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Reise einer Flaschenpost

Sehen mit einem Herz aus Glas
von

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Leben einer Flaschenpost

Im Grunde habe ich eine der schönsten Aufgaben, die man so haben kann.

Ich und meine Brüder überbringen Nachrichten, aber nicht irgendwelche Nachrichten wie Rechnungen oder Kettenbriefe. Wenn Meinesgleichen eine Botschaft überbringt, dann beginnt ein Abenteuer, ein Abenteuer für mich, den Absender und den Empfänger. Es ist nämlich so, das sich der Absender und der Empfänger nicht kennen und auch ich nicht so genau weiß, an den ich die Nachricht überbringen werde, wohin meine Reise überhaupt geht. Wenn Meinesgleichen eine Nachricht überbringt, dann sind das ganz besondere Nachrichten, Nachrichten an jeden und niemanden, deren Text und Inhalt etwas Außergewöhnliches sind, manchmal nicht wirklich verständlich, weil es die tiefsten Gedanken des Absenders sind. Aber dennoch freut sich der Empfänger immer über eine Nachricht von meinesgleichen, schon dann, wenn er sie noch nicht einmal geöffnet hat. Mir hat einmal ein Freund erzählt, dass wir die einzigen Übermittler sind, die immer mit einem Lächeln verabschiedet und immer mit einem Lächeln empfangen werden. Ich bin eine Flaschenpost und meine Reise möchte ich hier erzählen.

Mein Leben ist so lang, wie das Glas hält aus dem ich gemacht bin. Und dennoch kann man sagen, dass das meine wohl das längste von all meinen Brüdern war, mit denen ich geschaffen wurde. Es ist nämlich so, dass nicht jeder zur Flaschenpost geboren wird. Wir alle werden als normale Trinkflaschen geboren und wenn wir einmal verkauft sind, dann ist unser Schicksal meist besiegelt. Wir werden geleert und weggeworfen, eingeschmolzen und wieder neu geboren, bis in alle Ewigkeiten. Einen Sinn hat unsere Leben deshalb nicht wirklich, aber wir haben Träume. Wir wollen viele Dinge sehen, viele Menschen, viele Orte. Wir wollen Licht auf unseren Körpern spüren und die Dunkelheit sich in unserem Glas spiegeln lassen. Unsere Träume sind, verglichen mit denen unserer Schöpfer simpel, aber deshalb sind wir noch lange nicht unglücklich, im Gegenteil, wir freuen uns über jeden Moment, der unsere Träume ein wenig mehr erfüllt. Und der größte Traum, der in Erfüllung gehen kann, ist der, eine Nachricht übers Meer bringen zu dürfen.

Ich kann verstehen wenn das jetzt etwas seltsam klingt, sich zu wünschen wochen- oder monatelang auf dem endlosen Ozean zu dümpeln mit einer Nachricht im eigenen Körper deren Inhalt man nie erfahren wird, irgendwann an einem einsamen Strand angespült und dann niemals geöffnet zu werden, bis der Körper von irgendetwas zerstört wird. Ich gebe zu das klingt nicht großartig, aber es ist das aufregendste und schönste was einer Flasche widerfahren kann. Wir haben keine Bedeutung für euch, lediglich den Zweck Flüssigkeit aufzubewahren, doch wenn wir mit einem Brief auf das Meer entsannt werden, dann haben wir eine Bedeutung, mit einem Schlag sehen uns die Menschen hinterher, denken an uns wenn wir schon lange nicht mehr in Sichtweite sind. Unser sinnloses Leben hat damit einen Sinn und das macht es egal, wie lange man das Meer sieht oder ob man jemals ankommt. Das einzige was zählt ist, das da jemand ist der an einen denkt und vielleicht auch einer, der auf einen wartet und ich denke das kann jeder Mensch verstehen.

Ich wurde an ein junges Mädchen verkauft, sie kaufte nur mich und ich ließ meine Brüder im Laden zurück, wie schon einige andere vor mir. Ich war sehr aufgeregt, bisher hatte ich noch nicht viel gesehen, die Halle meiner Geburt, einen Transporter und einen Teil des Ladens.

Das Mädchen trug mich in der Hand und so konnte ich das erste Mal die Sonne und den Himmel sehen und ich habe Wärme gespürt. Ich habe Gras gesehen und viele Menschen und Blumen und sogar einen Vogel. Ich freute mich sehr, dass ich solch schöne Dinge in meinem Leben sah. Das Mädchen nahm mich mit zu sich nach Hause und stellte mich auf ihren Schreibtisch. Ich fühlte das ich ein gutes Schicksal hatte, denn ich konnte durch ein Fenster sehen und sah Wolken und in der Nacht den Regen. Ich habe das Mädchen schlafen gesehen und ich habe gesehen wie es gelebt hat, zwei Tage lang, bis ich geleert war. Ich wusste, dass ich bereits ein langes Leben hatte und ich war in meinem tiefsten Innern glücklich, als sie mich in ihren Rucksack packte.

Ich konnte nichts sehen, als ich darin war, doch ich erwartete den Tod, den ich erleiden würde, wenn ich in den Glascontainer geworfen werden würde. Mir gefiel diese Art des Todes, wenngleich ich ein wenig traurig war, das ich so nicht meine Erinnerungen mit anderen Flaschen würde teilen können, doch ich war gespannt wie mein Leben sein würde, wenn ich wiedergeboren werden würde.

Als das Mädchen schließlich anhielt und mich aus ihrem Rucksack zog, war da jedoch kein Container, wir waren am Strand. Aus einem anderen Teil der Tasche zog sie ein Stück Papier und ich begann zu ahnen was nun geschehen würde. Sie steckte den Brief in mich, verschloss mich mit einem Korken und ging bis zum Wasser. Sie hielt mich einige Sekunden in ihren Händen, bevor sie mich in das Wasser gleiten ließ, das weiß ich noch genau. Ich wusste, dass sie den Brief sehr liebte und ich hoffte, dass der Brief einen guten Menschen erreichen würde.

Sie hat mir lange nachgesehen und ich habe sie lange angesehen. Ich wünschte ich könnte sie hier beschreiben, doch leider sehe ich anders als ihr, weshalb eine Beschreibung nichts bringen würde. Ich will nur sagen, dass ich sie angesehen habe, bis sie ging.

Meine darauf folgende Reise dauerte sehr lange so weit ich das beurteilen kann. Das Meer ist sehr weit und ich habe viele Wellen gesehen und gespürt. Ich habe den gesamten Weg der Sonne sehen können und ich habe den gesamten Weg des Mondes sehen können, und ich sah jeden einzelnen Stern. Manchmal habe ich auch Vögel gesehen, einmal hackte einer der Schnäbel gegen meinen gläsernen Körper, doch ich gab meinen wertvollen Inhalt nicht frei.

Ich habe auch unter die Wellen geblickt und ich sah Fische. Nie zuvor sah ich Fische im Wasser und ich wusste, das ich als normale Flasche auch nie welche gesehen hätte und es machte mich glücklich sie zu sehen. Ich kann sagen, dass ich in diesen Wochen am glücklichsten in meinem ganzen Leben war. Ich hatte sogar so viel Glück eine andere Flaschenpost zu treffen, die mir, in der kurzen Zeit unserer Gemeinsamkeit von kaltem grauen Stein und der Macht des Windes erzählte. Ich erzählte ihr von dem Mädchen und von den Blumen und ihrem Schreibtisch. Wir trennten uns sehr bald und ich blickte ihr lange nach, mich fragend wohin ihre Reise gehen würde. Die Nachricht in meinem Innern verlieh mir eine Bedeutung und ich dachte oft an das Mädchen und überlegte ob sie auch an mich dachte. Viele Sonnen und Monde über meinem Himmel lang war ich auf dem weiten blauen Meer bis ich meinen Ankunftsort fand. Es war ein Ort den ich noch nicht gesehen hatte und von dem die andere Flaschenpost nichts gewusst hatte.

Das Land war schwarz wie die Dunkelheit die sie einhüllte und ich war mit einem Mal voll Furcht das mich niemand finden würde und die Träume des Mädchens das mich kaufte nicht wahr werden würden. Doch meine Angst war nur von kurzer Dauer, denn voll Freude sah ich das da zwei Menschen im schwarzen Sand saßen als warten sie auf mich.

Die Wellen und mein Schicksal spülten mich gegen den Fuß einer dieser Menschen. Er war sehr überrascht und ich ebenfalls, denn ich sah das er keine Träume für die Zukunft hatte. Er öffnete meinen Körper und nahm den Brief heraus. Ich habe sein Gesicht sehen können und ich sah dass er nicht lächelte als der den Brief las. Ich fühlte Trauer, das die Worte des Mädchens, denen sie mit so viel Hoffnung nachgeblickt hatte nicht beim Richtigen angekommen waren, doch da reichte der Junge den Brief an seinen Nachbarn weiter und sagte das der Brief für ihn wäre. Der Junge nahm ihn entgegen und dann hörte ich den Inhalt der Nachricht aus dem Mund des Jungen an den die Nachricht geschickt worden war.

Niemals zuvor habe ich geglaubt, dass eine Flaschenpost je erfährt was für eine Botschaft sie in sich trägt, doch ich hörte sie und in und ab diesem Moment fühlte ich mich seelig, weil ich nun keinen Traum mehr hatte, den es zu erfüllen gäbe.

Der Empfänger und sein Begleiter verließen mich nachdem sie den Brief gelesen hatten. Das war das letzte Mal das ich Menschen und Licht gesehen habe und das erste Mal das ich ein solch helles Licht gesehen habe. Seit dem her bin ich allein an dem schwarzen Strand über dem die Dunkelheit häng obwohl es das Licht sein sollte.

Doch ich beklage mich nicht, dass ich nicht immer noch auf einer Reise bin. Ich bin glücklich, dass ich all diese Erinnerungen in mir trage und sie so lange in mir tragen darf bis auch mein Leben ein Ende hat.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Eustass-Nanashi
2013-04-19T12:47:02+00:00 19.04.2013 14:47
Ganz allein steht sie da,
an dem mehr dem Hafen nah,
das Mädchen das dieser Stadt entflohen war.
Und der glaube war stark,
dass das Meer noch immer barg,
die macht ihrn Wunsch zu erfülln.
Der Wunsch tief in dir,
Los schreib ihn für ein Stück Papier und gebe ihn an das Meer...
Regret Message.... Ich hab's erraten, oder?
Schöne FF wundervoller Gedankengang und sehr schön geschrieben!
LG Nanashi


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