Zum Inhalt der Seite

Situationen

FF-Sammlung
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

17.Dezember

17.Dezember
 

Lächelnd saß ich an meinem Schreibtisch, an dem ich mich gerade angefangen hatte, mich durch ein paar dicke Akten hindurch zu arbeiteten, und starrte verträumt in die Luft. Heute hatte ich einen interessanten Mann kennen gelernt: Er war freundlich und höflich gewesen und kam mir irgendwie besonders vor. Er war kräftig und muskulös und ein ganzes Stück größer als ich, aber obwohl er äußerlich recht grob wirkte, hatte er allem Anschein nach doch einen sehr sanften Kern. Spencer war sein Name und er hatte mich darum gebeten, mich heute Abend mit ihm zu treffen, und obwohl ich sonst immer recht zurückhaltend war und mich eher selten mit wildfremden Menschen verabredete, hatte ich zugesagt. Warum wusste ich nicht. Es war einfach so über mich gekommen, wahrscheinlich weil er mir so unheimlich sympathisch vorgekommen war und ich den dritten Advent nicht alleine verbringen wollte.

„Hey, träum' nicht vor dich hin“, raunte auf einmal jemand, ich zuckte zusammen und warf Max, der mir gegenüber saß, einen entschuldigenden Blick zu. Dieser seufzte, während er einen Zettel ausfüllte, den ein Mitarbeiter ihm gereicht hatte.

„Julia, du bist heute irgendwie seltsam drauf. Viel unkonzentrierter als sonst. Was ist los mit dir?“

Ich lächelte ihm kurz zu, ehe ich begann einen Bericht zu überfliegen.

„Nichts, nichts. Ich bin in Ordnung.“

„So?“, fragte er und seine Stimme klang dabei so, als ob er eine Vermutung hätte, was mit mir los sei.

„Jaaaaaa...“, murmelte ich und versuchte die Röte in meinem Gesicht zu verdecken, indem ich meinen Blick meinem Computer zuwandte und etwas eintippte.

„Ich frage mich nur...“, begann Max und ich wusste, dass ich sicher nicht sonderlich gut aus dem Gespräch wegkam. Ich arbeitete seit etlichen Jahren mit Max zusammen und wir kannten uns gegenseitig recht gut und waren inzwischen auch befreundet. Max setzte ein übertrieben nachdenkliches Gesicht auf. „Wer war nur dieser Kerl, mit dem ich dich heute Morgen gesehen habe?“

Verstört starrte ich auf den Bildschirm. Warum war ich nur so verflucht leicht zu durchschauen?

„Haben Sie den Bericht schon fertig?“, unterbrach Goki, ein weiterer der Angestellten unser Gespräch und ich war dankbar über diese Ablenkung.

„Ja, warten Sie, ich suche ihn kurz heraus.“

Ich wusste, dass ich heute Morgen irgendeinen Ordner darüber gelegt hatte, die Frage war nur: welchen Ordner?

„Da ist er mit drin“, half Max mir und deutete auf einen Stapel von Akten.

Eilig kramte ich den Bericht heraus und übergab ihn Goki. Dieser marschierte mit einem leisen „Danke“ davon.

„Also... wie heißt der Typ?“, erkundigte sich mein Gegenüber erneut. „Du gibst wohl nie auf“, murmelte ich genervt und blickte ihn kurz ernst an, „Er heißt Spencer und ist erst seit kurzem in der Stadt. Er hat gesagt, dass er hier etwas Wichtiges zu erledigen hätte... und heute Abend will er mit mir Essen gehen.“

Bewundernd hob Max seine Augenbrauen. „Wow, ich habe noch keinen Mann getroffen, der es geschafft hat, dich zu überzeugen, dass du mit ihm ausgehst.“

„Für alles gibt es ein erstes Mal“, grinste ich ihn an und vertiefte mich wieder in meine Arbeit. Ein lautes Donnern riss mich jedoch aus meiner Konzentration und ich blickte entsetzt auf; auch Max wirkte überrascht. Ehe ich auch nur den Mund aufmachen konnte, um etwas zu sagen, brach die Decke ein. Schlagartig musste ich an einen Terroranschlag denken; ich arbeitete immerhin in einem der wichtigsten Handelsgebäude Deutschlands!

Erschüttert blickte ich mich um, sah Max vor mir am Boden liegen und eilte zu ihm hin um ihm zu helfen; Er war von einem der herabstürzenden Deckenfragmente am Kopf getroffen worden. Er war tot. Verwirrt und völlig mit der Situation überfordert taumelte ich ein paar Schritte rückwärts und starrte auf Max.
 

Schlecht gelaunt ging Spencer durch die Innenstadt. Er hatte eine Stunde gewartet und Julia war nicht erschienen. Dabei hatte er so gehofft, dass sie kommen würde. Warum wusste er nicht genau, aber er hatte sich auf den ersten Blick in sie verliebt; allerdings hatte er noch seinen Job erfüllen müssen, sonst hätte er sie sofort zum Essen eingeladen. Aber anscheinend hatte sie die Verabredung vergessen.

In der Ferne hörte er immer noch die Sirenen von Feuerwehr und Polizei, die verzweifelt versuchten, noch Überlebende zu bergen. Seine Tat war inzwischen fünf Stunden her; er hatte den Auftrag direkt vom Chef seiner Organisation bekommen. Er konnte von Glück reden, dass er einer der besten Leute dieser Terrororganisation war; so musste er keine Selbstmordanschläge verüben.

Mit Sprengstoff und Waffen kannte er sich sehr gut aus, daher war es für ihn kein Problem gewesen die Bomben überall im Handelsgebäude zu verteilen, ohne dass er auffiel. In einem Fernsehgeräte-Geschäft liefen auf den Fernsehern die Berichte über den Anschlag und Bilder vom Unfallort wurden gezeigt. Spencer hatte schon so viele Leute in die Luft gejagt, es störte ihn nicht, dass heute mehr als dreitausend Menschen den Tod gefunden hatten; das war ja immerhin der Sinn seiner Arbeit gewesen. Und die Bilder schockierten ihn auch nicht. Seit seine Eltern, als er vielleicht neun Jahre alt gewesen war, vor seinen Augen in die Luft geflogen waren, hatte ihn nichts mehr aus der Bahn geworfen. Und seitdem hatte er auch niemanden mehr geliebt.

Julia war seit langem die erste Frau gewesen, in die er sich verliebt hatte, die ihm seit ihrem Treffen nicht mehr aus dem Kopf ging. Nun, zumindest würde er noch etwas in dieser Stadt bleiben; vielleicht traf er ja doch irgendwann noch einmal Julia wieder.
 

~*~



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück