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You Always Meet Twice A Lifetime

Final Fantasy VII
von

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Simple And Clean

"Krieg' ich einen Kaugummi?"
 

"Später", seufzte der Mann, der sich ihr als Reeve vorgestellt hatte, genervt. "Also, wo ist euer Versteck?"
 

Raika sah die Sache mittlerweile als Spiel. Sie war jetzt im zweiten Level. Der Glatzkopf, der vorher versucht hatte etwas aus ihr herauszubekommen, war relativ schnell ausgerastet. Reeve war schon eine Ecke schwerer. Sie wusste nicht genau wie lange er sie jetzt schon verhörte, aber von der freundlichen Art, mit der er es zu Beginn versucht hatte, war nicht mehr viel übrig. Sie fragte sich, wie lang sein Geduldsfaden wohl noch war. Im Moment jedenfalls genoss sie die 'ruhige Phase' noch. Ihre Kehle tat von dem vielen Geschrei weh.
 

Nur befürchtete sie unterbewusst langsam, dass es demnächst wirklich unangenehm werden könnte. Lorgan hatte ihr viel von ShinRa erzählt. Turks und andere Verhörspezialisten mussten früher ziemlich fiese Methoden verwendet haben. Von denen waren vielleicht immer noch welche hier. Laut Lorgan war das hier alles immer noch 'derselbe korrupte Haufen', nur ohne SOLDAT und Makoenergie, weil das in der Zeitung besser wirkte. Sie zweifelte nicht daran, dass er Recht hatte.
 

"Euer Versteck, Raika?"
 

Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern und bereute es gleich wieder. Ihre gebrochene Schulter tat langsam wieder weh. Sie versuchte es zu verbergen, aber Reeve hat es wohl bemerkt.
 

"Das Schmerzmittel lässt nach, oder?" Sein Mitgefühl klang beinahe echt, aber sie wusste was gleich folgen würde. "Um so so schneller du mir hilfst, um so schneller sind wir beide hier wieder raus. Dann bekommst du eine zweite Dosis verabreicht."
 

Raika stützte ihren Kopf auf ihrem heilen Arm auf und sah ihn gelangweilt an. Einfallsreich war er nicht gerade. Da waren die mehr gespuckt als gebrüllten Drohungen des Glatzkopfes fast noch wirksamer gewesen.
 

"Seid ihr hier in Midgar?"
 

"Vielleicht."
 

Ihr Blick wanderte zur Seite zu dem großen Spiegel, der in die Wand eingelassen war. Sie konnte sich denken, was sich dahinter wohl befand. Sie winkte ihrem Abbild kurz zu.
 

Reeve klopfte kurz auf den Tisch, um ihre Aufmerksamkeit zurückzuerobern. "Du weißt hoffentlich, dass wir die anderen früher oder später sowieso finden werden. Hilf uns die Sache etwas zu beschleunigen, das kann nur von Vorteil für dich sein."
 

"Und du weißt hoffentlich", äffte Raika ihn nach und sah ihn wieder an, "dass die anderen bald hier auftauchen und euch fertig machen. Und wenn Lorgan dich erwischt, kann das nur von Nachteil für dich sein. Der kann kreative Sachen mit deinen Armen anstellen."
 

Reeve sah sie ungläubig an und verstummte für einen Moment. Sie konnte ein Grinsen nicht verbergen. Die Drohung hatte gesessen, ganz sicher!
 

"Kann ich aufs Klo?", unterbrach sie ihn dann schnell, als er den Mund öffnete, und wieder etwas sagen wollte.
 

"Was...? Später." Er seufzte abermals, offenbar aus dem Konzept gebracht, und wechselte das Thema. "Also schön: Wer ist euer Geldgeber?"
 

Raika stieß enttäuscht etwas Luft aus. "Ihr seid ganz schön doof, wenn ihr nicht mal das wisst. Der Doc bezahlt uns. Kann ich jetzt gehen?"
 

"Das meinte ich nicht." Sein rechtes Auge begann leicht zu zucken. Level zwei hatte sie wohl auch bald durch. "Woher hat Sarcone das Geld um euch anzuheuern? Seine Forschung ist sicher auch nicht billig."
 

"Keine Ahnung." Sie schaffte es diesmal nur mit der heilen Schulter zu zucken. "Vielleicht hat er ja im Lotto gewonnen."
 

"Dir ist klar, dass du jede Menge Ärger am Hals hast?" Sein Ton wurde ungehaltener, hatte aber immer noch dieselbe Lautstärke.
 

"Tu ich das?"
 

"Du bist hier, weil du eine Terroristin bist. Mit denen wird normal anders umgegangen als mit dir gerade. Und ein paar meiner Mitarbeiter sind nicht ganz so zurückhaltend wie ich."
 

"Ihr dürft mir gar nichts tun, ihr habt Gesetze!", schrie sie ihn an und bemerkte zu spät, dass sie nun als erstes die Geduld verloren hatte. "Ich sag' jetzt gar nichts mehr."
 

Sie hielt sich für etwa zwei Sekunden an ihren Vorsatz.
 

"Ich will an die frische Luft!"
 

"Spä..."
 

Raika fiel vor Schreck beinahe vom Stuhl, als schlagartig die Tür zum Verhörzimmer aufgerissen wurde und laut gegen die Wand knallte. Auch Reeve zuckte sichtbar erschrocken zusammen. Sie ruckte mit ihrem Stuhl ein ganzes Stück von der Tür weg, als sie erkannte wer da in den Raum stürmte.
 

"Mir wird das verdammt noch mal zu blöd!", brüllte Highwind zornig. "Du stellst dich an wie ein beschissener Kindergärtner!"
 

"Cid, was soll das? Du kannst hier nicht..."
 

"Aus dem Weg!"
 

Reeve war aufgestanden und versuchte ihn offensichtlich zu beruhigen, aber der irre Pilot schubste ihn einfach aus dem Weg und marschierte auf sie zu. Raika saß wie erstarrt auf ihrem Stuhl, als Highwind sie mit beiden Händen am Kragen packte und hoch zerrte, bis ihre Füße beinahe den Bodenkontakt verloren. Ein stechender Schmerz fuhr durch ihre Schulter.
 

"Aua, du Arsch!"
 

"Also, kleine Irre, spuck endlich euer Versteck aus!" Er hielt sie so dicht vor sein schnaubendes Gesicht, dass kleine Speicheltropfen sie trafen.
 

"Nei-nein!", erwiderte sie für einen Moment lang nicht mehr ganz so selbstsicher. "Lass mich los, blöder alter Sack!"
 

Sie trat ihm gegen das Schienbein, aber mehr als ein kurzes Zusammenzucken erreichte sie damit bei ihm nicht.
 

"Du hast es so gewollt."
 

Er ließ sie los, aber nur um sie gleich darauf am Nacken zu packen und mit sich mitzuzerren.
 

"Hey! Aua! Loslassen!"
 

"Cid!" Reeve stellte sich ihnen abermals in den Weg nur um wieder beiseite gestoßen zu werden.
 

"Ihr verweichlichten Drecksbürokraten bekommt ja gar nichts mehr hin", knurrte Highwind als er die mit einem Arm auf ihn einschlagende Raika aus dem Verhörzimmer schleifte.
 

"Hilfe! Vergewaltigung! Feuer!"
 

"Halt die Schnauze! Und ihr: Lasst mich durch!", befahl er zwei perplexen Wachmännern und schob sich an ihnen vorbei. Er zerrte sie den Gang entlang, bis sie die Fensterfront erreichten. "Du willst an die frische Luft? Bitte schön!"
 

Highwind riss eines der Fenster auf und schob sie darauf zu. Raika riss entsetzt die Augen auf.
 

"NEIN! Spinnst du!? Hilfe! HILFE!"
 

"Spuck verdammt noch mal endlich aus, was du weißt!"
 

Raika versuchte verzweifelt sich mit ihrem heilen Arm am Fensterrahmen festzuklammern, doch der Pilot war zu stark für sie. Sie stemmte sich auch noch mit den Beinen dagegen, aber Highwind ließ einfach für einen Moment locker, wodurch sie das Gleichgewicht verlor und gleich darauf ein leichtes Opfer war. Panik erfüllte sie als er sie durch die Öffnung wuchtete, da sie zuerst dachte, er wolle sie wirklich aus dem Gebäude in den strömenden Regen werfen. Er hielt sie aber schließlich doch noch fest, so dass zumindest noch ihre Beine im Inneren des Gebäudes baumelten.
 

Sie schrie panisch um Hilfe, bis sie schließlich erkannte, dass das alles auch ein weiterer Bluff war, der sie einschüchtern sollte. Ihr Mut kehrte zurück und sie begann sich mit einem heftigen Zappeln zu wehren - soweit es ihre Verletzung jedenfalls erlaubte.
 

"Lass mich los, alter Dreckssack, ich werd ganz naß! Ich verrat' euch nichts!"
 

"Cid, lass sie los!", hörte sie Reeve rufen.
 

"Schnauze!"
 

Sie schrie und zappelte noch einen kurzen Moment lang ergebnislos, hielt dann aber schlagartig still, als sie das erste Mal richtig nach unten sah. Sie waren wirklich sehr weit oben im Midgar-Tower.
 

"Lass mich bloß nicht los, du Irrer!" Sie versuchte verzweifelt wieder irgendwo mit ihrem Arm Halt zu finden.
 

"Hast du sie noch alle, du..." Sie stockte als ihr ein paar Etagen weiter unten etwas anderes ins Auge fiel. Etwas, das nicht gerade alltäglich schien.
 

"Was... was ist das?", fragte sie verwundert nach unten deutend.
 

* * *
 

Es dauerte noch ein paar Sekunden bis Clouds Instinkte und Reflexe den anfänglichen Schock überwunden hatten und auf 'Kampf' umgestellt waren. Nur war Zeit das allerwenigste, was er im Moment hatte. Er stürzte mit seinem unbekannten Angreifer zusammen den Midgar-Tower entlang. Das konnte sehr schnell sehr ungemütlich werden. Er packte seinen Gegner, den er immer noch nicht richtig gesehen hatte, und schaffte es ihn unter sich zu drehen. Keine Sekunde zu spät, denn der Sturz war kürzer als erwartet, als die beiden mit einem Regen aus Glasscherben auf der Außenterrasse der Kantine aufschlugen.
 

Der Aufprall raubte Cloud beinahe die Besinnung, aber der Körper unter ihm bewahrte ihn vor gröberen Verletzungen. Aber wer auch immer ihn angegriffen hatte, er war zäh. Der Sturz hatte ihn nicht umgebracht. Cloud wurde von zwei kräftigen Armen weggestoßen und landete unsanft auf dem Rücken. Er rappelte sich allerdings schnell wieder auf. Dieser Kampf war alles andere als vorbei.
 

Zum ersten Mal konnte Cloud seinen Gegner richtig sehen, nur konnte er absolut nicht sagen, was für eine Kreatur das war, die sich gerade vor ihm aufrichtete. Sein Angreifer war humanoid und trug Klamotten, aber da endete auch schon alle Ähnlichkeit mit einem Menschen. Wilde schwarze Haare rahmten ein verzerrtes, dämonisches Gesicht ein, das ihn noch am ehesten an ein Reptil erinnerte. Der Kopf und die muskulösen Arme waren gelbgrün geschuppt. Während die linke Hand noch annähernd menschlich war, war die rechte eine groteske Klaue, deren schwarze Krallen messerscharf wirkten.
 

Das Monster krümmte sich unter lautem, gestocktem Knurren zusammen, nur um sich kurz darauf mit einem ohrenbetäubenden Schmerzensschrei aufzubäumen als ein einzelner, ledriger Flügel aus seiner rechten Schulter hervorbrach. Die Kreatur schien einen Moment zu brauchen um sich davon zu erholen, dann richtete sie ihren wütenden Blick auf Cloud, während ein drohendes Knurren in ihrer Kehle aufstieg.
 

Cloud machte sich bereit. Was auch immer das war, es hatte es auf ihn abgesehen. Strömender Regen goss auf die beiden herab, als sie sich einen Moment lang regungslos anstarrte.
 

Dann sprang das Vieh mit gefletschten Zähnen auf ihn zu.
 

Es war verdammt schnell! Cloud konnte sich unter dem ersten Prankenhieb nur knapp hindurchducken. Er rollte schnell beiseite als es anschließend mit seinem Maul nach ihm schnappte. Doch er schaffte es kaum auf die Beine, da stand es schon wieder vor ihm. Er versuchte mit einem Satz rückwärts zu entkommen, doch er war zu langsam. Er spürte ein heißes Brennen, als die Klaue durch sein Shirt fuhr und seine Brust aufschlitzte. Ein kräftiger Rückhandschlag der Kreatur schleuderte ihn anschließend quer über die halbe Terrasse gegen das Geländer.
 

Eine Hand auf die blutende Wunde gepresst, die zum Glück nicht tief schien, rappelte sich Cloud wieder auf. Das lief nicht sehr gut, er brauchte eine Waffe! Verzweifelt sah er sich um, doch auf der Terrasse gab es nicht viel, dass sich anbot. Das einzige was herumstand waren einige mit Plastikplanen bedeckte Stühle und Tische. Cloud presste verbissen die Zähne zusammen. Er musste wohl mit dem klarkommen was er hatte.
 

Die Kreatur schlug zweimal mit dem Flügel und stürzte sich dann abermals auf ihn. Cloud rannte ihr entgegen und zog im Laufen eine der Planen von einem Stuhl. Er schleuderte sie der Kreatur entgegen und sprang dann im letzten Moment beiseite. Die geflügelte Bestie befreite sich gleich wieder aus der Plane, aber die kurze Ablenkung verschaffte Cloud genug Zeit um sich den Stuhl zu schnappen und ihn ihr mit voller Wucht über den Schädel zu ziehen.
 

Der Stuhl zersprang ihn seine Bestandteile, was Cloud allerdings nur Recht war. Er behielt eines der metallenen Stuhlbeine als Waffe in der Hand und drosch damit abermals auf den Kopf seines Gegners ein. Hatte er zumindest geplant, aber die Kreatur war ihm rechtzeitig ausgewichen. Er drehte sich gerade noch rechtzeitig zur Seite um einem weiteren Klauenhieb zu entgehen, der ihn trotzdem noch am linken Oberarm streifte. Unbeirrt nahm er den Schmerz hin und traf das Kinn des Monsters mit seiner Stange.
 

Der Kreatur entwich ein schmerzerfülltes Fauchen als sie von dem Schlag herumgerissen wurde, konnte aber einem weiteren Hieb ausweichen und entfernte sich mit einem weiten Satz von Cloud. Sie landete auf dem Geländer, schüttelte den Kopf unter den Nachwirkungen des Treffers und fixierte ihn dann knurrend mit ihren bestialischen Augen. Dann flog sie mit einem gewaltigen Sprung über Cloud hinweg, landete auf einem Tisch, stieß sich sofort wieder ab und stürzte sich wieder auf ihn. Sie bremste aber abrupt wieder ab und sprang wieder zurück, wodurch sie einem weiteren Schlag von Cloud entging.
 

Das Spielchen wiederholte sich noch ein paar Mal, doch jedes Mal blieb das Monster außer Reichweite, als es erkannte, dass sein Angriff nicht durchdringen würde. Schließlich sprang es ein weiteres Mal über Cloud hinweg am Geländer vorbei und verschwand aus seinem Sichtfeld.
 

Cloud ließ seine Waffe nicht sinken, sondern blieb angespannt in einiger Entfernung zum Geländer stehen. Er konnte sich denken, was das Vieh wohl vorhatte, aber andererseits wollte er sich nicht auf Geduldspielchen einlassen. Und wer wusste, ob es sich nicht doch abgesetzt hatte. Der Gedanke, dass das Monster - woher es gekommen war interessierte ihn im Moment noch nicht - in der Stadt Amok lief, missfiel ihm.
 

Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen und schlich sich an das Geländer. Das Stuhlbein fest mit beiden Händen umklammert, versuchte er über den Regen hinweg etwas zu hören. Als er das Geländer erreichte hatte, spähte er vorsichtig darüber hinweg.
 

Und riss seinen Kopf sofort wieder zurück. Das Monster hatte genau unter ihm an der Wand hängend gelauert und hechte jetzt auf ihn zu. Cloud ließ sich zur Seite auf die Knie fallen und schlug gleichzeitig zu, aber sein Schlag ging ins Leere.
 

Zum Glück traf das auch auf den Angriff der Kreatur zu. Sie landete wieder auf der Terrasse, machte sofort kehrt und setzte zum nächsten Angriff an, doch Cloud war schnell genug und schaffte es sie mit einem Aufwärtshieb abermals unterm Kinn zu treffen. Er rammte ihr die Stange in den Magen und schlug sie ihr, als sie sich darauf zusammenkrümmte mit aller Kraft auf den Hinterkopf.
 

Das Biest ging zu Boden, war aber immer noch nicht besiegt. Es wand sich herum und versuchte ihn von den Beinen zu holen, doch Cloud entging dem Angriff mit einem knappen Rückwärtssprung. Die angeschlagene Kreatur rappelte sich auf und stürzte sich dann mit einem wütenden Schrei abermals auf ihn. Aber sie war langsamer geworden. Cloud wich dem letzten Angriff mit einer Drehung aus und vollendet die diese mit einem weiteren Schlag auf ihren Hinterkopf, der jedem normalen Menschen den Schädel zerschmettert hätte. Mit einem gequälten Jaulen stürzte sie vorwärts, überschlug sich zweimal und krachte in einen Tisch und die zugehörigen Stühle. Sie sprang nicht wieder auf.
 

"Cloud, fang!" ertönte es von weiter oben aus dem Turm. Cloud sah auf und erblickte Cid in einem Fenster, der ihm gerade seinen Speer zuwarf. "Gib dem Mistvieh den Rest!"
 

Cloud fing den Speer aus der Luft, wirbelte ihn herum und holte aus um seinem Gegner den Todesstoß zu verpassen. Er hielt gerade noch rechtzeitig inne, als er Tifa bemerkte, die plötzlich zwischen ihm und der Kreatur stand.
 

"Hör auf!", schrie sie ihn an, die Arme ausgebreitet, als wolle sie das Monster beschützen.
 

Cloud brauchte einen Moment bis er die richtigen Worte fand. "Tifa? Was soll das? Geh aus dem Weg, das Ding ist gefährlich!"
 

"Das ist Elena."
 

* * *
 

Clouds ungläubiger Blick haftete eine für Tifa unendlich lang scheinende Zeit auf der am Boden kauernden Elena. Fassungslos ließ er Cids Speer sinken, während sich sein Atem wieder beruhigte. Schließlich sah er Tifa halb fragend, halb vorwurfsvoll an.
 

"Was war das gerade?"
 

Tifa wich seinen Augen schuldbewusst aus. Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Ihr Blick wanderte über seinen Körper. Er schien nur ein paar tiefere Kratzer abbekommen zu haben und der strömende Regen, der immer noch erbarmungslos herabprasselte, hatte auch das meiste Blut bereits abgewaschen. Er war wohl nicht schwerer verletzt. Wenigstens etwas.
 

Aber das Unangenehmste stand immer noch bevor. Es gab noch etwas zu klären. Leider - oder endlich. Sie konnte sich nicht entscheiden. Aber erst wollte sie mit Elena reden.
 

Ihr Blick traf sich mit dem von Cloud.
 

"Tifa", sagte er bestimmt. "Könntest mir bitte erklären, was das gerade war?"
 

"Cloud, kannst du drinnen warten? Ich erkläre es gleich."
 

"Was?!" Er deutete auf Elena. "Du-Du wusstest davon, richtig? Das was gerade mit ihr geschehen ist, überrascht dich nicht, oder?"
 

"Cloud..."
 

"Was zur Hölle war das?!" Sie hatte ihn lange nicht so außer sich erlebt - trotz all ihrer Streits.
 

"Gib mir fünf Minuten", bat sie verzweifelt, "dann sind Reeve und Cid sicher auch hier. Ich erkläre es euch allen auf einmal. Ich muss nur kurz mit ihr alleine reden."
 

Die beiden sahen sich einen Moment lang an, dann wandte Cloud sich mit einem ergebenen Seufzen ab und schulterte den Speer.
 

"Fünf Minuten", meinte beim Weggehen. "Länger kann ich die anderen sicherlich auch nicht zurückhalten."
 

"Danke." Tifa lächelte kurz erleichtert. Sie sah ihm nach bis er im Inneren der Kantine verschwunden war, dann wandte sie sich dem eigentlichen Problem zu. Mit einem Schlag war ihr Lächeln wieder komplett verschwunden.
 

Elena lag immer noch zwischen den umgestürzten Gartenmöbeln in die Clouds letzter Schlag sie geschleudert hatte. Sie hatte sich zwar aufgesetzt aber saß nun regungslos mit gesenktem Kopf da, das Gesicht hinter ihren Haaren verborgen und ihr Brustkorb hob und senkte sich hektisch. Der unablässige Regen hatte sie mittlerweile vollkommen durchnässt. Aber Tifa tat ihr Möglichstes ihr Mitleid für das Häufchen Elend hinunterzuschlucken.
 

"Bist du verletzt?"
 

Die Turk reagierte nicht.
 

"Du warst also nicht bei Reeve."
 

Sie antwortete immer noch nicht.
 

"Elena..." setzte Tifa deutlicher an.
 

"Nein...", kam es kleinlaut zurück, nachdem ihr Atem etwas ruhiger geworden war.
 

Tifa seufzte enttäuscht. "Ich wollte dir eine halbe Stunde geben es selbst zu regeln. Eine halbe Stunde!" Sie fühlte wie sich langsam ein Kloß in ihrem Hals bildete. "Selbst das war wohl noch zuviel Vertrauen."
 

"Ich... Ich wollte zu Reeve", begann Elena mit schwacher Stimme und sah zu ihr auf. "Wirklich! Aber ich habe ihn nicht gefunden. Und dann hat Reno..." Tifas strenger Blick ließ sie abbrechen.
 

"Es sind wieder mal nur die anderen Schuld, oder wie?"
 

"Nein, dass..." Elena verstummte und blickte wieder zu Boden. "Es hätte doch ohnehin nichts geändert."
 

"Was?"
 

"Was hätte Reeve denn schon tun können? Außer er hätte mich in ein Labor wegsperren lassen. Das will ich nicht!"
 

Es folgte eine lange Pause.
 

"Ich weiß", sagte Tifa versöhnlicher und deutlich leiser. "Aber was sonst? Ich weiß nicht mehr weiter."
 

Sie kniete sich zu Elena hinunter.
 

"Was soll ich noch tun, Elena? Kannst du mir das sagen?" Sie erfasste Elenas Kopf mit beiden Händen und zwang sie ihr in die Augen zu sehen. "Was soll ich noch tun?! Mir fällt einfach nichts mehr ein. Ich versuch dir zu helfen, ich versuch es wirklich. Ich WILL dir helfen! Ich weiß nur einfach nicht wie!"
 

Tifas Stimme wurde immer verzweifelter und sie wusste nicht mehr, ob das nur Regen auf ihrem Gesicht war. Sie ließ Elena wieder los und starrte ebenfalls zu Boden.
 

"Wenn wir einfach warten könnten, bis wir Sarcone gefunden haben. Ich würde ihn persönlich dazu prügeln, dich wieder normal zu machen..." Sie seufzte laut und stellte den Blickkontakt wieder her. "Aber du hast es nicht mehr unter Kontrolle. Das war doch keine Angstreaktion mehr. Du warst nicht Gefahr. Du hast Cloud einfach nur so angegriffen. Du bist eine unberechenbare Gefahr, Elena."
 

"Eigentlich..." Die Turk nahm Tifa bei den Händen. "Es gab schon einen Grund, warum ich Cloud angegriffen habe."
 

"Was?"
 

"Ich... hab euch im Flur streiten sehen. Und er... Er hat dich..." Sie machte eine längere Pause. "Es war, als wusste ich irgendwie, dass ihr..."
 

Tifa löste ihre Hände aus Elenas Griff und stand auf. Sie entfernte sich einen Schritt und fuhr sich mit einem Ärmel über die Augen - nicht dass es in dem Regen einen Unterschied machte. Sie stieß laut Luft aus, bevor sie sich wieder zu Elena umdrehte.
 

"Ich glaub das einfach nicht." Entnervt warf sie die Arme in die Luft und suchte nach Worten. "Du... du... du..."
 

"Lockheart!", hörte sie plötzlich Renos Stimme. Er stand ungeduldig wartend in der Tür zur Kantine. "Kommt gefälligst endlich rein!"
 

Angewidert schloss Tifa die Augen und biss sich verärgert auf die Zunge. War ja klar, dass DER auch mit auftauchte. Sie atmete tief durch um sich zu beruhigen.
 

"Steh auf", wies sie Elena schließlich an und hielt ihr dann nach einem kurzen Zögern eine Hand hin, um ihr aufzuhelfen. "Jetzt hab ich es ohnehin nicht mehr in der Hand, was mit dir passiert."
 

* * *
 

"Das... Das gerade war doch Devon, oder?"
 

"Devon?" Cid sah Raika fragend an, bevor es ihm dämmerte. "Du meinst Elena? Ja, das war sie - zumindest am Ende."
 

"Krass...", meinte das schockierte Mädchen, das sich nun mit deutlich weniger Widerstand von ihm und einem Wachmann durch den Flur führen ließ.
 

"Ich dachte, sie wird dann einfach stärker und schneller. Wie ein SOLDAT." Raika starrte nachdenklich zu Boden. "Aber dass sie so aussieht..."
 

"Wovon redest du?"
 

"Der Doc hat ihr was von dem Mittel verabreicht, das sie in einen seiner Superkrieger verwandeln sollte."
 

Es fiel Cid wie Schuppen von den Augenbrauen. Natürlich, Sarcones wahnsinnige Experimente! Und Elena hatte für ihn gearbeitet. Eigentlich hätte es ihm gleich auffallen sollen.
 

"Und das verdammte Miststück hält es nicht einmal für nötig uns davon etwas zu sagen", schimpfte er, zur Hälfte auf sich selbst sauer. "Na warte!"
 

Cid knirschte verärgert mit den Zähnen. Elena hatte sie vorhin also rotzfrech angelogen. Und er hatte es nicht einmal gemerkt! Die konnte etwas erleben!
 

Wenn er sie noch erwischte.
 

Er hätte gleich mit nach unten gehen sollen. Für Reeve hatte nur ein kurzer Blick genügt und schon war der ehemalige ShinRa mit einem Gefolge aus drei Wachmännern abgedüst.
 

Cid selbst hatte seine Augen genauso wenig abwenden können wie die Kleine. Viel zu spät war ihm aufgefallen, dass Cloud keine Waffe hatte. Zum Glück hatte der Junge es immer noch drauf, er hatte den Kampf auch so gewonnen.
 

Aber dass dieses Vieh Elena war?
 

Er schüttelte ungläubig den Kopf. Ob Tifa gewusst hatte, mit was für einer Zeitbombe sie die letzten Tage verbracht hatte? Es schien fast so zu sein. Sie war noch dazwischen gegangen, bevor Elena sich zurück verwandelt hatte, und hatte nicht sonderlich überrascht gewirkt. Eher verärgert.
 

Aber sie hatte auch nichts gesagt. Kein Wort. Wieder einmal. Was zur Hölle hatte sie sich dabei gedacht?!
 

"Sie ist abgehauen, bevor der Doc fertig war", erzählte Raika von sich aus weiter, aber er hörte nur mit einem Ohr hin. "Wir hätten sie eigentlich wiederfinden sollen, aber dann ist Beruga auch noch abgehauen. Der war wichtiger."
 

Die kleine Gruppe erreichte das Zimmer aus dem Cid das Mädchen vorher so unsanft entführt hatte. Der Wachmann öffnete die Tür und wies Raika an hineinzugehen. Cid fiel ein, dass er immer noch nicht herausbekommen hatte, wo die anderen SOLDATs steckten, aber im Moment hatte er anderes im Kopf.
 

"Etwas muss schief gegangen sein", meinte Raika nachdenklich als sie ohne Widerworte zurück in den Verhörraum ging. "Das war doch ein Monster, kein Superkrieger."
 

Er nahm sie zum ersten Mal wieder richtig zur Kenntnis und sah sie ärgerlich an. "Was hast du von einem irren Hojo-Fan wie deinem Boss erwartet?"
 

Sie antwortete nicht mehr, bevor der Wachmann die Tür zuzog und ihm den Blick auf das bestürzte Mädchen nahm. Einen Moment lang stand er noch grübelnd im Gang, dann erinnerte er sich an die Standpauke, die noch jemanden erwartete. Eilig machte er sich auf den Weg.
 

Elena konnte etwas erleben! Oder Tifa. Oder wer auch immer.
 

* * *
 

Kaum waren die beiden Frauen zurück im Inneren ließ Reeve Elena von drei Wachleuten abführen. Die Turk wehrte sich nicht, sondern ließ sich schweigend verhaften.
 

"Wo bringt ihr sie hin?", wollte Tifa wissen als Elena aus der leeren Kantine gebracht wurde.
 

"Das war doch, wofür ich es halte, oder Tifa?" Reeve war sichtlich wütend. "Was fällt euch überhaupt ein, das zu verschweigen?"
 

"Wo bringt ihr sie hin?", fragte sie noch einmal und sah sich um. Cloud wirkte fast enttäuscht. Sein Blick sagte ihr, dass er Antwort erwartete. Reno hingegen grinste fast schon erwartungsvoll.
 

"In die medizinische Abteilung", beantwortete Reeve ihre Frage hektisch. "Wir haben einen Wissenschaftler auf Hojos Forschungen angesetzt, kaum dass wir von Sarcones Plänen erfahren haben."
 

"Kann der Elena helfen?"
 

"Keine Ahnung", wimmelt er sie ungeduldig ab. "Warum hast du nichts gesagt, Tifa? Du hast doch wissen müssen, was für eine Gefahr sie darstellt."
 

Tifa sah zu Boden. Sie wusste nicht recht was sie sagen sollte. Natürlich wusste sie das. Es wäre richtig gewesen gleich alles zu erzählen. Zumindest ihre Freunde hätte sie ins Vertrauen ziehen sollen. Aber all das schien ihr selbst jetzt noch eine Form von Verrat an Elena zu sein.
 

"Wie ist das passiert?", fragte Reeve etwas diplomatischer in eine andere Richtung weiter.
 

"Sarcones Leute haben sie in Junon gefunden und mitgenommen, nachdem Vincent sie... sie verletzt hatte. Irgendwie ist sie ihnen dann entkommen und mir in Midgar über den Weg gelaufen, eher gefallen", korrigierte sie die Version der Geschichte die Elena vorhin erzählt hatte.
 

"Also weiß sie doch, wo ihr Hauptquartier ist?"
 

Tifa schüttelte den Kopf. "Sie kann sich an nichts erinnern. Sonst hätte sie es euch erzählt."
 

Wahrscheinlich, fügte sie in Gedanken weniger überzeugt hinzu.
 

"Sieht ihr ähnlich", meinte Reno herablassend. "Nur Elena bringt es fertig, in so einen Schlamassel zu geraten."
 

"Halt gefälligst die Schnauze!", fuhr Tifa ihn zornig an. "Das alles ist sowieso nur deine Schuld."
 

"Red keinen Blödsinn!"
 

"Doch!" Sie ballte ihre Fäuste, als sie immer wütender wurde. "Du hast ihr das Bein kaputt geschossen und sie einfach ihrem Schicksal überlassen. Dadurch ist sie ihnen erst in die Hände gefallen."
 

"Sie ist doch selbst Schuld. Was mischt sie sich auch in solche Sachen mit ein. Wär sie an ihrem Strand geblieben und hätte sich weiter die Sonne auf den Hintern scheinen lassen, wär ihr nichts passiert."
 

"Irgendwann einmal, Reno", presst sie hervor, "wirst du für all das bezahlen. Und ich rede nicht nur von dem was du Elena angetan hast." Sie fixierte ihn mit ihrem Blick und verschränkte dann die Arme vor ihrer Brust. "Und sieh mir in die Augen, wenn ich mit dir rede!"
 

Grinsend hob er seinen Blick wieder an. "Was soll ich machen, Lockheart? Regen steht dir ausgezeichnet."
 

Etwas in Tifa riss endgültig durch. Sie holte aus um Reno eine schallende Ohrfeige zu verpassen, doch er fing ihre Hand einfach ab. Sie bereute augenblicklich keinen richtigen Schlag verwendet zu haben.
 

"Vorsicht", sagte er mit deutlich ernsterer Stimme, als sein Lächeln verschwand und er ihre Hand nach unten drückte. "Wir wollen doch nicht, dass etwas passiert."
 

"Reno!" Reeve ging endlich dazwischen und wandte sich gleichzeitig zum gehen. "Komm mit."
 

Verbissen starrte sie den Turk an, der den Blick aufs Gleiche beantwortete. Dann ließ er ihr Handgelenk los, setzte sein Lächeln wieder auf und machte sich daran Reeve zu folgen.
 

"Was passiert jetzt?" Sie richtete die Frage deutlich nur an Reeve.
 

"Das sehen wir, wenn unser Spezialist sie untersucht hat", sagte er nach einer nachdenklichen Pause. "Ich sage euch dann Bescheid. Zieht euch erstmal etwas Trockenes an. Und lass deine Wunden auf der Krankenstation behandeln, Cloud."
 

Die beiden nickten nur knapp, und sahen sich dann lange schweigsam an, als die zwei ehemaligen ShinRa-Angestellten verschwunden waren. Cloud hatte bisher kein einziges Wort gesagt, aber sein strenger Blick sagte mehr als genug. Sie versuchte verzweifelt die richtigen Worte zu finden, um ihr Verhalten zu rechtfertigen. Aber das konnte sie sich ja nicht einmal selbst richtig erklären.
 

"Es tut mir leid", war schließlich alles was sie kleinlaut herausbrachte.
 

Er stieß einen lauten Seufzer aus, aber sein Blick verlor zu ihrer Erleichterung deutlich an Härte. "Er hat Recht, Tifa."
 

Sie sah ihn entsetzt an.
 

"Ich meine Reeve, nicht Reno", fügte er schnell hinzu. "Ich meine, du solltest dir was Trockenes anziehen. Du erkältest dich noch."
 

Sie nickte zustimmend und strich sich eine nasse Strähne aus dem Gesicht. Sie würde sich umziehen, heiß duschen und endlich hinlegen. Sie war wirklich am Ende ihrer Kräfte. Der Tag kam ihr schon wieder so unendlich lange vor. Und sie hatte wirklich gedacht, das Schlimmste sei vorbei, als Cloud auf dem Parkhausdach erschienen war.
 

"Wo zur Hölle steckt dieses Miststück!", ertönte plötzlich Cids aufgebrachte Stimme als er lautstark in die Kantine stürmte.
 

Erschöpft schloss Tifa die Augen und wünschte sich an einen weit entfernten Ort.
 

* * *
 

Elena befand sich nun endgültig dort, wo sie die ganze Zeit über nicht hingewollt hatte. Sie saß halbnackt in einem sterilen Untersuchungszimmer und musste demnächst eine Untersuchung nach der anderen über sich ergehen lassen.
 

Nahm sie zumindest an.
 

Bisher war außer einer Routineuntersuchung noch nicht viel geschehen. Weder wurde sie bisher irgendwo festgebunden, noch hatte man versucht sie aufzuschneiden. Sie hatte keine Elektroschocks aushalten, keine erniedrigen Tests über sich ergehen lassen und durch keinen Reifen springen müssen. Und der eine Wissenschaftler, der sich bisher um sie gekümmert hatte, hatte sie gerade wieder allein gelassen. Ein tobender und schreiender Highwind hatte einige Räume weiter für lautstarke Ablenkung gesorgt.
 

Sie fragte sich, wann der wahre Alptraum wohl begann.
 

Dass er schon längst begonnen hatte, bemerkte sie als ihr Blick nach unten wanderte. Sie betrachtete zum wiederholten Male die roten Streifen, die ihren Körper mehr und mehr bedeckten. Ihr rechter Arm war mittlerweile komplett bedeckt davon. Das Mal an ihrer Schulter war nur noch deshalb als Ausgangspunkt zu erkennen, weil dort das Gewirr der Streifen etwas dichter war. Ansonsten zogen sich die Linen mittlerweile quer über den Halsansatz bis zu ihrer anderen Schulter, sowie über ihre Brüste hinab bis knapp unterhalb ihres Bauchnabels. Einzig ihre Beine und ihre linke Körperhälfte sahen noch normal aus - wenn sie die entstellende Prothese, die ihren linken Unterschenkel ersetzte, außer Acht ließ. Zu alledem plagte sie auch ihr schlechtes Gewissen, wegen dem was gerade vorgefallen war.
 

"Entschuldigen Sie die Unterbrechung, Miss Devon", schreckte der zurückkehrende Wissenschaftler sie aus ihren Gedanken. "Dieser ewig fluchende Herr hat ein reges Interesse daran Ihren Zustand mit Ihnen zu besprechen."
 

Arcula - wie sich der Doktor zuvor vorgestellte hatte - schob seine Brille zurecht und ließ ein nervöses Lächeln folgen, wie er es bei fast jedem Satz tat, wie Elena inzwischen festgestellt hatte. Egal ob es sich um einen Scherz oder einen medizinischen Befund handelte. Vielleicht hatte er auch einfach Angst vor ihr.
 

"Aber keine Sorge. Ich habe ihn aus dem Stockwerk weisen lassen. Wir sollten eine Zeitlang unsere Ruhe haben." Er wischte sich etwas Schweiß von seiner Stirn. Der zurückgetretene Haaransatz und die kurz geschnittenen, langsam ins graue wechselnden dunkelblonden Haare ließen Elena ihn auf Mitte vierzig schließen.
 

"Wo waren wir stehen geblieben."
 

Er zog sich einen kleinen Hocker heran und begann ihren Arm zu untersuchen. Elena hingegen sah sich um. Der Raum verfügte zwar über eine Überwachungskamera, aber ansonsten schien es wirklich ein ganz normales Zimmer der Krankenstation zu sein. Keine zusätzlichen Wachen, keine Ketten, kein Käfig. Sie traute der Sache nicht.
 

"Sie können sich das Vorgeplänkel sparen, Doc. Legen Sie einfach los. Ich will's hinter mich bringen."
 

Er sah sie unsicher an. "Wovon reden Sie?"
 

"Sie und zirka eine Million Ihrer Kollegen können es doch gar nicht erwarten mich mit einer Vielzahl ihrer Instrumente zu piesacken und herauszufinden was das Ding in mir so alles draufhat."
 

"Sie irren sich, Miss Devon." Er wandte sich wieder ihrem Arm zu. "Ich bin der einzige, der von den genaueren Umständen dieser Sache weiß. Der Sarcone-Fall unterliegt strenger Geheimhaltung." Er drückte auf ein paar Stellen an ihrem Unterarm. "Tut das weh?"
 

"Nein." Elena war immer noch nicht überzeugt, beschloss aber Arculas Spielchen erst einmal mitzuspielen.
 

"Haben Sie sonst irgendwelche..."
 

"Schmerzen?", unterbrach sie ihn scharf. "Ständig, fast überall."
 

"Wirklich?" Arcula sah sie erstaunt an. "Wo genau tut es Ihnen denn gerade besonders weh?"
 

Sie stockte als sie den Mund bereits zum Sprechen geöffnet hatte. "Nirgends, im Moment. Nach einer Verwandlung sind die Schmerzen wie weggeblasen", beantwortete sie seinen misstrauischen Blick. "Aber ansonsten sind sie fast ständig da. Anfangs war es nur die Schulter und der Arm. Dann kam ein Brennen in der Lunge dazu und mittlerweile achte ich schon gar nicht mehr auf einzelne Schmerzen."
 

"Ihr Körper wehrt sich gegen die fremden Zellen", erklärte er, als er weitere Streifen abtastete. "Das sind Infektionen. Die werden wahrscheinlich verschwinden, sobald die Umwandlung abgeschlossen ist."
 

"Wahrscheinlich?! Außerdem will ich gar nicht, dass sie abgeschlossen wird. Holen Sie das Zeug aus mir raus!"
 

"Das wird nicht ganz so einfach werden." Er spielte nervös an seiner Brille bevor er aufstand und sich an einem Labortisch zu schaffen machte. "Außer ein paar ersten Versuchen mit Zellkulturen hat Sarcone nicht viel zurückgelassen, bevor er untergetaucht ist. Und Professor Hojos Aufzeichnungen hat er alle mitgehen lassen. Ich stehe mit meiner Forschung leider erst ganz am Anfang."
 

"Forschung? Wollen Sie Sarcone Konkurrenz machen?" Sie warf ihm einen äußerst misstrauischen Blick zu, der allerdings nur seinen Rücken traf.
 

"Man hat mich mit diesem Fall betraut, damit seinen Opfern geholfen werden kann." Arcula zog eine Schublade auf und holte etwas heraus.
 

"Wenn Sie das sagen.", sagte sie vorsichtig. Sie konnte nicht erkennen, was er gerade machte. "Also, wie können Sie mir helfen?"
 

"Bei den Zellkulturen habe ich es geschafft mittels eines speziellen Sedativums die Aktivität der Fremdzellen für ein paar Stunden zu unterdrücken. Ich werde versuchen es an ihren Metabolismus anzupassen. Das hilft Ihnen vielleicht durch den Tag zukommen." Er drehte sich mit einer leeren Spritze in der Hand zu ihr um. "Ich brauche eine Blutprobe von Ihnen."
 

"Bedienen Sie sich, Doc", meinte Elena wieder etwas entspannter und hielt ihm den rechten Arm hin. "Für mich hört sich das allerdings nicht nach einem echten Heilmittel an."
 

"Ist es auch nicht. So etwas werde ich ohne Sarcones oder zumindest Hojos Aufzeichnung wahrscheinlich auch nicht hinbekommen - wenn überhaupt."
 

Elena seufzte niedergeschlagen und ließ sich das Blut abnehmen. Das waren weniger gute Nachrichten. Aber sie würde schon dafür sorgen, dass Sarcone ihr half, ihr altes Leben zurückzubekommen. Seit Reeves Briefing vorhin hatte sie nun auch endlich ein Gesicht vor Augen, das sie in Gedanken schon einmal unsanft umgestalten konnte.
 

"Was genau ist es eigentlich?", fragte sie zaghaft als Arcula die Nadel wieder herauszog und den Einstich abtupfte. "Das, was Sarcone mir da verabreicht hat? Sind... sind das Jenovazellen?"
 

"Woher wissen Sie über Jenova bescheid?" Arcula wirkte unangenehm überrascht.
 

"Ist das wichtig?"
 

"Nein. Nein, natürlich nicht." Er ging zurück zu dem Labortisch und packte die Blutprobe weg, dann putzte er seine Brille kurz an seinem Laborkittel. "Aber ich kann Sie beruhigen. Mit Jenova hat das nichts zu tun. Was Ihnen da verabreicht wurde ist ein Cocktail aus Mako und Zellen verschiedenster Monster, dessen genaue Zusammensetzung wohl nur Professor Hojo kannte."
 

"Und wie genau funktioniert es? Was geschieht da mit mir?"
 

"Hm, das ist schwer zu erklären." Er kratze sich nachdenklich am Kopf. "Man könnte sagen Ihre Zellen werden nach und nach aufgewertet mit den Eigenschaften der Monsterzellen, die anspringen sobald Sie einer Form von Stress ausgesetzt werden. Sie haben sicherlich auch schon bemerkt, dass die Verwandlung nur auf bestimmte Auslöser erfolgt."
 

"Schmerz, Angst, Zorn", zählte sie auf und sah dann schuldig zu Boden. Ihre Stimme wurde fast unhörbar leise. "Eifersucht..."
 

"Man kann sagen, das instinktive Verhalten zur Gefahrenabwehr dieser Kreaturen übernimmt dann die Kontrolle."
 

"Instinkt?", wiederholte Elena leise. So würde sie es nicht beschreiben. Sie bezweifelte stark, dass die gefährlicheren Exemplare der Fauna allesamt von einer bösartigen inneren Stimme angetrieben wurden.
 

"Machen sich bereits irgendwelche der Verbesserungen bemerkbar?"
 

"Verbesserungen?!", würgte sie beinahe hervor. Sie traute ihren Ohren kaum.
 

"Ihre verwandelte Form ist praktisch nur der Gipfel des Eisbergs", begann Arcula zu erklären, "man könnte fast sagen ein unerwünschtes Nebenprodukt. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum dieses Projekt zu Gunsten des SOLDAT-Projekts fallengelassen wurde. Sind Sie in den letzten Tagen vielleicht schneller oder stärker geworden, verheilen Ihre Wunden rascher?"
 

"Ja, ein wenig vielleicht, glaube ich." Dass das eine Untertreibung war, wusste sie natürlich. Allerdings waren das die Eigenschaften, die ihr vielleicht doch noch eine Stelle als Versuchskaninchen einbrachten. "Ich verzichte aber gerne darauf, solange ich nur wieder normal werde. Also tun Sie mir den Gefallen, Doc, und hören Sie auf Sarcones Arbeit zu bewundern, sondern suchen Sie nach einem Gegenmittel!"
 

"Ich werde tun, was ich kann." Er ging vor ihr in den Knie und betrachtete ihre Prothese. "Wie geht es Ihrem Bein?"
 

"Es ist aus Metall und hässlich."
 

Er tastete ihr Knie ab. "Das Gewebe am Ansatz ist gut verheilt, keinerlei Entzündung. Die Prothese scheint perfekt ausbalanciert zu sein. Beruga hatte wirklich ein Händchen für diese Art von Arbeit", schwärmte er nachdenklich. "Haben Sie irgendwelche Probleme damit?"
 

"Außer dass ich mich nie wieder an einem Strand sehen lassen oder auch nur einen Rock anziehen kann?" Elena teilte seinen Enthusiasmus für das Kunstglied nicht im Geringsten. "Nein. Aber Sie können es gerne behalten, wenn es ihnen so gefällt."
 

"Ich kennen da einen Spezialisten für plastische Chirurgie der auch mit künstlicher Haut arbeitet. Ich kann Sie mit ihm in Verbindung bringen, wenn das Aussehen der Prothese wirklich so ein großes Problem für Sie darstellt."
 

"Nein, danke. Lieber nicht."
 

"Keine Sorge. Er ist keiner dieser ShinRa-Faktor-Ärzte", erklärter er ihm Aufstehen. "Bei ihm sind Sie in guten Händen."
 

"Ich denke darüber nach."
 

"Tun sie das." Arcula trat wieder an seinen Labortisch und begann mit einigen Notizen. "Für heute wären wir dann fertig. Sie können sich dann wieder anziehen, ich sage den Wachleuten Bescheid, dass man Sie abholen soll."
 

Also doch. Soviel also zu 'hier meinten es alle nur gut mit ihr'. "Ich werde eingesperrt?"
 

"Eine reine Vorsichtsmaßnahme. Keine Sorge, Sie kommen in keine der Zellen. Sie bekommen eines der bewachten Quartiere im Verwahrungstrakt. Dort können Sie sich frei bewegen."
 

"Ein ganzes Stockwerk als Zelle ist immer noch eine Zelle", meinte sie wenig begeistert, doch Arcula reagierte nicht weiter darauf. Sie hob ihre Klamotten hoch und beäugte sie unzufrieden. Sie waren immer noch klatschnass.
 

"Warten sie kurz. Ich werde für Sie etwas trockenes zum Anziehen kommen lassen." Ihre Notlage war Arcula nicht entgangen.
 

"Danke, Doc." Elena ließ den nassen Stoff zurück auf den Tisch klatschen, wo er bis eben gelegen hatte.
 

"Ich werde versuchen das Sedativum über Nacht fertig zu bekommen. Wir sehen uns dann morgen wieder", sagte er im Gehen. "Zur Autopsie."
 

"Was?!", schreckte Elena hoch als sämtliche ihrer inneren Alarmsirenen ansprangen.
 

Arcula grinste sie nervös an und korrigierte den Sitz seine Brille. "Das war ein Scherz, Miss Devon."
 

"Ah." Sie machte sich keine Mühe ihre Abneigung gegenüber diese Art von Humor zu verbergen. "Das sollten Sie dringend noch etwas üben. Und bitte nennen Sie mich Elena."
 

* * *
 

Lautes Stöhnen erfüllte den kleinen Trainingsraum als Logan seiner angestauten Wut mit einem unablässigen Hagel aus Schlägen auf einen Boxsack freiem Lauf ließ. Ajig, der den Raum eben betreten hatte und damit beschäftigt war einen Apfel zu essen, trat an den riesigen SOLDAT heran, eine Hand lässig in seiner Hosentasche versenkt.
 

"Du wirkst etwas verstimmt, mein Freund." Er biss genüsslich ein weiteres Stück aus dem Apfel. "Was liegt dir denn auf der Seele?"
 

Logan verpasste dem Boxsack einen letzten Hieb, der die metallene Aufhängung an der Decke verzweifelt kreischen ließ, und drehte sich mit einem Knurren zu dem anderen SOLDAT herum.
 

"Das macht dir auch noch Freude, du sadistischer Arsch, oder?" Er baute sich vor Ajig zu voller Größe auf.
 

"Hey, hey", hob der andere beschwichtigend die Hände. "Mich nimmt das genauso sehr mit wie dich. Das waren zwei Paar äußerst bezaubernde Lippen in deren Genuss ich nun nie kommen werde." Er setzte ein eindeutiges Grinsen auf. "Da bist du echt zu beneiden..."
 

"Pass auf, was du sagst!" Logan packte Ajig am Kragen und hob seine Faust. Der kleinere SOLDAT reagierte jedoch nicht einmal auf die Bedrohung, sondern starrte ihm nur tief in die Augen. Logan atmete kurz durch, dann ließ er ihn mit einem wütenden Schnauben los und wandte sich wieder dem Boxsack zu.
 

"Reg dich doch nicht so auf, Großer", meinte Ajig heiter. "Wahrscheinlich ist es ohnehin schon aus mit der Kleinen. Wir finden sicher etwas Neues für dich."
 

Mit einem lauten Schrei verpasste Logan dem Boxsack einen letzten wütenden Schlag, der die gequälte Aufhängung endgültig sprengte und den Sack an das andere Ende des Zimmers beförderte.
 

"Wenn wir hier fertig sind, seid ihr mich los", sagte er zu Ajig, ohne ihn anzublicken. Dann hob er sein Handtuch auf und trottete aus dem Trainingsraum.
 

"Was du nicht sagst", meinte Ajig ruhig als er ihm nachsah. Der SOLDAT schluckte einen weiteren Bissen seiner Frucht hinunter, dann schlug er mit seiner freien Faust nach einem zweiten Boxsack. Der Treffer riss das Trainingsgerät in zwei Teile. Ein gemeines Lächeln breitete sich auf Ajigs Gesicht aus, als sich die Staubwolke um ihn herum legte.
 

"Mal sehen, was der Boss dazu sagt."
 

* * *
 

Nachdenklich auf ihrem Kaugummi herumkauend saß Raika im Dunkeln auf dem gemachten Bett in ihrer Zelle. Der Raum erinnerte sie gar nicht mal so sehr an einen Kerker, wie sie es erwartet hatte. Das Bett war weich, sie hatte einen Schrank, einen Tisch mit zwei Stühlen, auf dem noch die Reste des Abendessens standen, das sie kaum angerührt hatte, und sogar einen Fernseher.
 

Nur hatte sie keine Ahnung, wo sich die Überwachungskamera befand. Aber das war egal. Sie musste trotzdem versuchen hier herauszukommen. Sie musste mit dem Doc reden. Er wusste vielleicht noch gar nicht, dass sein Mittel unerwünschte Nebenwirkungen hatte. Devon hatte nicht so gewirkt, als hätte sie wirklich Kontrolle über ihre neuen Fähigkeiten. Außerdem musste der Kommandant wissen, dass Midgar ihnen schon dicht auf den Fersen war.
 

Raika kletterte aus dem Bett, schnappte sich einen ihrer Schuhe und öffnete ein kleines Versteck im Absatz. Ein glückliches Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Diese Anfänger hatte es nicht gefunden.
 

Sie holte eine kleine Ampulle heraus und schlüpfte anschließend in ihre Schuhe. Dann holte sie den Kaugummikloß aus ihrem Mund, legte ihn auf den Tisch und tröpfelte den Inhalt der Ampulle darauf. All das war sehr umständlich, da sie nur ihre linke Hand zur Verfügung hatte.
 

Sie knetete den Kaugummi durch, so dass sich die zähe Masse mit der Flüssigkeit vermischte, bis er fester und dunkelgrau geworden war. Zufrieden formte sie eine kleine Kugel draus, die sie anschließend in das Türschloss presste. Raika brauchte zwar einige Zeit und paar leise Flüche dafür, aber schaffte es schließlich einen ihrer kleinen Ohrstecker aus ihrem Ohrläppchen zu ziehen. Sie drückte das kleine Schmuckstück gegen die Wand und drehte roten Stein darauf um 180 Grad herum, dann presste sie den Stecker schnell in den aufgebesserten Kaugummi.
 

Zwei Schritte entfernt erfreute sie sich daran wie kurz darauf das Schloss mit einem dumpfen Knall aufgesprengt wurde. Sie zog langsam die Tür auf und lugte vorsichtig nach draußen. Sie erschrak beinahe zu Tode, als sie Highwind unweit von ihrer Tür auf einem Stuhl sitzen sah, seinen Speer unter einem Arm eingeklemmt.
 

Ihr fiel ein Stein vom Herzen, als sie bemerkte, dass er lauthals schnarchte. Ihre kleine Sprengladung hatte ihn offensichtlich nicht aus seinem Tiefschlaf geweckt. Allerdings hatte er seine Füße auf einen zweiten Stuhl gelegt und blockierte somit effektiv den schmalen Gang.
 

Raika seufzte leise und legte sich vorsichtig zu Boden. Langsam begann sie unter Highwinds Beinen und zwischen den beiden Stühlen hindurch zu kriechen. Angespannt biss sie auf ihre Unterlippe. Sie kam fast gar nicht vorwärts, da sie nur ihren linken Arm verwenden konnte und diese Position tat ihrer gebrochenen Schulter alles andere als gut tat.
 

Sie erstarrte förmlich vor Schreck, als Highwind sich plötzlich bewegte und dann laut schmatze. Sie hielt ihren Atem an und bewegte sich keinen Millimeter. Erst eine Minute nachdem er wieder zu Schnarchen begonnen hatte, wagte sie sich weiter vor.
 

Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis sie unter ihm hindurch war. Sie war in Schweiß gebadet, als sie endlich wieder aufstehen konnte, aber auch sehr erleichtert. Sie betrachtete den schlafenden Highwind noch kurz mit einem triumphalen Grinsen, streckte ihm die Zunge raus und machte sich auf den Weg. Jetzt galt es den Ausgang zu finden. Zügig bog sie um die nächste Ecke.
 

"Und wo willst du hin?"
 

* * *
 

Elena musste schmunzeln als Raika sichtbar erschrocken zusammenzuckte und sich dann ganz langsam mit einem ertappten bis entsetzen Gesichtsausdruck zu ihr umdrehte.
 

"Äh...", begann sie verunsichert zu stammeln.
 

"Die Toiletten sind da vorne", sagte Elena in eine Richtung deutend und wandte sich dann wieder dem geöffneten Fenster zu, an dessen Rahmen sie lehnte und von wo aus sie ihren Blick über das nächtliche Midgar schweifen ließ. Die frische, herbstliche Nachtluft machte ihr nichts aus. Im Moment war ihr sowieso jede Art von Abkühlung recht.
 

"Denkst du etwa ich breche aus, nur um aufs Klo zu gehen?", fragte Raika offensichtlich beleidigt von Elenas Desinteresse.
 

Elena stutze kurz und sah das Mädchen dann verwundert an. "Du bist ausgebrochen?"
 

"Jaaaahhhhhhaaaa!", triumphierte Raika mit zurückkehrender Selbstsicherheit und stemmte ihren heilen Arm stolz in die Hüfte. "Die Tür, die mich aufhält ist noch nicht erfunden."
 

"..." Ein amüsiertes Grinsen schlich sich auf Elenas Gesicht "Dir ist doch sicher aufgefallen, dass die Tür gar nicht abgeschlossen war, oder?"
 

"Nat... WAS!?" Raika starrte sie mit offenem Mund an, während sie fassungslos nach Worten suchte. "Du lügst doch! Warum sollte man eine Zelle nicht abschließen? Und warum bewacht mich dann dieser alte Sack?"
 

Elena zuckte mit den Schultern. "Was Highwind angeht: Keine Ahnung. Aber dieses Stockwerk dient nur zur Verwahrung mit minimaler Sicherheit. Wir können uns hier überall frei bewegen. Nur die Türen zu den Aufzügen und ins Treppenhaus sind verschlossen. Da findest du dann auch die Wachmänner." Fragend sah sie die Rothaarige an. "Du warst noch nicht oft im ShinRa-Tower, oder?"
 

Raika schüttelte den Kopf. "Nein, noch nie... Moment mal!", schrie sie mit einem Mal auf. "Wenn das ganze Stockwerk ein Gefängnis ist, warum bist du dann hier?"
 

Elena stieß einen leisen Seufzer aus und sah wieder nach draußen. "Die Vorführung heute Nachmittag hat wohl niemanden besonders gefallen. Ist ihnen wohl lieber, wenn ich nicht frei im ganzen Gebäude herumlaufe."
 

"Hm", brummte Raika zustimmend und trat neben Elena ans Fenster. Das Mädchen lehnte sich weit hinaus und warf einen Blick die lange Glasfassade entlang nach unten und anschließend nach oben. Als sie die relativ aussichtslose Lage erkannte, seufzte sie niedergeschlagen. Sie legte den unverletzten Arm auf den Fensterrand und bettete ihren Kopf darauf.
 

"Sei froh", meinte Elena. "Früher haben sie die Gefangenen tagelang einfach nur im Verhörzimmer festgehalten."
 

Raika brummte nur als Antwort, dann sahen die beiden ein paar Minuten lang einfach nur aus dem Fenster. Elena sog die kalte Luft tief ein und genoss das Gefühl. So makaber es auch war, sie hatte sich die letzten Stunden fast schon wohl gefühlt. Ihre Lungen brannten nicht mehr, der stechende Schmerz in ihrem Rücken war weg und diese ihr den Verstand raubende Stimme hielt auch die Klappe. Ganz so, als würde was auch immer da in ihr brodelte sich zufrieden darauf ausruhen wieder einen Sieg über sie errungen zu haben. Gut ging es ihr trotzdem immer noch nicht, das wusste sie. Das Jucken und Brennen unter ihrer Haut erinnerte sie immer noch deutlich daran.
 

"Was hältst du davon, wenn wir abhauen?", schlug Raika plötzlich vor. "Ich kann dich mitnehmen, vielleicht bist du mir ganz nützlich."
 

"Ich bin die letzten Tage genug davongelaufen", sagte die Turk nach einer kurzen Weile.
 

"Müssen wir ja nicht unbedingt. Wir können ja warten, bis mich die anderen hier rausholen. Wenn du uns dann hilfst, darfst du sicher mitkommen. Der Kommandant und der Doc freuen sich sicher, wenn du freiwillig zurückkommst."
 

Elena war sich nicht ganz sicher, ob die Kleine das wirklich ernst meinen konnte. "Als ob ich mich noch mal freiwillig in die Hände von diesem Irren begebe?"
 

Raika antwortete nicht, sondern musterte stattdessen die roten Streifen an Elenas Hand, bevor die Turk sie in ihrem Ärmel verschwinden ließ.
 

"Tut es denn weh? Das Verwandeln, meine ich."
 

"Höllisch." Treffender konnte sie es eigentlich nicht beschreiben. "Zumindest bis kurz vor Schluss. Wenn ich mich dann endgültig verwandle ist es fast befreiend."
 

"Hm. Naja, da bist du aber selbst schuld. Du hättest halt nicht weglaufen dürfen."
 

Elena warf dem Mädchen einen ungläubigen Blick zu.
 

"Wenn du nicht weggelaufen wärst", fuhr Raika fort, "dann hätte der Doc sicher was gefunden, was dir hilft."
 

"Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass dein 'Doc' schuld daran ist, dass es mir überhaupt so miserabel geht", antwortete Elena etwas fassungslos über Raikas Sicht der Dinge.
 

"Es war doch sicher nicht seine Absicht, dass du dich in so ein Ding verwandelst. Da muss was schief gelaufen sein. Wärst du geblieben, dann hätte er das repariert und du wärst jetzt sicher schon einer von seinen neuen Superkriegern - wie ein SOLDAT!"
 

"Du hältst das wirklich für eine tolle Sache, nicht wahr?" fuhr sie Raika an. "Sarcone hat mich entführt und in ein Monster verwandelt! Und alles an was ich mich davon erinnern kann sind Schmerzen. Wenn er 'Superkrieger' erschaffen will, soll er sich Freiwillige suchen, wenn er dafür Irre findet."
 

"Du bist wie Lorgan. Der mag das Ganze auch nicht sonderlich."
 

"Schlauer Kerl. Und warum arbeitet er dann für Sarcone?"
 

"Weil es unser Auftrag ist, natürlich."
 

"Du klingst fast schon wie ein SOLDAT." Oder ein Turk, dachte Elena reumütig.
 

"Hey! Ich bin ein SOLDAT... fast. Außerdem bist du undankbar. Der Doc hat dir doch das Leben gerettet. Valentine hat dich doch ziemlich zerschnetzelt. Er kann ja nichts dafür, dass sein Mittel noch nicht ganz perfekt war."
 

"Wie würde es dir gefallen, wenn du dich plötzlich in ein abscheuliches Unding verwandeln würdest, das du nicht einmal ansatzweise kontrollieren kannst? Und dann sagt dir jemand 'Hey, freu dich gefälligst, du bist jetzt ein Superkrieger!'."
 

"Ich brauch das ja nicht, ich bin ein..."
 

"Ein SOLDAT. Ja, ja, ich weiß schon. Glaubst du ich hätte das gebraucht? Ich war auch zufrieden mit dem was ich konnte. Aber es wurde mir aufgezwungen. Also, würde dir das gefallen?"
 

Raika starrte eine Zeitlang nachdenklich vor sich hin. "Ein bisschen unheimlich war das schon..." Plötzlich hellten sich ihre Züge wieder auf. "Was hältst du davon, wenn ich den Doc für dich frage, dass er dich wieder normal macht? Das kann er sicher auch."
 

Das Weltbild der Kleinen war gar nicht so einfach zu erschüttern. Sie schien geradezu begeistert von ihrem Vorschlag. Aber das brachte Elena auf eine eigene Idee.
 

"Du glaubst das ginge?"
 

"Ganz sicher!", beteuerte Raika eifrig. "Also, hilfst du mir zu entkommen?"
 

"Okay. Aber ich habe keine Lust lange auf Rettung zu warten. Wir brechen aus und schlagen uns zu eurem Hauptquartier durch. Eine Turk-Superkriegerin und eine SOLDAT." Elena spielte das Spiel mit und trieb den Enthusiasmus der Kleinen weiter an. "Zusammen müssten wir das doch schaffen, oder?"
 

"Ja, ganz sicher sogar. Es ist nämlich gar nicht so weit bis zum Hauptquartier. Wir müssen nur...." Raika schlug ihre Hand vor den Mund und funkelte Elena wütend an.
 

"FÜR WIE BLÖD HÄLTST DU MICH EIGENTLICH?!"
 

"Schrei noch lauter", kommentierte sie Raikas lautes Organ und hielt sich kurz die Ohren zu. Soviel zu diesem Plan.
 

"Du bist gemein." Schmollend bettete das Mädchen seinen Kopf wieder auf die Fensterbank. "Beim Doc werde ich kein gutes Wort für dich einlegen. Das kannst du vergessen."
 

"Den überzeug ich schon selbst. Geh jetzt besser wieder ins Bett. Wenn du deine Fluchtpläne umsetzen willst, solltest du ausgeschlafen sein."
 

"ER iSt hIeR!"
 

Elena zuckte unwillkürlich zusammen, aber die Stimme meldete sich kein zweites Mal. Sie beschloss es sich einfach nur eingebildet zu haben, es war ohnehin viel zu früh. Langsam wurde sie paranoid.
 

Sie zuckte gleich noch ein weiteres Mal erschrocken zusammen als keine zwei Sekunden später eine laut schimpfende und schnaufende Gestalt um die Ecke stürmte. Elena stöhnte leise auf. Highwind war Gesellschaft auf die sie im Moment verzichten konnte.
 

"Diese kleine Mistkröte! Alarm! Die kleine Irre ist ausgebro..." Er blieb abrupt stehen und riss seinen Speer hoch, als er die beiden erblickte. "Hab ich dich!"
 

"Schrei nicht so, Alter", maulte Raika ihn frech an und wandte sich desinteressiert ab.
 

"Was zur Hölle treibt ihr hier?"
 

"Frische Luft schnappen", meinte sie immer noch wenig beeindruckt, während Elena sich gar nicht erst mit einer Antwort abmühte.
 

"Verarschen kann ich mich auch alleine, Kleine. Du bist aus deinem Zimmer ausgebrochen!"
 

"Das ganze Stockwerk ist doch die Zelle", entgegnete Raika. "Die Tür war gar nicht abgesperrt. Wieso sollte ich da ausbrechen? Das wär ja blöd!"
 

Elena konnte ein leichtes Schmunzeln nicht verbergen, als sie Raika zuhörte. Die Turk warf Highwind einen kurzen Blick zu. Er war nicht richtig überzeugt, also bestätigte sie die Aussage des Mädchens mit einem stummen Nicken, worauf er sich zumindest ein bisschen zu entspannen schien. Der Pilot senkte seinen Speer und stieß ein genervtes Brummen aus. Er machte keinen Anstalten zu gehen, sondern betrachtete die beiden einen Moment lang und öffnete dann das nächstliegende Fenster. Anschließend kramte er eine Zigarette aus seiner Tasche und schob sie zwischen die Lippen.
 

Elena seufzte leise und blickte zum wiederholten Male auf das nächtliche Midgar hinaus. So schnell würde sie hier wohl keine Ruhe mehr haben.
 

"Hey, hier drin ist Rauchverbot!", beschwerte sich Raika bei dem Piloten.
 

"ER iSt hIeR uM dIch zU TöTEn!"
 

Sie schloss die Augen und versuchte alles um sie herum auszublenden. Sie wollte das nicht hören. Sie wollte nichts hören.
 

"Ich rauch ja auch nicht nach drinnen."
 

"TöTE IhN!"
 

Irgendetwas stimmte nicht. Etwas fühlte sich falsch an. Wieso war es nur die Stimme? Keine Schmerzen, keine Atemnot, keine Panikattacke.
 

"Krieg ich auch eine?"
 

"TÖtE iHN! SoNSt tÖTeT eR dICh!"
 

Sie presste die Augen fester zusammen. Auch wenn die anderen Symptome fehlten, war die Stimme immer noch ein die Nerven zerfetzendes Kreischen.
 

"Ganz sicher nicht."
 

Und wenn es die Stimme allein nicht schaffte, dann würden Highwind und Raika sie endgültig in den Wahnsinn treiben. Sie riss genervt die Augen wieder auf.
 

"Entschuldigt mich, ich...", murmelte sie knapp und wollte sich zum gehen wenden.
 

"HiNtEr diR!!!"
 

Aus purem Reflex wirbelte Elena herum und fing die dunkle Gestalt aus ihrem Angriffssprung auf die Dreiergruppe heraus ab. Ein langes Messer bohrte sich durch ihre rechte Handfläche. Elena entfuhr ein Schmerzensschrei, dennoch hielt sie beide Arme ihres Angreifers in Schach. In den emotionslosen, dunklen Augen des komplett in schwarz gekleideten, maskierten Mannes erkannte sie nur eine kleine Andeutung von Überraschung. Dann krachte Highwinds Faust in das Gesicht des Unbekannten und schleuderte ihn zur Seite, wodurch Elenas Griff gelöst und das Messer unsanft aus ihrer Hand gerissen wurde.
 

Sie stieß einen weiteren Schrei aus, gönnte sich aber keine Auszeit, sondern nahm an der Seite von Highwind Kampfposition ein und versuchte den pochenden Schmerz in ihrer Hand zu ignorieren. Der unbekannte Angreifer war verschwunden. Aber wohin? Der Flur schien plötzlich deutlich dunkler als zuvor.
 

"Wo zur Hölle steckt der Mistkerl?", knurrte Highwind, seinen Speer im Anschlag.
 

"Jaha! Ich wusste ihr holt mich raus!", jubelte Raika lautstark hinter den beiden. "Mach sie fertig, Shishima!"
 

"Halt die Klappe!", riefen die Turk und der Pilot zugleich.
 

"LiNkS!"
 

Elena stieß Highwind aus dem Weg und schlug ins Dunkel. Ihr Faust fand ihr Ziel und traf den Maskierten im Sprung am Brustkorb. Der Treffer warf ihn abermals zurück, aber er konnte den Schwung in einen Rückwärtssalto umdrehen und landete sicher auf den Beinen.
 

"Du bist interessant", sagte er, den Blick auf Elena gerichtet. Dann rettete er sich mit Satz rückwärts vor einem wütenden Hieb von Highwinds Speer und schien geradewegs in der Wand zu verschwinden.
 

Elena hatte nur eine Sekunde lang Zeit sich zu wundern, dann tauchte Shishima wieder wie aus dem Nichts auf, traf Highwind mit einem Kinnhaken und sandte ihn mit einem anschließenden Tritt zu Boden, bevor er mit einem Sprung in Richtung Decke wieder verschwand.
 

"REcHtS!"
 

Diesmal blockte Shishima ihren Schlag ab und ging seinerseits zum Angriff über. Elena hatte alle Mühe seinen Klingenhieben auszuweichen und brachte sich schließlich mit einem verzweifelten Sprung in Sicherheit.
 

"RuNtEr!"
 

Sie warf sich zu Boden und entging somit im letzten Moment den drei Wurfmessern. Sie rollte sich zur Seite und sprang wieder auf, als eine zweite, tiefer gezielte Salve der Geschosse auf sie zuflog. Eines der Messer traf sie in den Oberschenkel. Elena biss die Zähne zusammen und unterdrückte einen weiteren Schmerzensschrei. Sie schaffte es auf den Beinen zu bleiben, bemerkte allerdings zu spät, dass sie ihre Deckung vernachlässigt hatte. Ein Kick des Attentäters traf sie am Brustkorb. Sämtliche Luft wurde aus ihren Lungen gepresst und sie mit dem Hinterkopf gegen das geöffnete Fenster geworfen. Das war genug um sie vorerst zu Boden zu schicken.
 

"TöTE IhN!"
 

Während Elena, ihren schmerzenden Kopf mit beiden Armen umklammert und versuchte wieder zu Atem zu kommen, hörte sie wie sich Highwind laute Flüchen ausstoßend auf Shishima stürzte. Sie rechnete ihm nicht gerade viele Chancen aus.
 

"Er wIRd DIcH tÖTeN!"
 

Sie hob ihren Oberkörper an, gerade rechzeitig um zu sehen, wie der Ninja Highwinds Waffe mit einer schnellen Bewegung unter Kontrolle brachte und den Piloten damit an der Schulter zu Boden hebelte. Einen Ruck später brach der Knochen mit einem lauten Knacken. Highwind stieß einen schmerzerfüllten Schrei aus, gefolgt von einer Triade von Schimpfwörtern.
 

"DU WIrsT sTErbEn!"
 

Jetzt war alles wieder da. Das Brennen, die Schmerzen, die Angst. Elena spürte wie ein zorniges Knurren in ihrer Kehle aufstieg. Sie schüttelte ihre Benommenheit mit einem Schlag ab und katapultierte sich wieder auf die Beine. Mit nicht mehr als einem kurzen Zucken riss sie das Wurfmesser aus ihrem Bein und schleuderte es auf Shishima, der gerade zum Todesstoß gegen Highwind angesetzt hatte. Der Überraschungseffekt war auf ihrer Seite. Er konnte nicht mehr ausweichen, war aber immer noch schnell genug es mit einem Arm abzuwehren und eine schlimmere Verletzung zu verhindern. Elena stürmte ihre Verletzungen ignorierend auf ihn zu, doch Shishima sprang erneut in die Dunkelheit und verschwand.
 

Die Turk sah sich um, ohne auf den nur noch schwach fluchenden und stöhnenden Highwind zu ihren Füßen zu achten. Zwei weitere Wurfmesser flogen auf sie zu, doch sie wehrte sie einfach mit einem Schlag ihrer rechten Hand ab. Es war, als wurde es wieder heller. Sie nahm einen huschenden Schatten wahr. Ein bösartiges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
 

"IcH kAnN dICh sEhEN."
 

Der Schatten kam auf sie zu, sie stürzte ihm entgegen. Ihre Klaue schoss nach vorne und schloss sich wie ein Schraubstock um Shishimas Hals. Ihr triumphales Grinsen hielt nur für einen Moment an. Die Klinge des Ninjas fuhr durch ihre Schulter und ihr Griff wurde schwach. Shishima wand sich aus der Umklammerung und war wieder verschwunden. Sie stolperte vorwärts. Ein Treffer in die Kniekehle brachte sie zum Stürzen. Elena sah noch die Fensterfront auf sich zukommen, doch ein harter Schlag gegen den Hinterkopf ließ schon zuvor alles schwarz werden.
 

* * *
 

Raika zuckte mitfühlend zusammen, als hätte sie den letzten Treffer selbst abbekommen. Elena hatte gerade begonnen sich zu verwandeln, aber Shishima hatte sie mit einem krachenden Tritt in den Nacken gegen ein Fenster geschmettert und damit ausgeknockt. Er hielt sie mit seinem Fuß noch einen Moment lang in dieser Position, bevor er seine bewusstlose Gegnerin zu Boden fallen ließ, wo ihre Züge und ihr Arm wieder ihre normale Gestalt annahmen. Shishima betrachtete die Turk noch einen Augenblick lang - fast anerkennend, wie es für Raika schien - dann drehte er sich zu ihr um.
 

"Krass", meinte sie immer noch etwas sprachlos. Dann hellten sich ihre Züge auf. "Du bist echt cool, weißt du das? Kannst du das mit Jinua auch machen?"
 

Shishima kam langsam auf sie zu. Auch wenn er ziemlich cool war, so war er in erster Linie unheimlich. Sie schaffte es nicht ihn länger als ein paar Sekunden anzusehen, bevor sie den Blick abwenden musste.
 

"Wo sind die anderen?" Ihr Enthusiasmus nahm bereits ab. Fragend blickte sie sich um. "Unten? Oder am Dach? Ihr seid doch sicher mit dem Hubschrauber hier, oder?" Er antwortete nicht und plötzlich beschlich sie ein sehr beunruhigendes Gefühl. "Shishima?"
 

"Du missverstehst da etwas", erklärte der Schattenmann ruhig, während er näher kam. "Der Kommandant hat dich von deinen Pflichten entbunden."
 

Raika war sich noch nicht ganz sicher was das bedeuten sollte, aber sie wich instinktiv zurück. "Wa-was?"
 

"Durch deine Gefangennahme wurdest du als Risiko eingestuft. Ein Risiko, das beseitigt werden muss bevor es Schaden anrichten kann."
 

"Ich hab nix verraten!"
 

"Das ist irrelevant."
 

Sie schüttelte ungläubig den Kopf, während sie weiter zurückwich. "D-du-du lügst doch! Lorgan würde das nicht zulassen. Der Kommandant hat dich gar nicht geschickt, du Arsch. Du hast uns verraten, nicht wahr? Verräter!"
 

Raika stieß mit dem Rücken an das offene Fenster. Sie musste sich nur darunter hindurchducken, aber sie blieb wie angewurzelt stehen. Hektisch sah sie sich um. Sie sollte weglaufen. Aber wohin? Sie kannte sich nicht wirklich aus hier. Laut Elena gab es irgendwo Wachen, aber sie glaubte nicht, dass die sie vor Shishima beschützen konnten. Ihre Augen wurden feucht, als die Angst sie richtig ergriff.
 

"Bitte bring mich nicht um." Ihre Stimme begann zu brechen. "Ich hab echt nichts verraten, ich schwör's! Ich will mit heimkommen."
 

Shishima sah ihr direkt in die Augen. Sein kalter, leerer Blick allein genügte schon um ihr Herz beinahe stehen bleiben zu lassen.
 

"Keine Sorge, es wird schnell gehen. Ich werde dir keine Schmerzen bereiten."
 

Shishima hob seine Unterarmklinge an als er die letzte Distanz zwischen ihnen beiden überbrückt hatte. Raika zog wimmernd den Kopf ein, schloss die nassen Augen und wartete auf ihr Ende. Plötzlich hörte ein dumpfes Geräusch, gefolgt von einem Röcheln. Eine warme Flüssigkeit spritze ihr ins Gesicht. Erschrocken riss sie die Augen wieder auf.
 

Shishima hing vor in der in der Luft, die Füße nur ein paar Zentimeter vom Boden entfernt, eine Hand um den blutigen Speer gelegt, der aus seiner Brust ragte. Highwind stand hinter ihm, den Speer mit dem unverletzten Arm haltend, während der andere kraftlos und verdreht an ihm herabhing. Trotzdem schaffte er es den tödlich Getroffenen hochzuhalten.
 

"Tut's weh, Arschloch?", knurrte der Pilot verbissen. Er zitterte förmlich vor Anstrengung. "Nächstes Mal bring mich besser um, bevor du mir deinen verfickten Rücken zukehrst!"
 

"Fü... r das... ehr... Rei... ch", röchelte Shishima mit letzter Kraft. Er fixierte Raika mit seinem Blick, der immer noch keine Emotionen widerspiegelte. Sie zuckte erschrocken zusammen, als er ein letztes Mal seinen Arm hochriss, bevor er schließlich erschlaffte.
 

Highwind warf den Speer samt dem Aufgespießten beiseite und starrte sie zähneknirschend an.
 

"Scheiße..."
 

Raika stand immer noch unter Schock. Erst als sie Highwinds besorgtem Blick folgte und an ihr selbst herabsah, bemerkte sie die drei Wurfmesser in ihrer Brust. Sie öffnete ungläubig den Mund, brachte aber keine Worte heraus. Alles um sie herum verschwamm. Sie merkte noch, wie sie zu Boden sackte, dann wurde die Welt dunkel.
 

---------- Ende Kapitel 14 ----------
 

Anmerkungen des Autors:

Hoppla. Das ging mal wieder vergleichsweise schnell *g* Das war offensichtlich Raikas Kapitel. Vie zu sagen gibt's nicht wirklich, außer dass es mir ungemein Spaß macht ihren Charakter zu schreiben. Die Instant-Sprengladung ist natürlich reiner SciFi-Müll, der auf meinem Mist gewachsen ist, passt aber irgendwie zu Raika wie ich finde.

Die Kampfszene zwischen Elena und Cloud ist schon entstanden, als ich noch ein Zivi war, hab sie mittlerweile nur wieder etwas überarbeitet. Ansonsten dachte ich ruf auch mal wieder in Erinnerung, dass Elena immer noch schwarz gefärbte Haare hat. Ohja, und ich dachte ich mach mal wieder ganz subtil drauf aufmerksam, dass Ajig auch nicht ganz harmlos ist. Der hatte schon lange nichts mehr zu tun.

Und die Verletzungen bei den Protagonisten häufen sich langsam ^^'
 

Naja, lasst hören wie's euch gefallen hat. 2006 liefert hoffentlich den Rest von "You Always Meet Twice A Lifetime"!

Nguyen Tran Loc



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  May-Tears
2006-10-13T13:21:45+00:00 13.10.2006 15:21
super! klasse FF fanfic!^^
bist du kommst du aus Vietnam? o.o
^-^ *favoriets stopf*
super^^
Von: abgemeldet
2006-09-22T14:08:45+00:00 22.09.2006 16:08
Wow ich hab noch nie so eine grelle Geschichte gelesen!!!
Ganz ehrlich, auch wenn du dich von anderen Filmen/ Geschicheten inspirieren ließt (is ok so) hast du nicht mal dran gesagt ein Buch zu schreiben???
Freu mich schon auf die nächsten Kapitel!!!
Lass dir so lang zeit wie du brauchst, das Ergebniss zählt!!!
Von: abgemeldet
2006-08-02T15:44:09+00:00 02.08.2006 17:44
Ich warte sehnsüchtig auf die weiteren Kapitel! xD
Von: abgemeldet
2006-06-03T14:01:54+00:00 03.06.2006 16:01
na endlich gehts mal weiter T____T
nach einem jahr, wo ich oft reingeschaut hab hab ichs aufgegeben hier rein zu schaun und hab gleich 2 kapitel verpasst .___.
egal wenigstens gings weiter *____*
ich fand die teile wirklich super ^^ die ff gehört sowieso zu meinen allerlieblings ffs die ich kenne O.O
d^^b
ich freu mich schon total auf den nächsten teil! und den erwart ich genauso schnell wie den vorherigen xD ne schneller ... ich geb ... 1 monat zeit XD
scherz ^^
also wie gesagt bin schon total gespannt wies weiter geht und hoffe dass du bald weiterschreibst ^^
Von: abgemeldet
2006-05-21T21:27:50+00:00 21.05.2006 23:27
wooow!^^
die FF is megaklasse
*sie ebenfalls in die favoliste stopf*
freu mich schon auf die fortsetzung!


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