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Glückliche Zeiten

Glückliche Zeiten
von

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Milch

Glückliche Zeiten
 

Überall war der Staub. Er flog in der ganzen Luft herum und schien sich nicht legen zu wollen. Es reichte ein leichter Atemzug oder eine winzige Bewegung um eine neue Wolke aufzuwirbeln.

'Woher kommt der eigentlich?' fragte sich Jochen.

Er hob den Kopf und sah hinauf zum Himmel. Die Sonne war nur eine matte Scheibe, die durch den Staub schwer zu erkennen war. Glücklicherweise schienen sich seine Augen an die neue Umgebung gewöhnt zu haben und tränten nicht mehr aufs neue bei jeder Kopfbewegung, die er tat. Er konnte noch immer nicht begreifen, was vor wenigen Stunden geschehen war.

Es sollte ein Tag wie jeder andere werden.

Er war widerwillig aufgestanden, hatte sich angezogen und im Bad zurecht gemacht. Anschließend war das morgendliche Frühstück mit seiner Mutter und seiner kleinen Schwester an der Reihe gewesen, bei dem sie sich gewohnt gekabbelten haben, wer von ihnen am Nachmittag mit dem Hund, einem Labrador-Golden Retriever Mischling, Gassi gehen würde. Jeder hatte versucht den anderen mit einem wichtigeren Grund auszustechen, doch am Ende verlor Jochen die hitzige Diskussion. Schon wieder. Maulig war er mit dem Fahrrad zur Schule gefahren wo sich seine Laune schlagartig verbessert hatte als er erfahren hatte, dass der Mathelehrer krank war und die erste Stunde somit ausfiel. Mit einigen Klassenkameraden war er zum Bäcker zwei Straßen weiter gegangen und hat mit ihnen über einem zweiten Frühstück herumgealbert. Ein paar seiner Freunde hatten die freie Zeit genutzt um noch anstehende Hausaufgaben zu erledigen.

Nicht wissend, dass es völlig umsonst sein würde.

Es sollte auch das letzte Mal sein, dass sie alle zusammen waren.

Als die Zeit kam, sind sie alle zurück zur Schule gegangen. Die Eingangshalle war voller Schüler gewesen, die ihre Klassenzimmer wechselten. Ohne große Verabschiedung hatte sich die Gruppe aufgelöst und jeder ging zu seinem oder ihrem nächsten Kurs.

Er hatte gerade mitten in der Geschichtsstunde gesessen als die Erde begann zu beben.

Anfangs hatte er gedachte, dass irgendwo in der Nähe gebohrt wurde, aber als die Bücher anfingen lärmend aus den Regalen zu fallen, wurde ihm klar, was passiert. Es war das erste Mal in seinen 16 Jahren, dass er ein Erdbeben miterlebte, und er konnte sich nicht bewegen. Regungslos saß er auf seinem Stuhl während um ihn herum alles wie in Zeitlupe bewegte. Der Lehrer stand hilflos vor der Klasse und hielt in einer Hand noch die Folie, die er auf den Projektor legen wollte. Hinter dem Pult erschien er Jochen auf einmal ganz weit weg. Plötzlich waren alle Schüler um ihn auf den Beinen und rempelten sich gegenseitig fluchend an, während sie versuchten aus der Tür hinaus ins Freie zu gelangen.

Doch schon bald war die Tür vollständig verstopft und man konnte weder rein noch raus. Jochen hörte dumpfe Schreie und der Knoten an der Tür löste sich. Zu seinem Schrecken sah der junge Schüler, dass mehrere Schüler auf dem Boden lagen und andere Schüler gnadenlos über sie hinweg trampelten. Inzwischen hatten sich auch der Lehrer aus seiner Starre gelöst und hechtet zur Tür um den Schülern auf zu helfen. Doch er schien von einem Sog erfasst worden zu sein und in den Flur gezogen. Noch immer saß Jochen fassungslos auf seinem Platz und es kam ihm vor als hätte er sämtliche Kraft in seinen Beinen verloren.
 

„Jochen! Wo bist du?“

Diese Stimme riss ihn aus seiner Lethargie. Mit Mühe schaffte er es sich zu erheben und ob dass Zittern seiner Beine vom Beben oder aus Angst wusste er nicht. Schlafwandlerisch ging er zum Fenster. Vor sich sah er die Gebäude wackeln und unzählige Menschen rannten auf den Straßen umher. Als ob seine Augen Magnete wären, fand er sofort die Person nach der er suchte. Seine kleine Schwester stand direkt unter seinem Fenster und wurde von der Menge gegen die Backsteinmauer gedrückt und drohte, von den umherirrenden Menschen zerquetscht zu werden. Ohne zu zögern schnappte sich der blonde Junge einen Stuhl und schlug beherzt eines der Fenster ein. Glücklicherweise war sein Klassenzimmer im ersten Stock und nur wenige Meter trennten ihn von dem sicheren Erdboden. Vorsichtig stieg er auf das Fensterbrett und nahm tief Luft als würde er ins Wasser springen. Beherzt stieß er sich mit seinen Füßen ab.
 

Der Sprung dauerte nur wenige Momente.

Bei seiner Landung rempelte er ein paar Menschen an, die sich allerdings sofort wieder aufrappelten und weiter liefen. Mit wenigen langen Schritten erreichte er seine dreizehn Jahre alte Schwester und nahm sie so sanft wie er konnte bei der Hand.
 

„Jo...“ weinte sie und hielt sich voller Angst an seinem Arm fest. Die Schreie der Menschen und das Dröhnen der wackelnden Gebäude wurden unerträglich laut. Mit Handzeichen machte der blonde Junge seiner Schwester klar, dass sie seine Hand niemals los lassen soll. Beide standen an die Wand gepresst und panisch versuchte Jochen einen sicheren Platz zu finden. Aber er sah keine andere Möglichkeit als mit der Masse mitzulaufen in der Hoffnung irgendwo anders einen sicheren Ort zu finden. Er legte seinen Arm schützend um Maries Schultern, die immer noch weinte und lief los. Jochen versuchte möglichst am Rand der Menge zu bleiben, weil er wusste, dass es kein Entkommen geben würde, wenn sie mittendrin gefangen sind. Sie würden gnadenlos mitgeschleift werden ohne sich wehren zu können.

Seine Schwester stolperte neben ihm her und er verstärkte seinen Griff um ihre Schulter. Plötzlich veränderte sich der Untergrund und Jochen sah nach unten und erschrak sofort. Er lief über Körper von Menschen. Ob sie bewusstlos oder schon tot waren, wusste er nicht, also er zwang er sich wieder hoch zu sehen und weiter zu laufen.

„Sieh nicht runter!“ Befahl er seiner Schwester.

Nachdem sie einige hunderte Meter gelaufen waren, sah Jochen plötzlich einen Lichtblick. Abseits unter einer Gruppe von Bäumen, deren Gipfel gefährlich wackelten, stand ein alter Schuppen. Er wusste, dass es nicht der beste Unterstand für ein Erdbeben war, aber in seiner Panik konnte er nichts anderes finden. Mit großer Anstrengung befreite er sich und seine Schwester aus der Menge und rannte mit ihr zum Haus. Zu ihrem Glück war, das Schloss bereits offen und schnell huschten sie hinein.
 

Sofort richtete Jochen seinen Blick auf Marie, die ihn voller Angst anstarrte.

„Bist du irgendwo verletzt?“ fragte er besorgt und begutachtete sie um vielleicht doch eine Verletzung zu sehen. Sie schüttelte nur stumm den Kopf und umarmte ihn wie ein kleines Kind, dass einen Albtraum hatte.

„Ich habe solche Angst! Was passiert hier denn eigentlich?“

Bevor er sie beruhigen konnte, tat die Erde unter ihm einen gewaltigen Satz und sie stürzten beide zu Boden. Jochen schlug so hart auf, dass er das Bewusstsein verlor und in tiefe Schwärze stürzte.
 

Es war ein Hustenanfall, der ihn weckte. Jochens ganzer Körper krümmte sich und jeder Atemzug ließ ihn erneut husten. Es war als wäre seine Lunge angefüllt mit Staub, der sich mit jedem Husten mehr in seinem Körper zu verteilen schien. Mühsam öffnete er seine tränenden Augen und wurde vom besorgten Gesicht von Marie begrüßt.

„Jo, geht es dir gut?“

Der ältere Junge nickte nur, aus Angst, dass er noch mehr Staub schlucken könnte, wenn er den Mund aufmachte. Er sah sich um und zu seiner Überraschung war eine Hauswand komplett weggebrochen und gab die Sicht auf eine völlig fremde Welt frei. Ohne auf seine Schwester zu achten, humpelte er langsam zu der freien Wand. Es war als würde vor ihm ein Katastrophenfilm gedreht werden. Es gab kein einziges Gebäude mehr, das heil Stein auf Stein stand. Die Erde war von Schutt und Asche überseht. Balken aus Metall ragten aus Bergen von Bauschutt. Am schlimmsten waren aber die Menschen. Aber nicht die Menschen, die regungslos auf der Erde lagen und unter denen sich Blutlachen bildeten sondern die Menschen, die verwirrt über die Hügel kletterten und nach ihren Angehörigen riefen. Mitunter blieben sie dann plötzlich stehen und begannen in den Schutthaufen zu graben. Der Staub, der in der Luft tanzte, ließ die Szene wie einen Traum erscheinen.

Jochen spürte, wie sich seine Schwester neben ihn stellte und hin und wieder trocken aufschluchzte. Sie

griff nach seiner Hand und hielt sie so fest als hätte sie Angst er könnte jeden Moment verschwinden.

„Wir müssen nach Hause. Mama macht sich bestimmt Sorgen.“ flüsterte sie heiser.

Bei dem Gedanken an seine Mutter, die ihnen am Morgen noch lächelnd einen schönen Tag gewünscht hatte, verkrampfte sich Jochens Herz schmerzhaft zusammen und er musste gegen Tränen ankämpfen, die nicht wegen Staubes seine Augen füllten.

Er nickte und gemeinsam verließen sie die Reste des Schuppens und bahnten sich den Weg durch ein Labyrinth von Schutt.

„Wie sollen wir eigentlich nach Hause finden?“ fragte Marie, die entsetzt das Chaos beobachtete, das um sie herum herrschte. „Immerhin ist ja keine einzige Straße mehr zu erkennen. Vielleicht erreichen wir Mama ja übers Handy.“

Doch Jochen schüttelte seinen Kopf und antwortete: „Ich glaube nicht, dass wir nach so etwas noch Empfang bekommen könnten. Was den Weg angeht...Wir können uns mit Hilfe der Geschäfte, die noch zu erkennen sind, eine Route aufzeigen. Vielleicht lohnt es sich ja, dass du fast jeden Tag mit deinen Freundinnen einkaufen gehst.“

Der letzte Satz war als Scherz gemeint, aber weder er noch seine Schwester verzogen das Gesicht. An jedem anderen Tag wäre dies ein Anlass für einen neuen Streit unter Geschwistern gewesen.

Mühsam setzten sie ihren Weg fort und tatsächlich waren die Geschäfte eine große Hilfe. Viele Reklamen, die sie aus ihren früheren, glücklichen Tagen her kannte, zeigten ihnen den Weg. Sie versuchte angestrengt nicht auf die Menschen zu achten, die kraftlos auf der Erde hockten und nicht wussten, was sie jetzt tun sollten. Kinder liefen weinend umher und riefen nach ihren Eltern. Hin und wieder sahen sie kleine Grüppchen von Menschen, die sich um einen Pfarrer oder Priester scharrten wie eine Herde, während dieser laut aus seiner Bibel vorlas. Männer in Anzügen standen herum und pressten ihre Laptops an die Brust als wären sie ihre neugeborenen Kinder und ihr Leben hinge von ihnen ab.

Plötzlich klirrte es laut und viele Menschen kreischten laut. Manche schmissen sich auf den Boden und hielten schützend ihre Hände über die Köpfe. Reflexartig zog Jochen seine Schwester zu sich. Hektisch sah er sich um woher der Lärm kam und dann sah er sie. Mehrere Jugendliche und junge Erwachsene, wie es schien, schlugen die Schaufenster von Geschäften ein und holten sich stapelweise Kartons mit Elektroartikeln wie Laptops, Handys oder ähnliche Sachen. Er sah auch wie einer Unmengen von Geldscheinen zählte, die er sich wohl aus den Kassen der Geschäfte geholt hatte. Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht und er schien das Elend um ihn herum gar nicht wahr zunehmen. Jochen musste den Reiz sich zu übergeben unterdrücken. All das Elend, das ihm hier begegnete ekelte ihn nicht so sehr an wie die Gier dieser Menschen, die sich die Taschen vollstopften und nur an sich dachten.

Schnell zog er Marie mit sich, die sich immer noch mit großen Augen um sah als könnte sie immer noch nicht fassen, was um sie herum passierte.

Plötzlich blieb sie stehen und zwang auch Jochen stehen zu bleiben, weil sie seine Hand immer noch mit eiserner Kraft fest hielt. Fragend sah er sich zu ihr um und sie deutete auf ein Gebäude, das wenige Meter von ihnen entfernt war. Früher war es ein kleiner Supermarkt gewesen, aber jetzt war es eine halb eingefallene Ruine. Die Hälfte des Gebäudes war weggebrochen und nur eines der eingebrochenen Schaufenstern machte den Supermarkt noch zugänglich.

„Ich sollte noch Milch nach der Schule kaufen. Mama wollte heute Pfannkuchen machen, Glaubst du wir haben bekommen noch welche? Wenn wir wieder zu Hause sind, wird sich Mama bestimmt freuen, oder?“

Sie sprach traumwandlerisch vor sich hin und sah ihn dann mit großen Augen an. Jochen bezweifelte, dass seine Mutter sich heute noch Gedanken über so etwas unwichtiges wie Milch machte, aber Marie machte den Eindruck als würde ihr Leben davon abhängen, dass sie jetzt Milch kauft. Beruhigend lächelte sie an und nickte.

„Ja, das wird sie bestimmt. Komm, lass uns nach sehen, ob wir welche finden.“

Vorsichtig stiegen sie über die Hügel von Schutt und kletterten durch das Schaufenster in den Laden.Wie es aussah waren andere Menschen schon da gewesen, denn überall waren Lebensmittel aus den Regalen gerissen und mit unter auf dem Boden geschmissen. Auch hier war der Staub überall und sie beeilten sich schnell zum Kühlregal zu gelangen. Jochen zog eine heile Packung Milch aus dem Regal und gab sie seiner Schwester, die diese erleichtert an die Brust drückte. Bevor sie durch das Loch wieder hinaus kletterten, blieb seine Schwester stehen und drückte ihm die Milch in die Hand. Verwirrt sah er sie an. Sie aber ging schnurstracks zur Kasse und blieb davor stehen. Sie entfernte vorsichtig einen ihrer Ohrringe und ließ in klappernd in die Münzschale fallen. Sie sah zu ihm hinüber und lächelte schwach.

„Als Bezahlung. Es ist merkwürdig sich einfach was aus dem Regal zu nehmen und einfach zu gehen. Und weil ich keine Geld habe...“

Sie brach ab und Jochen musste über die Lächerlichkeit dieser Situation fast lachen.Ein Erdbeben hat die halbe Stadt zerstört, sie hatten keine Ahnung, was sie erwartet, wenn sie zu Hause ankommen oder was sie jetzt tun sollen und sie machte sich Sorgen wegen Milch und deren Bezahlung. Aber er kannte sie lange genug um zu wissen, dass sie tief drin selbst wusste, wie unwichtige diese Dinge waren. Aber sie hielt sich daran fest um mit dieser Situation fertig zu werden. Hätte sie diese Dinge nicht, würde sie sich wie viele andere Menschen einfach mitten im Schutt hinsetzen und darauf warten, was mit ihr passieren wird. Jochen hatte keine Ahnung, wie er reagiert hätte, wenn sie nicht hier wäre. Ob er dann immer noch im Klassenzimmer sitzen würde wie eine Puppe und dann unter dem zusammenbrechenden Gebäude begraben worden wäre?

Bevor er weiter überlegen konnte, was hätte sein können, hatte seine Schwester wieder seine Hand ergriffen. Die Packung Milch hatte sie ihm wieder abgenommen und presst diese Fest an sich. Sie erinnerte ihn stark an die Anzugmänner, die er vorhin gesehen hatte. Als sie wieder im Freien waren, war Jochen überrascht wie rein die Luft hier war im Gegensatz zum Inneren des Supermarktes.

Sie setzten den Weg fort und dann kamen sie zur Kurve. Hinter dieser Kurve war ihr Haus und ihre Mutter würde sicher dort auf sie warten und dann würden sie gemeinsam überlegen, wie es nun weitergehen wird. Ihre Schritte wurden immer schneller und am Ende liefen sie um die Kurve herum und sahen....

Nichts.

Nicht das Geringste.

Dort wo früher ihr Haus war, war nur noch Schutt. Nicht einmal die Umrisse eines Hauses waren erkennbar. Ihre gesamte Straße war verschwunden. Jochen spürte, wie seine Schwester neben ihm die Milch fallen ließ und sich ihre Hand von seiner löste. Er stand starr da und bewegte nicht einen Muskel während er auf den Schutt starrte.Er hatte nicht erwartet, ihr Haus völlig unzerstört vor zu finden, aber das hier hatte er auch nicht erwartet.

Er nahm Marie in die Arme und drehte sie von dieser entsetzlichen Szene weg. Marie zitterte inzwischen am ganzen Körper und wenn Jochen sie nicht beschützend umarmt hätte, hätten ihre Beine bestimmt nachgegeben. Es überraschte ihn, dass sie nicht weinte. Stattdessen waren ihre Augen starr auf seine Brust gerichtet ohne sie überhaupt wirklich zu sehen.

Heiser flüsterte sie wie eine Besessene vor sich hin:

„Das kann doch nicht sein. Das kann doch nicht alles wirklich passieren.“

Sie vergrub ihr Gesicht in seiner Brust und ihre Finger krallten sich in sein T-Shirt.

„Das alles hier ist ein Traum. Es dauert nicht mehr lange und mein Wecker wird klingeln. Dann werde ich über mich selbst lachen, dass ich auch nur für eine Sekunde glauben konnte, dass das hier real wäre.“

Nun kniffen ihm ihre Finger schmerzhaft ins Fleisch und verzweifelt sah das Mädchen zu ihrem Bruder hinauf.

„Bitte, sag mir, dass das hier nur ein Traum ist. Sag mir, dass es nicht wirklich passiert ist. Unser Zuhause ist nicht zerstört, oder? Mama ist dort und wartet auf uns. Heute sollte es doch Pfannkuchen geben und wir haben extra noch Milch dafür gekauft. Danach hätte dann einer von uns einen Spaziergang mit dem Hund gemacht. Heute sollte doch ein ganz normaler Tag werden...“

Weinend brach sie vor ihm zusammen. Sie umschlang ihren Oberkörper mit ihren Händen und wiegte hin und her während sich ihr ganzer Körper vom Weinen schüttelte.

Jochen sah zu seiner Schwester hinab und wusste nicht, was er tun sollte. All das was er in den vergangenen Stunden gefühlt hatte, hatte seine Schwester ausgesprochen. Er fühlte sich elend, dass er sie gezwungen hatte seine Gedanken und Gefühle aussprechen zu müssen. Doch er dann dachte er an seine Mutter und ihm war klar, was er nun tun musste.

Er packte seine Schwester bei den Oberarmen und zog sie hoch.

„Sieh mich an.“

Sagte er bestimmt. Verweint sah sie zu ihm hoch und er musste sich zwingen die folgenden Sätze auszusprechen.

„Es ist vorbei, hörst du? Diese Zeiten von denen du sprichst sind Vergangenheit und werden nicht mehr zurück kommen! Egal wie sehr wie uns danach sehnen! Wir haben kein Zuhause mehr und wissen auch nicht, wo Mama ist. Aber wir dürfen jetzt nicht aufgeben und heulend zusammenbrechen. Wir müssen jetzt versuchen diese schlimmen Tage heil zu überstehen und weiterzuleben. Wir können uns dabei auf niemanden verlassen, verstehst du? Wir sind auf uns alleine gestellt!“

Marie sah ihn mit großen Augen an und nickte. Sie wischte sich mit einer Hand über das Gesicht und sah ihn fragend an.

„Wo sollen wir jetzt hingehen, Jo?“

Jochen sah zu den Trümmern ihrer Vergangenheit und zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß es nicht. Aber hier können wir nicht bleiben.“

Er nahm ihre Hand und entschlossen drehte er sich um und verließen den Friedhof ihrer glücklichen Tage. Plötzlich aber lief Marie zurück und bevor Jochen etwas sagen konnte, kam sie wieder. Die Milchpackung fest an sich gedrückt.

Sie sah ihn an und sagte:

„Nur für alle Fälle.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  black_mirror
2012-07-06T20:15:48+00:00 06.07.2012 22:15
Danke erstmal, dass du an unserem WB teilgenommen hast. Tut uns leid, dass die Auswertung so lang gedauert hat.

Die FF hat noch ein paar Ausschmückungsmöglichkeiten, aber im Großen und Ganzen ist es schon ganz gut. Das Ende erscheint ein wenig offen...
Ein wenig irritierend war auch die Überschrift..

Liebe Grüße,
Yurina-chan und black_mirror


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