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Harmonie

von

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Burn Out

Kapitel 10: Burn-out


 

Draco kaute müde an einem Stück Brötchen herum, mit dem er sich gewiss schon seit fünf Minuten selbst quälte. Er hatte keinen Hunger, er war einfach nur müde.
 

Er war müde und konnte die Augen kaum offen halten. Er hatte diese Nacht kaum geschlafen und so war selbst das Kauen eines Brötchens anstrengend.

Der Grund dafür war, dass er gestern Abend, gleich nachdem er Potter verlassen hatte, in den Verbotenen Wald gerannt war, statt Voldemort, wie geplant, erst am nächsten Mittag aufzusuchen. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, irgendeinen potenziellen Doppelgänger mit Vielsafttrank auszustatten, da der, der ihn bewachen sollte, in dieser Nacht in der Krankenstation lag.
 

Erst als er den schnarchenden Wurmschwanz wachgerüttelt und ihn mit heftigen Tritten und Flüchen hinein in Voldemorts Zimmer geschickt hatte, wurde ihm klar, dass der dunkle Lord womöglich auch schlief. Erst als Wurmschwanz ihm zitternd und schmerzgekrümmt zuschnarrte, dass er gefälligst unten im Salon warten sollte, wurde ihm klar, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, bis zum nächste Tag zu warten. Beiläufig registrierte er, dass er es nie für möglich gehalten hatte, dass Voldemort selbst schlafen könnte. Dass er vielleicht schlechte Laune haben könnte, noch schlechtere als sonst, wenn man ihn mitten in der Nacht aus dem Bett riss.
 

Doch die Sache duldete Dracos Meinung nach keinen Aufschub. Er hastete die Treppen hinunter, eilte in das Schlafzimmer seiner Eltern und rüttelte diese wach, dann begab er sich, nun doch zitternd vor Angst, in den Salon, wo er demütig auf die Knie fiel und auf den Meister wartete. Voldemort ließ ihn in dieser Position fünfzehn Minuten schmoren, bevor er den Saal betrat.
 

Draco nutzte die Zeit, um seinem überraschend ruhigen Vater, seiner verstörten Mutter sowie der wütenden Bellatrix und dem entsetzten Rodolphus zu erklären, was geschehen war.
 

Eigentlich hatte Draco erwartet, dass Voldemort ihn foltern würde, nachdem er ihm mitgeteilt hatte, dass der Orden eine Liste erstellt hatte, auf der die zu tötenden Anhänger des Lords verzeichnet waren. Er hatte gedacht, dass Voldemort ihn vielleicht sofort töten würde, nachdem er gestanden hatte, dass der Orden ihn verdächtigte, im Auftrag des Lords in Hogwarts zu sein.
 

Doch nichts geschah. Voldemort hörte ruhig zu und wirkte beinahe gelangweilt. Als Draco geendet hatte, nickte er und befahl ihm, so schnell wie möglich ins Schloss zurückzukehren. Wahrscheinlich, so dachte Draco, fand Voldemort nichts bei dem Gedanken, die Malfoys auszulöschen. Oder andere Todesser. Todesser seien immer bedroht, doch der Orden würde nicht offen operieren und so sollte alles weitergehen wie bisher. Draco sollte sich den bekannten Ordensmitgliedern gegenüber so zurückhaltend wie möglich verhalten, sie gleichzeitig weiterhin ausspionieren und die Augen offen halten.

Eigentlich wirkte Voldemort eher müde, als ob er vor allem wieder in sein Bett wollte, denn er bestrafte Draco noch nicht einmal, sondern wies ihn an, auch die nächste Male, wenn er etwas auszurichten habe, möglichst bei Nacht zu kommen, da es um diese Uhrzeit unwahrscheinlicher sei, dass er beobachtet würde.
 

Gegen fünf Uhr war er aus dem Manor zurückgekehrt, hatte sich in sein Bett in den Slytherinkerkern begeben, bis etwa sieben Uhr den Baldachin über sich angestarrt und darüber nachgedacht, dass er nie wieder „Es kann nicht mehr schlimmer werden“ denken sollte, denn offensichtlich war es immer möglich, sein Leben noch schwieriger zu machen.
 

Was Draco wirklich wütend machte, war der Geruch seines Vaters, als er sich von ihm verabschiedet hatte. Es war ja nicht als ob er es nicht geahnt hätte.

Er hatte ihn mit verquollenen Augen auf dem Sofa sitzen sehen. Hatte gesehen, wie schlaff er dort zwischen Rodolphus und Bellatrix gewirkt hatte. Doch dies hätte man immer noch auf Müdigkeit und die Uhrzeit schieben können.

Lucius' Geruch hingegen, seine schleppende Art zu sprechen und der etwas unsichere Gang, als er Draco verabschiedete, ließen jedoch keinen Zweifel daran, dass sein Vater auch diese Nacht lieber mit Odgen anstatt mit Narzissa verbracht hatte.
 

Merkwürdig, dass er sich bei all den anderen Sorgen ausgerechnet darüber ärgerte, dass sein Vater genau das getan hatte, was er vermutlich jede Nacht tat. Er hatte ihn ja noch nicht einmal bei etwas unerwartetem erwischt. Trotzdem… trotzdem war es auf eine grimmige Art befriedigender, sich über Lucius' Geruch zu ärgern, statt darüber nachzudenken, dass Voldemort mit gelangweiltem Achselzucken kommentiert hatte, dass man seine Todesser doch sowieso beseitigen wollte, das sei ja, genau genommen, nichts Neues.

Danach hatte er Lucius dann einige äußerst beunruhigende Momente lang prüfend angesehen und dann nicht Lucius, sondern Bellatrix gefragt, mit welchen Zaubern das Manor gesichert war. Mehr könne man nicht machen.
 

Draco seufzte und würgte den Bissen hinunter. Er hatte keinen Hunger, obwohl er noch nicht einmal wusste, wann er das letzte Mal gegessen hatte. Gestern? Vorgestern? Er war nicht nur nicht hungrig, er hatte auch keine Lust zu essen. Essen war eine sinnlose Tätigkeit, mit der Menschen sich die Zeit vertrieben, die keine anderen Sorgen hatten.

Doch er war zu müde und zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt, als dass er sich gegen Pansy hätte wehren wollen, die ihm heute Morgen mit grimmiger Miene den Teller vollgeladen hatte. Vielleicht hatten Crabbe und Goyle ihr gesagt, dass er in der Dusche umgekippt war. Vielleicht machte sie sich aber auch ohne diese zusätzliche Information Gedanken. Sie hatte ihn so anders angesehen, in den letzten Tagen.
 

Er schluckte und ertrug es, dass ein zerkauter Brocken ihm schmerzhaft den Hals hinunter rutschte. Er setzte sich etwas um, atmete tief durch und zwang sich dazu, einen weiteren Bissen in den Mund zu schieben.
 

Pansy beachtete ihn glücklicherweise nicht weiter. Nur ab und zu unterbrach sie ihre angeregte Unterhaltung mit Blaise, beugte sich zu ihm herüber und schob den Teller, den er probeweise immer weiter von sich weg schob, zurück, deutete mahnend auf das immer noch nur zur Hälfte bewältigte Brötchen und wandte sich wieder zurück zu Blaise.
 

Crabbe und Goyle unterhielten sich ebenfalls ohne ihn. Über irgendetwas, Draco hörte nicht genau hin. Er konnte sich eh nicht darauf konzentrieren. Stattdessen spülte er den nächsten Bissen mit einem Schluck Milch hinunter, dann griff er in seine Umhangtasche und zog den Zauberstab heraus. Im Geiste wiederholte er die Worte „Wingardium Leviosa“ und konzentrierte sich darauf, das schwebende Brötchen auf Goyles Teller landen zu lassen. Der aß so viel, ein halbes Brötchen mehr würde ihm bestimmt nicht auffallen.
 

Pansys Hand schnellte nach vorne und schlug das Brötchen auf den Tisch. Mit einem Ruck zog sie ihren Arm zurück, knallte Draco das halbe Käsesandwich zurück auf den Teller und funkelte ihn zornig an. „Du isst das jetzt, vorher stehst du nicht auf, ist das klar? Ich sehe mir das nicht länger an.“
 

Unter normalen Umständen hätte er sie angeblafft, was sie sich erlaubte. Er hätte ihr gedroht oder sie ausgelacht, aber heute schaffte er es einfach nicht. Zudem klangen Worte wie „ich sehe mir das nicht länger an“, nicht angenehm in seinen Ohren, da sie, zusammen mit dem genervten Ausdruck in Pansys Augen, nichts Gutes verhießen.
 

Ohne ein Wort zu sagen nickte er gehorsam und biss das nächste Stück ab, während Pansy schon wieder mit Blaise redete. Er hörte nicht, worüber die beiden tuschelten. Sie flüsterten, doch Pansy klang eindeutig gereizt.
 

Er spähte hinüber zum Gryffindortisch, beobachtete das Schlammblut, das gerade zusammenzuckte, als Weasley ihr offenbar aus einer spontanen Laune heraus die Wange küsste. Sie verzog ihren Mund und wich ein wenig zurück, woraufhin er sich ebenfalls wieder ein Stück von ihr zurückzog und etwas sagte, was nur eine Entschuldigung sein konnte.
 

Sie hatte nichts gesagt, immerhin, das hatte er gestern gesehen. Sie hatte dicht gehalten. Potter und seine Freunde hatten schon vorher gewusst, dass Draco ein Todesser war. Sie wussten jedoch nichts von ihrem Abstecher ins Manor, dass er bei der Verbrennung des Fuchsbaus beteiligt war, dass Voldemort seine Diener angewiesen hatte für ihn zu sterben, dass es ihm im Moment egal war, was mit Potter geschah und auch nicht, warum Draco in Hogwarts war. Sie hatten Vermutungen, doch mehr war es nicht.
 

Er nahm einen weiteren Schluck Milch und dachte darüber nach, dass sie seine Lage wesentlich schlimmer hätte machen können, wenn sie gewollt hätte. Zudem hatte sie niemandem gesagt, was Voldemort ihm angedroht hatte und darüber hinaus hatte sie nicht gesagt, dass sie Severus Snape in den Reihen der Todesser gesehen hatte.

Keine Gewissheiten, nur Vermutungen hatte er in Potters Geist gesehen. Man wunderte sich, dass er noch lebte, doch man konnte sich keinen wirklichen Reim darauf machen. Ganz eindeutig hatte Potter keine Ahnung, dass er der Grund für Dracos Rückkehr zur Schule war.
 

Er musste zugeben, dass er dem Schlammblut gegenüber deswegen eine gewisse Dankbarkeit verspürte. Als könne sie seinen auf ihr ruhenden Blick spüren, wandte sie sich von dem Wiesel ab und drehte sich stattdessen in seine Richtung, um ihm mit ausdrucksloser Miene direkt in die Augen zu sehen.
 

Er blinzelte, fast als fühle er sich von ihrem nun nicht mehr ängstlichen, sondern sicheren Blick geblendet. Einige Sekunden hielt sie ihm ruhig stand, dann spähte sie kurz nach rechts und links, wohl um sich zu versichern, dass ihre Freunde in ihre eigenen Unterhaltungen versunken waren und sie nicht beobachteten, dann griff sie in ihren Umhang und zog ein elfenbeinfarbenes Stück Pergament heraus.

Er brauchte einen Moment bis er begriff, dass es sein Brief war, den die Schuleulen vorhin, während er mit seinem Brötchen gekämpft hatte, zugestellt haben mussten. Seinen eigenen Uhu hatte er in diesem Falle zur Sicherheit nicht genommen.
 

Sie nickte ihm ruhig zu, wohl um zu versichern, dass sie verstanden hatte, was er meinte und einverstanden war, dann steckte sie das Pergament zurück und drehte sich wieder von ihm weg, um erneut in eine mit Sicherheit sterbenslangweilige Unterhaltung mit Weasley, Potter und dem Trampel Longbottom zu verfallen, der sich eben Hermine gegenüber niederließ und Draco somit die Sicht auf das Mädchen versperrte.
 

Xxx
 

Hermine hatte nicht beabsichtigt zu lauschen. Genau genommen hatte sie auch kaum etwas gehört. Es hatte sich nur einfach nicht vermeiden lassen, dass sie einzelne Brocken der Unterhaltung aufschnappte, als sie den Schlafsaal der Jungen betrat. Nun ja, fast betrat.
 

Es war bereits achtzehn Uhr, als sie in die große Halle gekommen waren. Ginny war so entsetzlich langsam, wenn es darum ging, bestimmte Bücher zu suchen. Immer wieder musste Hermine sie mit immer länger werdenden Anweisungszetteln in Madam Pince's Revier schicken, da sie nie genau das fand, was Hermine haben wollte.
 

Sie hatte zwar regelrecht riechen können, wie Ginny barsche Antworten wie „Geh doch selbst und such, was du brauchst“ durch den Kopf schwirrten, doch zu ihrer größten Bewunderung verkniff sich diese all das, und kehrte nur ein ums andere Mal zurück ins Reich der Bücher, das Hermine nicht mehr betreten wollte.
 

Als sie endlich fertig waren, schleppten sie sich beide mühsam hinunter in die große Halle. Ginny, weil sie müde vom Suchen war, Hermine, weil die fünfzehn Bücher, die sie in ihren Armen trug, das Gewicht eines Schulkindes hatten.
 

Sie konnte Ginny nicht verdenken, dass sie sich nicht zu ihr setzte, sondern zu ihren Jahrgangskameradinnen. Ron und Harry waren nicht da. Hermine wurde etwas mulmig zumute, als sie sah, dass Kingsleys Platz am Lehrerpult ebenfalls verwaist war. Als sie Neville sah, der mit raschen Schritten zur Tür hinaus eilte, nachdem er die anderen Jungen nicht an ihren Plätzen vorgefunden hatte, wurde ihr langsam übel.
 

Aber vielleicht wollte sie doch lauschen, denn in diesem Moment beschloss Hermine, dass sie satt war. Sie erfuhr von Dean, dass Harry und Ron schon gegessen hatten und heftig diskutierend hinauf in den Gryffindorturm gestürmt waren.
 

Trotzdem hatte Hermine nicht vorgehabt, vor dem Schlafsaal zu stehen und ihr Ohr an die Tür zu legen und dennoch tat sie es, als sie Rons erregte Stimme „Malfoy“ rufen hörte.
 

Sie hörte wirklich nicht viel. Nur die Worte „Malfoy“, „Wir treffen uns am Grimmauldplatz“ und „Hoffentlich sind sie im Manor“ verstand sie.
 

Neville entgegnete etwas. Es klang ängstlich, doch Harrys beruhigendes, dumpf durch die Tür herausklingendes Gemurmel konnte sie schon nicht mehr verstehen, weil sie, sobald Rons Stimme verstummt war, ihr Ohr von der Tür gelöst hatte und nun die Treppe hinunter hastete.
 

Auf dem Weg zurück zur großen Halle sagte sie sich selbst tausend Mal, dass sie doch einfach umkehren sollte. Sie könnte tun, als habe sie nichts gehört. Doch ihre Füße schienen ihr Herz und ihr Gewissen besser zu kennen als ihr Verstand, der sie immer wieder anflehte, stehen zu bleiben.
 

Atemlos kam sie in der großen Halle an, riss die Tür auf und ihr heftig pochendes Herz setzte einige Schläge aus, als sie sah, dass der Platz, den Malfoy und Gefolge sonst immer am Slytherintisch innehatten, mittlerweile verwaist war.
 

Sie hätte doch gehen können. Sie hätte sich sagen können: „Gut, ich habe es probiert, aber er war schon weg“, doch stattdessen rannte sie durch die Reihen ihr verwirrt nachblickender Schüler zurück zur Tür, quer durch die große Halle und schlug die Richtung der Kerker ein.
 

Sie wusste nicht einmal genau, wo die Slytherinkerker waren, nur dass die Slytherins immer aus der Nähe des Zaubertrankklassenzimmers kamen, wenn sie zum Essen gingen. War es Glück oder Schicksal, dass sie wirklich ein schnarrendes, überhebliches Lachen hörte, als sie den nur spärlich von Fackeln beleuchteten Korridor hinabhastete?
 

Als sie Draco, umgeben von seinen Anhängern, in Richtung Slughorns Büro schlendern sah, fiel ihr ein, dass er dort zum Nachsitzen einbestellt war. Um die Sache so würdevoll wie möglich zu machen, wollte er wohl nicht alleine gehen, sondern schleppte einen Geleitzug, bestehend aus Crabbe, Goyle und der affektiert kichernden Pansy, die ihren Arm um seine Taille geschlungen hatte, mit sich. Er sagte irgendetwas das nach „Potter“ klang und sofort begannen alle erneut zu lachen.
 

„Malfoy!“
 

Das Lachen erstarb, vier verdutzt wirkende Slytherins drehten sich zu ihr um und starrten sie an, als seien sie nicht sicher, ob sie eine Fata Morgana oder sogar ein Irrwicht war.
 

Hermine kümmerte sich nicht darum. Schwer atmend rannte sie weiter, ignorierte Crabbe und Goyle, die wie zwei Leibwächter vor Draco traten und beachtete auch nicht Pansy, die sich enger an ihren Freund schmiegte als fürchte sie, Hermine könnte versuchen, ihr den arroganten Snob aus den Armen zu reißen.
 

„Malfoy… du…“, Hermines Augen flackerten nervös. Was sollte sie sagen? Sie hatte sich in etwa ausgemalt was sie ihm sagen musste, nicht aber, was sie in Gegenwart seines Fan-Clubs erwähnen durfte. „Malfoy, ich, ich muss sofort mit dir sprechen.“
 

Dracos Lippen kräuselten sich angeekelt. „Warum?“, schnarrte er kalt.
 

Hermine trat unruhig von einem Fuß auf den anderen, versuchte an Crabbe und Goyle vorbei einen Blick auf das blasse, spitze Gesicht des Jungen zu erhaschen und flehte eher, als dass sie drohte: „Du… du warst sehr gemein zu mir und ich muss unbedingt mit dir darüber sprechen.“
 

„Was?“ Er schob seine Hände zwischen seine Bodyguards, schob sie wie einen Vorhang, den er öffnete, zur Seite und drängte sich zwischen ihnen durch. „Was soll der Scheiß?“
 

Eigentlich wirkte er nicht einmal wirklich wütend, eher vollkommen ahnungslos, was er von einer Anschuldigung halten sollte, mit der er keine seiner heutigen Taten verbinden konnte.
 

„Ach, lass das Schlammblut doch“, quengelte Pansy, funkelte Hermine missbilligend an und packte Dracos Arm, um ihn zu sich zurückzuziehen. „Sie will sich nur wichtig machen.“
 

„Aber…aber…“ Hermine suchte krampfhaft nach Worten. Sie hörte doch selbst, wie künstlich ihre Stimme klang, so gar nicht nach dem, was ihre Worte sagten. „Harry…. also er will dich auch sprechen. Weil du… es geht um…“
 

Malfoys Augen verengten sich. Er schüttelte Pansys Arm von sich ab, verschränkte die Hände vor seiner Brust und kam noch etwas näher, die anderen drei einige Schritte hinter sich lassend.
 

„Du“, stammelte Hermine atemlos, hob ihren Finger drohend wie einen Zauberstab und pickte ihn in die Brust, „Du hast mich „Grangy“ genannt, als ich dich bei Madame Pomfrey gesehen habe. Du weißt schon… nach dem Quidditchspiel. Ja, genau!“Hermine triumphierte innerlich, denn Malfoys Miene wurde zwar deutlich kälter, doch wirkte er nun weit weniger verwirrt, sondern schien allmählich zu begreifen, dass sie ihm etwas zu sagen hatte, das nicht für fremde Ohren bestimmt war. „Und Harry will mit dir unbedingt reden, weil…. Grangy ist einfach eine ungeheure Frechheit.“
 

„Ach so!“ Draco verzog das Gesicht, schnarrte der empört protestierenden Pansy „geh weg“ zu und schickte Crabbe und Goyle mit ausgestrecktem Arm ebenfalls den Flur hinab.
 

Hermine konnte sich nicht mehr bremsen, noch ehe Draco sich wieder zu ihr umgedreht hatte, packte sie ihn am Ärmel und zog ihn in den Schatten einer großen Ritterrüstung.
 

„Lass mich sofort los und sag endlich, was du willst!“ Fast angeekelt wirkte er, als er ihre Hand abschüttelte. Sie verdrehte die Augen, als er sich danach noch nicht einmal zu albern vorkam, ein Taschentuch aus seinem Umhang zu fischen und sich die Handgelenke abzuwischen.
 

„Malfoy… hör mir zu!“ Sie packte ihn erneut, zog ihn noch näher zu sich heran und drückte ihn gegen die Mauer. Zu verwirrt um sich zu wehren, blieb er einfach nur stehen und starrte sie entgeistert an, während Hermine eindringlich flüsterte: „Räumt Malfoy Manor. Auf der Stelle. Jetzt!“
 

Sie ließ von ihm ab und einige Sekunden lang wirkte er wie versteinert. Er bewegte sich nicht, er schien nicht einmal zu atmen. Starrte sie nur weiterhin an und erst als sie ihn noch einmal packte, schüttelte und „Jetzt!“ befahl, schien er wieder fähig, sich zu bewegen.
 

Er schob sie unsanft zur Seite, wankte einige unsichere Schritte von ihr weg und sie glaubte schon, dass er immer noch nicht begriffen hatte, aber dann nickte er, machte auf dem Absatz kehrt und ging schneller und schneller davon, bis sie nur noch die das rasche Klappern seiner Absätze hören konnte, das die Treppe hinauf verklang.
 

Xxx
 

Draco stürmte so schnell, wie er noch nie zuvor gerannt war, in den Verbotenen Wald hinein. Er machte sich nicht die Mühe, Crabbe, Goyle oder gar Blaise dazu aufzufordern, während seiner Abwesenheit „Er“ zu sein. Erstens, weil es im Moment wirklich Schlimmeres zu befürchten gab als bei einem Ausflug in den Verbotenen Wald erwischt zu werden. Zweitens, weil die, die ihn überwachten sollten, im Moment abgelenkt waren und keine Zeit haben würden, ihm hinterher zu spionieren.
 

Nein, sie waren viel zu beschäftigt damit sich zusammenzurotten, um seine Familie auszulöschen. Das Schlammblut hatte nicht gesagt, wann sie kommen würden. Doch der gehetzte Ausdruck ihrer Augen, das scharf befehlende „Jetzt!“ und dass sie ihn ohne ein weiteres Wort hatte davon rennen lassen, es konnte nur bedeuten, dass es jede Minute soweit sein konnte.
 

Zehn Minuten später fand er seine vollkommen verdutzte Familie beim Abendessen im Esszimmer des Manors. Seine Mutter fragte verwirrt, ob er mit ihnen essen wolle, doch Draco schüttelte atemlos den Kopf und konnte nur panisch „Raus hier! Sofort alle raus hier!“ rufen.
 

Darauf breitete sich Stille aus, die Draco erst durchbrechen konnte, als er wieder halbwegs zu Atem gekommen war. „Der Orden! Ich habe vorhin gehört, das sie das Manor angreifen wollen! Sofort raus hier!“
 

Einen Herzschlag lang starrten sie ihn noch an, dann sprangen sie von ihren Stühlen auf, griffen ihre Zauberstäbe und hasteten zur Tür hinaus. Draco dachte eigentlich nicht, dass sie wirklich fliehen würden. Wie auch, die Situation war viel zu überhetzt und schnell. Alle waren recht leicht gekleidet, da im Zimmer ein wärmendes Kaminfeuer gebrannt hatte. Niemand dachte daran, irgendetwas in Sicherheit zu bringen oder mitzunehmen. Lucius nahm sich noch nicht einmal die Zeit Schuhe anzuziehen, sondern rannte in Strümpfen zur Tür hinaus.
 

Der, der wohl das Hauptziel des Anschlages sein sollte, Voldemort, war nicht da. Ohne große Erklärungen ins Ausland gereist, erzählte ihm sein Onkel und seine Mutter konnte sich trotz Bellatrix' mahnendem Blick nicht verkneifen hinzuzufügen, dass dies sofort nach Dracos Warnung vor einem Anschlag passiert war.
 

Er sandte einen Zauber aus, um das Manor abzusuchen. Niemand war auf dem Grundstück, doch ein von seiner Mutter ausgeführter zweiter Zauber offenbarte, dass in dem Wald, der das Manor umgab, zehn Personen waren.
 

Es war einfach keine Zeit nachzudenken, sich Sorgen zu machen oder gar Angst zu haben. Es war auch nicht nötig, dass Rodolphus die anderen daran erinnerte, dass Rabastan von Auroren nicht verhaftet, sondern getötet worden war. Die Gefahr war einfach offensichtlich.
 

Man verabredete sich dazu, sich nachher im ungenutzten, mittlerweile etwas verfallenen Manor der Familie Lestrange zu treffen und trennte sich, um die Personen im Wald zu suchen.

Draco blieb dicht hinter seiner Mutter. „Hier stimmt etwas nicht“ flüsterte Narzissa, nachdem sie den zweiten „Homenum revelio“ Zauber gesprochen und festgestellt hatte, dass die Personen, die sie eben im Wald ausgemacht hatte, zumindest aus dem näheren Umkreis verschwunden waren. Sie winkte Lucius zu sich, der gemeinsam mit Rodolphus zwischen zwei Bäumen hervor kam und fragte, ob er jemanden gefunden hätte. Die Frage wurde verneint.

Man wollte schon Bellatrix holen, um sich zu beratschlagen, doch Sekunden später wurde Draco von seinem Vater auf den Boden geworfen und mit dem Gesicht ins Gras gedrückt. Er wollte sich wehren und aufstehen, doch er kam nicht gegen Lucius' Hand auf seinem Hinterkopf an, der in panischer Angst schrie: „Alle runter!“
 

Sekunden später schoss eine Sternschnuppe vom Himmel herab. Zumindest war das, was kam, schön, hell und klar wie eine Sternschnuppe, wenn vielleicht auch größer. Ein gleißendes, strahlendes Licht und eine unnatürliche Hitze strahlte davon aus. So heiß, dass der eben noch fröstelnde Draco schon zu schwitzen begann, bevor die Bombe mit lauter Explosion im Manor einschlug und all das, was Draco Zuhause nannte, innerhalb von Sekunden in sich zusammenstürzte und in Flammen aufging.

Der Boden unter Draco bebte, als sei er lebendig. Als sei er ein großes, riesenhaftes Tier, das durch die Explosion erwacht war und sich nun zu regen begann.
 

Fassungslos starrte er auf das Grundstück vor ihm, auf das erneut eine Sternschnuppe hinabfiel, die mit ohrenbetäubenden Krachen in ein Nebengebäude einschlug. Pferde, sie hatten dort Pferde. Es war auf eine bizarre Weise wunderschön, die Tiere zu sehen, die panisch wiehernd aus ihren zerstörten Stallungen hinausstoben und als vierbeinige Kometen durch den Garten des Manors rasten.

Rot glühende, Funken sprühende Wesen erhoben sich über dem Manor in die Luft. Man hätte sie für Phönixe halten können, doch ihr Gesang war nicht betörend schön, sondern ein Lied der Todesqualen. Lucius‘ letztes Geburtstagsgeschenk, die weißen Pfauen, getroffen von einem Feuerzauber, standen in Flammen und verbrannten unter wahnsinnigen Schreien vor ihren Augen.
 

Ein Meer bunter Sternschnuppen hagelte auf das Manor nieder. Manche groß ein zerstörerisch wie ein Meteorit, andere klein und präzise wie Kanonenkugeln. Eines hatten sie jedoch alle gemein, sie waren tödlich.

Draco spürte die Hand seines Vaters nicht mehr an seinem Hinterkopf. Er drehte sich vorsichtig um und sah seine Eltern hinter sich knien. Beide hielten einander im Arm und sahen in stummem Entsetzen dorthin, wo gerade die nächste Sternschnuppe einschlug, die den Boden zum Erbeben brachte.
 

Draco setzte sich auf und suchte nach Bellatrix und Rodolphus. Rodolphus saß ein paar Schritte neben seinem Vater und starrte in den Himmel wie ein Kind, das ein wunderschönes Feuerwerk bewundert. Er lächelte, doch gleichzeitig zitterte er am ganzen Leib.

Bellatrix sah er in der Nähe seiner Mutter stehen, die Arme ausgebreitet, den Kopf in den Nacken geworfen, schrie sie.
 

Nein, sie schrie nicht. Ihr Mund war offen, doch die Schreie, die Draco hörte, kamen vom Manor. Er hörte die Tiere schreien. Irgendwo dort brannten ihre anderen Haustiere. Irgendwo im Haus, so ging ihm beim Anblick eines auf ihn zu galoppierenden Flammenpferdes durch den Sinn, verbrannten auch ihre Hauselfen. Ob sie es waren, deren irre Schreie verzweifelt zu ihnen herüberdrangen?
 

Er wandte sich um, da der kometenhafte Feuerschweif, den das Pferd nach sich zog, unwiderstehlich auf seine Augen wirkte. Erst, als Lucius mit lautem „Protego“ einen Schutzschild errichtete, gegen den das gehetzte Tier prallte und mit zertrümmerten Knochen zuckend zu Boden ging, erwachte er aus der Trance.
 

Seine Mutter schrie, sie wollte ins Haus zurück rennen , schoss erste „Aquamenti“ ab, doch Rodolphus war schneller. Er packte die zappelnde und hysterisch schreiende Frau und zog sie mit sich. „Gehen wir! Wir…“ Er konnte kaum sprechen, da die sich heftig wehrende Narzissa fast all seine Konzentration aufsaugte. „Wir müssen hier weg. Wir müssen überlegen, was zu tun ist.“
 

Lucius nickte und ehe Draco wusste, was ihm geschah, spürte er Lucius' Hand auf seinem Arm, der ihn an sich drückte und mit ihm gemeinsam weg apparierte, ein Meer von Farben, das von all den Sternschnuppen ausging, hinter sich lassend.
 

Es ging alles sehr schnell. Lucius ließ ihn los, noch bevor sie den Boden von Lestrange Manor berührten. Er hörte ihn schreien, verstand jedoch nicht, was er sagte. Alles, was er sah, war, dass sie von gut einem Dutzend vermummter Gestalten empfangen wurden, die bereits mit erhobenen Zauberstäben auf sie warteten und Flüche abfeuerten, noch bevor die apparierenden Personen aufgehört hatten sich zu drehen.
 

Es war einfach keine Zeit zu denken, keine Zeit für Skrupel. Wie eine Maschine, die einem Programm folgt, hob Draco seinen Zauberstab und schoss die ersten Flüche ab. Grüne Blitze durchschnitten die Luft. Seine Nackenhaare sträubten sich, als die von starker, zerstörerischer Magie aufgeladene Luft über seine Haut strich.
 

Draco rannte, so schnell er konnte, hinter einen nahestehenden Schuppen. Eine Gestalt folgte ihm so dicht auf den Fersen, dass sie ihn beinahe berühren konnte. Ohne nach hinten zu sehen schoss Draco Flüche in die Richtung ab, aus der er die Schritte zu meinen hörte. Schockflüche, wie in der Schule gelernt.
 

Er hörte ein ums andere Mal „Protego“ und begriff, dass ihn ein „Stupor“ nicht mehr retten konnte. Er warf sich auf den Boden, rollte so schnell er konnte herum und ohne zu überlegen, ja, eigentlich ohne genau zu zielen, schoss er einen Todesfluch in Richtung seines Verfolgers.
 

Er war einfach nur glücklich, als die Person, die auf ihn zielte, getroffen zu Boden ging. Einen Moment lang schloss er vor Erleichterung die Augen, als er sie wieder öffnete, bemerkte er, dass er alleine war. Um ihn herum war niemand.

In einiger Entfernung hörte er Schreie, sah grüne Lichtblitze in bisher nie gekannter Intensität aufleuchten. Er wurde geblendet und stolperte. Er sprang auf, um zurück zu den anderen zu rennen und wäre dabei fast von der wunderschönen, tödlichen Sternschnuppe getroffen worden, die nur wenige Meter vor ihm im Auffahrtsbereich von Lestrange Manor einschlug.
 

Innerhalb eines Herzschlages stand die Welt in Flammen. Alles um ihn herum brannte, von einem unnatürlichen, mörderischen Feuer entzündet, das selbst vor Steinen nicht zurückschreckte.
 

Draco irrte panisch zwischen den Flammen umher. Er wusste nicht, ob es an der Panik lag oder an einem Zauber, dass er nicht apparieren konnte. Er konnte nichts mehr sehen, nur noch Rot und Gelb, das zu einem Meer aus Lava vor seinen Augen verschwamm. Er wusste nicht, ob er selbst brannte, nur dass er schwitzte und ganz sicher sterben würde, wenn er keinen Weg aus den Flammen fand.
 

In Sekundenabständen schoss er „Aquamenti“-Fontänen ab, um sich eine heiße, dampfende, rauchenden Gasse durch die Flammen zu bahnen. Er hob sich einen Ärmel vor den Mund, doch trotzdem lag der Rauch schwer auf seiner Brust, brannte in seinen Lungen und er fühlte sich schwindelig. Als wäre er in einem Karussell begann sich die Welt um ihn herum zu drehen, wunderschön bunt, doch entsetzlich heiß. Er begann zu torkeln, konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, während er Meter um Meter weiter darum kämpfte, nicht zu fallen, denn das wäre das Ende.
 

Durch das Lodern der Flammen hörte er die Stimme seiner Tante, die verzweifelt nach seiner Mutter schrie. Er steuerte in Richtung dieser Stimme, nicht wissend, ob ihn dieser Weg wirklich aus dem Feuerherd hinausbringen könnte. Dennoch, eine Stimme auf die man zugehen konnte, war zumindest ein Ziel.
 

Seine Augen waren trocken, schmerzten und er spürte, wie seine Sinne schwanden. Einige letzte Meter kämpfte er sich nach vorne, dann kippte er um...
 

… doch schon war Bellatrix‘ Stimme ganz nah, rief nun nicht mehr nach seiner Mutter, sondern ihn. Sie packte ihn, zog ihn mit sich und als sie beide zu wirbeln begannen, schwand die Hitze, da weder Hitze noch Kälte während der Apparation zu spüren waren.
 

Er öffnete zaghaft die Augen und glaubte schon, dass er sich geirrt hätte und sie sich immer noch auf dem Manor seiner Tante befanden. Denn auch hier war alles heiß, gelb strahlend vor Flammen und voller Rauch. Bellatrix schüttelte ihn und gab ihm eine Ohrfeige. „Steh sofort auf, Draco! Du musst mir helfen, hast du deine Mutter gesehen?“
 

Draco hustete, ihm war immer noch schwindelig und er konnte kaum atmen. Er spuckte schwarzen Schleim aus und fiel zur Seite. Als ihn Bellatrix mühsam wieder in die Hocke gezogen hatte, schlug sie ihn erneut. „Du musst sofort aufstehen. Wir müssen hier weg… es brennt und ich finde deine Mutter nicht.“
 

Allmählich drang die Botschaft von seinen Ohren zu seinem Gehirn. Er öffnete die Augen und stellte fest, dass sie hier zwar auch neben einem brennenden Haus standen, es jedoch nicht das gleiche brennende Haus war wie zuvor.
 

„Was… was… wo sind wir hier?“
 

Bellatrix schüttelte zuerst ihren Kopf und dann ihn. „Hast du deine Mutter gesehen? Hast du dort drinnen deine Mutter gesehen?“
 

„Hier?“ Er hustete, doch konnte er wieder halbwegs verständliche Worte hervorbringen. Auf sie gestützt stand er auf und sah sich verwirrt um. „Wo… wir sind wir hier?“
 

„Ein Cottage an der Ostküste. Es brennt, alles brennt…“ Ihre Stimme klang heiser. Nicht nur er, auch sie musste gefühlte Ewigkeiten durch die Flammen geirrt sein.
 

„Aber wir sind doch… ich war doch eben…“
 

„Jaaa…“ Bellatrix schüttelte ihn erneut, als könne ihn das besser verstehen machen. „Verstehst du nicht? Alles brennt. Ich bin von Haus zu Haus appariert und überall haben sie Feuer gelegt. Ich dachte hier…. Aber auch hier… alles steht in Flammen.“ Sie krallte ihre Fingernägel in seine Oberarme und erklärte flehend: „Deine Mutter wurde vorhin von einem Fluch getroffen. Aber…“ Zum ersten Mal in seinem Leben sah Draco Tränen in Bellatrix‘ Augen. „...aber ich weiß nicht mehr, wo sie war. Ich bin so oft hin und her appariert, dass ich nicht sicher weiß, wo sie gefallen ist. Ich habe schon überall gesucht, aber ich kann sie nicht finden. Hast du sie in Lestrange Manor gesehen?“
 

Draco schüttelte verwirrt den Kopf und spürte, wie er gegen sie kippte, als seine Knie nachgaben und er vor ihr zu Boden ging. „Mutter… Mutter…. Wo?“
 

„Ja, das weiß ich doch nicht! Das ist doch das Problem!“, kreischte Bellatrix, riss ihn mit einem kräftigen Ruck nach oben und krallte sich wieder in seine Arme. „Du musst sie sofort suchen gehen! Du apparierst zu unserem Cottage in Wilthsire und ich suche woanders. Wenn du sie gesehen hast, dann…“ Sie zuckte ratlos die Schultern, da ihr wohl gerade klar geworden war, dass es keinen sicheren Ort gab, wo man die verletzte Narzissa unbeobachtet pflegen konnte. „Dann bring sie zu eurem Manor, ich… ich weiß nicht. Sie sind überall, in jedem Haus sind Leute von ihnen. So viele können das doch gar nicht sein. Vielleicht sind die im Manor ja schon fertig, dort habe ich niemanden mehr gesehen.“
 

Draco nickte, trat einen Schritt zurück und noch ehe sie ebenfalls ihren Zauberstab heben konnte, hoben seine Füße auch schon ab und er drehte sich abermals in die Dunkelheit hinein.
 

Er fiel auf eine Wiese. Er kannte dieses Haus nicht, das vor seinen Augen in sich zusammenstürzte. Das unwirkliche Gefühl des nicht wirklich Hierseins überkam ihn. Das Gefühl, dass dies ein Traum war. So musste sich Alice im Wunderland gefühlt haben. Er legte den Kopf in den Nacken, breitete die Arme aus und ließ sich nach hinten in das feuchte Gras fallen, nur, um den explodierenden Himmel über sich sehen zu können. Er hatte keine Angst, es war ein Feuerwerk. Er lag hier im Gras, um ein Feuerwerk zu bestaunen, das seiner Familie zuliebe abgebrannt wurde.
 

Die nächste Sternschnuppe, die in seiner Nähe einschlug, hob seinen Körper durch die Wucht des Einschlages einen Moment lang in die Luft, bevor er wieder auf den Boden zurückprallte.
 

Erneut nahm Panik von Draco Besitz, lähmte seine Fähigkeit logisch zu denken und verbannte jeden Gedanken außer der Sorge um seine Mutter aus seinem Kopf.

Er hatte sie vergessen. Er hatte Mutter vergessen, die womöglich hier irgendwo lag und verbrannte. Er rannte über die brennende Wiese, wich den einschlagenden Kometenfunken aus, als sei dies ein Hindernislauf und beachtete nicht die über ihn hinweg schießenden Flüche, die von dem Kampf zeugten, der auch hier ausgefochten wurde.
 

Das alles war ihm egal, er musste Mutter finden. Er stolperte, schlug sich die Knie auf und spürte wie etwas Nasses seine Handflächen herabrann, als er sich wieder aufraffte um weiterzurennen. Er konnte Bellatrix‘ schreien hören, doch sah er sie nicht. Keine Zeit für solche Gedanken. Er musste seine Mutter suchen, alles andere war im Moment egal.
 

Draco apparierte und schrie vor Schmerz auf, als er mit blutenden Füßen in der Nähe eines brennenden Stadthauses aufschlug. Aber er hatte keine Zeit, er konnte sich nicht damit aufhalten, dass er wegen seiner mangelnden Konzentration an den Füßen zersplintert war, dass er nicht im Manor, sondern an einer selten genutzten Stadtvilla der Lestranges war und hob seine blutenden Hände, um Schockzauber auf eine vermummte Gestalt zu schießen, die mit schnellen Schritten auf ihn zukam.
 

Er hörte Stimmen, viele Stimmen um sich herum, die panisch schrien. Erst später würde ihm einfallen, dass es Muggel gewesen sein mussten, die der aus dem Nichts entflammte Straßenkampf in Schrecken versetzte. In wilder Panik feuerte er Sectumsempra-Flüche auf einen Mann mit roten Haaren ab. Nein, er erkannte sein Gesicht nicht, denn schon drehte er sich um sich selbst, von diesem Fleck weg. Schreie, Panik und Angst hinter sich lassend.
 

Diesmal hatte er es besser gemacht. Er knickte ein und kippte zu Boden, doch war dies hier immerhin die Lichtung, die das Manor seiner Eltern umgab. Oder das, was vom Manor übrig war. Voll Grauen erkannte er, dass das Haus, in dem er aufgewachsen war, noch nicht einmal mehr eine Ruine war, sondern von den erbarmungslosen, alles zerstörenden, gewaltigen Flammen eines rubinroten Dämonsfeuers dem Erdboden gleichgemacht wurde.
 

Die Kometen hatten tiefe Krater in den Boden geschlagen. Schmutzig-grauer Dampf quoll aus ihnen heraus. Selbst die Katakomben, die sich unterhalb des Manors befanden, standen in Flammen. Nichts, gar nichts, gab es mehr.
 

Und immer noch, immer noch regneten Funkenschauer um ihn herum, die nicht nur das Manor, sondern wohl alles darum herum ebenfalls zerstören sollten.
 

„Draco!“
 

Draco erwachte aus seiner Starre und hob den Zauberstab, zielte in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war.

Er ging unsicher einige Schritte auf einen großen Baum zu, hinter dem er glaubte, die Stimme gehört zu haben. Irgendetwas raschelte und er meinte Schritte zu hören. „Draco… wo bist du denn?“
 

Vater? Es klang nach Lucius, doch war es nicht eindeutig zu entscheiden, da gerade in diesem Moment nur wenige Meter neben ihm erneut eine Bombe einschlug, die die schwarze Nacht blutrot färbte.
 

„Draco!“ Eine Hand packte seinen Oberarm und riss ihn herum, wo Draco im nachhallenden Rot der Explosion seinen Vater stehen sah. „Komm mit! Wir können hier nichts mehr tun.“
 

„Ja, aber Mutter…“ Das Rot der Explosion verblasste, doch war es nicht vollkommen dunkel, da das Feuer die Bäume im Garten entzündet hatte und die Flammen Lucius‘ verwirrt blickendes Gesicht schwach beleuchteten. „Sie ist bei Bellatrix. Komm jetzt mit.“
 

Draco wich einen Schritt zurück und war irritiert, weil Lucius immer noch nicht von ihm abließ. Eine weitere Explosion schlug im Manor ein und zerstörte den Springbrunnen. Blutrote Flammen brachten den Marmor um ihn herum zum schmelzen. Eine andere Art Feuer, das im Gegensatz zu normalem Feuer nicht Pflanzen, sondern Steine und andere schwer schmelzbare Gegenstände fraß.
 

Das magische Feuer verströmte eine unglaubliche Hitze. Schweißperlen tropften von Lucius‘ Gesicht. Weitere Kometenfunken regneten vom Himmel und schlugen rings um das bereits komplett zerstörte Herrenhaus ein. Rote Funken, die die Mauern um das Manor zum Schmelzen brachten.
 

„Aber Bellatrix sagte doch, sie könne sie nicht finden. Sie hat doch vorhin nach ihr gesucht und wusste nicht…“
 

„Ja und? Jetzt hat sie sie eben gefunden. Jetzt komm endlich mit! Wir müssen hier weg.“ Lucius' durch die Flammen erhelltes Gesicht zeigte deutlich Ungeduld.

Sein Vater packte ihn fester und zog ihn mit sich, an den vor ihnen zerfließenden Steinen vorbei. Hinaus, auf die in Flammen stehende Wiese, die das Manor großflächig umgab. Wasserfontänen brachen aus Lucius Zauberstab hervor und schufen eine qualmende Gasse voll heißen Dampfes, durch die sie schwitzend und kaum etwas erkennend, doch immerhin ohne zu verbrennen, eilen konnten.
 

Gut zweihundert Meter von der Einfahrt des Manors entfernt drehte Lucius sich wieder zu ihm um und richtete seinen Zauberstab auf ihn. „So und nun…“
 

„Stupor!“
 

Draco duckte sich, als der rote Blitz an ihm vorbei schoss. Lucius verdrehte die Augen, sein Griff lockerte sich und er kippte zur Seite, während Draco seinerseits seinen Zauberstab in die Höhe riss und mit ausgestrecktem Arm um die eigene Achse wirbelte, um den Angreifer auszumachen.
 

Er stoppte, doch senkte nicht den Zauberstab, als Severus Snape aus dem Wald auf ihn zuschritt. „Steck' das Ding weg.“ Snape deutete auf Dracos Zauberstab, hielt aber seinen eigenen weiterhin drohend erhoben.
 

„Ich wusste, dass Sie ein Verräter sind, ich wusste es“, keifte Draco wütend, doch Snape schüttelte nur genervt den Kopf und deutete mit der freien Hand, den Zauberstab immer noch auf Draco gerichtet, auf den am Boden liegenden Lucius. „Das ist nicht dein Vater.“
 

Dracos Arm schwankte, seine Augen flackerten nervös zwischen Lucius und Snape hin und her. „Woher… woher wollen Sie denn das wissen?“
 

„Weil ich hier bin und nicht dort“, antwortete die Stimme eines zweiten Lucius, der ebenfalls mit erhobenem Zauberstab schnell, gehetzt wirkend und nervös nach allen Seiten um sich spähend, aus dem Wald heraus an Snapes Seite trat.

Draco verzog wütend sein Gesicht, machte einen Ausfallschritt nach vorne und bohrte ihm seinen Zauberstab in die Brust. „Woher weiß ich, dass du mein Vater bist?“
 

Lucius, der stehende, durchbohrte Draco mit einem stechenden Blick. Statt vor Draco zurückzuweichen, kam er einen Schritt näher und drückte Dracos Zauberstab von sich weg. Als er seine Hände hob, wich Draco unwillkürlich einige Schritte zurück, da die Person vor ihm nicht gewillt schien, sich von ihm einschüchtern zu lassen.

Dracos Hand zitterte. Auch wenn er nicht sicher war, wen er vor sich hatte, in die wütenden Augen seines Vaters zu sehen, machte ihn nervös.
 

„Sieh ihn dir doch an!“, sprach der stehende Lucius mit gepresster Stimme. Er deutet mit dem Zauberstab zuerst auf Draco, dann auf den am Boden liegenden Mann. „Er hat noch nicht einmal dieselben Kleider an wie ich.“
 

Mit einem Mal wirklich verunsichert senkte Draco seinen Zauberstab und trat einen Schritt zurück, um den bewusstlosen Mann besser in Augenschein nehmen zu können. Das lichterloh brennende Manor erleuchtete die Nacht mit seinem verheerenden Schein. In allen Farben des Regenbogens brannten Steine, Marmor, die verendenden Tiere, Gras und Bäume.
 

Es war hell genug, dass er beide Männer gut erkennen konnte. Der Mann, der vor ihm stand, trug eine schwarze Hose, ein schwarzes Hemd, über das er ein rotes, mit verschnörkelten Runen besticktes Wams gezogen hatte.

Der Mann, der am Boden lag, trug einen weiten, schwarzen Umhang, feine Handschuhe und edle Drachenlederschuhe.
 

Der Mann, der vor ihm stand - grüne Socken.
 

Draco sog scharf die Luft ein und wich voller Entsetzen einige Schritte vor dem am Boden liegenden Mann zurück bevor Snape ihn packen konnte und zur Seite riss, da er sonst gegen einen brennenden Strauch gestoßen wäre.
 

„Vater…“, Draco verzog das Gesicht und meinte, vor Demütigung sterben zu müssen. Er ließ den Zauberstab sinken, wollte ihn schon wegstecken, doch Lucius, der über seinen Doppelgänger gestiegen war, hielt seinen Arm fest. „Nicht!“ Er sah sich wieder nervös um und erklärte dann mit gesenkter Stimme. „Sie sind noch hier. Wir haben sie gesucht.“
 

„Vater ich… ich habe nicht…“, Draco schämte sich entsetzlich, weil er doch eigentlich ganz genau gewusst hatte, wie übereilt sie alle das Manor verlassen hatten, dass Lucius sofort losgestürmt war und bestimmt nicht zuerst in sein Ankleidezimmer gerannt war, um sich in Abendgarderobe zu werfen.
 

Lucius winkte ab und bedeutete Draco zu schweigen. „Ja, ja… schon gut. Es ist dunkel und wir sind alle durcheinander.“ Er ruckte mit dem Kopf in Richtung der am Boden liegenden Person. „Er ist nicht der erste. Als wir zu der Lestrange-Villa appariert sind, habe ich dort drei Bellatrix‘ auf einmal gesehen. Sie verwirren uns. Aber nun“, Lucius drehte sich um und zielte mit dem Zauberstab auf seine Fälschung, „bringen wir ihn um und suchen weiter. Sie haben aufgehört, Explosionsflüche abzufeuern, aber vielleicht sind noch ein paar von ihnen hier.“
 

Draco biss sich auf die Lippen und trat einen Schritt von der morbiden Szene weg, in der Lucius den Zauberstab gegen sich selbst richtete, in der Absicht, sich zu töten. Einfach so… als wäre es… Alltagsarbeit.
 

„Avada -“
 

„Nein!“
 

Snape hatte Lucius' Arm gepackt und drückte ihn nach unten. Lucius schien vollkommen verwirrt, zu perplex, um auch nur wütend zu sein, doch bevor er Worte fand, erklärte Snape auch schon mit für ihn sehr ungewohnt nervös klingender Stimme. „Ich mache das. Ich… ich will ihn vorher noch untersuchen. Vielleicht erfahren wir dann, wer es ist. Geht ihr in den Wald…“

Lucius zog seinen Arm zurück und musterte Snape. Es schien, als wolle er etwas sagen, doch war wohl nicht nur Draco im Schein ihres brennenden Zuhauses zu verwirrt, um Widerstand zu leisten. Statt weiterer Einwände stampfte er der am Boden liegenden Person mit dem Fuß ins Gesicht, packte Draco um mit dem gemeinsam Snape zu folgen, der über die Wiese hinweg in Richtung Wald eilte.
 

Draco humpelte schwerfällig hinterher. Etwas stimmte nicht mit seinen Füßen, er spürte es, doch da er keinen Schmerz spürte, verschob er diese Frage auf später. „Was macht Snape denn hier? Wieso ist er bei euch?“
 

„Scht!“ Lucius legte einen Finger über die Lippen und deutete Draco an, leiser zu sein. „Bellatrix hat deine Mutter zu ihm gebracht, sie wurde…“
 

„Geht es ihr gut?“
 

„Scht!“ Stoppte Lucius seinen Sohn nun schon viel energischer und hielt ihm mit einer Hand den Mund zu. „Ich sagte doch, du sollst leise sein“, zischte er ärgerlich. Merkwürdigerweise wurde Draco jetzt, als sein Vater wieder von ihm abließ und ihm halb beruhigend, halb entschuldigend die Schulter tätschelte, klar, was ihn an dem falschen Lucius gestört hatte. Er hatte nach Aftershave gerochen, wohingegen diesen Lucius immer noch eine recht penetrante Brandy-Fahne umgab.
 

Davon abgesehen hatte der Schock über den Angriff aber ernüchternd gewirkt. Lucius wirkte zwar angespannt, doch aufmerksam, bewusst und wach. Er zog Draco etwas näher an sich heran und hob dessen Zauberstabhand, die herabgesunken war, als Lucius ihm geboten hatte zu schweigen.
 

„Ja, es geht ihr gut“, flüsterte Lucius, während sie ohne entflammten Zauberstab den dunklen Wald betraten. „Sie ist nicht schwer verletzt. Aber alle, alle unsere Häuser sind zerstört.“ Lucius sah Draco tief in die Augen und es war intensiv und beängstigend zu sehen, wie der eben noch ruhige Mann für Sekunden die Beherrschung zu verlieren drohte. Doch dann erlangte er seine Fassung wieder, holte tief Luft und flüsterte weiter: „Ich weiß nicht, wie sie es geschafft haben, aber sie haben die Fidelius-Zauber um all unsere Häuser, auch die der Lestranges, gebrochen. Bellatrix, Rodolphus und ich… wir waren überall, nichts steht mehr.“ Wieder brach er ab um tief durchzuatmen. Dennoch wirkte er aufs äußerste angespannt und wachsam. Erlaubte sich weder die Augen vom Wald abzuwenden, um Draco weiter direkt anzusehen, noch seinen Zauberstab auch nur leicht zu senken.
 

Draco wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Er hatte sich zwar so etwas gedacht, als er von einem zerstörten Haus zum anderen appariert war, doch war ihm trotz des offensichtlichen Bildes der Zerstörung in diesem Moment nicht klar gewesen, dass er nun obdachlos war.
 

„Wie auch immer… wir mussten schnell entscheiden und Bellatrix apparierte zu Snape, da dieser Heiltränke auf Vorrat hat. Er hat deiner Mutter etwas gegeben und als es ihr besser ging, ist er mit Bellatrix zurück appariert. Seitdem suchen wir dich. Wenn wir die hier“, er hob den Zauberstab und vollführte eine umfassende Bewegung, um anzudeuten, dass er die Angreifer irgendwo um sie herum vermutete, „gefunden haben, gehen wir alle zu Severus.“
 

Draco fuhr herum, als er hinter sich etwas rascheln hörte und wollte schon einen Fluch abfeuern, doch Lucius war schneller. Er packte seinen Arm, zog Draco an sich heran und hinderte ihn daran, sich zu bewegen. „Zu weit weg. Du weißt nicht, wer es ist. Wenn du jetzt schon den Fluch abschießt, dann weiß er wo du bist, du aber nicht, wo er ist. Warte noch!“
 

Draco nickte gehorsam. Er war beinahe erleichtert, dass sein Vater ihn immer noch an sich drückte, seinen eigenen Zauberstab aber drohend erhoben hielt. Erst als die Schritte ganz nahe waren, ließ er von Draco ab und nickte ihm zu.

Draco hörte seinen Vater tief Luft holen, zum Fluch ansetzen doch bevor das „Avada“ vollendet war, hörten sie schon Snapes panische Stimme. „Weg hier! Sie haben Basiliskenatem.“
 

Lucius Zauberstab verharrte, doch richtete er ihn nicht mehr auf den schnell auf sie zu eilenden Snape, sondern unfokussiert und im Schock gelähmt auf einen Punkt hinter diesem „Basilisken…“
 

„Ja. Sofort weg!“
 

„Was ist das?“, fragte Draco vollkommen verwirrt.
 

„Das…. Das… komm jetzt endlich, Lucius. Ich bin es, du hast mich eben zurückgelassen, weil du und dein Sohn Angreifer im Wald finden wolltet. Komm jetzt!“ Er streckte seinen Arm wieder nach Lucius aus, doch der wich nur weiter zurück und zückte seinen Zauberstab. „Das reicht mir nicht.“
 

„Was ist denn Basiliskenatem?“, unterbrach Draco sie erneut, da ihm schien, dass von der Antwort auf diese Frage Tod oder Leben abhängen konnte. Je nachdem…
 

„Aaah!“ Snape knurrte und zog zumindest Draco näher. „Ein Gas! Tödlich! Gibt keinen Schutz dagegen! Innerhalb von Sekunden stirbt alles, was lebt, im Umkreis von fünf Kilometern! Sie sagten, es geht jede Sekunde los!“
 

Snape packte Draco und Lucius am Arm, er wollte apparieren, ganz sicher. Lucius erwachte aus seiner Starre und schüttelte Snape ab. „Nein. Moment. Woher weißt du… was ist mit… wer bist du?“, stammelte er heiser.
 

„Ich… er liegt da hinten.“ Snape wedelte ungeduldig mit seinem Zauberstab in Richtung Manor. Winzige Funken stoben daraus hervor, wiesen darauf hin, wie aufgewühlt Snape war, wie wenig er seine Magie noch unter Kontrolle hatte.
 

„Wir haben dafür keine Zeit… wir müssen weg. Sie sind aus den Katakomben gekommen. Ich habe gehört, wie sie sagten, dass sie sofort weg müssen. Es…“, er packte den sich wehrenden Lucius erneut am Arm und diesmal gelang es ihm nicht, sich herauszuwinden, denn schon Sekunden später hoben sie alle drei ab und wirbelten aus dem Wald hinaus, hinein in eine stinkende, doch leere und wundervoll kalte Straße, irgendwo in der Nähe einer Muggelfabrik.
 

„Kommt! Wir müssen so schnell wie möglich von hier weg“, drängte Snape energisch und merkte wohl erst einige Meter später, dass er so langsam war, weil er den humpelnden Draco immer noch nicht losgelassen hatte.
 

Erst jetzt schien er zu merken, dass Lucius nicht mit ihnen rannte. „Komm endlich!“, dränge Snape mit aufwallender Panik in der Stimme. „Deine Frau ist bei mir! Bellatrix hat sie vorhin gebracht! Man hat ihr drei Schockzauber gegen den Kopf geschossen! Es geht ihr wieder gut. Komm endlich! Du kannst mich später immer noch umbringen, wenn du mir nicht traust. Aber wir müssen jetzt runter von der Strasse!“
 

Lucius starrte ihn mit erhobenem Zauberstab weiter an, dann gab er sich jedoch einen Ruck und rannte dem vorauseilenden Snape nach. Narzissas Erwähnung hatte ihn belebt. Die Erwähnung der Art ihrer Verletzung, wer sie gebracht hatte und die Tatsache, dass er diesen trostlosen Ort hier wohl wirklich als Snapes Zuhause kannte, schienen ihn zumindest soweit beruhigt zu haben, dass er einwilligte mitzukommen.
 

Draco humpelte. Erst jetzt, als Lucius ihn mit schnellen Schritten durch Spinners End zerrte, spürte er, wie sehr seine Füße doch schmerzten. Ein ekelerregendes Nass hatte seine Socken durchweicht, sorgte bei jedem Schritt für widerlich schmatzende Geräusche.
 

Die Schmerzen, die er vorhin im Schock nicht gefühlt hatte, breiteten sich wie eine tödliche Krankheit in ihm aus. „Ich… ich bin zersplintert. Meine Füße bluten“, krächzte er gequält.
 

Snape schüttelte den Kopf und zerrte ihn weiter. Lucius drehte sich kurz zu ihm, um und verzog das Gesicht, als er die rote Blutspur sah, die Draco mit jedem Schritt hinterließ. Im Gehen zielte er mit dem Zauberstab auf Draco, doch nicht, um seine Füße zu heilen, sondern um die verräterischen roten Fußabdrücke zu beseitigen.
 

Sie eilten die Stufen zu Snapes Haus empor und während Snape die Tür mit einem „Alohomora“ öffnete, ließ Lucius abermals die roten Flecken hinter Draco verschwinden. Dann packte er seinen Sohn unsanft am Kragen und zog ihn mit einem Ruck ins Haus hinein.
 

Die Tür fiel krachend hinter ihnen ins Schloss. Draco krümmte sich. Der Schmerz begann ihn zu überwältigen. Und nicht nur seine Füße schmerzten – jetzt erst bemerkte er, dass ihm auch zwei Finger fehlten.
 

Draco stöhnte und brach in die Knie, voll Grauen starrte er auf seine verstümmelte Hand. Ihm wurde übel und noch ehe er den Kopf von seine Händen wegdrehen konnte, erbrach er scharfe Magensäure um die verstümmelten Finger.
 

Eine Tür öffnete sich und das gelbe Licht mehrerer Petroleumlampen, die in einem Zimmer am Ende des Korridors brannten, erhellte den dunklen Flur.
 

Er hörte schnelle, leichte Schritte auf sich zu eilen. „Was ist denn mit ihm?“
 

Seine Mutter ging neben ihm im die Knie und strich ihm besorgt die Haare aus dem Gesicht.
 

„Er ist zersplintert. Los, schaffen wir ihn hinein.“ Er spürte, wie ihn starke Männerhände an beiden Seiten hoch zerrten. Nur verschwommen erkannten seine vom Rauch entzündeten Augen Lucius zu seiner Rechten und Snape zu seiner Linken, die ihn in das Zimmer, in dem sich die Lichtquelle befand, eher trugen als führten.
 

Obwohl es sicher nicht sehr hell war, schmerzten seine Augen, als man ihn in den Salon brachte. Er kniff die Lider zusammen und erschrak, als er seinen Körper nach hinten kippen fühlte. Sekunden später spürte er jedoch eine Liege unter sich, auf die man ihn offenbar gebettet hatte. Weiche Hände zogen ihm behutsam die blutdurchtränkten Schuhe aus.
 

Er hörte Narzissa entsetzt wimmern. Er hustete, drehte den Kopf zur Seite und spuckte etwas aus, das sowohl Schleim als auch Magensäure sein konnte. Als er sich die Hände schützend vors Gesicht halten wollte, um seine Augen vor dem Licht der Lampe zu schützen, wurden diese von einer weiteren, etwas raueren Hand festgehalten. „Nicht! Wir müssen uns zuerst um deine Finger kümmern.“
 

Der Stimme nach war es Snape. Draco schrie vor Schmerz auf, als Narzissa ihm in einer schnellen Bewegung die Socken von den Füßen zog. Etwas Nasses fiel klatschend zu Boden. Draco öffnete kurz die Augen, doch schloss er sie sofort wieder, als er sah, dass der ganze Teppich, über den man ihn getragen hatte, voller roter Flecken war.
 

Seine Augen flackerten, tränten und schmerzten. Er erhaschte einen kurzen Blick auf den neben ihm knienden Severus Snape, der seine Hand mit Diptamessenz abtupfte. Neben ihm stand Bellatrix, die ihn mit besorgter Miene ansah und eine Flasche in der Hand hatte, die vermutlich Medizin enthielt.
 

„Kommst du auch mal zu mir?“ Draco drehte den Kopf leicht zur Seite und sah Rodolphus, dessen Kleidung vollkommen von Blut durchtränkt war und der sich ein ebenfalls schon fast durchweichtes Handtuch an den Hals hielt.
 

„Sectumsempra“, schnarrte er zu Snape, der daraufhin mit ausdrucksloser Miene nickte und auf Bellatrix deutete. „Lass dich einreiben. Es hilft.“
 

Bellatrix verzog das Gesicht, als würde sie lieber neben Draco stehen bleiben und zusehen, doch wurden ihre Züge etwas weicher, als sie ihren blutenden Ehemann genauer ansah. Ihr Mund wurde schmal, doch sie nickte, griff beinah sanft nach seinem Arm und führte ihn aus Dracos Sichtfeld hinaus.
 

Er scharfer Schmerz ließ ihn abermals aufschreien. Ein Gefühl, als würden seine Hände und seine Füße brennen, betäubte für einige Sekunden jede weitere Wahrnehmung. „Alles ist gut, Liebling“, beruhigte ihn seine Mutter, die ihm wohlwollend über die Beine strich. „Wir lassen die Zehen und Finger nachwachsen. Es tut ein bisschen weh, aber es ist gleich vorbei.“
 

Draco schrie abermals, als der Schmerz mit voller Wucht zurückkehrte, ihn verbrannte, ihm vor Qual den Verstand raubte und dann... vorbei war.

Ebenso unerwartet wie er gekommen war, ließ der Schmerz so abrupt nach, dass es Draco fast erneut wehtat. Er konnte den nicht sonderlich frischen Atem von Snape riechen, der sich über ihn beugte und ihm etwas über die Augen strich, das für wundervolle Kühlung sorgte.
 

Das Brennen und Kratzen ließ nach. Wenige Sekunden später konnte Draco die Augen öffnen und erkannte einen ziemlich mitgenommen aussehenden Snape vor sich, der von seiner Mutter wie ein lästiges Möbelstück zur Seite gedrängt wurde, bevor sie sich neben ihm auf die Knie sinken ließ. Zärtlich strich sie ihm durch die Haare, doch wirkte sie bei dieser Geste nicht wirklich bei der Sache.

Liebevoll und besorgt, durchaus, doch noch zu aufgewühlt und zu erfüllt mit anderen Problemen, als dass sie ihn wirklich hätte trösten können… oder wollen. „Steh auf, Liebling. Wir konnten alles heilen. Morgen früh wirst du von all dem nichts mehr merken.“
 

Draco bezweifelte das, doch da er sie nicht zusätzlich beunruhigend wollte, gehorchte er und setzte sich auf. Nun, da er wieder richtig sehen konnte, erkannte er um sich herum einen Raum, den er auf den ersten Blick als Bibliothek bezeichnet hätte. Ausnahmslos alle der hohen Wände waren bis zur Decke mit dicken, mal älter, mal jünger winkenden Büchern vollgestopft. Keine Bilder, keine Fotos, keine Pflanzen. Nichts, das Behaglichkeit hätte vermitteln können, gab es hier. Die großen Fenster waren schmucklos, ohne Vorhänge und pechschwarz. Vermutlich ein Verdunklungszauber.
 

Trotz der etwas steifen Atmosphäre des Raumes standen hier einige durchgesessen wirkende Sessel und Sofas herum. Dieser Raum hier war zweifellos für Menschen gedacht, die es schätzten zu lesen. Nicht jedoch für Menschen, die sich gerne wohlfühlten. Zweifellos, sie waren in Snapes Haus.
 

Auf der anderen Seite des Raumes sah Draco seinen Vater, der zusammengesunken auf einem Sessel kauerte. Den Rücken gebeugt, ließ er den Kopf vornüber hängen und stützte seine Stirn auf die angewinkelten Arme. Er sagte nichts. Erst jetzt fiel Draco auf, dass er der Einzige war, der nach ihrer gemeinsamen Ankunft gar nichts gesagt hatte. Es wirkte, als hätte er Draco gemeinsam mit Snape in den Raum getragen und sei dann an Ort und Stelle, unfähig noch irgendwie zu funktionieren, zusammengebrochen.
 

Ihm direkt gegenüber sah er Bellatrix, die mit einem Tuch ungewohnt sanft über den blutbeschmierten Hals ihres Mannes strich, während sie sachlich und kühl erklärte: „Ich weiß nicht, wie sie es geschafft haben, aber euch ist hoffentlich klar, dass wir keinen Ort mehr haben, wo wir uns verstecken können. Sie müssen sämtliche magischen Behörden infiltriert, sämtliche Verdeckungszauber, die auf unseren Besitzurkunden liegen, gebrochen haben und… Sie haben alles, wirklich alles, was wir hatten, zerstört.“
 

„Sie haben Basiliskenatem im Manor eingesetzt“, fügte Snape mit tonloser Stimme hinzu. „Ich nehme an, auch in den anderen Landsitzen. Ob sie es bei den Stadthäusern gemacht haben, weiß ich nicht. Aber vielleicht war ihnen auch dort egal, wie viele Leute sonst noch sterben würden.“ Snape zog eine Augenbraue hoch und schüttelte den Kopf. „Ich dachte nicht, dass sie so weit gehen würden.“ Er verzog das Gesicht, als würde er angestrengt über etwas nachdenken. „Ich hätte nicht gedacht, dass sie es riskieren würden, Unbeteiligte zu verletzen. Sie müssen doch gewusst haben, dass auch noch andere Menschen um die Landhäuser herum sein könnten.“
 

„Sie hatten doch die Chance, uns umzubringen. Das ist doch etwas, das jeden Preis wert ist, oder?“ Lucius hob den Kopf, grinste schief und sank wieder in sich zusammen. „Ich habe letzte Woche gehört, dass ein paar meiner Kollegen gestorben sind. Du weißt schon“, er hob den Kopf und sah zu Narzissa, die sich entsetzt die Hände vor den Mund hielt. „Die, die ich getroffen habe. Sie… ich habe Zauber über sie gesprochen. Es kann tödlich sein, diese Zauber zu brechen aber… das war es wohl wert.“
 

Alle schwiegen. Draco brummte der Kopf, seine Hände und Füße brannten immer noch und seine Kleidung war dreckig, blutig und nass. Snape seufzte und ging aus dem Raum.

Nun wieder ganz allein mit seiner Familie, fühlte Draco sich nur umso verzweifelter und umso mehr allein gelassen, da keiner im Raum auch nur ansatzweise so etwas wie Rat oder Hilfe anbieten konnte.
 

Die Tür öffnete sich quietschend und Snape kam zurück. Er hielt ein Tablett in seinen Händen, auf das er Kürbispasteten und Butterbier gestellt hatte, die er der Reihe nach an jeden verteilte. Bei Lucius angekommen kräuselte sich sein Mund zu einem bitteren Lächeln. „Hast du Durst?“
 

Lucius ließ sich auf dem Sessel nach hinten sinken und nickte. Etwas lag in seinen Augen, ein Flehen, das Snape wohl entschlüsseln konnte. Er stellte das Tablett weg und ging hinüber zu einem Bücherregal, das er wie eine Schranktür aufklappte. Heraus holte er eine große, sehr große Flasche, die mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefüllt war. Er reichte sie Lucius, der sich gar nicht erst die Mühe machte um ein Glas zu bitten, sondern sie hastig öffnete und die Flasche an die Lippen setzte, um einen tiefen Zug daraus zu nehmen.
 

Er schloss die Augen und Draco fand, dass er fast wie ein hungriges kleines Kind wirkte, für das die Flasche alles war, war es mit Trost verband. Lucius setzte die Flasche ab, seufzte und nickte Snape dankbar. „Danke, das….“
 

Snape schüttelte den Kopf und winkte ab. „Vergiss es, Lucius.“
 

Sein Vater nahm einen erneuten Zug aus der Flasche und sah von Snape weg, hinüber zu Draco. „Gib dem Jungen auch eine.“
 

„Lucius!“
 

Draco drehte sich zu seiner empörten Mutter um. Sie stieß sich von der Wand ab, gegen die sie sich gelehnt hatte und ging zu ihrem Mann hinüber. „Du…. Du kannst doch nicht… Nur weil du…“
 

Lucius sah Narzissa nicht an, schüttelte den Kopf und sprach stattdessen nun wieder Snape direkt an. „Er muss wieder in die Schule. Er kann hier nicht bleiben. Dort werden sie ihn zumindest nicht so offen bedrohen wie hier. Er braucht das jetzt.“ Er drehte den Kopf nun doch zu Narzissa und fügte resigniert hinzu. „Wenn du etwas besseres hast, um es ihm mitzugeben? Ich nicht, wir haben gar nichts mehr, Narzissa. Außer Geld… und das ist jetzt auch keine Hilfe. Also…“ Er drehte sich zu Draco und fragte: „Sohn, willst du?“
 

Draco sah zuerst zu seiner Mutter, die zu keinem Widerspruch mehr fähig war, dann zu seinem resigniert lächelnden Vater und dann zu Snape, der ihn mit undurchdringlicher Miene ansah. Er nickte schwach, sagte aber nichts.
 

Snape erwiderte das Nicken, ging abermals zum Schrank und zog eine zweite Flasche heraus. Da Snape nicht zu ihm kam, stand Draco auf, um sich die Flasche zu holen. Lucius hatte recht, er musste nun wirklich gehen. Sobald er wieder offiziell Schüler im Schutz seines Hauses war, kein gejagter Verbrecher, würde es diesen Leuten schwerer fallen, ihn umzubringen. Sie würden es nicht tun, wenn andere Slytherins zusahen.
 

Er umarmte seine Mutter, erlaubte seinem Vater, seine Hand zu drücken, verabschiedete sich von Onkel und Tante und ließ sich von Snape zur Tür bringen. Bevor Draco gehen konnte, legte ihm sein ehemaliger Lehrer noch einmal die Hand auf die Schulter und deutete mit der freien Hand auf die Flasche. „Lass es nicht zur Angewohnheit werden, ja? Geh morgen zu Madame Pomfrey und sag, du wärst erkältet. Sie wird nicht nachfragen. Viel Spaß damit, zumindest eine ruhige Nacht wirst du haben.“ Draco nickte und verließ das Haus. Schnell, schnell… um von hier weg apparieren zu können. Wer wusste schon, wo der Orden noch Leute versteckt hatte?
 

Xxx
 

Als Draco zurück ins Schloss kam, fühlte er sich müde, dreckig und betäubt. Die Flasche zog seinen dreckigen, zerrissenen Schulumhang schwer nach unten. Er würde ihn nachher herrichten, aber jetzt wollte er einfach nur so schnell wie möglich hinunter in den Keller, um sich der Flasche zu widmen. Sein einziger Besitz im Moment… wenn man von den Bergen von Gold absah, die immer noch in Gringotts lagen. Sicher, sie waren reich, dennoch gab es nichts mehr, was er einen wirklichen Besitz, ein wirkliches, greifbares Eigentum nennen konnte.
 

Alles, was er als er als „mein“ bezeichnet hatte, war zerstört. Selbst die blaue Blume, die er vor seiner Abreise auf seinem Nachttisch vergessen hatte. Alles hin… innerhalb eines Abends. Er eilte durch die Eingangshalle. Bemühte sich leise zu sein, um nicht am Ende noch Peaves oder einen Patrouille gehenden Vertrauensschüler auf sich aufmerksam zu machen.
 

Er hätte am liebsten geweint, als er endlich die Stufen, die zum Slytherinkerker hinabführten, erreicht hatte. Dort unten war alles, was er noch hatte. Einige Umhänge, Schulsachen, ein Besen und einige kleine Habseligkeiten. Abgesehen von der Literflasche Whisky in seinem Umhang. Aber die würde die Nacht auch nicht überstehen. Er würde trinken bis er ohnmächtig wurde und dann… so friedlich wie möglich schlafen.
 

„Malfoy!“
 

Draco wirbelte herum, als er die Stimme des Schlammblutes hinter sich hörte. Dort, im Schatten einer silbern glänzenden Ritterrüstung, stand das Mädchen und rieb sich die Knie, als hätte sie längere Zeit darauf gesessen.
 

„Was machst du denn hier? Lauerst du mir auf?“
 

Ein sanftes Rosa überzog ihr Gesicht und obwohl sie den Kopf schüttelte, war ihm doch klar, dass sie genau das getan hatte. „Ich…“, sie senkte verschämt die Augen und kam zögerlich näher, bis sie etwa einen Meter vor ihm stehen blieb und ihre Augen wieder hob. Sie wirkte ein wenig nervös, erwiderte seinen starren Blick nicht, sondern schien stattdessen sein Ohr anzusehen. „Die anderen kamen vorhin. Sie haben mich nicht gesehen, als sie in den Gemeinschaftsraum gekommen sind. Soviel ich mitbekommen habe, ist wohl ziemlich viel schief gegangen.“ Sie zuckte die Achseln und sah ihn flehend an. „Sie wissen doch nicht, dass ich davon weiß. Ich konnte sie nicht fragen, ob…“
 

„…ob ich tot bin? Oh, wirklich…“, er lachte hart auf. „Wie ärgerlich für dich. Doch, ich lebe noch. Danke der Nachfrage.“ Er kräuselte die Lippen und setzte den herablassendsten Blick auf, zu dem er im Moment fähig war.
 

Sie rieb sich nervös ihren Arm, benetzte ihre Lippen und betrachtete eine Weile ihre Schuhe. Überlegte offenbar, was sie als nächstes sagen sollte.
 

„Deine Familie“, begann sie zögerlich und zog die Schultern hoch als fürchte sie sich vor ihm, „geht es ihnen gut?“
 

Draco verzog das Gesicht, als ihm die Bilder des brennenden Manors vor Augen kamen. Wie er und seine Eltern von Haus zu Haus appariert waren, bis sie feststellen mussten, dass es keinen Ort mehr gab, den sie ein Zuhause nennen konnten. Wie sie wieder und wieder angegriffen worden waren und wie alles in Flammen aufging, was für ihn wichtig gewesen war.
 

„Sie leben noch“, krächzte er mit seiner vom Schreien und dem Rauch heiseren Stimme. „Pech gehabt.“ Er grinste so böse wie seine blutende Lippe erlaubte. „Wir konnten noch rechtzeitig das Haus verlassen. Ich muss dich enttäuschen“, er bemühte sich etwas leiser zu sprechen und nicht ganz so hektisch, da er selbst bemerkte, wie aufgewühlt und gehetzt er klang. Draco atmete tief durch, versuchte etwas gelassener zu sprechen. Er trat einen Schritt näher, da es schon peinlich genug war, in diesem Zustand mit ihr gesehen zu werden. Er brauchte nicht auch noch zufällige Zuhörer. „Unser… Gast, du weißt schon, von wem ich spreche?“
 

Sie nickte und kräuselte die Nase, woraufhin sich Draco Mühe gab, nicht allzu sehr zu erröten, da ihm durchaus bewusst war, wie sehr er stinken musste. „Er war nicht da. Ist irgendwo im Ausland, soviel ich weiß.“
 

Er senkte den Blick und biss sich auf die Lippen, denn ansonsten hätte er laut geschrieen und sie geschlagen, da sie sich mit einem Ausdruck tiefster Enttäuschung die Hände vor die Augen geschlagen hatte. Enttäuschung, dass seine Familie noch lebte und der ganze Einsatz somit ein Reinfall war?
 

Makaber, Makaber.
 

Er straffte sich, setzte ein falsches, süffisantes Grinsen auf und tätschelte ihr mitfühlend den Rücken. „Nimm's nicht so schwer. Deine Leute mussten nicht ergebnislos abziehen. Das Manor und alles im Umkreis ist ausgebombt. Genau wie all unsere anderen Häuser. Wirklich“, er kniff ihr mit anerkennendem Kopfnicken in die Wange. „Ihr habt gut recherchiert. Ich weiß zwar nicht, wen ihr alles umbringen musstet, um unsere Häuser zu finden, aber ihr habt es geschafft. Kompliment. Nicht nur unsere Häuser und Gärten, auch unsere Möbel, unsere Tiere, unsere Elfen, mein Klavier, der Flügel meiner Mutter, all die Dinge, die wir uns jemals gekauft haben, unsere Kleider… alle Erbstücke und Andenken, die wir jemals besessen haben. Alles ist Geschichte. Gut gemacht, Schlammblut.“
 

Er verschränkte die Arme vor seiner Brust und hob herausfordernd das Kinn, wartete darauf, dass sie ihm sagen würde, dass dies nur die gerechte Strafe für die Zerstörung des Fuchsbaus war. Dass die Malfoys und Lestranges nun fühlen mussten wie es war, auf der anderen Seite zu sein. Wie es sich anfühlte, zur Abwechslung selbst die Gejagten zu sein.

Er durchbohrte sie mit hasserfüllten Blicken und wappnete sich dafür, von ihr gesagt zu bekommen, dass das nicht einmal annähernd das war, was seine Familie wirklich verdient hatte.
 

Doch nichts dergleichen geschah. Sie kam einen Schritt näher und auch wenn es vollkommener Irrsinn war, so etwas zu glauben, meinte er doch, eine Spur von Mitleid in ihren Augen zu sehen. Ihre Hand zuckte nervös und sie senkte den Blick auf seine Hand, als überlege sie, diese zu halten.
 

Draco wich verunsichert einen Schritt zur Seite, da er nicht wusste, wie er mit dieser Reaktion umgehen sollte. Sein Hals fühlte sich unangenehm eng an und ein schwerer Druck breitet sich auf seiner Brust aus. Er musste schlucken und um irgendetwas zu tun, strich er sich mit beiden Händen die verklebten Haare aus der Stirn.
 

„Das tut mir leid“, hörte er sie leise, doch ehrlich klingend, murmeln. „Das, das muss sehr schlimm sein, alles zu verlieren.“
 

Er zuckte in einem Versuch gelangweilt zu wirken die Schultern und verkniff sich hinzuzufügen, dass das, was außer der Häuserzerstörung geschehen war, mindestens ebenso furchtbar gewesen war. Als er seine Mutter nicht mehr finden konnte, als er dachte, er würde jede Sekunde sterben und der Anblick seines mutlosen Vaters, der in Snapes Haus auf dem Sessel zusammensank und das Gesicht in seinen Händen vergrub.
 

Er atmete tief durch, legte den Kopf in den Nacken und schloss einen Moment lang die Augen, in dem er versuchte, die Bilder zumindest so lange zu verbannen, bis er von ihr weg war. Er wollte nicht, dass sie sah, wie schlecht es ihm ging. Diesen Triumph wollte er keinem von diesem Pack gönnen.
 

Draco zuckte die Achseln und rollte die Augen, als wäre die ganze Sache nicht mehr als ein lahmer Witz. „Tja, was soll's? Meine Familie gehört zu den reichsten magischen Familien der Welt“, erklärte er gelassen und mit aller Überheblichkeit, die sein winziges Ego in diesem verletzlichen Moment zusammenkratzen konnte. „Wir haben alleine im Gringotts der Winkelgasse drei Verließe, zahlreiche andere in weiteren Banken rund um die Welt. Wir können uns hundert neue Manors kaufen und wären immer noch reicher als alle anderen magischen Familien in diesem Land.“
 

Er spürte, wie ihm langsam übel wurde. Er wusste immer noch nicht, wann er das letzte Mal gegessen hatte. Er war müde und die Tatsache, dass er beim Zersplintern viel Blut verloren hatte, half nicht wirklich, sich auf den immer wackliger werdenden Beinen zu halten. Die Angst und der Schock saßen ihm noch immer in den Knochen. Es würde ein Weilchen dauern, bis er sich annähernd beruhigt hatte. Und ausgerechnet jetzt musste er sich mit Granger abgeben.
 

Er fixierte sie kurz, dann nickte er grimmig, drehte sich auf dem Absatz um und ging mit schnellen Schritten davon.
 

„Malfoy!“ Draco hörte ihre Schritte hinter sich und er zuckte zusammen, als er ihre Hand spürte, die sein Handgelenk umklammerte.
 

Er blieb abrupt stehen und drehte sich zu ihr um. Hob die Hand, kurz davor, ihre von sich weg zu schlagen, doch stattdessen blieb er nur stehen, mit halb erhobenem Arm, ihre Hand auf seiner und sah sie an. „Was ist?“
 

Sie sah sie aus, als müsse sie sich dazu zwingen, es zu sagen. Sie kniff die Augen kurz zusammen, holte tief Luft und fragte mit leiser, zaghafter Stimme: „Und wie geht es dir?“
 

Draco hob die Hand etwas höher, doch immer noch zögerte er, sie zurückzuziehen. Im ersten Impuls wollte er ihr sagen, dass sie ihre dreckigen Schlammblutfinger von ihm lassen sollte. Dass er es ekelerregend fand, überhaupt in ihrer Nähe zu sein und dass es ihm unerträglich war, jetzt mit jemandem zu sprechen, den er mit dafür verantwortlich machte, dass seine Familie fast gestorben wäre.
 

Der Feind eben. Er wollte nicht mit dem Feind reden.
 

Schon gar nicht, weil sie ihn so sah. Weil sie ihn schon wieder schwach und verletzbar sah, wohingegen ihre Seite heute deutlich gezeigt hatte, dass Draco nun noch mehr Grund hatte, sich zu fürchten. Dass er alles, was ihm wichtig war, verlieren könnte. Seine Familie.
 

Zudem war sie ekelhaft sauber, roch gut, war ordentlich angezogen und unverletzt. Er hingegen sah aus, als wäre er zuerst aus fünfzig Meter Höhe vom Besen gefallen und hätte danach noch einen Stromschlag bekommen. Draco biss sich auf die Lippen und untersuchte ihr Gesicht auf Zeichen von Spott, Häme oder sonst irgendetwas, was ihm zeigen würde, dass sie sich über die jämmerliche Figur, die er sicher im Moment abgab, lustig machte.
 

Aber da war nichts. Ihre Augen waren offen, interessiert und er meinte, eine Spur von Mitgefühl darin zu sehen. Nicht, dass er es von ihr gewollt hätte. Bestimmt nicht von ihr, doch andererseits war sie tatsächlich die erste Person seit Monaten, vielleicht sogar länger, die es wirklich zu interessieren schien, wie er sich fühlte. Sie hatte ihm geholfen, warum auch immer…

Zudem wusste sie auf eine beunruhigende Art mehr von ihm als die meisten seiner Freunde. Sie hatte ihn gesehen, als er… und vielleicht würde sie es deswegen auch ein klein wenig verstehen.
 

Er schluckte und zog seine Hand nun doch von ihr zurück. Langsam, nicht ruckartig, als wolle er wegrennen oder als würde er sich ekeln. Nur um zu zeigen, dass er Abstand brauchte. „Ich weiß nicht. Nicht gut jedenfalls“, antwortete er ehrlich und zuckte ratlos mit den Schultern. „Darüber will ich jetzt aber auch nicht nachdenken.“
 

Er machte eine Pause und stellte fest, dass er sich wohl kaum noch mehr blamieren konnte als er es ohnehin schon getan hatte. So beschloss er, die Ehrlichkeit noch etwas länger währen zu lassen. „Erinnerst du dich, was Weasley über meinen Vater gesagt hat?“
 

Das Mädchen wurde blass und trat einen Schritt zurück, erst dann nickte sie. Wohl aus Angst, er würde sie angreifen.
 

„Hier“, Draco grinste bitter, griff in seine Umhangtasche, zog die Flasche Feuerwhisky daraus hervor und hielt sie ihr unter die Nase. „Sein Abschiedsgeschenk. Das hat er mir mitgegeben, als ich von“, er biss sich auf die Lippen, schüttelte den Kopf und hustete, um zu überlegen, wie er den neuen Aufenthaltsort seiner Familie nennen könnte. „Also er hat es mir gegeben, bevor ich von ihm wegging. Tja!“ Draco hob den Whisky hoch und prostete ihr mit der verschlossenen Flasche zu. „Ihr könnt stolz auf euch sein. Ihr habt zwar nichts zerstört, was Geld nicht ersetzen könnte, aber ihr habt dennoch alles kaputt gemacht, woran meine Familie und ich hingen. Ein weiterer Nagel in unserem Sarg. Glückwunsch! Richte Potter aus, dass er meine Familie bald komplett zerstört hat. So“, er hob die Augenbrauen, nickte Hermine zu und steckte die Flasche zurück in seinen Umhang. „Wenn du erlaubst… Ich werde jetzt zurück in den Kerker gehen und mich ordentlich volllaufen lassen.“ Er atmete tief durch und wartete auf Protest, der jedoch nicht kam.
 

Eigentlich wollte er gehen, wollte weg, doch etwas bewog ihn, doch stehen zu bleiben und das Mädchen vor sich anzusehen. Sie wirkte etwas verlegen, vielleicht sogar besorgt, doch nichts an ihr wirkte so unfreundlich oder überheblich, wie er sie sonst empfunden hatte. „Warum?“ sprach er die Frage schließlich aus. „Warum hast du das getan? Du hättest es nicht tun müssen und… weiß denn jemand davon? Ich meine…“
 

„Nein!“ Sie biss sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf. Immer noch fuhr ihre Hand mechanisch an ihrem Arm auf und ab, eine Geste des Unbehagens. „Sie wissen es nicht, ich sagte doch, ich habe es nur zufällig gehört. Ich…ich dachte… du weißt schon… während des Angriffs auf den Fuchsbau… und du hast mir einen Zauberstab gegeben und“, sie seufzte und zuckte ratlos die Achseln, „vielleicht wollte ich einfach nur quitt sein.“
 

Draco dachte an Greyback und sagte nichts.
 

Sie schien auf eine Antwort zu warten, auf irgendeine Reaktion, da die jedoch nicht kam, fügte sie mit leiser Stimme hinzu. „…und es schien mir einfach richtig, es zu tun. Also, sind wir quitt?“
 

Draco nickte langsam. „Ja, sicher!“, antwortete er träge, holte tief Luft und schloss die Augen. „Danke! Es war knapp. Es war so furchtbar dort und ich…“, er biss sich auf die Lippen und schämte sich dafür, so verletzlich zu sein. Vor ihr dazustehen, das Herz auf der Zunge und… ehrlich zuzugeben, dass es ihm schlecht ging.
 

Verwirrt senkte er die Augen und schüttelte den Kopf. Er musste hier weg, wenn er auch nur zwei Minuten länger hierbliebe, würde sie seinen Zusammenbruch mitbekommen. Er spürte es, er spürte wie die Ereignisse des Abends langsam in ihm hoch wallten und ihn zu überwältigen begannen.
 

„Ist schon gut, du… du musst mir nichts sagen. Du musst auch nicht nett sein. Aber ich weiß nicht, ob ich dir nochmal helfen kann.“
 

Draco nickte und schluckte. Sofort, er musste sofort hier weg. „Lass mich allein“, murmelte er, drehte sich um und ging so schnell er konnte davon, weil sie sonst gesehen hätte, wie seine Augen langsam feucht wurden und sich mit Tränen füllten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Omama63
2012-06-22T10:07:27+00:00 22.06.2012 12:07
Ein spitzen Kapitel.
Dieses Kapitel, finde ich, war besonders Spannend.
Hermine hat Draco gewarnt und somit konnte er seine Familie retten.
Ich finde ja, dass die weiße Seite, nicht besser ist, als die Dunkle. Sie haben alles und jeden zerstört, was im Umkreis war, ohne an die unschuldigen Opfer, wie zum Beispiel die Tiere und die Hauselfen, zu denken. Von denen die sie eigentlich töten wollten, haben sie keinen erwischt.
Bei Snape werden sie auch nicht lang sicher sein, denn der steht ja auch auf der Liste.
Hoffentlich bekommen Harry und Ron nicht heraus, wer Draco gewarnt hat.
Das Ganze hätte aber auch schief gehen können und es hätten Harry, oder Ron sterben können. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn ich an Hermines stelle gewesen wäre. Aber so wie es bei dir ausgegangen ist, ist es gut.
Bin schon gespannt, wie Ron und Harry gelaunt sind, nach ihrem Misserfolg.
Danke für deine ENS. Hab mich gefreut.

Lg Omama63

Von:  Polarfuchs
2012-01-12T17:49:01+00:00 12.01.2012 18:49
Hallo!
Ich weiß eigentlich gar nicht, warum du keine Kommentare zu deiner FF erhältst.
Ich selbst habe sie in einem Rutsch gelesen und bin nach dem letzten Kapitel immer noch gespannt, wie es nun weiter geht.

Du schreibst einfach und flüssig, und soweit ich das bemerkt habe, auch fehlerlos, was das Lesen wirklich sehr angenehm macht.
Darüber hinaus beschreibst du Situationen nicht mit endlosem Gefühlsgedöns, sondern hältst dich an die prägnanten Dinge und vermittelst diese logisch und leicht nachvollziehbar.

Was mir auch sehr gefällt, ist die Darstellung von Draco, dem Feigling. Viele Schreiber stellen ihn als gemeinen Helden dar oder lassen ihn eine Verwandlung vom Superfeigling zum Superhelden durchmachen - und das in zwei Sätzen!
Du aber beschreibst seine Situation und seine Gedanken so griffig und realistisch, dass ich einfach nicht aufhören möchte zu lesen.
So erscheint auch die „Beziehung“ zwischen ihm und Hermione – mit all der Feindschaft, den Vorurteilen und der schwierigen Lage – tatsächlich realistisch.
Auch dass du Pancy und co. nicht als „einfach vorhandene Opfer“ degradierst, sondern ihnen Charaktere und Gefühle verleihst, sodass ihre Sorgen, Bewunderungen und ihr Grund, Draco zu folgen, sie echt machen – realistisch. (<- und ja, ich mag das Wort)

Ich könnte dir noch sehr viel mehr Honig um den Mund schmieren, aber ich denke, du hast begriffen, dass ich deine FF wirklich mag bzw. gerne lese.
Ich hoffe, ich habe keinen unbeabsichtigten Anlass dazu gegeben, deinen Schreibstil anzuzweifeln.

Ich freue mich auf jeden Fall auf das nächste Kapitel und wünsche ansonsten noch einen schönen Abend.

Liebe Grüße


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