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Blood Painted

von

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Masterpiece

Tsunade war alles andere als angetan; sie schrie und schimpfte und tobte schon seit einer halben Stunde und einige Bürogegenstände und -Möbel hatten bereits ihr Leben gelassen. Ich zumindest war froh, dass dieser Zorn sich ausnahmsweise nicht gegen mich richtete und man sah ihnen deutlich an, dass es meinen Teamkollegen ähnlich ging. Sakura stand rechts neben dem Reporter, Sai und ich links. Sasuke hatte man des Raumes verwiesen; Zumindest seine Beteiligung an der Sache würde später noch Ärger geben, obwohl letztendlich er es gewesen war, der Misami geschnappt hatte. Ich machte mir Sorgen um ihn, denn ich vertraute den Wachen nicht, die auf ihn aufpassen sollten. Andererseits hätten sie es sicher nicht gewagt, ihn anzurühren, wusste doch jeder, wie ich reagierte, wenn es um ihn ging.

"Sie wissen gar nicht…", verkündete Tsunade und nahm kopfschüttelnd einen Schluck Sake. "In was für eine Scheiße Sie uns alle geritten haben. Die Leute laufen fast Amok, ist Ihnen das klar? Schnüffeln in einem verdammten Kindergarten herum, nachdem sämtliche Eltern der Stadt in Alarmbereitschaft sind... Wenn Sie Pech gehabt hätten, hätten Sie umgebracht werden können, machen Sie sich das bewusst!"

"So weit ist es ja nicht gekommen. Und die Leute wären auch ohne meine Berichte..."

"Ich denke, dass Sie sie aber geschrieben und damit die Situation beeinflusst haben. Ganz zu schweigen von den Kindern, die Sie zu Tode geängstigt haben!" Sie holte Luft, rieb sich über die Schläfe. "Ich würde Sie gerne einsperren - Sie wissen gar nicht, wie gerne - Aber dafür gibt es keinen Tatbestand." Unwillig grummelnd rieb ich mir den schmerzenden Kiefer; Ich sah das anders, aber leider hatte die Hokage natürlich Recht. Für Journalismus wurden noch keine Strafen verhängt. "Also werden Sie noch einen Bericht über all das schreiben - Einen, in dem Sie all den Müll zurücknehmen und sich bei den Familien entschuldigen und die Tatsachen auf den Tisch legen. Danach will ich KEIN WORT mehr über den Fall von Ihnen in die Finger bekommen. Schreiben Sie von mir aus über den Häkelkurs Ihrer Oma, das ist mir scheißegal. Haben Sie das verstanden, Misami?" Tsunades Blick hätte Blut in Eis verwandeln können und brachte den Reporter dazu, schwer zu schlucken, aber den Mund zu halten und zu nicken. Einen Moment starrte die Hokage ihn noch an, dann machte sie eine wegwischende Handbewegung. "Gut, dann gehen Sie mir jetzt aus den Augen."

Wir warteten, bis der Mann gegangen war, auf Anweisungen unserer Vorgesetzten, die jedoch nicht kamen. Die Ellbogen auf den Tisch gestützt, die Finger vor dem Gesicht gefaltet, musterte sie uns einen nach dem anderen. Sakura wurde nervös, wich dem Blick ihrer Meisterin aus. Sai lächelte unbeteiligt. Und ich konnte einfach nicht den Mund halten, als sie mich ansah: "Baa-chan, wir haben doch nichts falsch gemacht! Der Typ war gefährlich und..."

"Was hätte er denn deiner Meinung nach tun sollen? Die Kinder mit Druckerschwärze anmalen?", platzte die Alte heraus und funkelte mich erbost an. "Noch dazu habt ihr gegen meine AUSDRÜCKLICHE Anweisung mit vollem Bewusstsein verstoßen und euch in die Ermittlungen des Michelangelo Falls eingemischt, der euch nichts mehr angeht. Wenn den Kindern oder euch etwas passiert wäre..." Sie schüttelte den Kopf. "Noch dazu mit Sasuke. Mein Gott, seit ihr von allen guten Geistern verlassen? Der Junge ist weit entfernt davon, arbeitsfähig zu sein! Und habt ihr nicht gelesen, was man über ihn... Über dich, Naruto, und ihn geschrieben hat? Weißt du, was für ein Licht das auf dich wirft - Und somit auch auf mich? - Wenn ein Mann, der als psychisch labiler Ex Missing-Nin bekannt ist, in einem Fall arbeitet, bei dem es um Kinder und einen verdammten Serienkiller geht?"

"Dein Ansehen, ja?", fragte ich leicht herablassend.

"Ja, MEIN Ansehen. Das ist wichtig für das Dorf", fauchte die Hokage mich an und ließ die Faust so fest auf den Tisch knallen, dass dieser ein erbärmliches Knarzen von sich gab. "Mit solchen Aktionen untergräbst du meine Autorität und gefährdest Menschenleben... Oh ja, ich weiß, dass das deine Schnapsidee war, Naruto Uzumaki!"

Unbehaglich sah ich zur Seite. Ich hatte weder vorgehabt, respektlos ihr gegenüber zu sein, noch, jemanden in Gefahr zu bringen, aber mir war klar, dass das hier meine Schuld war und das daran auch Sakuras beschwichtigende Worte, auf welche Tsunade nicht mal reagierte, nichts ändern konnten. Eine Weile kehrte wieder Schweigen ein, in welchem die San-nin in ihren Dokumenten kramte. Ich warf Sai und Sakura fragende Blicke zu, doch die beiden zuckten nur die Schultern, während unsere Vorgesetzte eines der Papiere ausfüllte. Ich schluckte; War das meine Suspendierung...?

Schließlich schob sie es mir hin. "Ich nehme an, ihr habt niemandem sonst von der Aktion erzählt?" Einvernehmliches Nicken als Antwort. Sie seufzte erleichtert. "Sorgt dafür, dass das unter uns bleibt - Sagt das auch Sasuke. Das hier..." Mit einem langen Fingernagel tippte sie auf das Dokument. "Ist der Auftrag für die Observation. Liefert mir baldest möglich die Berichte ab. Falls doch jemand danach fragt, sagt, ihr musstet alles geheim halten, um bei dem Verdächtigen kein Misstrauen zu wecken."

Sakura nahm den Auftragszettel an sich. Er war auf ein Datum vor unserer Soloaktion ausgeschrieben und eine Lüge, die wir bereitwillig als die Wahrheit unterzeichneten. Unter der jetzt wahren Lüge befand sich ein weiterer Zettel, welcher einen auf den heutigen Tag datierten Auftrag ankündigte.

"Ich möchte kein Wort mehr über diesen Vorfall hören, verstanden?" Wir nickten erneut. "Gut. Das ist eure neue Aufgabe. Im Rotlichtviertel wurden drei, vielleicht mehr, Morde begangen. Geht hin und versucht rauszufinden, ob es sich um einen Bandenkrieg oder ähnliches handelt und beendet ihn, wenn es so sein sollte. Die Leute werden äußerst ungern mit euch reden, aber lasst euch davon nicht abhalten. Jemand, der im Moment durch das Sicherheitsnetz schlüpfen kann, ist gefährlich."

Immerhin waren in der ganzen Stadt mehr Shinobi stationiert als auf einem Schlachtfeld.

"Oder er gehört zu dem Millieu." warf Sakura ein. "Und dann haben wir kaum eine Chance, etwas rauszufinden. Die halten sich gegenseitig den Rücken frei."

"Genau das festzustellen ist eure Aufgabe. Also kümmert euch darum und lasst die Finger von anderen Fällen. Habt ihr das verstanden?" betonte Tsunade.

"Ja, Hokage-sama!" salutierten wir pflichtbewusst im Chor.

Gemeinsam verließen wir das Büro und blieben vor dem Untersuchungszimmer, in dem Sasuke bewacht wurde, stehen. "Sakura-chan, passt du auf ihn auf...?"

Ihr Gesicht wurde düster. "Vergiss es - das ist mein Auftrag", knurrte sie und wedelte mit dem Papier, auf dem tatsächlich ihr Name als Teamleiter eingetragen war, in meine Richtung. "Pass doch ausnahmsweise selbst auf ihn auf, darauf warst du vor ein paar Monaten doch noch so scharf."

"Sakura-chan..." Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, schließlich hatte sie Recht, aber es war dennoch unfair. Sie merkte wohl selbst, dass sie zu weit gegangen war. Zurücknehmen tat sie ihre Worte deshalb aber nicht. Ich fuhr mir durch das Haar, nickte langsam und setzte ein bemüht unbekümmertes Grinsen auf. "In Ordnung... Ich... Wir sehen uns dann später bei mir, ok?"

Ich sah ihnen nach, als sie gingen, schüttelte dann den Kopf, um diese komische Szene aus dort raus zu bekommen. Sakura war einfach angespannt, wie wir alle, das war alles. Das ungute Gefühl wegen ihrer kalten Behandlung blieb, trotzdem gab ich mir Mühe, unbeschwert zu lächeln, als ich den Raum betrat.

"Abholservice!", trällerte ich einem unbeeindruckten Publikum, bestehend aus zwei Wachen und einem Uchiha, entgegen. Letzterer erhob sich, um den Platz an meiner Seite einzunehmen. Während er ging, untersuchte ich ihn mit den Augen nach Verletzungen, aber alles schien an seinem Platz zu sein, sodass ich mich entspannte und ein ehrliches Grinsen zeigte. "Waren alle brav?"

Vielleicht verstand er meinen Scherz, der sich gegen diese alberne Überwachung richtete, mit Absicht falsch, oder er kapierte es ehrlich nicht, jedenfalls nickte einer der Kollegen höchst würdevoll und ernst. "Alles ruhig."

"Äh... Danke... Schätze ich?", antwortete ich, mir das Lachen verkneifend, und verabschiedete mich. Auf dem Flur brach es dann doch aus mir raus und ich schüttelte amüsiert den Kopf. "Wann die wohl endlich einsehen, dass du einer von uns bist?"

Ich lachte noch immer, obwohl Sasuke mir keine Antwort gab, mich nur ansah mit diesem Blick, den ich von allen anderen hasste. Mit dem ´Es ist nichts mehr, wie es mal war`-Blick, wie ich ihn insgeheim schon nannte. Dieser Blick legte sich um meinen Hals wie ein Strick und ich musste einfach weiter lachen, sonst wäre ich vermutlich an dem Ausdruck in Sasukes Augen erstickt.

Wiederwillig schüttelte ich den Kopf. "Nicht du auch noch... Hör auf", verlangte ich, die Stimme mehr verärgerter Befehlston als Bitte. "Du hast uns geholfen - Den Typ letztendlich sogar alleine gefasst. Du gehörst zu uns. Akzeptiert das doch alle endlich mal!"

"Vielleicht solltest DU endlich das Gegenteil akzeptieren", seufzte er, der Diskussion offensichtlich überdrüssig noch bevor sie begonnen hatte.

"Das hier..." Ich machte eine Geste, die die ganze Umgebung einschloss. "Ist dein zu Hause, Sasuke, ob du es willst oder nicht. Hier sind die Leute, die dich lieben und deine familiären Wurzeln. Hier hast du deine Kindheit verbracht und hier wirst du verdammt noch mal alt werden, dafür sorge ich, darauf kannst du Gift nehmen, oh ja!"

Ich funkelte ihn herausfordernd an, doch er erwiderte meinen Blick nur kurz, bevor er erschöpft seufzte. "Ich weiß wirklich nicht, was du dir von diesen Reden noch erhoffst." Ich war auf jede gemeine, mit Sicherheit unter die Gürtellinie zielende Aussage, die dem folgen mochte, gefasst. Aber es kam keine. Mitten auf der Straße stand er einfach nur da und sah mich an, als suche er in meinen Augen tatsächlich die Antwort auf diese Frage, bis er schließlich mit dem Kopf schüttelte. "Ich bin schon zurück, Naruto. Du musst nicht mehr darum kämpfen."

Mit diesen Worten setzte er sich wieder in Bewegung und ich konnte ihm nur verdattert nachgaffen.

Auf solch eine Ehrlichkeit war ich nicht gefasst gewesen und sie machte mich verlegen, weil sie etwas ansprach, das ich nicht sehen wollte. War ich wirklich so versessen darauf, ihn bei mir zu haben, dass ich gar nicht bemerkte, dass ich das schon tat? Er wohnte immerhin seit November bei mir und wie oft hatte ich seither einen Tag nur mit ihm verbracht? Das ließ sich heute, Anfang Februar, an einer Hand abzählen.

"Es ist... Schwierig, das nach all der Zeit, nach allem, was war, einfach so hinzunehmen. Wir haben nie wirklich über alles geredet.", erklärte ich nervös, als ich zu ihm aufgeschlossen hatte.

Das Schweigen, das uns die letzten Monate so gut beraten hatte, brandete auf, als wir weitergingen. Das war kein Thema, welches man auf offener Straße klärte, aber offensichtlich wollte Sasuke es überhaupt nicht klären, egal wo, denn sobald wir in der Wohnung waren zog er sich in sein Zimmer zurück. Enttäuscht und sauer blieb ich vor seiner Tür stehen. Seit er hier war, hatte ich ihm immer alles gegeben, was er wollte; Zeit, Ruhe, Einsamkeit, gelegentlich Aufmerksamkeit, Schutz vor den Dorfbewohnern...

Und vor allem - auch, wenn das nicht auf seiner Wunschliste stand - Liebe.

Ich liebte ihn genug, um seine Launen zu akzeptieren und mich ihnen anzupassen, nur, damit ich neben ihm überhaupt existieren konnte. Es war eine einseitige Symbiose, die wir da eingegangen waren, als wäre ich der Wirt und er eine schmarotzerische Pflanze, die sich auf mir eingenistet hatte. Aber das machte mir nichts. Ich war bereit, all seinen Hass für ihn mitzutragen. Sicher hatte ich nicht alles richtig gemacht, bei weitem nicht, aber ich hatte alles aus den besten Motiven getan und er hatte kein Recht dazu, mich derart abzuweisen. Ich hatte ihm mein Vertrauen und meine Freundschaft geschenkt und alles, was ich dafür bisher bekommen hatte, war ein großer, stinkender Haufen nichts.

Aber damit war jetzt Schluss.

Ich öffnete die Tür ohne zu klopfen und er sah mit einem Blick von seinem Buch auf, der mehr als deutlich ´Na endlich`, ausdrückte. Ruhig klappte er das Werk zu, setzte die Brille ab - Sie stand ihm verboten gut - Und richtete sich auf. Von seiner abwartenden Art verwirrt, vergaß ich alles, was ich hatte sagen wollen. Meine Wut war verpufft und ploppte wie Poppcorn immer neue, kaum zu greifende Gedanken aus dem Nichts. Nervös leckte ich mir über die Lippen, als unsere Blicke sich trafen und er sich abwandte, wie so oft in letzter Zeit. Das kam ja wirklich nur selten vor, aber mir fehlten gerade ernsthaft die Worte.

Langsam ging ich zu ihm, setzte mich auf seine Bettkante. Seinen Blick spürte ich noch auf mir, aber ich sah auf meine Füße. "Glaubst du wirklich, du gehörst nicht mehr hierher?", stellte ich die erste Frage, die ich herausbrachte.

Sasuke lehnte sich zurück gegen die Wand, die Hände über dem Bauch gefaltet. Sein Sweatshirt war an den Ärmeln etwas hochgerutscht, sodass ich die Narben an seinen Unteramen sehen konnte. Er hatte zu viel Blut gesehen... Aber das hatten wir alle. "Ich weiß nicht, was ich hier noch soll", sagte er schließlich. "Aber ich wüsste auch nicht, was ich sonst wo sollte."

"Du sollst leben, Sasuke." Ich wandte mich ihm zu, sah ihn ernst an. "Das ist alles."

Er lächelte humorlos. "Das ist sehr viel verlangt, wenn das ganze Dorf dich tot sehen will."

"Ich nicht." Das war offensichtlich, aber manchmal musste man das Offensichtliche einfach trotzdem in Worte kleiden, so albern man sich dabei auch vorkommen mochte. Ich lehnte mich zu ihm, fasste ihm in die Haare, die Stirn an seine gedrückt, die Augen geschlossen. "Ich will, dass du lebst, Teme. Wenn du´s nicht für dich selbst tun kannst, dann tu es für mich. Für mich, und für Sakura-chan und für Kakashi-Sensei."

"Das ist nicht viel."

"Wenn du die Verantwortung für sie trägst, sind drei Menschen eine Menge." Ohne es wirklich zu bemerken hatte ich angefangen, mit den Fingern durch Sasukes Haare zu kämmen. Er hatte ziemlich dickes aber dennoch angenehm seidiges Haar, das sich verdammt gut anfühlte. Sein Atem, der gegen meine Lippen schlug, roch irgendwie würzig, als hätte er eben erst Kaugummi gekaut oder die Zähne geputzt. Und unter diesen Lippen...

"Naruto."

Ich stockte, sah ihn an und merkte, das meine Fingerspitzen an seiner Halsschlagader lagen, wie um den etwas zu schnellen Puls zu fühlen. "Äh…", machte ich verwirrt und verlegen. Hastig rückte ich von ihm ab. "Sorry."

"Mhm…", brummte der Uchiha als Antwort. Er musterte mich eingehend, aber mir war das einfach peinlich und es kam mir ziemlich unpassend vor, ihm ungefragt so nahe gekommen zu sein. Obwohl... Es sich gut angefühlt hatte.

"Sorry", wiederholte ich und musste mich wegen der trockenen Kehle räuspern. Wir schwiegen eine Weile beide, in unseren jeweiligen Gedanken versunken, bis überraschender Weise Sasuke das Wort ergriff.

"Warum bist du diesmal bei mir geblieben?"

"Ich wollte Zeit mit dir verbringen." Es war überraschend, wie wahr sich diese Lüge anfühlte. Ja, ich war gerne in seiner Nähe, so wortkarg und übellaunig er sich auch gab. Das war schon immer so gewesen.

Er musterte mich, als wüsste er, dass das nicht der ursprüngliche Grund war, aber konnte die Unwahrheit nicht in meinem Gesicht lesen, weil sie von der neuen Aufrichtigkeit verschluckt wurde wie ein Fisch eine Fliege fraß. Ob ihm die Worte deshalb besser gefielen konnte ich nicht sagen, weil er statt einer Antwort sein Buch wieder zur Hand nahm. Eine stumme Aufforderung zu gehen, die ich ignorierte, indem ich neben ihn rutschte und Rücken sowie Kopf gegen die Wand lehnte.

"Was ließt du?"

"Ein Buch", antwortete er und ich musste trotz des abweisenden Tons lachen.

"Ist es ein Porno oder warum willst du´s nicht sagen?"

Mit hochgezogenen Brauen sah er mich an. "Erstens wüsstest du es, wenn ich solche Lektüre besäße - Du zahlst sie immerhin. Und zum zweiten muss ich mich korrigieren; Ich lese gar nichts, wenn du mich weiter ablenkst."

"Das ist der Plan!", grinste ich zufrieden. "Ich brauche Aufmerksamkeit!"

"Geh zu deiner Freundin." Sasuke sah wieder auf die Seiten, der Humor war aus seiner Stimme gewichen.

Ich gab ein wiederwilliges Grunzen von mir. "Bist du echt noch sauer deswegen?" Er sagte nichts, aber das war Antwort genug. "Jetzt hör doch auf! Die letzten Monate über hättest du mich nur angeschwiegen, wenn ich es dir gesagt hätte, das wissen wir beide." So schmerzhaft diese Tatsache war... Und obwohl ich mich freute, ihn weniger nahe an diesem katatonischen Zustand zu erleben, den er bisher gehabt hatte, verstand ich nicht, wieso ich mich rechtfertigen musste. Oder warum ich es tat, schließlich drängte er mich ja nicht dazu. "Wie hätte ich es dir sagen sollen?"

"Das wäre egal gewesen." Er klang nicht gekränkt, aber sobald er mir in die Augen sah wusste ich, dass er es war. "Hauptsache, du hättest es getan."

"Es tut mir ja auch leid... Aber du kennst Hinata. Ihr wäre das sicher peinlich gewesen und..."

"Schieb es nicht auf sie." Sasukes Stimme war leise, aber schneidend kalt. "Das war deine eigene Entscheidung."

Das schlechte Gewissen grub äußerst schmerzhaft seinen spitzen Schnabel in meine Brust. Ich leckte mir über die Lippen und drehte das Gesicht weg, als könnte ich in einer anderen Ecke von Sasukes ordentlichem Zimmer die Wahrheit nicht hocken sehen mit ihrem fetten, boshaften Grinsen. Das hatte ich schon die letzten Monate über versucht und bis heute hatte es auch ganz gut geklappt, aber jetzt musste Sasuke daherkommen und mein Gesicht mit Gewalt in diese unliebsame Richtung drehen in der der Grund für meine Ablehnung zu finden war, wieso ich die beiden so kategorisch voneinander getrennt hatte.
 

Die Wahrheit ist, dass ich die beiden nicht zusammen sehen will.

Nicht etwa, weil ich glaube, sie würden sich weiter streiten wie damals im Krankenhaus, sondern weil ich sie, Hinata...

Die Wahrheit, Naruto.

Weil ich Sasuke mit niemandem außer mir sehen will.

Ich will nicht, dass er die Leute aus unserem Jahrgang wieder trifft, also behaupte ich, er wäre noch nicht so weit.

Ich will nicht, dass er mit Hinata redet, also tue ich, als würde es sie nicht geben.

Ich will nicht, dass er mit Sakura zusammenkommt, also falle ich in meiner Küche fast über sie her, damit sie ihn vergisst.

Alles, damit er nur mich sieht, nur mit mir spricht, nur mich hört, riecht, schmeckt, fühlt, atmet... So, wie ich in all der Zeit, die er weg gewesen war, nur noch ihn wahrgenommen habe. Völlig überdimensional wie einen Schatten vor dem Feuer.

Und warum, Naruto?

Weil...

Nein.
 

Nein, das war genug Wahrheit für einen Tag, mehr als genug. Ich keuchte und zitterte, als hätte ich all das schnell und heftig herausgestoßen und sicher, ob ich es wirklich nur gedacht hatte, war ich mir nicht. Ein Blick auf Sasuke überzeugte mich, denn er sah mich immer noch an, als wolle er die Antwort aus meinen Augen ablesen. Rasch wandte ich den Blick ab; in meinem Gesicht konnte man wirklich viel zu leicht lesen.

Es klingelte an der Tür und ich stand mechanisch auf um sie zu öffnen, weil man das eben so machte, nicht, weil ich unbedingt Wer-auch-immer-an-der-Tür-war sehen wollte. Es waren Sakura und Sai. Zumindest erstere sah mir sofort an, dass etwas nicht stimmte, aber sie beließ es bei einem besorgten Blick.

"Was habt ihr rausgefunden?" fragte ich etwas später, als sie in der Küche verstaut und mit Getränken versorgt waren.

"Dass ich froh bin, mit diesem Milieu nichts zu tun zu haben." Sakura rümpfte die Nase und wies Sai an, mir Fotos zu zeigen. Tja, Sakura, du wolltest ja unbedingt da hin. Anstatt die Bilder zu betrachten, sah ich zur Küchentür, aber Sasuke blieb in seinem Zimmer, also konzentrierte ich mich doch auf den Fall.

Er gehört nicht zum Team, Dummkopf.

"Die Verbrechen geschahen im zweiten Stock eines Bordells." erklärte die Haruno. Auf dem Bild, das sie mir zuschob, war ein Flur zu sehen, der vorrangig in opulenten Gold- und Rottönen gestaltet war. Am Ende gab es eine offenstehende, zweiflüglige Tür. Die folgende Fotografie zeigte vermutlich das Zimmer hinter dieser Tür - Oder zumindest das, was davon übrig war. Der dicke Hochflorteppich war blutbesudelt, genauso wie große Teile der Wände. Auf dem Boden lagen blutige Fleischhaufen, die sich auf den nächsten Abbildungen als grässlich entstellte Menschen entpuppten. "Ich denke, wir können von Mord ausgehen." schlussfolgerte Sakura sachlich.

Meine Finger glitten über eine der Polaroidaufnahmen, auf der der Rumpf eines Frauenkörpers zu sehen war. Zumindest vermutete ich anhand von schmalen Schultern und schlanker Taille, dass das mal eine Frau gewesen war, einen Busen hatte sie nämlich keinen mehr. Stattdessen klafften auf ihrer Brust zwei fleischfarbene Löcher. Auf ihrem Bauch stand in eckigen Buchstaben "Hure".

"Ein wütender Freier?", schlug ich vor und schob das Bild von mir. Wie konnte man jemandem - Vor allem einer Frau - So etwas antun?

"Vielleicht. Aber dann muss er wirklich ziemlich sauer gewesen oder wahlweise unter Drogen gestanden haben. Es wurden nämlich auch noch der Besitzer des Etablissements, ein Hausangestellter und der Türsteher tot aufgefunden." Meine Partnerin schob mir Bilder der jeweiligen Männer zu. Zwei von ihnen waren ähnlich heftig zugerichtet wie die Frau und hatten Wörter auf die Brust geschnitzt, der letzte hatte den Kopf in einem ungesunden Winkel auf Asphaltboden liegen. Ich musterte die Fotos der ersten beiden. "Genau wie bei dem Mädchen wurden die Geschlechtsteile entfernt." kommentierte Sakura das Offensichtliche.

"Hat er sie mitgenommen?" Das taten Killer manchmal - Vor allem die von der Sorte, die weiter morden würden.

"Nein. Der Penis des einen lag direkt neben der zugehörigen Leiche, der des anderen lag in der Nähe der Wand. Wie es aussieht, hat der Täter ihn dorthin geschmissen." Sie zeigte mir ein Bild von einer blutigen Spur auf Tapete, an deren Ende etwas lag, das nicht mehr so sehr an ein männliches Fortpflanzungsorgan erinnerte. "Die Schamlippen der Frau haben wir nicht gefunden, aber wir untersuchen die Gewebereste, die überall im Zimmer liegen."

Als sie stockte, sprach Sai weiter, ein gruseliges Lächeln auf den Lippen: "Die Kollegen meinten, der Täter könnte sie gegessen haben."

"Ist ja widerlich", kommentierte ich mit angewidert verzogenem Gesicht. "Habt ihr schon einen Verdacht?"

"So etwas ähnliches wie du haben wir auch schon in Erwägung gezogen. Aber wie Tsunade-sama vorhergesagt hat, wollte keiner mit uns sprechen. Vermutlich hatten alle vier Toten Dreck am Stecken."

"Was?", fragte ich, als sie den Mund noch mal öffnete, aber nichts mehr sagte.

"Nichts... Nur... Ach, es ist dumm."

"Sag es ihm ruhig. Bevor wir es nicht hundertprozentig ausschließen können, ist alles möglich", forderte Sai sie auf. Offenbar hatten die beiden den Verdacht der Kunnoichi bereits debattiert.

Sie seufzte. "Jaa... Aber ich will nicht rüberkommen, als wäre ich besessen von dem Fall oder würde überall Michelangelo sehen..."

Ich horchte auf. "Was meinst du?"

"Na ja... Die Brutalität, mit der die Taten begangen wurden..." Ihr pink lackierter Nagel tippte auf ein Foto, das die Toten alle drei in einer Perspektive auffing, sodass eine Spur von Blut und Fleischfetzen zu sehen war. "Außerdem hat er eine Nachricht verfasst." Jetzt deutete sie auf die Bilder, auf denen ´Hure`, ´Mörder` und ´Feigling` in blutigen Buchstaben in dünne Haut geritzt waren. "Und... Na ja, die letzten Morde sind über einen Monat her."

"Könnte er nicht einfach aufgehört haben…?", fragte ich hoffnungsvoll, doch Sakura runzelte skeptisch die Stirn.

"Serienkiller können nicht aufhören - Es ist wie eine Sucht. Selbst mit professioneller Hilfe..." Sie schüttelte den Kopf. "Es könnte höchstens sein, dass er sich ein anderes ´Jagdrevier` gesucht hat, aber eigentlich glaube ich das nicht."

"Wieso sollte er auch?" warf Sai ein, der interessiert die Fotos betrachtete. "Hier hat er nichts zu befürchten, immerhin tappt das ANBU-Team genauso im Dunkeln wie wir. Sie verhaften zwar laufend Leute, müssen die aber alle wieder frei lassen wegen fehlender Beweise."

"Hm... ´Verdächtiger Verhaftet` klingt halt besser als ´Keine neuen Ergebnisse`", seufzte Sakure und lächelte, als Sasuke die Küche betrat. "Hallo, Sasuke-kun. War alles gut bei den anderen?"

Er sah sie an, wandte sich dann aber ab ohne zu antworten und setzte sich neben mich. Wenn das mit den beiden jedes Mal so gelaufen war, verstand ich, warum sie nicht mehr auf ihn aufpassen wollte. "Diese Idioten halten ihn noch immer für gefährlich", erklärte ich leicht verärgert.

"Ist er das denn nicht? Noch hat Sasuke-kun nicht das Gegenteil bewiesen."

"Sai…", zischte Sakura warnend.

Der Schwarzhaarige erwiderte meinen Blick mit dem üblichen Lächeln, bis das eisige Schweigen zwischen uns gebrochen wurde: "Vielleicht bin ich tatsächlich gefährlich. Zumindest für einen Schlappschwanz wie dich."

Sakura und ich starrten Sasuke erstaunt an. Bisher hatten wir ihn so gut es ging von Konfrontationen ferngehalten, aber sicher nicht, weil wir mit beleidigenden Antworten von ihm gerechnet hatten. Die beiden Dunkelhaarigen musterten sich eine Weile stumm, als würden sie das Potential des jeweils anderen ausloten. Schließlich wechselte ich das Thema und kam auf das ursprüngliche Problem zurück.

"Also: Was machen wir jetzt wegen der Toten?"

"Naruto…", sagte Sakura vorsichtig. "Ich denke, wir sollten Sasuke-kun diesmal da raushalten..."

"Er ermittelt ja nicht mit, Sakura-chan, aber er wohnt nunmal hier und ich werde ihm nicht verbieten, in unserer Küche zu sitzen", erklärte ich. Sasuke sah sowieso nicht aus, als würde es ihn kümmern, wenn ich ihn bitten würde zu gehen. "Wenn du willst, dass er im Gefängnis untergebracht wird, kannst du es ihm ja sagen."

Das Mädchen biss sich auf die Unterlippe und sah zur Seite. "... Also gut... Ich denke, diesmal müssen wir von unserem Verdacht erzählen - Wir können den ANBU ja anbieten, diesen Ermittlungszweig zu übernehmen."

"Glaubst du, diese arroganten Affen wollen das überhaupt?" fragte ich ungnädig. Sicher, der Trupp konnte nichts für Tsunades Entscheidung, uns von dem Fall abzuziehen, trotzdem waren sie mir schon aus Prinzip unsympathisch.

Sakura seufzte, ignorierte mich ansonsten aber, um nachdenklich Sasuke zu mustern. "Also gut. Sai und ich werden uns morgen noch ein bisschen umhören und die Zeugenaussagen der Kollegen aufnehmen. Vielleicht können wir ein wenig Druck aufbauen, wie du es bei der Tierklinik gemacht hast."

"Du gefällst mir, wenn du fies wirst, Sakura-chan." grinste ich böse, wofür sie mir eine Kopfnuss verpasste.

"Das hat nichts mit ´fies` zu tun, sondern damit, dass ich den Fall lösen will, Idiot."

"Wenn du so weiter machst, hast du bald noch eine Leiche an der Backe." jammerte ich und rieb mir den schmerzenden Hinterkopf.

Sie schnaubte nur. "Von wegen. Du hältst viel mehr aus. Also hör auf zu meckern und hör zu... Gut. Ich schätze, dir wird nichts anderes übrig bleiben, als Sasuke-kun mitzunehmen. Aber die ANBU wissen ja, dass du auf ihn aufpasst, also dürfte das kein Problem sein. Erzähl ihnen von unseren Befürchtungen und biete Hilfe an. Wenn sie wirklich nicht hören wollen, ermitteln wir auf eigene Faust weiter, immerhin hat die Meisterin uns diese Morde zum Auftrag gemacht."

"Warum muss ich das machen?", schmollte ich und flickte einen Brotkrumen, der vom Frühstück zurückgeblieben war, gegen Sasukes Brust. Er knurrte und trat unter dem Tisch nach meinem Schienbein. "Aua! Du Bastard!"

"Hör auf, Saskue-kun zu beleidigen, Idiot", wies Sakura mich völlig unverdient zurecht.

"Jaaa, Mama." Ich verzog das Gesicht. "Der hat mich getreten!"

"Nenn mich nicht so." Zusätzlich zu dem Tritt kassierte ich noch eine Kopfnuss von Sakura. "Und du wirst tun, was ich sage. Das ist meine Mission und ich gedenke, sie erfolgreich abzuschließen."

Ich erwiderte ihren jetzt ernsten, strengen Blick trotzig, nickte dann aber. "Das werden wir."
 

Wie zu erwarten gewesen war, hatte das ANBU Team nicht wirklich Zeit für mich, aber als ich sagte, es ginge um ihren Fall, schaufelten sie etwas Zeit für mich frei - "Fünf Minuten!", wie sie nicht müde wurden zu betonen. In dem Büro, welches ihnen extra für Ermittlungszwecke zur Verfügung gestellt worden war, herrschte fast noch größeres Chaos als in meinem Arbeitszimmer, als ich noch an dem Fall gearbeitet hatte. Überall stapelten sich Akten und Berichte, Bücher lagen aufgeschlagen herum, Statistiken quollen aus Schubladen, mehrere Karten waren übereinander an die Wand gepinnt und mit unschönen Fotos der Tatorte versehen und das alles war nur die Spitze des Eisberges. Unter dem Papierkram entdeckte ich auch die eine oder andere Aufzeichnung aus meiner Feder oder der meiner Teamkollegen.

"Also, Uzumaki-san, was hältst du für so wichtig?" erkundigte sich die Frau mit den grünen Haaren, Usagi. Ihr Blick war, genau wie die ihrer Kameraden, skeptisch auf Sasuke gerichtet, welcher ihn mit verschränkten Armen gelassen erwiderte. Irgendwie wünschte ich mir fast, sie würden ihn beleidigen. Ich hätte gerne seine Reaktion gesehen.

"Mein Team hat einen Auftrag bekommen, der sich womöglich mit eurem überschneidet. In einem Bordell wurden vier Menschen getötet auf eine Art, die an den Serienkiller erinnert." Auf ihre fragenden Blicke hin schob ich ihnen die Fotos zu, die Sakura und Sai gemacht hatten und erklärte, was die Haruno beobachtet hatte. Sie beugten sich alle drei darüber, aber natürlich konnte ich ihre Reaktionen nicht von ihren Gesichtern ablesen.

"Nun... Nur, weil die Morden in einem Zeitraum stattfanden, der in das Täterprofil passt, ist das kein ausreichender Grund für solche Verdächtigungen." erklärte Usagi betont gelassen. Sie hielt das hier offensichtlich für Zeitverschwendung.

"Wie schon gesagt, es gibt noch andere Begründungen. Meine Teamleiterin schlägt vor, dass wir die Ermittlungen in diese Richtung weiterführen, wenn ihr keine Zeit habt, und uns absprechen, wenn es Neuigkeiten gibt."

"Soweit ich das verstanden habe, sind die Morde sowieso euer Auftrag", stellte die andere Frau, Kaoro, mit milder Stimme, wie zu einem Kind, fest. "Wie heißt deine Teamleiterin?"

Ich gab mir alle Mühe, ruhig zu bleiben. "Haruno Sakura."

Sie notierte sich den Namen. "Ist das nicht eine von Meisterin Hokages Schülerinnen?" Ich nickte. "Ah. Danke. Wie du schon sagtest, haben wir keine Zeit, jedem Hinweis nachzugehen. Hier tauchen täglich zehn angebliche Zeugen auf, deren Aussagen wir überprüfen müssen. Also wird es das Beste sein, ihr sucht mehr Beweise und kommt dann wieder. In diesem Milieu ist Mord nichts ungewöhnliches und ich denke, es ist übereifrig, wegen dieser Zweifelhaften Beweise gleich den Teufel an die Wand zu malen. Behaltet es im Auge und informiert uns."

Wir erhoben uns alle fünf. Kaoro sprach zwar all das freundlich aus, trotzdem war ich verärgert, dass sie mich nicht ernst nahm - Das tat keiner von ihnen. Ich ließ den Blick von einen zum anderen wandern und hasste diese Masken noch mehr als sowieso schon, weil sie es unmöglich machten, in den Gesichtern der Träger zu lesen. Das war zwar auch ihr Zweck, aber hinter ihnen konnte man meiner Meinung nach zu leicht Lügen und Verrat am eigenen Land verbergen.

"Also gut, ich werde das Haruno-san so ausrichten. Aber eins noch." Sie hielten auf dem Weg zur Tür, durch die sie uns geleiten wollten, inne und sahen mich an. "Ihr mögt vielleicht glauben, ich sei dumm. Das ist mir völlig egal. Aber denkt nicht, dass trifft auch auf Sakura-chan zu. Sie ist verdammt clever, vermutlich wesentlich mehr als ihr alle drei zusammen. Und wenn sie meint, Michelangelo könnte in diese Fälle involviert sein tätet ihr besser daran, das in Erwägung zu ziehen. Wenn sich nämlich herausstellt, dass sie Recht hatte, werde ich sicher nicht die Klappe halten und euch unsere Ermittlungserfolge zur Verfügung stellen... Schönen Tag."

Mit diesen Worten zog ich die Tür auf, schob Sasuke hindurch und knallte sie zurück ins Schloss.

"Es ist echt beeindruckend, wie schnell du dir Feinde machen kannst", stellte der Uchiha fest, als wir den Flur des Gebäudes zum Ausgang nahmen.

Ich schnaubte. "Ich mache mir keine Feinde, das war nur die Wahrheit. Wenn sie die nicht verkraften, machen sie den falschen Job."

"Mag sein. Aber es wird ihnen nicht gefallen, das von dir zu hören, immerhin bist du ranglich unter ihnen", erklärte er und blinzelte in die Sonne. In den letzten Tagen hatte der Himmel aufgerissen und die Wärme begann bereits, den Schnee zu matschigen Haufen zu schmelzen.

"Ich bin inzwischen Chunin, ok?", schmollte ich. "Und als zukünftiger Hokage hab ich ja wohl ein Recht auf eine Meinung! Außerdem hab ich mir noch nie den Mund verbieten lassen, wieso sollte ich jetzt damit anfangen?"

"Manchmal wäre das aber besser", seufzte Sasuke.

"Es wäre besser, wenn du in Gegenwart anderer auch mal gesprächiger wärest", murrte ich.

Er runzelte die Stirn. "Ich denke nicht, dass diese Leute Wert auf meine Meinung gelegt hätten."

"Na und?", fragte ich so laut, dass ein Mann sich nach mir umdrehte. Ich lächelte ihn an und winkte ab. "Ich hätte Wert darauf gelegt. Außerdem kann es dir doch egal sein, was diese Snobs denken." Er antwortete nicht und erst das machte mir bewusst, dass er seine Gedanken mehr offenbart hatte als sonst. Grinsend verschränkte ich die Arme hinterm Kopf. "Hehe, vor zwei Monaten hättest du noch nich so mit mir geredet."

"Dazu hätte es auch keinen Grund gegeben, denn damals hast du dieses Gespräch mit den ANBU auch noch nicht geführt gehabt", erwiderte er und verdrehte die Augen.

"Du bist sooo ein Klugscheißer... Aber wo wir vorhin von Rängen gesprochen haben... Möchtest du nicht auch mal die Prüfung machen? Ich meine, es muss dich doch fuchsen, dass du jetzt mein Untergebener bist, sozusagen." Ich feixte, wofür er mir einen eisigen Blick der Marke ´Schweig, oder ich bring dich um` zuwarf.

"Es würde mir nichts bringen."

"Aber du machst im Training schon voll die Fortschritte. Noch ein bisschen, dann könntest du leicht..."

"Nein, Naruto." unterbrach er mich sachlich und fing meinen Blick mit seinem auf. "Ich werde nicht mehr kämpfen. Akzeptier das endlich."

Ich leckte mir über die Lippen, kratzte mich unschlüssig am Kopf und musterte nachdenklich sein jetzt wieder abgewandtes Gesicht. Sein Profil wirkte voller als noch vor ein paar Wochen, er hatte eindeutig zugenommen und sah jetzt wieder gesünder aus. Auch die Muskeln kehrten langsam aber sicher in seinen Körper zurück, was ihm verdammt gut stand. Die Mädchen sahen ihm schon wieder verdächtig oft nach, dafür, dass sie ihn Ende des Jahres noch als Verräter beschimpft hatten, aber das interessierte ihn natürlich nicht. "Ok... Und was willst du dann machen?"

"Ich weiß es nicht, Naruto." seufzte er. Zumindest sagte er nicht, dass er sterben wollte, damit war ich schon mehr als zufrieden, also grinste ich.

"Ok, wir finden einen neuen Job für dich!" rief ich begeistert, die Faust ambitioniert in die Luft gereckt. Gerade kamen wir an Ichiraku´s vorbei und fast schon automatisch schloss sie die gerade noch leere Hand um Sasukes Schulter. "Gehen wir essen - Ich bin am Verhungern!"

"Wann bist du das nicht?" erwiderte er, ohne sich jedoch zu wehren, als ich ihn in den Stand manövrierte.

"Hier schmeckt es aber auch am besten... Hallo, Meister!", begrüßte ich den alten Verkäufer glücklich lächelnd, während wir uns setzten.

"Naruto, du warst schon lange nicht mehr hier", sagte er und warf meiner Begleitung einen fragenden Blick zu. "Das letzte mal mit Hinata-san."

Ich wurde etwas rot, sah aus dem Augenwinkel zu Sasuke, der mich scheinbar interessiert beobachtete. "Ä-äh... Die ist auf einer Mission..."

"Mhm... Nun, freut mich jedenfalls, dich zu sehen. Das übliche, ja?"

"Zwei Mal!", rief ich und deutete die Zahl mit den Fingern an, was aussah wie das Victory-Zeichen, was mich zum lachen brachte. Erfreut zeigte ich es meiner Begleitung. "Schau mal, Sasuke. Peace."

Er schloss die Augen, holte tief Luft und rieb sich die Schläfe, ging aber nicht darauf ein. "Denkst du wirklich, ich kann auch nur die Hälfte von dem Essen, was du normalerweise verdrückst?"

Mein Blick glitt skeptisch über seine dünne Gestalt. "Hm... Wenn du es nicht schaffst, umso besser für mich. Dann krieg ich es." Ein Augenverdrehen musste mir als Antwort genügen, dann musterte er die Schüssel, die ich ihm hingeschoben hatte, eher skeptisch. "Guten Appetit!" sagte ich gut gelaunt, einige Nudeln bereits ihm Mund. Ich stöhnte glücklich auf; Schon viel zu lange war ich nicht mehr hier gewesen! "Ah, das ist echt das beste! ♥ Obwohl du ziemlich gut kochst, Sasuke. Hätte ich früher gar nicht gedacht."

"Ich habe alleine gewohnt und keinen Wert darauf gelegt, ständig essen zu gehen. Hätte ich es mir nicht beigebracht, wäre ich verhungert", erklärte er, während er die Stäbchen brach und ein paar Nudeln aus dem Topf fischte.

Ich runzelte die Stirn. "Das wäre nicht so gut gewesen."

"Nein", antwortete er nach kurzem Schweigen. Sasuke schnaubte und ich meinte, ein Schmunzeln in seinem Gesicht zu sehen. "Das wäre es nicht."

Einen Moment sah ich ihn nur an, dann breitete sich ein breites, überglückliches Lächeln auf meinen Lippen aus, nur, weil er sagte, dass er froh war, zu leben.

"Also mich hätte es gefreut, wenn du mit Naruto gekommen wärest. So oft, wie er hier war, hätte ich den Umsatz meines Lebens gemacht." scherzte der Standbesitzer und lächelte Sasuke freundlich an, der etwas verwirrt davon zu sein schien; Er wandte den Blick rasch ab.

Ich lachte, sowohl über den Witz als auch über die Reaktion meines Freundes. "Nein, tut mir leid. Der Teme ist wirklich nicht so viel. Schau dir an, wie dünn er ist!" Zum Beweis bohrte ich den Finger in Sasukes Rippen, jedoch wurde ich überrascht, indem ich über den nach wie vor deutlich wahrnehmbaren Knochen mindestens genauso deutliche Muskelstränge ertasten konnte.

Er sah mich an, als ich die Hand verwundert auf seiner Seite ruhen ließ. "Macht´s Spaß?"

Hastig zog ich die Hand zurück, die Wangen gerötet. "N-Nein, Ich wollte Nur... ich hab nicht...!"

Schnaubend wandte er sich seiner Suppe zu, die er trotz meines Protests und der Beteuerungen mit einem vielsagenden Schmunzeln etwa zur Hälfte leerte, bevor er sie mir zuschob. "Da. Iss und halt die Klappe."

"Bastard." schmollte ich mit aufgeplusterten Backen. Die Ramen aß ich natürlich trotzdem. Als ich fertig war, bezahlte ich und verabschiedete mich von dem Verkäuferteam. Gemeinsam verließen wir den Stand und schlenderten in Richtung von Sakuras Haus, aber Sai und sie waren noch unterwegs, wie Mrs Haruno uns erklärte. Sie wollte uns einladen, aber ich winkte rasch ab. Ich hatte gerade erst wieder entdeckt, wie viel Spaß es machen konnte, Zeit mit Sasuke zu verbringen und das wollte ich genießen. Ich bat Sakuras Mutter, meine Teamkollegen zu mir zu schicken, wenn sie kämen und verabschiedete mich.

"Denkst du, dass die beiden etwas rausgefunden haben?"

Mit gefurchter Stirn zuckte ich die Schultern. "Vielleicht. Aber wenn es stimmt, was Usagi sagte, werden werden die Mafiosi ihre Angelegenheiten selbst klären wollen. Und dann ist die Frage, ob wir sie das nicht lieber tun lassen sollten. Gegen den ganzen Haufen haben wir zu viert kaum eine Chance."

"Zu viert", wiederholte er. Wir sahen uns lange an, bevor er den Kopf schüttelte und sich abwandte. "Du hast nicht vor, auf Sakura zu hören."

"Wieso sollte ich? Du hast Misami gefasst und mich beschützt. In meinen Augen gehörst du zum Team." In meinen Augen war er immer ein Teil der Gruppe gewesen. Ich sah ihn an und spürte, dass er das wusste, also musste ich es nicht aussprechen. "Außerdem ermittelst du ja nicht offiziell... Und Sakura-chan hat selbst gesagt, ich soll dich mit zu den ANBU nehmen."

Inzwischen waren wir zu Hause und Sasuke folgte mir in die Küche, also war er an dem Gespräch interessiert. Das freute mich. "Sie hat das gesagt, weil sie mich nicht ins Gefängnis stecken wollte." stellte er nüchtern fest.

Mit einem unwilligen Grummeln schob ich diese Wahrheit weit weg von mir. In letzter Zeit hatte ich schon genug unangenehme Wahrheiten akzeptiert, da konnte ich es mir leisten, eine zu ignorieren. Ich ging zum Kühlschrank und holte eine Bierflasche raus, sah dann zu Sasuke und wedelte mit einer zweiten in seine Richtung. "Trinkst du eines mit?"

Er warf einen langen Blick aus dem Fenster, dann nickte er langsam und fing erstaunlich geschickt das Getränk, als ich es ihm zuwarf. "Woher hast du das Zeug?" fragte er, als wir ins Wohnzimmer gingen und auf der Couch Platz nahmen. Er saß ordentlich da, als wäre er hier nur zu Besuch; Die Beine auf dem Boden, die Hand locker auf der Armlehne und das Bier, das ich ihm inzwischen geöffnet hatte, vorsichtig haltend, damit nichts auf die Garnitur tropfte. Ich dagegen lümmelte mich entspannt hin, Beine und Gesicht ihm zugedreht und den Arm auf der Rückenlehne. "Du bist noch nicht volljährig."

"Echt? Scheiße, das hab ich vergessen. Komm, ich bring´s zurück." antwortete ich und streckte auffordernd die Hand nach seiner Flasche aus. Er verengte die Augen zu Schlitzen. Offenbar fand er das nicht lustig, doch ich lachte unbeschwert. "Reg dich ab. Ich hab halt auch ältere Freunde, ok?"

"Müssen ja gute Freunde sein, wenn sie dir dabei helfen, illegal an Alkohol zu kommen."

"Jaa, nur die besten." Ich lachte, etwas angespannt, weil mir die Richtung des Gesprächs nicht gefiel. Er hatte doch nicht etwa auch die Sache mit Sakura damals mitbekommen...? "Immerhin gehörst du dazu", setzte ich noch hinterher und stieß die Flasche gegen seine.

Erneut hielt unser Blickkontakt so lange, bis er sich abwandte. Das Schweigen zwischen uns war nicht unangenehm, obwohl es etwas dauerte, bis meine Nervosität sich gelegt hatte. Ich streckte die Beine aus und legte sie über seine Oberschenkel, was ihm einen unwilligen Blick entlockte.

"Ich bin nicht dein Schemel."

"Aber du sitzt im Weg. Es ist unbequem, die Beine so lang angezogen zu halten", quengelte ich und ließ die Zehen wackeln.

Sasuke verdrehte die Augen. "Wenn du dich normal hinsetzten würdest, würde sich das Problem gar nicht ergeben."

Jetzt war es an mir, die Augen zu rollen. "Nich jeder sitzt da, als hätte er einen Stock im Arsch, wenn er zu Hause ist, Teme. Entspann dich mal." Mir kam eine Idee und ich stellte das Bier weg, bevor ich mich aufrichtete. Bestimmt drehte ich Sasukes Rücken zu mir. Er spannte sich fast augenblicklich noch mehr an, sobald ich ihn berührte, aber als ich anfing, seinen steifen Nacken zu massieren, ließ er nach und nach die Schultern sinken, was mich zum Lächeln brachte. "Hehe... Das tut gut, huh?"

Er antwortete nichts, aber die Muskeln, die ich schon zuvor erstaunt bemerkt hatte, lösten sich unter meinen Fingern recht schnell. Ich ließ die Hände über seine Oberarme gleiten, rieb ihm den Rücken und klopfte diesen schließlich abschließend, was er mit einem missmutigen Grunzen beantwortete. Ich lachte, konnte dem Impuls dann nicht widerstehen und lehnte den Kopf an seinen Nacken, die Augen hatte ich geschlossen.

"Ich hab das vermisst…", sagte ich leise.

"Hm?"

"Zeit mit dir alleine zu verbringen... Dein Freund zu sein", erklärte ich langsam, ohne die Distanz zwischen uns zu vergrößern. Es überraschte mich etwas, dass er nicht von mir zurückwich, andererseits erlaubte er ja auch Sakura, ihm nahe zu sein, wieso hätte er es bei mir nicht tun sollen? "Ich... Ich hab dich wirklich vermisst, Sasuke."

Ich schluckte hart, spürte aber trotzdem heiße Tränen, die sich stumm ihren Weg über meine Wangen suchte. Seit er wieder hier war, hatte ich nicht ein einziges Mal geweint, aber jetzt ließ ich Freude und Erleichterung freien Lauf. Besitzergreifend schlang ich die Arme um ihn und war mir sicher, dass er verstand, was ich damit sagen wollte:

Ich würde ihn nicht mehr gehen lassen.
 

~ ♥ ~
 

Hallo Leute! :D
 

Hat jetzt doch etwas länger gedauert, als erwartet, aber dafür hat sich das Warten gelohnt, oder? :D Sowas wie ein Date, Wuhu. xD

Es hat Spaß gemacht, Naruto mal wieder etwas mehr wie ihn selbst zu schreiben und weniger wie ein emotionales Wrack. Und Sasuke etwas lebhafter zu machen, war auch schön. ^^
 

Nun, ich hoffe, ihr hattet Spaß. ^^
 

lG SaSi



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Miss
2012-11-18T21:39:37+00:00 18.11.2012 22:39
Jaaa, das Warten hat sich wirklich gelohnt! Endlich kommen sich Naruto und Sasuke etwas näher. Ich bin schon echt gespannt wie es nun weiter gehen wird, da Naruto ja ziemlich viele Einsichten in diesem Kapitel hatte...

Ich hoffe, du lässt uns nicht so lange auf die Fortsetzung warten...
LG, Miss


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