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I gave you all

von

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Now you've won

Ist es nicht furchtbar dumm, Ivan?

Was hast du getan? Hast aufgrund einer Streiterei die gesamte Erde entzwei gerissen. Und zwar nicht metaphorisch, sondern ganz wörtlich. Du hast sie geteilt, dir den Osten unter den Nagel gerissen, dir die anderen Nationen unterworfen, hörig gemacht oder wenigstens zu Bündnissen bewegt. Und was hat es dir genutzt? Nicht viel, solange es funktioniert hat. Gar nichts, jetzt, da es nicht mehr funktioniert. Es nützt dir nichts mehr, Ivan. Deine Leibeigenen haben dich im Stich gelassen und dir den Rücken gekehrt, deine Verbündeten halten sich dezent im Hintergrund.

Hat es nicht weh getan, Ivan? Ich bin sicher, das hat es. Nicht einmal du warst dir immer ganz einig mir deinen Leuten, mit denen, die Macht ausgeübt haben. Nicht zuletzt Macht über dich. Du bist niemals frei gewesen, Ivan. Vielleicht kannst du es jetzt sein? Vielleicht musstest du zuerst alles verlieren und am Boden sein, bevor du aufstehen und noch einmal neu anfangen kannst?

Ich werde dir helfen. Ich werde dir eine Hand hinhalten und dir vom Boden aufhelfen. Ich bin der Held, vergiss das nicht.
 

Rip the earth in two with your mind

Seal the urge which ensues with brass wires
 

Warum nimmst du meine Hand nicht? Es sieht fast aus, als würde dir selbst dazu die Kraft fehlen. Vor kurzem waren wir noch ebenbürtig, Ivan. Vor kurzem noch hätte ich dir schon allein deswegen nicht die Hand hingestreckt, weil ich Angst vor dir hatte. Ja, Angst. Es war mehr als Respekt vor einem starken Gegner. Es war eine Furcht, die aus Vernunft resultiert. Du wolltest mich umbringen. Ich wollte dir niemals wehtun, Ivan. Sicher glaubst du mir das nicht, aber es ist so. Ich habe ein gutes Herz. Sag über mich, was du willst, aber meine Absichten sind immer edel gewesen. Und deswegen biete ich dir meine Hand an, die du nicht annehmen willst.

Muss ich noch weiter gehen? Dafür, dass du verloren hast, Ivan, macht es mir Angst, wie sehr du mich herumkommandieren kannst. Und das, ohne ein Wort zu sagen. Bevor ich es mir versehen, knie ich neben dir auf dem Boden. Komm schon, Ivan, das wird wieder. Komm wieder auf die Beine. Ich wollte dir nie schaden, und ich will es jetzt nicht. Ich bin der Held. Nur, weil du verloren hast, kannst du nicht aus purem Trotz so tun, als wäre ich der Böse.
 

I never meant you any harm

But your tears feel warm as they fall on my forearm
 

Warum weinst du, Ivan? Du hast verloren, ja. Aber vielleicht ist es nur eine neue Chance? Sieh es als eine Möglichkeit, Ivan, als einen neuen Anfang. Du darfst dich jetzt nicht hängen lassen. Ich werde dir helfen, hörst du? Du kannst jetzt auch wieder der Gute sein, wenn du möchtest. Wenn du dich nur an mich hältst, denn ich bin der Gute, hörst du? Ich bin der Held. Du kannst nicht so tun, als wäre ich der Böse. Ich habe gegen dich gekämpft, als du noch der Böse warst. Ich bin der Gute. Alles andere ist doch wirklich lächerlich.

Komm her. Das wird alles wieder. Das wird schon wieder, Ivan. Wirklich.
 

But close my eyes for a while

Force from the world a patient smile
 

Das Bild ist ein einziges Paradox. Der Gewinner kauert neben dem Verlierer am Boden. Der Große hält den noch viel Größeren im Arm, als wäre er ein kleines Kind, und der noch viel Größere schluchzt haltlos in sich hinein. Es wirkt fast so, als würde eine Mutter ihr Kind trösten: Ohne zunächst nach dem Grund für das Weinen zu fragen, sondern erst einmal Trost spendend, egal, was passiert ist. Aber etwas passt nicht ins Bild. Vielleicht das seltsame Lächeln auf dem Gesicht des Großen, ein schmerzliches, gezwungenes Lächeln, hinter dem ganz andere Emotionen liegen als Freude.
 

How can you say that your truth is better than ours?

Shoulder to shoulder, now brother, we carry no arms
 

Lass mich sofort los, Alfred. Ich habe dich nicht gebeten, zu kommen. Ich wollte nicht, dass du mich so siehst. Du wirst dich wieder damit rechtfertigen, dass du nur helfen willst, aber in Wirklichkeit ist dir das egal. In Wirklichkeit bist du ein eiskalter Sadist, Alfred. Du bist nur hier, um mich am Boden zu sehen.

Wie kannst du so selbstgerecht sein? Nicht einmal, wenn du siehst, was du angerichtet hast, kannst du zugeben, einen Fehler gemacht zu haben. Wie kann man nur so von sich selbst überzeugt sein, wie du es bist? Ich weiß nicht, ob ich dich um diese Überzeugung beneiden soll. Ist es noch Überzeugung oder schon Verblendung?
 

The blind man sleeps in the doorway, his home

If only I had an enemy bigger than my apathy I could have won
 

Natürlich hätte ich etwas tun können. Natürlich hätte ich die Kraft gehabt, gegen dich zu gewinnen, Alfred. Ein paar Bomben hätten doch schon genügt. Die Kraft hätte ich gehabt, aber der Wille hat mir gefehlt. Vielleicht, weil ich dich im Grunde nicht vernichten wollte. Ich habe ja nichts gegen dich persönlich. Nur deine Einstellungen stoßen mich ab.

Nein, ich hätte dich vernichten können, Alfred. Jederzeit. Das Problem war, dass ich nicht weiß, ob ich es will oder jemals gewollt habe. Mir war einfach alles egal, Alfred. Besonders zum Ende hin, als alle gegangen waren. Alle, die ich geliebt habe. Ich habe sie geliebt, Alfred, und ich weiß, dass du es weißt. Ich bin fähig, zu lieben. Genau wie du.
 

But I gave you all
 

Sie haben sich von mir abgewandt, und niemand, nicht ein einzelner von ihnen, hat meine Liebe jemals erwidert. Man sagt, Liebe wird mehr, je mehr man davon abgibt. Aber ich habe meine Liebe in ein tiefes, schwarzes Loch geworfen, aus dem nichts jemals wiederkommt. Nichts von der Liebe, die ich verteilt habe, habe ich zurückbekommen. Ich denke, das ist es, was du Gerechtigkeit nennst.

Langsam habe ich alle Liebe, die ich hatte, aufgebraucht. Sie haben mich verlassen, Alfred, und ich hatte nichts mehr, um sie zurück zu halten. Ich habe alles in das tiefe, schwarze Loch geworfen. Damit kam die Leere. Und mit der Leere kam die Teilnahmslosigkeit.

Was bleibt mir jetzt noch zu tun, Alfred? Ich will diese hässliche, lieblose Welt nicht länger sehen. Was bleibt zu tun?
 

Close my eyes for a while

Force from the world a patient smile
 

Das Bild wird noch paradoxer, als auch der noch viel Größere dieses zittrige Lächeln auf seine Lippen zwingt. Es ist die einzige Gemeinsamkeit zwischen ihm und dem Großen. Beide lächeln, obwohl sie aussehen, als würden sie lieber weinen. Der Große wie der noch Größere. Alle beide.
 

But I gave you all
 

Was ist los, Ivan? Du hast Fehler gemacht, aber jetzt kannst du sie wieder gut machen. Du kannst wieder von vorne anfangen. Warum bist du nicht glücklich?

Ich weiß, dass du die anderen geliebt hast. Deine große, disharmonische und wahllos zusammengesetzte Familie. Du hast sie geliebt, aber du konntest gar nicht anders, als sie zu verletzen. Du verletzt jeden, der in deine Nähe kommt, Ivan. Sieh es ein. Vielleicht ist das dein Fluch. Für sie war es schlecht, in deiner Nähe zu sein, sie haben darunter gelitten. Wenn du sie wirklich liebst, musst du einsehen, dass es so ist. Jetzt geht es ihnen besser als vorher. Auch wenn es dir dabei schlecht geht, solltest du dich damit trösten, dass sie jetzt glücklich sind. Wenn du sie wirklich liebst, ist dir ihr Wohlergehen wichtiger als deines. Wenn du sie wirklich liebst. Falls du das kannst.

Ja: Ich finde, du solltest glücklich sein.
 

But you rip it from my hands, and you swear it's all gone

And you rip out all I have, just to say that you've won
 

Du bist der Gute, sagst du? Aber selbstverständlich bist du der Gute, weil du der Sieger bist. Und der Sieger ist immer der Gute. Er ist es immerhin, der die Geschichte aufschreiben darf, wie sie ihm gefällt. Ich habe keinen Einfluss darauf. Es ist egal, dass ich auch meine Träume hatte, auch meine Ziele, die nicht falscher waren als deine. Aber das ist egal, nicht wahr, Alfred? Deine Träume sind besser als meine, obwohl sie dieselben sind. Deine Wahrheit ist wahrer als meine. Deine Perfektion ist perfekter als meine. Ich habe nichts mehr auf meiner Seite. Nichts mehr.

Du hast gewonnen.
 

Well now you've won
 

Der noch größere Mann krallt die Hände in die Jacke des anderen, reißt an dem aufgeschlagenen Kragen. Einen Moment lang sieht es aus, als wolle er sich auf ihn stürzen und ihn zu Boden ringen. Der große Mann schnappt erschrocken nach Luft, packt die Handgelenke des anderen und drückt zu. Mit einem leisen Wimmern löst der größere Mann seine Finger aus dem Stoff. Sie zittern. Seine Hände zittern. Sein ganzer hünenhafter Körper zittert und bebt, als wäre die letzte Kraft daraus gewichen.

Der große Mann senkt den Blick und legt die Arme um den anderen, entschieden, wie beschützend. Der größere ringt nach Luft und vergräbt das Gesicht in seiner Jacke.
 

I gave you all
 

Die Tränen laufen haltlos über das Gesicht des größeren Mannes. Er schluchzt auf, umklammert mit beiden Händen die Oberarme des anderen, versucht, sich noch näher an ihn zu drücken als sowieso schon, als würde er Schutz suchen. Der große Mann nimmt es hin, ohne eine Miene zu verziehen. Er hat beide Arme um den größeren gelegt und beschützt ihn. Vielleicht so, wie man einen Freund beschützt. Vielleicht so, wie man sein Eigentum beschützt, damit niemand ihm schaden kann.
 

I gave you all

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  God_of_Mischief
2011-07-18T11:09:40+00:00 18.07.2011 13:09
Hey (:

Ich kam leider erst jetzt dazu, es ganz zu lesen .w.
Und selbst, wenn ich dieses Pairing nicht sonderlich mag ... wie du diese ganze Situation mit der Beschreibung "der Große" und "der noch Größere" erklärt hast ;A; ... genial.
Es hatte etwas von der kindlichen Ader, die ja auch Ivan immer an den Tag legt .w.

Auch die gesamte perspektivische Wahl.
Alfreds Gedanken, Ivans Gedanken, zwischendrin diese unpersönliche Distanz des Betrachters. Trocken und eben doch irgendwie ... kindlich.
"Paradox" wie du die Situation zusammenfasst.

Wie immer gehst du aber nicht nur auf die Gedanken der handelnden Charaktere ein, sondern auch auf die klischeehaften Darstellungen.
Alfred, der ewig Gute und Held.
Ivan, der Böse und Schreckliche.
Ebenso, wie Alfred Ivan anbietet, sich ändern zu können. Anfangs denkt man, beide reden aneinander vorbei. "Du kannst dich ändern Ivan" - "Alle Liebe, die ich gegeben habe, kam nie zurück."
Doch nach diesem verzweifelten Überreden seitens Alfred geht er auf Ivan ein, erklärt ihm, was er doch eigentlich getan hat. Das es den Ländern, die Ivan so liebt, jetzt besser geht.

Wirklich, ein wunderschöner One-Shot. *-*

Liebe Grüße
Amy



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