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Das Erbe der Krone

von

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Episode 08. Was sind Gefühle schon wert?

Interessiert betrachtete Haruka ihr neues Aussehen. Dieser Körper war viel weiblicher als sie es gewöhnt war. Die langen, blonden Haare waren wirklich eine Qual, ständig fielen sie ihr ins Gesicht und verdeckten ihre Sicht. Wie konnte Michiru mit solchen Haaren nur zurechtkommen? Sie blickte zu ihrer Partnerin, dessen grün türkises Haar nun länger und glatter war als sonst. Es war ungewohnt in diesen neuen Körpern. Haruka war etwas kleiner als sonst und der Körper war nicht so stark wie ihr eigener. Sie tastete nach Muskeln, fragte sich, ob dieser Körper Sport betrieb, doch schon bald war ihr klar, dass dieser Körper eigentlich nur dazu da war, um schön auszusehen. Am liebsten hätte sie einen neuen verlangt, doch Luna war schon fort.

„Ich finde, du siehst wirklich schön aus!“ Michiru war an sie herangetreten und umarmte sie von hinten. „Wie ein scheues Reh!“, verglich sie Harukas Körper.

Die Blondine fand das allerdings nicht lustig. „Wenn ich diese Katze in die Finger kriege, reiße ich ihr das Fell über die Ohren!“, drohte sie mit einem Knurren. „Ich sehe aus wie eine Puppe!“, klagte sie und zupfte an dem leichten Sommerkleid, dass sie trug, „Kannst du mir sagen, wie man in diesem Fummel Motorrad fahren soll?“

Michiru kicherte. „Ach komm, du siehst wirklich süß aus. Auch wenn es nun wirklich nicht zu deinem Charakter passt, da muss ich dir ausnahmsweise Mal recht geben!“ Sie nahm die Hand ihrer Frau. „Jetzt gibt es aber Wichtigeres zu tun. Wollen wir zuerst zum Uranus oder zum Neptun?“ Sie blickte sich um. Der einsame Stern, auf dem sie gelandet waren, lag ganz in der Nähe des Mondes. Irgendwo in der Ferne lagen ihre Planeten. Ihre einstige Heimat.

„Wie es wohl sein wird, einem anderen Ich gegenüber zu sein?“, wollte Michiru wissen. Haruka antwortete nicht, sondern dachte über Michirus andere Frage nach. Das Beste würde sein, wenn sie erst einmal getrennt vorgingen und wenn es keine andere Möglichkeit geben sollte, würden sie sich gegenseitig helfen. Sie erzählte Michiru davon. Die Kriegerin der Ozeane nickte wissentlich. So sehr sie auch Zeit mit ihr verbringen wollte, der jungen Frau war klar, dass es viel besser war, wenn sie so vorgingen, wie Haruka gesagt hatte.

„Nun dann, machen wir uns eben auf den Weg!“, erwiderte Michiru und gab ihrer Partnerin einen leidenschaftlichen Kuss. „Pass auf dich auf!“, flüsterte sie leise in ihr Ohr, als sie sich lösten. „Und komm wieder!“

„Das werde ich schon.“ Haruka lächelte versprechend. „Wann habe ich je mein Wort gebrochen?“

Michiru antwortete nicht auf ihre Frage, sondern blickte in die Richtung, in der sie instinktiv den Neptun vermutete. Auch Haruka trat neben sie und spürte, wie der Planet des Windes nach ihr rief. Sie erhoben sich gemeinsam in die Höhe und flogen dann jede für sich alleine zu dem Planeten, der sie in ihrem tiefsten Inneren rief.
 

*~*
 

Der Planet des Windes trug seinen Namen wirklich mit aller Ehre. Ein heftiger Wind wehte, als sie landete und zerstörte ihre Frisur. Angestrengt versuchte sie ihre Haare zu richten. Als sie erkannte, was sie dort tat, fing sie laut an zu lachen. Es würde zu Michiru passen, sich die Haare nach einem heftigen Sturm wieder zu ordnen, doch nicht zu ihr. Dieser Körper war wirklich ansteckend.

Suchend sah sie sich um. Irgendwo musste der Miranda Palast sein. Der Palast, in dem sie in ihrem früheren Leben aufgewachsen war. Es war ein merkwürdiges Gefühl hier zu sein.

Vor ihr tauchte der Palast auf. Er war groß und in blauen Tönen gestrichen. Sie fühlte sich mit einem Male vollkommen. Es war, als hätte sie etwas Verloren gegangenes nun endlich wiedergefunden.

Haruka sah sich suchend um. Wo würde sie sich wohl aufhalten. Ob sie einfach so auf den Palast zugehen könnte? Die Menschen, die an ihnen vorbei gingen, beäugten sie misstrauisch. Kopfschüttelnd deuteten sie auf Harukas Kleidung und murmelten sich etwas hinter vorgehaltener Hand zu. Die Blondine blickte ihnen wütend hinterher, bis ihr auffiel, dass ihre Kleidung nun wirklich nicht hierher passte. Die Klamotten waren viel zu modern. Die Bewohner des Uranus trugen lange, einfache Gewänder, die sie vor dem Wüstenwind schützen sollten. Harukas Kleidung schützte sie vor gar nichts.

Eine Gruppe von Kindern rempelte sie an und sie wäre beinahe zu Boden gestürzt, hätte sie ihr Gleichgewicht nicht im letzten Moment verändert. Während die anderen Kinder weiterrannten und sich nicht darum kümmerten, ging eines der Kinder auf sie zu und blickte sie abschätzend an.

„Wo hast du denn diese komischen Klamotten her?“, fragte er frech. Haruka wollte eine patzige Antwort geben und ihn ermahnen, als ihr etwas auffiel.

Dieser kleine Junge hatte den gleichen Haarschnitt wie sie… Sie sah aus dem Augenwinkel, wie sich die Menschen rings um sie herum verneigten. Konnte dieses kleine Kind dort unten etwa Prinzessin Uranus sein?

Papperlapapp, das wäre ja zu schön gewesen. Vielleicht hatte dieses Kind einfach nur den gleichen Haarschnitt wie sie. Konnte ja gut möglich sein.

„Ich weiß, du bist bestimmt diese blöde Tusse, die mein Vater geschickt hat“, sprach er oder sie – Haruka konnte unter keinen Umständen das Geschlecht erkennen – weiter. „Sag ihm, ich will seine Hilfe nicht. Und schon gar nicht von so einer pikierten Tussi wie dir!“ Und ohne Vorwarnung trat die Kleine ihr mit voller Wucht gegen das Schienbein und rannte dann weg. Erschrocken fiel Haruka zu Boden und hielt sich vor Schmerzen ihr Bein. Wütend sah sie, wie das Kind wegrannte und wollte sich aufrappeln, als jemand zu ihr trat und ihr ein nasses Tuch auf das Bein drückte.

Verwundert blickte Haruka auf und sah in das braungebrannte Gesicht einer jungen Frau. „Seien Sie unserer Prinzessin bitte nicht böse“, bat sie sie. Die Kriegerin der Winde schnappte nach Luft. „Dieses Kind ist Prinzessin Uranus?“, fragte sie verwundert um es klarzustellen.

Die junge Frau nickte. „Ja, das ist unsere allseits geliebte Prinzessin!“, erklärte sie noch einmal.

„Ganz schön frech dieses Gör. Passen ihre Eltern nicht auf sie auf?“, fragte Haruka sarkastisch. Sich selbst so zu sehen, war irgendwie ein merkwürdiges Gefühl.

„Die junge Königin ist vor kurzer Zeit an einer Krankheit gestorben. Prinzessin Uranus verkraftet den Verlust nicht, und versperrt sich vor jedem. Auch ihren Vater will sie nicht an sich ranlassen. Deswegen hat er ja auch nach Ihnen geschickt!“, erzählte die junge Frau und strich sich eine rote Strähne aus dem Gesicht. Ihre wilden Locken hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Vorsichtig half sie Haruka aufzustehen und begleitete sie zum Palast.

„Warte mal! Wieso hat er nach mir geschickt?“, wunderte sich die Sailor Kriegerin plötzlich.

„Nun, er wollte eine Zofe für seine Tochter, damit diese sich um sie kümmert. Er denkt, dass sich Uranus Fremden gegenüber vielleicht mehr öffnet als ihm!“, erklärte die junge Frau. Eine Wache trat ihnen entgegen, doch als er sie sah, ließ er sie vorbeitreten. Anscheinend war die junge Frau keine Fremde hier am Palast.

„Wer sind Sie eigentlich?“, fragte Haruka nach.

„Ich arbeite hier am Hofe“, antwortete die Frau. „Mein Name lautet Cho und ich arbeite in der Küche. Wenn ich dich zum König begleiten soll, musst du es mir nur sagen.“ Fragend sah sie Haruka an.

Die Blondine dachte fieberhaft nach. Vielleicht war das ja ein Wink des Schicksals. Wenn sie sich als Zofe der Prinzessin ausgab, würde sie vielleicht an sie rankommen. Und so konnte Haruka an den Sternenkristall kommen.

„Ja, das wäre wirklich nett von Ihnen, Cho.“ Haruka nickte und folgte der Rothaarigen. Cho führte sie zum Thronsaal. Sie erklärte dem Wächter vor der Doppeltür, wer Haruka war und dieser meldete sie beim König. Wenig später durfte sie eintreten.

„Es hat lange gedauert!“, begrüßte König San sie. Haruka verbeugte sich vor ihm.

„Das tut mir Leid, eure Majestät. Ich wurde aufgehalten!“, log sie. Neben dem Thron, auf dem er selbst saß, standen noch zwei weitere. Ein kleiner, der wahrscheinlich für Uranus reserviert war. Und noch einer. Etwas regte sich in Haruka, etwas war merkwürdig. Sie wollte genauer darüber nachdenken, da zerschnitt der König ihre Gedanken, als er das Wort erhob.

„Nun, gut. Ich hoffe, Ihr hattet keine Probleme auf der Reise. Die Reise von der Erde muss bestimmt anstrengend gewesen sein. Ihr könnt euch erst einmal ausruhen, wenn Ihr wollt“, schlug der König vor, dessen blondes Haar und die blauen Augen den ihren so ähnlich waren. Sie hatten den gleichen festen Blick, spürte Haruka.

„Nein, ich würde jetzt viel lieber Eure Tochter kennen lernen“, entgegnete sie.

„Gut, dann werde ich nach Ihr schicken“. Der König erhob sich und wollte nach einem Diener rufen, doch Haruka hinderte ihn daran. „Ich möchte nicht, dass ihr nach Eurer Tochter schickt“, unterbrach sie ihn. „Wissen Sie, wenn ihre Tochter erfährt, dass Sie mich geholt haben, wird sie mir ganz bestimmt vertrauen.“

„Meine Tochter weiß sowieso, dass sie eine Zofe zur Seite gestellt bekommt“, erwiderte San. „Also kann ich ruhig nach ihr schicken.“

„Mag sein, aber ich möchte sie so kennenlernen“, erklärte Haruka geduldig. „Ohne jedwede Zeremonien und dergleichen. Ich bin nicht gerade ein großer Fan davon.“

Der blondhaarige König strich über sein markantes Kinn und nickte dann langsam. „Wahrscheinlich ist es wirklich besser. Meine Tochter treibt sich bei den Chradarks herum!“ Er rief nach einem Diener. „Er wird dich zu den Ställen führen.“

Chradarks stellten sich als pferdeähnliche Tiere heraus. Kopf und Körper waren die eines Pferdes, doch statt der Beine hatten sie hohle Stümpfe aus denen eine sanfte Brise stieg, die sie leicht auf- und abschweben ließ.

„Das sind unsere Renntiere“, erklärte der Diener ihr auf ihren fragenden Blick. „Wir veranstalten jedes Jahr ein großes Rennen, zu dem Teilnehmer aus jedem Universum eingeladen ist. Allerdings konnte bisher niemand unseren Champion schlagen!“

„Wer?“, wollte Haruka wissen, obwohl sie es eigentlich schon ahnte.

„Na, die da!“ Er deutete auf eine vermummte Gestalt, die in diesem Moment an ihnen vorbeigeflogen kam. Aus den Stümpfen des braunen Tieres drang Feuer, die ihnen Antrieb gab. Was für faszinierende Tiere. Jedoch wirbelten sie eine Menge Staub auf und Haruka, die nichts vor dem Gesicht hatte, fing laut an zu husten, als der Wüstensand ihr ins Gesicht flog.

Das Tier hielt an und die Gestalt stieg von seinem Rücken. Mit erhobenem Schritt kam sie auf sie zu und nahm sich das Tuch vom Kopf. Es war wirklich Prinzessin Uranus.

„Hab ich dich nicht schon einmal gesehen?“, fragte sie und blickte zu ihr auf. „Ich hab doch gesagt, du sollst dich dahin zurück verziehen, wo du herkommst!“

„Du bist wirklich gut!“, entgegnete Haruka, ohne auf Uranus‘ Worte einzugehen. „Seit wann machst du das schon?“

„Schon immer. Ich habe Besseres zu tun, als mir alles zu merken.“ Sie spuckte vor ihr in den Sand. „Was willst du hier?“

Haruka zuckte die Schultern und sah sich im Stall um. An der Wand hingen einige Sättel. Uranus selbst war ohne Reitsitz unterwegs gewesen. Die Tiere hatten alle verschiedene Farben. In einer Box stand ein türkisfarbenes, das einen hochmütigen und kühlen Ausdruck hatte. Irgendwie erinnerte es sie an Michiru.

In einer Kiste lagen mehrere Tücher. Haruka griff nach einem Dunkelblauen und wickelte es sich um den Kopf, ehe sie die Tür einer Box öffnete.

Ein schwarzer, großer Chradark schwebte dort auf und ab. Aus rot blitzenden Augen blickte er sie herausfordernd an. Haruka ließ sich von seinem Schnauben nicht beeindrucken und legte ihm ein Zaumzeug an, das neben der Box hing. Jetzt war sie dankbar für die Ferien auf dem Reiterhof, die sie als kleines Kind verbracht hatte. Ihr persönlich waren Pferde immer zu langsam gewesen, doch diese Tiere ähnelten ihnen wirklich.

„Was hast du denn vor?“ Der Diener und Uranus traten zu ihr und sahen ihr verwundert dabei zu, wie sie das Zaumzeug anlegte.

„Dich zu einem Rennen herausfordern!“, meinte Haruka und blickte die Kleine herausfordernd an. „Was ist, trittst du gegen mich an?“

„Auf Shadow zu reiten ist Wahnsinn!“, mischte sich der Diener ein. „Niemand kann dieses Tier reiten. Selbst Prinzessin Uranus nicht!“

Abschätzend blickte Haruka auf das Tier. Ihr war sofort klar gewesen, das dieses Tier nicht leicht zu bändigen war. Und genau deswegen hatte sie es sich ausgesucht. „Ich bin schon mit wilderen Teilen zurechtgekommen!“, meinte sie gelassen und führte Shadow aus seiner Box heraus.

„Na gut, aber behaupte nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“ Uranus ging zu ihrem Chradark und stieg wieder auf. „Damit du eine reelle Chance bekommst. Schließlich ist Michu schon etwas ausgepowert!“

Haruka erwiderte nichts, sondern führte das Tier an die Ziellinie und wollte aufsteigen. Doch gerade als sie ihr Bein rüber schwingen wollte, bockte es auf und sie stürzte zu Boden.

Uranus blickte sie von oben herab an und lachte laut. Wütend rappelte sich Haruka auf und griff nach den Zügeln des Tieres. Dann beugte sie sich nach vorne und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

Sofort beruhigte sich der Chradark und ließ sie aufsteigen. Triumphierend warf Haruka der Prinzessin einen Blick zu. Die ließ sich jedoch nicht davon beeindrucken.

„Torio, gib das Startsignal!“, befahl sie ungerührt dem jungen Diener. Er nickte hastig.

„Auf die Plätze … „ Haruka beugte sich nach vorne, den Blick stur auf die Bahn gerichtet. „… Fertig…“ Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Uranus sich nach vorne beugte und an dem Ohr des Tieres zog. Sofort stieg Dampf aus den vier Stümpfen. „…Los…“ Uranus sauste davon und ließ eine dicke Staubwolke zurück. Nachdenkend blickte Haruka ihr nach. Einen kleinen Vorsprung wollte sie ihr schon geben.

„Wollen Sie denn nicht los?“ Torio blickte sie nervös an. „So haben sie ja überhaupt keine Chance mehr.“

Haruka grinste gelassen, schob sich eine Strähne aus der Stirn und zog dann am rechten Ohr des Tieres, wie Uranus es auch getan hatte. Sofort brauste der Chradark mit aller Kraft nach vorne.

Der Wind peitschte ihr ins Gesicht und hätte sie beinahe herunter gerissen. Fest klammerte Haruka ihre Beine an dem Tier fest und beugte sich nach vorne. Sie kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können.

Das war ein unglaubliches Gefühl. Selbst ihr Motorrad hatte dieses Tempo nicht drauf. Es war als würde sie fliegen und würde jeden Moment von der Erde abheben. Die Kriegerin der Winde lockerte ihren Griff und ließ dann entschlossen los. Die Beine hatte sie fest um die Kreatur geschlungen und ineinander verhakt, sodass sie nicht runterzufallen drohte.

Wie unglaublich sich das anfühlte. Für einen kurzen Moment ließ sich Haruka einfach nur treiben, breitete ihre Arme aus und stellte sich vor, unter einem strahlend blauen Himmel zu fliegen. Fort von der Erde, einfach frei den Wolken entgegen. Dann tauchten in der Ferne die Umrisse der Prinzessin wieder auf. Haruka beugte sich wieder nach vorne und gab dem Tier die Sporen. Sofort fiel es in ein schnelleres Tempo und erreichte schon bald Uranus und ihr Reittier.

Erstaunt sah die Prinzessin die Fremde davonrauschen. „Na warte!“, rief sie ihr hinterher und stachelte ihren Chradark an, schneller zu werden. Nie im Leben würde sie zulassen, dass so ein Püppchen sie in ihrem Sport schlug. Schon bald hatte Uranus sie wieder eingeholt.

Nun lieferten sich die beiden Kontrahentinnen ein erbittertes Kopf-an-Kopf-Rennen.

„Denkst du nicht mal daran aufzugeben?“, rief Haruka ihr zu. „Dein Chradark ist doch bestimmt schon müde!“

„Meine Michu kann sehr vieles aushalten“, entgegnete Uranus. „Aber du solltest anhalten. Shadow mag es nicht, herumkommandiert zu werden.“

„Ich kommandiere ihn nicht herum“, berichtigte Haruka sie grinsend. „Ich hab ihm gesagt, er dürfe sich austoben, wenn er mich mitnimmt. Der Kleine hier mag es nicht, wenn andere ihm etwas befehlen. Er setzt seinen eigenen Kopf durch.“ Uranus warf dem Tier einen forschen Blick zu. Tatsächlich, nicht die Fremde war es, die Shadow lenkte, sondern Shadow bestimmte die Richtung. Er legte sich zuerst in die Seite, wenn es in eine Kurve ging und Haruka folgte seiner Bewegung.

„Mhm, purer Zufall“, meinte Uranus kühl. „Übrigens, da vorne kommt das Ziel in Sicht!“ Haruka folgte ihrer Handbewegung und sah die Ställe wieder auftauchen, die sie hinter sich gelassen hatte. Sie waren mit einigen Abweichungen im Kreis geritten und kehrten nun an den Ausgangsort zurück.

„Dann wird es Zeit für den Endspurt!“ Haruka beugte sich nach vorne und brauste davon. Uranus folgte ihr dicht an den Fersen.

Sie sprachen kein Wort miteinander, sondern konzentrierten sich voll und ganz auf die Strecke. Jede von ihnen wollte den Sieg und keine von ihnen wollte aufgeben. Uranus, weil sie sich nicht von einer Tussi schlagen lassen wollte. Und Haruka, weil sie nur so den Respekt und das Vertrauen der Prinzessin gewinnen konnte.

Sie musste es schaffen, unbedingt. Haruka beugte sich nach vorne, um dem Chradark etwas ins Ohr zu flüstern. „Nun komm, du willst den anderen doch nicht verlieren lassen!“ Er prustete laut los und wurde noch schneller.

Mit einer einzigen Kopflänge schlug Haruka die Prinzessin. Erschöpft blieb das Tier stehen und sie rutschte von seinem Rücken, ehe sie auf Uranus zuging. „Du bist wirklich gut!“, lobte sie sie anerkennend.

„Anscheinend nicht gut genug!“, meinte Uranus wütend. „Dass so eine wie du mich schlagen kann…“

„Lass dich nicht vom ersten Eindruck täuschen!“, ermahnte Haruka sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Und wegen vorhin, das sei dir auch verziehen. Ich kann verstehen, dass du sauer auf deinen Vater bist.

Willst du mir nicht erzählen, was zwischen dir und ihm vorgefallen ist? Warum hat er nach mir geschickt?“

Die junge Prinzessin zögerte. Es ging diese Fremde nichts an, schoss ihr im ersten Moment durch den Kopf. Ihr Vater hatte sie geschickt, und Uranus hatte sich geschworen, alles was ihr Vater tat, zu verachten.

Doch das Lächeln der Fremden hatte so aufrichtig gewirkt. Uranus konnte sich nicht dagegen wehren, sie fühlte sich zu ihr hingezogen.

„Wenn du nicht reden willst, dann eben nicht“, meinte Haruka. „Wir könnten auch etwas anderes unternehmen. Gibt es hier nicht einen Zoo, oder so was?“ Vielleicht mochte die kleine Prinzessin ja Tiere. Sie selbst hatte zwar nie verstanden, was so toll daran war, aber vielleicht mochte Uranus das ja.

Doch die Blondine schüttelte den Kopf. „Es gibt hier kaum Tiere. In der Wüste überleben nur die Chradarks“, erklärte sie.

Haruka seufzte. Am liebsten würde sie der Prinzessin den Sternenkristall mit Gewalt entreißen, oder wenigstens endlich sagen, was Sache war und den Kristall verlangen. Doch sie hatte Michiru versprochen, nichts dergleichen zu tun. Sie solle ruhig und vernünftig an das Problem herangehen. Haruka schüttelte den Kopf, um ihre Gedanken zu vertreiben. Es war so schwer, einen klaren Kopf zu behalten, wenn so vieles auf dem Preis stand. Immer hatte Haruka ihren eigenen Kopf gebraucht, um die Dinge zu regeln. Mit dem Kopf durch die Wand war sie wie ein wilder Stier losgestürmt, ungeachtet allderjenigen, die sie dabei zurückließ.

Nur Michiru war es gelungen, ihrem rasenden Tempo Einhalt zu gebieten. Ihr sanftes Geigenspiel hatte ihr Temperament gezügelt. Es war die Kriegerin der Meere, die sie aufhielt, wenn sie sich zu sehr in den Kampf stürzte und zu viel riskierte. Ihre Partnerin war stets der ruhige Gegenpol zu ihrer Hitzköpfigkeit gewesen. Haruka lächelte bei dem Gedanken an sie und fragte sich, wie es ihr wohl ging. Ob ihre Geliebte wohl den ersten Schock überwunden hatte, dass ihr Früheres Ich noch ein kleines Kind war? Nachdenkend beobachtete Haruka die junge Prinzessin, die es sich auf dem Boden gemütlich gemacht hatte und nun Kreise in den Sand zeichnete. Es war ein merkwürdiges Gefühl, seinem alten Ich gegenüberzustehen. Doch sicherlich erging es nicht nur ihr so.

„Du nervst!“ Uranus blickte sie von unten an. Ihr Blick war wütend auf sie gerichtet. „Wenn du denkst, dass du mich mit dem von vorhin beeindrucken kannst, hast du dich aber gewaltig geirrt. Hau ab, und sag meinem Vater, dass ich, egal was er auch tut, ihm niemals verzeihen werde. Es ist seine Schuld, dass Mutter starb!“

Haruka erschrak. Das war es, was ihr die ganze Zeit über merkwürdig vorkam. Uranus Mutter war mit keinem einzigen Wort erwähnt worden. Und nun die Worte der kleinen Thronerbin… Das konnte nichts Gutes bedeuten.

„Wieso sollte es seine Schuld sein?“, wunderte sich Haruka und kniete sich zu ihr nieder. „Denkst du nicht, er hat deine Mutter geliebt?“ Auch sie hatte ihre Mutter früh verloren. Ihr Vater zog sie auf. Vielleicht lag es daran, dass sie immer ein bisschen mehr Junge wie Mädchen war. „Der Verlust muss dir bestimmt schwer fallen, oder?“

Uranus entgegnete nicht, sondern blickte nur stur geradeaus. Haruka nahm an, sie hätte sie nicht verstanden und wollte ihre Frage noch einmal wiederholen, als Uranus doch noch den Mund aufmachte.

„Wozu sollte ich etwas bedauern? Menschen kommen und gehen nun mal“, entgegnete sie mit Eiseskälte in der Stimme. „Das ist eben der Lauf der Zeit!“

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So, an dieser Stelle endet es. Eigentlich war vorgesehen, die Geschichte noch etwas weitergehen zu lassen, aber dann hat sich meine Meinung geändert, denn irgendwas sagte mir, dass ich jetzt aufhören müsse. (Genauer gesagt, will ich einfach nur sichergehen, dass ihr das nächste Kapitel auch liest, indem ich an dieser dramatischen Stelle aufhöre -.-) Diese Chradarks sind, wer es noch nicht erraten hat, Kreuzungen aus Pferd und Motorrädern/Mofas/Mopeds/Harleys/was auch immer… Im Silberjahrtausend gab es, denke ich, weder das eine noch das andere. Nur Mofas waren etwas zu modern, und Pferde etwas zu langsam. Also entstanden diese Fabelwesen.

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

Mit freundlichen Grüßen, Lilim ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Sandy
2012-11-24T13:50:07+00:00 24.11.2012 14:50
hi ich bins wieder habe deine neuen teile gelesen und ich finde sie einfach super klasse stark mache weiter so ok freue mich jetzt schon wenn es weiter gehen wird !

hoffe bis bald zum nächsten teil 9

freue mich jetzt schon rießig drauf smile

lg

Sandy
Von:  EL-CK
2012-11-20T08:34:00+00:00 20.11.2012 09:34
Echt starkes Kapitel....
Von: abgemeldet
2012-11-20T07:21:15+00:00 20.11.2012 08:21
Oh, ich freu mich wieder aufs nächste Kapitel. ^^


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