Zum Inhalt der Seite

Das Leben danach

Worst-Case-Szenario
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Im Auge des Sturms, II.

Belphegor hatte keine Ahnung, wo die anderen waren. Der Boss hatte natürlich kein Wort darüber verloren, Squalo auch nicht so wirklich. Belphegor konnte sich absolut nichts vorstellen, was die zwei ohne die Varia machen könnten. Der Boss selbst war wohl noch ein verdammt fähiger Mafioso, aber der war viel zu stolz, um ohne die Varia unter der Vongola zu arbeiten, und andere Familien fand er ja zu unwürdig.

Wo auch immer er jedenfalls hingegangen war, Levi hatte ihn sicherlich verfolgt. Was Luss anging, so glaubte Bel, dass er gar nicht wissen wollte, wo der sich herumtrieb. Bestimmt war er auf irgendeinem Friedhof eingezogen und machte sich da jetzt schöne Nächte. Er wollte nicht zu genau darüber nachdenken.

Mammon war in die Schweiz geflogen. Zu seinem Geld. Und angeblich winkten ihm da auch irgendwelche großen Geschäfte; zumindest hatte er das behauptet. Belphegor war sich nicht sicher, ob er ihm das glauben sollte, aber er tendierte zu Nein. War bestimmt nur eine Frage der Zeit, bis der Idiot pleiteging und wieder bei der Mafia angekrochen kam, weil das einfach die beste Goldgrube für einen hinterhältigen kleinen Wichser wie ihn war.

Tja, sie waren eben alle aufgeschmissen ohne die Varia. Zum Glück traf das auf Belphegor nicht zu. Er wusste immer irgendwas mit sich anzufangen. War ja nicht so, dass er vor der Varia kein Leben gehabt hätte oder so. Oder dass die Varia in seinem Kopf irgendeine wichtige Rolle gespielt hätte. Nein, so abhängig war er von diesem Verein nicht gewesen. So abhängig war er von gar niemandem. Er war genauso unabhängig wie es die Varia selbst gewesen war, und deshalb war alles in Ordnung und nach seinem kleinen Urlaub, den er sich hier in Kuba gönnte, würde alles weiterhin perfekt für ihn laufen.

Belphegor lag schon seit Stunden wach in seinem Bett, fühlte sich nicht motiviert dazu, aufzustehen, und sah aus dem Fenster. Von hier aus konnte er sehen, wie die Sonne auf den Strand schien. Solchen Urlaub hatte er sich schon viel zu lang nicht mehr gegönnt. Und vielleicht würde er danach ja gleich hier bleiben. Kuba war in seinen Augen ziemlich beschissen organisiert, und trotzdem lebte es zu einem guten Teil vom Verbrechen. Da konnten sie so einen Experten wie ihn bestimmt gut gebrauchen.

Gähnend drehte er sich wieder auf den Rücken, streckte sich und stellte fest, dass Rasiel auf seiner Kommode saß.

Mit einem Ruck setzte Bel sich auf und starrte ihn an, und Rasiel legte den Kopf schief und starrte zurück.

»Du bist tot«, sagte Bel laut.

Rasiel lächelte bloß.

Das war er. Er war eindeutig tot, da konnte er sich sicher sein. Er hatte den kleinen Schleimscheißer ja sogar begraben. Es bestand gar kein Zweifel. Er war tot, er konnte nicht hier sein, nach allen logischen Gesetzen der Natur konnte er nicht hier sein, was bedeutete, dass er nicht hier war, was bedeutete…

Langsam und etwas zittrig atmete Belphegor aus. Okay. Das war ihm schon lang nicht mehr passiert.

Während er die Psychen anderer Menschen mit großer Freude analysierte und auseinandernahm, hatte er sich von seiner eigenen stets ferngehalten. Ihm hatte das Wissen gereicht, dass er wahnsinnig war, und dass er wahnsinnig sein musste, um weiterhin so gut arbeiten zu können. Er musste nicht wissen, was genau nicht mit ihm stimmte. In einem Leben wie seinem war so etwas völlig zweitrangig.

Das einzige jedoch, was er schon immer gewusst hatte, war, dass wohl irgendein seltsamer Fall von Schizophrenie bei ihm vorliegen musste. Belphegor hatte sich nie bewusst die Mühe gemacht, zu testen, ob die anderen Symptome ebenfalls auf ihn zutrafen, doch die Wahnvorstellungen wiesen definitiv auf diese Störung hin.

Es waren optische Halluzinationen. Er sah Dinge, die nicht da waren – nun, meistens waren es Leute und nicht Dinge.

Aber es war ewig her, dass ihm das zum letzten Mal passiert war. Kurz nachdem er Rasiel getötet und zur Varia gekommen war, hatten sie ihn noch heimgesucht, aber je besser es ihm dort gegangen war, desto seltener waren sie aufgetaucht und dann hatte er sie in den letzten Jahren gar nicht mehr gehabt.

Und nun saß sein toter Bruder auf der Kommode in seinem Hotelzimmer, gegenüber dem Bett, und lächelte ihn spöttisch an. Das war kein besonders gutes Zeichen.

Aber er wusste ja, dass er nur eine Halluzination war. Er war nicht echt, er konnte nichts tun und Bel musste nichts tun, weil der Idiot ja nicht mehr lebte. Von Rasiel musste er sich nicht beunruhigen lassen.

Es war vielmehr seine Psyche, die ihn gerade zutiefst beunruhigte. Aber das würde schon wieder vorbeigehen. Hey, immerhin ging es ihm gut. Er hatte jetzt sozusagen lebenslangen Urlaub und war die nervigen Kollegen los. Er konnte sich gar nicht beschweren.

Belphegor stand auf und kratzte sich durch die Boxershorts am Hintern. Nein, er würde sich jetzt nicht stören lassen. Von niemandem. Von gar nichts.

Während er sich die Zähne putzte, lehnte er am Türrahmen des Badezimmers und beobachtete Rasiel dabei, wie er weiterhin auf der Kommode saß und ihn ebenfalls beobachtete. Auch während er sich anzog, ließ er ihn nicht aus den Augen. Irgendwann griff er nach der Fernbedienung, die gestern Nacht neben seinem Bett auf dem Boden gelandet war, und schmiss sie geradewegs in Rasiels Richtung.

Belphegor sah, dass sein Bruder die Fernbedienung auffing, hörte aber, wie sie scheppernd auf der Oberfläche der Kommode aufkam, und grinste schief. Akustische Halluzinationen hatte er noch nie gehabt. Die Dinge, die er sah, waren ohne Ton. Sie konnten vielleicht seine Augen verarschen, aber nicht sein Gehör. Rasiel saß in Wahrheit nicht dort und hielt die Fernbedienung. Rasiel lag in Wahrheit irgendwo unter der Erde und vergammelte, und die Fernbedienung lag da auf der beschissenen Kommode.

»Nicht mit mir, Wichser«, sagte Belphegor und wandte sich ab. »Nicht mit mir.«

Er ging am Mittagsbüffet frühstücken – allein. Als er zurück in sein Zimmer kam, war Rasiel nicht mehr da. Na also. War sicher nur ein kurzer Rückfall gewesen, weil sein Hirn sich an den Urlaub gewöhnen musste, oder so.

Als Belphegor sich von der Kommode wegdrehte, saß Mammon auf seinem Bett.

Oh. Das war neu.

Wenn er halluziniert hatte, dann eigentlich immer nur über Rasiel und hin und wieder über seine Eltern oder alte Angestellte. Aber nie über Kollegen oder irgendwen, den er nach dem Mord an seiner Familie kennengelernt hatte. Nie über Mammon.

»Ich nehme mal nicht an, dass du von der Schweiz hierhergeflogen bist, um mit mir Badeurlaub zu machen«, sagte Bel prüfend. Mammon antwortete nicht.

Na ja, hätte ja sein können.

Etwas zögernd griff Belphegor hinter sich, tastend fanden seine Finger die Fernbedienung, die er nach dem Rasiel geworfen hatte, den es gar nicht gab, dann holte er aus und warf sie ein weiteres Mal – nach Mammon.

Aus Mammons Kapuze kam eine seiner abartigen Tentakel und fing die Fernbedienung mitten in der Luft auf – während Belphegor genau hören konnte, wie sie in Wahrheit auf der Matratze landete.

Eine Halluzination.

Eine Illusion konnte es nicht sein. Dann hätte er die echte Fernbedienung nicht gehört – außerdem durchschaute er Mammons Illusionen für gewöhnlich von Anfang an. Das hier war keine. Das hier war eindeutig keine Illusion, sondern ein mieser Streich seines kaputten Gehirns.

»Scheiße«, hörte Belphegor sich selbst sagen. Und er gab sich da absolut Recht. Das hier war tatsächlich ausgemachte Scheiße.

Anstatt, wie geplant, sich am Strand die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen, verzog er sich in irgendwelche dreckigen Seitenstraßen und zerfleischte dort die nächstbesten Passanten. Dass Mammon die ganze Zeit dabei war, verdarb ihm gründlich die Laune.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2011-05-29T10:16:26+00:00 29.05.2011 12:16
Also vermisst der Prinz die Varia also doch, da hilft kein Gegenargumentieren mehr xD
Bin auf die letzen Teile gespannt. Drama Baby, Drama!
Von:  Mezamasidokei
2011-05-27T20:15:30+00:00 27.05.2011 22:15
Dann bin ich mal so brav und schreib auch mal bei den anderen was rein..
[Yeah! Nächtes Pitel kommt wieder Xanxus! xD]
*Hust*
Nun ja..
Das man erst mal auf die Idee kommt in Kuba Urlaub zu machen..
Lässt einen schon an gesunden Menschenverstand zweifeln..
[Sicher sehr schön, aber mehr gefährlich als schön ôo]
..
Un das man dan noch Halluzinationen sieht..
Bel.. Ich glaube es ist Zeit für die Chouch xD
Vllt kommt Mammon dann auch mit? (Die Halluzination xD)

Mezamasidokei


Zurück