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Revolve around

Die sechste Division
von

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Kreise

“Verzeihung!” Und erneut konnte ihm ein Kollege nur knapp ausweichen. Zwei hatte er auf seiner Jagd durch die Division bereits umgerissen. Aber sich später mit wütenden Offizieren herum schlagen zu müssen war sicher immer noch angenehmer, als erneut zu spät zu kommen. Dass Warten den Taichou verstimmte, war allgemein bekannt. Und noch bekannter war, dass verstimmte Taichou extrem unangenehme Zeitgenossen waren. Dies traf auf so ziemlich jeden Taichou zu… außer vielleicht auf den der Dreizehnten. Aber um den zu verstimmen, musste man schon all seine Kräfte aufbieten.

Nun raste er gerade um eine Ecke, verlor sein Gleichgewicht, verteilte dabei fast die Papierrollen, die er mit sich führte, am Boden, fing sich wieder und setzte seinen Weg fort. Noch knapp drei Minuten blieben ihm, als er endlich vor der Bürotür zum Halten kam. Drei Minuten, auf alle Fälle genug, um noch rechtzeitig da zu sein… aber definitiv zu wenig, um sich auch mental darauf vorzubereiten. Ein, zweimal atmete er tief durch, strich sich mit dem Handrücken über die Stirn, über seine etwas “modifizierte” Augenbraue. Der Taichou hatte leicht abschätzig geguckt, als er das erste Mal mit diesem Muster im Gesicht bei der Arbeit aufgetaucht war… Allerdings war dieser Blick auch der erste gewesen, den er von seinem Vorgesetzten überhaupt richtig wahrgenommen hatte. Erst einige Zeit später war ihm klar geworden, dass das keineswegs der erste Seitenblick gewesen war…

Noch zwei Minuten und er wurde immer nervöser. Der Grund dafür war, dass er einfach nicht in dieses Büro wollte. Nicht, seit dieser Sache. Und genauer gesagt, wollte er auch über diese Sache nicht weiter nachdenken. Dass das Ganze ein Missverständnis gewesen war, hatte er lange genug versucht, sich einzureden. Erfolglos.

Leicht raschelnd verschoben sich die Papierrollen in seinen Armen, als er unruhig sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte. Es waren die Berichte, welche täglich pünktlich abgeliefert werden sollten. Und heute war er damit dran. Dass etwas so Banales so nervenaufreibend werden konnte! Er sollte einfach reinmarschieren, die Rollen auf die Tischplatte legen und wieder verschwinden. Ach, das Verneigen nicht vergessen… nicht, dass er zu vertraulich mit Kuchiki umging, das würde alles nur noch weiter verkomplizieren.

Eine Minute noch. Vielleicht sollte er seinen Spielraum nicht bis auf die letzte Sekunde ausreizen.

Behutsam klopfte er an die Tür.

“Herein.”

Noch ein winziger Moment des Zögerns, dann öffnete er die schwere Bürotür.

“Ich bringe die Berichte, Kuchiki-taichou…”

Nach einem knappen, jedoch leicht ungeduldigem Hereinwinken des anderen betrat der Jüngere das Büro.

“Dir sollte eines klar sein… Ich beiße nicht.”

“Bitte?”

Er brauchte einen Moment, um das einzuordnen. Dann wurde ihm klar, dass Kuchiki gespürt haben musste, wie er geschlagene zwei Minuten nervös vor der Tür herumgelungert hatte. Augenblicklich stieg ihm die Schamesröte ins Gesicht.

“Das… also … weiß ich doch…”, murmelte er, ohne den anderen anzusehen. Hätte er ihn angesehen, wäre da auch nicht mehr gewesen, als das übliche ausdruckslose Gesicht. Aber innerlich amüsierte sich sein Taichou gerade prächtig, da war er sich sicher. Auch, wenn Kuchiki stets so gefasst und ernst wirkte, so zweifelte er nicht daran, dass auch er Schadenfreude empfinden konnte wie jeder andere. Oder noch besser als andere. Stille Wasser sind tief, das hatte er schon oft gehört. Bis vor kurzem hatte er damit nicht allzu viel anfangen können, aber nun wusste er, was das bedeutete. Kuchiki hatte definitiv mehr Facetten, als man auf den ersten Blick denken mochte… und er hatte die falschen kennen gelernt.

Leise räusperte der Schwarzhaarige sich. Was denn nun? Ach ja, die Rollen… Langsam trat er auf den Schreibtisch zu, um das Papier abzulegen.

“Ich… ich gehe dann mal wieder.” Seine Stimme klang beinahe schon piepsig. Unwillkürlich musste er an diesen Jungen aus der Vierten denken, der klang auch immer so. Er sollte sich besser zusammenreißen.

“So eilig hast du es?”

Ein kurzes Aufblitzen der dunklen Augen. Der Taichou wusste genau, weshalb sein Gegenüber nicht länger als nötig bleiben wollte.

“Ja, ich habe noch viel zu erledigen…”, murmelte er entschuldigend. Zur Antwort erhielt er lediglich ein kurzes Nicken.

“Natürlich. Dann lasse deine Pflichten nicht warten, Rikichi.”

Doch seinen Namen hörte der Shinigami schon gar nicht mehr, so schnell war er aus dem Büro entschwunden.
 

Nachdenklich wiegte Byakuya eine der Rollen in seiner Hand hin und her. Rikichi hatte das Büro nicht verlassen, er war geflüchtet. So verstört war er also von seiner Gegenwart? Schade, wirklich schade. Dennoch schlich sich ein feines, kaum wahrnehmbares Lächeln auf das Gesicht des Adligen. Ein Lächeln, welches kaum jemand kannte oder kennen lernen wollte. Byakuya mochte diesen Jungen. Er mochte ihn sogar recht gerne. Pech für Rikichi, denn der schien seinem Vorgesetzten so gar nichts abgewinnen zu können. Dafür schien er jemand ganz anderen fast schon zu verehren. Das kleine Grinsen stahl sich wieder davon und machte einer leicht gefurchten Stirn Platz. Dass Rikichi so an Abarai hing, gefiel ihm gar nicht. Was genau das war, ob bloße Verehrung oder vielleicht sogar ein wenig Schwärmerei, das war ihm egal. Aber alleine schon dass Rikichi den Stil des Fukutaichou nachahmte, sorgte dafür, dass Byakuya am liebsten seinen Kopf gegen die Wand geschlagen hätte. Was er natürlich niemals wirklich in Erwägung ziehen würde, das war einfach zu kindlich und nicht gerade gut für die Haut.

“Haut” war allerdings das richtige Stichwort, denn genau die störte ihn bei Renji am meisten. Diese lächerlichen Tattoos, beinahe so vulgär wie die von Tousens Fukutaichou. Und seit geraumer Zeit nun hatte auch Rikichis Gesicht, welches vorher fast perfekt gewesen war, so einen dämlichen… Strich. Was auch immer der überhaupt zu bedeuten hatte.

Byakuya hoffte inständig, dass Rikichi sein Gesicht nicht noch weiter verunstalten würde. Er war sich nicht einmal sicher, ob er ihn im Falle eines Falles dann überhaupt noch anziehend finden würde. Der Adlige liebte den Jungen nicht, so viel war für ihn klar. Dieses Mitglied seiner Division hatte sein Interesse geweckt, das war alles. Er mochte Rikichi, vor allem begehrte er ihn. Aber das konnte auch bloß eine Laune sein. Dass er sich nach dem Tod seiner Frau nämlich ernsthaft neu verlieben könnte, schien ihm mehr als unwahrscheinlich. Doch das spielte auch keine Rolle. Er wollte Rikichi für sich und er wollte ihn nicht teilen, nur das zählte. Er lehnte sich zurück und ließ seinen Fukutaichou zu sich rufen. Das feine Lächeln stand ihm kurz wieder ins Gesicht geschrieben.
 

Endlich wieder im trauten Heim. Der Taichou hatte ihn tatsächlich kurz vor Schichtende noch zu sich gerufen, um ihn durch halb Seireitei zu irgendwelchen Botengängen zu jagen. Als ob die anderen Shinigami seines Ranges so etwas machen mussten!

Seine Laune war also nicht gerade auf dem Höhepunkt, als Renji sich erschöpft an die Innenseite der Tür zur Wohnung lehnte.

“Bin zurück…”

Keine Antwort? Auch gut. Er entledigte sich seiner Schuhe und schlurfte in sein Zimmer. Das hier vorhandene Chaos ignorierend ließ er sich müde auf sein Bett nieder. Jedoch nur kurz, denn zum ersten Mal in seinem Leben hörte er die Matratze so protestierend aufquietschen. Erschrocken sprang er wieder auf. Doch die Verwunderung wurde schnell zu leichter Genervtheit. Warum zur Hölle war sein Bett besetzt? Der unerwünschte Gast schlief einfach unbekümmert weiter und der Rothaarige wollte gerade an dessen Schulter rütteln, als eine Stimme ihn davon abhielt.

“Lass ihn in Ruhe, er ist stockbesoffen.”

Renjis Blick glitt zu Shuuhei, welcher im Türrahmen lehnte.

“Und warum schläft er seinen Rausch in meinem Bett aus?”

“Weil ich ihn darein gelegt habe.”

“So weit war ich auch schon.”

“Weil sein Bett gerade den Rest aus der umgekippten Sakeflasche aufsaugt.”

“Aha. Und ich soll wo schlafen?”

“Kannst ja sein Bett neu beziehen.”

Inzwischen nicht mehr genervt, sondern fast schon gereizt, verdrehte Renji die Augen.

“Izuru mutiert noch zum Alkoholiker, wenn er sich schon alleine so die Kante gibt.”

“Allein war er nicht. Matsumoto war hier…”

Renji hob eine Augenbraue.

“Das wundert mich jetzt umso mehr. Warum bist du dann noch nüchtern?”

“Bin eben erst gekommen…”

Das klang es echt schon fast eine Spur zu bedauernd. Wenig verwunderlich, Shuuhei war auch ziemlich verknallt in diese Frau. Hoffnungslos verknallt. Wobei… “hoffnungslos” verknallt war man eher, wenn man den eigenen Taichou liebte. Renji selbst war hoffnungslos verknallt. Izuru auch. Aber bei dem war eh das ganze Leben hoffnungslos, das fing schon bei der Frisur an.

Renji verließ sein Zimmer wieder, Shuuhei folgte ihm. Irgendwann waren die drei Freunde, ohne ein großes Trara darum zu machen, dazu übergegangen, sich mit den Vornamen anzureden. Sie kannten sich schließlich schon bevor sie Shinigami wurden und waren stets miteinander ausgekommen.

“Was machst du eigentlich hier? Vergreifst du dich wieder an unserem Kühlschrank?”

“Ja.”

Na, immerhin war er ehrlich. Er grinste entschuldigend.

“Seit Izuru hier lebt, ist der Inhalt einfach viel verlockender. Er kauft regelmäßig ein und schmeißt Gemüse nicht erst dann weg, wenn darauf Pilze in der Größe Hitsugaya-taichous wachsen.

Aber nicht nur der Kühlschrank ist verlockender… Die Wohnung ist endlich mal sauber. Und es riecht besser.”

“Ja, ich hab´s verstanden… Klingt fast, als wolltest du ihn mir streitig machen.”

“Na ja…”

“Ich weiß, du stehst auf ne andere Blondine.”

“Eben. Aber ich würde es mir noch mal überlegen, wenn Izuru obenrum mehr zu bieten hätte.”

“He! Willst du dass ich Albträume kriege?”

Bildlich vorstellen wollte er sich das jetzt wirklich nicht. Renji betrat die Küche und inspizierte nun seinerseits den Kühlschrank. Shuuhei hatte Recht, das Zusammenleben konnte mehr als praktisch sein. Seit Izuru hier war, gab es fast täglich warmes Essen. Der Rothaarige nahm etwas vom heutigen Gericht, Reispfanne, aus dem Kühlschrank, um es aufzuwärmen. Ja, inzwischen war er recht froh über diese Wohngemeinschaft, auch, wenn sie recht überstürzt zustande gekommen war. Aber Feuer brach nun einmal überstürzt aus, da konnte man nichts machen. Und nachdem die halbe Wohnung seines Freundes niedergebrannt war, hatte Renji natürlich nicht zweimal überlegen müssen, bevor er ihm angeboten hatte, zu ihm zu ziehen.

Die Mikrowelle machte sich bemerkbar und er setzte sich mit der nun heißen Mahlzeit an den Tisch. Für Shuuhei hatte er auch gleich eine Portion mit aufgewärmt. Der hatte vermutlich schon gegessen nachdem er Izuru versorgt hatte, aber er war niemand, der eine zweite kostenlose Portion ausschlug.

“Du siehst ziemlich fertig aus.”

“Ich musste auch den ganzen Tag umher rennen… Kuchiki-taichou kann fast schon sadistisch sein, wenn er Aufgaben verteilt.”

“Ja, Ichimaru-taichou auch. Izuru musste schreiben, bis ihm die Hand fast abfiel.”

“He…”

“Hm?”

“Du hast die Regeln nicht verstanden.” Schmunzelt schüttelte Renji den Kopf.

“Man regt sich über den eigenen Taichou auf.”

“Okay… Tousen-taichou hat mir mal wieder die halbe Arbeit abgenommen, dieser Schuft.”

Genau das hatte Renji hören wollen. Die Welt konnte schon mies sein. Kuchiki-taichou konnte mies sein. Wobei es für ihn ohnehin kaum einen Unterschied gab zwischen seiner “Welt” und “Kuchiki-taichou”. Frustriert machte er sich über seinen Reis her.

Shuuhei beobachtete ihn kurz, schein noch etwas sagen zu wollen, entschied sich dann aber anders. In etwa konnte er sich vorstellen, was dem Jüngeren gerade durch den Kopf schoss, aber ganz verstehen konnte er das nicht. Sich in den Taichou der sechsten Division zu verlieben schien ihm einfach verrückt. Aber Renji ließ sich da ebenso wenig reinreden wie Izuru, dessen Phantasien nebenbei bemerkt noch abstruser waren. Schweigend leerten sie ihre Teller und stellten sie in die Spüle.

“Soll ich dir noch mit Izurus Bett helfen?”

“Lass mal, das kann er morgen selbst machen… Ich schlafe auf dem Sofa, das reicht mir.”

“Okay. Wir sehen uns…”

Damit verschwand Shuuhei auf den Flur und kurz darauf aus der Wohnung. Morgen würde er mit Sicherheit ohnehin wieder auf der Matte stehen, so viel war sicher. Eigentlich hätten sie ihn auch gleich mit in die WG einbinden können… Aber dazu reichte der Platz nun doch nicht ganz.

Renji schnappte sich die Decke vom Sofa und rollte sich auf ebendiesem ein, die Ereignisse des Tages Revue passieren lassend. So wie jeden Abend, ganz gleich, ob etwas besonderes passiert war oder nicht. Alleine schon, um das wohlgeformte Gesicht seines Vorgesetzten noch einmal vor Augen zu haben.
 

Und während er sich fragte, warum Kuchiki-taichou ihn in letzter Zeit mit Arbeit nur so überhäufte und kaum noch ein gutes Wort für ihn hatte, saß dieser bei einer letzten Tasse Tee auf seiner Terrasse und bekam Rikichi nicht mehr aus dem Kopf. Dieser wiederum hatte inzwischen bereits seinen Schlaf gefunden, doch erst, nachdem er Renji gedanklich eine schöne Nacht gewünscht hatte.

Jäger und Gejagte

Ein leichter Druck auf seiner Brust holte Rikichi langsam aus seinen Träumen. Dieser wurde ungeduldig etwas verlagert, verstärkt, immer aufdringlicher. Endgültig aus dem Schlaf riss ihn dann aber erst ein Schlag ins Gesicht. Grummelnd hoben sich seine Lider und er blickte in ein Paar tiefschwarzer Augen.

“Du bist wohl die nervigste Katze in ganz Seireitei.”

Das Tier zuckte unbekümmert mit den Ohren und sprang dann aus dem Bett. Rikichi geweckt, Mission erfüllt. Bereit, die Belohnung zu kassieren. Was es wenige Minuten später auch tat, indem es sich über sein morgendliches Futter hermachen konnte. Der Shinigami gähnte währenddessen, strich sich die Haare aus dem Gesicht und begann, Frühstück für sich selbst herzurichten. Gedanklich notierte er dabei, welche Vorräte mal wieder zur Neige gingen. Das war der Nachteil am alleine leben, man musste sich um alles selbst kümmern. Kuchiki-taichou hatte sicher eine ganze Armee von Dienern, die das für ihn erledigen konnte. Aber warum schlich der sich jetzt überhaupt in seinen Kopf? Entschieden schüttelte Rikichi sich, um den Taichou wieder aus seinen Gedanken herauszubefördern. Er sollte lieber an Renji denken… der aber neuerdings auch eine Art Diener zu haben schien. Zumindest jemanden, der ihm einen Großteil der Hausarbeit abnahm. Bei dem Gedanken zog sich unwillkürlich etwas in ihm zusammen und seine Katze schaute erschrocken auf, als er seine Schüssel mit mehr Nachdruck als gewöhnlich auf dem Tisch abstellte. Er wusste zwar, dass der Fukutaichou der dritten Division ein Freund Renjis war, nur ein Freund, aber das änderte nichts an Rikichis Eifersucht. Ob Renji auch ihn aufgenommen hätte, wenn seine Wohnung unbewohnbar geworden wäre? Eigentlich hatten die beiden nicht so viel miteinander zu tun. Zumindest weniger, als Rikichi recht gewesen wäre. Seufzend kaute er auf seinen Stäbchen herum. Eine Angewohnheit, die er hatte, seit er überhaupt mit Stäbchen essen konnte. Seine Mutter hatte das früher immer wahnsinnig gemacht.

Nun schlich die Katze leise miauend um seine Füße herum, in der Hoffnung, noch etwas abzubekommen. Schmunzelnd blickte er zu ihr herab.

“Du denkst auch nur ans Fressen. Deine Sorgen will ich haben, Torara… Du musst keinem Fukutaichou nachlaufen, während dein Taichou dir dicht auf den Fersen ist.”

Und da war er wieder, dieser unliebsame Gedanke. Die Erinnerung an Kuchikis Lippen, welche seinem Ohr so nahe gekommen waren, dass er sich nun nicht mehr sicher wahr, ob sie es nicht vielleicht sogar berührt hatten. Ebenso war er unsicher, ob er wirklich wissen wollte, was der Adlige ihm hatte sagen wollen. Wahrscheinlich nicht. Schließlich war er mehr als erleichtert gewesen, als eine Stimme auf dem Gang sein Gegenüber wachgerüttelt hatte. Er wusste weder, wer da mit wem gesprochen hatte, noch wusste er noch, was dieser jemand gesagt hatte. Er wusste nur, dass Kuchiki geblinzelt hatte, als sei ihm gerade bewusst geworden, dass sie sich mitten in seinem Büro befanden und dass er sich wortlos von ihm entfernt hatte. Und wortlos war er auch danach geblieben, nur sein Blick hatte sich in den Tagen nach diesem kurzen Moment öfter über Rikichis Körper bewegt als zuvor. Oder besser gesagt, ab diesem Moment hatte der Junge begonnen, diese Blicke überdeutlich wahrzunehmen. Gedankenverloren starrte er auf seinen Reis. Einige Minuten später weckte Torara ihn quasi ein zweites Mal.
 

Es war einfach unglaublich! Kopfschüttelnd las Renji die Nachricht in seiner Hand ein weiteres Mal durch. Sein Taichou hatte sich doch tatsächlich die Mühe gemacht, sie selbst zu schreiben. Diese Handschrift war unverkennbar. Ebenso wie die Aussage: Er wollte ihn loswerden. Außenaufträge bis zum Abend, zusätzlich noch ein Haufen Berichte. Was hatte er denn getan? Hatte er Kuchikis Ehre verletzt, indem er lauthals verkündet hatte, dass Rosa unmännlich sei? Aber da hatte er extra darauf geachtet gehabt, dass keine Petzen in der Nähe gewesen waren. Zumal ohnehin rosa Sonnenbrillen das Thema gewesen waren, welche, die der Adlige wohl so oder so nicht tragen wollen würde. Vielleicht war das Ganze ja Rukias Werk, die ihm über ihren Bruder eins auswischen wollte.

“Abarai-fukutaichou?” Er drehte sich zur Quelle der Stimme um.

“Was ist, Rikichi?”

“Ich habe gerade nichts zu tun und Sie sehen etwas gestresst aus, also dachte ich…”

“Ah. Klar, komm mit.” Gesellschaft war ihm bei so etwas grundsätzlich lieber. Zumal es nicht aussah, als würde die Sache heute sehr gefährlich werden. In dem ihm zugeteilten Gebiet waren schon lange keine allzu starken Hollows mehr aufgetaucht. Rikichi strahlte, als sei er gerade befördert worden. Der musste ja verzweifelt gewesen sein vor Langeweile… Aber eigentlich wusste Renji es ja besser. Still grinste er in sich hinein. Rikichi war einfach froh, mit seinem großen Idol mitkommen zu dürfen, das war es. Und der Rothaarige würde lügen, wenn er sagen würde, dass er sich davon nicht geschmeichelt fühlte. Schließlich hatte nicht jeder seinen eigenen Fan.

“Dann wollen wir mal…”
 

Er konnte der herabsausenden Sichel gerade so ausweichen. Mit einem dumpfen Geräusch schlug diese dicht neben ihm auf dem Boden auf, wurde sofort empor gerissen und zielte erneut auf ihn. Der Kampf hatte vor wenigen Minuten begonnen und schon jetzt fühlte Rikichi sich schlichtweg atemlos. Er sah die Augen des Hollows aufblitzen, kurz bevor dieser von einer dichten Staubwolke verhüllt wurde. Er hatte wieder nicht getroffen, stattdessen wirbelte er den gesamten Boden auf.

“Du weichst ja nur aus, Shinigami. Wo bleibt da der Spaß?”

Die Stimme war undeutlich, eher ein Zischen, und doch war klar heraus zuhören, dass das Wesen sehr wohl auf seine Kosten kam.

Der Angriff hatte unvermittelt stattgefunden. Es waren keine sonderlich starken Hollows, aber dafür waren sie zahlreich. Ein reißendes Geräusch ertönte, als Renji den nächsten Gegner fällte. Das war die Taktik: Rikichi lenkte den scheinbaren Anführer der Horde ab, so gut es ging. Der Ältere sorgte indessen dafür, dass die anderen so rasch wie möglich auseinander genommen wurden. Dies jedoch wurde immer schwerer, da die Hollows, die inzwischen begriffen, dass sie sich mit einem Feind angelegt hatten, der sich nicht so einfach fressen ließ, sich immer weiter zurück zogen. Schließlich hoben die letzten ab und entfernten sich gänzlich.

“Den überlasse ich dir!”

Und damit verschwand auch Renji, Rikichi mit dem größten Hollow allein lassend. Sah so aus, als traute er es seinem Untergebenen zu, von “ablenken” zu “vernichten” überzugehen. Kurz flackerte Stolz in Rikichi auf, welcher jedoch sofort beiseite geschoben wurde. Das konnte kommen, wenn er mit dem Hollow fertig war!

Das Funkeln in den Augen der Kreatur wurde heller, als Rikichi seine Waffe zog.

“Nun willst du doch angreifen? Dann zeig mir, was du kannst, kleiner Shinigami.”

Der Schwarzhaarige zeigte mit der Spitze des Zanpakutou auf den Hollow vor ihm.

“Beginne, Kamiha!”

Und damit schoss er auf seinen Gegner zu, setzte die Klinge an einem Bein an und zog sie quer darüber. Alles, was er erntete, war ein heiseres Lachen.

“Nicht einmal ein Kratzer. Ist dein Schwert so stumpf?”

Im nächsten Moment riss der Hollow sein Bein hoch, um Rikichi von sich zu schleudern. Augenblicklich setze er dann nach, hieb auf den Jungen ein, verfehlte ihn aber erneut knapp. Der Shinigami seinerseits kam schnell wieder zum Stehen und griff erneut an, traf den Feind wiederholte Male am gesamten Rumpf, jedoch ohne Schaden zu hinterlassen. Der Hollow versuchte anfangs noch auszuweichen, gab das jedoch schnell auf: Es war nicht nötig. Und wäre Rikichi nicht um einiges flinker gewesen, so wäre der Kampf bereits nach wenigen kraftvollen Hieben der sichelartigen Auswüchse des Hollows entschieden gewesen.

“Ich sollte dich mit einem Bissen verschlingen.”

“Dann tu das.”

Ein riesiges Maul raste auf den Shinigami zu, öffnete sich, entblößte ein zweites Maul in seinem Inneren. Doch ein letztes Mal sammelte Rikichi seine Kraft, wich zur Seite aus und rammte sein Zanpakutou energisch in den Hals der Bestie. Es prallte ab. Sie stoben wieder auseinander, die Augen des Hollows funkelten heller als je zuvor.

“Machst du dich über mich lustig, Kleiner?” Amüsiert klang das Zischen nun nicht mehr.

“Nein, ich bekämpfe dich.” Kurz zitterte Rikichis Hand, doch dieser Moment war schnell vorüber. Er rief sich seinen Fukutaichou ins Gedächtnis, seine Worte. Den überlasse ich dir. Er würde ihn nicht enttäuschen. Auch in seine Augen trat nun ein Funkeln. Entschlossen deutete er mit der Spitze seines Zanpakutou erneut auf den Hollow. Dieser entschloss sich gerade dazu, dass er der Spielerei überdrüssig war und stürmte los.

“Jetzt beende es, Kamiha.”

Ein erschrockenes Aufjaulen, als das große Wesen wegknickte. Mehr vor Überraschung, dieses unvermutete Stechen in seinem Bein zu spüren, als wegen des Schmerzes an sich. Ein langer Riss öffnete sich an der Körperstelle und noch während der Hollow diesen ungläubig musterte, öffneten sich Wunden in rascher folge an seinem gesamten Körper. Hasserfüllt glommen die Augen ein weiteres Mal auf, das Maul öffnete sich zu einem letzten Zischen, doch bevor dieses sich zu verständlichen Worten formen konnte, öffnete sich auch im Hals des Hollows ein Loch, genau an der zuvor traktierten Stelle. Noch im Herabfallen löste der Körper sich auf, war verschwunden, bevor er auf dem Boden aufkommen konnte.

Schwer atmend schob Rikichi Kamiha in seine Scheide zurück. Der Kampf war anstrengend gewesen, definitiv anstrengender als die Kämpfe, die er in der letzten Zeit ausgefochten hatte. Wobei er kaum noch Außenaufträge bekam, wenn er genauer darüber nachdachte.

“Gut gemacht.” Eine spottende Stimme. Er wirbelte herum. Gerade rechtzeitig, um ein weiteres paar blitzender Augen, einen weiteren schwarzen Schlund zu entdecken. Keine Zeit, auszuweichen. Keine Zeit, die Waffe zu ziehen.

Vor seinem geistigen Auge flackerte für den Bruchteil einer Sekunde das Bild von Renji auf. Viel zu kurz. Er verabschiedete sich innerlich von ihm. Dann wurde er umgerissen, alles drehte sich, der Schmerz schoss durch seinen ganzen Körper, er sah nichts mehr.
 

Gierig verschlang Renji den letzten Apfel. Damit war sämtlicher Proviant aufgebraucht, den sie dabei gehabt hatten. Aber Rikichi würde sich schon nicht beschweren. Er bezweifelte, dass der Jüngere hungrig sein würde, wenn er wieder zu sich kam. Wie leichtsinnig dieser gewesen war! Einfach sein Zanpakutou zurück zu stecken, bevor er sich sicher war, dass nirgendwo weitere Hollows lauerten. Welch Ironie, wenn man bedachte, dass Rikichis gesamte Kampftaktik auf den Leichtsinn des Gegners setzte. Den Leichtsinn, in den jeder unwillkürlich taumelte, wenn er bemerkte, dass er immun war gegen das Schwert des Gegners. Aber Renji hatte ihn nun einmal mit einem recht großen Hollow alleine gelassen und der Triumph über diesen hatte Rikichi kurzzeitig unvorsichtig werden lassen. Das durfte nicht sein, aber er konnte darüber hinwegsehen… wenn Rikichi darüber hinweg sah, dass Renji ihn mit voller Wucht in den nächsten Felsen geknallt hatte, um ihn aus der Flugbahn des anderen Hollows herauszuwerfen. Dass Rikichi sich dabei den Kopf anschlagen und erst einmal ausgeknockt sein würde, war kein Teil des Plans gewesen. Wobei Renji natürlich ohnehin keinen wirklichen Plan gehabt hatte. Aber dafür, dass er so planlos gewesen war, war er immerhin im genau richtigen Moment wieder zurück gekommen.

“Abarai-fukutaichou…” Das leise Murmeln holte ihn aus seinen Gedanken.

“Ja, der bin ich.”

Augenblicklich schlug der Schwarzhaarige die Augen auf. Er blinzelte verwirrt, versuchte wohl, die Situation einzuordnen… und riss wie elektrisiert seinen Kopf vom Schoß des anderen. Die plötzliche Bewegung ließ ihn anscheinend Sterne sehen, kurz wirkte er, als würde er direkt wieder auf Renji landen.

“Was… was..?”

“Ich wollte dir beim Aufwachen keinen Schock versetzen. Aber bei Kopfverletzungen sollte man weich liegen… und etwas weicheres als mein Bein habe ich nicht gefunden.”

“Ja, natürlich… danke.” Rikichi wirkte noch immer reichlich durch den Wind. Musste an seiner Verletzung liegen.

“Wie lange liege ich hier denn schon?”

“Nicht lange, eine halbe Stunde vielleicht. Aber gleich sollten wir ohnehin zurück, ich muss noch den ganzen Bericht schreiben und das so schnell wie möglich.”

Kurz zögerte der Jüngere.

“Er hält Sie ganz schön auf Trab, oder?”

“So ist er eben…” Renji zuckte mit den Schultern und erhob sich. Ihm war bewusst, dass er das etwas runterspielte. Ja, so war der Taichou nun einmal. Aber nein, das passte ihm nicht wirklich. Leider auch nein, er konnte nichts dagegen tun. Wie so oft in letzter Zeit drifteten seine Gedanken etwas weg, als sie sich um seinen Vorgesetzten drehten. Erst, als er sich Rikichis Anwesenheit wieder bewusst machte, kam er in die Wirklichkeit zurück. Der Junge schien noch immer mit seiner Kopfverletzung zu kämpfen… warum sonst sah er ihn so seltsam an? Fast schon, als ahnte er, was Renji gerade durch den Kopf gegeistert war. Aber das war unmöglich. So offensichtlich benahm sich mit Sicherheit nicht einmal er.

“Also… bereit, zurück zu gehen?”

Der Jüngere blinzelte, als sei er gerade seinerseits aus wichtigen Gedanken gerissen worden. Dann nickte er.

“Ja, ich bin bereit.”
 

Und das war Rikichi in der Tat, auf zweierlei Arten. Denn er hatte soeben einen Entschluss gefasst. Vielleicht lag es wirklich an dem Schlag auf den Kopf, vielleicht wäre er auf so einen abstrusen Gedankengang wie er ihn eben verfolgt hatte gar nicht gekommen, wenn er nicht kurz zuvor ordentlich durchgeschüttelt worden wäre. Aber Tatsache war, dass es ihn störte, wie Renjis Blick abschweifte, wenn das Gespräch kurzzeitig auf Kuchiki kam. Das fiel natürlich nicht jedem auf. Nur denen, die Renji wirklich gut kannten. Und denen, die ihn fast schon stalkten. Wobei es von letzterer Sorte nur einen gab. Er vermutete etwas bezüglich der Beziehung zwischen Renji und Kuchiki und er vermutete ganz richtig. Aber konnte er die Gefühle seines Fukutaichou ändern? Nein, ebenso wenig wie die eigenen. Also musste er sich etwas anderes einfallen lassen.
 

Verwundert blickte Byakuya auf. Er hatte nicht damit gerechnet, kurz vor Dienstschluss noch Besuch zu bekommen. Und dann auch noch ausgerechnet von ihm. Er legte die Dokumente weg, die er eigentlich noch zu Ende hatte studieren wollen. Die konnten auch warten, das hier anscheinend nicht. Wieder schien Rikichi vor der Tür erstarrt zu sein, unsicher, ob er reinkommen sollte. Doch dann ertönte ein unerwartet energisches Klopfen. Byakuya stütze die Ellenbogen auf die Tischplatte und verschränkte die Finger ineinander.

“Ja bitte?”

Die Tür wurde geöffnet. Und mit dem Folgenden hätte Byakuya ganz sicher nicht gerechnet.

Entscheidungen

Byakuya merkte sehr wohl, wie Rikichi versuchte, sein Erstaunen nicht allzu offensichtlich zu zeigen. Doch das hier war nun einmal das Anwesen der Kuchiki, es war so gut wie unmöglich, beim ersten Betreten nicht zu staunen. Er lehnte sich an die Wand und beobachtete den Jüngeren, dessen Blick gerade über das riesige Fenster streifte. Es war fast schon bedauerlich, dass er den Garten nicht bei hellem Tageslicht in seiner vollsten Pracht zu sehen bekam. Nun wanderte Rikichis Blick wieder zurück zu ihm.

“Es scheint dir zu gefallen.”

“Nun… es ist groß.” Er wirkte, als wollte er noch etwas hinzufügen, schluckte dies aber hinunter.

Byakuya nickte bloß. Natürlich hatte der andere bloß einen kleinen Bruchteil des Anwesens zu sehen bekommen, er war nicht einmal durch den Vorgarten gekommen oder hatte den Haupteingang aus nächster Nähe erblickt. Der Grund hierfür war, dass die beiden durch einen der Seiteneingänge gekommen waren. Es musste schließlich nicht jeder wissen, dass der Hausherr Besuch hatte. Nun musterte der Jüngere den Fußboden, beinahe, als hätte er beschlossen, Byakuyas Blick doch wieder auszuweichen. Eine Weile ließ sein Vorgesetzter ihn seine Gedanken sammeln, doch der Junge war nicht zum Schweigen hier.

“Was hat dich zu diesem plötzlichen Sinneswandel verleitet?”

Diese Frage hatte ihm natürlich schon die ganze Zeit über auf der Zunge gelegen, doch er hatte sich geduldet, bis sie wirklich unter sich waren. Diese Szene, welche sich nicht lange vorher in seinem Büro zugetragen hatte, kam ihm immer bizarrer vor.

Rikichi war in sein Büro getreten, nicht auf diese stolpernde Art wie sonst, sondern mit sicherem Schritt. Und ebenso sicher war er an den Schreibtisch herangetreten, hatte Byakuya in die Augen gesehen. Dann hatte er sich vorgebeugt, um…

Er blinzelte als er merkte, dass Rikichi endlich zu einer Antwort ansetze. Tagträumerei kam bei ihm nicht gerade häufig vor, erst recht nicht, wenn es um etwas ging, das nicht einmal eine Stunde zurück lag. Es kam jedoch auch selten vor, dass etwas ihn so überraschte. Und dieser Kuss, den Rikichi vorsichtig auf seine Wange gehaucht hatte, war definitiv eine Überraschung gewesen. Schließlich hatte dieser ganz und gar nicht angetan gewirkt, als Byakuya ihm vor einiger Zeit so nahe gekommen war. Im Gegenteil, er hatte danach mehr Abstand gesucht als jeder andere sonst.

“Das ist kein Sinneswandel… Ich, also…” Er verstummte, musterte den Boden noch eindringlicher und schluckte.

“Ich war bloß etwas… überrumpelt, verstehen Sie?” Seine Stimme wurde immer leiser, immer vorsichtiger. Byakuya trat auf ihn zu, war versucht, ihm eine Hand unter das Kinn zu legen, entschied sich aber dagegen. Wenn Rikichi ihn nicht ansehen wollte, war das eben so. Natürlich konnte er verstehen, dass sich der Shinigami etwas “überrumpelt” gefühlt hatte. Er selbst war schließlich überrascht gewesen als er gemerkt hatte, wie nahe er dem Jüngeren gekommen war. Das war einer dieser seltenen Momente gewesen, in welchen er gehandelt hatte, ohne nachzudenken. Dennoch, es war ihm nicht vorgekommen, als würde Verlegenheit alleine den Kleineren davon abhalten, zu reagieren. Es hatte viel mehr gewirkt, als würde er ihn wirklich nicht leiden können. Und das war noch vorsichtig formuliert. Aber woher konnte er schon wissen, was in den Köpfen anderer vor sich ging? Und war das nicht ohnehin letztlich gleichgültig? Solange er bekam, was er wollte, waren Rikichis Motive nicht weiter wichtig. Doch eine Kleinigkeit verlangte noch, angesprochen zu werden.

“Was ist mit Renji?”

Nun blickte sein Untergebener doch auf. War sein Blick alarmiert oder bildete er sich das nur ein?

“Was sollte mit Abarai-fukutaichou sein? Er hat damit nichts zu tun.” Seine Stimme wurde wieder energischer. Wortlos strich Byakuya über die Augenbraue des Jungen, was wieder ein Senken dessen Blickes zufolge hatte.

“Ich bewundere ihn sehr. Er ist mein Idol, mehr nicht.” Die Worte kamen stockend und klangen mehr nach einer Lüge, als wenn Ichimaru durch Seireitei spazierte und dabei behauptete, nichts im Schilde zu führen. Dennoch nickte Byakuya erneut. An diesem Punkt hätte es keinen Sinn gehabt, Rikichi weiter zu bedrängen. Am Ende hätte der noch seine Meinung geändert und wäre wieder verschwunden. Trotzdem erschien das Ganze mehr als fragwürdig…

Wenn er in Wahrheit doch für Renji schwärmte, was wollte er dann bei ihm?

“Du wirst heute Nacht hier bleiben.” Er bestimmte mehr, als dass er anbot.

Rikichi schien im ersten Moment leicht zusammen zu zucken, trat dann unruhig von einem Fuß auf den anderen.

“Ich habe doch nichts dabei, keine Schlafkleidung…”

“Das wird dir bereit gestellt werden.”

Der Junge nickte nur. Er sah Byakuya noch immer nicht an.
 

Nie zuvor hatte er in einem so großen Bett gelegen. Nie zuvor war er in eine so weiche Decke gehüllt gewesen. Nie zuvor hatte er so bequeme Kleidung getragen, viel zu schade, um darin zu schlafen. Nie zuvor hatte er so eine Panik im Bett verspürt. Angestrengt lauschte er auf jedes erdenkliche Geräusch, welches die Rückkehr seines Taichou ankündigen konnte. Dieser hatte ihn tatsächlich mit allem versorgt, was er gebraucht hatte und dabei streng darauf geachtet, dass er nicht durch das Anwesen streifte. Was er ohnehin nicht vorgehabt hatte, er hätte sich ja doch nur hoffnungslos verirrt. So hatte er nicht mehr gesehen als dieses Schlafzimmer, ein Bad und einen der Flure. Doch war die Fläche dieser schon größer als die seiner gesamten Wohnung. Eine einzige Verschwendung war dieser Ort. Beeindruckend zwar, aber verschwenderisch. Was sich nur zu gut einfügte in sein Bild von Kuchiki-taichou als einen arroganten Mann, dem alles außer er selbst egal war. Rikichi fragte sich immer und immer wieder, wie er sich nur darauf hatte einlassen können. Als er im Büro aufmarschiert war, war ihm seine Idee gar nicht so schlecht vorgekommen. Als er seinen Vorgesetzten geküsst hatte und dabei penibel darauf geachtet hatte, so wenig Hautkontakt wie möglich dabei entstehen zu lassen, hatte er seine Idee zwar leicht anzuzweifeln begonnen, sie aber noch immer für gut gehalten. Doch inzwischen wünschte er sich fast, dieser Hollow früher am Tage hätte ihn erwischt. Kurz schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Renji hatte ihn vor diesem Hollow gerettet. Natürlich hätte er das für jeden getan, genau das mochte Rikichi an ihm schließlich so, aber dennoch: Dieses Mal hatte er ihn gerettet. Und es war doch nicht verboten, sich darauf ein wenig etwas einzubilden, oder? Doch bald darauf schon wurde er aus seinen Gedanken an den Rothaarigen geweckt, als die Tür sich öffnete und Byakuya wieder eintrat. Er hatte noch etwas zu erledigen gehabt, was genau hatte er nicht gesagt. Als Oberhaupt einer Adelsfamilie hatte man anscheinend stets viel zu erledigen. Schnell kniff Rikichi die Augen zu, als der andere sich dem Bett näherte. Es raschelte kurz, als die Decke angehoben wurde und einen Atemzug später gehörte das Bett nicht mehr allein dem Jüngeren. Er merkte, dass er die Luft angehalten hatte und begann nun langsam wieder auszuatmen. Sicher würde der Taichou merken, dass er nicht wirklich schlief. Aber anscheinend würde er ihn dadurch trotzdem in Ruhe lassen. Er hatte es auch einfach hingenommen als Rikichi behauptet hatte, Renji sei nicht mehr als ein Idol für ihn. Und diese Verleumdung hatte ihn innerlich geschmerzt. Aber was sollte er auch sagen, “ich liebe Renji zwar, will es aber doch mit Ihnen versuchen”? Natürlich wollte er es nicht wirklich mit Kuchiki versuchen. Das hätte er nicht einmal gewollt, wenn es Renji nicht gäbe. Dazu war der Taichou einfach zu sehr die Sorte Mann, die Rikichi absolut nicht leiden konnte. Und trotzdem lag er nun hier neben ihm… und auch das wieder nur für Renji. Nein, es so zu sagen passte nicht. Renji war dadurch nicht geholfen, eigentlich tat er es nur für sich selbst. Für sich und seine Hoffnungen, dass Renji ihm doch noch Beachtung schenken würde…

Doch das würde nicht geschehen, solange die Augen des Rothaarigen nur auf Kuchiki ruhten. Und genau deswegen war er nun hier. Er wollte wissen, was genau Renji an dem Adligen faszinierte. Er konnte nicht gegen diesen ankommen, wenn er sich nicht vorher mit ihm auseinander gesetzt hatte. Und vielleicht fand er sogar eine Möglichkeit, Renji die Augen zu öffnen, ihm zu zeigen, was für eine Art von Person sein Angebeteter war?

Vorsichtig rutschte er noch ein wenig von dem anderen Körper weg. Das Bett bot schließlich Platz im Überfluss, da konnte er das auch ausnutzen.
 

Erneut hatte der Arbeitstag ihn ausgelaugt. Der Kampf mit den Hollows war nicht wirklich der Rede wert gewesen, aber den anschließenden Bericht hatte er gleich dreimal schreiben können, weil ein gewisser Jemand immer wieder etwas daran auszusetzen gehabt hatte. Inzwischen kam es ihm fast so vor, als müsse er genauso viel Papierkram erledigen wie Izuru. Allerdings war dies wirklich nur Einbildung, tatsächlich wurde kein anderer Fukutaichou mit dieser Arbeit so zugebombt wie sein blonder Freund. Gähnend betrat er die Wohnung, zog die Schuhe aus, ging ins Wohnzimmer und hätte beinahe auf dem Absatz wieder kehrt gemacht. Seine Wohnung schien wirklich bei jedem Betreten voller zu werden. Drei Leute saßen versammelt an seinem Tisch, wovon ihm allerdings nur zwei willkommen waren. Zwei Augenpaare blickten ihm entgegen, das dritte blieb geschlossen.

“Was machen Sie denn hier, Ichimaru-taichou?”

Der Angesprochene legte den Kopf leicht schief und sofort bereute Renji seine Wortwahl.

“Ich meinte… hi, alle miteinander…”

Izuru und Shuuhei begrüßten ihn ihrerseits, Ichimaru antwortete lediglich, indem er noch mehr grinste als zuvor schon.

Eigentlich hatte Renji damit ja fast schon gerechnet. Schließlich hatte er Izuru zu sich geholt, da war ein Besuch des Silberhaarigen so gut wie unvermeidlich gewesen. Es war, wie wenn man Köder auslegte. Aber hätte er sich nicht wenigstens anmelden können?

Nun wies Ichimaru auf den Platz neben sich.

“Setz dich doch, Renji.” Er sprach, als wäre das sein zuhause.

Renji unterdrückte ein Seufzen, als er zwischen Ichimaru und Shuuhei Platz nahm.

“Warum ich hier bin, is doch offensichtlich. Ich wollte sichergehen, dass Izuru es hier auch gut hat. Was sonst?”

Natürlich, das war es. Ichimaru ging es immer nur um das Wohl seines Fukutaichous. Und Matsumoto würde bald zur Mitarbeiterin des Jahres gekürt werden. Renji versuchte gar nicht erst, den Unglauben in seinem Blick zurückzuhalten. Doch dies schien Ichimaru bloß zu amüsieren, während Izuru peinlich berührt etwas umherrutschte.

Es gab eine Zeit, da hatte Renji sich gefragt, ob er und Izuru nicht gewissermaßen in einer ähnlichen Situation steckten. Sie beide liebten ihren Taichou. Und bei beiden schien diese Liebe niemals erwidert werden zu können. Doch nach einigen Überlegungen war er zu dem Schluss gekommen, dass das auch schon die einzigen Gemeinsamkeiten waren. Kuchiki-taichou hatte keine Ahnung, und so würde es vermutlich auch bleiben. Er betrachtete Renji als seinen Untergebenen, leider nicht als mehr, aber zum Glück auch nicht als weniger. In der dritten Division sah das Ganze allerdings schon ganz anders aus. Ichimaru betrachtete Izuru sehr wohl als mehr als nur als seinen Untergebenen: Er sah in ihm etwas Begehrenswertes, auf einer gewissen Ebene sogar eine Art Partner. Doch das sorgte auch gleichzeitig dafür, dass er in dem Blonden auch sehr viel weniger sah als in einem Untergebenen. Etwas in seinen Augen Begehrenswertes zu sein war nichts anderes als ein Spielzeug zu sein. Vielleicht war “Spielzeug” sogar noch ein zu harmloser Begriff. Und nicht zum ersten Mal fragte Renji sich, wieso sein Freund so etwas mit sich machen ließ, wie er nur so wenig Achtung vor sich selbst haben konnte. Er selbst würde sich sicherlich niemals auf so etwas einlassen, auf eine Beziehung, die nur auf Körperlichkeiten basierte, während er sich innerlich doch nichts mehr wünschte als die Liebe des anderen. Zumindest glaubte er, dass er sich darauf nicht einlassen würde, solange er sich Kuchiki nicht nackt vorstellte.

Die anderen drei führten nun ihr Gespräch weiter, aus welchem er sich jedoch heraushielt. Dass es nur ein sehr oberflächliches Gespräch war, merkte er dennoch. Ichimaru war sicher nicht zum Reden hergekommen. Dies bestätigte sich auch bereits wenige Minuten später, als der Kurzhaarige sich erhob.

“So… dann zeig mir doch mal dein Zimmer, Izuru.”

“Aber das habe ich Ihnen eben schon…”

“Oh, aber nur ganz kurz. Ich wollte mich doch noch etwas… eingehender umsehen.”

Renji fragte sich, wie es sein konnte, dass jemand sprach und dabei wirklich jedem einzelnen Wort einen gefährlichen Unterton gab. Vermutlich würde Ichimaru es sogar schaffen, das Alphabet aufzusagen und dabei jugendgefährdend zu klingen.

Izuru wirkte unschlüssig, aber nur einen kurzen Moment. Dann nickte er, erhob sich ebenfalls und ging in sein Zimmer. Ichimaru folgte ihm, verharrte an der Tür kurz, grinste den anderen beiden zu und verschwand daraufhin ebenfalls in dem Zimmer. Als die Tür zuschlug, musste Renji unwillkürlich an eine zuschnappende Mausefalle denken.

“Du siehst nicht gerade begeistert aus. Aber war doch klar, dass er hier auftaucht.”

Renji grummelte bloß.

“Dir gefällt auch nicht, wie er mit Izuru umspringt.”

“Natürlich gefällt mir das nicht!” Er musste sich zusammenreißen, um seine Stimme zu senken.

“Aber was können wir schon tun, wenn Izuru selbst sich benimmt, als wäre alles okay? Es kommt mir vor, als würde er sich immer weniger wehren.”

“Ist ja auch so. Du weißt doch, dass er der Meinung ist, dass Ichimaru-taichou ihn gerettet hat.”

Renji schnaufte abfällig. Klar wusste er das. Aber Ichimaru hatte ihn nicht gerettet, er hatte ihn bloß mal wieder im Büro festgehalten, als das Feuer bei Izuru ausgebrochen war. Dadurch war sein Freund nicht zuhause gewesen, als es passiert war… aber das war doch purer Zufall gewesen. Es war schließlich nicht das erste Mal gewesen, dass Ichimaru ihn die halbe Nacht für sich beansprucht hatte.

“Und, wie läuft es bei dir?”

“Wie, bei mir?” Renji wusste genau, worauf Shuuhei hinaus wollte. Der andere wusste ebenfalls, dass er wusste worum es ging und rollte mit den Augen.

“Wie weit bist du bei Kuchiki-taichou?”

Renji zuckte nur unbestimmt mit den Schultern.

“Was soll ich da schon groß machen? Er ist eben… Kuchiki-taichou halt.”

“Ja, eben. Von alleine wird er sich niemals beachten, das kannst du vergessen.”

“Tse, danke…” Sollte das jetzt irgendwie weiter helfen?

“Das heißt, du musst endlich loslegen. Und zwar so richtig. Wenn du langsam anfängst, beeindruckt ihn das nicht… und darum geht es, du musst ihn beeindrucken.”

“Ach, und wie soll ich das deiner Meinung nach machen?”

“Sag ihm einfach, dass du ihn liebst. Es gibt wahrscheinlich nichts, was ihn mehr aus der Fassung bringen würde.”

Renji sah ihn nur an, als sei ihm gerade vorgeschlagen worden, morgen nackt zur Arbeit zu gehen.

“Weißt du… meine Überlebenschancen wären wahrscheinlich sogar dann größer, wenn ich jetzt Izurus Zimmertür aufreiße und Ichimaru auffordere, Izuru in ruhe zu lassen.”

Shuuheis Blick wanderte kurz zur besagten Tür und wieder zurück.

“Na dann, ich bin gespannt.”

Gut, vielleicht war das doch etwas übertrieben gewesen. Lebensgefährlicher als das war wohl gar nichts. Aber dennoch… er konnte doch wohl nicht einfach bei Kuchiki reinspazieren und ihm alles gestehen. Das würde alles kaputt machen… wobei, was genau würde es kaputt machen? Da war schließlich nichts. War es am Ende vielleicht doch einen Versuch wert?

Geständnis

Als er an die Bürotür klopfte, war er ähnlich nervös wie Rikichi zwei Tage zuvor. Nein, eigentlich war er noch sehr viel nervöser. Er hatte sich gestern noch den ganzen Abend mit Shuuhei beratschlagt. So lange, bis ein gedämpfter Aufschrei aus Izurus Zimmer den Schwarzhaarigen zum überstürzten Aufbruch bewegt hatten. Renji hatte es ihm nicht verübeln können. Für ihn klangen die folgenden Geräusche auch eher nach der Misshandlung von Hundewelpen als nach dem Austausch von Zärtlichkeiten. Er war froh gewesen, dass am Morgen sowohl Izuru als auch Ichimaru-taichou längst verschwunden waren, als er aufgestanden war.

Doch in diesem Moment musste er sich über so etwas keine Gedanken machen. In diesem Moment war sein Kopf nur erfüllt von seinem Taichou… und davon, was er nun zu ihm sagen würde. Ja, Shuuhei hatte ihn überreden können. Vielleicht wäre es aber besser gewesen, er hätte ihn nicht nur überredet, sondern auch überzeugt. Doch was waren seine Möglichkeiten? Abwarten, bis von alleine etwas passieren würde? Da würde er so lange warten können wie der Soutaichou alt war. Eher noch länger. Also musste er aktiv werden. Er hätte es gerne langsam angehen lassen, aber Shuuhei hatte Recht gehabt als er ihn darauf hingewiesen hatte, dass er sich dazu schlicht und ergreifend zu dumm anstellen würde. Kuchiki würde sofort merken, was los war und da konnte Renji es ihm auch einfach direkt sagen. Er war ja ohnehin eher der direkte Typ. Was nach seinem Geständnis passieren würde, stand in den Sternen. Aber immerhin würde er dann innere Erleichterung verspüren… so hoffte er zumindest.

“Herein.”

Renjis Herz setzte einen Schlag aus und stolperte dann in atemberaubender Geschwindigkeit weiter. Er öffnete die Tür und trat ein. Kuchiki-taichou wirkte wie immer. Nun, warum sollte er auch anders wirken? Er wusste ja noch nichts von seinem zweifelhaften Glück. Der Rothaarige schluckte. Sein ganzer Rachen fühlte sich an, als hätte er seit einer Woche nichts mehr getrunken. Langsam trat er näher an den Schreibtisch, ballte seine Hände zu Fäusten und entspannte sie wieder. Warum wusste man in den wichtigen Momenten des Lebens eigentlich nie, was man mit seinen Händen anfangen sollte?

Sein Gegenüber legte nun die Berichte zur Seite, welche er gerade durchgesehen hatte. Als er den Blick hob, schien er Renji dazu aufzufordern, sich zu beeilen und dann wieder zu verschwinden. War die Arbeit gerade so wichtig? Oder wollte er Renji einfach los werden, weil der ihn nervte? Dieser Gedanke verringerte die Nervosität des Fukutaichou nicht gerade.

“Ich muss Ihnen etwas sagen.”

“Das habe ich mir gedacht. Sonst wärst du nicht hier.”

Renji biss sich leicht auf die Lippe. War sein Taichou jedem gegenüber so abweisend? Er hatte das Gefühl, dass es bei ihm besonders schlimm war. Auf einmal erschien ihm diese ganze Idee wieder absolut abwegig. Er wünschte, er könnte einfach wieder gehen. Doch dann? Dann wäre wieder nichts passiert. Seine Hände ballten sich wieder.

“Es ist etwas… privates.”

Seine Stimme benahm sich, als wollte sie gar nicht gehört werden. Sie wurde immer leiser. Der Schwarzhaarige hob eine Augenbraue. Mit “privatem” war Renji noch nie zu ihm gekommen.

“Ich höre.”

Und jetzt musste es einfach raus.

“Ich liebe…”

Er sah, wie sich die Augen seines Vorgesetzten für einen kurzen Moment etwas weiteten. Er musste wissen, was kommen würde. Er musste es spüren. Und Renji meinte, etwas im Blick des anderen zu sehen, was ihm nicht gefiel. Ablehnung, noch bevor das Geständnis ganz über seine Lippen war.

“…Rukia.”

Es war schwer zu sagen, wer von beiden verblüffter wirkte. Nun wandte Renji den Blick ab, fixierte die Musterung des Schreibtisches. Im letzten Moment hatte er doch einen Rückzieher gemacht. Und das nicht einmal absichtlich. Der Name seiner besten Freundin schien gar nicht aus seinem Mund gekommen zu sein, sondern von irgendwo anders her. Aber er hatte die Wahrheit einfach nicht sagen können. Nicht, nachdem die Reaktion seines Vorgesetzen sich bereits so deutlich abgezeichnet hatte. Das Schweigen zog sich in die Länge. Eigentlich war es Renji auch lieber, wenn der andere nicht auf diese Worte einging, sie ignorierte, so, wie er Renji ohnehin oft genug ignorierte. Langsam drehte er sich wieder weg, wollte das Büro verlassen.

“Das hat nichts hier in der sechsten Division zu suchen. Wir werden noch darüber sprechen, morgen Abend. Bei mir.”

Renji wandte ihm den Kopf wieder zu. War das gerade eine Art Einladung gewesen? Doch sein Taichou widmete seine Aufmerksamkeit bereits wieder den Papieren auf seinem Tisch. Der Rothaarige verließ das Büro wieder.

Er war gescheitert, er hatte nicht sagen können, was er zu sagen hatte.

Er hatte aber auch Erfolg gehabt, denn immerhin hatte er die Hälfte dessen, was er hatte sagen wollen, über die Lippen gebracht und zwar ohne, dass er zerstückelt worden war oder ähnliches.

Das Zerstückeln würde nun aber noch folgen… durch Rukia. Leise seufzte er. Er würde ihr viel zu erklären haben.
 

Byakuya blickte auf, nachdem die Tür wieder geschlossen wurde. Was sollte das gerade? Renji und Rukia? Der Gedanke erschien ihm lächerlich. Die beiden kannten sich schon eine Ewigkeit, ja. Aber Byakuya selbst kannte Rukia auch lange genug, um ihr einen besseren Geschmack zuzutrauen. Aber Renji hatte auch nur davon gesprochen, dass er sie liebte. Von Gegenseitigkeit war keine Rede gewesen. Wusste seine Schwester überhaupt davon oder hatte sein Fukutaichou vorsichtshalber lieber zuerst bei ihm anfragen wollen, ob er die junge Frau überhaupt umwerben durfte?

Das gefiel ihm nicht. Aber er würde nicht einfach komplett über Rukias Kopf hinweg entscheiden. Man hatte auch versucht, ihm einzureden, dass Hisana nicht gut genug für ihn gewesen war. Es war ihm egal gewesen. Nun, er würde ja sehen, wie seine Schwester dazu eingestellt war…

Er legte die Berichte wieder beiseite und sah aus dem Fenster.

Dieses Geständnis war wirklich sehr überraschend gekommen… vor allem, weil Byakuya in der Sekunde bevor er Rukias Namen gehört hatte, beinahe fest mit etwas anderem gerechnet hätte. Es hatte sich angefühlt, als hätte Renji für seinen Besuch eigentlich einen anderen Grund gehabt. Aber wer war er schon, dass er wusste, was in seinem Fukutaichou vorging? Dessen Gedanken waren manchmal glasklar zu erkennen, dann aber wieder so konfus, dass Byakuya nichts damit anfangen konnte. Aber wenn man bedachte, was Renji ihm sonst hätte mitteilen können, war es eigentlich ganz gut, dass dieser sich scheinbar für Rukia interessierte. Das war wenigstens besser als die andere Möglichkeit.

Er selbst hatte schließlich kein Interesse an Renji. Nur an Rikichi. Doch diesen hatte er heute noch gar nicht gesehen…
 

Als er heute morgen aufgewacht war, war Rikichi beinahe einem Herzstillstand erlegen. Er war doch vor dem Einschlafen extra so weit an den Bettrand gerutscht wie nur möglich! Trotzdem war ihm sein Taichou am Morgen dann viel näher gewesen als ihm recht war. Um genau zu sein, hatte dieser mehr oder weniger halb auf ihm gelegen. Der Ältere schien das nicht einmal absichtlich gemacht zu haben, er hatte es sich wohl einfach zur Angewohnheit gemacht, sich quer über das gesamte Bett auszubreiten. Im Nachhinein musste Rikichi bei diesem Gedanken sogar etwas schmunzeln. Kuchiki-taichou wirkte irgendwie immer wie einer, der selbst im Schlaf absolut regungslos blieb. Es passte nicht zu ihm, sich auszubreiten wie ein Teppich.

Rikichi hatte den Arm vorsichtig von sich geschoben und war aufgestanden. Es war noch viel zu früh gewesen, um sich fertig zu machen. Aber es war ihm lieber gewesen, verschwinden zu können, bevor der andere aufwachte. Nachdem er sich also hastig fertig gemacht hatte, war er verschwunden, wie er gekommen war: Durch den Nebenausgang, darauf bedacht, sich ungesehen vom Grundstück der Kuchiki zu schleichen.

Anschließend war er eilig nach Hause gegangen. Er hätte natürlich auch direkt zur Arbeit gehen können, aber er hatte das Gefühl gehabt, dass er seine Katze besser nicht noch länger allein lassen sollte. Als er die Tür geöffnet hatte, war ihm das Fellbüschel auch schon mehr oder weniger entgegen geflogen gekommen. Manchmal fragte er sich, ob das Tier nicht authentischer wirken würde, wenn es als Hund zur Welt gekommen wäre. Er hatte also Streicheleinheiten verteilt, als Gegenleistung ein paar Kratzer kassiert, das Futter raus gestellt und war dann zum Divisionsgebäude gegangen. In der Zwischenzeit musste auch der Taichou eingetroffen sein und Rikichi war mehr als froh, ihm nicht über den Weg gelaufen zu sein.

Jetzt gerade befand er sich auf dem Weg zu einer Trainingseinheit auf dem Außengelände, als ihm sein Fukutaichou ins Auge fiel. Dieser wirkte ähnlich deprimiert wie dessen blonder Freund die meiste Zeit über. Ob Rikichi ihn ansprechen sollte? Würde er dann aufdringlich wirken? Ohne es zu wollen war er bereits stehen geblieben und musterte den Rothaarigen besorgt. Dieser schien das zu merken, er blickte auf und zwang sich zu einem oberflächlichen Lächeln.

“Ist alles in Ordnung, Abarai-fukutaichou?”

“Ja… natürlich. Ich bin nur am Überlegen.”

Was überlegte er denn? Wie er Kira wieder aus seiner Wohnung bekommen konnte? Schön wärs. Fragend blickte er ihn weiterhin an. Renji seufzte nur, was fast schon routiniert klang.

“Was bringt man jemandem, der alles hat, als Gastgeschenk mit? Schwierige Frage, oder?”

Rikichis Inneres erstarrte. Sollte das heißen, Renji war bei den Kuchiki eingeladen? Warum denn das? Er wusste, dass Renji durchaus schon des Öfteren bei den Kuchiki vorbei gesehen hatte, um Rukia abzuholen. Doch war das etwas gänzlich anderes als eine Einladung! Er wollte nicht, dass der Rothaarige zu Kuchiki-taichou ging. Er wollte, dass die beiden so wenig Zeit wie möglich miteinander verbrachten. Die Empörung stand ihm offen ins Gesicht geschrieben, so offen, dass Renji nun ernsthaft grinsen musste.

“Keine Sorge, Kuchiki-taichou will mir kein Kündigungsschreiben geben. Es geht um… die Division eben. Wir müssen etwas besprechen. Die Meinung des Fukutaichou ist eben auch ab und an gefragt.”

Aber es war Rikichi egal, aus welchen Gründen der andere eingeladen war. Zumindest fast egal. Eine Kündigung wäre natürlich schrecklich gewesen. Schließlich sah Rikichi seinen Schwarm fast nur auf der Arbeit. Aber die Einladung an sich störte ihn trotzdem mehr als mögliche Gründe.

“Und wann treffen Sie sich?”

Nun blickte Renji überrascht.

“Ich… ich meine, wegen des Geschenkes. Ich kann auch versuchen, mir etwas auszudenken. Ich müsste nur wissen, bis wann.”

“Ach so… die Einladung ist schon morgen Abend.”

So bald schon?

“Okay… vielleicht fällt mir ja etwas ein.”

“Danke… und jetzt beeil dich besser. Sieht so aus, als würdest du zu spät zum Training kommen.”

Da erst wurde dem Jüngeren wieder bewusst, dass sie sich gerade im Dienst befanden. Schnell nickte er erneut und beeilte sich, zum Trainingsgelände zu kommen.
 

Er machte eine Notiz an sich selbst. Neue Freunde finden. Denn das konnte man unmöglich Freunde nennen. Shuuhei schien sich kaum noch einzukriegen, selbst Izuru grinste als hätte er vergessen, dass er ein Emo war. So witzig fand Renji die ganze Sache nicht.

“Du hast ihm echt gesagt, dass du in seine Schwester verknallt bist?”

“Ja doch. Zum hundertsten Mal.” Er hatte es wirklich schon an die hundert Male gesagt. Mindestens. Shuuhei lag schon halb auf dem Tisch vor Lachen.

“Kann mir einer erklären, was daran jetzt so unglaublich lustig ist?”

“Vielleicht, dass Kuchiki-taichou im Vergleich zu Rukia dann doch das kleinere Übel gewesen wäre?”

Da steckte eventuell sogar etwas Wahrheit drin. Oder auch nicht. Zu ändern war das ohnehin nicht mehr. Er verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. Endlich nahmen auch die anderen beiden wieder ernstere Züge an. Izuru mehr, Shuuhei weniger.

“Und was wirst du jetzt machen?”

Renji zuckte nur mit den Achseln.

“Weiter improvisieren. Mache ich doch eh immer. Wird schon.”

“Du bist ja ziemlich optimistisch.”

Er verkniff sich seinen Kommentar Izuru gegenüber. Natürlich war er optimistisch. Für Izuru war jeder optimistisch, weil er einfach der größte Pessimist war. Verstohlen musterte der Rothaarige seinen Freund etwas. Die gestrige Nacht hatte anscheinend keine Spuren auf ihm hinterlassen. Wobei sich nicht sagen ließ, wie er unter dem Shihakushou aussah. Eine weitere Notiz an sich selbst: Unbedingt noch einmal mit Izuru über Ichimaru-taichou reden und sich dieses Mal nicht abwimmeln lassen.

“Aber ein Gutes hat es doch auch…”

Renji blickte wieder zu Shuuhei.

“Und das wäre?”

“Hättest du ihm gesagt, dass du ihn liebst, hätte er dich rausgeworfen. Oder vielleicht ignoriert, wenn du Glück gehabt hättest.”

“War das nicht deine Idee gewesen?”

“Schon, aber ist doch jetzt auch egal. Ich meine, er hätte dich nie, wirklich niemals, zu sich eingeladen. Aber jetzt hat er das gemacht… Da kannst du Plan B einsetzen.”

“Ich habe gar keinen Plan B.”

“Doch, jetzt schon. Plan B: Sich doch vorsichtig nähern. Jetzt, wo er denkt, dass du Rukia liebst, ist es vielleicht einfacher. Auch, wenn du dich doof anstellst, versteht er das nicht gleich als billige Anmache, denke ich.”

Da hatte er auch wieder recht. Bei Kuchiki-taichou eingeladen worden zu sein, konnte man durchaus als Erfolg werten. Wenn auch einen ungeplanten.

“Ich muss dann nur mit Rukia besprechen, wie sie sich zu verhalten hat.”

Diese wusste nicht einmal, dass er schwul war. Geschweige denn, dass er in ihren Bruder verliebt war. Aber wahrscheinlich wäre es jetzt langsam an der Zeit, auch mit ihr darüber zu sprechen.

“Ich rufe grade bei ihr an.”
 

Und erneut vernahm Byakuya Rikichis Anwesenheit vor der Tür. Dieses Mal druckste dieser allerdings nicht halb so lange herum wie die Male zuvor. Er wartete auf das Klopfen.

“Herein.”

Der Junge betrat das Büro, er wirkte immer sicherer.

“Ich hatte nicht erwartet, am Morgen in einem leeren Bett zu erwachen.” Er klang nicht vorwurfsvoll. Er wollte lediglich eine Erklärung. Rikichi schaute leicht beschämt drein.

“Tut mir leid, ich wollte mich nicht einfach aus dem Staub machen. Aber ich musste meine Katze vor der Arbeit noch füttern… und ich wollte Sie nicht wecken, Kuchiki-taichou.”

Kurz schien sich ein Schatten auf das Gesicht des Älteren zu legen.

“Du hast eine Katze?” Es klang eher, als würde er Rikichi fragen, ob dieser Flöhe hatte. Der Tätowierte nickte unsicher.

“Ja, habe ich… Ich mag es nicht, ganz alleine zu leben. Und für eine Katze hatte ich gerade so Platz. Sie mögen wohl keine Tiere?”

“Ich habe nichts gegen Tiere. Nur gegen Katzen. Aber so lange sie bleibt, wo sie ist, stört sie mich nicht.”

Tatsächlich nervte ihn kein anderes Tier so sehr wie eine Katze. Es erinnerte ihn auch kein anderes Tier so sehr an nervige Personen.

“Ich wollte Ihnen jedenfalls meinen Dank aussprechen. Es war eine angenehme Nacht.”

“Du kannst heute Nacht wieder bei mir bleiben.” Rikichi schwieg kurz.

“Ein Bekannter von mir ist krank… Ich denke, ich bleibe heute besser bei ihm. Falls sein Zustand sich verschlechtert…”

“Soso.” Mehr Worte brauchte es nicht um zu zeigen, dass Byakuya kein Wort glaubte. Rikichi schluckte nervös.

“Aber ich würde trotzdem gerne wiederkommen. Morgen Abend würde mir passen.”

“In Ordnung.”

Er musste sich darüber nicht erst groß Gedanken machen. Gut, Renji würde morgen da sein. Aber nicht den ganzen Abend, er würde ihn schon irgendwann nach Hause schicken können. Bis dahin musste Rikichi eben alleine warten.

“Und nun geh… zu deinem kranken Freund.”
 

Rikichi schloss die Bürotür hinter sich wieder. Es hatte geklappt. Hätte Byakuya seinen morgigen Besuch abgelehnt, wäre er hartnäckig geblieben. Wenn Renji im Anwesen der Kuchiki sein würde, würde auch er da sein.

Vorbereitungen

“Ich bin schwul.”

“Erzähl mir was Neues.”

Verdutzt sah Renji seine älteste Freundin an. Gestern hatte sie nicht mehr vorbei kommen können, war auf sein Drängen hin dann aber am heutigen Tag in aller Frühe aufgekreuzt. Er hatte unbedingt noch mit ihr sprechen müssen, bevor ihr Bruder die Gelegenheit dazu bekam. Daher hatte er am Telefon nicht locker gelassen, bis sie eingewilligt hatte, noch vor Dienstbeginn zu ihm zu kommen. Nun saßen sie zu viert am Tisch: Renji, Rukia, Izuru und Shuuhei, welcher es sich nicht hatte nehmen lassen bei dem Gespräch dabei zu sein und deshalb die Nacht auf dem Sofa seiner Freunde verbracht hatte.

“Du wusstest das?”

Die einzige Frau im Zimmer verdrehte ihre Augen, als würde sie mit einem kompletten Idioten sprechen.

“Du bist mein bester Freund. Natürlich habe ich das gemerkt. Und dafür hast du mich jetzt extra herbestellt?”

“Ja. Eigentlich nein. Also, nicht ganz.”

Rukia schüttelte leicht den Kopf und blickte dann zwischen Renji und Shuuhei hin und her.

“Glückwunsch jedenfalls euch beiden.”

Shuuhei verschluckte sich an seinem Tee und hustete, als hätte er gerade einen ganzen Ozean inhaliert. Mit tränenden Augen stierte er sie an.

“Wie bitte?”

Nun war es an ihr, verwirrt zu sein.

“Ach, ihr seid nicht zusammen? Das war dann wohl doch ein Fehlschluss.”

“Wirke ich in deinen Augen etwa auch wie… die beiden hier?” Mit einer vor Entsetzen zitternden Hand deutete er auf die anderen Männer am Tisch. Rukia nickte bloß. Eine ihrer guten Eigenschaften: Grenzenlose Ehrlichkeit. Konnte gleichzeitig aber auch eine negative Eigenschaft sein. Shuuhei wurde eine Spur blasser.

“Hey, jetzt kannst du echt in unsere Wohngemeinschaft einsteigen. WG der schwulen Fukutaichou.” Renji grinste frech. Rukia gab bloß ein entschuldigendes Achselzucken von sich.

“Mir selbst wäre das auch gar nicht aufgefallen. Matsumoto-fukutaichou hat bei der Frauenversammlung mal zur Sprache gebracht, dass du etwas so wirkst. Und weil du immer mit Renji zusammen bist, habe ich eben daraus geschlossen, dass… he, alles in Ordnung?”

Inzwischen war wirklich sämtliche Farbe aus dem Gesicht des Schwarzhaarigen gewichen. Izuru klopfte ihm auf die Schulter, die Geste blieb jedoch wirkungslos. Ab “Matsumoto-fukutaichou” waren anscheinend ein paar Schaltkreise in Shuuhei lahm gelegt worden. Natürlich tat er Renji leid. Aber gerade tat er sich genug selbst leid und um sein Problem musste er sich zuerst kümmern.

“Ich bin tatsächlich verliebt, aber nicht in Shuuhei. Es ist etwas… komplizierter.”

“Wie kompliziert?”

“Sehr kompliziert.”

Rukia atmete tief aus.

“Du bist doch nicht etwa in Zaraki-taichou verknallt?”

Beinahe hätte Renji selbst seinen Tee auch noch überall verteilt. Izuru schien gerade seiner Fantasie freien Lauf zu lassen, was dazu führte, dass er einer Ohnmacht nahe wirkte.

“Nein! Auf keinen Fall!” Wenigstens hatte Rukia jetzt dafür gesorgt, dass ihm klar wurde, dass seine Liebe zu Kuchiki-taichou noch nicht das denkbar schlimmste Szenario war.

“So kompliziert nun auch nicht.”

“Ich hoffe für dich, dass es auch nicht Ayasegawa-san ist, der würde dich vermutlich nur mit Plastikhandschuhen anfassen.”

“Es ist Kuchiki-taichou.”

Erst wirkte Rukia als glaubte sie, sich verhört zu haben. Dann sah sie ihn an, als hätte er gerade Chappy zertreten.

“Du… meinen Bruder?”

Er nickte. Es gab ja nur einen Kuchiki-taichou, oder? Sie wollte es wohl einfach nicht wahrhaben.

“Aber… nein.”

Renji wartete auf den Rest des Satzes, der jedoch nicht kam. Ein einfaches “nein”? Und was sollte er damit jetzt anfangen? Fragend sah er zu Izuru, der aber nur mit den Achseln zuckte. Shuuhei war noch immer nicht ganz ansprechbar. Sein Blick wanderte zurück zu seiner Freundin.

“Ich weiß, das muss ziemlich überraschend sein. Und du musst es auch nicht gut finden… aber wir sind Freunde. Da kannst du mir doch sicher helfen.”

“Und was sollte ich deiner Meinung nach tun? Liebesbriefchen für dich verteilen?” Diesen bissigen Unterton kannte er nur zu gut. Sie stellte auf stur. Dann musste er eben direkter werden.

“Eigentlich hängst du ohnehin schon mit drin.”

Sie verschränkte die Arme und wartete auf die Erklärung.

“Ich habe ihm gestern gesagt, dass ich dich liebe. Nenn es einen Unfall. Jedenfalls hat er mich jetzt zu euch eingeladen.”

Sie schien gerade dasselbe Problem zu haben wie er gestern: Sie wusste nicht, wohin mit ihren Händen. Sie verschränkte die Arme, lockerte sie wieder, verschränkte die Finger… er war gerade nur froh, dass ihr nicht einfiel, eine Hand in seinem Gesicht landen zu lassen. Rukia war nun einmal alles zuzutrauen.

“Du willst dich über mich an ihn ranmachen? Spinnst du?” Der bissige Unterton war nun kein Unterton mehr.

“Ich sagte doch, es war ein Unfall. Ungeplant. Aber… im Endeffekt sieht es wohl so aus, ja. Seine Idee.” Er nickte zu Shuuhei rüber, der aber nicht darauf reagierte.

Rukia schien mit sich zu hadern, alle Punkte durchzugehen. Schließlich seufzte sie resigniert.

“Ich werde dir helfen, aus diesem Schlamassel wieder rauszukommen. Schließlich hat das gerade wirklich unmittelbar mit mir zu tun und wer weiß, was du anstellst, wenn ich es dir überlasse. Am Ende behauptest du noch, ich bin schwanger oder so. Aber ich werde dir nicht helfen, meinen Bruder für dich zu gewinnen. Das ist ohnehin schwachsinnig. Er war verheiratet, er ist nicht einmal schwul. Von mir aus versuche ich, dir nicht die ganze Zeit im Weg zu stehen. Aber jede weitere Hilfe kannst du vergessen.”

Renji musterte sie nachdenklich. War das jetzt eine positive Reaktion? Immerhin flippte sie nicht aus. Es war offensichtlich, dass sie nicht wollte, dass er Erfolg hatte. Und auch war es offensichtlich, dass sie nur deswegen “nicht im Weg stehen” wollte, weil sie sich sicher war, dass er auch so chancenlos war. Aber sie wusste doch, dass er niemals aufgab. Und wenn sie das vergessen hatte, so würde er sie schon noch daran erinnern.

“Also… wie hast du dir das nun gedacht. Du liebst mich, liebe ich dich auch?”

“Sei am besten unentschlossen, das ist am unverfänglichsten. Oder… ach, lass uns das auf dem Weg zur Arbeit besprechen. Wir sollten ohnehin gleich los.”

Er erhob sich, Rukia ebenfalls. Gerade wollte er den Raum verlassen, da blickte er noch einmal zurück.

“Shuuhei.”

Dieser hob fragend den Kopf.

“Sag ihr doch einfach, dass du sie liebst. Was gibt es da schon zu verlieren? Und wenn das nicht klappt… nimm Plan B.” Er wusste, das war fies. Wahrscheinlich hatte Izurus Taichou ihn bei dem Besuch gestern beeinflusst. Shuuhei seufzte als wollte er einen Rekord aufstellen und legte seinen Kopf auf Izurus Schulter. Dieser sah Renji nur anklagend an und setzte seine Versuche, den Schwarzhaarigen aufzumuntern, fort.
 

Jedes Mal, wenn jemand die Division betrat, sah Rikichi auf. Er würde Renji abfangen und mit ihm sprechen. Er hatte sogar einen Grund. Schließlich war der Rothaarige selbst es gewesen, der ihn darum gebeten hatte, sich ein Geschenk zu überlegen. Endlich machte er den Größeren aus, er kam etwas später als sonst. Sofort sprang er auf und steuerte auf Renji zu.

“Abarai-fukutaichou? Wegen des Geschenkes…”

Renji schien das Geschenk in diesem Moment erst wieder einzufallen. Er zog den Jüngeren etwas abseits. Wo er heute Abend sein würde, ging nicht jeden etwas an.

“Ja?”

“Mir ist zu Ohren gekommen, dass er neuerdings eine Katze hat.”

Renji runzelte etwas die Stirn.

“Katze? Davon hat Rukia gar nichts gesagt.”

“Oh… ja, anscheinend will er nicht, dass jeder es weiß. Vielleicht fürchtet er Diebe, es muss ja eine wirklich teure Katze sein, wenn er sie zu sich ins Anwesen holt.”

“Und woher weißt du dann davon?”

“Ich habe es eben nur aufgeschnappt. Aber von jemandem, der auch sonst immer recht hat.”

Sein Gegenüber schien zu überlegen. Dann nickte er.

“Gut, danke. Ich werde mir da was überlegen. Es ist immer anstrengend, sich was für jemanden auszudenken, der keine Süßigkeiten mag.”

Kuchiki-taichou mochte nichts Süßes? Interessant. Das sollte er sich vielleicht merken. Renji verabschiedete sich und ging wieder seiner Wege. Er hatte wohl erneut einen Berg Arbeit zu erledigen. Kurz kaute Rikichi auf seiner Lippe. Natürlich hatte er ein schlechtes Gewissen, nachdem er Renji so etwas erzählt hatte. Er hatte sogar schon ein schlechtes Gewissen gehabt, bevor es ihm erzählt hatte. Wenn der Fukutaichou jetzt wirklich etwas für Katzen besorgte, um ein etwas persönlicheres Geschenk zu überreichen als die obligatorische Packung Tee, dann würde er sich ziemlich blamieren. Das wollte Rikichi nicht. Aber noch sehr viel weniger wollte er, dass Kuchiki sich über eines seiner Geschenke freute. Es war nicht gut, Renji ins Messer laufen zu lassen. Aber es war auch nicht gut, wenn die beiden sich auch nur einen Schritt annäherten. Manchmal musste man eben abwägen, womit man besser leben konnte.
 

Nachmittags kehrte Renji wieder heim. Ausnahmsweise hatte er tatsächlich früher gehen können. Der Grund war bloß, dass Kuchiki-taichou keinen von der Arbeit verschwitzten Typen an seinem Tisch sitzen haben wollte, aber er freute sich trotzdem über den frühen Dienstschluss. Er stellte die Tüte vom Tiergeschäft auf dem Tisch ab. Das mit der Katze hatte ihn wirklich sehr gewundert. Der Taichou wirkte nicht wie ein Katzenliebhaber. Wie ein Hundeliebhaber aber auch nicht. Allerdings war es gut, dass kaum jemand von dieser Katze wusste… das würde Kuchiki zeigen, wie sehr er sich bemüht hatte, etwas zu finden. Oder würde das am Ende nur zeigen, wie neugierig Renji war, was ihn anging? Er konnte sich notfalls noch immer damit herausreden, dass er die Infos von Rukia hatte.

Zuerst war jetzt eine Dusche zwingend notwendig. Er löste sein Haarband, schüttelte den Kopf etwas und ließ die langen Strähnen auf seinen Rücken fallen. Er öffnete die Tür zum Bad und schloss sie augenblicklich wieder. Nicht schon wieder. Ein leises Kichern kam von der anderen Seite, dann wurde die Tür von innen wieder geöffnet.

“Na Renji, so früh schon zurück?”

“Ja, ausnahmsweise. Freut mich, Sie zu sehen… Ichimaru-taichou.” Er hätte gerne hinzugefügt, dass der andere sich doch bitte etwas anziehen sollte. Aber es war im Grunde immer besser, in seiner Gegenwart so wenig wie möglich zu sagen. Er sollte lieber dankbar sein, dass der Silberhaarige wenigstens ein Badetuch um seinen Körper geschlungen hatte.

“Sie sind ja auch schon recht früh hier…”

“Ich dachte mir, ich hole Izuru zur Arbeit ab.” Abholen? Das klang, als sei er morgens gekommen und seitdem hier gewesen. Wahrscheinlich war es auch so. Was genau die beiden die ganze Zeit hier getrieben hatten, fragte er lieber nicht.

Die Tür wurde wieder geschlossen. Er hoffte nur, dass Ichimaru sich gerade fertig machte, um wieder zu verschwinden. Wenn diese Überraschungsbesuche jetzt zum festen Punkt der Tagesordnung zu werden drohten, musste er sich etwas überlegen. Fallen aufstellen oder dergleichen. Doch am Ende würde er nur selbst rein geraten.

Kurze Zeit später wurde die Badezimmertür auch schon wieder geöffnet und ein dieses Mal vollständig bekleideter aber trotzdem nicht weniger unheimlicher Ichimaru kam erneut zum Vorschein. Als er an Renji vorbei ging, grinste er ihm zu. Er grinste ohnehin immer, doch Renji hatte das Gefühl, als hätte er so viele verschiedene Arten dies zu tun, wie ein anderer, ein normaler, Shinigami Mimiken hatte. Es konnte belustigt sein oder auch gefährlich. Er fragte sich, ob dieser Mann auch beim Trauern grinste. Allerdings sollte dem die Frage vorangestellt werden, ob Raubtiere wie er überhaupt trauerten.

“Viel Spaß bei Byakuya.” Wären seine Augen nicht geschlossen gewesen, hätte er vermutlich gezwinkert. Renji konnte ihm nur nachstarren. Dass Ichimaru ohnehin über so ziemlich alles Bescheid wusste was in Seireitei geschah, war bekannt. Aber warum hatte er “Byakuya” und nicht “Rukia” gesagt? Hatte Izuru ihn verraten? Oder hatte er selbst irgendwie herumgeschnüffelt? Nachdenklich betrat Renji das Bad und machte sich fertig.
 

“Izuru? Ich gehe jetzt.” Keine Antwort. Er klopfte an die Zimmertür seines Freundes.

“Ich sagte, ich bin dann mal weg.” Noch immer nichts. Leise öffnete er die Tür. Das Zimmer war stockdunkel

“Ich mache das Licht an, ja?”

“Nein.” Die Stimme klang schwach, aber bestimmt.

“Ist Ichimaru-taichou weg?”

“Ja, schon seit fast einer Stunde.”

Er konnte nicht sagen, ob das zittrige Geräusch aus der Richtung von Izurus Bett Erleichterung oder Angst ausdrückte.

“Ist alles in Ordnung?”

“Ja.” Die Antwort kam erst nach kurzem Schweigen.

“Vielleicht sollte ich besser bleiben und…”

“Nein, du gehst zu Kuchiki-taichou. Wenn du bleibst, nehme ich dir das übel.”

Renji zögerte, dann nickte er. Was sein Freund in der Dunkelheit allerdings ohnehin nicht sehen konnte.

“Viel Erfolg.”

“Danke. Und dir… gute Besserung.” Oder so.

Er verließ das Zimmer wieder und schloss die Tür. Dann rief er Shuuhei an und bat ihn, nach der Arbeit her zu kommen. Wirklich kümmern konnte man sich in einem solchen Fall ohnehin nicht um Izuru, er blockte jede Art von Hilfe sofort ab. Aber es war ihm dennoch lieber, wenn sein Freund hier nicht völlig alleine blieb. Würde er selbst bleiben, würde Izuru ihm das vielleicht nicht direkt übel nehmen, aber er würde sich vermutlich noch schlechter fühlen. Er war ein Meister darin, sich selbst Vorwürfe zu machen. Renji seufzte. Momentan zog er Komplikationen anscheinend an.

Schließlich machte er sich auf den Weg zum Anwesen der Kuchiki.

Geschmacksrichtungen

Erschrocken sah der Küchenchef auf, als die Tür zu seinem Reich energisch aufgerissen wurde. Der Hausherr persönlich erschien im Türrahmen, blickte sich kurz um und schritt dann auf seinen Angestellten zu. Dieser beeilte sich, sich schnell zu verneigen.

“Wir sind noch mitten in den Vorbereitungen, Kuchiki-sama. Aber wenn Ihr schon etwas probieren wollt…”

Mit einer Handbewegung brachte Byakuya den Mann zum Schweigen. Er schüttelte den Kopf.

“Ich kenne deine Kochkünste. Wärst du jemand, bei dem ich vorher probieren müsste, hätte ich dich nicht eingestellt. Es geht um etwas anderes. Ich wünsche, dass das Essen heute besonders scharf gewürzt wird.”

Verwundert blinzelte der Koch. Gestern noch hatte man ihm genau das Gegenteil aufgetragen.

“Ich dachte, Euer Gast mag kein scharfes Essen…”

“Ist das so? Wie schade. Ich mag es.” Der Adlige wandte sich wieder ab und verließ die Küche, ohne seine Anordnung wieder zurück zu nehmen.

Als nächstes machte er sich auf den Weg in sein Schlafzimmer. Um Renji würde Rukia sich schon kümmern, seine Anwesenheit war erst beim Servieren des Essens nötig. Er betrat das Zimmer und sah zu dem Jungen, der etwas unruhig auf der Kante seines Bettes saß. Vielleicht hätte er Rikichi doch dazu bringen sollen, erst morgen zu kommen. Schon jetzt stresste es ihn, gleichzeitig zwei Gäste zu haben. Doch dafür war es nun zu spät. Er trat auf den Shinigami zu und drückte ihm eine kleine Geschenktüte in die Hände. Verwirrt blickte Rikichi auf.

“Ähm… danke. Aber warum…?”

“Weil ich sicher kein Katzenfutter brauche.”

Er merkte selbst, dass er ein wenig schnippisch klang. Aber in diesem Falle war das jawohl mehr als gerechtfertigt. Wie kam Renji auf die Idee, mit so etwas hier aufzutauchen? Hatte das noch einen tieferen Sinn oder hielt sein Fukutaichou sich für besonders lustig? Rikichi schien eher letzterem zuzustimmen, denn kurz huschte ein leichtes Grinsen über dessen Gesicht. Er stellte die Tüte neben dem Bett ab.

“Nun… danke jedenfalls, Kuchiki-taichou. Torara wird sich sicher freuen.” Kurz zögerte der jüngere Shinigami, sah nervös weg, schien Mut zu sammeln. Dann sprach er weiter.

“Ich habe auch etwas für Sie, Taichou. Als kleines Dankeschön, schließlich haben sie mich nun schon zum zweiten Mal zu sich… eingeladen.”

Byakuya hob eine Augenbraue. Damit hatte er nun nicht gerechnet, aber es freute ihn. Ein Geschenk von Rikichi nahm er viel lieber an als eines von Renji… zumal es ja nicht noch schlimmer werden konnte. Zumindest dachte er das, bis Rikichi eine kleine Schachtel hervorzauberte.

Schokolade.

Es war gut, dass Byakuya ohnehin fast nie lächelte, denn so konnte sein Lächeln auch nicht gefrieren. Er nahm die Schachtel entgegen, unschlüssig, was er damit tun sollte. Rikichi lächelte erwartungsvoll.

“Habe ich selbst gemacht. Ich hoffe, Sie mögen sie.”

“Ja… sicher.”

Noch immer sah Rikichi ihn erwartungsvoll an.

“Wollen Sie sie nicht probieren?”

“Es gibt gleich Essen.”

“Ein kleines Stück wird doch nicht so schlimm sein… oder?” Nun klang der Junge wieder verunsicherter, das Lächeln begann auch zu weichen.

Blieb ihm da noch viel anderes übrig?

Byakua öffnete die Schachtel. Hübsch sah die “Leckerei” immerhin aus. Seine Augen tasteten nach der kleinsten Praline, welche er sich nahm und ohne Umschweife in seinem Mund verschwinden ließ. Warum nur hatte Schokolade die Eigenschaft, sich ständig im gesamten Mundraum zu verteilen? Endlich schaffte er es, den Großteil zu schlucken.

“Köstlich.” Widerlich süß.

Das Strahlen kehrte in Rikichis Gesicht zurück.

“Freut mich! Ich habe noch viel mehr Rezepte für so etwas…”

Großartig. Wenigstens gab es keine Steigerung mehr. Außer, Rikichi verbündete sich mit Renji und die beiden brachten Katzenfutter mit süßem Aroma hervor. Lieber nicht daran denken. Er versuchte lieber, das Thema zu wechseln.

“Ich werde mich gleich um meinen anderen Gast kümmern müssen. Es tut mir leid, dass du heute nicht meine ungeteilte Aufmerksamkeit bekommen wirst. Ich möchte, dass du hier auf mich wartest. Ich werde versuchen, dafür zu sorgen, dass es nicht zu lange dauert.”

Sein Gegenüber nickte nur verständnisvoll.

“Machen Sie sich keine Umstände. Ich kann mich gut mit mir selbst beschäftigen.”

Byakuya hob eine Augenbraue. Augenblicklich wurde Rikichis Gesicht so flammend rot wie Renjis Haare, als er die Zweideutigkeit seiner Worte bemerkte.

“Ich… ich meine, ich…”

“Schon gut.” Beinahe lächelte Byakuya sogar.

“Ich weiß, was du meinst.”

Er stand wieder auf. Vielleicht sollte er doch schon jetzt nach den anderen sehen. Wer weiß, was sie noch anstellen würden. Renji, unbeaufsichtigt in seinem Anwesen…

Er sah noch einmal zu Rikichi.

“Später wirst du auch noch etwas zu essen bekommen.”

Der andere nickte.

“Okay… dann also bis später.”

“Ja, bis gleich.” Einen Moment noch wartete Byakuya. Er hätte sich gerne zu Rikichi herunter gebeugt, um diesen zu küssen. Doch sein Gegenüber hatte den Blick gesenkt, schien ihn auch nicht mehr heben zu wollen. Also verließ er sein Schlafzimmer wieder.
 

Erleichtert atmete Rikichi aus. Fast hätte er dem Blick seines Taichous nachgegeben und sein Gesicht wieder angehoben. Er hatte gespürt, worauf der Adlige es angelegt hatte. Doch nun war der zum Glück weg. Er ließ sich nach hinten fallen, sein Kopf ruhte nun neben der Schachtel Schokolade, die Kuchiki eben hier zurück gelassen hatte. Bei dem Anblick leuchteten die Augen des Shinigami auf. Er hatte tatsächlich geschafft, Byakuya dazu zu bringen, Schokolade zu essen. Er hoffte nur, dass dieser Süßigkeiten wirklich so wenig mochte, wie Renji angedeutet hatte. Erfolgreich kam er sich jedenfalls vor. Nur, weil er wollte, dass Byakuya sich nicht über Renjis Geschenke freute, hieß das ja nicht, dass er wollte, dass der Taichou sich über seine eigenen Mitbringsel freute. Rikichi jedenfalls war zufrieden mit dem Katzenfutter. Torara würde sich gefälligst geehrt zu fühlen haben, wenn sie Futter fressen durfte, welches ursprünglich von Renji kam.

Er legte den Kopf etwas in den Nacken, als er die Maserungen an der Decke geistig entlangging.
 

Renji leerte nun bereits seine vierte Tasse Tee. Trotzdem wollte sein Hals nicht aufhören, zu brennen. Er aß sehr viel weniger als sonst, am liebsten hätte er einfach alles abgelehnt. Doch was für ein Gast wäre er dann gewesen? Er hatte sich durch ausnahmslos alles durchprobiert, doch eine Speise war schärfer als die andere. Den anderen machte das nichts, doch er musste seine Tränen schon zurückhalten. Hatte er dem Taichou nicht schon einige Male gesagt, dass er kein scharfes Essen mochte? So schlecht konnte dessen Gedächtnis doch nicht sein. Und genau deswegen drängte sich ihm der Verdacht auf, dass das hier volle Absicht war. War Byakuya so sehr dagegen, dass er etwas mit seiner Schwester anfing? Wie sehr musste er dann wohl erst dagegen sein, wenn er erfuhr, auf wen Renji es in Wirklichkeit abgesehen hatte? Renjis Selbstvertrauen sank zusammen mit seinem Appetit. Die ganze Zeit über hatten sie kein einziges Wort gesprochen, jeder von ihnen schien so zu tun, als seien die anderen jeweils nicht anwesend. Mehrere Male hatte er schon Blickkontakt zu Rukia gesucht, doch sie schien nur Augen für abwechselnd das Essen und die Tischplatte zu haben. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Schließlich hielt er es einfach nicht mehr aus. Leise räusperte er sich, woraufhin die anderen beiden kurz aufblickten. Er war nicht hergekommen, um zu schweigen und dann wieder zu gehen. Außerdem konnte er durch Reden davon ablenken, dass er nichts mehr aß.

“Also… Taichou, was sagen Sie denn nun… dazu?” Warum nur druckste er so herum mit seinen Worten?

“Was willst du hören, Renji? Ich kann meine persönliche Meinung sagen. Aber ich werde euch weder davon abraten, noch werde ich meine Zustimmung geben.”

“Dann sagen Sie mir Ihre Meinung.”

Kurz schien der Ältere zu überlegen, dann legte er seine Essstäbchen beiseite.

“Ich kenne dich im Grunde nur dienstlich. Du bist zuverlässiger, als es auf den ersten Blick scheint. Sie hätte auch jemand schlimmeres erwischen können.”

Ein Lächeln wollte sich gerade auf Renjis Gesicht schleichen, doch dann wurde ihm die Tiefe dieser Worte klar. Sie hätte jemand schlechteres erwischen können… aber auch jemand besseres.

“Ich verstehe.” Etwas mürrisch schaufelte er sich ein Maki in den Mund, bereute das aber sofort wieder.

“Und was sagst du selbst dazu?”

“Bitte?”

“Ich frage dich, wie ernst es dir ist.” Byakuyas dunkle Augen schienen sich in Renjis zu bohren. Dieser wandte den Blick schnell ab.

“Sehr ernst…” Seine Stimme war fast dabei, ihn zu verraten. Doch dann blickte er wieder auf. Das Folgende würde die Wahrheit sein.

“Wenn ich jemanden liebe, dann mit ganzem Herzen. Sie kennen mich, ich mache keine halben Sachen. Ich bin immer für sie da und ich lasse sie nicht im Stich. Wie auch sonst gebe ich eben alles.”

Seine Worte richteten sich an Rukia, seine Gedanken jedoch einzig und allein an Byakuya. Dieser sah seinen Fukutaichou noch einen Moment mit diesem durchdringenden Blick an, dann wanderten seine Augen zu seiner Schwester.

“Wenn das so ist….”

Bevor er seinen Satz beenden konnte, sprang Rukia auf. Sie sah keinen der anderen an, starrte nur auf die Tischplatte, ihre Hände zu Fäusten geballt.

“Es tut mir leid, Renji. Aber ich will nicht.”

Sie war schneller weg als Renji begreifen konnte, was überhaupt los war. Perplex starrte er die Tür an, welche gerade hinter ihr zugeknallt wurde. Sie hatte ihn sitzen lassen! Langsam wandte er den Kopf zu Byakuya, doch dieser schien vollends unbeeindruckt und trank seelenruhig seinen Tee. Renji fasste seinen Entschluss schnell, sprang ebenfalls auf und folgte der jungen Frau. Deren stampfende Schritte waren zum Glück kaum zu überhören, einholen konnte er sie aber erst, als sie bereits durch die Tür zum riesigen Garten des Kuchiki Anwesens war. Er holte auf, doch sie ging einfach mit großen Schritten weiter. Gut für ihn, dass ihre großen Schritte sie auch nicht schneller voran brachten, als ihn seine normalen Schritte.

“Was… was soll das denn? Wir hatten uns doch abgesprochen, heute morgen. Mich gerade einfach so abzuwimmeln, war… “

Endlich blieb sie stehen, verschränkte die Arme und sah hoch. Ihre Augen blitzten beinahe schon angriffslustig.

“…unfair.”, beendete er seinen Satz.

“Unfair? Tickst du noch ganz? Wer von uns beiden ist unfair? Du hast mich mit diesem Kram überrumpelt, nicht ich!”

“Aber du hast gesagt, du machst mit!”

“Weil ich nicht wirklich eine andere Wahl hatte. Und weil wir Freunde sind.”

Warum betonte sie das jetzt so komisch?

“Ich sagte doch, es tut mir leid. Ich habe das doch nicht absichtlich so arrangiert! Ich habe eben nicht nachgedacht, aber…”

“Dann hättest du eben nachdenken sollen.”

Sie nahm ihm den Wind aus den Segeln. Zugegeben, im Grunde hatte sie recht. Aber er hatte sich darauf verlassen gehabt, dass sie ihm hier so gut es ging wieder raus helfen würde. Was würde Byakuya jetzt darüber denken? So wirkte er doch wie der letzte Idiot!

“Hast du auch mal an mich gedacht, Rukia?”

Nun riss sie die Augen auf, ein Zittern ging durch ihren Körper. Vorsichtshalber wich Renji einen Schritt zurück.

“Hast du denn auch mal an mich gedacht? Du hattest dir doch nicht einmal überlegt, wie lange das gehen soll! Weißt du, wie schnell sich Gerüchte verbreiten, besonders in der gehobenen Schicht? Ich bin also die Geliebte des Fukutaichou meines Bruders, aber auch nur für so und so viele Tage, dann serviert er mich ab oder ich ihn, wie auch immer und dann sind wir auf einmal wieder die besten Freunde? Die reden doch so schon genug über mich! Ich habe mir vorgenommen, möglichst nicht zu sehr aus dem Rahmen zu fallen, weil diese adligen Aasgeier sich keine Gelegenheit entgehen lassen, um mit dem Finger auf andere zeigen zu können und du… du bist mal eben “verliebt”, weil dir nichts besseres eingefallen ist!” Sie holte tief Luft, wollte gerade neu ansetzen, schüttelte dann aber den Kopf und marschierte weiter. Anscheinend war gesagt, was sie hatte sagen wollen.

Und Renji fühlte sich nur noch schlecht. Er hatte gewusst, dass so etwas nicht problemfrei für seine Freundin sein würde, doch mehr als oberflächlich hatte er sich darum nicht gekümmert. Seine eigenen Probleme schienen sich schließlich täglich zu häufen, was jedoch bei weitem keine Entschuldigung war.

Er nahm die Verfolgung wieder auf.

“Rukia… warte doch kurz… bitte.” Er legte eine Hand auf ihre Schulter. Sie blieb tatsächlich wieder stehen, sah sich aber nicht um.

“Als mein Bruder mich aufnahm, war es, als würde ein zweiter Lebensabschnitt beginnen. Aber den Kontakt zum ersten wollte ich nicht aufgeben… denn dieser war schrecklich, aber nicht schlecht. Du bist mir wichtig, Renji… deswegen wollte ich dich nicht im Stich lassen. Aber wenn ich dir wichtig bin, musst du es verstehen, wenn ich es in diesem Falle doch tue.”

“Okay.”

“Okay was?”

“Okay, ich verstehe es. Es tut mir wirklich leid, hörst du?”

Sie wandte ihren Kopf etwas nach hinten. Das Funkeln war aus ihren Augen verschwunden, sie wirkten nur noch dumpf.

“Ich will einfach nicht so tun, als würde ich jemanden lieben. Genauso wenig soll jemand so tun, als würde er mich lieben. Dazu gab es einfach zu wenig Liebe in unseren Leben, als dass wir damit herumspielen sollten.”

“Du hast recht. Ich versuche so etwas nicht noch einmal.”

“Kannst du auch nicht. Er hat ja nur eine Schwester.”

Das brachte Renji ein wenig zum lächeln. Rukia erwiderte es, es wirkte jedoch hohl. Die Sache war für sie noch nicht vorbei. Er hob seine Hand und wuschelte ihr über den Kopf. Da sah er es. Ein Auge, welches die beiden zu beobachten schien. Doch eine Sekunde später bereits wurde der Spalt im Vorhang wieder zugezogen. Wer immer sie durch das Fenster ausspioniert hatte, hatte bemerkt, dass er nicht mehr unsichtbar war.

“Hey… Rukia? Das Zimmer…” Er deutete hinter sie, sie wandte den Kopf um.

“Das? Das Schlafzimmer meines Bruders. Warum?”

“Ich dachte nur, ich hätte gerade jemanden gesehen.”

“Jemanden…? Nun… warum auch nicht? Vielleicht hat er ja noch einen Gast.”

“Du meinst… jemanden, der im Schlafzimmer auf ihn wartet?”

Sie zuckte nur mit den Schultern.

“Seine Frau ist schon vor sehr langer Zeit gestorben. Und er ist auch nur ein Mann. In letzter Zeit war er manchmal ein wenig seltsam.”

“Du meinst, er hat eine Freundin?” Renjis Gesichtszüge entgleisten. Er hatte damit gerechnet, dass es so ziemlich unmöglich war, das Herz seines Taichou zu erobern. Doch nicht damit, dass es bereits jemandem gelungen war.

“Ich meine überhaupt nichts. Es war nur eine mögliche Erklärung. Eine von vielen. Vielleicht war es auch nur einer der Diener, was weiß ich. Mach dir nicht zu viele Gedanken.”

Aber er machte sich Gedanken. Und er hätte Rukia zu gerne darum gebeten, dass sie mehr für ihn darüber in Erfahrung bringen möge. Doch eine zeitlang sollte er wohl keine weiteren Wünsche mehr an sie richten.
 

Schnell huschte Rikichi zurück zum Bett. Renji hatte ihn bemerkt! Doch hatte er ihn auch erkannt? Er hoffte nicht. Auf die Entfernung war es eigentlich kaum möglich. Trotzdem hätte er sich für seine Unvorsicht ohrfeigen können. Welche Auswirkungen würde es haben, wenn herauskam, dass er bei seinem Taichou schlief? Sicher keine guten. Eine Ausrede würde er auch nicht wissen, wenn Renji ihn am nächsten Tag darauf ansprechen sollte. Würde der Fukutaichou alles durchschauen? Würde er merken, dass Rikichi ihm das mit der Katze absichtlich vorgelogen hatte? Warum machte er sich jetzt ausgerechnet Gedanken um diese dämliche imaginäre Katze?

Es hatte ihn gewundert, dass er Renji und Rukia eine ganze Weile im Garten hatte beobachten können. Vor allem zu dieser Zeit! Das Essen musste ja sehr schnell vorbei gewesen sein. Oder war es unterbrochen worden? Die Fragen häuften sich, doch loswerden konnte er sie nirgends. Er hatte eigentlich nicht geplant, die ganze Zeit bloß still in dem Zimmer zu sitzen. Er hatte vorgehabt, Kuchiki irgendwie fortzulocken. Indem er “versehentlich” etwas Lärm veranstaltete oder ähnliches. Egal wie, er hatte verhindern wollen, dass Renji und der Taichou sich zu lange ganz im Vertrauen unterhalten konnten. Renji hatte keine Chance haben sollen. Doch war ihm die Arbeit nun durch irgendeinen Umstand abgenommen worden. Es dauerte auch nicht lange, da kam Kuchiki wieder zurück. Er verlor kein Wort über den Besuch oder darüber, dass dieser etwas Ungewöhnliches bemerkt hatte.
 

Renji trottete zurück zu seiner Wohnung. Nichts hatte dieser Abend gebracht, nichts als ein flaues Gefühl. Rukia war wütend auf ihn oder enttäuscht, vermutlich beides. Und sie würde es noch eine Weile bleiben. Byakuya sah ihn als “nicht das schlimmste”, versuchte aber, ihn mit Wasabi zu vergiften. Doch am meisten wurde er entmutigt von dem Gedanken an die Person im Schlafzimmer. Diener? Wohl kaum. Die Diener im Hause Kuchiki waren sicher besser ausgebildet, als dass sie einfach so ihre unverhohlene Neugierde zur Schau stellen würden. Der Taichou benahm sich also in letzter Zeit manchmal merkwürdig? Das passte doch perfekt. Resignierend seufzte er. Alles ging schief, mal wieder. Und jetzt rannte auch noch jemand in ihn rein! Verärgert schnaufte er.

“Pass doch auf, du…” Gerade rechtzeitig biss er sich auf die Zunge, als er bemerkte, wen er da anschnauzte.

“Ich meine, Verzeihung, Ichimaru-taichou. Ich…”

Doch der silberhaarige Mann schien kaum Notiz von ihm zu nehmen, ging weder auf die Worte ein, noch beschwerte er sich, angerempelt worden zu sein. Renji glaubte, dass der andere nicht einmal grinste, konnte sich da aber nicht sicher sein, denn schon war der Taichou weiter geeilt. Renji blickte ihm kurz perplex nach und ging dann weiter. Hoffentlich war der Kerl nicht bei ihm gewesen, um Izuru noch mehr zu quälen. Er hatte definitiv keine Nerven, sich darum zu kümmern, wenn er wieder daheim war.

Flucht

So, an dieser Stelle wollte ich mich bedanken bei meinen tollen Reviewschreibern [[Izuru]], [[Szayelaporro]] und [[Jackiieh-Chan]]! Ich hoffe, es wird euch auch weiterhin gefallen~

~~~
 

Das penetrante Klingeln des Telefons wollte einfach nicht aufhören. Schließlich rollte Renji murrend aus seinem Bett und nahm den Anruf im Wohnzimmer entgegen.

“Hm?”

“Renji?”

“Hm.”

“Sag Izuru, dass er heute frei hat.”

“Ichimaru-taichou?”

Doch aus der Leitung drang nur noch ein leises Tuten. Izuru hatte frei? Das war in all den Jahren, in denen sein Freund nun schon für die Dritte arbeitete, nie vorgekommen. Renjis Gähnen wurde zu einem Aufstöhnen, als sein Blick die Uhr an der Wand streifte. Er hätte locker noch eine Stunde schlafen können. Er überlegte noch, ob es sich lohnte, sich wieder hinzulegen, als sich die Tür zu Izurus Zimmer einen Spalt öffnete.

“Wer war das?”

“Ichimaru-taichou. Er sagt, du hast frei.”

Keine Antwort.

“Izuru? Geht es dir eigentlich besser?”

Gestern Abend war er heim gekommen und direkt ins Bett gefallen. Shuuhei war noch da gewesen, hatte aber nichts mehr gesagt. Also war er davon ausgegangen, dass Izuru sich wieder halbwegs beruhigt hatte… doch jetzt war er sich da nicht mehr so sicher.

Er ging auf das Zimmer zu und öffnete die Tür ganz. Izuru zuckte kurz zusammen, als sich die Helligkeit plötzlich ausbreitete, protestierte aber nicht gegen Renjis Eindringen. Auf die Frage sagte er allerdings auch nichts, stattdessen ging er zu seinem Bett und setzte sich auf die Kante. Er schien nachzudenken.

“Vielleicht habe ich ihn verärgert.”

“Bitte?”

“Ichimaru-taichou… warum sonst sollte er mir frei geben?”

Gute Frage.

“Weil du es verdient hast. Vielleicht kann er sich auch denken, dass es dir… nicht so besonders geht. Oder es gibt heute wirklich einfach nichts zu tun.” Oder es hatte etwas mit seinem seltsamen Verhalten gestern zu tun. Doch er hielt es für besser, darüber zu schweigen, um Izuru nicht noch mehr zu beunruhigen. Ichimaru war anscheinend am Abend nicht noch einmal hier gewesen, das hätte Shuuhei ihm sicher gesagt.

“Du suchst die Schuld wirklich immer sofort bei dir… Vielleicht hat er nicht einmal einen richtigen Grund, kann doch sein.”

“Ja…”

Nun setzte auch Renji sich auf die Bettkante. Einschlafen würde er wohl ohnehin nicht mehr, da konnte er auch noch etwas bei seinem Freund bleiben. Dieser sah im Übrigen so aus, als hätte er die ganze Nacht nicht geschlafen.

“Er sagte, dass er mich liebt.”

Renji konnte nicht deuten, ob das etwas Gutes oder Schlechtes war. Izuru klang einfach tonlos.

“Wann?”

“Gestern.”

“Aber sagt er das nicht ohnehin ständig?” Warum nahm er sich das nun anscheinend so zu Herzen?

“Nein… er sagt ständig, dass ich niedlich bin, dass ich ihm gefalle. Und dass er mich den ganzen Tag-”

“Ja, schon gut.” Den genauen Wortlaut brauchte er nicht zu wissen. Nicht in den frühen Morgenstunden, in denen das Kopfkino erschreckend schnell in Gang gebracht wurde.

“Aber gestern… da sagte er einfach, dass er mich liebt. Und dann hat er trotzdem…”

Renji musste ein Seufzen unterdrücken. Änderte das denn etwas? Als würde dieser Sadist das ernst meinen. Entweder hatte der das gesagt, ohne darüber nachzudenken, oder er hatte es darauf angelegt, Izuru zu verwirren. Schließlich musste er wissen, wie sehr Izuru ihn im Gegenzug wirklich liebte.

“Und… glaubst du ihm?”

“Nein.”

Die Sicherheit, mit der diese Antwort kam, überraschte ihn nun wiederum. Plötzlich sah Izuru ihm direkt in die Augen.

“Ich sollte aufhören, ihn mit mir spielen zu lassen.”

Renji dachte schon, er hätte sich verhört. Sah sein Freund es also endlich ein? Doch kaum waren diese Worte raus, trat wieder die übliche Unsicherheit in Izurus Augen. Er sah wieder auf den Boden, knetete nervös seine Hände. Also doch nichts mit einem endgültigen Entschluss. Das wäre wohl auch zu unrealistisch gewesen…

“Vielleicht solltest du einfach deinen freien Tag etwas genießen. Ich könnte ja auch versuchen, nicht zu spät Schluss zu machen. Dann gehen wir nach der Arbeit noch einen trinken und besprechen das… was meinst du?”

Er selbst hatte sich schließlich auch schon so einiges zusammen gesammelt, was er gerne für einen Abend fortspülen würde. Den Streit mit Rukia hatte er zwar halbwegs in den Griff gekriegt, an der offensichtlich vorhandenen Freundin seines Taichous änderte das allerdings recht wenig. Vielleicht würden sie bei einem Gespräch und ein paar Schlucken Sake zumindest eines ihrer Probleme gelöst bekommen.
 

„Sie wollten mit mir sprechen, Kuchiki-taichou?“

Sein Vorgesetzter sah kurz auf, nickte und bedeutete Rikichi, Platz zu nehmen. Dieser tat das auch, jedoch mit einem flauen Gefühl in der Magengegend. Was war denn nun schon wieder? Wollte er wieder, dass er bei ihm übernachtete? Sein Gehirn begann schon damit, ein Arsenal an Ausreden zu entwickeln und auf Reserve zu legen. Mit einem letzten Schwung aus dem Handgelenk unterschrieb der Taichou das Dokument auf dem Schreibtisch, legte es beiseite und widmete sich nun dem Jungen.

„Ich dachte mir, wir könnten morgen etwas zusammen machen.“

„Hä?“

Schnell biss er sich auf die Zunge. Ein solcher Laut zeugte nicht gerade von einem Talent zur Artikulation, drückte im Grunde aber alles aus, was er hatte sagen wollen. Etwas unternehmen? Zu zweit?

„Ich meinte… warum?“

„Warum nicht?“

Nun, vielleicht, weil er so wenig mit diesem Mann zu tun haben wollte wie möglich? Aber das jetzt zu sagen, wäre wohl ein wenig kontraproduktiv gewesen. Wenn er darüber nachdachte, war es natürlich gar nicht so seltsam, dass diese Frage aufkam. Schließlich schien sein Taichou sich wirklich um ihn zu bemühen… würde es ihm nur um etwas anderes gehen, hätte er schließlich längst über ihn herfallen können. Dieser Gedanke bereitete ihm Gänsehaut.

„Es… es spricht nichts dagegen.“

Er musste sich in Acht nehmen, um seine Stimme nicht zu resignierend klingen zu lassen.

„An was hätten Sie denn gedacht?“

Kurzes Schweigen.

„An einen Spaziergang.“

Warum hatte er überhaupt gefragt? Wahrscheinlich waren Spaziergänge für Kuchiki der Gipfel der Unternehmungslust. Aber er sollte sich besser nicht beschweren, immerhin war sein Taichou nicht mit der Idee, ein Onsen zu besuchen, um die Ecke gekommen. Also nickte er bloß.

„Klingt erholsam… ich meine, spannend. Aber sieht es nicht seltsam aus, wenn wir beide Zeit miteinander verbringen? Die anderen…“

„Wir bleiben selbstverständlich nicht in Seireitei. Wir werden nach Nordrukon gehen.“

Augenblicklich beschleunigte sich Rikichis Herzschlag.

„Warum denn Nordrukon?“

„Weil mich da niemand kennt. In den anderen Teilen Rukons habe ich mich bereits aufgehalten… doch dort wird mich niemand erkennen, wenn ich meinen Haori nicht trage. Wir werden selbstverständlich in den inneren Bezirken bleiben.“

„Sicher?“

„Ja.“

Fragend forschte Kuchiki in Rikichis Augen.

„Sicher… warum fragst du?“

„Ach… ich will nur nicht, dass wir gestört werden, Sie wissen schon. In den inneren Bezirken ist es ruhiger.“

„Natürlich, darum geht es.“

Schuldbewusst sah Rikichi weg. Seine kleine Notlüge war zu durchsichtig gewesen, aber Kuchiki fragte auch nicht weiter nach. Immerhin war dies eine seiner guten Seiten: Sollte er Neugierde empfinden, konnte er sie äußerst gut zurückhalten.

„Wir werden uns dann morgen nach der Arbeit dort am Tor treffen. Also mache zeitig Schluss.“

Mit einem kleinen Wink wurde der Shinigami wieder entlassen.

Nachdem er die Tür hinter sich verschlossen hatte, folgte der obligatorische tiefe Seufzer. Wann immer er das Büro betrat, hatte er einen Grund, erleichtert zu sein, weil er wieder draußen war und sich gleichzeitig vor dem Kommenden zu fürchten. Ein Spaziergang mit Kuchiki, verlockend klang das nicht. Aber er hatte immerhin bereits mit ihm in einem Bett geschlafen und das nicht nur einmal! Das hier sollte also ein Klacks werden. Doch warum ausgerechnet Nordrukon?
 

“Er hat doch keine Ahnung, was er an mir hat!” Erneut wurde die Sakeschale geleert und nachgefüllt. Das würde sich noch niederschlagen in Izurus Gesundheit und vor allem Renjis Geldbeutel, schließlich hatte er ihn eingeladen. Shuuhei, der anscheinend etwas an den Ohren hatte, hatte das natürlich falsch verstanden und ging nun davon aus, ebenfalls eingeladen zu sein. Diese Hörschwierigkeiten traten häufiger auf.

“Mal angenommen, ich würd mich weigern… was dann?”

Ja, was dann? Als ob es Ichimaru kümmerte, ob Izuru sich weigerte oder nicht. Aber Renji ließ dem anderen Fukutaichou großzügig seine Illusion und bestellte noch eine Flasche Sake. Die letzte für heute, langsam reichte es wirklich.

“Dann wird er schon sehn, was er davon hat.”, grummelte Izuru, während er die nächste Schale herunter stürzte.

“Wenn er mich liebt, is ihm das ne Lehre. Dann springt er nich mehr so mit mir um. Und wenn nich… dann kanns mir auch egal sein.”

“Man Izuru, red doch nicht so viel…” Shuuhei grinste und richtete sich wieder etwas auf. Renji hatte eben schon fast gedacht, er sei halb auf dem Tisch liegend eingeschlafen.

“Dann erteil ihm halt ne Lektion. Musst ihm zeigen, dass du nich sein Haustier bist.”

„Haustier?“

Aus irgendeinem Grund brachte das ihren blonden Freund bloß zum Kichern. Besser, sie fragten nicht nach.

“Aber das mach ich schon noch!“

Renji konnte nicht anders, als zu schmunzeln. Die Vorstellung, dass Izuru in Aktion gehen würde, war einfach zu abwegig. Dennoch hoffte er, dass sein Freund sich später noch an diese Entschlossenheit erinnern konnte… helfen würde er ihm, so gut er konnte.

Die Bedienung brachte die nächste Flasche, welche prompt angefangen wurde. Nach einer Weile schien das Thema „Ichimaru“ sogar vergessen, sie alberten rum, wie zu ihrer Akademiezeit, als nervtötende Professoren noch zu ihren größten Problemen gezählt hatten. Die Stimmung war so locker, dass Renji überlegte, ob er den gestrigen Abend überhaupt zur Sprache bringen sollte oder ob er sich das für ein anderes Mal aufsparen sollte. Doch die Entscheidung wurde ihm unerwartet abgenommen.

Er traute seinen Augen kaum, als Izuru sich plötzlich aufrichtete und vorbeugte. Als er seine Arme etwas umständlich um Shuuheis Nacken legte und seine Lippen auf die des Fukutaichous presste. Verstohlen sah Renji sich zu den Nachbartischen um, doch die anderen Gäste waren zu sehr auf sich selbst konzentriert, um die drei zu beachten. Was war das denn jetzt wieder für ein Einfall? Geisterte Ichimaru doch die ganze Zeit noch weiterhin durch Izurus Kopf und dieser wollte ihn durch diese Aktion daraus vertreiben? Schlechte Idee. Aber das würde er schon noch merken, wenn er wieder bei Sinnen war. Shuuhei jedenfalls schien von eine Sekunde auf die andere zu ernüchtern. Energisch drückte er Izuru wieder von sich.

“Spinnst du? Was sollte das denn jetzt?” Der Mangel an Begeisterung war sowohl an Shuuheis Gesicht als auch an seiner Stimmlage zu erkennen. Renji konnte nicht anders, als zu grinsen, wodurch er einen bösen Blick erntete.

“Sehr witzig.”

“Komm, es ist doch nur Izuru.”

“Mir egal, ich will nicht, dass…”

Doch er konnte den Satz nicht mehr beenden. Ruckartig stand Izuru auf, schwankte etwas, stütze sich an Renjis Schulter ab und machte Anstalten, zu verschwinden. Renji packte einen seiner Ärmel.

“Hey, komm schon, Shuuhei meint es nicht so. Du musst zugeben, dass du ihn etwas…”

Doch der Ärmel entglitt ihm, als Izuru sich losriss. Wortlos entfernte er sich vom Tisch, auf den Ausgang des Lokals zu. Renjis Augen weiteten sich, als sie ihm folgten. Jetzt machte es Sinn. Izuru streifte den silberhaarigen Mann im Türrahmen, als er sich an ihm vorbei nach draußen quetschte. Dieser sah ihm nach, kam jedoch anscheinend nicht auf die Idee, ihm zu folgen.

“Oh man… für so gerissen hatte ich Izuru nicht gehalten. Oder, Shuuhei?”

Als er keine Antwort bekam, blickte er sich zu seinem noch verbliebenen Freund um. Doch dieser starrte Ichimaru bloß an, als sei ihm ein zweiter Kopf gewachsen. Was war jetzt wieder? Doch als auch Renji wieder zu dem Taichou sah, begriff er zum zweiten Mal an diesem Abend. Shuuhei starrte nicht den Mann an, sondern dessen blonde Begleiterin.
 

„Kannst du mir mal verraten, was das sollte, du…“

Das letzte Wort schluckte Shuuhei runter, was wohl auch besser so war. Izuru schaltete jedoch ohnehin auf stur, hockte mit verschränkten Armen auf dem Küchenstuhl und ließ alles abprallen. Er war so geübt darin, sich abzuschotten, dass Shuuhei keine Chance hatte. Dennoch zeterte der Ältere weiter. Renji war kurz davor, sich einfach die Ohren zuzuhalten. Und er bereute es, das Lokal kurz nach Izurus Flucht ebenfalls verlassen zu haben und ihm gefolgt zu sein. Nun, das Folgen an sich war vielleicht nicht nachteilig gewesen, nur die Tatsache, dass er Shuuhei hatte mitkommen lassen. Er hatte ihm schließlich direkt angesehen, wie wütend er war. Sie waren nur knapp eine Minute nach Izuru an Ichimaru und Matsumoto vorbeigehastet, hatten die beiden mit Gesichtern dort stehen lassen, die unter anderen Umständen beinahe komisch gewesen wären. Dann hatte Renji allerdings darauf bestanden, nicht den ganzen Weg nachhause zu rennen, um ihrem Freund wenigstens ein wenig Zeit zu geben, sich wieder zu beruhigen. So waren sie schließlich erst einige Minuten nach diesem in Renjis Wohnung angekommen. Shuuhei hatte direkt eine Tirade an Vorwürfen gestartet, Izuru hatte sich geweigert, Erklärungen abzugeben. Renji konnte nur ahnen, dass die Aktion eben eine kindische Kriegserklärung an Ichimaru gewesen war, eine, die man nur im volltrunkenen Zustand aussenden konnte. Und er konnte nur hoffen, dass sowohl Shuuhei als auch Izuru sich wieder einkriegen würden, wenn sie erst einmal eine Nacht darüber geschlafen hatten. Momentan sah es allerdings eher danach aus, als würde Shuuhei auf den Kleineren losgehen. Hatte er ihn je so außer sich gesehen?

„Lass ihn doch einfach in Ruhe…“

„Ich, ihn in Ruhe lassen? Soweit ich weiß, ist er über mich hergefallen.“

„Er ist nicht über dich „hergefallen“ und das weißt du auch. Er…“

„Ach, sei doch ruhig.“

Renjis Augenbrauen zogen sich zusammen. Wurde ihm nun auch noch das Reden in der eigenen Wohnung verboten? Ganz klasse. Er öffnete den Mund, um zu protestieren. Genau in dem Moment entschied sich auch Izuru dazu, sich die Beschimpfungen nicht länger gefallen zu lassen.
 

Rikichi war todmüde, als er die Straße entlang zu seiner Wohnung schlenderte. Er hatte Überstunden gemacht und zwar so einige. Schließlich musste gewährleistet werden, dass er morgen guten Gewissens zeitig Schluss machen konnte. Er wollte lieber nicht ausprobieren, wie Kuchiki auf eine Versetzung reagierte. Wobei, er war der Taichou, vermutlich würde er notfalls einfach dafür sorgen, dass jemand anderes Rikichis restliche Arbeit erledigte. Wie er ihn kannte, würde er die Aufgaben auf Renji schieben und dafür wollte er nun wirklich nicht verantwortlich sein!

Apropos Renji, ihm war gerade, als sei er an seinem Fukutaichou vorbei gegangen. Doch das konnte natürlich nicht sein… was sollte der so spät hier draußen machen? Vorsichtshalber blickte er noch einmal über die Schulter zurück. Tatsächlich, da saß er auf ein paar Stufen und blickte gedankenverloren vor sich hin. Schnell ging Rikichi wieder einige Schritte zurück.

„Abarai-fukutaichou?“

Der Angesprochene blickte verwundert auf, erkannte Rikichi und zwang sich zu einem Lächeln.

„Hey…“

„Was tun Sie hier draußen?“

„Zwei Irre zerlegen gerade meine Wohnung.“

„Wie bitte? Wollen Sie nicht… na ja, Hilfe holen?“

Doch der Fukutaichou winkte bloß ab.

„Wenn Izuru morgen merkt, was er gemacht hat, wird er so ein schlechtes Gewissen haben, dass er mir die Bude nicht nur komplett aufräumt, sondern vermutlich auch noch die Hälfte der Haushaltsgeräte ersetzt.“

„Warum sollte er Haushaltsgeräte ersetzen?“

„Tja… das letzte, was er hat fliegen lassen bevor ich abgehauen bin, war das Bügeleisen.“

Allerdings hatte er damit nicht ernsthaft auf Shuuhei gezielt gehabt. Hoffentlich. Rikichis weit aufgerissene Augen brachten ihn nun zu einem echten Schmunzeln.

„Keine Sorge, klingt schlimmer, als es ist. Ich hatte nur keine Lust mehr, mir dieses Gezicke anzuhören.“

Oder zwischen die Fronten zu geraten.

„Und was haben Sie jetzt vor?“

„Warten halt… die beruhigen sich schon wieder.“

„Sie wollen also hier draußen alleine herumsitzen?“

„Was bleibt mir anderes übrig?“

„Sie könnten ja mit zu mir kommen.“

Der Vorschlag klang spontan, als sei die Idee ihm in dieser Sekunde gekommen. Tatsächlich aber war dies ein Szenario, welches er sich schon das ein oder andere Mal ausgemalt hatte. Ein Renji, der sich ausgesperrt hatte. Ein Renji, der sich mit seinem Mitbewohner gestritten hatte. So etwas eben. Er selbst war natürlich jedes Mal derjenige, der seinen Fukutaichou großherzig zu sich aufnahm. Er hätte nie gedacht, so eine Chance wirklich mal zu bekommen. Er hoffte, möglichst beiläufig zu wirken, während er Renji innerlich anfeuerte, das Angebot anzunehmen. Trotzdem konnte er es kaum glauben, als sein Gegenüber wirklich nickte und sich erhob.

„Warum eigentlich nicht?“

Antworten

Der Wecker musste kaputt sein. Er klang nicht monoton wie sonst, sondern glich eher einem an- und abschwellenden Kreischton. Rikichi riss die Augen auf. Das war kein Wecker! Er sprang aus dem Bett, warf sich seinen Morgenkimono über und öffnete die Schlafzimmertür. Das schrille Geräusch war inzwischen verklungen, an seine Stelle war eine Stimme getreten, welche zu einem offensichtlich aufgeregten Mann gehörte. Er trat auf das Sofa zu, auf welchem gerade anscheinend ein heftiger Kampf tobte. Torara war am Gewinnen. Er griff über die Lehne, packte das Tier am Nackenfell, hob es hoch und setzte es auf den Boden. Augenblicklich zischte es in die Küche ab. Renji wandte ihm den Kopf zu.

„Danke. Ich dachte schon, das Vieh frisst mich auf. Es ist bösartig.“

Wie zum Beweis hielt er dem Jüngeren seinen Unterarm hin, auf welchem deutliche Kratzspuren zu sehen waren. Etwas schuldbewusst senkte Rikichi den Blick.

„Ich hätte sie zu mir ins Schlafzimmer sperren sollen. Andererseits hätten Sie sich vielleicht nicht auf sie drauf legen sollen.“

Denn genau danach hatte das anfängliche Kreischen geklungen.

„Ich hab halt nicht damit gerechnet, dass ich das Sofa nicht für mich alleine habe.“

Renji störte etwas, was Rikichi ausnahmsweise gefallen hätte, zumindest in dieser Nacht: Sein Bett mit jemandem teilen zu müssen. Doch man konnte jemanden, der zum ersten Mal bei einem schlief, nicht zumuten, dies direkt im selben Bett wie der Gastgeber zu tun. Nur unverschämte Leute machten so etwas. Natürlich dachte er an niemand bestimmten. Aber alleine zu wissen, dass Renji direkt im Raum nebenan schlief, war einfach schön gewesen. Er hatte für das Einschlafen viel länger gebraucht als sonst. Mitten in der Nacht war ihm sogar die Idee gekommen, aufzustehen, um seinen schlafenden Fukutaichou einige Minuten lang beobachten zu können. Letztlich hatte er sich aber nicht getraut.

Alarmiert blickte er wieder auf, als er Renji genervt seufzen hörte.

„Was ist los?“

„Schon wieder viel zu früh wach! Ich dachte, dieses Mal könnte ich ausschlafen… Tut mir leid, dass ich dich auch geweckt habe.“

Doch Rikichi winkte bloß ab. Es machte ihm nichts aus, früh aufzustehen, erst recht nicht, wenn das bedeutete, mehr Zeit mit Renji verbringen zu können. Er hoffe inständig, dass Kira noch immer damit beschäftigt war, Gegenstände zweckzuentfremden und Renji gezwungen war, eine weitere Nacht hier zu bleiben. Doch das war mehr als unwahrscheinlich, leider.

„Ich gehe gerade duschen, dann können Sie noch etwas liegen bleiben. Und wenn ich dann das Frühstück mache, können Sie duschen gehen, okay?“
 

Renji zog beeindruckt die Augenbrauen hoch. Er glaubte nicht, dass Rikichi jeden Morgen auf diese Art frühstückte. Anscheinend hatte er sich extra Mühe gegeben, keine Wünsche offen zu lassen und in der kurzen Zeit, in der er unter der Dusche war, ein kleines Wunder auf den Esstisch gezaubert. Er konnte damit beinahe schon Izuru Konkurrenz machen. Renji setzte sich dem wartenden Rikichi gegenüber und nahm die Stäbchen zur Hand. Während er aß, merkte er nicht, dass der jüngere Shinigami ungewöhnlich oft in seine Richtung blickte. Eigentlich merkte er kaum etwas, denn er war in seiner eigenen Gedankenwelt. Warum nur ging in letzter Zeit alles schief? Er hatte weder auf der Arbeit noch zuhause Ruhe, nicht vor den anderen und nicht vor seinen Sorgen. Ein ungewollter Seufzer entfuhr ihm, Rikichi sah fragend auf.

„Stimmt etwas nicht, Abarai-fukutaichou?“

Erst wollte Renji abwinken und einfach lächeln, wie er es auch die letzten Male gemacht hatte. Doch er konnte nicht. Unbestimmt zuckte er mit den Schultern.

„Ist es wegen gestern? Wegen dem Streit mit Kira-fukutaichou?“

„Nein… na ja, auch. Aber das ist nicht das Schlimmste und außerdem hat er sich ja auch nicht mit mir gestritten.“

„Oh… also, wenn Sie darüber sprechen wollen, ich… na ja, Sie wissen schon. Ich höre Ihnen zu.“

Nun lächelte Renji wirklich etwas. Rikichi war wirklich sehr in Ordnung. Sie kannten sich im Grunde kaum, dennoch bewunderte der Jüngere ihn und half ihm, wie er nur konnte. Gut, die Sache mit dem Katzenfutter für seinen Taichou war weniger hilfreich gewesen, aber da konnte Rikichi nun auch nichts für, er hatte ihn ja sicher nicht absichtlich auf die falsche Spur gebracht. Und nun hatte er ihn bei sich schlafen lassen und bot ihm auch noch weitere Hilfe an… vielleicht war es also gar nicht so verkehrt, diese auch anzunehmen. Er musste ja nicht im Detail erklären, worum es ging.

„Nun… es gibt da jemanden, den ich sehr mag…“

„Kuchiki-san?“

Verblüfft weiteten Renjis Augen sich etwas. Wie hatte er…? Rikichi schien sich auf die Zunge zu beißen.

„Tut mir leid, ich habe nur…“

„Wie kommst du darauf, Rikichi?“

„Na ja, Sie zwei kennen sich schon so lange und machen auch jetzt noch viel zusammen…“

Erleichtert atmete Renji aus. Entwarnung.

„Ja… nein. Es geht nicht um Rukia. Es ist egal, um wen es geht. Der Punkt ist, ich denke, dieser jemand hat schon jemand anderes. Das bereitet mir etwas Kopfzerbrechen, verstehst du?“
 

Rikichi nickte. Natürlich verstand er das, ihm ging es ja nicht anders. Was für eine Ironie, dass sein Fukutaichou ihm nun genau dieses Problem schilderte. Aber wie kam er darauf, dass Kuchiki schon jemanden hatte? Etwa, weil er ihn in dessen Schlafzimmer gesehen hatte? Rikichi wurde bewusst, was für ein Glück er gehabt hatte, nicht erkannt worden zu sein. Doch was erwartete Renji nun für einen Rat? Wollte er bloß etwas Ermutigung, ein „Gib nicht auf“? Aber Rikichi wollte doch, dass er aufgab! Nichts wäre ihm gelegener gekommen. Wenn Renji Kuchiki vergaß, würde er seinem Ziel bereits etwas näher kommen. Er müsste dann nur noch selbst Kuchiki loswerden und Renji für sich gewinnen… Nur noch.

„Also… aber sicher sind Sie ja nicht, dass dieser jemand jemanden hat, oder?“

„Aber ziemlich.“

„Tja… ich weiß auch nicht so recht. Wenn diese Person so glücklich ist und Sie sie wirklich lieben, nun…“

„Ich weiß schon, worauf das hinausläuft. Mein eigenes Glück sollte ich zurück stellen, schon klar.“

Die Härte, mit welcher Renji sprach, erschreckte ihn ein wenig. Schnell senkte er seinen Blick wieder auf den Teller. Natürlich, dies war eine Standardphrase gewesen, genau die, die jemand in Renjis Situation nicht hören wollte. Eine, die er selbst zwar gut kannte, aber auch nicht wirklich befolgte. Er würde nicht aufgeben, niemals! Und er wusste, dass es vergebens war, Renji diesen Rat zu erteilen. Der Mann, den er liebte, würde sich nicht hängen lassen. Er würde es auch weiterhin probieren. In diesem Punkt waren sie sich ähnlich, doch sorgte dies in diesem Falle nur für noch mehr Komplikationen.

Er blickte wieder auf, als Renji seine Schüssel abstellte.

„Ich sollte besser gleich los.“

„Aber es ist noch so früh…“

„Ich rufe von unterwegs bei mir zuhause an und erkundige mich, was noch alles steht. Also gehe ich ein wenig früher…“

Renji stand auf und ging auf die Tür zu.

„Danke jedenfalls, dass ich hier bleiben durfte. War wirklich nett von dir.“

Dann verschwand er.

Er war nicht nur früher gegangen, um zu telefonieren, das hatte Rikichi dem bitteren Tonfall angemerkt. Leise seufzte er und begann, abzuräumen. Selbst hatte er nun auch keinen Hunger mehr. Hatte er die Pluspunkte, die er sich verdient hatte, schon wieder verspielt, weil er keine aufbauenden Worte übrig gehabt hatte? Aber sicher hätten doch auch andere mit etwas ähnlichem geantwortet, oder? Aber vielleicht ging es auch darum, dass Renji erwartet hatte, von ihm nicht nur das zu hören, was ihm eh jeder Dahergelaufene auch gesagt hätte. War Renji nun sauer oder bloß ein wenig zerknirscht? Das ließ sich schwer einschätzen. Er wurde erst wieder aus seinen Gedanken geholt, als Torara vehement nach den Resten des Fisches verlangte.
 

Gähnend lehnte Rikichi sich an die Außenmauer Seireiteis. Der Arbeitstag war nicht allzu anstrengend gewesen, aber seine Gedanken hatten sich so sehr im Kreise gedreht, dass er schon jetzt ziemlich müde war. Langsam ließ er seinen Blick über den ersten Bezirk des nördlichen Rukons schweifen. Hier unterschieden sich die Lebensumstände noch nicht so sehr von denen im Kern der Soul Society, dennoch konnte man an der Größe der Häuser und der Kleidung der Leute erkennen, dass der Wohlstand hier nicht sonderlich stark vertreten war. Die meisten Bewohner trugen einfache Kleidung, wie auch er selbst gerade. Er war nach der Arbeit nachhause gegangen, um sich umzuziehen. Er wollte so unauffällig wie möglich sein und auch wenn es recht oft Shinigami hierher verschlug, so fielen sie doch stärker auf als andere Leute. Kuchiki hingegen sollte lieber in einem Shihakushou hier auftreten, vermutlich zogen all seine anderen Kleidungsstücke die Blicke noch sehr viel mehr auf sich. Eine Weile noch ließ er seinen Blick gedankenlos über die Menge schweifen. Was, wenn Kuchiki nicht kam? Wie lange musste er hier warten? Wann konnte er gehen? Aber vielleicht sollte er sich nicht zu schnell Hoffnungen machen… sein Taichou war jemand, der sich an Termine hielt. Er zuckte zusammen, als plötzlich eine leise Stimme neben ihm seinen Namen sagte. Er wandte den Kopf und da stand er, der Mann, auf den er gewartet hatte. Allerdings hätte er das nicht erwartet. Seine Augen weiteten sich etwas. Hätte Kuchiki ihn nicht angesprochen, er hätte ihn sicher nicht sofort erkannt. Er trug keine Kenseikan, stattdessen waren seine Haare locker zusammengebunden. Seinen Kleidungsstil hatte er der Umgebung angepasst. Rikichi vermutete, dass der Stoff, den der andere trug, zwar weitaus teurer war als der der Einwohner hier, ansehen konnte man es ihm aber nicht. Eine perfekte Tarnung. Kaum jemand schien ihn zu beachten, und wenn, dann waren es bloß tuschelnde junge Frauen, deren Seitenblicke sicher nicht bedeuteten, dass sie ihn erkannt hatten.

„Wollen wir los?“

Rikichi konnte nur stumm nicken, dann folgte er dem Älteren. Doch schon nach ein paar Metern warf dieser ihm einen Blick über die Schulter zu.

„Es wirkt sicher seltsam, wenn du hinter mir hergehst.“

„Oh… natürlich, Taichou.“

Rikichi ging einen Schritt schneller, um aufzuholen.

„Noch seltsamer wirkt es, wenn du mich „Taichou“ nennst.“

Dieses Mal war ein mahnender Unterton aus seiner Stimme herauszuhören.

„Ja, Verzeihung. Aber… wie soll ich Sie denn nennen?“

Ihn mit seinem Nachnamen anzusprechen, war sicherlich nicht weniger dumm, als seinen Titel zu benutzen. Auch, wenn sein Gesicht hier nicht bekannt sein sollte, so würden die Einwohner aller inneren Bezirke sicher etwas mit diesem berühmten Namen anfangen können. Kuchiki schien kurz zu überlegen, dann zuckte er mit den Schultern.

„Such dir etwas aus.“

Rikichi unterdrückte ein Seufzen. Der Kreativste schien sein Taichou nicht zu sein.

„Also gut… Sakurai-san.“

Er selbst war nun einmal auch nicht der Kreativste. Immerhin passte der Name und wirklich auffällig war er auch nicht. Kuchiki zeigte keinerlei Reaktion, also war er wohl einverstanden damit.

Sie liefen schweigend nebeneinander her, es kam Rikichi so vor, als würden die Minuten absichtlich langsam verstreichen. Warum sprach der Taichou nicht? Oder erwartete er, dass Rikichi den Anfang machte? Doch worüber sollten sie sich schon unterhalten? Sie kannten sich nicht im Mindesten und es war stark zu bezweifeln, dass sie ähnliche Interessen hatten. Was trieb Kuchiki eigentlich den ganzen Tag, wenn er nicht gerade im Büro war? Hielt er Teezeremonien ab? Übte er sich in Kalligraphie? Alles Dinge, mit denen Rikichi sich wohl nie anfreunden könnte. Leise räusperte er sich.

„Ku… eh… Sakurai-san? Darf ich etwas fragen?“

Sein Begleiter blickte kurz zu ihm runter und richtete den Blick dann wieder geradeaus.

„Ich bin jetzt nicht dein Vorgesetzter. Frage, was du fragen willst, aber frag vorher nicht nach.“

„Okay…“

Ein wenig hatte er fast gehofft, Kuchiki würde es ablehnen, Fragen zu beantworten. Denn nun musste er sich überlegen, wie er es am besten formulieren konnte.

„Ich frage mich bloß, warum Sie aus gerechnet mich… Ich meine, Sie kannten mich kaum.“

Eigentlich gar nicht.

Nun sah Kuchiki doch wieder zu ihm herunter, blieb sogar stehen. Auch Rikichi hielt an. Das hatte er schon die ganze Zeit wissen wollen, seit er gemerkt hatte, dass die Blicke seines Taichous ständig auf ihm ruhten.

„Muss es dafür einen besonderen Grund geben? Du gefällst mir. Das ist alles.“

„Aber… Sie waren doch verheiratet!“

Kuchiki blinzelte kurz verwundert, dann wurde sein Gesichtsausdruck wieder gewohnt neutral.

„Was willst du damit sagen? Glaubst du, die Tatsache, dass ich mit einer Frau verheiratet war und die Tatsache, dass ich mich nun für jemanden vom eigenen Geschlecht interessiere, schließen sich gegenseitig aus? Dir sei versichert, dem ist nicht so. Oder…“

Sein Blick wurde etwas forschender, schien in Rikichis Augen nach dem Grund für diese Frage zu suchen.

„… fürchtest du, dass du Hisana nicht ersetzten kannst? In diesem Falle hättest du Recht, das kannst du nicht. Aber was ich suche, ist auch kein Ersatz.“

Sobald er seinen Satz beendet hatte, setzte er seinen Weg fort. Rikichi bleib noch einen Moment zurück, folgte ihm dann aber. Kuchiki suchte keinen Ersatz. Was aber wollte er? Einen Neuanfang? Vielleicht wollte er es gerade deswegen nicht erneut mit einer Frau versuchen, um nicht Gefahr zu laufen, diese mit seiner verstorbenen Geliebten zu vergleichen? Doch das waren alles bloß Mutmaßungen, er hatte keine Ahnung, was in Kuchiki vorging. Und er hatte keine Ahnung, wie ernst dieser es überhaupt mit ihm meinte. Er selbst hatte nicht vor, eine allzu lange Zeit mit seinem Taichou zu verbringen. Würde das Interesse des anderen ebenso schnell erlöschen wie es aufgeflammt war? Plötzlich stellte sich ihm eine weitere Frage: Wie definierte man ihre Beziehung denn nun? Waren sie zusammen? Immerhin hatten sie im selben Bett geschlafen. Andererseits hatte keiner von ihnen irgendetwas gesagt, was das bestätigen würde. Musste überhaupt etwas gesagt werden? Er hatte keine Ahnung. Denn wenn er nun wirklich mit Kuchiki zusammen sein sollte, so wäre dies seine erste Beziehung überhaupt. Beinahe bekam er Gänsehaut bei diesem Gedanken. Der erste Freund, eine Person, die er nicht einmal leiden konnte? Ausgerechnet Kuchiki? Er hoffte inständig, dass sein Taichou ihn noch nicht als seinen Partner betrachtete.

Zum zweiten Mal an diesem Tage zuckte er zusammen, als er plötzlich seinen Namen hörte.
 

Das schlechte Gewissen hatte Renji den ganzen Tag geplagt. Zuerst war da Izuru, welchen er am Morgen tatsächlich noch angerufen hatte. Sein Freund hatte sich anscheinend Sorgen gemacht, weil Renji die ganze Nacht weggeblieben war, ohne sich zu melden. Und das, obwohl er selbst anscheinend genug Sorgen hatte. Wobei Renji nichtklar sagen konnte, wo genau das Problem lag. Anscheinend hatte Ichimaru seinem Fukutaichou noch einen Tag frei gegeben, doch diesem fiel nichts anderes ein, als darüber zu jammern. Renji musste jedoch zugeben, dass er selbst etwas neugierig war: War Ichimaru wegen Izurus Benehmen vom Vorabend ein wenig aus der Fassung? Hatte dieser freie Tag dieselben Gründe wie der davor? Und vor allem, gab es überhaupt Gründe dafür? Vielleicht dachte Ichimaru sich auch, dass Izuru sich jetzt schon schlecht fühlte wegen seiner Handlungen und wollte ihn noch etwas zappeln lassen, bevor der Fukutaichou die Gelegenheit bekam, sich zu entschuldigen. Das würde er sicher tun, Renji kannte ihn doch. Dieser kurze Akt des Protests würde sicher der einzige bleiben, dafür hing Izuru zu sehr an diesem Mann. Andererseits, dass er überhaupt gehandelt hatte, hatte Renji auch schon sehr überrascht. Noch wusste er nicht, wie das Ergebnis dieser Aktion nun aussah. Gemeint war damit sowohl das Verhältnis zwischen Izuru und Shuuhei als auch der Zustand seiner Wohnung. Um beides würde er sich später kümmern, wenn er wieder daheim war. Die Zeit zum Telefonieren war heute Morgen doch recht knapp gewesen, weil Renji sich, nachdem er bei Rikichi nicht aufgegessen hatte, noch einen Taiyaki hatte holen müssen, um den Tag überhaupt durchzustehen.

Und da war er, der zweite Aspekt seines schlechten Gewissens: Rikichi.

Er hatte sich so zuvorkommend aufgeführt wie sonst wohl kaum einer. Trotzdem hatte Renji sich nicht gerade dankbar aufgeführt, und das bloß, weil der Shinigami ihm nicht genau das gesagt hatte, was er hatte hören wollen. Stattdessen hatte er einen vernünftigen Rat bekommen, aber vernünftige Räte befolgte er bekanntermaßen so gut wie nie. Dennoch, Rikichi hatte es nur gut gemeint und man konnte sagen, dass er sich einfach kindisch aufgeführt hatte. Und das wollte er wieder gutmachen.

Er hatte gesehen, dass Rikichi heute recht früh gegangen war. Er selbst hatte noch etwas länger bleiben müssen, auf Anweisungen vom Taichou persönlich. Doch es war ihm gelungen, die letzten paar Akten jemand anderem aufzudrücken. Dafür würde er demnächst eine extra Schicht schieben müssen, doch das war ihm egal. Das hier war wichtiger. Er war auch schon bei Rikichi zuhause gewesen, doch aufgemacht hatte ihm keiner. Es war sein Glück, dass er einer Nachbarin über den Weg gelaufen war, welche sich erinnerte, dass Rikichi irgendetwas davon erzählt hatte, dass er nach Rukon wollte. Also hatte Renji sich auf den Weg gemacht. Da er nicht wusste, zu welchem Teil Rukons Rikichi sich aufgemacht hatte, war er einfach in Richtung Norden gegangen. Er wusste, dass Rikichi ursprünglich von dort stammte. Wenn er also bloß etwas frische Luft schnappen wollte, würde Renji ihn dort sicher finden. Wenn er allerdings einfach nur zum Einkaufen gegangen war, konnte er überall sein. Das machte aber auch nichts, notfalls würde Renji einfach wieder zu seiner Wohnung zurückgehen, um dort auf ihn zu warten.

Er wollte sich auf jeden Fall heute noch entschuldigen, ihn vielleicht auch zur Wiedergutmachung einladen. So etwas sollte man nicht aufschieben, bis es ohnehin egal war.

Er grinste breit, als er den Gesuchten tatsächlich ausfindig machte.

„He, Rikichi!“

Der Shinigami zuckte zusammen und drehte sich fragend um. Renji meinte, kurz Freude in seinen Augen aufblitzen zu sehen. Aber wirklich nur kurz, sie wurde sofort überschattet von… Unbehagen? War Rikichi etwa noch nachtragend? Kaum vorstellbar, so, wie er Renji doch sonst anhimmelte.

„Ich habe dich gesucht, weil…“

Er brach mitten im Satz ab, als er merkte, dass Rikichi in Begleitung war.

Kennenlernen

Noch nie hatte Rikichi sich gewünscht, Renji hätte ihn nicht gesehen. Noch nie, bis zu diesem Augenblick. Die Sache mit Kuchikis Schlafzimmer war natürlich eine Ausnahme gewesen. Verunsichert sah er zwischen den anderen beiden hin und her. Renji tat dasselbe, jedoch sehr viel offensichtlicher und mit einem Gesichtsausdruck als würde die ganze Welt plötzlich keinen Sinn mehr machen. Wahrscheinlich tat sie das für ihn in diesem Augenblick auch nicht mehr.

Rikichi hoffte, dass sein Taichou selbst die Lage erklären würde. Und zwar mit einer guten Ausrede, von ihm aus auch mit einer schlechten, nur bloß nicht mit der Wahrheit! So wirkte es ja, als sei Rikichi dabei, Renji auszustechen. Doch Kuchiki schwieg nur. Vermutlich fühlte er sich ebenso überrumpelt wie die anderen beiden, bloß konnte er es mit Desinteresse tarnen. Er versteckte schließlich ohnehin die meisten Gefühlsregungen.

Endlich schien Renji seine Sprachfähigkeit wiedergefunden zu haben.

„Kuchiki-taichou, was-„

Doch der Angesprochene brachte ihn mit einem strengen Blick zum Schweigen. Renji schien zu verstehen und vermied es, den Namen seines Vorgesetzen noch einmal zu nennen. Locker ließ er aber nicht.

„Also, was…“

„Das geht dich recht wenig an.“

Die Ablehnung in Kuchikis Stimme war so offensichtlich, dass sogar Rikichi kurz zusammenzuckte. Wie musste Renji sich dann erst fühlen! Augenblicklich kochte Wut in ihm hoch. Er wollte nicht, dass man so mit seinem Fukutaichou sprach. Erst recht sollte dieser arrogante Adlige nicht so mit ihm umspringen. Aber abwimmeln mussten sie ihn nun einmal irgendwie. Rikichi wandte sich an Kuchiki.

„Vielleicht sollten Sie es ihm sagen. Wer weiß, was er sich sonst denkt.“

Ob Renji wohl von alleine auf die Wahrheit kommen würde? Möglich war es. Und daher sollte er das schon im Vorfeld verhindern, indem er ihn auf die falsche Fährte lockte. Kuchiki sah ihn nur fragend an, als er auch schon wieder zu Renji blickte.

„Er hat bloß Hilfe gebraucht, einen bestimmten Laden zu finden. Weil er wusste, dass ich mich hier auskenne, hat er mich gebeten, mitzukommen.“

Dieser Satz an sich war fast schon ironisch. Kuchiki bat nicht, er befahl.

„Aha…“

Renji schien nicht recht überzeugt. Misstrauisch wanderte sein Blick wieder zum Taichou.

„Sonst schicken Sie doch auch einfach Ihre Dienerschaft los.“

Der Angesprochene wirkte, als wollte er wieder etwas nicht unbedingt Freundliches von sich geben, also schritt Rikichi erneut ein.

„Nun, Abarai-fukutaichou… Es gibt eben Dinge, die man nicht für sich selbst kauft. Und solche Dinge sollte man eben persönlich ausgesucht haben, das gehört sich einfach so.“

Zwei Paar Augen starrten ihn daraufhin an, als könnten sie diese Worte nicht recht glauben. Doch im Grunde war dies seiner Meinung nach die beste Lösung: Renji glaubte ja ohnehin, dass Kuchiki eine Freundin hatte. So konnte er diesen Glauben bestätigen, was Renji hoffentlich noch etwas entmutigte. Er musste doch einsehen, dass seine Chancen immer mehr schwanden! Und was Kuchiki anging, so war diese Auslegung sicher immer noch besser für ihn als wenn herauskam, dass er seinen eigenen Untergebenen nachstellte. Außerdem hatte Rikichi selbst sich so vollkommen aus der Affäre gezogen, was das Wichtigste war.
 

Renji konnte es nicht fassen. Byakuya in Kleidung, die ausnahmsweise nicht teurer schien als Renjis ganze Wohnung. Byakuya in Begleitung von Rikichi. Byakuya, der sich dazu herabließ, selbst einzukaufen, um etwas für seine Freundin zu besorgen. Seine Freundin existierte! Denn andernfalls hätte der Taichou bei Rikichis Worten doch protestieren müssen. Renji spürte förmlich, wie die Energie aus ihm wich. Doch er musste sich zusammenreißen. Was würden die anderen sonst von ihm denken? Er hatte gewollt, dass Byakuya es früher oder später erfuhr. Aber nicht so.

„Ich hoffe dir ist klar, dass ich Stillschweigen von dir erwarte, Renji. Das ist nichts, was in der Öffentlichkeit breitgetreten werden muss.“

Der Fukutaichou biss die Zähne aufeinander und nickte. Natürlich ging es niemanden etwas an, was das Oberhaupt der Kuchiki in seiner Freizeit machte. Auch ihn hatte es nichts anzugehen.

„Dann kannst du nun gehen.“

Dieser kalte Ton in Byakuyas Stimme ließ Renji schaudern. Vor Frustration, aber auch vor Wut. Er schickte ihn also weg? Sie befanden sich in Rukon, sie hatten keinen Dienst. Außerdem war Renji wegen Rikichi zu den beiden gegangen. Byakuya hatte also kein Recht, ihm zu sagen, wann er wohin gehen sollte! Vor allem nicht auf diese Art. Denn anscheinend konnte er doch ganz anders, anscheinend bekam Rikichi eine ganz andere Seite von ihm mit. Wie war er überhaupt darauf gekommen, sich ausgerechnet Rikichi als Begleiter herauszupicken? Einen hohen Rang hatte der ja nicht, dass Byakuya überhaupt wusste, dass er aus Nordrukon kam, war ja schon ein Wunder. Sonst hegte er ja kein ausgeprägtes Interesse für seine Mitarbeiter.

Er konnte nicht verhindern, unterschwellig auch auf Rikichi wütend zu werden, obwohl dieser dafür nichts konnte. Es war kaum zu glauben, dass er Rikichi am Morgen noch von seinem Problem erzählt hatte und nun dabei zusah, wie er genau dieses Problem noch unwissend vergrößerte. Vielleicht hätte er ihm doch erzählen sollen, dass es der Taichou war, den er liebte. Dann hätte Rikichi ihm auch wirklich helfen können, oder zumindest hätte er vermeiden können, Byakuya bei seiner Freundin zu helfen. Andererseits konnte Renji auch nicht sagen, wie Rikichi auf eine solche Offenbarung reagiert hätte, dazu kannte er ihn nicht gut genug. Es gab schließlich immer noch genug Leute, die etwas gegen Schwule hatten, am Ende hätte er ihn noch bei Byakuya verpetzt und dann wäre das Chaos perfekt gewesen.

„Hast du mich nicht gehört, Renji?“

„Doch, habe ich.“

Demonstrativ verschränkte er die Arme, bewegte sich nicht vom Fleck. Byakuya blinzelte verwundert. Diese Art der Aufmüpfigkeit kannte er nicht von seinem Fukutaichou.

„Wie Sie eben vielleicht bemerkt haben, wollte ich noch mit Rikichi sprechen. Also…“

Weiter kam er jedoch nicht.
 

Rikichi fühlte sich, als würde man ihn in einen Schraubstock pressen. Irritiert war er davon nicht, er wusste sofort, was los war. Hatte er es nicht kommen sehen? Schon, als das Wort „Nordrukon“ gefallen war, hatte er ein schlechtes Gefühl gehabt. Und es hatte ihn nicht getäuscht. Es gelang ihm nach einigen Mühen, sich aus dem Klammergriff zu lösen. Vorwurfsvoll sah er die Übeltäterin an, doch diese strahle im Gegenzug nur.

„Du hast mir ja gar nicht gesagt, dass du mal wieder bei uns vorbei siehst!“

Der Gedanke, dass das Absicht gewesen war, schien ihr gar nicht zu kommen.

„Gut siehst du aus! Wir haben uns ewig nicht gesehen.“

Ihre Augen wanderten zu den anderen beiden.

„Freunde von dir?“

Rikichi nickte.

„Das sind… Abarai-fukutaichou und Sakurai-san.“

Renji schnaufte missbilligend, sagte aber nichts, was die Tarnung hätte gefährden können. Das war auch besser für ihn, denn unabhängig von allen anderen Umständen saß Kuchiki noch immer am längeren Hebel.

Nun sah Rikichi ebenfalls zu seinen „Freunden“ hoch.

„Wenn ich vorstellen darf… meine Mutter.“

In seiner Stimme lag so viel Begeisterung wie in dem Blick Hitsugayas, wenn dessen Fukutaichou sich mal wieder dazu entschloss, einen zusätzlichen Urlaubstag zu nehmen. Es war nicht so, dass er seine Mutter nicht mochte, im Gegenteil. Sie war großartig. Doch leider genau der Typ Mutter, den man seinem heimlichen Schwarm nicht vorstellen wollte. Und sie schien den Drang zu haben, genau das auch direkt zu beweisen.

„Ach, Renji? Von dir habe ich ja schon so viel gehört.“

Genau die richtigen Worte. Immerhin schien Renji so sehr aus dem Konzept gebracht worden zu sein, dass er nicht mehr so wütend dreinschaute.

„Mutter! Nicht Renji, sondern Abarai-fukutaichou.“

Doch sie winkte nur ab. Sie verwechselte mangelnde Autorität gerne mal mit Offenherzigkeit.

„Ihr seid hier in Rukon und nicht in eurer kleinen Armee, also lass gut sein.“

Kuchiki war deutlich anzusehen, dass er etwas einzuwenden hatte gegen die „kleine Armee“, doch er hielt sich zurück. Undercover herumzulaufen brachte nicht viel, wenn man sich dann mit den Einwohnern anlegte.

„Wenn du mir gesagt hättest, dass du mich besuchen kommst und auch noch Freunde mitbringst, hätte ich etwas Aufwändigeres gekocht.“

„Ich komme dich doch gar nicht besuchen…“

Aber solche Worte waren zwecklos. Er spürte einen Griff um sein Handgelenk, der mütterlich oder auch brutal genannt werden konnte und wurde im nächsten Moment schon mitgeschleift. Es war einfacher, sich gegen einen Hollow zu wehren. Die anderen beiden blieben unschlüssig stehen, doch verschont sollten sie nicht werden. Seine Mutter blickte über die Schulter zurück.

„Seid ihr festgewachsen? Ich sagte, ihr kommt mich besuchen, also los!“

Rikichi hielt die Luft an. Er glaubte nicht, dass jemals jemand so mit seinem Taichou gesprochen hatte. Aber eigentlich war der doch auch selbst schuld, wenn er unbedingt inkognito sein wollte.
 

Tatsächlich folgte Byakuya den beiden nun, Renji ging neben ihm her. Das hier war mehr als überraschend gekommen. Diese laute, aufdringliche Frau war also Rikichis Mutter? Kein Wunder, dass der Junge immer so still und nervös wirkte. Viel zu melden hatte er offenbar nie gehabt. Und nun konnte er sich anscheinend nicht einmal von ihr freisprechen. An sich hätte Byakuya auch nichts dagegen gehabt, diese Frau kennen zu lernen, zumindest nicht, solange sie nicht erfuhr, wer er war. Interessant konnte das sicher werden. Allerdings gefiel es ihm nicht, Renji nun dabei zu haben. Erst recht nicht einen Renji, der, warum auch immer, offensichtlich sauer auf ihn war. Es war sein Glück, dass er seinen Satz eben nicht mehr beenden hatte können. Abhängig von dem, was er gesagt hätte, hätte Byakuya ihm am nächsten Tag Arbeiten aufgetragen, die dafür gesorgt hätten, dass er am Ende des Tages so alt aussah wie Yamamoto selbst.

Die ganze Zeit über redete die Frau auf ihren Sohn ein, völlig ohne Luft zu holen. Byakuya hatte schon keine Ahnung mehr, wo sie überhaupt waren, aber er schätzte, dass sie etwa im vierten oder fünften Bezirk angekommen sein mussten. Endlich hielten sie vor einem kleinen Haus an, die Frau drehte sich noch einmal zu ihnen um.

„Ach, wo bleiben meine Manieren nur?“

Das fragten sie sich wohl alle.

„Mein Name ist Sae.“

Sie verbeugte sich sogar, wenn auch reichlich spät. Ihre langen braunen Locken fielen ihr dabei über die Schultern.

„Es freut mich, Sie kennen zu lernen, Rikichi-san.“

Ruckartig richtete sie sich wieder auf.

„Du hast wohl was an den Ohren? Nenn mich Sae, ja?“

Der strenge Ton wurde etwas von einem Lächeln entschärft, dann ließ sie die drei eintreten. Es war einfach unglaublich. Niemand hatte es je gewagt, so mit ihm umzuspringen. Doch was sollte er schon dagegen sagen? Es war hier anscheinend normal, solch einen Umgangston zu pflegen. Renji jedenfalls schien sich nicht daran zu stören.

Als er an Sae vorbeiging, spürte er ihren Finger in der Seite. Das hatte erst recht noch niemand gewagt. Abgesehen von einer gewissen Katzenfrau, aber die stammte aus einem anderen Kapitel seines Lebens. Irritiert sah er die Frau an.

„Deinen Namen hast du noch nicht verraten.“

„Doch. Sakurai.“

Sie verdrehte die Augen. Niemand verdrehte die Augen, wenn er sprach! Er kam sich vor wie in einem Paralleluniversum.

„Ich meinte den Vornamen.“

Den hatte er sich noch nicht überlegt. Doch ihm kam schon jemand zur Hilfe.

„Er heißt Hanatarou.“

Wenn sie wieder in Seireitei waren, würde er Renji auseinander nehmen.

„Ah… netter Name. Du bist wohl ein Blumenjunge.“

Ohne weitere Umschweife wurden sie zum Esstisch dirigiert. Dieser stand unglücklicherweise mitten in der Küche, wodurch Sae sie auch mit ihrer Stimme beglücken konnte, während sie den Tee zubereitete. Ein getrenntes Esszimmer hätte aber auch nicht in dieses doch sehr kleine Haus gepasst. Die drei nahmen Platz, wobei Rikichi es vermied, die anderen beiden anzusehen. Er fühlte sich wohl schuldig an dieser Sache. War er gewissermaßen auch.

„Und, Hanatarou, bist du auch in der sechsten Gruppe?“

„Division, Mutter! Wir sind doch kein Kindergarten.“

„Misch dich nicht ein, wenn ich mit deinen Freunden rede, junger Mann!“

Die Worte klangen leicht drohend. Der erhobene Kochlöffel hingegen war schon eine direktere Drohung.

Byakuya nickte.

„Ja, ich gehöre auch der Sechsten an.“

„Ah. Dann arbeitet ihr alle für diesen Kuchiki.“

Es wunderte ihn, dass eine Frau, die die Hofgarden für eine „kleine Armee“ hielt, seinen Namen kannte.

„Ja, das tun wir.“

„Von dem habe ich ja auch viel gehört.“

Das war nun wirklich interessant. Erst recht, als er sah, wie Rikichi sich etwas versteifte.

„So? Und was erzählt man sich so?“

„Ach, das musst du doch wissen.“

Sae goss den Tee ein und stellte ihnen die Tassen hin. Dann widmete sie sich der Suppe, die auf dem Herd vor sich hin kochte. Angesichts der Gäste gab sie einfach noch etwas Wasser hinzu. Eine Handlung, für die ein Koch in seinem Anwesen sofort gefeuert worden wäre.

„Er muss eine ziemliche Zicke sein.“

„Aha.“

Gefährlich langsam wanderten Byakuyas Augen zu Rikichi, doch dieser schien damit beschäftigt, sich ein Blickduell mit seinem Spiegelbild in der Teetasse zu liefern. Aufsehen wollte er jedenfalls nicht. Byakuya räusperte sich kurz.

„Ich denke nicht, dass man das so allgemein sagen kann. Jeder hat seine schlechten Tage.“

„Aber von dem, was ich so gehört habe, hat er andauernd schlechte Tage. Wäre er eine Frau, würde ich sogar sagen, er hat dauerhaft seine Tage.“

Das klang ja reizend. Er fragte sich, wann Rikichi zum letzten Mal so über ihn gesprochen hatte. Es wäre besser für ihn gewesen, wenn das schon einige Zeit in der Vergangenheit lag.

Nun ließ Sae von dem Topf ab und setzte sich ebenfalls an den Tisch.

„Aber wahrscheinlich kann dieser Kuchiki da nicht einmal viel für. Adlige sind eben weltfremd, so ist das halt.“

„Ich denke nicht, dass sie weltfremd sind.“

„Ach, die glauben doch alle, dass die Äpfel schon geschält an den Bäumen hängen.“

„Ich glaube das nicht.“

„Du bist ja auch kein Adliger.“

Sie lächelte.

„Dazu bist du mir zu sympathisch.“

„Ich verstehe.“

Anscheinend hatten die Einwohner Rukons nicht weniger Vorurteile seinen Leuten gegenüber wie umgekehrt. Doch woher sie diese Vorurteile nahmen, gefiel ihm gar nicht. Erneut sah er zu Rikichi, doch dieser war wohl dazu übergegangen, sein Spiegelbild zu Tode starren zu wollen. Doch dann meldete sich auch Renji zu Wort.

„So schlimm ist Kuchiki-taichou aber wirklich nicht.“

Ach? Womit hatte er, „Hanatarou“, das nun verdient?

„Ich meine klar, er kann zum Sklaventreiber mutieren. Und recht machen kann man es ihm ohnehin nie. Aber wenn ich mir ansehe, wie andere von ihren Taichou behandelt werden, haben wir eigentlich Glück.“

Danke auch. Mit wem war Renji immer unterwegs? Mit diesem Jungen, der aussah, als würde er sein schiefes Schwert zum Haareschneiden nutzen. Sollte das also heißen, dass er im Vergleich zu Ichimaru der bessere Vorgesetzte war? Da konnte er sich ja geehrt fühlen.

Renji schien zu merken, dass seine Worte nicht gerade einen positiven Effekt hervorriefen. Resignierend ließ er den Kopf etwas hängen.

„Was ich sagen wollte ist eigentlich nur, dass Kuchiki-taichou zwar seine Macken hat, wie jeder eben, aber… ich mag ihn trotzdem. Meistens.“

Das klang schon ganz anders. Fast schon zu freundlich. Fragend musterte Byakuya seinen Fukutaichou, doch dieser hatte sich Rikichi nun angeschlossen im Kampf mit den Spiegelbildern. Stille breitete sich aus, doch Sae schien eine Allergie dagegen zu haben. Mit kräftigen Bewegungen klopfte sie Renji auf die Schulter.

„Das hast du schön gesagt. Ungefähr so klang der Heiratsantrag von meinem Mann auch.“

„Was? Ich… nein! Das war doch nicht-„

„Schon gut, Renji. Wir wissen, wie es gemeint war.“

Sie zwinkerte, dann erhob sie sich wieder, um nach dem Essen zu sehen.

Renjis Gesichtsfarbe war dabei, sich seinen Haaren anzupassen. Ein wenig brachte das Byakuya sogar zum Schmunzeln. Sein Fukutaichou hatte schon eine unglückliche Art, Dinge zu formulieren. Natürlich war klar, was er gemeint hatte. Er bewunderte ihn, schließlich war es sein Ziel, ihn zu übertreffen. Er respektierte ihn. Aber mit mögen hatte das eigentlich recht wenig zu tun.
 

Wenige Minuten später hatten sie alle eine Schüssel Suppe vor sich stehen. Sie schmeckte zwar, war aber sicher nicht das, was Kuchiki gewohnt war. Wie immer verbarg der seinen wahrscheinlich vorhandenen Unmut darüber aber gut. Renji war ohnehin nicht wählerisch und gab sich vollkommen zufrieden mit dem Essen. Rikichi selbst bekam kaum etwas herunter. Renji hatte gerade, wenn auch sehr ungelenk, verkündet, dass er Kuchiki mochte. Er war seiner Mutter dankbar, dass sie immerhin dafür gesorgt hatte, dass das Ganze etwas ins Lächerliche gezogen worden war. Er hoffte, dass Kuchiki diese Worte für sich selbst noch etwas abschwächte und nicht verstand, worauf Renji hinausgewollt hatte.

Was jedoch viel schlimmer war: Warum hatte seine Mutter unbedingt ausplaudern müssen, was er ihr über seine Arbeit erzählt hatte? Ihre geschwätzige Art hatte ihn schon immer etwas gestört, doch jetzt gerade hasste er sie nur noch. Würde Kuchiki ihn darauf ansprechen? Sollte er ihm einfach sagen, dass er früher so empfunden hatte, seine Meinung sich nun aber umgekehrt hatte? Aber würde er sich damit nicht bloß noch tiefer in diese Sache reinreiten? Es war zum Verzweifeln.

Und es wurde auch nicht besser, als seine Mutter anmerkte, dass es schon so spät war und dass sie die drei nun unmöglich noch zurück nach Seireitei schicken konnte. In der Tat wurde es langsam dunkel, aber immerhin waren sie alle Kämpfer, die paar Kilometer Heimweg sollten nicht einmal ein Problem darstellen, wenn tatsächlich Störenfriede auftauchen sollten. Doch das war seiner Mutter egal. Und wenn ihr was egal war, hatte es auch allen anderen egal zu sein.

Übernachtung

Diese Sache würde er seiner Mutter noch lange übel nehmen. Noch sehr lange. Doch erst einmal musste er aus dieser Sache heile wieder herauskommen.

„Renji, vielleicht solltest du beim Abwasch helfen.“

Es war ein als Vorschlag getarnter Befehl. Die drei „Mitglieder der sechsten Gruppe“ befanden sich momentan in Rikichis Zimmer. Noch waren die Futons nicht ausgerollt und Rikichi fragte sich, ob der Boden überhaupt genug Platz für sie bot. Bisher hatte er in diesem Raum stets alleine geschlafen und auch das schon lange nicht mehr. Die letzte Nacht hatte er hier verbracht, bevor er den Hofgarden beigetreten war.

Gerade hockte er auf einem zusammengerollten Futon, den Blick wagte er nicht zu heben. Kuchiki hatte sich selbstverständlich den einzigen Stuhl im Raum geschnappt und Renji lehnte an einer Wand. Er machte keine Anstalten, das Zimmer zu verlassen. Der Taichou sah zu ihm auf.

„Es macht keinen guten Eindruck, wenn wir uns nur bedienen lassen und unsere Hilfe nicht anbieten.“

Doch Renji schüttelte bloß den Kopf.

„Sie wollen mich nur loswerden, um Rikichi die Leviten zu lesen. Dabei sollte Ihnen doch klar sein, dass man ständig solche Sachen sagt, wenn man gerade gestresst von der Arbeit ist.“

„Ach? Will ich denn wissen, was du so über mich sagst?“

Der leichte Rotschimmer, der sich nun in Renjis Gesicht legte, fiel wohl nur Rikichi auf. Er seufzte.

„Schon gut, Abarai-fukutaichou. Es ist ja meine Schuld.“

Und das hier aufzuschieben, war auch keine Lösung. Kuchiki würde auf eine Aussprache bestehen, da konnten sie es auch hinter sich bringen. Renji sah noch einmal kurz zwischen den beiden hin und her, nickte dann und verschwand. Wahrscheinlich würde er in der Nähe von Sae in größerer Gefahr schweben als hier.

Rikichi druckste etwas herum.

„Es tut mir leid.“

„Du musst mir nicht mit dieser Floskel kommen.“

Endlich sah Rikichi auf, doch den Blick seines Taichous fand er nicht. Kuchiki schien an ihm vorbeizusehen, eher mit der Wand hinter ihm zu sprechen. Konnte es etwa sein, dass ihm Rikichis Worte wirklich nahe gingen? Er hatte damit gerechnet, dass sein Taichou wütend sein würde. Ihn vernichtend ansehen und dann mit harten Worten traktieren würde. Aber das hier kam unerwartet.

„Taichou? Sie sollten das wirklich nicht so ernst nehmen. Als ich mit ihr gesprochen habe, war ich etwas in Rage gewesen… und es ist auch schon länger her, wirklich.“

„Was willst du damit sagen?“

„Nun… dass ich Sie nun eben anders sehe.“

Plötzlich fanden sich ihre Blicke doch. Rikichi hielt kurz die Luft an. Bisher hatte er immer geglaubt, die Augen Kuchikis würden nichts als Kälte verströmen. Doch da war noch mehr. Es war eher, als seien sie bloß eine Eisschicht, welche nun durchschimmernd wurde. Doch bevor er erkennen konnte, was er sah, blickte Kuchiki wieder weg.

„Ich frage mich, weshalb du dich überhaupt darauf einlässt. Ich hatte schon vorher das Gefühl, dass du mich nicht leiden kannst. Dennoch-"

„Das ist nicht wahr!“

Überrascht von der Unterbrechung sah Kuchiki ihn wieder an.

„Ich meine, natürlich kann ich Sie leiden. Nur sind Sie eben so anders als die Leute, die ich sonst so kenne. Das verunsichert mich etwas. Zunächst konnte ich mit Ihrer Art auch nichts anfangen, aber wie schon gesagt, das hat sich geändert. Sie sind eben jemand, bei dem man unter die Oberfläche sehen muss.“

Noch während er diese Worte aussprach, fragte er sich, ob er damit nicht genau ins Schwarze traf. Vielleicht bestand sein Taichou wirklich aus mehreren Ebenen? Vielleicht war er gerade noch dabei, die oberste anzukratzen? Das würde auch erklären, wie jemand, den er bisher nur mit den Worten „arrogant“ und „adlig“ hatte definieren können, nun plötzlich freiwillig Gefahr ging, seinen Ruf zu riskieren, nur, um ihn zu sehen.

„Doch was bewog dich dazu, mich anders zu sehen? Es kam schon sehr plötzlich.“

Rikichi schluckte. Sein Taichou durfte auf keinen Fall erfahren, weshalb diese Wendung so plötzlich gekommen war!

„Nun, um ehrlich zu sein… So richtig habe ich erst angefangen, über Sie nachzudenken, nachdem wir den einen Abend alleine im Büro gewesen waren. Doch danach bin ich Ihnen nur aus dem Weg gegangen… Ich war mir eben nicht im Klaren, was ich damit anfangen sollte. Und als ich es dann begriff, kam ich zu Ihnen…“

Den Rest musste er ihm jawohl nicht noch einmal erzählen. Er hatte ihn geküsst und es war widerlich gewesen. Kuchiki schien sich mit dieser Erläuterung zufrieden zu geben. Vorerst.

„Natürlich war mir bereits bewusst, dass nicht alle Mitglieder der Sechsten vollkommen zufrieden mit mir sind. Das ist in keiner Division so. Vielleicht habe ich mir auch über diese harmlosen Worte zu viele Gedanken gemacht. Schließlich ist nur wichtig, was du nun zu mir sagst und nicht, was du irgendwann zu anderen gesagt hast.“

Er hielt Rikichi seine Hand hin. Fragend sah dieser zu ihm auf, ergriff sie dann aber. Er wurde hochgezogen und direkt auf Kuchikis Schoß befördert. Im nächsten Moment legten sich auch schon die Arme des Taichous um ihn, drückten ihn an dessen Körper. Doch nicht besitzergreifend, bloß versöhnlich. Rikichi schluckte.

„Ich mag dich wirklich sehr gerne, Rikichi.“

„Ich Sie auch, Taichou.“

Das Lügen fiel ihm schwerer als sonst. Doch als Kuchiki ihn küsste, fragte er sich einen Herzschlag lang, ob es dieses Mal überhaupt eine Lüge gewesen war.
 

Es war knapp gewesen. Nur Sekunden, nachdem er sich von Rikichi gelöst und dieser daraufhin ziemlich wackelig auf die Beine gekommen war, wurde die Zimmertür aufgerissen. Byakuya war es gewohnt, dass angeklopft wurde, bevor man eintrat. Sei es bei ihm zuhause oder im Büro. Sae schien davon nicht allzu viel zu halten.

„Hanatarou! Wie wäre es, wenn du Renji in der Küche beim Abwasch hilfst?“

Auch sie verpackte ihre Befehle in Vorschlägen. Byakuya blickte sie fragend an.

„Ich hätte nicht gedacht, dass das so lange dauert…“

„Ach, wir haben noch gar nicht angefangen. Ich habe mich noch ein wenig mit ihm unterhalten. Und jetzt würde ich gerne noch etwas mit meinem Sohn sprechen, wo er doch so selten vorbeikommt.“

Das Ende des Satzes war eindeutig ein Vorwurf.

Byakuya erhob sich. Ihrem Wunsch konnte er sich ja schlecht in den Weg stellen. Er warf Rikichi noch einen kurzen Blick zu, dann verließ er das Zimmer und begab sich in die Küche. Renji hatte das Geschirr bereits neben dem Waschbecken aufgetürmt. Er blickte kurz zu ihm, dann krempelte er sich die Ärmel hoch.

„Jetzt hat sie sich also ihren Sohn geschnappt. Aber Sie kommen sicher auch noch dran.“

„Nun… sie scheint sich gerne zu unterhalten.“

„Ja, das scheint sie. Sie hat sich aber nicht nur mit mir unterhalten, sie hat mich in Grund und Boden gerammt. Von wegen, ich sei schuld, dass Rikichi jetzt einen Strich im Gesicht hat.“

„Bist du doch auch.“

Sae begann, ihm sympathischer zu werden. Sie äußerte genau seine Gedanken. Renji seufzte und ließ die Schultern sinken.

„Das ist eben ein origineller Stil.“

„Von mir aus. Bei dir ist es auch etwas anderes.“

Bei ihm war es ihm schließlich egal. Aber diese Worte schienen Renji wieder aufzubauen.

„Sie meinen, mir steht es?“

Er nickte. Nein, so hatte er es eigentlich nicht gemeint. Aber immerhin konnte er so dieses lächerliche Gespräch über Tattoos beenden. Renji jedenfalls schien zufrieden.

Nun steuerte er einen der Küchenstühle an, doch sein Fukutaichou versperrte ihm den Weg. Wagte es, ihm den Weg zu versperren.

„Was soll das denn jetzt?“

„Arbeitsteilung. Einer spült ab, der andere trocknet ab.“

„Natürlich. Aber wir werden bloß so tun, als ob.“

Was hatte der sich denn gedacht? Hatte er erwartet, dass Byakuya sich wirklich dahinstellen und Hausarbeit erledigen würde?

„Und wenn sie wiederkommt?“

„Was ist dann?“

„Sie wird Ihnen gehörig die Leviten lesen, wenn sie sieht, dass Sie überhaupt nichts machen.“

„Das wird sie nicht. Sie wird eher froh sein, dass der Mann, der Rikichi zu diesem Strich verführte, alles alleine machen muss.“

Zumindest würde er selbst das so sehen.

„Und nun geh an die Seite.“

Viel blieb Renji ja nun nicht mehr übrig. Er hatte bereits zu viel gewagt. Murrend ging er aus dem Weg, sein Murmeln klang ein wenig nach „Sie würden ohnehin nur alles kaputt schmeißen“, aber sicher war Byakuya sich da nicht. Er wollte auch nicht mehr weiterdiskutieren.

Er setzte sich und beobachtete Renji dabei, wie dieser den Abwasch erledigte. Wenn er es so recht bedachte, hatte er noch nie jemandem dabei zugesehen.

„Es ist echt nett von Sae, dass sie uns hier übernachten lässt, nicht wahr?“

Sein Fukutaichou wollte wohl ein wenig Konservation machen.

„Sie lässt uns nicht hier übernachten, sie zwingt uns förmlich dazu.“

Renji grinste kurz über seine Schulter zu ihm.

„Ja, so kann man es wohl auch nennen. Trotzdem meint sie es gut. Rikichi kann sich glücklich schätzen.“

„Das kann er allerdings.“

Und er meinte es auch so.

„Da fällt mir ein…“

Renji kramte in seiner Tasche und beförderte schließlich ein Handy zutage.

„…vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn ich mich mal zuhause melde.“

„Tu das. Nicht, dass Kira sich noch Sorgen macht.“

„Ja, ich-„

Der Fukutaichou hielt inne und sah Byakuya entgeistert an.

„Sie wissen, dass er momentan bei mir wohnt?“

„Ja, das habe ich zufällig mitbekommen.“

„Und Sie haben es sich gemerkt?“

„Hätte ich es sonst erwähnen können? Was ist daran so verwunderlich? Du sprichst, als würde ich normalerweise meinen eigenen Geburtstag vergessen.“

„Nein, ich… war nur etwas überrascht. Schon gut.“

Renji tippte eine Nummer ein und wartete dann. Nach einer Weile legte er auf und tippte eine weitere Nummer ein. Anscheinend passierte erneut nichts, er sah auf das Display und kratzte sich am Kopf.

„Komisch, er geht nicht dran. Nicht zuhause und nicht an sein Handy.“

„Vielleicht hat er noch zu tun. Ich kann mir vorstellen, dass Ichimaru ihn Überstunden machen lässt.“

„Nein… er hat heute zum zweiten Mal infolge frei.“

„Ach?“

Ichimaru gab seinen Leuten frei? Nun durfte Byakuya sich wohl wirklich geehrt fühlen, im direkten Vergleich als der angenehmere Taichou zu gelten.

„Ja, das ist schon komisch. Normalerweise hat Izuru keine freien Tage. Aber vielleicht nutzt er das ja jetzt irgendwie für sich aus, wäre auch mal was.“

Den besorgten Unterton bekam Renji nicht aus seiner Stimme. Aber Byakuya hätte nicht gewusst, warum er da noch hätte nachharken sollen. Kira konnte ihm egal sein.

„Sind wir dann fertig?“

„Na ja… ich bin fertig.“

„Wie auch immer.“

Renji musste nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.

„Dann lass uns wieder zurückgehen.“
 

Renji konnte ein Gähnen nicht unterdrücken. Inzwischen war es schon ziemlich spät geworden. Zum wiederholten Male sah er auf die Uhr.

„Kuchiki-taichou ist sicher schlimmer als jede Frau. Er ist schon ewig im Bad.“

„Ja, er braucht immer so lange.“

„Bitte?“

Verdutzt sah Renji seinen jüngeren Kollegen an. Dieser riss erschrocken die Augen auf und legte dann verlegen die Hand in den Nacken.

„Ich meine, davon gehe ich mal aus. Er wirkt ja auch so, als würde er für gewöhnlich ewig im Bad stehen.“

„Ach so, klar. Rukia hat Glück, dass deren Anwesen so viele Badezimmer hat wie andere Wohnungen Fenster haben. Mindestens.“

Doch in dem Moment ging die Zimmertür auf und Byakuya stand im Türrahmen. Zweifelnd sah er auf den Boden, auf welchem die anderen beiden die Futons inzwischen ausgebreitet hatten.

„Können wir nicht noch ein paar Futons holen und sie übereinander legen?“

Ihm war anzuhören, dass er sich zusammenriss, um nicht direkter zu meckern. Entschuldigend sah Rikichi zu ihm auf.

„Mehr haben wir gar nicht. Das sind mein Futon, der alte Futon meines Bruders und der meiner Mutter. Sie schläft diese Nacht auf dem Sofa. Tut mir leid.“

Wortlos ließ Byakuya sich nieder und setzte sich zu den anderen. Renji konnte sich vorstellen, wie unkomfortabel ihm dieses Lager vorkam. Er selbst hatte kein Problem damit, oft genug hatte er ja auch auf der bloßen Erde schlafen müssen. Allerdings hätte man auch hier beinahe sagen können, dass die Futons mehr übereinander als nebeneinander lagen. Die Ränder überlappten sich, anders hätte man sie in diesem engen Raum nicht unterbringen können. Renji konnte kaum glauben, dass keine weiteren Beschwerden seines Taichous mehr folgten. Anscheinend hatte der sich vorgenommen, so gut wie möglich mit der Situation fertig zu werden. Plötzlich schlug Renjis Herz schneller, als ihm klar wurde, welche Möglichkeit bestand: Würde er diese Nacht in unmittelbarer Nähe zu seinem Taichou verbringen?
 

Rikichi befand sich gewissermaßen in einer Zwickmühle. Er hatte die Chance, neben Renji zu schlafen! Direkt neben ihm, nicht nur im Zimmer neben ihm. Doch auf der anderen Seite würde Kuchiki sein und dieses Glücksgefühl gehörig abdämpfen. So konnte er sich nicht einmal versehentlich ein wenig zu nahe an Renji heranrollen. Falls er sich das überhaupt getraut hätte. Dann bestand natürlich noch die Möglichkeit, Renji in der Mitte schlafen zu lassen. Doch ihn in Kuchikis Nähe zu wissen, war noch sehr viel schlimmer, als selbst dort zu liegen.

„Also dann… wollen wir uns schlafen legen? Ich für meinen Teil bin schon recht müde…“

Er bekam zustimmendes Nicken von beiden Seiten. Und sie alle griffen nach der Decke des mittleren Futons. Es war klar gewesen, dass Renji versuchen würde, neben Kuchiki zu schlafen. Der wiederum hatte wohl sichergehen wollen, dass sein Fukutaichou sich nicht die Mitte schnappte. Was also jetzt? Leise räusperte er sich.

„Also… das in der Mitte ist mein Futon, da dachte ich, dass-„

Kuchiki nickte.

„Ich verstehe.“

Er schien nicht, als würde ihm das viel ausmachen. Wahrscheinlich war es ihm so sogar noch lieber, weil er so nur neben Rikichi und nicht auch noch neben Renji lag. Letzterer jedoch machte ein Gesicht, als hätten die anderen zwei angedroht, ihn zu verprügeln. Resignierend zog auch er seine Hand zurück. Es tat weh, wie enttäuscht er wirkte, neben Rikichi liegen zu müssen. Schnell legte Rikichi sich hin und zog die Decke hoch. Renji löschte noch das Licht, dann legten sich auch die anderen beiden nieder.

Natürlich war es so nicht dasselbe, wie als wenn Renji und er nebeneinander gelegen hätten, einfach, weil sie es wollten. Dennoch war es schön, den Atem seines Fukutaichou so nahe bei sich zu spüren. Es dauerte nicht einmal sonderlich lange, da war dieser schon eingeschlafen. Zumindest klang es so. Er musste wirklich ziemlich müde gewesen sein, aber er hatte am Morgen ja auch erwähnt gehabt, dass er die letzten Nächte nicht gut geschlafen hatte. Rikichi hatte ihm sein Gesicht zugewandt. In der Dunkelheit war absolut nichts zu erkennen, aber er stellte sich einfach das schlafende Gesicht dicht an seinem eigenen vor. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Doch es erstarrte, als er spürte, wie sich eine Hand auf der anderen Seite auf seinen Arm legte. Er wandte seinen Kopf Kuchiki zu, den er ebenso wenig erkennen konnte. Was wollte er? Der Druck seiner Finger auf seinem Arm verstärkte sich etwas, er stupste ihn an. Er wusste nicht, ob er die Aufforderung richtig verstand. Vorsichtig legte er seine eigene Hand auf die seines Taichous. Als Antwort griff dieser nach ihr und hielt sie fest. Ihre Finger verschränkten sich ineinander.

Er fühlte sich schlecht, wenn er daran dachte, dass Renji bloß wenige Zentimeter entfernt lag, während sie hier Händchen hielten. Doch gleichzeitig konnte er nicht leugnen, dass diese Atmosphäre etwas unglaublich Schönes an sich hatte. Zum ersten Mal wirkte Kuchikis Verhalten nicht hoffnungslos aufdringlich auf ihn. Wenn er wollte, konnte er seine Hand jederzeit zurückziehen. Und er würde ihn gewähren lassen, das spürte er. Vielleicht lag es bloß daran, dass Kuchiki ihm nichts aufzwingen wollte, während die Chance bestand, dass sie erwischt wurden. Vielleicht war ihm die Gefahr zu groß, dass Renji etwas bemerken konnte. Doch vielleicht hatte er auch darüber nachgedacht, warum Rikichi so schlecht über ihn gesprochen hatte. Sollte er am Ende zu dem Schluss gekommen sein, dass er mehr Rücksicht auf andere nehmen sollte?

Er spürte, wie sein Taichou in der Dunkelheit ein wenig näher rückte, bis ihre Gesichter sich fast berührten. Rikichi wartete, doch nichts passierte. Weiter schien sein Taichou nicht gehen zu wollen. Oder war er an der Reihe? Wartete Kuchiki ausnahmsweise selbst darauf, dass er den ersten Schritt machte? Er dachte daran, wie Renji auf seiner anderen Seite schlief. Daran, dass er nun viel lieber dessen Finger zwischen seinen eigenen gespürt hätte. Und daran, dass ihm die Tatsache, dass es Kuchikis Finger waren die er spürte, nicht mehr so viel ausmachte wie kürzlich noch. Er überwand die letzten paar Zentimeter. Es war ein kurzer, flüchtiger Kuss. Doch es war der beste bisher, weil er von beiden Seiten kam.

Bald darauf schlief er ein. Er merkte nicht mehr, wie Kuchiki seine Hand wieder losließ und etwas wegrückte, für den Fall, dass Renji als Erster aufwachen und sie sehen würde.
 

Tatsächlich war es Renji, der als am Morgen vor den anderen beiden die Augen aufschlug. Jedoch kniff er sie schnell wieder zusammen in der Annahme, er würde träumen. War das real? Wenn ja, dann konnte er nun ruhig glücklich sterben. Langsam blinzelte er wieder. Das Bild hatte sich nicht verändert. Byakuya war im Schlaf einfach wunderschön. Nicht, dass er das nicht ohnehin immer war… aber so hatte er ihn noch nie gesehen. Seine Augen waren friedlich geschlossen, sein ganzes Gesicht entspannt. Es gab keinen Hinweis darauf, von welch strenger Natur er im Wachzustand war. Seine schwarzen Haare umrahmten sein Gesicht und, jetzt kam das Beste, sie verteilten sich auf Renjis Brust. Ganz recht, der Kopf seines Taichous ruhte auf Renjis Oberkörper. Er versuchte extra, etwas flacher zu atmen, um ihn nicht zu wecken.

Vorsichtig schielte er zu Rikichi. Der lag noch immer neben ihm, bloß war er begraben unter Teilen Byakuyas. Renji begriff schnell. Anscheinend hatte dessen adlige Körper ganz im Alleingang Maßnahmen ergriffen, um nicht auf so ungewohnt hartem Untergrund zu liegen. Er hatte sich einfach komplett über die drei Futons ausgebreitet und seine beiden Untergebenen als Unterlage benutzt. Renji musste schmunzeln. Bisher war er Byakuya nur literarisch unterlegen gewesen, nun konnte man es wörtlich nehmen.

Er wünschte sich, dass sie noch eine Ewigkeit so hier liegen konnten. Fast schon wagte er es, seine Hand etwas auszustrecken, um Byakuyas Haare zu berühren. In dem Moment ertönte ein schrecklich laut wirkendes Klingeln. Es zerriss die Ruhe, die Atmosphäre, dieses schöne Gefühl. Byakuya schlug die Augen auf. Er starrte Renji an, als sein dieser ein rosa Hollow oder etwas ähnlich Bizarres, dann richtete er sich auf. Er kletterte von den anderen beiden und blickte sich vorwurfsvoll um, anscheinend die Quelle des Störgeräusches suchend. Auch Rikichi kam nun langsam wieder zu sich.

Nie zuvor hatte Renji sein Handy mehr gehasst. Wer auch immer das war, er würde seinen Zorn zu spüren kriegen. Er stand auf, nahm das Handy, welches er am Vorabend neben die Futons gelegt hatte auf und murmelte eine Entschuldigung. Dann verließ er das Zimmer, um das Gespräch im Flur anzunehmen. Vor seinem inneren Auge hatte er noch immer Byakuyas schlafendes Gesicht. Er würde jedes Detail so lange wie möglich in Erinnerung behalten. Dann meldete er sich mit seinem Namen.

Er hatte nicht damit gerechnet, zwei Nächte hintereinander auswärts zu schlafen. Er hatte nicht damit gerechnet, Rikichis Mutter je kennen zu lernen und erst recht nicht damit, unverhofft ausgerechnet von Byakuya als Matratze missbraucht zu werden. Mit diesem Anrufer ging die Kette der unerwarteten Ereignisse weiter.

Treffen

Byakuya brauchte noch einen Moment, um ganz wach zu werden. Warum nur hatte Renji das erste sein müssen, was er gesehen hatte? Rikichis Gesicht wäre ihm lieber gewesen. Und dann war Renjis Handy auch noch Schuld daran gewesen, dass er nicht hatte ausschlafen können. Sein Fukutaichou würde demnächst mit Überstunden zu rechnen haben. Er strich sich ein paar Strähnen aus den Augen und sah zu Rikichi, welcher sich gerade halb aufrichtete. Seine Decke lag etwas abseits von den Futons, welche sich nun noch mehr überlappten als am Vorabend. Byakuyas Kissen lag fast am anderen Ende des Zimmers. Aber es war nichts Neues für ihn, im Schlaf die Betteinrichtung umzugestalten.

„Guten Morgen, Taichou…“

Die Worte seines Untergebenen klangen genuschelt.

Byakuya antwortete nicht, stattdessen rutschte er etwas näher. Sanft streichelte er über Rikichis Wange, woraufhin dieser schnell den Blick senkte. Byakuya schmunzelte ein wenig. Vor einigen Stunden noch hatten sie sich geküsst und nun war dem Jüngeren so etwas schon peinlich?

Rikichi schielte kurz zur Tür, hinter welcher Renjis Stimme dumpf zu hören war. Machte er sich Sorgen, dass diese Nervensäge sie ertappen würde? Das brauchte er nicht. Byakuya würde schon noch von ihm ablassen, wenn sie merkten, dass das Gespräch verstummte. Er rückte noch ein wenig näher, die Augen seines Gegenübers hoben sich wieder.

„Es war eine schöne Nacht, Rikichi.“

Wenn man davon absah, dass sein Futon so hart gewesen war wie ein Fußboden. Aber er hatte von den dreien ja noch am bequemsten liegen können.

Zur Antwort bekam er ein Nicken.

„Ja, Taichou. Es… es hat mir auch gefallen.“

Die Stimme wurde immer leiser.

„Mir wäre es allerdings lieber gewesen, mit dir alleine zu sein.“

Das Nicken nun war etwas zögerlicher.

„Beim nächsten Mal…“

Ein kurzes Schweigen entstand. Gerade wollte Byakuya sich vorbeugen, diesen kleinen Moment der Zweisamkeit nutzen, als auch die Stimme auf dem Flur erstarb. Als die Tür wieder geöffnet wurde, hatte Byakuya sich bereits wieder an den Rand seines Futons zurückgezogen.
 

Rikichi stolperte etwas unbeholfen neben den anderen beiden her, während er seine Kleidung wieder richtete. Er hatte schon gedacht, seine Mutter würde ihn gar nicht mehr gehen lassen. Es war nett von den anderen gewesen, geduldig abzuwarten, bis sie ihn wieder losgelassen hatte. Dennoch wäre es ihm lieber gewesen, wenn sie schon vorgegangen gewesen wären. Sie hatte seine Haare und seinen Shihakushou ganz durcheinander gebracht, als sie ihn immer stärker an sich gedrückt hatte. Er hoffte, dass er sich das leise Knacken nur eingebildet hatte und seine Rippen noch ganz waren. Er blickte zu seinen Begleitern.

„Also… tut mir nochmal leid, dass sie uns alle so… für sich beansprucht hat.“

Doch Kuchiki winkte nur ab. Renji murmelte nur, dass sie ja ganz nett gewesen war. Seit dem Anruf war er ziemlich ruhig gewesen und Rikichi machte sich schon Sorgen. Auf seine Fragen hin hatte Renji aber bloß mit den Schultern gezuckt und gemeint, dass nichts Besonderes sei. Keine Minute später hatte er Kuchiki allerdings gefragt, ob er heute pünktlich Schluss machen könnte. Soweit Rikichi wusste, tat Renji so etwas eigentlich nicht. Der Taichou hatte verwundert eine Augenbraue hochgezogen und anscheinend erst protestieren wollen. Schließlich hatte er aber nur stumm genickt.

Und nun waren sie also zusammen auf dem Rückweg, in aller Frühe. Sie alle wollten vor der Arbeit noch kurz zuhause vorbeischauen, um sich frisch zu machen. Die Dusche in Rikichis altem Haus hätte nicht einmal dafür gereicht, um Kuchiki genug heißes Wasser für seine verhältnismäßig langen Duschen zu liefern. Es war besser, Kuchikis Laune keinem zuzumuten, wenn diese von kaltem Wasser beeinträchtigt war.

Direkt nachdem sie das Nordtor durchquert hatten, verabschiedete Rikichi sich von den anderen und beeilte sich, nachhause zu kommen um Torara zu füttern, bevor diese mal wieder auf die Idee kam, vor lauter Langeweile Muster in die Stuhlbeine zu schnitzen.
 

Er hatte es am Morgen ganz knapp geschafft, nachhause zu gehen um sich zu duschen und dann pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen. Wobei die Dusche eigentlich unnötig gewesen war, wie er im Nachhinein hatte feststellen dürfen. Sein Taichou hatte Renji mit Arbeit überladen, kaum dass er ihn erblickt hatte. Nicht ein Hauch von der Stimmung am Morgen war noch geblieben, nicht ein Anzeichen dafür, dass sie sich so nahe gewesen waren.

Renji atmete tief aus. Welche Stimmung überhaupt? Für ihn war es ein wunderbarer Moment gewesen, Byakuyas schlafendes Gesicht so nahe an seinem zu haben. Doch für seinen Taichou war das lediglich ein Versehen gewesen, wahrscheinlich sogar ein Ärgernis. Dieselbe Situation, vollkommen verschiedene Blickwinkel.

Später dann war Renji durch anscheinend knöcheltiefes Wasser gestakst. Ob Byakuya gewusst hatte, dass es im Diesseits so einen Sturm gab, als er ihn dorthin geschickt hatte? Zuzutrauen war es ihm. Immerhin war der Auftrag recht schnell erledigt gewesen, er war gerade wieder in der Sechsten angekommen. Wenigstens würde er heute keine Überstunden machen müssen. Das kam sicher in nächster Zeit noch.

Er trocknete sich die Haare und wrang den Shihakushou so gut wie möglich aus. Zu viel Zeit sollte er sich nicht nehmen, wenn er nicht zu spät zu seinem Treffen kommen wollte. Er verließ die Division, bevor Byakuya es sich anders überlegen und ihn die Nacht durcharbeiten lassen konnte.
 

Gut zwanzig Minuten später betrat er die besprochene Bar und sah sich um. Sie war recht belebt, der Geräuschpegel hielt sich ebenfalls sehr hoch. Dennoch fand er den gesuchten Shinigami recht schnell. In der Soul Society fielen blonde Haare eben auf. Er steuerte auf den Tisch zu.

„Da bist du ja, Abarai.“

Er setzte sich seiner Verabredung gegenüber. Sein Blick war neugierig, hatte sie ihn doch noch nie irgendwohin bestellt.

„Woher hast du überhaupt meine Nummer, Matsumoto-san?“

„Aus Gins Handy geklaut.“

Ach so, das erklärte alles. Oder auch nicht. Er stutzte.

„Und wozu hat er die…?“

„Ist das nicht egal?“

Er blinzelte überrascht, als er den unterschwellig gereizten Ton heraushörte. Matsumoto trommelte leicht mit den Nägeln auf die Tischplatte, nicht nervös, aber ungeduldig. Als wollte sie schnell zum Punkt kommen. Zugleich kaute sie auf ihrer Lippe, als wüsste sie nicht recht, womit sie starten sollte.

Renji überließ es ihr, anzufangen. Schließlich hatte er selbst absolut keine Ahnung, was sie überhaupt wollte.

Gerade wollte sie ansetzen, als die Bedienung kam. Ihr Trommeln wurde eine Spur schneller, während sie wartete, dass Renji seine Bestellung aufgab und der Störfaktor sich wieder entfernte.

„Kannst du mir mal sagen, was das letztens sollte?“

„Letztens?“

„Vorletzten Abend. Kira und Hisagi.“

„Oh…“

Jetzt erst fiel ihm wieder ein, dass auch Matsumoto anwesend gewesen war. Der Streit zwischen seinen beiden besten Freunden, Izurus Stress mit Ichimaru und vor allem diese Freundin von seinem eigenen Taichou… all das hatte seine Gedanken viel zu sehr beschäftigt, als dass er sich noch darum hätte kümmern können.

Matsumoto fixierte ihn nur, wartete auf eine Antwort. Aber was ging es sie überhaupt an? Warum regte sie sich anscheinend so auf? Oder konnte es sein, dass…

Er lächelte in der Hoffnung, beruhigend auf ihr Gemüt zu wirken.

„Keine Sorge. Shuuhei ist nicht schwul.“

„Na und? Das ist mir doch egal.“

Sein Lächeln verschwand wieder. Falsche Schlussfolgerung. Armer Shuuhei.

„Und wo ist dann das Problem?“

Er würde ihr gewiss nicht sagen können, dass Izuru nicht schwul war. Die Lüge wäre so offensichtlich gewesen wie zu behaupten, dass Hinamori heimlich einer Schlägerbande angehörte und einmal die Woche denen aus der Elften auf dem Heimweg auflauerte.

Zumal er sich ohnehin nicht vorstellen konnte, dass Matsumoto an Izuru interessiert war.

Sie schüttelte jedoch nur den Kopf uns sah ihn dann wieder ernst an.

„Beantworte mir erst meine Frage. Was hatte das zu bedeuten?“

„Wie kommst du drauf, dass ich das weiß?“

„Du lebst verdammt noch einmal mit Izuru zusammen.“

Okay, der gereizte Unterton war jetzt kein Unterton mehr.

Trotzdem zuckte er nur mit den Schultern. Worum auch immer es ging, sie sollte es besser mit seinem Freund direkt abklären. Er kannte sich. Er würde ohnehin nur das Falsche sagen und ihn so irgendwo reinmanövrieren. Wenn er das nicht schon selbst erledigt hatte.

Matsumoto starrte ihn noch eine Weile an, senkte dann den Blick aber. Sie seufzte leise und schien dann nachzudenken.

Renjis Bestellung kam, die Bedienung verzog sich wieder und die Fukutaichou der Zehnten betrachtete noch immer abwechselnd ihre Fingerspitzen und die Musterung der Tischplatte. Dann hob sich ihr Blick wieder.

„Gin wollte über irgendetwas mit mir reden, an diesem Abend. Ich weiß nicht worüber, aber er klang recht ernst.“

Renji verstand sofort. Wenn Ichimaru ernst klang, hatte das etwas zu bedeuten. Kurz flackerte die dunkle Straße vor ihm auf, die er entlang gegangen war, als er vor einigen Abenden von Byakuyas Anwesen heimgekehrt war. Ichimaru war ihm entgegen gekommen und das Fehlen seines typischen Grinsens war ihm sofort aufgefallen gewesen. Doch hatte er sich dabei später nichts weiter gedacht. Warum auch sollte er mehr Gedanken als unbedingt nötig an diesen unangenehmen Mann verschwenden?

„Wir gingen also in diese Bar… je mehr Leute um einem herum sind, desto privater kann man sich unterhalten. Jedenfalls sagte er das.“

Und es schien zu stimmen. Bisher hatte niemand auch nur in die Richtung der beiden Fukutaichou geblickt.

„Aber als wir sie betraten… nun, das weißt du ja selbst. Kira sprang auf, steckte seine Zunge bis zum Anschlag in Hisagis Hals und dann wart ihr alle auch schon weg.“

In seinen Ohren klang das ein wenig übertrieben, aber er beließ es mal dabei. Er hatte das Gefühl, als sei es keine gute Idee, mit dieser Frau Haare zu spalten. Erst recht nicht, wenn ihre Stimmung definitiv nicht gut war.

Er hob sein Glas und trank einen Schluck.

Sie schwieg wieder, doch es wirkte eher, als würde sie sich von Satz zu Satz hangeln. Noch wollte er sie nicht unterbrechen.

„Nun… an dem Abend hat er jedenfalls nichts mehr gesagt. Jedenfalls nichts Relevantes. Hat so getan, als hätten wir uns einfach so zum Trinken verabredet.“

Renji dachte darüber nach.

„Und wenn es ohnehin um nichts wirklich Wichtiges ging? Vielleicht hat sich das in der Zwischenzeit eh erledigt gehabt oder so. Ich meine, bei ihm weiß man nie.“

„Ich kenne Gin.“

Er hätte sich fast verschluckt. Dieser Satz klang ähnlich verrückt wie die Vorstellung einer Hinamori, die die Ikkaku die Zähne ausschlug. Ichimaru kennen? Ging das überhaupt? Andererseits war Matsumoto bekanntermaßen seit einer Ewigkeit mit ihm befreundet, was mindestens ebenso unglaubwürdig klang.

„Aber was sollte Izuru denn damit zu tun haben? Ich meine, gut, vielleicht hat er Ichimaru-taichou etwas überrascht. Aber ich denke nicht, dass er davon wirklich…also…mitgenommen wäre oder so. Wir reden immerhin von Ichimaru-taichou.“

Er verkniff sich das „der hat ohnehin keine Gefühle“.

Sicher wäre sie auch da anderer Meinung gewesen.

Doch sie schüttelte nur erneut den Kopf.

„Sagst du mir jetzt, was das überhaupt sollte? Hisagi wirkte nicht, als hätte er Spaß daran. Und wenn er, wie du sagst, nicht einmal schwul ist, macht das noch weniger Sinn. Es ging nur darum, Gin etwas an den Kopf zu knallen, nicht wahr?“

Renji nickte. Abstreiten konnte man das nun ohnehin nicht mehr.

„Und das ging auf keine andere Art und Weise, oder wie?“

„Also…“

„Ich hätte nicht erwartet, dass Kira so selbstsüchtig ist.“

Erneut musste Renji überrascht blinzeln. Izuru und selbstsüchtig? Plötzlich war es an ihm, zornig zu sein. Was bildete sie sich eigentlich ein, so zu reden? Anscheinend hatte sie selbst ja noch weniger Ahnung als er, was zwischen den beiden passierte. Genau wussten das ohnehin nur die beiden, oder besser gesagt ausschließlich Ichimaru.

„Ichimaru-taichou spielt nur mit ihm. Es wurde Zeit, dass Izuru endlich mal handelt. Weißt du was? Mir ist egal, wie es seinem Taichou dabei geht, Hauptsache, Izuru ist glücklich. Er hat es viel eher verdient.“

Matsumotos Augen funkelten kurz, es war ihr deutlich anzusehen, dass eine schnippische Bemerkung bereits dabei war, sich ihren Weg aus ihrer Kehle zu bahnen. Doch dann beruhigten ihre Züge sich wieder etwas, in ihre Augen schlich sich ein eher fragender Blick.

„Und, ist er so glücklich?“

Innerlich ließ ihn diese Frage ein wenig zurückzucken. Er hatte Izuru seitdem nicht einmal wirklich gesehen. Die beiden Nächte danach hatte er bei Rikichi verbracht. Heute Morgen hatten sie sich gesehen, doch mehr als ein kurzer Austausch von Floskeln war nicht zustande gekommen. Hatte Izuru glücklich gewirkt? Die Antwort war schlicht „nein“. Er hatte kränklich gewirkt, die Augenringe waren so dunkel gewesen als hätte er sich geschminkt gehabt und sein Blick abwesend.

Renji antworte nicht, doch war dies anscheinend auch nicht nötig. Matsumoto konnte genug aus seinem betroffenen Blick ablesen.

„Siehst du. Würde es Gin nichts machen, würde er Kira dann verbieten, zum Dienst anzutreten? Und würde es Kira nichts machen, würde der sich dann nicht einfach über seine freien Tage freuen?“

„Worauf willst du eigentlich hinaus?“

Langsam wurde er misstrauisch. Ihm gefiel die Wendung, die das Gespräch gerade annahm, so gar nicht.

„Sprich mit Kira. Er ist immerhin dein bester Freund. Sorg dafür, dass er sich wieder einkriegt.“

Also doch.

„Hast du eben nicht zugehört? Ich bin der Meinung, dass er ohne Ichimaru-taichou besser dran ist. Warum sollte ich ihn jetzt in die andere Richtung lenken?“

„Ich mache mir eben Sorgen um Gin.“

„Aha. Und ich um Kira. Wer von beiden ist wohl gefährdeter?“

„Gin.“

„Siehs- äh, was?“

Hatte er sich verhört, oder war sie wirklich so stur, zu behaupten, dass es Ichimaru alles in allem schlechter ging?

„Ich treffe Kira bloß ab und zu, um mit ihm was zu trinken. Ansonsten kenne ich ihn doch gar nicht. Dementsprechend wenig bekomme ich von seinem Zustand mit… Aber andersherum ist es genauso. Du hast keine Ahnung, wie es Gin geht.“

Und das hatte auch seine Gründe. Er brannte nicht wirklich darauf, etwas über das Innenleben dieses Mannes zu erfahren. Nicht im Mindesten. Andererseits hatte Matsumoto zumindest in dem Punkt recht, dass es Izuru nicht gut ging mit der momentanen Situation…

Renji trank noch einen Schluck. Er musste darüber nachdenken.

Matsumoto schloss die Augen und lehnte sich zurück. Nach einer Weile sprach sie weiter.
 

Keine Stunde später war er wieder zuhause. Wie erwartet war Izuru in seinem Zimmer, vermutlich hatte er sich den ganzen Tag nicht da heraus bewegt. Er protestierte nicht, als Renji zu ihm kam und sich neben ihm aufs Bett setzte. Eine ganze Weile schwiegen sie bloß.

„Was ist das nun eigentlich zwischen dir und Ichimaru?“

„Ich weiß nicht.“

„Seid ihr noch zusammen?“

„Waren wir das je?“

Die antworten kamen schnell und monoton, fast maschinenartig. Renji seufzte innerlich. Das konnte was werden.

„Habt ihr seitdem überhaupt miteinander gesprochen?“

„Ja.“

„Worüber?“

„Darüber, dass er nicht mit mir sprechen will. Sehen will er mich auch nicht. Vielleicht werde ich ja in eine andere Division versetzt.“

Renji hob die Augenbrauen. Er bezweifelte, dass das so einfach ging. Es wirkte, als wollte Izuru seine neutrale Tonlage durch möglichst dramatische Inhalte kompensieren.

„Ihr solltet miteinander sprechen.“

„Warum?“

Warum? Was sollte er darauf sagen? Ihm mitteilen, dass Ichimaru ihrer Beziehung nicht gleichgültig gegenüberstand? Aber wie sollte er das sagen, wenn er selbst nicht daran glaubte? Er hielt es noch immer für mehr als möglich, dass Matsumoto ihren Kindheitsfreund in solchen Dingen überschätzte.

„Nun… weil es aussieht, als sei die einzige andere Möglichkeit für dich, hier so vor dich hin zu vegetieren und das-„

„Du warst doch derjenige, der mit Mut gemacht hat, damit ich es beende. Jetzt bin ich dabei, es zu beenden und nun willst du mir das Gegenteil einreden.“

Und damit lag er gar nicht so falsch. Endlich wandte Izuru ihm seinen Blick zu.

„Warum, Renji?“

Renji erwiderte den Blick nur stumm. Er musste sich etwas einfallen lassen. Er konnte schlecht sagen, dass er nun etwas wusste, was Izuru selbst nicht wusste und nicht wissen sollte.

Besucher

Renji saß seinem Taichou gegenüber. Er wartete. Er wartete bereits seit fast zehn Minuten. Byakuya hatte ihn in sein Büro gebeten und diesem Ruf war er auch sofort gefolgt, er hatte seine Arbeit stehen und liegen lassen. Doch sein Eintritt in das Büro und seine Begrüßung waren nur mit einem stummen Nicken quittiert worden, in der ganzen Zeit hatte Byakuya nicht einmal von den Papieren aufgesehen, die er gerade las und unterzeichnete. Langsam wurde Renji ungeduldig, dieses lange Stillsitzen war nichts für ihn.

Endlich, nach gefühlten weiteren fünf Minuten, sah der Taichou ihn an.

„Ich wollte etwas mit dir besprechen, Renji.“

Der Fukutaichou blickte ihn erwartungsvoll an. Doch Byakuya senkte den Blick wieder, konzentrierte sich abermals auf die Unterlagen.

„Leider habe ich gerade doch keine Zeit.“

Renji blinzelte. Was sollte das jetzt? Wurde er jetzt schon umsonst herumzitiert? War das die Rache für die Sache mit Hanatarou?

Gerade wollte er sich wieder erheben, als Byakuya noch etwas hinzufügte.

„Es ist beruflich, es geht um die Division. Wir sollten uns möglichst bald damit auseinandersetzen.“

Er setzte den Stift ab und sah seinen Untergebenen erneut an.

„Komm am besten wieder zu mir. Es sollte nicht allzu lange dauern.“

Renji setzte zu einer Bestätigung an, überlegte es sich dann aber anders. Spontan. Sehr spontan.

„Kommen Sie doch zu mir.“

Eine hochgezogene Augenbraue war alles, was Byakuyas ruhiges Gesicht an Ausdruck von Irritation zuließ. Er wollte eine Begründung.

Renji schluckte, viel zu laut, wie ihm schien. Konnte er nicht ein einziges Mal erst denken und dann sprechen? Sein Blick heftete sich an einen unbestimmten Punkt auf der Tischpatte.

„Ich meine… es kam mir beim letzten Mal vor, als hätte ich Ihnen recht viele Umstände gemacht. Es wurde so viel gekocht und…“

„Das sind keine Umstände. Es ist nicht so, als würden wir nicht täglich derart aufwendige Speisen zubereitet bekommen.“

Renji biss sich leicht auf die Lippe. Ließ Byakuya seine Stellung gerade absichtlich so heraushängen? Beinahe wäre ihm herausgerutscht, dass das Essen ohnehin ungenießbar gewesen war. Doch er konnte diesen Kommentar gerade noch herunterschlucken.

„Nun… außerdem… ich möchte Rukia nicht unbedingt über den Weg laufen, verstehen Sie?“

Kaum waren diese Worte heraus, war er stolz auf sie. Das war doch eine gute Ausrede, oder nicht? Er bezweifelte, dass Byakuya mit seiner Schwester sonderlich detailliert über deren Liebesleben sprach, demzufolge sollte er nicht wissen, wie es denn nun zwischen ihr und Renji stand. Er selbst wusste nicht recht, wie er sich ihr gegenüber eigentlich verhalten sollte, wenn er sie wiedersehen sollte. Sowohl in Bezug auf ihre kleine schauspielerische Einlage, als auch auf die reale Situation.

Der Taichou schien darüber nachzudenken. Schließlich nahm er den Stift wieder auf.

„Ich werde heute Abend vorbeikommen.“

„In Ordnung, Tai- was!?“

„Ich sagte, ich bin heute Abend da.“

„Aber… so schnell?“

„Ich sagte möglichst bald. Und heute Abend habe ich Zeit.“

Eine kleine Handbewegung signalisierte Renji, dass das Gespräch damit beendet war. Sein Taichou hatte Zeit, und solange er Zeit hatte, war es gleichgültig, ob andere auch Zeit hatten oder nicht.

Er verließ das Büro, schloss die Tür und atmete tief aus. Heute Abend schon! Er war gar nicht bereit dazu. Beziehungsweise, seine Wohnung war nicht bereit. Was sollte er Byakuya anbieten, wenn er kam? In seinem Kopf drehte sich alles. Dieses Mal würde er Gastgeber sein, das konnte viele Nachteile haben. Aber zumindest würde er sich in seinen eigenen vier Wänden weitaus sicherer fühlen als in dem Anwesen der Kuchikis. Er würde Byakuya besser lenken können, wenn man das überhaupt tun konnte. Doch in welche Richtung, dessen war er sich noch ungewiss.
 

Rikichi streckte die Hand nach der Türklingel aus. Dann zog er sie wieder zurück. Schon zum dritten Mal. Dabei wusste er doch, wie offen Renji war. Er würde ihn sicherlich nicht wegschicken oder dergleichen, warum also traute er sich nicht, anzuklingeln?

Er streckte die Hand wieder aus, eine Fingerspitze berührte bereits das Metall.

Die Finger seiner anderen Hand umklammerten ein schmales Päckchen. Nur eine kleine Aufmerksamkeit. Ein wenig Schokolade, welche er im Auftrag seiner Mutter hatte besorgen sollen. Sozusagen als Dankeschön für den schönen Besuch. Zumindest würde er Renji das so erklären. In Wahrheit war Sae keine Frau, die Schokolade verschenkte, im Gegenteil. Als er noch ein Kind gewesen war, hatte sie ihm regelmäßig seine wenigen Süßigkeiten vor der Nase weggegessen. Doch es klang plausibel und so hatte er einen Vorwand, um Renji zu besuchen.

Er fieberte bereits dem Moment entgegen, in dem er keinen Grund für einen Besuch mehr brauchen würde, in dem er einfach bei Renji vorbeikommen konnte, weil sie sich gut genug kannten. Würde dieser Moment je kommen?

Er spürte gerade, wie seine Hand sich bereit machte, sich wieder zurückzuziehen. Schnell drückte er den Knopf, bevor das passieren konnte. Sonst würde er gewiss noch den Mut verlieren und umkehren.

Eine Zeit lang tat sich nichts und er wollte schon aufgeben, als die Tür doch langsam geöffnet wurde. Ein Strahlen machte sich in seinem Gesicht breit, verschwand aber beinahe sofort wieder. Wie konnte er in seinem Eifer vergessen haben, dass Renji nicht alleine lebte?

„Guten Tag, Kira-fukutaichou.“

Er klang höflich. Nicht, weil er den Shinigami leiden konnte, sondern nur, weil dieser einen viel höheren Rang hatte als er selbst.

Sein Gegenüber musterte ihn kurz verwundert, dann flackerte Erkennen in seinen Augen auf.

„Rikichi, nicht wahr?“

Nun war es an Rikichi, verwundert zu sein. Es war nicht üblich, dass ein Fukutaichou die rangniederen Offiziere anderer Divisionen beim Namen kannte. Hatte Renji etwa von ihm erzählt? So genau, dass Kira ihn anhand einer Beschreibung identifizieren konnte?

„Ja, richtig. Ich wollte zu Abarai-fukutaichou.“

„Der ist nicht da.“

Rikichi konnte die Enttäuschung auf seinem Gesicht nicht verbergen. Er hatte heute nicht bis zum späten Abend hin Dienst gehabt, sondern hatte recht früh gehen können. Dabei war ihm aufgefallen, dass auch Renji sich zum Aufbruch bereit gemacht hatte. Er war fest davon ausgegangen, dass der Fukutaichou es irgendwie geschafft hatte, Kuchiki dazu zu überreden, ihm früher frei zu geben. Vielleicht hatte er sich nicht wohl gefühlt oder dergleichen. Vielleicht hatte Rikichi sich aber auch bloß getäuscht gehabt und Renji war unterwegs zu einem Außenauftrag gewesen.

Er scharrte etwas mit dem Fuß. Plötzlich erschien ihm die Idee, überhaupt hergekommen zu sein, viel zu überstürzt. Was wäre denn gewesen, wenn Renji da gewesen wäre? Er hätte ihm das Päckchen in die Hand gedrückt und hätte dann kaum ein Wort herausbringen können.

„Möchtest du reinkommen und auf ihn warten?“

„Darf ich?“

Zur Antwort machte Kira ihm Platz.

Vielleicht war es sogar besser so? Er konnte sich zunächst alleine etwas umsehen, sich ein wenig eingewöhnen, bevor Renji aufkreuzte. Sein Herzschlag beschleunigte sich rapide, als er über die Schwelle trat. Zum ersten Mal befand er sich nun in der Wohnung seines Fukutaichou. Er würde jeden Zentimeter in Erinnerung behalten.

Kira führte ihn ins Wohnzimmer, wo er sich auf das Sofa setzte. Dann verschwand der Fukutaichou in der Küche, um Tee zu machen.

Rikichi sah ihm mit gemischten Gefühlen nach. Es wäre gelogen, wenn er sagen würde, dass er nicht eine gewisse Abneigung gegen Renjis besten Freund empfand. Er war sich auch bewusst, dass dies allein die Schuld seiner Eifersucht war, weil Kira seit Jahren um Renji herumschwirrte. Allerdings kam ihm auch der Charakter dieses Fukutaichou mehr als seltsam vor. Dies war das erste Mal, dass er überhaupt Worte mit ihm gewechselt hatte, doch es war ihm vorgekommen, als sei Kira mit den Gedanken ganz woanders gewesen. Seine Stimme war weich gewesen, seine Worte einladend und doch hatte er etwas Mechanisches an sich gehabt. Plötzlich musste er an die Nacht denken, in der Renji bei ihm geschlafen hatte. Was hatte sein Fukutaichou noch einmal gesagt, warum hatte er seine Wohnung nicht betreten können? Weil Kira mit einem Bügeleisen um sich geworfen hatte? Augenblicklich stellte sich in Rikichi der Wunsch ein, zu gehen.

Er hätte beinahe aufgeschrien, als Kira mit einem Teekessel in seinem Blickfeld auftauchte. Doch anscheinend hatte der Shinigami nicht vor, diesen zweckzuentfremden. Dennoch konnte Rikichi es nicht lassen, den anderen misstrauisch zu mustern, als er seinen Becher zur Hand nahm.

Kira setzte sich ihm gegenüber auf den Sessel. Er umklammerte seinen Teebecher und beobachtete den Dampf, als wollte er die Zukunft darin lesen. Seine zusammengesunkene Haltung und die tiefen Augenringe verliehen ihm nicht gerade die Autorität, die ein Fukutaichou ausstrahlen sollte. Allerdings hatten erstaunlich wenige Fukutaichou diese Form von Autorität.

Rikichi nippte schweigend an der heißen Flüssigkeit und ließ dann den Blick schweifen. Es war weitaus ordentlicher hier, als er sich vorgestellt hatte. Doch er vermutete, dass das einfach Kiras persönliche Note war und nicht viel mit Renjis Sauberkeitsempfinden zu tun hatte. Die Möbel wirkten mehr oder weniger zusammengesucht, nichts schien zusammen zu passen. Er schmunzelte leicht. Die Tatsache, dass nichts zusammen passte, passte wiederum gut zu Renji selbst. Dekoration war auch nicht im Überfluss vorhanden. Ihn wunderte nur, wie geschmacklos eine kleine Ansammlung von Statuetten degradierter Hollows auf einem der Regale war. Aber darüber konnte man hinweg sehen, vielleicht war Kira ja auch daran schuld.

Er lehnte sich zurück. Ihm wurde bewusst, dass er sich hier auf Anhieb wohl fühlte. Die Atmosphäre hier war so gänzlich anders als bei Kuchiki, nicht nur wegen der offensichtlich anderen Verhältnisse, sondern auch schon alleine wegen der Eigenart der Wohnung. Nicht einmal der allem Anschein nach deprimierte bis depressive Mitbewohner Renjis konnte daran etwas ändern.

„Hat Renji gesagt, wann er wieder da ist?“

„Nein. Ist er nicht noch auf der Arbeit?“

„Ich weiß nicht genau…“

Er zuckte mit den Schultern, dann schwieg er wieder. Die Stille breitete sich aus, bis sie leicht unangenehm wurde.

„Haben Sie heute frei, Kira-fukutaichou?“

Bildete er sich das sein, oder hatten sich die Hände um den Teebecher gerade verkrampft? Kiras Blick schien noch etwas starrer zu werden.

„Ich bin beurlaubt.“

„Oh… geht es Ihnen nicht gut?“

Das wäre kein Wunder gewesen.

„Es ging mir schon besser.“

Die Stimme klang dumpf, beinahe schon fand Rikichi den jungen Mann unheimlich. Doch dann schien dieser endlich seinen Blick vom Teedampf lösen zu können. Er blickte Rikichi an, ein feines Lächeln legte sich auf sein Gesicht. Unecht, so viel war klar, aber immerhin war er darum bemüht.

„Renji hat mir schon von dir erzählt. Ich dachte, dass er maßlos übertrieben hat, als er sagte, dass du deine Augenbraue hast tätowieren lassen.“

Rikichi lächelte nun ebenfalls zaghaft.

„Tja… ich fand einfach die Idee dahinter gut. Ein Tattoo für jede Errungenschaft.“

„Und wofür steht deines? Für deinen Eintritt in die Hofgarden?“

Er nickte nur und trank dann schnell einen Schluck, in der Hoffnung, dass Kira nicht bemerken würde, dass er leicht errötete. Wenn man ihn fragte, sagte er stets, dass das Tattoo für diesen Eintritt stand. In Wahrheit aber symbolisierte es den Tag, an dem Renji angefangen hatte, ihn wahrzunehmen.

Kira lächelte weiterhin, als sei dieser Ausdruck in seinem Gesicht festgefroren. Rikichi fragte sich, was mit ihm los war.

Sein Blick wanderte zur Uhr. Er hoffte, dass Renji ihn nicht mehr allzu lange mit Kira allein lassen würde. Ob er sich freuen würde, ihn zu sehen? Vielleicht würde er sogar zum Essen bleiben dürfen.

Erwartungsvoll sah er auf, als die er hörte, wie die Tür aufgestoßen wurde.
 

Renji flog beinahe über die Türschwelle. Die Tür schmiss er geräuschvoll ins Schloss. Lärm machen, wenn man es eilig hatte, half immerhin auf der emotionalen Ebene. Ihm zumindest.

Heute Abend! Mit anderen Worten, gleich schon! Sein Blick schweifte durch den Flur. Er hatte noch Zeit, sich zu der Entscheidung, Izuru aufzunehmen, zu beglückwünschen. Alles war sauber. Vielleicht nicht so sauber wie normalerweise, schließlich ging es Izuru nicht gut, aber es reichte. Das sparte Zeit.

Er riss die Tür zum Wohnzimmer auf.

„Izuru, ich-„

Sein Blick blieb an dem Besucher hängen. Er brachte ihn aus seiner nicht vorhandenen Planung.

„Rikichi? Was machst du denn hier?“

Der jüngere Shinigami schien zusammen zu zucken. Es war nicht seine Absicht gewesen, so schroff zu klingen, aber er hatte gerade nun einmal Stress.

„Ich… tut mir leid.“

Warum entschuldigte er sich jetzt, anstatt zu sagen, was er wollte? Musste er sich nun auch darum kümmern? Er sah zur Uhr und zurück zu den beiden. Nein, dafür war definitiv keine Zeit.

„Auch egal. Was auch immer du willst, Rikichi, warte bitte bis morgen, okay? Ich habe gerade keine Zeit.“

Sein Untergebener sah ihn reichlich verwirrt an. Nicht nur verwirrt, auch…verletzt? Natürlich, Renji verstand das auch, immerhin war er sein Idol. Aber es ging immerhin um Byakuya. Rikichi würde das sicher verstehen, wenn er wüsste, was das bedeutete.

Langsam erhob der Jüngere sich. Er drückte ein kleines Päckchen an sich. War das für ihn bestimmt gewesen? Augenblicklich wuchs Renjis schlechtes Gewissen, doch er durfte dem jetzt keine Aufmerksamkeit schenken. Er wusste aus Erfahrung, wenn er sich auf zwei Dinge konzentrierte, ging alles schief. Oft reichte seine Konzentration nicht einmal für eine Sache.

Rikichi ging an ihm vorbei, seinen Blick meidend. Wenige Sekunden später ging auch Izuru an ihm vorbei. Renji packte ihn am Arm.

„Hey, dich brauche ich hier!“

Er ließ allerdings sofort los, als sein Freund ihm sein Gesicht zuwandte. Es gab Blicke, die eindeutig verkündeten, dass jemandem nicht nach diskutieren war. Und so wenig man Izuru diesen Blick im Normalfall auch zutrauen würde, er beherrschte ihn perfekt.
 

Seine Schulter streifte die Wohnungstür, als er versuchte, so schnell wie möglich weg zu kommen. Er hätte sich denken können, dass er ungelegen kam. Aber dass er direkt rausgeworfen wurde! Rikichi biss die Zähne fest aufeinander. Kurz verschwamm sein Blick, aber er nahm sich vor, auf keinen Fall zu heulen. Weder vor Wut, noch vor Trauer. Wie würde das auch wirken?

„Warte, Rikichi.“

Halb hoffnungsvoll, halb zerknirscht wandte er seinen Kopf zurück. Doch es war nicht Renji, der ihn aufhalten wollte. Kira schloss gerade die Wohnungstür hinter sich.

„Was ist?“

Augenblicklich bereute er seine Worte. Auch, wenn er durcheinander war, so durfte er nicht mit einem Fukutaichou sprechen. Schnell senkte er den Blick und setzte zu einer Entschuldigung an, doch Kira schien gar nicht darauf eingehen zu wollen. Stattdessen nickte er in Richtung Straße.

„Ich begleite dich ein Stück.“

Verwundert hob Rikichi seinen Kopf wieder. Begleiten? Warum denn das? Eben noch hatte sein Gegenüber gewirkt, als sei er nur körperlich anwesend gewesen, als hätte er Rikichi kaum wirklich wahrgenommen. Und nun wollte er mitkommen?

Er wollte das Angebot schon ausschlagen, doch hatte er sich bereits genug geleistet. Also nickte er nur stumm und ging weiter. Kira holte auf, schwieg jedoch ebenfalls. Er spürte den Blick des Älteren auf sich ruhen.

Seine Sicht begann wieder, etwas zu verschwimmen. Er biss sich auf die Zunge, damit der Schmerz ihn von dem Drang zu weinen ablenkte. Die kleine Schachtel in seiner Hand kam ihm schwerer vor als zuvor. Zuhause würde er sich den Inhalt mit Torara teilen. Oder ihn wegschmeißen. Oder auf die nächste Gelegenheit warten, Renji das Geschenk zu überreichen und dabei hoffen, dass er nicht weggeschickt wurde wie ein Hund.

Er stolperte fast. Er war zu abwesend mit den Gedanken.

Ein Zupfen an seinem Ärmel ließ ihn wieder aufblicken. Kira deutete zu einer Bank.

„Setzen wir uns kurz, ja?“

Er wollte nicht, er wollte nur noch nachhause. Aber wenn er jetzt widersprach, würde er sich aufregen oder wirklich heulen, da war er sicher. Er biss sich noch etwas fester auf die Zunge und nickte.

Sie setzten sich. Rikichi hatte damit gerechnet, dass Kira nun anfangen würde zu reden, doch Fehlanzeige. Wartete der Fukutaichou darauf, dass er anfing? Aber er wollte sich überhaupt nicht mit ihm unterhalten, erst recht nicht darüber, warum er so enttäuscht war.

Nach einiger Zeit ging ein Shinigami an ihnen vorbei. Rikichi starrte ihm nach. Sein Blick heftete sich auf das Kanji auf seinem Rücken. Nun verstand er, warum Renji ihn so schnell hatte loswerden wollen.

Sein kleiner Trick wirkte nicht mehr. Die Welt verschwamm, bis er nichts mehr erkennen konnte.

Beinahe hätte er Kiras leise Worte gar nicht mitbekommen.

„Renji ist schon ein Idiot, dass er das nicht mitbekommen hat…“
 

Die Tür wurde geöffnet, bevor Byakuya hatte anklingeln können.

„Willkommen, Taichou.“

Er erwiderte nichts, sondern betrat die Wohnung schweigend. Abschätzig blickte er sich im Flur um. Nicht so schlimm, wie er erwartet hatte. Aber er war besseres gewohnt. Renji führte ihn ins Wohnzimmer, wo er sich auf dem Sessel niederließ.

Auch hier tasteten seine Augen sich durch den Raum. Das „nicht so schlimm“ musste er zurücknehmen. Hier passte rein gar nichts zueinander, die Möbelstücke schienen sich gegenseitig in punkto „schlechter Geschmack“ überbieten zu wollen. Einzig die kleine Ansammlung an Chappy Statuetten auf dem Regal, welche Rukia jedes Jahr zu Renjis Geburtstag um ein Stück bereicherte, sorgte für etwas Eleganz in der Einrichtung.

Sein Fukutaichou stellte ihm einen Becher Tee hin.

„Fühlen Sie sich einfach wie zuhause.“

Wie zuhause? Wessen Zuhause? Das seiner Wachhunde? Selbst die hatten eigens für sie eingestellte Arbeiter. Apropos…

„Wo ist dein Mitbewohner?“

„Ach, der… ist nicht da.“

So viel hatte er auch gemerkt. Doch das war umso besser. Dann wurden sie wenigstens nicht bei der Besprechung gestört.

Verbündete

Langsam beruhigte er sich wieder. Eine letzte, hartnäckige Träne bahnte sich ihren Weg zwar über seine Wange hinunter, doch er hörte bereits auf zu schluchzen.

Es war plötzlich über ihn gekommen. In dem Moment, in dem sein Taichou an ihm vorbei gegangen war, war ihm bewusst geworden, wie jämmerlich seine Hoffnung doch war, dass Renji ihn beachten würde. Zugunsten Kuchikis war er einfach auf die Straße gesetzt worden. Er war Renji im Grunde vollkommen egal. Irgendwie war dieses Wissen die ganze Zeit da gewesen, doch nun hatte es sich einem Blitzeinschlag gleich in den Vordergrund seiner Gedanken katapultiert.

Kiras Hand, welche sich auf seine Schulter gelegt hatte, konnte ihn nicht trösten. Aber immerhin zeigte sie ihm, dass der Fukutaichou Verständnis für ihn hatte. Er wusste, was mit ihm los war und das erleichterte Rikichi. So musste er nichts erklären, was er ohnehin nicht erklären konnte. Er musste sich nicht einmal seiner Tränen schämen.

Er fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen, dann sah er den anderen Shinigami an.

„Danke, dass Sie mitgekommen sind.“

Er hatte ihn nicht darum gebeten und er wusste auch nicht, ob ihm das überhaupt geholfen hatte. Aber er hatte das Gefühl, sich bedanken zu müssen. Doch Kira winkte bloß ab.

„Geht es dir jetzt besser?“

„Nein, nicht wirklich.“

„Das habe ich mir gedacht.“

Der Fukutaichou erhob sich.

„Lass uns weitergehen.“
 

Renji studierte abwechselnd die Papiere, die Byakuya ihm in die Hand gedrückt hatte und das Gesicht seines Taichous. Dieser bekam davon glücklicherweise nichts mit, er war selbst vertieft in die Zeilen, die er las.

Anscheinend handelte es sich um Anordnungen und Vorschläge, die jeder Taichou mit seinem Fukutaichou durchzugehen hatte. Kurz fragte Renji sich, ob Ichimaru sich deswegen auch bald an Izuru wenden würde. Doch die zwei waren gerade weniger wichtig.

Renji achtete die ganze Zeit darauf, dass Byakuyas Teetasse nicht leer war. Doch sein Taichou trank ohnehin kaum etwas. War die Sorte nicht nach seinem Geschmack? Vielleicht würde Renji ihm später etwas Sake einschenken können. Allerdings erst nach der Besprechung. Würde sein Besuch so lange überhaupt bleiben wollen?

„Also, was sagst du dazu?“

Der Fukutaichou fühlte sich ertappt. Die letzten zwei Minuten hatte er sich eher auf Byakuya als auf die Arbeit konzentriert und so hatte er das Papier noch nicht durchgelesen. Aber schon auf der Akademie hatte er viel improvisieren müssen.

„Ich denke, es klingt… gut?“

Byakuya hob eine Augenbraue ein wenig.

„War das eine Frage?“

„Nein, natürlich nicht. Ich meine, es klingt gut.“

„Ah. Ich finde, es ist totaler Unsinn, die Division auf diese Art umzustrukturieren.“

Renji biss sich auf die Lippe.

„Kann auch sein. Ich meine, es klingt gut. Aber so, wie es jetzt ist, ist es noch besser.“

Das klang doch vernünftig. Er wollte sich gerade beglückwünschen, sich da so gut herausgeredet zu haben, als er Byakuyas gerunzelte Stirn bemerkte.

„Es geht bei diesen Vorschlägen nicht um die Umstrukturierung, das kommt später. Das ist der Vergleich der verschiedenen Ausgaben der Divisionen.“

„Oh…“

Am liebsten hätte er sich hinter dem Blatt Papier versteckt. Byakuya seufzte nur leise.

„Es wäre wohl besser, dies zu verschieben. Oder ich kümmere mich alleine darum, dann weiß ich wenigstens, dass es etwas wird.“

„Nein! Ich meine…“

Es ging ihm nicht darum, dass er unbedingt mitentscheiden wollte, welche Vorschläge umgesetzt wurden und welche nicht. Er wollte nur nicht, dass sein Taichou jetzt schon verschwand.

„Ich konzentriere mich jetzt besser.“

„Es geht nicht um besser, du solltest dich überhaupt mal konzentrieren.“

Schon wieder musste er so herablassend klingen. Es passierte doch jedem mal, dass er etwas abgelenkt war. Jedem außer seinem Taichou.

Renji grummelte nur und begann, das Papier erneut zu lesen.

Eine Weile klappte das auch ganz gut, zumindest solange, bis er mit seinen Gedanken wieder abdriftete. Byakuya war bei ihm. Bei ihm zuhause, in seiner unmittelbaren Nähe. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Gut, Byakuya mochte nicht gerade freundlich zu ihm sein und wirken, als wollte er so schnell wie möglich wieder gehen. Aber immerhin, er war da.

Er merkte, dass er wieder etwas verpasst hatte, als er Byakuyas Blick auf sich spürte. Fragend blickte er auf.

„Nun?“

Hatte er ihm eine Frage gestellt?

„Sag was, Renji.“

„Sie haben echt schöne Augen, wissen Sie das?“

Schlagartige Stille. Er hatte etwas gesagt. Das erste, was ihm in den Sinn gekommen war. Sollte er es zurücknehmen? Sollte er…

„Ja, das weiß ich.“

Byakuyas Tonlage war beinahe neutral, doch die unterschwellige Frage war kaum zu überhören. Er wollte wissen, was das sollte. Natürlich.

„Es ist mir nur aufgefallen. Als Sie bei Rikichi auf mir lagen, da…“

Er hatte das Gefühl, alles noch schlimmer zu machen.

„Es wäre mir lieber, wenn wir davon nicht sprechen würden.“

„Mir auch.“

Das war eine glatte Lüge, aber was hätte er sonst sagen sollen? Etwa, dass er gerne daran zurück dachte, wie er die Augen aufgeschlagen und Byakuya unmittelbar vor seinem Gesicht erblickt hatte?

„Ich sage ja nur, dass es mir da aufgefallen ist. Ihre Augen sind eben…“

„Renji. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass du mit mir flirtest.“

„Ehm… dann ist es wohl gut, dass Sie es besser wissen, oder?“

„Ja. Allerdings.“

Die Kälte in diesen Worten ließ ihn kurz schlucken. Aber was hatte er auch erwartet? Sicher nicht, dass Byakuya sich über seine Worte freuen würde oder dass er gar ein Kompliment zurückgeben würde. Sicher nicht. Oder?

Langsam senkte er seinen Blick wieder.

„Es tut mir leid.“

„Wir sollten die Besprechung jetzt wirklich beenden.“

Renji blickte wieder auf, als sein Taichou sich erhob. Er würde jetzt gehen. Und alles, was er erreicht hatte war, sich lächerlich zu machen.
 

Er konnte es kaum fassen. Die sonst so misstrauische und streitsüchtige Torara hatte sich friedlich auf dem Schoß des Fukutaichou eingerollt und schmiegte sich schnurrend an die Hand, die ihren Kopf streichelte. Sie hatte Kira vom ersten Augenblick an gemocht, was wirklich selten genug vorkam.

Rikichi saß dem blonden Shinigami gegenüber.

„Es tut mir leid, dass es hier nicht aufgeräumt ist.“

„Es ist doch aufgeräumt.“

„Ja, ich… ich weiß.“

Er stocherte bloß nach irgendwelchen leeren Phrasen, welche er Kira servieren konnte. Immerhin war es nicht geplant gewesen, diesen mitzunehmen. Aber er hatte sich nicht helfen können. Nachdem Renjis Freund ihn nachhause gebracht hatte, wäre es ihm unhöflich vorgekommen, ihn nicht herein zu bitten. Und irgendwie wollte er ohnehin mit ihm sprechen. Er mochte diesen Mann nicht sonderlich, aber er wusste von seinen Gefühlen für Renji. Er war der einzige, der es wusste und demnach der einzige, mit dem er darüber sprechen konnte. Doch wie stand er dazu?

Rikichi druckste etwas herum. Sollte er anfangen? Aber womit? Er war erleichtert, als Kira die Initiative ergriff.

„Weißt du, Renji war in der Akademie in der Klasse der Hochbegabten.“

Rikichi nickte nur stumm. Natürlich wusste er das. Er wusste alles über den Werdegang des Mannes, den er liebte.

„Das heißt, dass er eigentlich nicht blöd ist. Außer, wenn es zu solchen Dingen kommt. Er wird es nicht verstehen, wenn du mit Pralinen vor seiner Tür stehst. Du musst es ihm sagen. Ansonsten wird er einfach weiterhin glauben, dass du nichts weiter als sein größter Fan bist. Und das genießt er zwar und es macht ihn stolz… aber auf Dauer wird es dir nicht reichen. Es reicht dir doch jetzt schon nicht.“

Rikichi kam nicht umhin, verdutzt dreinzuschauen.

„Sie wollen sagen, dass ich offensiver sein soll?“

„Genau das meine ich.“

„Warum? Ich meine, warum ich das tun soll, verstehe ich ja. Renji ist manchmal ein wenig… also…“

„Stumpf?“

„Hm. Aber ich frage mich, warum Sie… was haben Sie davon?“

Schließlich hatte er bis eben nie auch nur ein Wort mit dem Fukutaichou der Dritten gewechselt. Weshalb schien dieser sich also plötzlich um ihn zu sorgen?

„Du weißt, dass Renji Kuchiki-taichou sehr gerne hat, nicht wahr? Das hat man eben deutlich gemerkt.“

Natürlich hatte man das. Warum sonst hätte er losheulen sollen, nachdem er Kuchiki gesehen hatte?

„Aber es ist nicht gut, so für seinen Taichou zu fühlen.“

Der leicht traurige Stich, der sich nun in seine Stimme mischte, ließ Rikichi sicher sein, dass Kira aus Erfahrung sprach.

Er wusste nicht, was er darauf sagen sollte, also ließ er den Fukutaichou einfach weiter sprechen.

„Anfangs habe ich gedacht, ich könnte Renji unterstützen. Doch je mehr er es versucht, desto deutlicher wird, dass Kuchiki-taichou ihn nicht einmal beachtet. Ich glaube nicht daran, dass das etwas werden kann. Es wäre besser, wenn Renji sich auf… andere Dinge konzentrieren würde.“

„Wenn er aufgibt?“

Kira überlegte lange, seine Hand fuhr abwesend durch das Fell der Katze auf seinem Schoß. Dann nickte er.

„Ja, er sollte aufgeben. Wie ich es momentan im Grunde auch tue. Diese Beziehungen klappen einfach nicht.“

Rikichi konnte eine Resolutheit heraushören, die ihn fast augenblicklich davon überzeugte, dass Kira Recht hatte. Doch zugleich war dort auch eine Bitterkeit, die es ihn eiskalt den Rücken hinunterlaufen ließ. Er hatte Mitleid mit diesem Shinigami. Dennoch ermutigten ihn diese Worte auch.

„Renji ist seit vielen Jahren mein bester Freund. Jetzt lässt er mich sogar bei sich wohnen, nachdem bei mir alles abgebrannt ist. Ich möchte nicht, dass er verletzt wird. Aber ich befürchte, dass das unvermeidlich ist, wenn er weiter Kuchiki-taichou nachrennt. Deswegen… helfe ich dir. Ich denke, damit helfe ich letztlich auch ihm. Du bist ein netter Junge, Rikichi. Natürlich kann ich mir nicht anmaßen, das zu beurteilen, aber ich glaube, dass du besser zu ihm passt als Kuchiki-taichou. Dieser Mann lebt einfach in einer komplett anderen Welt als wir alle. Renji versteht das nur nicht… oder er will es nicht verstehen.“

„Sie helfen mir also? Aber wie?“

„Ich sorge dafür, dass Renji sich Zeit nimmt, dir zuzuhören. Ich kann dir auch Tipps geben, wie du am besten mit ihm umzugehen hast. Dafür kenne ich ihn schließlich lang genug.“

„Das würden Sie tun?“

Rikichi strahlte ihn an. Er hätte nie gedacht, dass er jemanden finden würde, der ihm helfen würde. Erst recht nicht Kira. Augenblicklich meldete sich sein schlechtes Gewissen.

„Ich habe bisher nicht gerade nette Dinge über Sie gedacht. Das tut mir leid.“

Doch Kira zuckte nur mit den Schultern.

„Kümmere dich nicht darum.“

Dann erhob er sich, wobei Torara mit einem protestierenden Maunzen zu Boden glitt. Sobald sie unten angekommen war, machte sie sich wieder daran, am Hakama des Shinigami heraufzuklettern.

Kira ging zur Tür, wandte sich dann aber noch einmal um.

„Ich möchte nicht, dass du glaubst, dass ich komplett handle, ohne dabei auch an mich zu denken. Weißt du, das hier lenkt mich etwas ab. Renji hat Probleme, ich habe Probleme. Es kommt mir so vor, als könnte ich mich mit seinen besser befassen als mit meinen.“

„Aber wenn Sie sich nur um Renjis Probleme kümmern, wer sorgt sich dann um Ihre?“

„Nun… das ist eine gute Frage.“

Kira lächelte, doch es wirkte aufgesetzt. Die Freundlichkeit, die eben noch von ihm ausgegangen war, schien bereits wieder zu versickern. Rikichi hatte die Vermutung, dass er schon auf dem Heimweg wieder so in sich gekehrt sein würde wie am Nachmittag, als er Rikichi die Tür geöffnet hatte.

Er pflückte seine Katze von der Uniform des Fukutaichou, als dieser sich nun endgültig abwandte und die Wohnung verließ. Rikichi wollte ihm ein Wort des Abschieds zurufen, doch er glaubte nicht, dass der Fukutaichou ihn überhaupt noch hören würde. Er hatte seine Energie für den heutigen Tag anscheinend bereits verbraucht.

Rikichi schloss die Tür und setzte Torara auf den Boden. Er war seinem Ziel ein kleines Stück näher gekommen, das spürte er deutlich. Er hatte einen Verbündeten.

Doch das aufkeimende Glücksgefühl schaffte es nicht, vollständig zu erblühen. Da war etwas, was es daran hinderte. Was sollte er nur mit seiner Beziehung zu Kuchiki anfangen?
 

Byakuya verstand nicht ganz, was das von Renjis Seite sollte. Er wollte es auch nicht verstehen. Diese Bemerkung war ihm nicht geheuer gewesen. Er glaubte nicht, dass sie überhaupt noch etwas Sinnvolles besprechen würden und wenn dem so war, so gab es keinen Grund für ihn, länger hier zu verweilen als nötig.

Plötzlich erhob auch Renji sich.

„Sie können doch jetzt nicht einfach gehen.“

„Natürlich kann ich. Weshalb sollte ich nicht?“

„Ich habe extra aufgeräumt.“

„Das sehe ich.“

Er gab sich keine Mühe, die Ironie in seiner Stimme zu verbergen. Das hatte er nicht nötig.

„Wenn Sie gehen, müssen wir von vorne anfangen.“

„Wir haben ohnehin noch nicht angefangen. Und wie gesagt, ich werde das einfach alleine regeln.“

„Aber-„

„Kein aber. Ich gehe nachhause.“

Er schritt an Renji vorbei. Ihm konnte schließlich egal sein, ob es diesem passte oder nicht, dass er so früh wieder ging. Doch er blieb wieder stehen, als er eine Hand auf seinem Arm spürte. Wurde er zurückgehalten? Von seinem Fukutiachou? Pure Dreistigkeit. Er wandte seinen Kopf um und funkelte den Jüngeren an.

„Was soll das?“

„Ich sagte, dass Sie bleiben sollen!“

Seine Augen weiteten sich ein kleines Stück. Dieser Umgangston! Was bildete Renji sich ein? Er zog seinen Arm von ihm weg.

„Ich gehe, wenn es mir passt.“

„Aber… ist es wegen Ihrer Freundin?“

„Was soll sein?“

„Ihre Freundin! Wartet sie etwa auf Sie? Wollen sie deswegen zurück?“

Er schien wirres Zeug zu reden. Zumindest wirkte er wirr. Seine Stimme schien sich fast zu überschlagen, die Worte kamen anscheinend von selbst heraus, ohne einen Zwischenstopp in seinem Gehirn einzulegen. Byakuya spürte Renjis Hand wieder auf seinem Arm, seine Finger drückten zu, als wollten sie ihn nicht mehr gehen lassen.

Byakuya blickte in die Augen seines Fukutaichou, konnte darin jedoch nicht erkennen, was in diesem vorging. Aufregung, mehr konnte er nicht daraus herauslesen.

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“

Seine eigene Stimme kam ihm noch ruhiger vor als sonst. Vermutlich lag es nur am Kontrast zu Renjis Worten.

„Ich meine Ihre Freundin! Sie wissen schon… Sie haben doch eine, nicht wahr?“

Byakuya schüttelte leicht den Kopf. Was sollte das?

„Aber ich habe sie doch gesehen… Als ich zum Essen eingeladen war, da habe ich sie…“

Nun wurde Renjis Stimme wieder leiser, verkam fast zu einem Murmeln. Er schien sich zu fragen, ob er seinen Erinnerungen überhaupt glauben durfte. Doch dann sah er Byakuya wieder fest an.

„Ich habe sie gesehen.“

Er klang entschieden, seiner Worte sicher.

Was hatte er gesehen? Rikichi? Aber den hätte er doch erkannt. Oder war er zu weit weg gewesen? Hatte er ein Hausmädchen gesehen und es falsch interpretiert? Byakuya hatte keine Ahnung. Aber er würde definitiv nicht behaupten, eine Freundin zu haben. Von Rikichi sollte keiner erfahren. Doch er wollte diese Sache lieber gänzlich verborgen halten, als den Jungen als seine Freundin auszugeben. Es schien einfacher. Vor allem schien es richtiger. Etwas zu verbergen war eine Sache, schamlos zu lügen eine ganz andere.

„Du irrst dich, Renji. Es gibt tatsächlich keine Freundin.“

Er schwieg kurz.

„Doch ich wüsste ohnehin nicht, was dich das angeht.“

Der letzte Satz schien Renji nicht zu erreichen. Er starrte ihn bloß mit großen Augen an.

„Das heißt, Sie… sie sind frei?“

Etwas an der Art, wie Renji das fragte, ließ ihn sich unbehaglich fühlen.

„Wie gesagt, ich wüsste nicht, was es dich angeht.“

Er klang fast interessiert. Aber er fragte doch sicher nicht um seinetwillen? Hatte Renji eine Bekannte, für die er ihn aushorchen wollte? Doch die einzige Frau, in deren Begleitung er seinen Fukutaichou häufiger sah, war Hinamori. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass-

Instinktiv wich er zurück, als Renji näher kam. Jedenfalls soweit, wie der Griff an seinem Arm es ihm gestattete.

„Renji, du lässt mich jetzt augenblicklich wieder los, sonst-„

„Sie haben keine Freundin.“

„Das habe ich jetzt mehrmals ge-„

Erneut wurde er verunsichert, als sich ein Lächeln auf Renjis Gesicht ausbreitete. Glücklich…dankbar?

Ihm blieb gerade noch Zeit, sich zu fragen, was das zu bedeuten hatte. Dann kam Renjis Gesicht ihm näher, als ihm lieb war.

Kira-sensei

Ihre Lippen berührten sich fast. Nur noch wenige Zentimeter trennten sie, doch Renji würde sie überwinden. Es kam ihm vor wie in Zeitlupe, langsam, ganz langsam, kam sein Gesicht dem seines Taichou näher. Byakuya bewegte sich nicht, wich nicht zurück. Das hieß doch, dass er es auch wollte, oder nicht?

Jeden Moment würde er ihn spüren, würde-

Die Wohnungstür wurde aufgerissen, Byakuya stolperte einen Schritt zurück und innerhalb einer Sekunde schossen Renji hundert Arten durch den Kopf, Izuru umzubringen.

Der blonde Fukutaichou erschien einfach im Türrahmen, sah unschuldig drein wie immer und hatte doch Renjis gesamte Hoffnung auf diesen Augenblick zerstört.

Renji traute sich kaum, seinem Taichou ins Gesicht zu sehen.

„Oh, Kuchiki-taichou… Ich hatte nicht erwartet, dass Sie noch da sind. Verzeihung, falls ich gestört habe.“

Am liebsten hätte Renji seinem Freund entgegen gebrüllt, dass er nie zuvor störender gewesen war. Aber trotz des Tosens in seinem Inneren schwieg er.

„Es ist in Ordnung, Kira. Ich wollte ohnehin gerade gehen.“

War da eine Regung in Byakuyas Stimme, die verriet, wie er sich gerade fühlte? Nicht, soweit Renji beurteilen konnte. Er klang abweisend, kalt wie immer.

„Soll ich Sie noch zur Tür begleiten?“

„Nicht nötig. Ich finde den Ausgang.“

Renji blickte erst wieder auf, als Byakuya ihm bereits den Rücken zugewandt hatte. Und er wagte es erst wieder Luft zu holen, als er das hörte, wie seine Wohnungstür ins Schloss fiel.
 

Byakuya fuhr sich mit den Fingerspitzen über seine Lippen. Ihm war, als konnte er den Hauch von Renjis Atem noch darauf spüren.

Was wäre passiert, wenn Kira nicht dazwischen geplatzt wäre? Er konnte es sich denken. Und das war kein sonderlich angenehmer Gedanke.

Er musste sich eingestehen, dass er durcheinander war. Durcheinander und leicht geschockt. Seit wann tickte Renji so? Und vor allem, weshalb? Er konnte sich nicht erinnern, je sonderlich nett zu seinem Fukutaichou gewesen zu sein. Jedenfalls nicht so nett, dass es rechtfertigen würde, dass dieser ihn küssen wollen würde. Doch andererseits, wann hatte er schon groß Kontakt zu Rikichi gehabt? Solche Begierden mussten nie wirklich rational sein. Er blieb stehen und atmete tief durch.

Rikichi. Es fühlte sich an, als hätte er diesen fast betrogen, obwohl er nichts gemacht hatte. Oder vielleicht gerade weil er nichts gemacht hatte.

Er hatte das Bedürfnis, ihn jetzt zu sehen. Nicht erst morgen, jetzt sofort. Seine Schritte lenkten ihn zur Adresse seines Untergebenen. Wozu war er schließlich Taichou, wenn nicht, um seinen Willen durchzusetzen, wann immer er wollte?
 

Rikichi saß an seinem Tisch, eine Tasse Tee in der Hand und Torara auf seinem Schoß. Seine Füße wippten leicht, wie bei einem kleinen Kind. Es war schließlich auch beinahe kindliche Freude, die sich in ihm ausbreitete. Bisher war seine Liebe zu Renji so hoffnungslos, so aussichtslos gewesen. Doch nun hatte er immerhin jemanden, auf den er sich verlassen konnte. Zumindest hatte er das Gefühl, dass Kira verlässlich war. In seiner Fantasie lag er Renji bereits in den Armen. Er schloss die Augen, um diesen Gedanken weiterzuspinnen.

An Kuchiki durfte er gerade einfach nicht denken, ihn durfte er nicht in seine Tagträume lassen. Es gab keinen Kuchiki, der Renji den Kopf verdrehte. Erst recht gab es keinen Kuchiki, der mit ihm selbst zusammen war. Es gab einfach keinen-

Es klingelte. Mit einem tiefen Seufzer öffnete Rikichi die Augen wieder. Das Schlechte an Tagträumen war, dass man später nie nahtlos da ansetzen konnte, wo man aufgehört hatte. Der Traum war verflogen.

Er stand auf und ging zur Tür. Wer konnte das um diese Uhrzeit überhaupt sein? Es war wirklich schon sehr spät. Hatte Kira seine Kampferklärung am Ende zu ernst genommen, wieder mit Küchengeräten um sich geworfen und Renji erneut vor die Tür gejagt? Das wäre nicht die Hilfe, die Rikichi erwartet hatte, aber übel wäre es auch nicht, jetzt einem heimatlosen Renji die Tür zu öffnen. Auch, wenn dieser ihn vor einigen Stunden noch wie Luft behandelt hatte, vielleicht würde er sich entschuldigen und… er drückte die Klinke runter.

Kuchiki. Ausgerechnet. Er sah bloß fragend zu ihm hoch.

„Komme ich ungelegen?“

Das sah ihm ähnlich, hier mitten in der Nacht aufzutauchen und nicht mehr als das zu sagen. Doch was sollte er schon machen? Nicken und ihm die Tür vor der Nase zuknallen? Langsam trat er einen Schritt nach hinten, um Platz zu machen. Ohne weiteres Zögern betrat Kuchiki die Wohnung, sah sich forschend um. Er war zum ersten Mal hier.

„Ich habe nicht mit Ihnen gerechnet…“

„Ich bin auch spontan vorbei gekommen. Ich wollte dich gerne sehen. Ist das nicht in Ordnung für dich?“

Rikichi schluckte leicht und die Spur eines schlechten Gewissens meldete sich in seinem Hinterkopf. Kuchiki wollte ihn sehen, kam extra um diese Zeit her und er war genervt, weil so seine Schwärmerei für einen anderen Mann unterbrochen worden war. Ziemlich mies.

„Doch, es ist okay. Ich habe mich nur etwas gewundert. Aber bitte, kommen sie doch rein.“

Er führte seinen Taichou vom Flur ins Wohnzimmer.

„Setzen Sie sich… ich mache Tee.“

Byakuya folgte ihm, setzte sich, schüttelte dann aber den Kopf.

„Nicht nötig. Setz dich einfach zu mir.“

Er deutete auf den Platz neben sich, als sei dies sein Sofa. Vermutlich hatte er innerlich bereits die ganze Wohnung zu seinem Eigentum ernannt, sobald er sie betreten hatte.

Rikichi setzte sich ebenfalls, ihre Knie berührten sich. Wahrscheinlich erwartete Byakuya etwas Intimität, aber mehr wollte er ihm gerade nicht geben.

Kurz herrschte Schweigen zwischen ihnen, dann öffnete Byakuya den Mund. Er schloss ihn sofort wieder, als sich ein aggressives Fauchen unter dem Sofa meldete. Ein Schatten kam heraus geschossen, sauste am Tischbein des Wohnzimmertischchens hoch, flitzte dann über die Tischplatte und machte sich zum Absprung bereit. Rikichi konnte Torara aus der Luft fischen, kurz bevor sie auf Kuchiki prallte.

„Spinnst du? Du kannst nicht einfach einen Taichou attackieren!“

Die Katze antwortete nur mit einem langgedehnten Maunzen. Rikichi setzte sie auf seinem Schoß ab und hielt sie fest, bevor sie weiteren Unsinn anrichten konnte.

„An Kira-fukutaichou hingst du doch auch wie eine Klette!“

„Kira ist also hier gewesen?“

Rikichi zuckte leicht zusammen, dann wurde ihm bewusst, dass er eigentlich nichts zu verbergen hatte. Kiras Besuch ließ schließlich nicht auf ihre Abmachung schließen. Also nickte er nur.

„In letzter Zeit geht es ihm wohl nicht so gut. Also haben wir uns etwas unterhalten.“

Es war schließlich kein Geheimnis, dass es Kira nicht gerade blendend ging.

„Ah. Da hat er ja etwas mit seinem Taichou gemeinsam. Ichimaru grinst in letzter Zeit nicht mehr den ganzen Tag ununterbrochen, als hätte er gerade einem Schmetterling die Flügel ausgerissen. Aber im Grunde kümmert er mich nicht.“

„Hm… jedenfalls mag Torara Kira-fukutaichou wohl. Wen sie mag und wen nicht, lässt sich nie ganz vorausahnen. Mit Abarai-fukutaichou hat sie sich auch angelegt.“

„Nun, in meinem Falle beruht das auf Gegenseitigkeit. Ich mag keine Katzen. Schaff sie raus.“

„Aber sie darf überall hingehen… wenn ich sie festhalte, wird sie Ihnen schon nichts tun.“

„Rikichi. Ich bin Taichou, ich töte ganze Armeen von Hollows mit einem Angriff. Davor, dass sie mir etwas tut, habe ich gewiss keine Angst. Aber belassen wir es dabei… ich bin nicht hier, um über deine Katze zu streiten.“

„Okay.“

Rikichi strich seinem Haustier langsam durchs Fell, bis es sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Ob Torara gespürt hatte, dass Kira ihrem Herrchen helfen wollte, während Kuchiki ihm eher im Weg stand? Wahrscheinlich war sie wirklich eher nur launisch.

Er wandte seinen Blick wieder Kuchiki zu. Er wollte wissen, was ihn um diese Zeit zu ihm führte.

„Ich werde über Nacht hier bleiben.“

Keine Frage, eine Aussage. Als hätte er festgestellt, dass es regnete. Rikichi nickte bloß, wie schon die ganze Zeit. Was blieb ihm sonst übrig?

Er wartete kurz, doch es folgte keine weitere Erklärung.

„Einfach so?“

„Ja, einfach so. Einfach, weil ich dich in meiner Nähe haben will.“
 

Es gefiel Byakuya nicht, dass Rikichi anscheinend so darauf pochte, einen Grund präsentiert zu bekommen. Er war sein Freund, zumindest auf die ein oder andere Weise. Sollte er sich da nicht einfach freuen, wenn sie zusammen waren? Hisana war stets glücklich über seine Anwesenheit gewesen, egal, aus welchem Grund er bei ihr gewesen war.

Augenblicklich verdrängte er diesen Gedanken wieder. Er dachte oft an seine verstorbene Frau und er tat das gerne. Doch nicht in Verbindung mit Rikichi, das erschien ihm einfach falsch. Er wollte sie nicht vergleichen.

„Ich bin ein wenig… aufgewühlt. Die Ursache dafür ist nicht wichtig. Ich dachte, in deiner Nähe würde es mir besser gehen.“

„Aufgewühlt?“

Rikichis Stimme klang alarmiert. Sorgte er sich um ihn?

„Wegen Abarai-fukutaichou?“

„Woher weißt du, dass ich bei ihm war?“

„Ehm…“

Rikichi schien etwas herumzudrucksen, zuckte dann mit den Schultern.

„Sie sind auf dem Hinweg an mir vorbei gelaufen. Weil Sie in die Richtung gingen, dachte ich, dass Sie zu ihm wollten. Mich haben Sie gar nicht bemerkt.“

„Ach so. Nun, es hat nichts mit ihm zu tun. Aber wie gesagt, die Gründe sind unbedeutend.“

Er würde ihm sicherlich nicht sagen, dass Renji kurz davor gewesen war, ihn zu küssen. Wenn es nach ihm ginge, sollte niemand davon erfahren. Wie er in Zukunft mit Renji selbst verfahren würde, musste er sich noch überlegen.

„Und, hilft es?“

„Hilft was?“

„Hilft es, dass Sie in meiner Nähe sind? Geht es Ihnen besser?“

Ein schwaches, kaum merkliches Lächeln machte sich auf Byakuyas Gesicht bemerkbar. Dann legte er einen Arm um Rikichi und zog ihn ein wenig näher, wobei er das zischende Fellbündel auf dessen Schoß gekonnt ignorierte.

„Ja, es hilft.“
 

Renji hockte auf seinem Sofa und presste ein Kissen fest an sich. Der Hauptgrund dafür war, dass er Izuru so nicht packen und schütteln konnte, bis sich sogar dessen verrückte Frisur löste. Er kaute auf seiner Unterlippe und dachte fieberhaft nach. Weil er sonst nicht sonderlich viel Zeit ins Nachdenken investierte, bekam er beinahe schon Kopfschmerzen.

„Aber wenn du nicht auf einmal aufgetaucht wärst, hätte ich es geschafft. Er hat sich nicht bewegt und ich war ihm so nahe. Und dann kamst du und-„

„Das klingt, als hätte ich ihn gerade so vor einer Vergewaltigung gerettet.“

Renji warf Izuru einen bösen Blick zu. Dieser saß ihm gegenüber und wirkte auf einmal viel weniger düster als die ganze letzte Zeit.

„Vielleicht wollte er es auch. Ich meine, er ist erst nicht zurückgewichen. Vielleicht mag er mich doch.“

„Das nennt man Schockmoment. Shuuhei ist auch nicht zurückgewichen, als ich ihm am Hals hing. Jetzt hasst er mich.“

„Aber Byakuya ist nicht Shuuhei!“

„Stimmt. Er hasst dich wahrscheinlich nicht, das wäre ihm zu kindisch. Stattdessen verachtet er dich.“

„Sehr aufmunternd, wirklich! Kannst du, wenn du schon alles kaputt machst, nicht wenigstens hinterher was Nettes sagen?“

„Du weißt nicht, ob ich was kaputt gemacht oder was gerettet habe.“

„Ach, halt die Klappe!“

Izuru seufze und schwieg wirklich einen Moment. Dann änderte sich sein Blick, wurde eine Spur sanfter.

„Renji. Es ist nicht meine Absicht, dich zu ärgern, das weißt du doch. Es ist nur… was glaubst du, was passiert wäre, wenn du ihn geküsst hättest?“

„Weiß ich doch nicht.“

„Eben. So weit denkst du nicht.“

Renji schnaufte nur. Das war keine Beleidigung, es war die Wahrheit. Aber beleidigend klang es trotzdem.

„Vielleicht wäre aber auch alles gut gegangen. Vielleicht hätte er mich akzeptiert.“

„Er behandelt dich nicht gerade gut, Renji.“

„Ach, aber Ichimaru hat dich immer gut behandelt, oder was?“

Sofort tat ihm seine schnippische Art leid. Ichimaru da mit hereinzuziehen war unfair und an Izurus sich verengendem Auge sah er, dass dieser genauso dachte.

„Sorry, wollte ich nicht.“

„Hm…“

„Ich bin bloß durcheinander, verstehst du?“

„Natürlich. Wäre ich wohl auch.“

„Aber kann es nicht wirklich sein, dass er mich doch mag?“

Erst dachte er, sein Freund würde ihm gar nicht antworten wollen.

„Doch, das kann sein. Alles ist möglich.“

Ihm war klar, dass Izuru es nicht so meinte, sondern ihm nur einen Gefallen tun wollte. Doch für den Augenblick war ihm das genug.

„Ich sollte nicht daran denken, was ist, wenn er mich nicht leiden kann. Ich sollte an das Gegenteil denken.“

„Nun ja…“

„Zumindest jetzt. Morgen auf der Arbeit werde ich so oder so erfahren, wie er damit umgeht.“

„Das stimmt wohl.“

„Na also…“

Er brauchte das jetzt einfach. Die Möglichkeit, sich vorzustellen, was wäre, wenn Byakuya seine Liebe erwidern würde. Wenn er beim nächsten Mal nicht zurückweichen, sondern sich ihm entgegenrecken würde. Wenn er seine Arme um ihn legen würde, ihm sagen würde, dass er genauso fühlte wie er…

„Izuru?“

„Was?“

„Wie hat man überhaupt Sex mit einem Mann?“

Beinahe hätte Izuru die zwei Teetassen, die er gerade hatte wegräumen wollen, fallen gelassen. Innerhalb einer Millisekunde war er knallrot.

„So etwas fragt man nicht!“

„Wenn man nie fragt, bleibt man aber blöd!“

„Das macht dir doch sonst auch nichts aus. Und überhaupt, wozu musst du das jetzt wissen? Du steigerst dich da gerade zu sehr rein.“

„Kann man sich in Liebe denn zu sehr reinsteigern? Wenn ja, muss ich mir das nicht ausgerechnet von dir sagen lassen!“

Kurz funkelten sie sich einfach gegenseitig an, dann atmete Izuru resignierend aus.

„Also gut. Es kann ja echt sein, dass du das mal für…irgendwen brauchen wirst.“

„Nicht für irgendwen. Für Byakuya.“

Izuru schüttelte leicht den Kopf, seine Gesichtsfarbe änderte sich nicht.

„Also, ein wenig kannst du mir jawohl erklären. Es geht um Leben und Tod.“

Um Leben und Tod? Klingt, als seist du hinter meinem Taichou her und nicht hinter deinem.“

„Du weißt, wie ich das meine.“

Renji grinste und auch Izuru schmunzelte nun leicht.

Er würde jetzt wohl wirklich etwas den Ratgeber spielen. Eigentlich hatte Renji ihn früher schon dazu befragen wollen, aber nie den passenden Moment gefunden. Das war kein Thema, welches man Izuru nebenbei beim Essen oder Einkaufen um die Ohren schlagen konnte. Hätte er das getan, hätte Izuru sich vermutlich an seinen Stäbchen verschluckt oder hätte eine Pyramide aus Reissäcken umgeworfen. Irgendetwas Lebensgefährdendes eben. Aber jetzt war sein Freund anscheinend darum bemüht, Renji aufzumuntern, dafür zu sorgen, dass er nicht dreinblickte, als sei die Welt am Untergehen oder als hätte sein Lieblingstaiyakistand geschlossen. Er würde seiner Neugier entgegen kommen. Und Renji hatte vor, das auszunutzen, so gut es ging.

„Also, erklär.“

„Du musst mir schon sagen, was genau du wissen willst. Ich kann das schlecht mit Sex mit Frauen vergleichen, den hatte ich schließlich nie.“

„Ich auch nicht. Würde also eh nicht viel bringen.“

„Ach so, da dann… was?“

Renji blinzelte ihn nur fragend an.

„Du bist noch Jungfrau?“

Der ungläubige Ton reizte ihn leicht.

„Ja bin ich. Problem? Passt eben zu meinem Sternzeichen.“

„Ich bin Widder. Siehst du mich mit dem Kopf frontal in das nächstbeste Hindernis rennen?“

„Metaphorisch schon, ja.“

Das kurze Senken von Izurus Blick gab ihm das Gefühl, das Wortgefecht gewonnen zu haben.

„Ich hätte das bei dir nur einfach nicht erwartet. Du warst auf der Akademie doch beliebt bei den Mädchen und hattest auch so einige Dates.“

„War aber eben nie die Richtige dabei. Also habe ich lieber gewartet. Und jetzt lassen wir das. Wenn ich über Frauen reden will, frage ich Shuuhei und nicht dich.“

„Okay, schon gut. Also… in welcher Position siehst du dich?“

„Hä?“

„Du weißt schon… welche Rolle…“

„Ach so. Oben, natürlich.“

Izuru hob seine sichtbare Augenbraue.

„Wir reden immer noch von Kuchiki-taichou?“

„Klar.“

„Du wärst niemals oben.“

„Aber ich bin doch größer als er.“

Unverständlicherweise fing Izuru jetzt auch noch an, leise zu lachen. Merkte der nicht, dass das hier ein ernstes Gespräch war?

„So einfach ist das nicht, Renji. Ich hätte zwei Meter größer sein können als Ichimaru-taichou und hätte unten gelegen.“

„Wärst du zwei Meter größer als er, wäre der einzige Ort an dem du liegen würdest, Kurotsuchi-taichous Labortisch.“

„Du weißt, was ich dir damit sagen will. Die Körpergröße entscheidet nicht.“

„Ah. Also andere Größen?“

Renjis dreckiges Grinsen sorgte schlagartig dafür, dass Izurus sich gerade beruhigende Gesichtsfarbe wieder dunkler wurde. Verlegen blickte er zur Seite.

„Nein. Natürlich nicht…“

„Was entscheidet dann?“

„Nun… das Gefühl, schätze ich. Das, was du willst. Was ihr wollt.“

„Okay… dann bleibe ich bei „oben“.“

Sein Freund sah ihn zwar weiterhin zweifelnd an, nickte dann aber.

„Das ist wohl eh besser. Wenn du dich auf die passive Rolle einstellst und dann… nein… das wäre seltsam.“

„Was? Wovon redest du?“

„Ach, nichts.“

Plötzlich grinste Izuru leicht, was Renji beinahe schon Angst einjagte. Er wollte lieber nicht wissen, woran er gerade dachte.

„Ich habe gehört, dass es weh tut.“

„Wo hast du das gehört?“

„Hier im Wohnzimmer, wenn Ichimaru mit dir in deinem Zimmer zugange war.“

„Ah…“

Augenblicklich brach ihr Blickkontakt wieder ab. Es war wirklich nicht einfach, mit Izuru darüber zu sprechen.

„Also, tut es weh?“

„Ein bisschen, vielleicht.“

„Wenn das bei dem Gejammer ein bisschen ist, musst du schon sehr zimperlich sein.“

Izuru schluckte leise, blickte dann wieder auf.

„So laut sind wir immer gewesen?“

„Manchmal hatte ich Angst, dass er aus Versehen Shinsou reingesteckt hat.“

„Okay, okay! Ich habe es verstanden. Aber sag das nicht…so.“

„Du bist doch mein bester Freund. Eigentlich sollten wir darüber viel offener reden können.“

„Tun wir gerade doch. Aber… offen mit Einschränkungen.“

„Das ist Unsinn.“

„Im Unsinn machen bist du doch Experte.“

Renji zuckte nur mit den Schultern. Gewissermaßen hatte Izuru ja recht und er sollte froh sein, überhaupt Antworten zu bekommen.

„Es tut eigentlich nicht weh. Anfangs vielleicht etwas, weil es ungewohnt ist. Aber wenn man aufpasst, tut es keinem der Partner wirklich weh. Es soll ja angenehm sein. Es kommt eben darauf an, wie…rücksichtsvoll du bist. Es ist aber sicher nicht schwer, rücksichtsvoller als Ichimaru-taichou zu sein.“

„Kann ich mir denken. Aber an sich muss man einfach…reinstecken?“

„Rede doch nicht so vulgär!“

„Wie soll ich es denn sonst nennen?“

„Du sollst es gar nicht benennen!“

„Du machst es uns nicht gerade einfach, Izuru.“

Der blonde Fukutaichou biss sich kurz auf die Lippe.

„Nein, nicht einfach reinstecken. Etwas Anfeuchten muss sein, sonst tut es nämlich doch weh. Es gibt extra Creme dafür oder Öle…“

„Und wenn ich sowas gerade nicht habe?“

„Dann nimmst du eben Speichel.“

„Uh.“

Irgendwie fand er den Gedanken nicht wirklich angenehm, geschweige denn anregend. Spucke? Und wie viel davon? Er hatte nicht vor, Byakuya voll zu sabbern. Er konnte sich auch nicht vorstellen, dass dieser stillhalten würde, während er das tat. Dass Byakuya in seiner Gegenwart vermutlich ohnehin nicht mehr stillhalten würde, war gerade nicht von Interesse.

„Also sorge ich dafür, dass ich Creme habe. Kannst du eine empfehlen?“

„Jetzt reicht es aber! Wir tauschen hier doch keine Rezepte aus…“

„Sei nicht so prüde! Wer von uns beiden ist denn noch unschuldig?“

„Das hat damit nichts zu tun!“

„Doch, darum geht es doch gerade.“

„Ach, lass mich in Ruhe!“

Izuru erhob sich und sammelte die beiden Tassen wieder ein, wobei diese stark aneinander klapperten. Er stolperte fast, als er an Renji vorbei huschte. Dieser grinste und drehte sich noch einmal zu ihm um.

„He, Kira-sensei! Normalerweise muss der Schüler peinlich berührt sein von seinen Fragen, nicht anders herum!“

„Nenn mich nicht so!“

„Izuru?“

Sein Freund blieb stehen, ließ ihm den Rücken aber weiter zugewandt.

„Wenn ich noch Fragen habe, darf ich zu dir kommen?“

„…klar.“

Damit verschwand Izuru aus dem Wohnzimmer. Renji lehnte sich zurück und sah zur Decke. Gebracht hatte das nun nicht viel, aber Izuru so zu triezen hatte ihn definitiv aufgemuntert. Er hatte nicht mehr das Gefühl, als würde er sterben müssen, wenn er Byakuya morgen sah. Nur noch, als würde er in ewiges Koma fallen müssen.
 

Rikichis Herz schlug wie wild. Es lag nicht an Kuchiki, jedenfalls nicht wirklich. Oder vielleicht auch doch, jedenfalls indirekt… es lag einfach an der Tatsache, dass er in den Armen eines halbnackten Mannes lag.

Er hatte keine Schlafkleidung gehabt, welche groß genug für Kuchiki gewesen wäre und Kuchiki hatte nicht vorgehabt, in seiner vollen Arbeitsmontur zu schlafen. Letztlich hatte er sich bis auf die Hakama entkleidet, eine Art Kompromiss. Hätte er die auch noch abgelegt, wäre es Rikichi sicher zu peinlich gewesen, mit ihm in einem Bett zu übernachten.

Er hatte sich nicht getraut, zu versuchen, den Taichou auf das Sofa zu verbannen und sein Bett war nun einmal eher schmal. Sie hätten nicht einmal zusammen reingepasst, ohne sich aneinander zu schmiegen. Gut, dass die Dunkelheit sein rotes Gesicht verbarg.

Sanft streichelte Kuchikis Hand durch sein Haar, beruhigend, bis er langsam eindämmerte.

„Gute Nacht, Rikichi.“

„Hm…Nacht…“

Mehr als ein leises Nuscheln brachte er nicht mehr heraus. Er spürte noch einen zarten Kuss auf seiner Wange, dann entglitt er dem Schlaf. Während Byakuya seinen Körper an sich drückte und streichelte, träumte er, dass es Renjis Arme waren, die ihn umfingen.

Schön genug

Mit einem Ruck schreckte Rikichi hoch. Er hatte das Gefühl, dass er…

Sein Blick wanderte zum Wecker. Ja, sein Gefühl täuschte ihn nicht. Verschlafen. Bisher war es ihm doch noch nie passiert, dass er das Klingeln nicht gehört hatte!

„Verdammt…“

„Was denn?“

Die Stimme, so nah an seinem Nacken, ließ ihn beinahe aus dem Bett springen. Wären da nicht die Arme gewesen, die ihn von hinten umfassten, wie er nun erst bemerkte. Dann fiel ihm sein spontaner Besucher wieder ein.

„Ich habe verschlafen.“

„Das ist nicht schlimm.“

„Aber ich…“

„Du bist von deinem Vorgesetzten entschuldigt. Reicht das?“

Rikichi nickte schwach. Kuchiki tat wohl wirklich immer nur das, was er wollte.

„Ich verstehe das nicht… ich bin mir sicher, dass ich den Wecker gestern gestellt habe. Vielleicht ist er kaputt gegangen.“

„Ich habe ihn ausgeschaltet, während du im Bad warst.“

„Ah… hä?“

Er wandte seinen Kopf etwas nach hinten, bis er seinen Taichou sehen konnte.

„Warum sollten Sie das tun?“

„Ich mag es nicht, von schrillen Lauten geweckt zu werden. Billige Wecker haben schrille Laute. Und dieser sieht…nun…“

„Nicht so aus, als sei er so teuer wie anderer Leute gesamte Schlafzimmereinrichtung?“

Sofort bereute er seine Worte wieder. Seine vorschnellen Worte mussten an der Müdigkeit liegen, welche sich noch nicht ganz verzogen hatte. Doch Kuchiki äußerte sich nicht weiter dazu.

„Sie kommen jetzt doch auch zu spät.“

„Das ist in Ordnung. Ich war sonst jedes einzige Mal pünktlich, im Gegensatz zu so ziemlich jedem anderen Taichou. Ich kann es mir erlauben.“

„Okay… aber wir sollten jetzt vielleicht trotzdem aufstehen.“

„Gleich.“

Rikichi spürte, wie sich die Arme des anderen Shinigami etwas stärker um ihn legten. Als wollte Kuchiki ihn daran hindern, sich einfach davon zu machen.

Er drehte sich nun um, um seinen Taichou direkt ansehen zu können.

Er musste zugeben, dass es sich gut anfühlte. Zuvor hatte er nie jemanden gehabt, in dessen Armen er aufwachen konnte. Es war ein schönes Gefühl… doch es wäre sicher noch schöner, wenn es Renjis Arme wären, die ihn umfassten. Schnell senkte er den Blick bei diesem Gedanken. Es war nicht fair. Doch war Kuchiki ein fairer Mann? Eigentlich geschah es ihm recht. Zumindest bildete Rikichi sich das gerade ein.

Zögerlich legte nun auch er seine Arme um den Körper des Taichous. Weil es so erwartet wurde. Weil es angenehm war. Doch er blickte nicht mehr auf.
 

Grenzenlose Nervosität machte sich in Renji breit, als er an die die Tür zum Büro der sechsten Division klopfte. Heute war Byakuya später gekommen als normalerweise, das war ihm direkt aufgefallen. Und es hatte seinem Plan nicht gerade gut getan, schließlich hatte er möglichst früh zu seinem Taichou gehen wollen, um es so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Und eigentlich konnte er von einem Plan auch gar nicht sprechen.

Anklopfen, reingehen, improvisieren. Das hatte er tun wollen, mehr konnte er sich gerade ohnehin nicht merken.

Ein trockenes „Herein“ erklang und Renji betrat das Büro. Da saß sein Vorgesetzter, blickte ihn mit demselben neutralen Gesichtsausdruck wie auch sonst an. Das machte ihn fast noch nervöser.

„Ich… ich bin hier wegen gestern. Sie wissen schon.“

Byakuya nahm ein Dokument zur Hand und widmete sich diesem.

„Nein, ich weiß nicht.“

Renji klappte beinahe der Mund auf bei diesen Worten. Er starrte den Taichou an, als hätte dieser neuerdings Yachirus Haarfarbe. Als er sich dessen bewusst wurde, versuchte er schnell wieder, seine Fassung zu gewinnen.

„Was soll das heißen, Sie wissen nicht, was ich meine? Das wissen Sie sehr wohl, ich weiß das!“

Während Renji versuchte, gedanklich seinem eigenen Satz hinterher zu kommen, blickte Byakuya wieder auf.

„Natürlich weiß ich es. Ich meine nur, wir vergessen es einfach wieder. Beide. Das ist besser für uns und vor allem besser für unser Arbeitsverhältnis. Du kannst nun gehen."

„Aber-„

Byakuyas Blick nahm eine Spur an Strenge zu.

„Du solltest dankbar sein, dass ich mich dazu entschlossen habe, darüber hinweg zu sehen. Fordere dein Glück nicht heraus. Geh einfach.“

Renji trat einen Schritt zurück. Ja, er sollte gehen, es einfach dabei belassen. Besser für alle. Es hätte auch schlimmer laufen können, Byakuya hätte ihn beleidigen können, ihm die Meinung sagen können, ihn zur Schau stellen können…

„Nein.“

Der Fukutaichou verschränkte die Arme und hob sein Gesicht etwas an. Herausfordernd.

„Ich werde ganz sicher nicht so tun, als sei nichts geschehen! Ich hatte so lange Angst davor, dass Sie es erfahren. Zugleich dachte ich, dass es eine Befreiung wäre. Und nun, da Sie es wissen, werde ich sicher nicht so tun, als sei nichts! Sagen Sie doch, was Sie wollen. Aber tun Sie nicht so, als wüssten Sie von nichts. Ich… ich…“

Er schluckte leicht. So oft hatte er es sich vorgestellt, es einfach zu sagen. Aber nicht so, nicht zwischen Tür und Angel. Doch hatte er nun noch eine Wahl?

„Ich liebe Sie. Und ich wüsste nicht, warum ich mich dafür schämen sollte.“

Endlich schien er Byakuyas volle Aufmerksamkeit zu haben. Zumindest legte dieser seine Arbeit wieder weg.

„Was erwartest du jetzt, Renji?“

„Ich… weiß auch nicht.“

Er wusste es wirklich nicht. Endlich hatte er über die Lippen gebracht, was ihn so lange beschäftigt hatte. So viele Reaktionen hatte er sich von der Seite Byakuyas vorgestellt. Doch die ernüchternde Realität zeigte ihm genau das, was er heimlich als die wahrscheinlichste Möglichkeit auserwählt hatte: Sein Taichou schien gänzlich unbeeindruckt.

Automatisch trat er noch einen Schritt zurück, dann einen weiteren. Schließlich wandte er sich um und verließ das Büro. Keine Stimme forderte ihn auf, zu warten. Er atmete tief durch. Er fühlte sich so miserabel wie lange nicht mehr. Langsam entfernte er sich.
 

Zum dritten Mal war Rikichi nun schon an Renjis Arbeitsplatz vorbei gelaufen. Zum dritten Mal hatte er es nicht gewagt, seinen Vorgesetzten anzusprechen. Er sah irgendwie mitgenommen aus. Und Rikichi konnte sich genau denken, woran das lag. Nun, zumindest ungefähr konnte er es sich denken. Es musste mit dem Taichou zu tun haben, vermutlich war gestern etwas vorgefallen. Das zumindest würde erklären, weshalb Kuchiki so plötzlich bei ihm aufgetaucht war. Er machte wieder kehrt. Die Neugierde brachte ihn beinahe um. Sollte er Renji einfach darauf ansprechen, dass er so angeschlagen war? Würde er überhaupt aufmunternde Worte finden, wo er ihm doch am liebsten gesagt hätte, dass er Kuchiki vergessen sollte? Sollte er…

„He, Rikichi.“

Der Jüngere zuckte zusammen und fragte sich kurz, ob er seine Gedanken vielleicht versehentlich laut vor sich hingesprochen hatte.

„Du rennst gerade zum dritten Mal hier vorbei.“

„Zum vierten Mal.“

„Was?“

„Ach, nichts.“

Renji winkte ihn zu sich.

„Hast du nichts zu tun?“

„Nun, geht so. Gerade eigentlich nicht, nein. Das heißt, vielleicht doch, Sie können mir ja etwas-„

„Tut mir leid, dass ich dich gestern einfach weg geschickt habe. Ich hatte etwas Stress, weißt du?“

„Hm… schon okay.“

Diesen Stress verstand er ja nur zu gut. In denselben würde er verfallen, wenn Renji sich bei ihm zum Abendessen ankündigen würde.

„Nein, nicht okay. War scheiße von mir, dich einfach rauszuwerfen. Komm heute Abend mit zu mir, dann habe ich Zeit für dich, okay?“

„Oh… okay.“

Er kam sich etwas überrumpelt vor, doch zugleich freute er sich. Sein Herz schlug automatisch ein wenig schneller. Eine Einladung! Es tat Renji wirklich leid, ihn einfach fort gejagt zu haben, er war ihm nicht egal!

„Also… bis dann.“

Renji klopfte ihm auf die Schulter, blickte dabei jedoch eher durch ihn hindurch. Dann erhob er sich und verließ den Raum. Seine Schritte waren nicht zielsicher wie sonst, sondern eher schleichend. Auf eine unheimliche Art erinnerte er ihn beinahe an Kira.

Und dann wurde Rikichi bewusst, dass er nur vorbei kommen sollte, um Renji abzulenken. Um ihn etwas zu unterhalten, damit dieser nicht nachdenken musste, über was auch immer. Es ging ihm gar nicht um seine Anwesenheit.
 

Es klopfte erneut an der Tür und Byakuya musste zugeben, dass er langsam leicht genervt war. Er hatte das Gefühl, dass die Arbeit bei ihm von Tag zu Tag kürzer kam. Langsam legte er seine Papiere zur Seite.

„Herein.“

Rikichi streckte erst vorsichtig den Kopf durch die Tür und betrat dann das Büro. Leise schloss er die Tür wieder, trat dann langsam näher. Es war deutlich zu spüren, dass er Zeit schinden wollte.

„Was gibt es, Rikichi? Komm bitte direkt zum Punkt.“

Sein Untergebener nickte, blickte zum Boden und dann wieder hoch in Byakuyas Gesicht.

„Abarai-fukutaichou benimmt sich so…seltsam.“

Augenblicklich war Byakuya alarmiert. Inwiefern seltsam?

„Er wirkt so deprimiert.“

„Ach so. Wenn es weiter nichts ist.“

Solange er nicht heulte oder sich bei der Arbeit betrank, konnte es ihm gleich sein.

„Wissen Sie, warum…?“

„Wie kommst du darauf, dass ich das wissen sollte?“

„Sie waren gestern bei ihm. Vielleicht hat er da etwas gesagt oder so…“

Byakuya schüttelte bloß langsam den Kopf. Es ging Rikichi nichts an. Vor allem hatte es ihn nicht zu interessieren. Es gefiel ihm nicht, wie sehr Rikichi sich auf Renji fixiert hatte, nicht im Geringsten. Aber konnte er dem Einhalt gebieten?

„Ich weiß nichts davon. Komm heute Abend wieder zu mir, Rikichi. Gestern war es bereits so spät, wir hatten kaum Zeit füreinander.“

„Aber ich bin schon von Abarai-fukutaichou eingeladen worden.“

Byakuyas Augen verengten sich ein wenig.

„So?“

Unwillkürlich biss Rikichi sich auf die Lippe und blickte wieder zum Boden. Anscheinend war ihm das nur herausgerutscht, was Byakuya noch weniger gefiel. Nervös knetete Rikichi seine Finger.

„Aber ich werde selbstverständlich zu Ihnen kommen. Das ist mir wichtiger.“

„Wirklich?“

„Ja.“

„Sieh mich an.“

Rikichi schluckte, dann schaute er auf.

„Wirklich, es ist mir wichtiger.“

Byakuya hatte das Gefühl, dass dies nicht ganz der Wahrheit entsprach. Er haderte mit sich, war kurz davor, Rikichi zu sagen, dass er halt zu Renji gehen sollte, wenn das ihm lieber war. Doch da war der Shinigami bereits wieder aus dem Büro verschwunden und Byakuya hielt es nicht für nötig, ihm deswegen nachzugehen.
 

Am Ende des Tages hatte Renji eine Weile auf seinem Platz auf Rikichi gewartet. Schließlich hatte er jemanden gefragt und erfahren, dass der bereits recht früh gegangen war. Seltsam. Vielleicht wollte er zuvor noch duschen und sich umziehen und kam dann später nach? Alles andere wäre mehr als unwahrscheinlich gewesen. Fanboys versetzten ihre Idole nicht einfach so.

Renji betrat seine Wohnung, stellte die Schuhe ab und ging ins Wohnzimmer.

„Izuru?“

Keine Reaktion. Vielleicht war sein Mitbewohner noch einkaufen oder besuchte jemanden.

Renji gähnte ausgiebig und machte sich auf dem Sofa breit. Dieses Mal würde er nicht panisch nach Staub suchen müssen, er erwartete ja nur Rikichi. Warum dieser wohl gestern vorbeigekommen war? Was auch immer der Grund war, darüber zu sprechen würde in jedem Fall angenehmer sein, als an Byakuya zu denken. Alles war angenehmer, als an seinen Taichou zu denken. Nun, fast. Mit Yumichika shoppen zu gehen oder bei Kurotsuchi zum Essen eingeladen zu sein, war sicher noch schlimmer, aber so etwas kam für ihn ohnehin nicht infrage. Andererseits, bei seiner momentanen Glückssträhne…

Ein wenig musste er schmunzeln. Ja diese Gedanken lenkten ihn ab. Davon, dass Byakuya nichts mit ihm zu tun haben wollte, ihn genauso kalt abwies, wie Izuru es prophezeit hatte. Vehement biss Renji die Zähne zusammen. Was sollte er nun tun? Er wollte nicht mehr über seinen Taichou nachdenken. Noch weniger wollte er ihn aber aufgeben, wie er gestern Abend noch klar gestellt hatte. So abstrus eine gemeinsame Zukunft auch schien, er erträumte sie sich weiterhin. So verrückt es auch klang, Byakuyas Abweisung änderte nichts an seinen Wünschen.

Die Türklingel ertönte und er richtete sich erleichtert auf. Ablenkung, Erlösung. Sie würden über irgendein lockeres Thema sprechen, Rikichi würde so lange bleiben, bis sie beide todmüde waren. So müde, dass Renji auch in der Nacht nicht darüber würde nachdenken können. Und dann würde er am Morgen verschlafen und anschließend so in Hektik sein, dass er auch da keine Zeit haben würde, sich Byakuya zu widmen. Alles genau geplant.

Es klingelte erneut und ein genervtes Stöhnen entfuhr Renji.

„Ja, man!“

Er ging zur Tür und öffnete sie. Automatisch knallte er sie wieder zu, doch ebenso automatisch hatte sein Besucher auch schon einen Fuß in der Tür.

„He! Benimmt man sich so nem Taichou gegenüber?“

Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Ausgerechnet! Er nahm seine vorherigen Gedanken zurück. Es gab unglaublich viel, was unangenehmer war als an Byakuya zu denken und das war ausschließlich jede Sache, die diesen Typen involvierte.

„Izuru ist nicht da!“

„Weiß ich.“

Vor lauter Verdutzen ließ Renji die Tür los und schon war Ichimaru in der Wohnung.

„Bin ja auch hier, um mit dir zu reden.“

„Aber ich kriege gleich Besuch!“

„Keine Sorge, den kann ich verscheuchen.“

Das glaubte er ihm aufs Wort.
 

Je mehr Rikichi darüber nachgedacht hatte, desto mehr glaubte er, dass das, was er im Büro gesagt hatte, eigentlich der Wahrheit hätte entsprechen sollen. Wenn er es abwägte, genau darüber nachdachte, hätte ihm der Besuch bei Kuchiki wirklich wichtiger sein sollen als der bei Renji. Ersterer wollte ihn schließlich wirklich sehen, während letzterer sich wohl mit jedem zufrieden gegeben hätte. Jedenfalls mit jedem, der nicht so depressiv war wie Kira, sonst hätte er ja auch den als Gesellschaft missbrauchen können. Ja, eigentlich sollte er zumindest heute Kuchiki vorziehen. Er kam sich schäbig vor, weil er sich dennoch wünschte, bei Renji zu sein.

Er saß mit seinem Taichou auf dessen Bett, lehnte sich an die Schulter des anderen Shinigami. Kuchiki hatte seinen Arm um seine Hüfte gelegt und streichelte sanft seine Seite. Es fühlte sich schön an, aber zugleich war es Rikichi auch peinlich. Sein Blick war hartnäckig an den kleinen Teppich vor dem Bett geheftet.

„Dränge ich mich dir zu sehr auf?“

Er hatte nicht erwartet, dass Kuchiki das so direkt ansprechen würde. Sofort schüttelte er den Kopf. Was hätte er auch sonst tun sollen?

Doch sein Taichou legte eine Hand unter sein Kinn, hob es an und zwang ihn, ihm in die Augen zu sehen. Erneut. Er hatte wohl durchschaut, dass Rikichi Blicken grundsätzlich auswich, wenn er nicht ganz die Wahrheit sagte.

„Ich… es ist nur ungewohnt. Ich kenne das doch sonst gar nicht. Sie haben das alles schon einmal gehabt, Kuchiki-taichou.“

Sein Vorgesetzter schien nachzudenken, dann umspielte ein feines, kaum wahrnehmbares Lächeln seine Lippen.

„Nicht wirklich. Hisana war eine gänzlich andere Person als du. Ich denke nicht, dass man sagen kann, dass man das alles kennen sollte, wenn man schon einmal einen Partner gehabt hat. Dafür sind die Situationen zu verschieden. Bei ihr hatte ich nie das Gefühl, mich aufzudrängen… manchmal dachte ich, dass eher sie es war, die das fürchtete.“

„Oh… nun, Sie drängen sich nicht auf. Ich weiß nur nicht recht, was ich tun soll.“

„Tu, was du willst. So wie ich.“

Bevor Rikichi etwas erwidern konnte, wurde er geküsst. Dem ersten Moment der Überraschung folgte ein angenehmes Kribbeln. Einfach tun, was er wollte? Zart erwiderte er den Kuss, legte dabei den Kopf etwas schief. Es gefiel ihm. Sanft strich Kuchikis Zunge über seine Lippen, glitt schließlich zwischen diese. Rikichi dachte gar nicht nach, schloss die Augen und öffnete den Mund leicht und erlaubte seinem Taichou, diesen zu erkunden.

Erst, als Byakuya den Kuss wieder löste und Rikichi sich leicht benommen die Augen wieder öffnete, merkte er, dass etwas seltsam gewesen war. Er hatte gar nicht an Renji gedacht, nicht eine Sekunde lang. Es war auch so schön genug gewesen.

Kuchikis Hand streichelte zärtlich seine Wange. Rikichi lächelte. Schüchtern, aber ehrlich. Er sollte tun, was er wollte. Er beugte sich vor, um seinen Taichou erneut zu küssen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (41)
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Von:  Merylex
2012-03-18T18:02:29+00:00 18.03.2012 19:02
ohhh! Es wird interessant.
Was Gin wohl mit Renji zu klären hat?
Und verfällt Richi den Charme des Taichos dennoch?
Von:  Merylex
2012-01-23T19:25:35+00:00 23.01.2012 20:25
yay!
Die Aufklärung alla Kira war so genial.
Ich konnte mir die Gesichter dazu echt gut vorstellen x3.
Aber Renji hat sich wohl dafür den falschen dafür gesucht.
Das mit Shuhei versteh ich nicht ganz, war das wegen dem treffen in der Bar oder schon vorher? Kira und Shuhei als Paar (vorstellung läuft, kyaaa!)
Ricki entwickelt wohl doch langsam Gefühle für den Taicho, auch wen es nur Scham ist, ich will mehr davon.
Ich bin auch mal dafür das Byaku oben ist, sonst hat er immer Pech.
Und ein Spruch von Kira fand ich obercool.
"Ja er wird dich nicht hassen, weil das zu kindisch ist. Er wird dich eher verachten". Der war so geil, ich liebe ihn ♥
Von:  Haizaki
2012-01-23T11:03:11+00:00 23.01.2012 12:03
Yay, neues Kapitel und auch noch so lang *__*

Aber bevor ich was Vernünftiges schreiben kann – sry, ich musste bei diesem Satz so lachen:
„Aber trotz des Tosens in seinem Inneren schwieg er.“
Irgendwie hatte ich plötzlich die seltsame Vorstellung von Tousen in Renjis Innerem vor mir...so à „The vampires in Twilight sparkle“ – „What?! There are vampires in me?“ xDDD
Oh man, das ist gruselig xD

Ok, aber ernsthaft...ich glaube Renji kann ganz froh sein, dass Izu reingeplatzt ist und verhindert hat, dass es wirklich zu dem Kuss kam. Byaku weiß jetzt zwar, dass Renji auf ihn steht, aber so besteht wenigstens die Hoffnung, dass er nicht wirklich nur noch Verachtung für ihn übrig hat. ^^’
Aber dafür wie es gelaufen ist, ist Renji ja noch ganz schön optimistisch. Ich kann’s nicht fassen, dass sich Renji, nachdem Byakuya gegangen ist, wirklich noch Gedanken darüber gemacht hat, wer von ihnen oben wäre xD
Irgendwie bin ich ja Izurus Meinung, was das angeht…ich glaube nicht, dass Byaku sich in derselben Position sehen würde, in der Renji ihn gerne hätte xP
Aber seine Gedankengänge dazu sind genial xD
„Ich bin größer“
„Die Körpergröße entscheidet nicht.“
„Ah. Also andere Größen?“

An Selbstvertrauen scheint es ihm ja echt nicht zu mangeln xDDDD
Aber das ist eben Renji, ne? ^^
Izu tat mir mal wieder leid, dass ausgerechnet er dieses Gespräch mit ihm führen musste...aber Izu tut mir irgendwie sowieso immer leid, von daher…und das Gespräch war einfach cool xD
Vor allem der Part mit Shinso und Mayuris Labor. Wo er Recht hat...

Ich fand es auch süß, dass Renji noch Jungfrau ist <3
Das passt aber wirklich zu ihm, auf die Richtige warten zu wollen. Oder besser gesagt, den Richtigen ^^

Irgendwie konnte ich diesmal aber überhaupt kein Mitleid für Rikichi aufbringen.
Ich nehme es ihm immer noch übel, dass er Byakuya was vorspielt und er ist selbst Schuld, dass er jetzt die Nacht mit ihm verbringen muss >.< (Eig. sollte er glücklich darüber sein xD)
Und zu viel hat Byakuya ja wirklich nicht von ihm verlangt, man kann ihm wohl kaum vorwerfen, dass er mit Rikichi zusammen sein will <.<
Von:  hexenjunge
2012-01-08T08:56:06+00:00 08.01.2012 09:56
Fieser Cliffhanger... will wissen wie es weiter geht >.<
Von:  Haizaki
2012-01-06T22:59:49+00:00 06.01.2012 23:59
Whoa, wieder mal so ein fieser Cliffhanger xP

Genau genommen ist in diesem Chap ja gar nicht so viel passiert, aber ich hab das Gefühl, die Story ist damit ein ganzes Stück vorangeschritten. Man hat zumindest das erste Mal wirklich das Gefühl, dass es auf ein bestimmtes Pairing hinauslaufen wird, bisher war das ja absolut unklar (wobei es mich auch nicht überraschen würde, wenn es doch noch ganz anders kommt ^^)
Aber jetzt will Izuru Rikichi helfen und ich glaube wirklich, dass er etwas bei ihm bewirken könnte...außerdem kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass Byakuya noch irgendwelche Gefühle für Renji entwickeln könnte, für die beiden sieht es echt nicht gut aus~
(zum Glück hab ich eh nie gehofft, dass die beiden ein Paar werden xDD)

Renji scheint in dem Chap ja etwas neben der Spur zu sein, was? xD
Erst fängt er plötzlich an von Byakuyas schönen Augen zu reden und macht es beim Versuch, die Situation zu retten, nur noch schlimmer.
Und am Ende scheint er wirklich gar nicht mehr zu wissen was er sagt, oder tut und will ihn küssen o__o
Ich bin so gespannt, ob es dazu wirklich kommt, oder ob Byaku das noch verhindern kann ^^'

Wozu mir gerade einfällt...Renji ist vllt. etwas schwer von Begriff, wenn es um Rikichi geht, aber Byakuya scheint in der Beziehung ja auch kein Stück besser zu sein xDD
Oder er ignoriert es einfach gekonnt, dass Renji mit ihm flirtet wollte er ja nicht wirklich wahrhaben xD

Bin auch schon gespannt darauf, wie Rikichi Byakuya irgendwann erklären will, dass er eig. gar nicht mit ihm zusammen sein will.
Und ich hoffe, dass man bald mal erfährt was es jetzt eig. mit Gin auf sich hat und wie das mit ihm und Izu weitergeht ^^

(Torara ist so süß x3
Ich mag die einfach, das war echt ne gute Idee sie mit einzubauen ^^)
Von:  Merylex
2012-01-06T19:17:09+00:00 06.01.2012 20:17
oh!
Kann er ihn küssen, oder wird er geschlagen?
Mach es nicht so spannend.
Wie Kira Ricki wohl helfen will?
Ich hoffe jetzt geht es rund. XD.

Von:  Merylex
2011-12-21T06:28:35+00:00 21.12.2011 07:28
super Story. Hab sie gerade erst entdeckt.
Es fehlt ihr ein wenig an Schwung, du darfst Situationen ruhig dramatischer schreiben, und lass die Charas länger an einem Problem rumnagen.
Bei uns ist ja auch nicht alles gerade gelöst.
Hoffe Kira schafft es Gin ein wenig so zu lenken das er nicht leiden muss und dennoch mit ihm zusammen sein kan.
Bei Renji, Richi und Byaku hab ich auch nichts gegen ein 3 einzuwenden.
Byakus Charakter ist dir bis jetzt am besten gelungen, Renji darf ruhig ein wenig aufmüpfiger und widerspenstiger sein.
kan ich eine ENS haben wen es weiter geht? Bitte?

danke lg Glupit


Von:  Centurion
2011-11-23T15:54:45+00:00 23.11.2011 16:54
Wieder mal ein tolles Chapter ^^
Nachdem es die ganze Zeit so nach ByaRiki aussah, haben Bya und Renji nun doch mal mehr miteinander zu tun
Da freut die Ananas sich xD
Sehr zum Leid des armen Rikichi…
Man, er tat mir so leid, als er von Renji einfach weggeschickt wurde, obwohl er ihm doch was schenken wollte und sich endlich getraut hatte, zu klingeln! O.o
Vor allem, als Bya dann noch draußen an ihm vorbei lief Q.Q
Wie unsensibel xD
Oder ein „Idiot“, wie Izuru ihn so treffend beschrieben hat xD
Hat mich schon überrascht, dass der mit Riki mitgegangen ist
Vielleicht wollte er Renji mit Bya auch einfach freie Bahn lassen – was Rikichi gegenüber echt mies wäre xD
Witzig fand ich jedenfalls sehr, wie Renjis Wohnung sowohl von Riki als auch Bya wahrgenommen wurde xD
Ersterer fand die unpassenden Möbel passend für Renji, aber die Statuetten hässlich (hatte mich erst gewundert, was das für Teile sein sollen, „degradierte Hollows“xD)
Letzter fand die Chappy Statuetten elegant xD
Ich musste so lachen, als ich kapiert hab, dass die hässlichen Teile von vorher gemeint waren xD
Bin jedenfalls mal sehr gespannt, wie sich das alles noch so entwickelt, irgendwie scheint Rikichi der einzige zu sein der wirklich weiß, wer auf wen steht xD
(außerdem will ich immer noch wissen, was mit Gin los ist O.o)
Freu mich aufs nächste Chapter^^
Von:  Haizaki
2011-11-22T20:37:49+00:00 22.11.2011 21:37
Warum habe ich das Gefühl, es ist nichts Gutes worüber Byakuya mit Renji sprechen will?
Oder zumindest nichts in Renjis Interesse...

Das Kapitel lässt schon wieder so viele Fragen offen >.<
aber ich mochte es natürlich trotzdem <3
Izuru hat mich positiv überrascht...bis jetzt kam er ja immer nur am Rande vor und hat zwar langsam angefangen eine größere Rolle zu spielen, nur ist er selbst nie großartig aktiv geworden.
Aber er hat Recht, Renji IST blind ^^'
Und Izu kommt gerade wirklich wie gerufen, mir tut Rikichi so leid Q.Q
Jetzt hat er wenigstens auch jemanden, dem er sich in der Sache anvertrauen kann, vllt. macht es das etwas leichter u.u'
Und vielleicht tut es Izuru auch ganz gut etwas aus seinem jetzigen Alltag herauszukommen, wo ihn das mit Gin ja noch so mitnimmt
Ich hoffe wirklich es klärt sich bald was mit den beiden, vor allem was mit Gin ist Q.Q
Ich bin zu neugierig >__<

Als Renji zu Bya meinte, er soll sich wie zuhause fühlen, musste ich so lachen xD
Es war so klar, dass dann irgendein böser Kommentar von Byakuya kommen musste, wenn auch nur in Gedanken xDD

freu mich aufs nächste Chap <3
Von:  Haizaki
2011-11-08T12:48:25+00:00 08.11.2011 13:48
Yay, hab mich wirklich gefreut als ich gesehen hab, dass die FF weitergeht <3
Aber dann hörst du an so einer Stelle auf >___<
musst du es immer so spannend machen? xD
Ich sterbe hier halb vor Neugierde, weil ich wissen will was mit Gin ist, dass Matsumoto der Meinung ist, er wäre ärmer dran als Izuru...ich will auch wissen was Renji weiß >o<
Und was es war, das Gin Matsu sagen wollte, bevor er Izu und Hisagi dann gesehen hat...

"Armer Shuuhei."
DAS dachte ich mir an der Stelle auch Q.Q

Aber ansonsten war das Chap wirklich witzig ^^
Bei der Vorstellung wie Schlägerbraut-Hinamori der 11. auflauert musste ich so lachen xDD
Dass man auf sowas überhaupt kommt xD
Das ist es schon fast wert just-for-fun ein Fanart dazu zu zeichnen *lach*


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