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Wie Hund und Katz

Eine Liebesgeschichte
von

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Prolog

Gelangweilt lies Joey ein zusammengerolltes Papierkügelchen, welches er eben erst aus Teilen seines Matheaufgabenblattes geformt hatte, von einer Seite seines Tisches zur Anderen wandern. Mit einem leisen Seufzer blickte er zur Uhr um verbittert feststellen zu müssen, das seit seinem letzten Blick keine fünf Minuten vergangen waren. Resignierend stützte er sich auf beide Hände und verfolgte den Sekundenzeiger. Als ihm auch das zu langweilig wurde warf er einen Blick auf sein Aufgabenblatt, doch egal an welcher Aufgabe er ansetzte und wie sehr er sich auch – zugegeben nicht sehr – bemühte diese auch nur im Ansatz zu verstehen, er kapierte überhaupt nichts. Garnichts! Im Geiste seine Haare raufend glitt sein Blick zu der fehlenden Papierecke und dann weiter zum nicht allzu weit entfernten Kügelchen, welches er auch mit einem gezielten Schnippser über den Rand seines Tisches beförderte. Beinahe Zeitgleich traf ihn eines an der Schläfe. Ruckartig sah er auf, direkt in das Gesicht seines Freundes Hiroto Honda, welcher mit einem Grinsen auf die Tür deutete. Leise wurde sie von einem weiteren Mitschüler geöffnet und mit einer eleganten Bewegung auch wieder geschlossen. Die Laune des blonden wurde schlagartig von gelangweilt zu beschissen als er sah, das sein Mathematiklehrer dem Neuankömmling bloß kurz zunickte und sich dieser daraufhin zu seinem Platz zwei Reihen hinter ihm selbst begab. Seine Hand schnellte nach oben.

„Kasaki-San, wieso hat Kaiba jetzt keine Standpauke bekommen? Er ist über eine halbe Stunde zu spät!“

Der gesamte Mathekurs blickte ungläubig in die dritte Reihe. Inklusive dem Lehrer.

„Habe ich sie etwa um ihre Meinung gebeten Katsuya-Kun? Nein, habe ich nicht!“

„Aber -“

„Ich habe sie nicht drangenommen! Und jetzt Ruhe!“

„Aber ich bekomm' Anschiss wenn ich nur eine Minute zu spät bin und der darf einfach -“

„Raus!“

„Aber ich hab doch -“

„Ich sagte raus!!“

Wütend erhob sich Jonouchi Katsuya, kurz 'Joey', von seinem Platz, stapfte vorbei an seinem grinsenden Freunden Hiroto Honda, seiner mit Rehaugen dreinblickenden Freundin Anzu Masaki und seinem besten Freund Yugi Moto vorbei, der ihm mitleidig hinterher blickte. Als er die Tür schloss, fiel ihm für einen kurzen Augenblick derjenige auf, wegen dem er sich noch keine Minute vorher so aufgeregt hatte; Seto Kaiba, dieser eingebildete reiche Arsch, der ihn nur noch einer hochgezogenen Augenbraue würdigte und sich dann seinem Unterrichtsmaterial zuwandte. Wütend trat Joey auf den menschenleeren Flur hinaus, ging an die gegenüberliegende Wand und rutschte an ihr herunter. In Gedanken fing er an, sich neue Schimpfnamen für seinen Lehrer, aber vorallem für seinen selbsternannten Erzfeind zu machen, während der Unterricht in der Klasse fortgesetzt wurde.

Jedoch war er nicht der Einzige der sich dort nicht auf Mathematik konzentrierte. Neben sicherlich einigen Anderen wanderten zwei stahlblaue Augen zurück zur geschlossenen Tür und fixierten diese für eine Weile. Innerlich seufzend ließen sie dann doch irgendwann von ihr ab, betrachteten die Aufgaben auf dem kurz zuvor eingereichten Arbeitsblatt, stempelten diese als 'unter ihrem Niveau' ab und fingen dann aber doch an, sie Zwecks Zeittotschlagung zu lösen.

Morgends halb 10

Nach einer scheinbaren Ewigkeit leutete das Ende der Mathestunde. Fast wie ertappt ließ Joey ab von seinen Fingernägeln, an denen er eben noch geknabbert hatte, erhobt sich, klopfte seinen Hintern von eigentlich nicht anwesendem Staub ab und wartete. Er hörte wie der Lautstärkepegel hinter der Tür zunahm, zu einem Wirrwarr aus den Stimmen seiner Mitschüler und der seines Lehrers, der noch versuchte auf die Abgabe der Wochenaufgaben kommenden Freitag hinzuweisen, gesellte sich nun das Geräusch von umherrückenden Stühlen. Hinter dem Blonden schlenderten bereits die ersten Schüler aus den anderen Klassen in Richtung Ausgang. Ein vorbeieilender Junge mit Brille und gescheitelten Haaren rempelte ihn an und ließ dabei die Bücher in seiner Hand zu Boden fallen.

„Pass doch auf!“ schnauzte ihm Joey entgegen. Seine Laune hatte sich nur in geringem Maße verbessert, die anfängliche Wut auf seinen Scheiß-Lehrer und Scheiß-Kaiba war Groll gewichen und er wollte jetzt einfach nur noch zurück in Klassenzimmer, seine Sachen schnappen, noch die halbherzige Standpauke seines Lehrers ertragen, sich in der Cafeteria irgendwas schokoladiges mit vielen Kalorien kaufen und sich dann draußen irgendwo ein sonniges Plätzchen zum faullenzen suchen.

„'Tscguldigung...“ nahm er noch von unten mit einem Grummeln entgegen, dann öffnete sich auch endlich die Tür vor ihm und seine Freunde traten heraus, gefolgt von einer Meute malträtierter Mathematikkursler die sich schnell ihres Weges trollten.

Hiroto grinste ihn an, wie immer, denn eigentlich traf man ihn immer nur dämlich grinsend an, und begab sich ebenfalls den andern hinterher, gefolgt von Anzu. Einzig Yugi blieb kurz stehen und sah seinen besten Freund mit schiefgelegtem Kopf vorwurfsvoll an.

„Musste das denn wieder sein?“

„Er hat mich provoziert!“

„Hat er nicht.“

Er schüttelte resignierend den Kopf.

„Eigentlich tut er das nie, du fühlst dich nur immer von ihm auf den Schlips getreten. Und jetzt hast du schonwieder eine Stunde Unterricht verpasst, so geht das nicht Joey.“

Für sein Alter benahm sich der „Zwerg“ der Klasse immer erstaunlich reif. Oder es lag vielmehr daran, dass er Angst um seinen Freund hatte.

„So schaffst du das Schuljahr nicht!“

„Jahaaa ich weiß, du brauchst mir das nicht jeden Tag zu sagen. Ey aber hast du das nicht mitbekommen? Ich bekomm' Anschiss und-“

Der Braunäugige hielt inne und warf seinem selbsternannten Erzfeind, der grade aus der Tür trat, einen bitterbösen Blick zu. Zumindest versuchte er das. Dieser für seinen Teil reagierte wie immer mit einem emotionslosen Blick und einer hochgezogenen Augenbraue. Joey schaute ihm noch weiter nach und als er außer Hörweite war, wandte er sich wieder an Yugi.

„Ehh...“

„Und er nicht.“ beendete dieser den Satz des Anderen.

„Katsuya-Kun? Würden sie bitte?“

Der Angesprochene sah erschrocken in dem Raum.

„Achja“

Er warf Yugi im hineingehen noch einen gequälten Gesichtsausdruck zu, dieser nickte lächelend und ging.

„Das war das 4. Mal diesen Monat.“

Joey schnappte sich seine Tasche und stellte sich vor seinen Lehrer, der ihn mit aufgeschlagenem Kursheft über die Ränder seiner extrem hässlichen Brille musterte.

„Das 4. Mal!“ wiederholte er, blickte wieder in seine Mappe, blätterte einige Seiten, blätterte wieder zurück, faltete die Hände und lehnte sich in seinem Stuhl zurück um seinen gegenüber weiterhin zu beäugen.

„So geht das nicht. Haben sie wenigstens ihre Hausaufgaben für heute?“

„Naja, also...“

„Das habe ich mir gedacht.“

Er lehnte sich wieder nach vorne um erneut in seinen Unterlagen zu blättern.

„So wie es aussieht wird das wohl nichts mehr mit ihnen dieses Jahr. Ihnen ist bewusst, dass sie mit einer 6 in Mathe keinen Abschluss bekommen und die letzte Klasse der Oberstufe wiederholen müssen?“

Das flaue Gefühl machte sich in Joeys Magen breit, welches immer kam, wenn es um seine Zukunft ging.

„Wollen sie dazu irgendetwas sagen?“

„Nö.“

Trotz war seines Erachtens nach immer noch die beste Reaktion auf alles.

„Nagut, wenn sie das meinen-“ sein Lehrer hielt ihm einen Zettel unter die Nase „-bis morgen lösen und bei mir abgeben.“

„Jo.“

„Wie bitte?“

„Eh ich meine ja.“

Hastig nahm der Blonde den ihm hingehaltenen Zettel, überflog ihn flüchtig, nickte seinem Mathelehrer zu ging hastigen Schrittes zur Tür hinaus, wobei er im gehen das Papier zusammenknüllte und in seine Tasche stopfte. Auf halber Strecke zur Cafeteria fiel ihm ein, dass er eigentlich noch eine Runde wegen Kaiba stänkern wollte, aber er würde eh wieder nur ein „Das steht hier nicht zur Debatte“ hören, also rannte er mit einem Seufzer auf den Lippen in den großen, hohen, lichtdurchfluteten Raum zu dem er wollte, reihte sich ein und kaufte sich zwei Schokoriegel.
 

„Ey ich bin soooo müde, das geht garnicht!

Honda gähnte lauthals und ließ seinen Kopf geräuschvoll auf den Tisch fallen.

„Wie wäre es zur Abwechslung mal mit früher ins Bett gehen?“

Anzu hatte mal wieder ihre 5 Minuten und zickte alles und jeden an.

„Dann würde deine Visage vielleicht auch mal nicht so aussehen wie die eines obdachlosen Affens!“

„Ich befürchte Affen wohnen in keinen Häusern, also kann ich folgerichtig schließen, dass sie nicht obdachlos werden können!“

Joey hatte seine Freunde mitlerweile auf dem Schulhof in einer Ecke sitzend ausfindig gemacht, war zu ihnen herüber geschlendert, hatte auf dem Weg den ersten seiner beiden Schokoriegel vernichtet und strahlte aufgrund dieser Tatsache und der, dass ihm eine derart schlagfertige Antwort eingefallen war über beide Ohren. Anzu drehte sich hektisch mit offenem Mund um.

„Schach und matt!“

Er untermauerte diesen Ausruf, indem er wie Kamikaze Kaito Jeanne posierte, was auf sie nicht grade beruhigend wirkte.

„Kannst du nicht woanders dumm sein??“

„Kannst du nicht woanders menstruieren?“

Mehr als nur angepisst sprang sie von der Bank und damit vom Platz neben Yugi auf und stöckelte wütend in Richtung Mädchentoilette. Fast zeitgleich fingen die beiden Größeren der kleinen Dreierrunde an zu lachen und selbst der sonst so diplomatisch reagierende Bunthaarige musste schmunzeln.

„Oh man, was warn' los?“

Joey setzte sich auf den soeben freigewordenen Platz und packte seinen anderen Riegel aus.

„Ich glaube sie hat Streit mit ihrem Freund. Das passiert in letzter Zeit öfters,“ sagte der Kleine neben ihm, „das mit ihrer Laune könnte jetzt noch ein wenig dauern. Ihr solltet nicht so gemein zu ihr sein.“

„Können wir das etwa riechen?“ protestierte der ihm gegenübersitzende Hiroto.

„Ne können wir nicht!“

Die Zustimmung seitens des Blonden wurde mit einer frechen Hand belohnt, die nach seiner Süßigkeit griff.

„Pfoten weg, ich hab heut noch nix anderes gegessen!“

Hastig stopfte er sich den Riegel in dem Mund, schluckte einen Teil fast unzerkaut hinunter und bleckte seine mit Schokolade und Nüssen bedeckten Zähne.

„Bah du bist so wiederlich hahaha!“

Lachend bewarf Hiroto ihn mit dem zusammengeknüllten Alupapier, indem sich vor wenigen Minuten noch sein Pausenbrot befand, welches der Beworfene mehr schlecht als recht mit der Hand abwehrte. Schnell leckte sich dieser mit seiner Zunge die Krümel weg und fing, genauso wie Yugi, an ebenfalls laut zu lachen, als es zum Ende der Pause leutete.

Böse Überraschung

Der scheinbar beruhigende Dreiklang, der grade unüberhörbar aus den verschiedensten Lautsprechern des Schulgebäudes drang, ließ Joey kurz zusammenzucken und aufsehen. Es war 4 Uhr und somit war der Unterricht für ihn beendet. Erleichtert, dass er heute seinen Nachmittagmit Kunst hatte verbringen können, packte er seinen Bleistift zurück in sein Schlampermäppchen, seinen Zeichenblock in seine zugegebenermaßen relativ verfetzte Kunstmappe, stand auf und verstaute diese im Nebenraum. Kurz blieb er vor dem Regal stehen und besah sich einige der Kunstprojekte der Stufen unter ihm, während er von einzelnen anderen Mitschülern immerwieder von einer Ecke zur anderen geschoben wurde, damit diese ebenfalls ihre Unterlagen einsortieren konnten. Bei einer Zeichnung, auf der sich jemand selbst portraitiert hatte, blieb er hängen.

„Wirklich gut gelungen, nicht wahr?“

Seine Kunstlehrerin stand hinter ihm und deutete auf das Blatt Papier in seinen Händen.

„Ja, es hat was...“ entgegnete der Angesprochene ohne aufzublicken. Auch wenn die Zeichnung alles andere als perfekt und anatomisch korrekt war, faszinierte sie den Blonden zutiefst.

„Die Augen sind toll geworden.“

Er sah seine Lehrerin immernoch nicht an und hielt das Papier ein Stück höher, um es in einem anderen Licht besser sehen zu können.

„Eine Schülerin aus der Unterstufe hat das gezeichnet.“

„Hm-mh...“

„Sie hat wirklich Talent!“

„Hm-mh...“

„Und du bist ein kleiner Träumer, Katsuya-kun!“

„Hm?“

Erst jetzt sah er seiner Lehrerin ins Gesicht.

„Wie?“

Er war ein wenig verplant. Matsumoto-sensei, seine Kunstlehrerin, rollte scherzhaft mit den Augen.

„Hast du jetzt nichts besseres zu tun, hm?“

„Eh... Ja doch.“

Ohne Eile verstaute er die Zeichnung zurück in das passende Fach, verbeugte sich knapp, ging zurück zu seinem Tisch und nahm seine Tasche. Als er bereits die Tür zum Klassenraum hinter sich gelassen hatte, hörte er von hinten seinen Namen. Für den Bruchteil einer Sekunde fragte er sich, was wohl passieren würde, wenn er einfach weiterginge und so tun würde, als hätte er nichts gehört. Doch das wäre natürlich unhöflich gewesen und er wollte es sich mit Matsumoto-sensei nicht verscherzen, immerhin mochte er seinen Kunstkurs und bekam hier gute Noten, auch wenn er kein zweiter DaVinci war. Er drehte sich um.

„Ja?“

„Du hast deinen Radiergummi vergessen.“

„Achso...“

Lächelnd trottete er zurück und nahm ihn an sich.

„Du scheinst mir mit deinen Gedanken immer weit weg zu sein, oder irre ich mich da?

„Schuldig!“

Er kratzte sich verlegen, aber keinesfalls schuldbewusst am Hinterkopf.

„Ist das in anderen Fächern denn auch so?“

Die Neugierde in ihrer Stimme war nicht vorgetäuscht.

„Naja... Ich...“ er hob abwehrend die Hände „Manchmal.“

Er schenkte ihr sein charmantestes Lächeln.

„Ich gelobe Besserung!“

Und mit diesen Worten, und ohne sich in großartigen Vertiefungen dieser Konversation zu verlieren, eilte er in die Pausenhalle. Dank seiner kleinen Verzögerung im Kunstraum waren die meisten Schüler bereits weg. Das machte dem Blonden herzlich wenig, in letzter Zeit war er einfach viel lieber für sich alleine.Auf dem Weg zur rettenden Ausgangstür machte er noch einmal einen kurzen Halt um einen Blick auf das schwarze Brett zu werfen. Wie zu erwarten waren auch für morgen keine lehrertechnischen Ausfälle zu lesen.

„Wär ja auch zu schön gewesen...“

Es war mehr ein Murmeln zu sich selbst. Ausfälle aufgrund von Krankheiten, irgendwelchen Fortbildungen oder Ähnlichem wurden von beinahe jedem Schüler immerwieder freudig begrüßt, denn meistens stellten die vertretenden Lehrer es frei, die statt des Unterrichts zu lösenden Aufgaben entweder in der Schule oder zuhause zu erledigen. Und bei dieser Wahl war es natürlich klar, das eine Vertretungsstunde mehr aus Geschwärtz und Stadt-Land-Fluss-Spielchen betsand als aus eifrig lernenden Schülern.

Der Illusion einer solchen Mathestunde beraubt, wollte sich Joey endlich auf den langersehnten Heimweg machen, als er zum wiederholten Male an diesem Tag von hinten angesprochen wurde. Und das nicht von seiner Kunstlehrerin.

„Ah, Katsuya-kun, wie nett sie hier anzutreffen. Sie machen wohl Überstunden, was?“

Allein der Tonfall, eine Mischung aus Überheblichkeit und Langeweile, ließ beim Blonden sämtliche Nackenhaare gen Himmel fahren.

„Wie überaus praktisch, dass ich sie noch antreffe. Sonst hätte ich morgen das Vergnügen gehabt, nach ihnen schicken zu lassen.“

Der Angesprochene ahnte nichts gutes.

„Da sie scheinbar grade nicht in Eile sind, könnten sie mir doch grade einmal folgen.“

Als Joey sich umdrehte, machte Kasaki-sensei eine einladende Handgeste in Richtung Sekretariat.

'Oh bitte nicht' schoss es ihm noch durch den Kopf, als er mit wachsender Panik hinter seinem heiß und innig geliebten Mathelehrer herging. Sie durchquerten den Verwaltungstrakt der Schule und blieben vor einer separierten Tür stehen. Der Blonde kannte sie und das, was sie vor dem Rest der Schule verbarg nur zu gut. In den letzten Jahren, eigentlich seitdem er diese Schule besuchte, war er viele Male hierher zitiert worden. Dabei kamen einige verschiedene Gründe zusammen, einmal wegen eines zerstörten Fahrrads, einmal wegen einiger blau geschlagenen Augen oder auch, und so war es in letzter Zeit häufiger vorgekommen, wegen mangelnder Leistungen in diversen Fächern und der darauf folgenden Appellierung an seinen gesunden Menschenverstand.

„Warte“

Die Laune des untersetzten Mannes in den späten Fünfzigern hatte sich seit dem unerfreulichen Morgen noch nicht wirklich gebessert.

„Jo.“

Unbewusst ergriff Joey jede sich ihm nur bietende Möglichkeit, seinem Lehrer auf den Senkel zu gehen. Und wenn er dafür wie die richtig 'coolen Kidz' aus der Unterstufe sprechen musste.

Er hörte einige durch die verschlossene Tür gedämpfte Stimmen. Wahrscheinlich hatte Kasaki gleich nachdem er frei hatte bei der Direktorin gepetzt, sich malwieder beschwert, was er doch für ein unwilliger Schüler war. Und dass das natürlich nicht so weitergehen könnte. Und, und, und.

In Gedanken rief er die verschiedensten Strafen ab, die er bis jetzt wegen solcher Dinge bekommen hatte, die meisten waren eh Nachsitzen gewesen, als sich die Tür nach einigen Minuten endlich wieder öffnete. Mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck wurde er von seinem Lehrer eingelassen und per Hand auf den freien Stuhl vor seiner Direktorin gewiesen. War er eben auf dem Weg hierher noch leicht panisch gewesen, hatte der Blonde es vor der Tür immerhin kurzzeitig geschafft, sich zu beruhigen und diesen Besuch als nur einen Weiteren von Vielen abgestempelt. Jetzt aber, wo er nicht nur Kobayashi-sama, seine Schuldirektorin, hinter ihrem breiten Schreibtisch sitzen sah, sondern auch eine weitere Person, aufgrund ihrer Schuluniform war es wohl ebenfalls ein Schüler, stieg in ihm wieder Panik auf. Irgendetwas stimmte hier nicht. Ganz und garnicht. Mit dem Magen voller Steine setzte er sich in gefühlter Zeitlupe auf seinen gedeuteten Platz, starrte nach vorne, traute sich nicht, auf den Stuhl neben sich zu blicken. Er hatte einen schrecklichen Verdacht.

„Guten Tag Katsuya-kun. Wie praktisch, dass wir sie heute doch noch zufällig gefunden haben, eigentlich wollten wir ihnen erst morgen bescheit geben.“

Mit ihrer unendlich gelassenen Art deutete sie mit dem Kopf auf Joeys Sitznachbarn, den er immernoch nicht angesehen hatte.

„Kaiba-kun müssten sie ja bereits kennen.“

Endlich aus seiner Paralyse gelöst ruckte sein Kopf augenblicklich nach links, wo ihm die mordlustig funkelnden, eisblauen Augen seines Erzfeindes das Blut in den Adern gefrieren ließen.

Sonderleistungen

„Eh ehh ich- was- ehm- aber-“

Die Artikulationsversuche von Seiten des Blonden waren aufgrund der Unfähigkeit seines Gehirns die Masse an Verknüpfungen, die sich just in sämtlichen Zentren bildeten, zu verarbeiten, eher kläglich. Der Input war einfach viel zu groß. Neben ihm vernahm man ein genuscheltes 'Oh Gott...'. „Ihre Schulischen Leistungen haben sich trotz mehrfacher Ermahnung nicht gebessert,“ begann Kobayashi-sama, „und deshalb haben Kasaki-san und ich beschlossen, dass es höchste Zeit wird, ihnen unter die Arme zu greifen. Es sind keine 6 Monate mehr bis zu ihren Abschlussprüfungen und sie haben immernoch 3 defizitäre Fächer. Ich habe mich bereits mit ihrer Japanischlehrerin unterhalten. Sie ist der Ansicht, dass sie sich bessern würden, wenn sie lediglich ihre Hausaufgaben regelmäßig machen und dem Unterricht folgen würden. Anders ist die Lage leider in Mathematik und Physik.“

Joey brach der kalte Schweiß aus. Langsam dämmerte ihm, was das ganze Theater hier sollte.

„Ich... Bekomme... Nachhilfe?“

Er richtete seine schockgeweiteten Augen auf Kaiba.

„Von dem da?!“

Er hätte ebenso gut 'von diesem Etwas' sagen können, der ihm Antwortende wäre kaum gereizter, seine Antwort nicht minder zynisch gewesen.

„Oh sie an, da hat aber jemand schnell geschaltet. Es scheint ja doch nicht alles hoffnungslos zu sein.“

„Bitte meine Herren, die Lage ist ernst! Ich habe in meiner 9-jährigen Laufbahn als Direktorin dieser Schule noch nie Jemanden die letzte Klasse der Oberstufe wiederholen lassen, und ich werde sicherlich nicht auf Grund von ihrer Faulheit damit anfangen, Katsuya-kun! Kaiba-kun wird ihnen ab morgen privaten Unterricht erteilen und das so lange, bis wir alle sichergehen können, dass ich ihnen am Ende dieses Schuljahres ein Abschlusszeugnis überreichen kann. Und das ist mein letztes Wort. Ich denke das sollte es für heute auch gewesen sein, alles weitere können sie morgen Kaiba-kun persönlich fragen. Und nun wünsche ich ihnen noch einen angenehmen Nachmittag.“

Kobayashi-sama erhob sich höchstpersönlich von ihrem breiten Chefsessel, trippelte mit ihren kaum 1,50 Metern zur Tür und öffnete sie dem immernoch sprachlosen Blonden, der, nachdem er sich erhoben hatte, vor eben diese geschoben wurde.

„Wie soll ich bitte jemandem mit einem derart beschränkten IQ den Stoff der letzten Monate beibringen?“

Seto Kaiba hatte sich ebenfalls von seinem Platz erhoben und stand nun, zu seiner vollen Größe aufgebaut, vor seiner jetzt noch winziger wirkenden schulischen Vorgesetzten.

„Das zu beurteilen liegt nicht in ihrem Ermessen, Kaiba-kun.“

„Genau.“

Der Brünette drehte sich auf dem Absatz um und stierte seinen Mathelehrer so ungeheuer mordlustig an, dass dieser unbewusst einen Schritt nach hinten machte.

„Ich denke ihre Anwesenheit ist nicht länger von Nöten. Vielen dank.“

Er sprach es nicht besonders betont oder laut aus, aber allein der dazugehörige Blick ließ Kasaki-san zusammenzucken und wie ein Wiesel aus dem Zimmer hasten. Dann war es für ein paar Sekunden still.

„Ich hoffe sie haben nicht vergessen, dass ich der Schule jedes Jahr eine gewisse Summe zukommen lasse.“

„Und ich hoffe sie haben nicht vergessen, welche Privilegien sie dadurch erhalten haben. Es ist nicht die Norm, dass man vom praktischen Sport- und Schwimmunterricht befreit wird, genauso werden ihre Verspätungen von jedem ihrer Lehrer geduldet. Von nicht gemachten Hausaufgaben ganz zu schweigen. Ich weiß, dass sie auf Grund ihrer... außerschulischen Aktivitäten wenig Zeit haben und unsere Schule sich glücklich schätzen kann, sie ihren Schüler nennen zu dürfen, ihre Popularität und ihr guter Ruf haben uns zu hohem Ansehen verholfen. Aber sie können sich hier nicht wie die Axt im Walde benehmen und tun und lassen, was immer sie wollen, Kaiba-kun. Es gibt auch Regeln. Und wenn sie auf ihrem Zeugnis auch überragende soziale Fähigkeiten bescheinigt bekommen wollen, dann würde ich diesen Umstand so hinnehmen. Wir haben eine Abmachung und ich werde meinen Teil erfüllen, wenn sie es mir gleichtun.“

Es war wieder für einige Sekunden still. Ein blaues Augenpaar fixierte weiterhin ohne jegliche Emotion die kleine Person, die vor ihm saß. Es folgte ein kurzes Nicken, dann machte sich auch Seto daran, das Zimmer zu verlassen. Auf dem Flur angekommen hielt er kurz inne und atmete tief durch. Die beruhigende Wirkung blieb jedoch aus, und so schritt er wie Darth Vader mit imaginärer Imperial-Marsch-Hintergrundmusikuntermalung aus dem Schulgebäude. Auf halber Strecke zum Lehrerparkplatz holte sein kleiner Bruder, der auf dem Schulhof gewartet hatte, ihn ein.

„Hey Seto, wo warst du?“

Er bekam keine Antwort.

„Wieso hat das so lange gedauert?“

Er bekam keine Antwort.

„Wieso ist denn dein Kopf so rot?“

Er bekam keine Antwort.
 

Etwa zur gleichen Zeit saß ein gewisser Jemand mit etwa der gleichen Gesichtsfarbe im Bus nach Hause. Nachdem der erste große Schock überwunden war und sein Gehirn wieder einigermaßen klare Gedanken fassen konnte, ärgerte er sich. Er war sauer darüber, dass sich malwieder jemand in sein Leben einmischen musste. Er wäre auch so weitergekommen. Und selbst wenn er klebengeblieben wäre, wen hätte es denn interessiert? Er wusste eh noch nicht, was er danach machen sollte. Die blöde Kobayashi konnte ihn mal kreuzweise. Die Lehrer auch. Und ganz besonders konnte ihn Kaiba mal am Arsch lecken... Er hielt in seinen Gedanken inne. Sein Blick wurde glasig, als sein Unterbewusstsein ihm eben diesen Gedanken verbildlichte. Und schon teilte sich sein gesamtes Blut in zwei Hälften auf; die eine wanderte als Farbe in sein ohnehin schon gerötetes Gesicht und die andere schoss ihm in seinen Schoß. Unbewusst schloss er die Augen und ließ für einen Moment zu, dass seine Phantasie diese Szene weiter ausschmückte. Bilder von einem über ihn gebeugten Kaiba der ihn mit seinem ganzen Gewicht tief in die Matratze drückte, von nackter Haut, Fingernägeln die Striemen hinterließen und dieser tiefen, rauchigen Stimme an seinem Ohr...

Mit einem erschreckten Laut fuhr er hoch. Hektisch schaute er sich um, ob jemand diesen peinlichen Zwischenfall mit angesehen hatte. Schräg gegenüber von ihm saßen ein paar Mädchen, die scheinbar grade erst in die Pubertät gekommen waren, denn als sie sahen, dass er sie gesehen hatte, kicherten sie hinter vorgehaltener Hand los und tuschelten. 'Na toll' dachte Joey. Zwischenfälle dieser Art waren ihm nicht mehr neu. Schon seit einiger Zeit hatte er immer wieder höchst verwirrende Träume, Phantasien und auch Bedürfnisse, von denen er vorher noch nicht einmal gehört hatte geschweige denn wissen wollte. Er sprang auf und quetschte sich durch die sich grade schließende Bustür. Ihm war es egal, wo er grade ausgestiegen war, er brauchte jetzt frische Luft. Mit einem schnellen Check des Haltestellenschilds stellte er aber erleichtert fest, dass es bis zu seiner Wohnung nur noch eine Station war, also warf er seine Tasche über die Schulter, sah kurz an sich herunter, ging los und war froh, das seine Jacke lang genug war.



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Kommentare zu dieser Fanfic (11)
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Von:  Lunata79
2012-03-16T16:43:26+00:00 16.03.2012 17:43
Schreib schnell weiter, bin gespannt wies weitergeht.

Bis jetzt ist die Geschichte wirklich toll.

Lg
Von:  Noir10
2011-11-27T14:24:51+00:00 27.11.2011 15:24
Na kyu da bin ich aber mal gespannt was zwischen ihnen noch passiert während der nachhilfe!!
^^-^^

Von:  Tomoaki-chan
2011-09-12T17:26:28+00:00 12.09.2011 19:26
Meow :3 Das sind aber schöne Gedanken die unser kleiner Hundi da hat *_*
Ich hoffe die werden Wirklichkeit x3 Bin schon mega gespannt wie's weitergeht und ich freue mich, dass du weitergeschrieben hast :DDDD
Weiterhin damit viel Erfolg -^^- Vllt wirds ja nächstes Mal ein längeres? Fände ich zumindest sehr schön, dein Schreibstil lässt sich schön flüssig lesen und zaubert einem das Grinsen auf's Gesicht :>
Bis zum nächsten Kappi <3
LG Yami
Von:  Ling-Xiao
2011-09-12T13:12:04+00:00 12.09.2011 15:12
lol joey joey wo die liebe hinfällt ne XD XD
Von:  tenshi_90
2011-09-12T07:43:35+00:00 12.09.2011 09:43
Huhu!

Ein super Kapitel war das ma wieder =)

Seto muss Joey nun also Nachhilfe geben... Das kann ja noch richtig interessant mit den beiden werden.. schon allein weil Joey solche eindeutigen Gedanken hat ^^

LG und bis zum nächsten Mal
Von:  tenshi_90
2011-09-10T13:27:53+00:00 10.09.2011 15:27
Da bin ich ja mal gespannt, was Joey da erwartet... Und was hat Seto damit zu tun???

Ich lass mich ma überraschen =)

LG
Von:  Tomoaki-chan
2011-08-28T18:57:41+00:00 28.08.2011 20:57
Ich hab mir deine FF jetzt grad durchgelesen und ich muss sagen, mir gefällt dein Schreibstil sehr :D Ich würde unglaublich gerne wissen wie es jetzt weitergeht (auch wenn man sich denken kann, wozu die Lehrer unsere beiden Lieblinge jetzt verdonnern X3). Fantasie ist schön und gut, aber gelesen machts gleich noch viel mehr spaß XD Darum freue ich mich auf das nächste Kapitel :D
bis dahin,
viel Erfolg beim Schreiben und viel Spaß dabei^^

LG Yami
Von:  tenshi_90
2011-05-30T19:59:05+00:00 30.05.2011 21:59
Hey!

War ein gutes Kapitel.. aber viel ist da ja jetzt noch nicht passiert...

bin ma gespannt, wie es weiter geht

lg
Von:  Onlyknow3
2011-05-19T12:18:29+00:00 19.05.2011 14:18
Toller Einstieg,und wann geht es weiter.
Freu mich auf das neue Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  tenshi_90
2011-05-17T16:30:25+00:00 17.05.2011 18:30
Hey!

Der Anfang deiner Story ist echt sehr gut =)

Bin mal gespannt, was du mit den beiden noch so anstellst ;)

Freu mich scho auf die Fortsetzung

LG


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