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Die Chroniken der Uchiha

Der verfluchte Clan
von

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Samurai

Ehre: Sie trinken die Träume ihrer Vorfahren und ertrinken im Blut ihrer Feinde.

Mut: Sie essen den Stoff von Legenden und verhungern im Angesicht des Friedens.

Tapferkeit: Sie jagen über das Schlachtfeld bis zur Erschöpfung, doch des Nachts werden sie zu den Gejagten ihrer Alpträume.

Stolz: Sie lieben ihre Traditionen und wünschen sich doch nichts sehnlicher, als endlich von ihnen ablassen zu können.

Opferbereitschaft: Sie müssen leben für ihr Land, wollen sterben wie Helden und verbrennen doch nur unter der Hand des Teufels.
 

XxX
 

Anfang Dezember 14
 

„Ihr wolltet mich sprechen, Nakayama-sama?“

Gehorsam und demütig wie es sich für einen so jungen Ninja wie ihn gehörte kniete Madara vor dem Clanältesten. Die Ratssitzung war erst vor wenigen Minuten beendet worden und dass er jetzt bereits hier her gerufen wurde, bedeutete entweder etwas sehr Schlechtes, oder etwas sehr Gutes.

„Madara-san. Die Ältesten und ich haben dein Treiben nun lange genug aus der Ferne beobachtet. Ich habe keine Ahnung wie du das geschafft hast, aber irgendwie sieht dich unsere gesamte jüngere Generation als ihren Anführer an. Weil du so viel Verantwortungsbewusstsein gezeigt hast, haben wir dir erlaubt wieder auf Missionen zu gehen. Aber jetzt ist Schluss mit dieser Farce!“

Madara zuckte bei dem heftigen Ton zusammen. Doch dann überraschte der alte Mann ihn, indem er lächelte.

„Egal ob wir dich als Unterstützung mitschicken oder nicht, du reißt ohnehin immer alle mit. Deswegen wirst du auf der nächsten Mission die Führung übernehmen.“

Das Herz des jungen Ninja schlug bei diesen Worten höher. Endlich! Endlich hatte er seinen Fehler wieder gut gemacht. Endlich erhielt er den Respekt des Clans zurück. Es war aber verdammt noch mal auch höchste Zeit!

„Ich danke Euch, Nakayama-dono. Darf ich erfahren, worum es geht?“

Nakayama antwortete nicht sofort. Er griff erst unter seine Gewänder und holte eine Holzpfeife heraus, die er gemächlich anzündete. Ein widerlich stinkender Rauchkreis schwebte Madara entgegen.

„Du ziehst in den Krieg, junger Ninja.“

„In den Krieg?“

„So ist es. Oben im Norden gibt es schon wieder Ärger. Wir schicken insgesamt vier Teams hin. Der Clan wird die Zelte in einer Woche abbrechen und euch nachreisen, für den Fall das Verstärkung nötig ist.“

Madara kümmerte sich nicht darum, dass schon wieder von ihm verlangt wurde, auf der Stelle aufzubrechen. Es kam nicht selten vor, dass die Shinobi erst kurz vorher von ihrer nächsten Mission erfuhren. Madaras Sachen waren deswegen eigentlich ständig gepackt.

„Wer ist der Gegner?“, fragte Madara, obwohl er es sich bereits vorstellen konnte. Oben im kalten, schneebedeckten Norden waren die Ninja noch nicht weit vorgedrungen. Stattdessen beherrschten Samurai das Gebiet und diese hegten eine natürliche Rivalität und Abneigung gegen die Ninja. Außerdem waren sie die Einzigen, die verrückt genug waren mitten im Winter einen Krieg zu beginnen.

„Früher gab es dort oben sechs kleine Länder, deren Streitmächte sich aus Samurai zusammensetzen. Heute sind sie auf die Hälfte geschrumpft. Zwei dieser Länder führen jetzt Krieg miteinander. Anscheinend sind sie zu einem Patt gekommen und ziehen jetzt Ninjas dazu.“

„Moment“, unterbrach ihn Madara und kümmerte sich nicht darum, dass er unhöflich war. „ Heißt das, wir kämpfen nicht gegen die Samurai, sondern mit ihnen?“

Nakayama runzelte missbilligend die Stirn. „Ihr kämpft sehr wohl gegen die Samurai. Auf der einen Seite tötet ihr die Feinde, auf der anderen steht ihr im Wettkampf mit den Samurai eurer Seite. Diese Krieger sind altmodisch und nicht anpassungsfähig. Sie werden früher oder später vom Angesicht dieser Welt verschwinden. Eure Aufgabe ist es, diesen natürlichen Vorgang voranzutreiben und diese Länder von der Stärke der Uchiha zu überzeugen.“

„Ich verstehe.“ Madara biss die Zähne zusammen. Das würde ein Zweifrontenkrieg für sein Team werden. „Wen darf ich mitnehmen?“

„Wähle zwei Ninja aus deiner Gruppe aus. Die anderen Teams werden mit erfahrenen Kriegern besetzt werden.“

Madara nickte nur. Er hatte nichts anderes erwartet. „Dann werde ich mich jetzt sofort bereit machen.“

Nakayama gab sein Einverständnis und entließ ihn stumm, nachdem er ihm eine Schriftrolle mit näheren Informationen gereicht hatte.
 

Madara überlegte lange, wen er mitnehmen sollte. Ein Wettkampf mit den Samurai war ja gut und schön, aber im Krieg war es nie ratsam, die eigene Front zu spalten.

So war Madara in Gedanken versunken als er sein heimatliches Zelt betrat. Dort empfing ihn eine Überraschung.

„Otoutou-chan, da bist du ja!“

Noch ehe Madara Gelegenheit hatte, eine Kampfposition einzunehmen, kollidierte er mit einem Gewicht, das ihn einige Schritte zurückstolpern ließ.

„Shinoi!“, rief er überrascht aus, als seine Schwester die Umarmung löste und ihn angrinste. „Was machst du denn hier?“

In diesem Moment kam seine Mutter herbei, die eben ihr Gespräch mit Izuna beendet hatte.

„Schön das du wieder da bist, Madara. Shinoi ist heute erst von ihrer letzten Mission zurückgekehrt.“

„Das ist so selten, dass wir alle mal beisammen sind!“, rief Izuna aus. „Lass uns das feiern!“

Madara lächelte, als sein kleiner Bruder begeistert aufsprang und ihn anstrahlte.

„Tut mir Leid, Nii-san“, flüsterte er und stupste ihn sanft mit zwei Fingern an der Stirn an. „Ein andern Mal.“

Dann wandte er sich wieder an die Frauen. „Ich habe gerade eine neue Mission bekommen.“

„Aber du kannst doch sicher ein wenig bleiben!“, protestierte Shinoi.

Madara schüttelte bedauernd den Kopf. „Als Anführer kann ich nicht spät sein. Erst recht nicht wenn mein Team in den Krieg zieht.“

„Es gibt schon wieder Krieg?“, fragte Noriko besorgt. „Aber es ist mitten im Winter! Wer würde jetzt einen Krieg anfangen?“

„Die Samurai im Norden. Sie sind in einer Pattsituation und haben sich nun endlich dazu herabgelassen, Ninjas zur Unterstützung zu rufen.“ Er schnaubte. „Leider bedeutet das, dass ich mit ihnen zusammenarbeiten und mein Team vorsichtig wählen muss. Irgendwelche Vorschläge?“

„Ich komme mit!“, meinte Izuna sofort.

„Auf keinen Fall“, widersprach Shinoi und schlang besitzergreifend die Arme um ihren kleinen Bruder. „Ich hab euch beide so lange nicht gesehen und bin wegen diesem blöden Ding hier“, sie klopfte auf eine Holzschiene an ihrem verbundenen rechten Bein, die Madara, wie er zu seinem Beschämen feststellen musste, noch gar nicht aufgefallen war, „erst mal auf Eis gesetzt. Wenigstens du musst hierbleiben und mir Gesellschaft leisten.“

Izuna schien nicht überzeugt und versuchte sich verzweifelt aus ihrem Griff zu befreien, doch Shinoi ließ nicht locker.

Madara war mit seiner Schwester einer Meinung. Diese Mission würde anstrengender als alles werden, was er bisher hatte erledigen müssen. Zum ersten Mal würde er nun als Anführer in den Krieg ziehen. Auch wenn es nur gegen die Samurai war, so wollte er doch ungern seinen kleinen Bruder dieser Gefahr aussetzen.

„Wenn du die Samurai auf deine Seiten ziehen willst, musst du sie beeindrucken“, überlegte Noriko laut. „Diese Krieger sehen besonders auf Ninja herab, die die Kunst des lautlosen Tötens perfektioniert haben. Sie halten es für feige, jemanden von hinten zu erstechen. Ihr Sinn für Ehre, Mut und Loyalität ist sehr ausgeprägt. Eine Samurai-Armee ist deshalb so schwer zu besiegen, weil sie sich nicht in die Flucht schlagen lässt. Eher würden sie Selbstmord begehen als eine Kapitulation auch nur in Erwägung zu ziehen. Wenn du tatsächlich in diesen Krieg ziehst, wird sehr viel Blut fließen. Denn wenn du einem Samurai den Schwertarm abschlägst, kämpft er mit der Linken weiter. Nimmst du ihm auch die, wird er mit Tritten auf dich losgehen. Hackst du ihm dann die Beine ab, versucht er dir mit bloßen Zähnen den Kopf abzureißen. Nur ein toter Samurai ist ein besiegter Samurai – und selbst dann sterben sie einen Märtyrertod. Du musst sehr vorsichtig auf dieser Mission sein, Madara-san.“

„Aber wonach soll ich mein Team auswählen?“, wollte der Schwarzhaarige wissen. „Wenn sie auf die üblichen Methoden der Ninja herabsehen, sind sie gegen die vielleicht schwach und unvorbereitet. Aber wenn wir das ausnutzen, kriegen wir keine ordentlich Bezahlung.“

„Es ist nicht einfach. Einerseits lehnen sie den Kampf mit Chakra ab, andererseits sind sie gegen kleine Wurfwaffen, bevorzugen das Duell Mann-gegen-Mann mit wuchtigen, primitiven Schwertern. Sie sind nur deswegen noch nicht von der Ninjakultur überrannt worden, weil sie so viele Anhänger haben und die Länder unter sich bleiben. Die Samurai bilden stehende Armeen, sie müssen nicht für Aufträge bezahlt werden“, erklärte seine Mutter. „Wenn du dich ihrer Kultur vollkommen anpasst, kannst du die Stärke der Ninja nicht zeigen. Zeigst du die Stärke der Ninja, werden sie dich verachten.“

„Dann behandle die Samurai doch einfach wie besonders starke Gegner“ schlug Izuna da überraschend vor. „Einen guten Ninja kann man sowieso nicht mit einem Hinterhalt überraschen. Solche Zweikämpfe können extrem ausarten und sind ziemlich eindrucksvoll. Wenn du hochrangige Jutsus benutzt, zeigst du ihnen einerseits Respekt und andererseits deine eigene Stärke.“

„Ich weiß nicht, Izuna-chan“, meinte Noriko, „die Samurai sind uns was Chakrakontrolle angeht weit unterlegen. Sie könnten sich gar nicht dagegen wehren. Das wäre kein Krieg, sondern ein Massaker.“

„Du hast doch gesagt, dass heldenhaft kämpfende Samurai einen Märtyrertod sterben und ihre Leute damit nur noch mehr anstacheln“, erinnerte sie Madara. „Aber wenn sie ohne Kampf sterben – erledigt nicht feige aus dem Hinterhalt sondern einfach von besseren Waffen – dann wären sie einfach nur ein Toter unter vielen.“

Ein Problem nur gab es dabei. Die Uchiha waren mehr auf Genjutsu, auf Illusionen spezialisiert und nicht auf großartige Show-Techniken. Das grenzte die Zahl der infrage kommenden Ninja für Madaras Team extrem ein.
 

Der junge Ninja musste sich schon bald wieder von seiner Familie verabschieden. Er ging in der Zeltstadt herum, sah nach wer für Missionen zur Verfügung stand und ging abwesend die Informationen auf seiner Schriftrolle durch. Am Ende wählte er Kenzo und Ryuji für sein Team aus. Er wollte keine Mädchen mitnehmen, weil er gehört hatte, dass die Samurai diese nicht kämpfen ließen und er wollte ihre Kultur nicht beleidigen, indem er welche mitbrachte. Ryuji beherrschte einige eindrucksvolle Blitztechniken, womit er seinen Mangel an Talent bezüglich der Feuerjutsus wett zu machen versuchte, für die die Uchiha so berühmt waren. Kenzo besaß zwar kein Sharingan, aber das konnte ihm auf dieser Mission nur nützlich sein, wenn es darum ging die Samurai auf ihre Seite zu bringen. Außerdem hatte er in letzter Zeit sein Windchakra gut trainiert. Wenn sie gut zusammenarbeiteten, würde das Madaras Feuerattacken um ein Vielfaches verstärken.

Laut der Schriftrolle waren zwei der anderen vier Teams schon unterwegs, also verlor Madara keine Zeit und drängte seine Kameraden zur Eile. Dennoch vergaß er nicht, kurz bevor er aufbrach noch einmal in sein Zelt zu gehen und sich von seiner Familie zu verabschieden.

Drei Stunden vor Sonnenuntergang brachen sie auf.
 

*
 

Dezember 14
 

Der Krieg mit den Samurai war lang und zerrte an den Kräften der Ninjas. Wie Noriko voraus gesehen hatte, war ihnen die verbündete Armee beinahe noch mehr feindlich gesonnen als die, gegen die sie kämpfen sollten. So versuchten die Shinobi ihr Kampfverhalten so gut es ging anzupassen: Eine Welle des effektiven Tötens folgte auf eine ruhige Phase, in der sie sich zurückhielten und nur mit Schwertern kämpfte, bis sich ihre Verbündeten von ihrem Zorn erholt hatten. Tatsächlich waren die Uchiha überzeugt davon, dass sie den Krieg in zwei Wochen hätten gewinnen können, müssten sie nicht mit den Samurai zusammenarbeiten.

Am meisten setzte Madara der Kulturschock zu. Dass die Samurai den Frauen nicht erlaubten zu kämpfen, hatte er ja nur mit Mühe schlucken können. Aber jetzt meinten diese Idioten auch noch, Madara und sein Team wären zu jung für den Krieg! Und diese verräterischen Bastarde von Uchiha gaben auch noch klein bei, um die Allianz zu bewahren!

So waren Madara und seine Kameraden kurzerhand dafür abgestellt worden, die Kinder die einmal Samurai werden sollten, im Schwertkampf zu trainieren. Weder zur Spionage noch zu Hinterhalten wurden sie herangezogen. Lediglich in den großen Schlachten durften sie mitkämpfen. Das machte ihn derart wütend und unberechenbar, dass es für die feindlichen Samurai bald schon nicht mehr als „feige“ galt einen bloßen „Jungen“ anzugreifen, sondern als „heldenhaft“ sich dem „Teufelskind“ entgegen zu stellen.

Ein Gutes hatte die Sache jedoch: Madara hatte wieder viel Zeit zum trainieren. Zusammen mit Kenzo perfektionierte er seine Chakrakontrolle und von Ryuji lernte er Elektrizität zu kontrollieren. Aus lauter Frust über die Samurai und ihre irrationale Abneigung gegenüber Chakra begann er heimlich den Samurai-Kindern Chakrakontrolle beizubringen. Natürlich nannte er es nicht so. Er sagte ihnen sie sollen sich auf ihre Gefühle konzentrieren, auf ihre Entschlossenheit und ihren Willen und doch alles sorgsam kontrollieren, sodass sich nichts davon auf ihren Gesichtern zeigte. So sollten sie ihre Gefühle erst hervorrufen, dann knapp unter der Oberfläche halten und schließlich auf das Schwert übertragen. Das klang überaus nobel: Dein Wille wird dein Schwert schärfen. In Wirklichkeit war es einfach nur eine komplizierte Art ihnen zu sagen, sie sollten ihr verdammtes Chakra in die Klinge leiten. Aber, oh Wunder, die Schwerter der Kinder wurden tatsächlich schärfer.

Nach und nach bemerkten das auch die Erwachsenen. Sie sahen ihren Kindern beim trainieren zu. Anfangs glaubte Madara es sei nur um ihre Sprösslinge loben zu können, wenn sie etwas richtig machten – oder um die Uchiha zu beobachten, dass sie keinen von ihnen verletzten. Bis Madara irgendwann einige Samurai dabei erwischte, wie sie heimlich trainierten Chakra in ihre Waffen zu leiten...

Da die Samurai von Natur aus einen enormen Willen und unglaubliche Entschlossenheit besaßen, meisterten sie diese Technik recht schnell und das bemerkte man sofort in der Schlacht. Zudem zeigten sie sich nun nicht mehr ganz so wütend, wenn die Uchiha ihre Jutsus hervorholten. Madara glaubte sogar, dass er nicht von der Späherarbeit abgezogen wurde weil er so jung war, sondern weil sie wollten, dass er sie weiter trainierte.

Und als die letzte Schlacht geschlagen wurde, da kämpfte Madara Seite an Seite mit den Samurai, respektiert von seinen Verbündeten und überrannt von Feinden. Besonders Letzteres ließ ihn in den Augen der Samurai wie ein wahrer Krieger erscheinen, denn je mehr Samurai sich einem in der Schlacht entgegen stellten um ihren Mut zu beweisen, desto besser war man als Krieger, hieß es bei ihnen.

Kenzo und Madara hatten ihr Teamwork perfektioniert. Gedeckt von den Samurai bildeten sie die Offensive: Madara preschte vor, Feuer atmend und gedeckt von mindestens drei von Kenzos Schattendoppelgängern. Sie ließen wahre Wirbelstürme auf das Schlachtfeld los, in denen sich die Flammen verfingen und sie zu riesigen Säulen auftürmten. Massenweise starben die Samurai unter ihrem Jutsu. Noch bevor der Rauch sich legte rannte Ryuji nach vorn. Mit seinem Sharingan erfasste er blitzschnell alle Überlebenden des Infernos und tötete sie mit gezielten Hieben. Begleitet wurde er dabei von Madara, der seine große, messerscharfe Sense schwang.

Die Feinde waren hilflos gegen ihre Strategie. Die Samurai waren berühmt für ihre unzerstörbaren Rüstungen, aber genau die wurden ihnen nun zum Verhängnis. Sie wurden in ihrer eisernen Hülle praktisch gekocht. Das glühend heiße Metall verschmolz mit ihrer Haut und brachte selbst den hartgesottensten Krieger zum Schreien.

Madara sah in dieser Zeit mehr Tote als jemals zuvor in seinem Leben. Viele davon hatte er selbst auf dem Gewissen und doch stand er ihnen gleichgültiger gegenüber als zum Beispiel den Schlosswachen bei seinem Massaker vor einigen Jahren. Diese Menschen tötete er nicht von Hand. Sie verbrannten in seinem Feuer lange bevor er ihre Augen durch die Schlitze ihrer Helme sehen konnte. Wie die Motten liefen sie immer wieder bereitwillig in ihren Tod. Ihre Ehrvorstellungen und Moral erlaubten es ihnen nicht, einen Hinterhalt oder auch nur eine annehmbare Strategie gegen sie zu entwickeln. Für Madara waren sie nur dummes Vieh, dass freiwillig zum Schlachthof kam.

Nach knapp drei Wochen schließlich ergab sich das feindliche Land offiziell und die Samurai zogen sich zurück. Dennoch hielten ihre Verbündeten sie länger auf. Die Uchiha halfen bei diversen Aufräumarbeiten, beim Versorgen der Verletzten und anderen kleinen Arbeiten.

Am vierundzwanzigsten Dezember schließlich sollten die Teams offiziell entlassen werden. Zum Dank für ihre Bemühungen gaben die Samurai ein Fest. Wie nicht anders zu erwarten war es ein recht formales, strenges Ereignis, in dem man die Dankesworte zwischen den Zeilen lesen musste (was für einen Ninja, der immer auf die Kehrseite der Kehrseite achtete, kein Problem war). Jeder der Ninja bekam ein brandneues, von den Samurai selbst hergestelltes Schwert geschenkt, ungeachtet dessen, dass die meisten nicht unbedingt auf diese Waffe spezialisiert waren.

Die Festlichkeiten endeten mit einer Parade der jungen Samurai, die in einem mehr oder minder eindrucksvollen Turnier ihre neu erlernten Fähigkeiten zur Schau stellten.

Madara war zusammen mit seinem Team eingeladen worden, in den vordersten Reihen um den Kampfplatz herum zu sitzen. Er genoss die Show und unterhielt sich leise mit Kenzo, mit dem ihm mittlerweile so etwas wie eine Freundschaft verband, die Fortschritte ihrer Schüler.

Als schließlich der letzte Gegner besiegt am Boden saß, jubelten alle dem Gewinner zu, einem Jungen namens Hakuno, den Madara selbst unterrichtet hatte.

Hakuno verbeugte sich vor der Menge, die ihm zujubelte. Dann lief er hinüber zum Rand des Ringes, wo er von einem alt-ehrwürdigen Meister eine prächtige Rüstung erhielt, zweifellos als Belohnung für seinen Sieg. Die Rüstung bestand aus dunkelroten Schutzplatten, die mit Drahtseilen aneinander gebunden waren um Schultern, Brust und Rücken zu schützen. Sie war sehr kunstvoll gearbeitet, wirkte äußerst stabil und ließ einem Krieger dennoch genug Bewegungsfreiheit. Aufgrund der Seile, die es zusammenhielten, war sie für einen Jungen wie Hakuno gut geeignet, denn er würde sie auch noch tragen können, wenn er älter und ausgewachsen war.

Madara applaudierte höflich mit den anderen, doch dann hielt er mit einem Mal inne. Hakuno hatte sich umgewandt und kam nun direkt auf ihn zu. Überrascht bemerkte der junge Uchiha, wie der Samurai vor ihm auf die Knie sank.

„Uchiha Madara-sama“, begann Hakuno, „es war mir eine große Ehre, von Euch unterrichtet zu werden. Euer Clan hat auf dem Schlachtfeld gezeigt, wozu Ninja fähig sind. Ihr aber zeigtet uns, dass ihr nicht glaubt, allein mit Magie alles erreichen zu können. Ihr lehrtet uns unseren Mut und unsere Entschlossenheit wirksamer gegen unsere Feinde zu verwenden, als wir das je vermochten. Die Ältesten haben deswegen uns, den jüngsten und rangniedrigsten Schülern der Gemeinde, erlaubt dieses Geschenk für Euch anzufertigen. Bitte nehmt unsere Gabe an, auf dass der Mut und die Entschlossenheit der Samurai Euch erfüllen möge, wenn Ihr diese Rüstung tragt.“

Für einige Augenblicke war Madara sprachlos. Noch nie hatte er davon gehört, dass die Samurai eine ihrer kostbaren Rüstungen einem Ninja überließen. Natürlich hatten sie selten Verwendung dafür, aber es war der wirkungsvollste Schutz, den ein Ninja in einer Schlacht nur haben konnte. Ähnlich wie ein Kekkei Genkai wurde das Geheimnis um ihre Herstellung von den Samurai gut gehütet und von ihnen mit ins Grab genommen.

„Ich danke dir, Hakuno-san, und allen, die daran mitgewirkt haben“, sagte Madara förmlich. Wer war er, solch ein kostbares Geschenk zurück zu weisen?

Hakuno lächelte, als er ihm die blutrote Rüstung übergab. Noch einmal applaudierte das Publikum. Die Trommeln begannen sich wieder zu rühren. Sie leiteten einen Abend voller Tanz und Gesang ein.

Hakuno verblieb einige Momente länger bei ihnen und sobald Madara sich sicher war, dass die Aufmerksamkeit nicht mehr bei ihnen lag, beugte er sich zu ihm und frage:

„Hakuno-san, was hat das zu bedeuten? Die Samurai würden niemals eine ihrer Rüstungen an einen Ninja übergeben!“

Der junge Samurai lächelte verschlagen. „Die Rüstung weist Euch als einen Freund meines Volkes aus, Uchiha Madara-sama. Die Ältesten haben Euch beobachtet und sie haben auch die anderen Ninjas befragt. Alle waren sich einig, dass Ihr einmal ein großer Ninjakämpfer sein werdet, berühmt und gefürchtet. Wenn ein solcher Ninja die Rüstung eines Samurai trägt, was sagt das über uns aus?“

„Madara-sans Stärke wird automatisch auf euch projiziert“, schloss Kenzo, der dem Gespräch gelauscht hatte. „Ihr habt das auch nur gemacht, um euren eigenen Ruf zu stärken.“ Er grinste. „Cleverer Plan, uns so zu benutzen. Hätte ich euch gar nicht zugetraut.“

Hakunos Miene wurde sofort wieder ernst. „Ja, das mag der eigentliche Grund gewesen sein, warum Ihr diese Rüstung erhalten durftet. Aber die Idee dafür stammt wirklich von uns. Wir sind Euch sehr dankbar, dass Ihr uns diese neuen Techniken beigebracht habt. Die meisten von uns sind schon seit Langem der Meinung, dass die Samurai ihre Ansichten ändern müssen, dass sie sich nicht länger nur auf ihre Schwerter verlassen dürfen.“

„Ihr wisst also, dass wir euch im Grunde nur beigebracht haben, euer Chakra zu kontrollieren?“, fragte Kenzo.

Hakuno nickte. „Natürlich, wir sind nicht dumm. Aber dadurch, dass ihr es nie offiziell so genannt habt, können die Samurai vorgeben, noch immer den alten Pfaden zu folgen. Ihr habt uns aus der Krise befreit, entweder unserem Glauben, oder unserem Überlebensinstinkt zu vertrauen. Dafür wollten wir Euch danken.“

Madara nickte. „Ich hatte mir schon so etwas Ähnliches gedacht. Ich bin euren Ältesten auch nicht böse, dass sie mich benutzen. Immerhin ist das genau das, wozu ein Ninja gut ist, nicht war? Er ist ein Werkzeug.“

„Was genau der Grund ist, warum ich keiner sein will. Trotz all der coolen Tricks, die ihr drauf habt.“ Hakuno lächelte. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Uchiha Madara-sama.“
 

*
 

Frühling 15
 

„Eigentlich ist es eine Schande, einen kompletten Clan so auszulöschen“, überlegte Madara laut.

„Die Kaguya haben es nicht anders verdient“, widersprach Izuna, der neben ihm herlief. „Clans wie ihrer kommen heutzutage einfach nicht mehr weit. Religiöse Dogmen haben im Kampf nichts verloren.“

„Viele Ninja glauben an den Rikudo Sennin“, warf Rei ein. „Unser eigener Clan soll direkt von einem seiner Söhne abstammen.“

„Schon, aber deswegen beten wir ihn noch lange nicht an, oder?“ Izuna wandte sich Nori zu. „Was meinst du?“

Das Mädchen zuckte nur mit den Schultern. Seit diesem... Vorfall sprach sie mit niemandem viel. Izuna bildete da für gewöhnlich eine Ausnahme, aber auch nur, wenn er allein mit ihr war.

„Der einzige Verlust werden all die geheimen Informationen sein, die der Clan mit ins Grab nimmt“, meinte Rei und fasste den Riemen seines Rucksackes fester. Das Vierer-Team reiste in üblicher Ninja-Geschwindigkeit durch die Landschaft. Gerade hatten sie den den Wald verlassen und tauchten in ein weites Grasmeer ein.

„Unsere Leute werden versuchen, so viel wie möglich aus ihnen herauszuholen. Und abgesehen davon wird der Clan ja nicht vollkommen ausgelöscht. Wir töten schließlich keine Frauen und Kinder. Wir sorgen nur dafür, dass sie für die nächsten paar Jahrzehnte raus aus dem Geschäft sind.“

„Ja, was vermutlich dazu führen wird, dass die Jüngeren mit einem gesunden Hass auf uns Uchiha heranwachsen werden. Aus einem relativ harmlosen, religiösen Ninjaclan wird dann einer voller Hass und Raserei“, prophezeite Madara düster.

Rei grinste und schüttelte den Kopf. „Rache ist der Fluch der Uchiha, Madara-san. Wir sind der einzige Clan, der niemals vergisst. Die Kaguya mögen uns hassen wie sie wollen, aber es wird ein blinder, ungerichteter Hass sein. Sie sind nicht stark genug Rache auszuführen, also werden sie daran zugrunde gehen. Wenn man es recht bedenkt wäre es da sogar gnädiger, sie alle in einem Schwung zu töten...“

Madara jedoch war noch immer nachdenklich. Abwesend wandte er den Blick zurück. Mit dicken Lederriemen war eine große Steinplatte auf seinen Rücken geschnallt. Er hatte nur einen flüchtigen Blick auf die verschnörkelten Inschriften werfen können, bevor sein Onkel Hayao ihm befohlen hatte, ein paar junge Ninja als Begleitschutz mitzunehmen und dann so schnell wie möglich vom Schlachtfeld zu verschwinden, den Stein in Sicherheit zu bringen.

„Was mag da wohl drauf stehen?“, fragte Izuna, der seinem Blick gefolgt war.

„Keine Ahnung. Für mich sieht es nur aus wie sinnloses Gekritzel und auch Hayao konnte es nicht lesen, egal ob mit oder ohne Sharingan.“

„Das ist wirklich ungewöhnlich“, bemerkte Rei. „Ich meine, mit dem Sharingan können wir jeden Code knacken! Und Hayao-san beherrscht doch auch ein paar fremde Sprachen, oder?“

„Was auch immer es ist“, flüsterte Nori und alle drehten sich überrascht zu ihr um, „es ist entweder etwas sehr Wertvolles, oder etwas sehr Gefährliches. Schließlich stammt es aus dem Schrein, für den so viele Kaguya gestorben sind.“

„Was recht unprofessionell ist, wenn du mich fragst“, meinte Madara. „Ich meine, dieser Fürst hat uns angeheuert den Clan anzugreifen, weil sie halt zufällig für seinen Feind arbeiten. Aber sie sind ohnehin schon so wenige, dass der Angriff unserer Leute jeden voll ausgebildeten Shinobi unter ihnen auslöschen wird. Sollten sie da nicht lieber einzeln zu fliehen versuchen als zusammen zu stehen und irgendeinen alten Stein zu bewachen?“

„Es ist nicht nur irgendein alter Stein.“ Nori sah ihn an. „Es ist ein Stein mit einer Nachricht vom Rikudo Sennin.“

„Was?“ Rei lachte. „Der Typ ist doch nur Legende!“

„Aber warum hätten sie ihn sonst bewachen sollen?“, fragte Izuna, seine Freundin verteidigend. „Ich finde, das klingt logisch. Vielleicht sind da supertolle Jutsus drauf verschlüsselt. Dann wäre das Ding wertvoll und gefährlich.“

„Wenn die Kaguya solch tolle Jutsus drauf hätten, hätten wir nicht so leichtes Spiel mit ihnen“, widersprach der ältere Junge.

„Es sei denn, sie können ihn selbst nicht lesen und bewahren ihn nur als religiöses Artefakt“, meinte Madara. „So oder so – man braucht wahrscheinlich ein Doujutsu um es zu lesen. Also sollten die Ältesten es entschlüsseln können, mit genügend Zeit.“

Rei schnaubte. „Am Ende sind es nur alte Backrezepte von den Hyuuga...“

Izuna lachte.

„Nein, ehrlich! Wenn sie glaubten, das Ding wäre so wichtig, hätten sie uns damit gleich zurück ins Lager geschickt und nicht auf einen gottverdammten Friedhof.“

„Sie haben uns fort geschickt, weil sie den Rest der Kaguya ganz gut alleine erledigen können“, wies ihn Madara zurecht. „Wir waren ihnen drei zu eins überlegen und um ihr Kekkei Genkai zu benutzen müssen sie viel zu nah an uns heran. Es macht Sinn, uns voraus zu schicken und beim Beschaffen der Informationen zu helfen. Auch wenn das bedeutet, die Informationen aus toten Körpern zu bergen.“

„Ja, aber warum ein Friedhof? Wären wir geblieben hätte es wenigstens frische Leichen gegeben. Die stinken nicht so.“

„Du vergisst, dass die Kaguya sehr religiös sind“, meinte Izuna. „Sie begraben ihre Toten oft zusammen mit Schriftrollen und dergleichen.“

„Die, wenn wir Pech haben, noch von Grabwächtern geschützt werden“, sagte Madara. „Also passt auf, wir sind gleich da.“
 

Madara und seine Kameraden hatten Pech. Sie nährten sich der Waldgrenze äußerst vorsichtig. Sangaku no Hakaba war eine große, auf den ersten Blick leere Fläche vor einer hohen Felsklippe. Riesige weiße Speere ragten wie Rippen an den Seiten auf und in hölzernen Schreinen lagen viele gebleichte Totenschädel. Alles schien ruhig und verlassen zu sein. Rei, der als Erster vorgegangen war, winke den drei anderen Uchiha das die Luft rein sei. Doch sobald sie zu viert in der Mitte des Friedhofs standen, ertönte auf einmal das vertraute Sirren scharfer Klingen.

„Achtung!“, rief Madara und riss seine Freunde mit sich zu Boden, als er sich unter einem Dutzend Shuriken hinweg duckte. Als eine zweite Angriffswelle, diesmal mit gefährlicheren Kunai von rechts auf sie zukam, warf Madara sich absichtlich in die Schusslinie. Mit einem Knall löste er das Lagersiegel in seiner rechten Handfläche, woraufhin darin sofort seine riesige Sense erschien. Izuna und die anderen hatten Zeit aufzustehen als Madara einen Teil der Kunai mit der breiten Klinge abwehrte, während ein anderer harmlos an seiner blutroten Rüstung abprallte.

Rasch bildeten die Shinobi einen Kreis, die Rücken einander zugekehrt und suchten die Waldgrenze mit ihren Blicken nach feindlichen Ninja ab. Doch eine unheimliche Stille hatte sich über das Gebiet gelegt. Selbst mit seinem aktivierten Sharingan konnte Madara nichts erkennen.

„Leute“, flüsterte er, „ich glaube nicht, dass hier noch jemand ist. Die Kaguya müssen mechanische Fallen rund herum aufgestellt haben.“

„Ich weiß nicht, Nii-san“, flüsterte Izuna zurück. „Ich glaube, irgendetwas beobachtet uns...“

In diesem Moment keuchte Nori leise auf. „Seht nur, der Boden!“

Madara sah hinunter. Der Boden hier bestand aus grobkörnigem weißem Sand, der -

„Verdammt!“, rief Madara, „weg hier!“

Doch es war bereits zu spät. Mit einem Schrei wurde Nori nach unten gerissen. Der weiße Sand, der aus nichts anderem als winzigen Knochensplittern bestand, schlang sich um Noris Fuß und zerrte sie mit einem Ruck fast einen halben Meter in die Tiefe.

„Nori!“, schrie Izuna. Er war bereits auf halbem Weg zur Baumgrenze, doch als der Sand einen weiteren Ruck tat und die Kunoichi diesmal bis zu den Hüften im Knochenstaub versank, drehte er wieder um.

Madara fluchte leise. Er hockte auf einem Ast am Rande des Friedhofes, während Rei sich an die nächste Rippe klammerte. Jetzt, wo Madara sich darauf konzentrierte, erkannte er, dass der gesamte Friedhof in einem diffusen blauen Licht erstrahle. Alles hier war mit Chakra getränkt.

„Rei, verschwinde von da!“, rief er, währen er hastig ein Stahlseil an ein Kunai band. Die Waffe warf er quer über den Friedhof, wo sie sich in einen Baum bohrte. Er befestigte das andere Ende und landete mit einem Satz auf dem Seil. Gerade als der Knochensand auch nach Izuna griff schlitterte Madara über das Seil, griff Noris erhobene Hände und zog sie aus dem Sand heraus. Madara befestigte ein weiteres Seil an dem auf dem er stand und verankerte es mithilfe eines Kunais in einem weiteren Baum. Nori verstand seinen stillen Wink und fuhr fort das Drahtnetz zu erweitern, während Madara seinen Bruder aus dem Sand zog.

Rei hatte es geschafft von der Rippe abzulassen bevor Knochen waagerecht aus ihr heraus zu schießen begannen um ihn aufzuspießen. Kurzzeitig wollte der Sand auch ihn erfassen, doch er sprengte sich mit einer Briefbombe frei und stolperte gerade über die Grenze, unbeabsichtigt gegen einen der Schreine stoßend.

„Huh, das war knapp“, machte er.

Madara atmete bereits auf. Doch der Altar, den Rei angestoßen hatte wankte noch immer – und es kam wie es kommen musste; der darauf liegende Totenschädel fiel prompt zu Boden.

Alle vier Ninja hielten den Atem an, in Erwartung einer weiteren Falle. Eine Sekunde verging, zwei, drei...

„Vielleicht war's das“, meinte Rei hoffnungsvoll. „Ich meine, wie viel kann man mit ein paar Fallen schon erreichen? Die Toten werden ja schlecht aufstehen und-“

„Nicht!“, rief Nori erschrocken.

„Was?“

Das Mädchen stöhnte auf. „Du hast es gesagt...“

Madara hörte den beiden kaum zu. Sein Blick war fest auf den Totenschädel gerichtet. Dieser hatte plötzlich zu ruckeln begonnen. Der Knochenstaub wirbelte zur Seite als hätte er ein Eigenleben. Wirbel um Wirbel schob sich unter den Schädel. Bein- und Armknochen kamen unter dem Sand zum Vorschein und ehe sie es sich versahen stand dort ein komplettes menschliches Skelett, bewaffnet mit einem Knochenspeer und stürzte sich auf Rei.

Die Drahtseile als Laufstege benutzend rannten Madara, Izuna und Nori auf ihn zu um ihm zu helfen. Unter einem Haufen wandelnder Knochen begraben versuchte sich Rei verzweifelte gegen die unkontrolliert ständig wachsenden und blitzschnell hervorstechenden Rippen, Ellenbogenknochen und anderer Körperteile zu wehren. Aus der Ferne konnten die Ninja nichts tun, ohne ihren Kameraden zu verletzen. Mit einigen wenigen Handzeichen, so schnell, dass nur das Sharingan sie erfassen konnte, verständigten sich die Uchiha-Brüder. Beide warfen ihre Kunai, die einander so in der Luft trafen, dass eines von seiner Flugbahn abgelenkt wurde und sich in den Knochenschädel des Skeletts rammte. Die Wucht trieb das untote Ding kurzzeitig weg von Rei. Dieser war in dem Gerangel wieder mit dem Knochenstaub in Berührung gekommen und zog sich gerade noch rechtzeitig auf das Netz an Drahtseilen, das Nori zwischen den Bäumen über dem Friedhof gespannt hatte. Izuna begann die Siegel für ein Feuerjutsu zu formen, doch Madara legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Verschwende dein Chakra nicht. Denen kann weder Nin- noch Genjutsu etwas anhaben.“

Als hätte Nori ihn gehört sprang die Kunoichi auf einmal nach vorn und landete einen gezielten Tritt gegen das Skelett, dass dessen Kopf prompt quer über den Friedhof fliegen ließ. Nur eine Sekunde verweilte sie auf dem Boden, bevor sie sich wieder auf das Netz schwang. Rei benutzte den Moment der Orientierungslosigkeit des Skeletts, dass sich nach seinem Kopf umzudrehen schien, um ein Kunai nach ihm zu werfen. Es verfing sich nutzlos in dessen Brustkorb, aber Rei hatte eine Briefbombe daran befestigt. Grinsend löste er sie auf und schickte Knochensplitter in alle Richtungen.

„Puh“, meinte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Du hattest Recht, Izuna-san, die Kaguya haben doch ein paar supertolle Jutsus drauf.“

„Sei still“, zischte Madara. „Hört ihr das?“

Wieder dieses leise Rieseln von Knochenstaub.

„Nii-san... Ich glaube, wir sollten ganz schnell hier weg“, flüsterte Izuna.

Doch gerade als die Ninja zum Wald hinüber sprinten konnten, erhoben sich fünf weitere Knochenkrieger vom Rande des Friedhofs. Sie wollten sich in die andere Richtung wenden, aber ihre Sharingan durchleuchteten rasch die ganze Umgebung. Sie waren umzingelt. Und da hob ein Krieger sein Knochenschwert – und zerschnitt das erste Seil, das ihr Netz zusammen hielt.
 

Was folgte war eine Katastrophe. Die Skelette waren schneller, kräftiger und gewandter als das Erste. Sie wichen ihren Briefbomben aus, bis sie kaum mehr Munition hatten. Das Netz wurde praktisch von ihnen zerfetzt und gefangen in der Mitte des Friedhofs versanken die jungen Ninja bald schon in dem Knochenstaub, der sich schmerzhaft um ihre Beine festzog. So half ihnen auch das Sharingan wenig gegen die Untoten, denn auch wenn sie ihre Bewegungen vorhersehen konnten, hatten sie nicht genug Bewegungsfreiheit immer auszuweichen. Katon schwärzte die Knochen der Skelette, aber nur wenn sie zur viert eine Attacke unterstützten konnten sie ihr Ziel in Asche verwandeln. Schnell waren die jungen Ninja übersäht mit Schnitten und blauen Flecken, wo sie sich nur noch knapp vor einem tödlichen Stoß hatten retten können. Madara war als Einziger mit seiner Rüstung einigermaßen geschützt. Als es den Skeletten gelang sie voneinander zu trennen fiel auf, dass sich die Mehrheit von ihnen auf ihn konzentrierte. Vielleicht reagierte das Jutsu, dass sie am Leben hielt, auf die Nähe des Rikudo-Steins auf seinem Rücken. Also lenkte er sie ab so gut er konnte, während die anderen versuchten dem Friedhof zu entkommen oder wenigstens den Anker zu finden, an den das Jutsu gebunden war. Wenn sie ihn zerstörten, würden die Skelette vielleicht wieder in ihre Gräber zurückkehren.

Das schwächste Glied brach zuerst.

Nori, deren Ausdauer und Chakrareserven nicht so hoch wie die der Jungen waren, gelang es nicht rechtzeitig dem Knochenstaub zu entkommen. Schmerzhaft umklammerte er ihr Bein und die Kunoichi schrie auf, als ihr Fuß gequetscht wurde. Dieser kurze Moment der Schwäche genügte den drei Skeletten, mit denen sie gekämpft hatte. Eines von ihnen trieb seinen Knochenspeer tief durch ihren Körper. Izuna war bei ihr bevor der Knochenkrieger zum tödlichen Schlag ausholte. Doch bereits jetzt krümmte Nori sich zu Boden, eine klaffende Wunde quer über dem Bauch. Verzweifelt drückte sie mit blutigen Händen darauf, um die Innereien daran zu hindern hervorzuquellen.

Die Lage erfassend warf Madara sein letztes Kunai und spannte damit ein Seil direkt über Izunas und Noris Köpfen. Er war nicht nah genug am Wald um es irgendwo zu verankern, also hielt er das andere Ende selbst fest, sprang auf und trat dem nächsten Skelett heftig gegen die Brust. Das Seil war nur für zwei Sekunden gespannt, aber das reichte für Izuna um seine Freundin aus dem Sand zu ziehen und mithilfe des Shunshin no Jutsu zur relativen Sicherheit des Waldrandes zu gelangen. Während Madara und Rei noch immer um ihr Leben kämpften, legte Izuna die Kunoichi sanft im Gras ab.

Noris Augen waren in Angst und Schmerz geweitet. Sie sprach nicht; ihr Mund war voller Blut. Der Speer hatte sich durch ihren Unterleib schräg nach oben in ihre Lunge gebohrt und das Herz nur knapp verfehlt.

„Sh, sh, es wird alles wieder gut“, flüsterte Izuna mit kaum versteckten Tränen in den Augen, als Nori mit klammen, blutigen Fingern seine Hand ergriff.

„Du musst nur – ich muss nur die Blutung stoppen, wir nähen das wieder zu, du wirst sehen...“ Izunas Stimme bekam einen verzweifelten Nachklang, als Nori ihn mit großen Augen anstarrte – und dann langsam den Kopf schüttelte.

„Du wirst leben, Nori-chan, ich lass dich nicht sterben!“, rief er aus, von Verzweiflung und Trauer erschüttert. Sich an das bisschen Medic-jutsu erinnernd das er einmal gelernt hatte presste er seine Hände auf die Wunde, ließ aber sofort wieder los als Nori vor Schmerz aufkeuchte und ein Schwall Blut aus ihrem Mund rann.

Das Schrecklichste war, dass die Wunde nicht sofort tödlich war. Unter dem Einfluss von Adrenalin und einem nicht gerade leichten Schock würde Nori noch stundenlang weiterleiden, bevor sie langsam verblutete. Vielleicht, mit einem professionellen Medic-nin... Aber es war keiner hier und Hilfe von den anderen Uchiha anzufordern hätte Tage gebraucht. Sie so lange warten zu lassen wäre nur noch grausam.

Izuna schluchzte, als er langsam sein Kunai zog. Nori sah ihn an. Sie schien seine Gedanken erraten zu haben, denn ihre kalte Hand drückte sanft die seine. Trotz all dem Blut, das ihr Gesicht verschmierte, lächelte sie.

„Ich liebe dich, Nori-chan“, flüsterte Izuna. Eine einzelne Träne landete auf ihrer Wange. Dann trieb er ihr das Kunai tief ins Herz.
 

Als Izuna sich wieder dem Friedhof zuwandte, saßen Rei und Madara erschöpft auf dem Boden. Knochen lagen überall um sie herum verstreut. Madara hatte endlich den Totenschädel gefunden, auf dessen Innenseite ein Chakrasiegel glühte. Sobald er den Schädel mit einem kräftigen Faustschlag zertrümmert hatte, waren alle anderen Skelette in sich zusammen gefallen.

„Izuna! Was ist mit-“, wollte Madara fragen.

Doch Izuna schüttelte nur den Kopf.

Sofort war sein Bruder still. Er wusste es besser als den Jüngeren aus seinem apathischen Schockzustand zu reißen. Stattdessen wies er Rei an, einige Knochen in den Lagerungsrollen zu versiegeln, besonders den Totenschädel, der als Anker gewirkt hatte. Ohne ein weiteres Wort ging Izuna zurück, um Noris Körper auf seinen Rücken zu laden. Normalerweise verstauten die Uchiha ihre Toten ebenfalls in Lagerrollen und verwahrten sie in ihrem Dorf bis zum Jahresende, wo sie alle verbrannt wurden. Auf diese Weise stellten sie sicher, dass niemand je ein Sharingan stehlen konnte. Doch Madara akzeptierte Izunas Wunsch, Nori nicht mit den Skeletten ihrer Feinde zusammen zu versiegeln.

Die Ninja arbeiteten still und gedrückt von dem Verlust ihrer Teamkameradin. Rei hatte das stille Mädchen so gut wie gar nicht gekannt und Madara hatte ihr auch nicht viel Aufmerksamkeit entgegen gebracht. Manchmal hatte er sich schuldig gefühlt weil er sie auf dieser einen Mission nicht hatte beschützen können, was zum Verlust ihres Auges geführt hatte. Dennoch war sie immer eine der Schwächeren im Clan gewesen und als solche hatte sie nicht viel mit Madara, dem Wunderkind der Uchiha, zu tun gehabt. Aber er wusste, wie nah sie seinem Bruder gestanden hatte und so teilte er seine Trauer.

Die Uchiha verließen den todbringenden Friedhof. Madara führte mit Izuna in der Mitte und Rei deckte ihnen den Rücken. Keiner von ihnen bemerkte das veränderte Muster in Izunas blutroten Augen. Der Dreizehnjährige selbst war zu sehr mit seiner Trauer beschäftigt um zu bemerken, dass ein Teil der seltsamen Symbole auf der Steinplatte, die Madara auf dem Rücken trug, plötzlich einen Sinn ergaben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mengma
2013-02-06T19:15:18+00:00 06.02.2013 20:15
Ich bin einfach nur noch begeisert wie flüssig sich das alles hier liest.^^

Langsam wird Madara mein Lieblingschara aus der Serie xD
Bin mal gespannt ob auf dem Stein nicht die Anleitung für einen bestimmten Fächer steht ;)
Freu mich auf alle Fälle wenns wieder weiter geht.

Gruß
mengma
Von:  TKTsunami
2013-02-04T16:56:00+00:00 04.02.2013 17:56
Wah
Izuna hat das Mangekyo^^
Hatte Madara das schon? Ich glaube nicht...
Mhmh... Nja egal
Jedenfalls geiles Kapi
Ich musste so fies Kichern, als ich gelesen habe wie Madara den Kleinen heimlich Chakrakontrolle beibringt und sie alle 'verarscht'. Irgendwie musste ich mir da so ein kleinen frechen Madara vorstellen, der einen irren Spaß dabei hat. Teufelskind fand ich da sehr passend *lach*
Auch wenn Madara nicht mehr allzu klein ist~
Bin schon auf das nächste Kapitel gespannt^^

TK was here


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