleague geholfen hatten. Der alte Werwolf wäre damals bestimmt auch sehr nützlich gewesen, immerhin war er genauso ein Riese, wie dieser Hüne mit den kalten Augen, die-

Delilah stoppte sich selbst in Gedanken, denn genau deshalb war sie doch hier. Weil sie Dean nicht länger in diesem Zustand sehen wollte, den dieser Muskelberg damals wie alltäglich vor sich hergetragen hatte, mit dem vollkommenen Fehlen jeglicher Wärme und Menschlichkeit.

Dean sollte nicht so enden.

„Ich will Dean zurückholen. So wie er jetzt ist, ist er nicht er selbst und ich kann nicht länger dabei zusehen, wie meine Entscheidung ihn zu Grunde richtet. Darum bitte ich dich um deine Hilfe. Du weißt doch, wie man seinen Wolf wieder befreien kann, oder nicht?“ Während die Worte nur so über ihre Lippen sprudelten, richtete sie sich weiter im Sessel auf und rutschte sogar ein Stück nach vor, bis sie sich selbst zur Ruhe ermahnte und still saß, während sie auf Elijas Antwort wartete.

Er sah ihr lange schweigend in die Augen, bevor sein Blick an ihrem Gesicht herab, über ihren Hals und die nackten Schultern wanderte, einen Moment auf ihrem geschwollenen Leib liegen blieb, dort wo sich ihre Hände beschützend darauf gelegt hatten und schließlich wieder zu ihren Augen zurückkehrte.

„Und warum sollte ich dir helfen?“, verlangte er schlussendlich zu wissen.

Seine Antwort war verstörend, hatte sie doch mit etwas völlig anderem gerechnet und zugleich weckte es ihre Wut. Es war schließlich sein eigener Sohn, von dem sie da sprachen!

Ihre Wölfin bleckte bereits die Zähne, doch sie zwang sich zur Ruhe. „Willst du denn wirklich, dass Dean für immer so bleibt?“

„Nein. Natürlich nicht.“ Elija nahm die Arme vom Schreibtisch und lehnte sich stattdessen in seinem Bürosessel zurück. „Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Meine Frage war: Warum sollte ich dir helfen? Immerhin hat deine Entscheidung ihm erst diesen Zustand aufgezwungen und so wie es aussieht, wird ihn kaum etwas Besseres erwarten, sollte er wieder zu sich selbst zurückfinden.“

„Das ist nicht wahr. Ich weiß, das mag für dich jetzt völlig anders wirken, aber James und ich glauben, ein Arrangement gefunden zu haben, mit dem wir alle leben könnten – auch Dean.“

Seine gehobene Augenbraue bedeutete ihr, weiter zu sprechen, also tat sie es.

„Ich liebe Dean und ich liebe James. Ich liebe beide deiner Söhne aus ganzem Herzen und mehr als sonst jemanden auf der Welt. Sogar mehr als mein Leben. Ich habe das lange zu leugnen versucht und dadurch James verletzt und die beiden auseinandergerissen. Und nur deshalb habe ich letztendlich diese verheerende Entscheidung getroffen. Ich glaubte, es wäre für alle besser, wenn ich die Liebe und Nähe zu deinen Söhnen nicht länger zuließe und ihnen damit keinen Grund mehr zum Streiten gebe, aber ich habe mich geirrt.“

Delilah wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel, da sie das Ganze wieder an jenen Morgen erinnerte, der so schrecklich geendet hatte und an den Schmerz in ihrer Brust. „Es hat mir das Herz zerrissen, mit Dean Schluss zu machen und das tut es auch jetzt noch. Alles in mir will ihn wieder zurückhaben. Will ihn halten, seinen Duft einatmen, seine Wärme spüren, einfach bei ihm sein. Ich vermisse ihn so wahnsinnig, dass es wehtut.“

Als sie den Blick senkte, fielen zwei weitere Tropfen auf ihre Hände, die krampfhaft den Stoff ihres Kleides umklammert hielten und sie musste schniefen, als auch noch ihre Nase zu laufen begann.

Die Hälfte von Etwas ist besser als ein Ganzes von Nichts.“, zitierte sie James leise und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. „Das ist es, was ich Dean anbieten kann. Ich weiß, es wird nicht leicht sein, vor allem nicht für die beiden, aber ich liebe sie nun einmal und wenn das die einzige Möglichkeit ist, wie ich sie glücklich machen kann, dann werde ich alles dafür tun, dass es funktioniert. Ob das ausreicht, weiß ich nicht. Aber James und ich wären bereit, es wenigstens zu versuchen und ich will auch Dean die Möglichkeit geben, über diesen Vorschlag nachzudenken. Allerdings nicht in seinem jetzigen Zustand.“

Als sie schließlich wieder die Kraft aufbrachte, den Kopf zu heben, saß Elija nicht mehr auf seinem Platz, sondern stand neben ihr und hielt ihr eine Box mit Taschentüchern hin.

Sie nahm gleich drei.

Er wartete geduldig ab, bis sie sich wieder soweit gesammelt hatte, dass sie ihn ansehen konnte, erst dann stellte er die Box vor ihr auf dem Schreibtisch ab und warf ebenfalls einen kurzen Blick in die Werkstatt, ehe er das Büro abzuschreiten begann. Seine riesige Hand lag dabei in seinem Nacken und rieb ab und an darüber, während er nachdachte.

Delilah zuckte regelrecht zusammen, als er unerwartet zu sprechen, nein, zu erzählen begann.

Für gewöhnlich binden Gefährten sich fürs Leben. Das Band, das beide miteinander teilen, ist zuweilen so stark, dass kaum etwas es zu durchtrennen vermag. Allein der Tod gilt als der einzige, der wahre Grund, das Band zu zerreißen. Oftmals folgt der zurückgebliebene Gefährte sogar seiner verlorenen Liebe auf die andere Seite, um dem grausamen Schmerz des Verlustes zu entfliehen. Aber nicht immer…“

Elija blieb mitten im Raum stehen, legte nun beide Hände in seinen Nacken und starrte an die Decke. Hatten sich seine Worte vorher mehr wie ein auswendig gelernter Text aus einem Buch angehört, so waren die darauffolgenden nun ganz und gar die seinen.

„Gefährten zu sein, ist etwas völlig anderes, als verheiratet zu sein. Wenn man verheiratet ist, kann man sich scheiden lassen. Selbst in Beziehungen ist es gang und gebe, dass die Leute sich nach ein paar Jahren, manchmal sogar noch nach Jahrzehnten trennen. Ein bisschen Herzschmerz und Geheule, ein paar letzte Beschimpfungen und es ist überstanden. Bei Menschen läuft es meistens so ab. Auch viele Werwölfe und Gestaltwandler lernen ihr ganzes Leben lang nie etwas anderes als das kennen. Aber es gibt Ausnahmen.“

Kurz warf Elija ihr einen Blick über seine Schulter zu. Vielleicht um sich zu vergewissern, dass sie ihm immer noch zuhörte. Dabei hing sie geradezu an seinen Lippen.

Als er sich ihrer Aufmerksamkeit sicher war, fuhr er fort. „Die Ironie bei der ganzen Gefährtensache ist, dass es auch nur einen Teil in der Partnerschaft treffen kann. Besonders dann, wenn man nicht der gleichen Art angehört.“

Delilahs Herz setzte für einen Schlag lang aus und begann dann wie verrückt gegen ihren Brustkorb zu hämmern. Sprach er gerade von sich und seiner Ex-Frau?

„Ist es dann auch noch der Mann, der sich auf diese besondere Art gebunden hat, hat man definitiv die Arschkarte gezogen.“

Bei diesem für Elija doch recht ungewöhnlichen Ausdruck blieb ihr buchstäblich der Mund offen stehen.

„Weil das mit dem Gefährtensein so eine Sache ist. Eine gute Sache aus rein biologischer Sicht gesehen, sofern beide das gleiche empfinden, aber eine verdammt miese Angelegenheit, sobald die Frau das für sich auszunutzen weiß. Denn da sie sich nicht so intensiv an ihren Partner gebunden hat, kann es durchaus sein, dass sie auch nicht zögert, dieses Band gegen ihn einzusetzen, sollte sie ihn irgendwann satt haben.“

Elija ließ seine Arme sinken und ging zu dem großen Fenster hinüber, von dem aus man die Einfahrt gut im Blick hatte. Dabei ballte er immer wieder seine Hände zu Fäusten und entspannte sie wieder, als müsse er seine Finger lockern.

Da die Klimaanlage immer noch in ihrem Rücken war, konnte sie seine Witterung nicht aufnehmen, aber sie war sich auch so bewusst, dass er nicht mehr so ruhig war, wie vorhin noch, als sie das Büro betreten hatte.

„Und wie?“, kam ihr die Frage unvermittelt über die Lippen, da er nicht weiter gesprochen hatte.

Der alte Werwolf wandte ihr seinen Kopf nur ganz leicht zu, ehe er seine Arme hinter seinem Rücken verschränkte und seinen Blick wieder in die Ferne richtete.

„Frauen können einen gebundenen Partner dazu bringen, fast alles für sie zu tun.“ Er atmete einmal tief ein und lange wieder aus. „Sie können ihn zum Beispiel beruhigen, wenn er aufgebracht ist und etwas wirklich Dummes tun will. Wie etwa jemanden mit bloßen Händen umzubringen. Oder dafür sorgen, dass er unverzeihliche Dinge, die sie getan hat, einfach so schluckt, als wäre nie etwas gewesen.“

Eine kurze Pause entstand, in der sich irgendetwas im Raum so subtil veränderte, dass Delilah plötzlich ein kalter Schauer über den Rücken fuhr und eine Gänsehaut ihren Körper zu überziehen begann. Ihre Hände klammerten sich unwillkürlich an den Armlehnen ihres Stuhls fest und dennoch blieb Elijas tiefe Stimme immer noch vollkommen ruhig, als er weiter sprach.

„Sie können ihn nach Strich und Faden für ihre Zwecke missbrauchen und der gebundene Partner wird es zulassen, weil er keine andere Wahl hat. Denn sich von dieser Frau zu trennen, würde für ihn bedeuten, sich das Herz mit eigenen Händen aus der Brust zu reißen und bis ans Ende seiner Tage mit diesem Verlust und dem unbeschreiblichen Schmerz leben zu müssen. Und doch kann sie ihn jeder Zeit in genau diesen Abgrund stoßen, wenn sie will.“

Elija drehte sich langsam zu ihr um und sah Delilah fest in die Augen. „Indem sie ihn von sich aus verlässt…“

Einen Moment lang starrte sie einfach nur stumm zurück. Wartete darauf, dass noch mehr folgen würde, bis ihr mit einem Mal klar wurde, dass der alte Werwolf alles gesagt hatte, was es zu sagen gab. Erst dann kam der letzte Satz wirklich bei ihr an und ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren, als sie zu begreifen begann.

Ihre Pupillen weiteten sich unter dieser Erkenntnis so stark, dass nur noch ein feiner Ring aus Blau zu sehen war, während jegliche Farbe ihr Gesicht fluchtartig verließ. Sie schwankte für einen Moment auf ihrem Stuhl und wusste nicht mehr, wie man atmete, bis ein lautes, metallenes Klirren aus der Werkstatt sie herumfahren ließ.

Kurz darauf konnte sie stampfende Schritte in der Einfahrt hören und ihr Kopf schnellte in die andere Richtung, wo sie gerade noch durch das Bürofenster erkennen konnte, wie Dean ins Haus lief, dicht gefolgt von James, der ihm etwas hinterher rief.

Es gab nichts mehr, das sie auf dem Bürostuhl halten konnte.

Eilenden Schrittes stürmte sie an Elija vorbei, riss die Bürotür auf und rannte gegen eine Wand aus Hitze, die ihr sofort Schweißperlen auf die Stirn trieb, sie aber keine Sekunde lang aufhalten konnte.

Sie stolperte mehr die Treppen rauf, als dass sie lief und rammte beinahe James, der im Türrahmen zu Deans Zimmer stehen geblieben war.

„Ich will, dass du verschwindest.“ Immer noch kein Funke Gefühl in der Stimme, aber Deans Hand in seinem Nacken und sein aufgebrachter Gang waren ein gutes Zeichen. Wenn man es überhaupt als gutes Zeichen werten konnte.

„Werden wir aber nicht.“ James griff nach ihrer Hand und hielt sie fest, was Dean mitten im Schritt erstarren ließ, als er Delilah nun ebenfalls erkannte. Seine Augen wurden fast schwarz, als sie sich auf die ganzen roten Male auf ihrer Haut richteten. Aber das war auch schon alles an Reaktion.

„Verschwindet.“

„Nein.“ Sie betrat das Zimmer und zog James mit sich, der in weiser Voraussicht die Tür hinter sich zuschob.

Das Geräusch des sich drehenden Schlüssels im Schloss, ließ Dean einen Schritt zurückweichen. Er saß in der Falle und war sich dessen nur allzu deutlich bewusst.

„Wir müssen mit dir reden, Dean.“, begann Delilah vorsichtig, wurde aber sofort von ihm unterbrochen.

„James hat bereits alles gesagt, was er zu sagen hatte. Ich gratuliere euch.“ Noch nicht einmal Sarkasmus brachte er zustande, obwohl er es so meinte. Es war erschreckend.

„Aber du hast dir noch nicht angehört, was ich dir zu sagen habe.“ Gott, sie wünschte, sie hätte mehr Zeit gehabt, über Elijas Worte nachzudenken. So aufgewühlt, wie sich selbst noch fühlte, wusste sie nicht, ob sie das hier richtig über die Bühne bringen konnte. Andererseits wüsste sie nicht, ob sie je die richtigen Worte dafür gefunden hätte. Jetzt war es ohnehin zu spät.

„Ich glaube, es ist besser, wenn du dich hinsetzt.“ Sie deutete auf sein akkurat gemachtes Bett.

Dean rührte sich keinen Millimeter.

Delilah holte tief Luft und schloss für einen Moment die Augen. Sie konnte kaum glauben, dass sie das, woran sie gerade dachte, wirklich in die Tat umsetzen wollte. Aber sie musste es wissen, selbst wenn sie der Gedanke noch so sehr entsetzte.

Langsam ließ sie James‘ Hand los, aber nicht, ohne sie vorher noch einmal beruhigend gedrückt zu haben, ehe sie auf Dean zuging und zwei Schritt vor ihm stehen blieb. Ihr Blick war fest auf seine Augen gerichtet, während er ihn vollkommen ungerührt erwiderte. Er sah schon wieder einfach durch sie hindurch.

„Ich möchte, dass du dich hinsetzt.“, versuchte sie es noch einmal mit fester Stimme.

Etwas rührte sich in Deans Augen. Nun hatte sie seine volle Aufmerksamkeit, auch wenn er sich immer noch keinen Millimeter von der Stelle bewegt hatte.

Eigentlich war es ihr zu tiefst zuwider, aber sie vertraute darauf, dass Elija ihr dieses Wissen nicht umsonst gegeben hatte. Vielleicht in der Hoffnung, dass sie aus ihrer Unwissenheit und ihren Fehlern lernte und es in Zukunft besser machte.

Sie würde es auf alle Fälle versuchen.

„Bitte, Dean. Setz dich hin und dann reden wir.“ Delilah versuchte so viel Autorität in ihren Blick zu legen, wie sie nur konnte, auch wenn es ihr zutiefst widerstrebte.

Zuerst war es nur ein kurzes Zucken, wie ein kleines Beben, das durch Deans Körper ging, doch dann senkte er schließlich den Blick, ging an ihr vorbei und setzte sich genau an die Stelle, auf die sie vorhin gezeigt hatte.

Einen besseren Beweis für die Richtigkeit von Elijas Worten konnte es nicht geben. Sie sank direkt vor Dean auf die Knie, als ihre Beine nachgaben.

James war sofort bei ihr, schlang seine Arme von hinten um ihren Körper und zog sie an seine Brust. „Deli, was ist los?“

Sie schüttelte nur schwach den Kopf, rieb sich mehrmals über die Augen und machte sich dann wieder halb von James los, damit sie sich wieder an Dean wenden konnte, der sie völlig ungerührt ansah. Er war jetzt wichtiger.

„Bist du fertig? Kann ich gehen?“

„Dean, du verdammtes-!“

Sie legte James die Hand auf den Mund und bedeutete ihm mit einem Blick und einem schwachen Kopfschütteln, dass er sich da raushalten sollte. Er tat es nur äußerst widerstrebend, aber er mischte sich nicht noch einmal ein.

Wieder an Dean gewandt, fragte sie ihn: „Du wirst mir doch zuhören, oder?“

„Hab ich denn eine andere Wahl?“

Sie schüttelte erneut den Kopf und machte sich endgültig von James los, als sie die letzte Distanz zwischen sich und Dean überwand, sich aufrichtete und sein Gesicht behutsam zwischen ihre Hände nahm.

„Ich liebe dich, Dean. Aus tiefstem Herzen und mit ganzer Seele. Und nur deshalb, aus diesem einzigen Grund habe ich etwas Unverzeihliches getan.“ Sie strich ihm eine Strähne seines Haars hinters Ohr und ließ sich dabei nicht von seiner statuengleichen Haltung beirren.

„Ich habe dir wehgetan, wie ich es mir in meinen schlimmsten Alpträumen nicht ausmalen könnte und das tut mir unendlich leid. Ich wollte dich nicht verlassen und ich will dich auch jetzt nicht verlassen. Ich-“

„Und warum bist du dann jetzt mit ihm zusammen?“, unterbrach er sie und deutete auf James, der sich unruhig in ihrem Rücken bewegte, ehe er wieder stillsaß.

„Das habe ich dir vorhin schon zu erklären versucht. Aber du wolltest mir ja nicht zuhören.“

„Das habe ich auch jetzt nicht vor.“

„Aber mir hörst du zu, oder?“

Deans Augen richteten sich wieder auf sie, was Antwort genug war.

„James hat einen Vorschlag gemacht, der uns vielleicht alle mit der Zeit glücklich machen kann, wenn wir uns Mühe geben und ich war einverstanden. Das Einzige, was jetzt noch fehlt, bist du und was du davon hältst. Aber so wie du jetzt bist, wirst du kaum vernünftig darüber nachdenken können.“

„Was für ein Vorschlag?“

Delilah zögerte. Eigentlich hatte sie ihm das mit der Dreiecksbeziehung erst sagen wollen, wenn er wieder voll und ganz er selbst war, aber vielleicht war es sogar besser so. Denn im Moment machte er nicht den Eindruck, als ob er aus Eifersucht heraus wieder auf seinen Bruder eindreschen wollte.

„Das ich mit euch beiden zusammen bin. Vollwertig und ohne irgendwelche Einschränkungen, mit allem was ich bin und was mich ausmacht. Ihr werdet beide nicht nur ein Anrecht auf eure Vaterschaft haben, sondern auch auf mich.“

Dean schwieg. Er schwieg lange, während seine Augen sich regelrecht in ihre bohrten und sie deutlich sehen konnte, wie sich etwas hinter diesem ausdruckslosen Blick zu regen begann.

„Ich denke nicht, dass das funktioniert.“, war schließlich seine Antwort.

„Und warum nicht?“

„Weil ich dich nicht teilen will.“

Hinter ihr erklang ein tiefes Knurren, das sie dazu zwang, schnell fortzufahren. „Aber wenn James es kann, kannst du es doch auch. Du liebst ihn doch.“

„Genauso sehr wie ich ihn manchmal hasse.“

„Dito.“ Das Knurren wurde lauter, bis Delilah James einen warnenden Blick zuwarf und er einmal kräftig schluckte, bevor er Löcher in Deans Vorhänge zu starren begann und wieder still war.

„Dann sag mir, was dir lieber ist. Mich zur Hälfte zu besitzen, oder gar nicht?“ Sie ließ ihre Hände sinken, legte sie stattdessen auf ihren Bauch und lehnte sich zurück auf ihre Fersen. Ihr Blick war traurig, als sie von unten herab zu Dean hochsah. „Und was ist mit unserem Baby? Bedeutet es dir denn überhaupt nichts mehr?“

Dean zuckte ein winziges Stück nach vorn. „Das ist nicht wahr.“

„Aber du hast es seit fast zwei Wochen nicht mehr berührt, obwohl ich dir dieses Recht nie entzogen habe. Stattdessen strafst du es mit Gleichgültigkeit und Ignoranz. Ich mag das ja verdient haben, aber das Baby hat an alledem keine Schuld.“

„Es ist in deinem Bauch. Ich kann es doch noch gar nicht wirklich berühren.“

Das tat weh, aber Delilah zwang sich dazu, dieses Gefühl ebenfalls hinunter zu schlucken. „Aber es kann dich hören und es fühlt, was ich fühle. Was glaubst du, wie es ihm gerade geht? Oder wie es ihm gehen wird, wenn es zwischen Eifersucht, Rivalität und einem zerrütteten Familienverhältnis zur Welt kommt? Bevor das geschieht, gehe ich lieber.“

Nein!“ Zwei Hände packen aus verschiedenen Richtungen ihre Schultern und drückten sie nieder, nachdem sie versucht hatte, ihr Gewicht etwas zu verlagern, in dem sie ihre Füße unter sich hervorzog, da sie ihr sonst einschliefen.

Sie war zwar aufgehalten worden, beendete aber trotzdem die Bewegung, obwohl sie verblüfft den Blick von einem Bruder zum anderen und wieder zurück wandern ließ. Delilah hatte nicht vorgehabt, jetzt gleich zu gehen, aber das schienen die beiden nicht zu wissen.

„Verdammt, D! Schluck dein beschissenes Ego endlich runter und geh auf den Vorschlag ein. Oder willst du sie noch einmal verlieren und vielleicht auch noch das Baby? Du weißt doch sicher noch, wie es sich angefühlt hat, als wir dachten, sie hätte es tatsächlich verloren!“

Die Hand an ihrer Schulter begann kaum merklich zu zittern, aber es war nicht die von James.

„Und vergiss das Gefühl nicht, als du dachtest, James würde sterben. Es hätte dich beinahe selbst umgebracht, so sehr liebst du ihn und hättest ihn nicht verlieren wollen. Daran kann doch keine Eifersucht der Welt heranreichen!“

Delilah spürte, wie James‘ Daumen sanft ihr Schulterblatt streichelte, während Dean sie wieder losließ und sich vollkommen von ihr abwandte, auch wenn er immer noch sitzen blieb. Irgendetwas in ihr sagte ihr, dass es an der Zeit war, an seiner inneren Barriere zu rütteln, die bereits zu bröckeln begonnen hatte. Also nahm sie James‘ Hand, hauchte ihm einen Kuss in die Handinnenfläche und legte sie behutsam in seinen Schoß, bevor sie sich ganz auf Dean zu konzentrieren begann. Wieder fing sie sein Gesicht ein, zwang ihn dazu, ihr in die Augen zu sehen und rutschte dabei so nahe an ihn heran, dass er seine Beine spreizen musste, um ihr nicht seine Knie in den Bauch zu drücken. Was er rein instinktiv schon nicht zugelassen hätte.

„Ein wirklich cleverer Kerl hat mir einmal gesagt, dass es keine Lösung ist, seinen Wolf wegzusperren, weil es einen irgendwann zu Grunde richtet. Weißt du noch, wer das war?“ Sie lächelte traurig, während sie sich an den Tag in der Küche zurückerinnerte, als Dean sie wieder einmal aus einem ihrer Tiefs herausgezogen hatte.

Er regte sich nicht, aber etwas in seinen Augen begann zu flackern.

„Gib mir einen Kuss und ich werde dich nicht weiter bedrängen.“ Sie benutzte absichtlich fast die gleichen Worte wie er damals.

Das Flackern wurde stärker, aber er blieb immer noch regungslos.

Ich wollte euch beide wirklich nicht verlassen.“, warf sie daher leise dazwischen und schmiegte zart ihre Wange an seiner. „Meine Entscheidung war falsch. Bitte verzeih mir.

Sein Puls begann sich spürbar zu beschleunigen, während sein Atem in flachen Stößen über ihren Nacken strich.

„Nur ein einziger, richtiger Kuss und ich lasse euch beide in Frieden.“ Sie zog sich zurück, jedoch nur soweit, dass sie nur noch die Augen des jeweils anderen sehen konnten, während ihr Atem sich miteinander vermischte. Ihre Lippen trennte kaum ein halber Zentimeter, aber Dean musste auf sie zugehen, es hätte nichts gebracht, wenn sie es für ihn getan hätte.

Das Gold in seinen Augen begann das matte Schwarz seiner Pupillen zurückzudrängen, sich auszudehnen, an Glanz zu gewinnen und bei Gott, da war auch so viel Schmerz, dass es ihr selbst die Tränen in die Augen trieb. Aber sie konnte den Blick nicht abwenden, denn hätte sie es getan, ihr wäre vielleicht nur noch eine Wahl geblieben, um ihn wieder zurückzuholen. Eine die ihr absolut nicht gefallen und vollkommen widerstrebt hätte. Sie hätte Dean befehlen müssen, seinen Wolf wieder freizulassen und vielleicht hätte er ihr genau das, am Ende niemals verziehen.

Doch so kam er ihr Herzschlag für Herzschlag immer näher, bis seine kraftlosen Lippen sich auf ihren Mund legten. Zuerst zögerlich, doch dann schon lebhafter, bis seine Hand sie grob im Genick packte und sie an sich zog, als wolle er ihr direkt den Atem aus den Lungen saugen.

Seine Lider pressten sich dabei gequält zusammen, während eine tiefe Furche zwischen seinen Augenbrauen entstand. Heiße Tränen quollen schließlich aus seinen Augenwinkeln hervor, bevor sich seine Lippen mit einem lauten Schluchzen von ihr lösten und sein ganzer Körper von einem heftigen Beben durchgeschüttelt wurde.

Delilah schlang sofort ihre Arme um Dean und hielt ihn fest, nachdem er zu ihr auf den Boden geglitten und zu einem Häufchen Elend zusammen gesunken war.

Auch James war plötzlich an ihrer Seite, legte seine Arme um seinen Bruder und sprach beruhigend auf ihn ein. „Ist schon gut, D. Lass ihn raus. Es wird alles wieder gut.“

Obwohl sie es kaum noch für möglich hielt, wurde Deans Körper daraufhin noch stärker durchgeschüttelt und das Schluchzen nahm Ausmaße an, wie sie sie noch nie bei einem Mann gehört hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Salix
2014-04-16T19:32:59+00:00 16.04.2014 21:32
Hi,

mir hat das Kapitel insgesamt gut gefallen und ich bin froh über die Versöhnung der Drei.
Ein Problem hab ich mit der Geschichte, genauer nicht mit der Geschichte direkt, sondern mit dem Konzept der Gefährtenbindung. Aber das liegt daran, dass ich eine Verfechterin des freien Willens bin und Bindungen in Beziehungen, die mit Zwang zu tun haben skeptisch gegenüberstehe.
Der Teil, wo es darum das jemand einen anderen dazu bringen kann Dinge zu tun, die er eigentlich nicht will, sogar gegen dessen Willen ( in gewisser Weise).
Aus meiner Sicht ist ein solches Ungleichgewicht der Machtverhältnisse in einer Beziehung kein Merkmal für eine gesunde positive Beziehung.
Ich kann jedoch nachvollziehen, wie du zu dem Konzept gekommen bist.
ich mag das Delilah selbst Bedenken hat wegen dieser Macht, die sie über Dean und James hat.
Der Zwang den sie nutzt ist in der Geschichte hier notwendig und hat positive Folgen für alle drei und Delilah ist als Charakter so konzipiert, dass sie ihre Möglichkeit diese Macht wohl weniger auszunutzen. Dennoch finde ich es ein wenig schade, dass dieses Konzept nötig war.

Liebe Grüße


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