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Midsummernight-Princess

Eine Dunkelheit im Herzen
von

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Mitwirken

Und die Mauer bröckelte.
 

Ihre Tränen flossen weiter. Und ehe irgendjemand zu einem Wort ansetzen konnte, erbebte die Welt.

Terra schreckte auf und sah sich verwirrt um. Irgendetwas zog an ihr. Zog so fest … Und doch ließ Azur sie nicht los … Was war es? Was fühlte sich nur so an?

So zerrend, so fordernd, so unnachgiebig und bestimmend … Etwas …

Ein lauter Krach folgte. Ein Knallen.

Etwas brach. Ihr Blick fiel auf die Mauer aus Dunkelheit, die sie die ganze Zeit vom Eingang abgeschnitten hatte. Die Mauer, die in dieser Welt stand und Yurai hier beschäftigt gehalten hatte.

Sie fiel.

Die Mauer fiel.

Das Schwarz durchzuckte ein greller Lichtblitz und im nächsten Moment zersprang sie.

Doch niemand der hier Anwesenden kam in die Verlegenheit, von einem Stück getroffen zu werden. Ehe sie auch nur annähernd weit genug flogen, lösten sie sich in Nichts auf.

Staunen setzte sich in Yurais Gesicht ab.

„Das kann nur bedeuten …“, hauchte die Weiße Fee abwesend – doch sofort danach schnellte ihr Blick zu Terra, „Azur, Ihr müsst verschwinden“, forderte sie im Befehlston, „Die Welt hier wird Euch keinen Nutzen mehr bringen. Der Weg sollte nun gefahrlos frei sein.“ Ihr Blick blieb an Terra hängen. „Lebt für ein Mirai ein glückliches Leben.“

„Was ist mit Euch, Yurai? Ihr – ihr wollt doch nicht etwa ernsthaft hier bleiben?“, schnauzte Azur sie an, wobei er Terra fester an sich drückte, „Ich weigere mich, Euch zu töten.“

„Ganondorfs Scherge ist tot. Doch meine Schwester lebt in Terra. Es gibt für mich kein vollkommenes Leben mehr. Ich will sterben. Alleine wäre ich ohnehin nicht mächtig genug, Eurem Wunsch nachzukommen. Mein Leben hat keinen Sinn.“

„Azur …“, murmelte Terra.

Sie hatte sich entschieden. Die Mauer war gefallen. Bedeutete das, dass Link gewonnen hatte? Wen auch immer Link bekämpft hatte – er musste Ganondorfs Scherge gewesen sein. Derjenige, der Mirai getötet hatte. Derjenige, wegen dem Terra jetzt in dieser misslichen Lage war … Link hatte es geschafft. Mutig. Ohne Zögern.

Also war sie bereits gerächt. Außerdem … Sie wollte wirklich nicht mit dem Gewissen leben, allen Feen ihre Wesensart zu nehmen, nur dass … nur dass sie lebte …

Ihr Traum war in Erfüllung gegangen. Sie hatte alles erlebt, was sie erleben sollte. Alles gesehen, was sie sehen wollte. Zwar hatte sie einen neuen Traum erlangt …

Doch dieser Traum war ebenfalls wahr geworden.

Azur hätte auf ewig ihr Traum sein sollen. Doch diese Ewigkeit war kurz. Jetzt, wie er sie hielt … Es war dieses Gefühl, das sie einmal nur spüren wollte … Sie glaubte, sie liebte ihn. Nein. Sie wusste es. Es war Liebe.

Und … wie konnte sie ihre Liebe mehr beweisen, als für sein Glück zu sterben? … Wobei sie nicht starb. Sie gab sich nur auf. Mirai würde die Oberhand erhalten.

„Ich … Ich habe mich entschieden“, fügte sie leise hinzu, „Ich will, dass Mirai …“

„Nein!“, weigerte Azur sich sofort, „Nein, Terra! Wir finden eine andere Möglichkeit …“

„Ihr wärt ohnehin mein Vorgesetzter …“ Sie lächelte in sich hinein, „Und eine Fee – ich bin ein Mensch … Ich …“

„Ich bin auch ein Mensch, Terra! Solange du Terra bist …“

Sie unterbrach seinen Protest. „Ja, hier liegt das Problem“, gab sie zu, „Ihr seid in Wahrheit eine Fee und an eine Lüge gefesselt. Ich will nicht, dass Euer Volk und Ihr nur meines Egoismus’ wegen leidet.“ Sie sprach leise. Sie wusste nicht, ob Yurai sie hören konnte oder nicht … Sie wusste nur, dass ihr Herz ihr sagte, dass es das Richtige war. Sie wusste aber auch, dass ihr Herz zerbrechen wollte, wenn sie nur daran dachte, Azur zu verlassen. „Außerdem seid Ihr ein König … Ihr habt Pflichten …“

Er hielt sie fest. Und er antwortete nicht sofort. Aber dann legte er seinen Kopf an ihre Schulter und flüsterte nur für sie hörbar. „Ich würde meine Pflichten für diejenige, die ich liebe, vernachlässigen …“

Sie wollte nun selbst protestieren, doch er fuhr fort: „Doch … mein Volk soll es sein, welches ich liebe … Nicht wahr? Das willst du mir jetzt sagen.“

„Ja …“, stimmte sie ihm leise zu.

„Du willst tatsächlich für mich sterben – für mein Volk?“, wollte er von ihr wissen – mit gedämpfter Stimme.

„Ja“, antwortete sie ihm ehrlich. Und sie konnte ihre Ruhe selbst kaum fassen.

„Ihr wollt mir tatsächlich diese Last aufbürden … dass ich Euch nicht beschützen konnte?“, fuhr er kaum hörbar fort.

„… Ich muss. Ansonsten hätten wir beide eine Last zu tragen, die alle betrifft … So … So können wir den Kreis der Betroffenen klein halten … So … ist es am besten …“, bestimmte Terra ruhig. Sie wusste nicht, wie sie es schaffte, so ruhig zu bleiben.

Sie würde sich aufgeben. Sie würde Mirai alles überlassen. Terra wäre nicht mehr existent. Sie würde … sich auflösen … Nur noch eine Erinnerung sein …

„Wie viele Opfer möchte Ganondorf mir noch abverlangen?“, fragte Azur leise - verbittert.

Dann richtete er sich auf, wobei er Terra mit sich nahm, ohne sie loszulassen.

Sie fühlte sich so geborgen bei ihm. So sicher … Und doch war sie gerade dabei zu entscheiden, ihre letzten Sekunden bei ihm zu verbringen …

„Ich würde es lieben, meiner Schwester wieder begegnen zu können“, sagte Yurai sachlich, als Terra wieder stand, „Doch würde meine Schwester es hassen, dieses Opfer ihretwegen angenommen zu haben. Den Feen entsteht kein Schaden.“

„Sogar die loyalsten Feen, die ich habe, diejenigen, die mit mir am Schiff waren, um Euch zu finden …“, begann Azur ruhig, „Sogar sie haben es bedauert, Mensch zu sein … Nun bedauere ich es, Terra in all dies hineingezogen zu haben … Es ist meine Schuld. Alles. Jede Entscheidung ist die falsche. Und doch entscheide ich.“

„Als König muss man weise Entscheidungen fällen, um für das Wohlsein des Volkes garantieren zu können“, stimmte Yurai ihm zu, „Ihr wollt Mirai wirklich ihre Kräfte zurückgeben und dafür das Mädchen, das Ihr liebt, opfern?“

Das Mädchen, das er liebte … Sie … Terra ...

„Nein“, kam Terra Azur zuvor, „Er opfert mich nicht. Ich will den Fehler, den ich gemachte habe, rückgängig machen. Ich will, dass Mirai frei sein wird.“

„Ihr scheint anderen Leuten gerne Schuld aufzubürden“, schloss Yurai daraus, „Anstatt Euch selbst damit zu belasten …“

„Ist es feige oder mutig?“, fragte Terra daraufhin, ohne sich zu ihr umzudrehen. Sie hatte der Fee noch immer den Rücken zugewandt, da Azur sie im Arm hielt. Sie sah zu ihm hoch. Seine azurblauen Augen sahen sie besorgt und untröstlich traurig an. Und doch hatte er Entschlossenheit im Gesicht stehen. Er würde es ihr erlauben zu sterben … Er würde es ihr schwer machen … Doch … Er war ein König. Sie musste sterben. Das Ende war klar.

Er würde sich ewig die Schuld daran geben. Yurai und Mirai ebenso … Doch … War es besser, drei Leuten eine Schuld aufzubürden, für die sie gar nichts konnten, oder einem ganzen Volk ein Leben abseits ihrer Welt aufzuzwingen? Wäre das etwa eine kleinere Schuld?

Nein. Terra musste es tun.

Yurai lachte leise. „Welch weise Frage …“, kommentierte sie seltsam bedrückt, aber auch ein wenig amüsiert, „Aber die Antwort, die ich Euch lediglich geben kann, lautet: grausam.“

Grausam. Das richtige Wort. Zur richtigen Tat. Nicht wahr?

„Damit habt ihr recht“, gab Terra zu. Danach lächelte sie Azur aufmunternd an. „Ihr werdet der beste König sein, den die Feen jemals hatten.“

„Du bist die mutigste Frau, die mir je begegnet sein wird“, antwortete er leise, „Danke, Terra … Ich … Ich danke dir von ganzem Herzen … Deine Entscheidung … sie …“

Sie unterbrach ihn, als er stockte: „Ihr braucht nicht weiterzureden …“, erklärte sie ihm lächelnd, „Ich … Ich glaube, ich weiß, dass Ihr mir dankt und …“

„Jemand, der so viel mehr Mut beweisen kann, als ein anderer sonst … Jemand, der bereit ist, solche Entscheidungen zu fällen … er braucht vor niemandem zu knien“, beschloss er.

„Ich danke dir“, bestätigte sie ihm erfreut, „Ich … liebe dich …“

Sie liebte ihn. Wirklich. Von ganzem Herzen.

„Terra …“, sagte er leise, bekümmert, wobei Tränen in seine Augen stiegen.

„Ihr habt Euch wahrhaftig entschieden“, stellte Yurai leicht erstaunt fest. Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Ich danke Euch, Terra … Vielen Dank …“

Sie drehte ihren Kopf zu Yurai um und lächelte. Dann bemerkte sie, dass der Weißen Fee Tränen in den Augen standen, obwohl ihr Mund glücklich nach oben gezogen war.

Sie lehnte ihren Kopf an Azurs Brust und genoss diesen Augenblick für einen kurzen Moment. „Vielen Dank, Azur …“

„Du brauchst dich nicht zu bedanken …“, murmelte er, „Du wirklich nicht …“

Sie lachte kurz und leise darüber. „Natürlich muss ich … Und ich muss mich entschuldigen …“ Sie ließ ihm keine Zeit für eine Antwort. „Es tut mir leid, dass ich nicht bei dir bleiben kann.“ Und mit diesen Worten schnellte sie auf und küsste ihn auf die Lippen.

Er erwiderte den Kuss.
 

„Terra, komm schon – komm schon!“, bettelte Entari, welcher sich schon die ganze Zeit über sie gebeugt hatte. Sie hatte das Mädchen auf den Boden gelegt, um mit einfachen Reanimationsmaßnahmen zu beginnen und sie zu versorgen.

Zherenh wandte den Blick von der Szenerie ab.

Azur hatte keine äußeren Verletzungen … Sie wussten nicht, weshalb er einfach nicht erwachte … Und Yurai ebenfalls nicht. Es waren nur beide voll mit Blut. Über und über … bedeckt mit Terras Blut, immerhin war nur Terra verletzt. Sie hatte viele Prellungen … aber am schlimmsten war die Stichwunde.

„Sie hat sich vor Yurai geworfen … Sie hat nicht vor Schmerz zurückgeschreckt … Sie …“, wiederholte Zherenh fassungslos, „Sie war doch nur ein Mensch! Wieso hat sie das getan?“ Sie fühlte sich ohnmächtig. Während sie herumgestanden hatten, um einem verschwundenen Eingang nachzutrauern, hatte sich eine Außenstehende für ihr Volk geopfert.

Kilass war in etwa gleich erschüttert wie sie. Er sah zerstört aus. Völlig am Ende.

Es hatte seine Zeit gebraucht, bis sie ihn überhaupt dazu bringen konnte, ihr etwas zu erzählen.

Er hatte die Bordwachen benachrichtigt. Sofort waren sie mit medizinischer Versorgung zu Terra gekommen.

„Wenn wir nur Feen wären!“, zischte Zherenh angewidert, „Es wäre kein Problem! Nicht der Hauch eines kleinen Problems!“ Sie fühlte sich, als müsste sie etwas zerstören, um sich wieder zu beruhigen. Es war Verzweiflung …

Was sollten sie tun? Was nur?

Kilass weinte ununterbrochen, seit er die Geschichte mit Terras tragischem Opfer beendet hatte. Sein Tun tat ihm aufrichtig leid ... Kein Zweifel daran.

Terra … Azur … Yurai …

„Zherenh!“, ertönte eine Stimme von der Tür.

Sie wandte sich um. Es war Gardam.

„Was ist …“ Er stockte, als sein Blick auf die Szenerie am Boden fiel. „Oh, ihr Göttinnen! Retro!“ Er sah zu Zherenh. „Was hat das …? Wieso …?“

Er wirkte ehrlich betroffen. Geschockt.

„Eine lange Geschichte“, sagte Zherenh kühl. Es durfte kein Unmut verbreitet werden. Es war schon genug, dass die Wachen Kilass’ Aktion nicht bemerkt hatten. Es war auch genug, dass sie alle, die wussten, was sich hier abspielte, sich tierische Sorgen um die drei machten. Es brauchte nicht auch noch der Trupp in Sorge gestürzt werden.

Orb kam hinter Gardam hinein. „Zherenh, der Eingang ist wieder da.“

Wenn Orb sowieso herkam … Wieso nahm er dann Gardam mit? Sie hatten sich darauf geeinigt, dem Trupp nichts von ihrer Entdeckung zu erzählen, bis es vorbei war!

Wahrscheinlich hatte er darauf bestanden, dass es alleine zu gefährlich für Orb war. Gardam eben. Aber … besser er, der Nerven beweisen konnte, als jemand, der sofort in Panik ausgebrochen wäre.

„Und?“, hakte sie nach. Zumindest eine gute Nachricht. Ihr Blick fiel auf Azur, den sie auf eine Matte gelegt hatten, sodass er bequemer liegen konnte.

„Ganondorf und Mirai sind dort. Wir haben die ganze Höhle durchforstet – keine Spur von einer Mauer oder von einer anderen Gefahrenquelle. Ganondorf ist weiterhin tot.“ Er holte tief Luft. „Sollen wir ihn …?“

Zherenh schüttelte den Kopf. „Nein … Ich glaube nicht, dass dies unsere Bestimmung ist“, wandte sie unsicher ein. „Hoffen wir, dass Azur bald erwacht … Oder noch besser: Yurai …“

„Zherenh“, erklang Orbs Stimme fest, „Mirai ist tot“, brachte er schwer über die Lippen.

Sie fuhr herum und starrte ihn entsetzt an. „Was?“

„Mirais Herz schlägt nicht mehr. Ihr Körper ist tot. Sie ist lediglich ein kleines Feenwesen, kaum mehr als eine Faust groß … Ihre Augen sind geschlossen … Nichts deutet darauf hin, dass sie noch am Leben ist …“ Er wirkte bestürzt.

Gardam, Orb und sie sahen synchron zu Yurai. „Ist das der Grund, weshalb sie nicht mehr erwacht?“, hauchte Zherenh leise.

„Es ist der Grund, weshalb ich sie töten musste …“, wandte sich Kilass plötzlich ein. Seine Stimme wirkte fest, im Gegensatz zu seinem Gesicht, das noch immer Trauer und Entsetzen widerspiegelte, als Zherenh ihn ansah.

Er hatte ihr seine ganze Geschichte erzählt. Sie konnte verstehen, weshalb er so gehandelt hatte. Er hatte Terra verletzt. Er behauptete, er hätte es getan, dass sie endlich wegging. Er leugnete nicht, dass er sie nicht ausstehen hatte können … Doch er beschwor auch, dass er sie niemals hätte wirklich töten wollen. Dass sie … einfach vor sein Schwert gesprungen war, als ihn die Verantwortung wieder gepackt hatte. Er hatte scheinbar nur nicht wollen, dass sie Yurais Tod mit ansehen musste – oder dass sie den Befehl sogar durchkreuzte. Was ihr wohl gelungen war.

Doch zu welchem Preis?

„Nein … Wir können die Weiße Fee nicht töten“, sagte Zherenh ruhig, „Was auch immer sie sagt … Wir dürfen nicht. Der Feenkönig soll entscheiden, ob es geschieht. Und solange wir keinen König haben …“

„Was, wenn er mit ihr gefangen ist?“, wollte Gardam wissen, „Was, wenn wir ihn nur erwecken können, indem wir sie töten?“

„Lasst uns hoffen, dass dem nicht so sein möge.“

„Zherenh …“, sagte Orb leise und unsicher, „Ohne die Zwillingsfeen … Werden wir jemals wieder …?“

Sie senkte den Blick zu Boden. Sie wusste es nicht. Sie wusste nicht, ob sie jemals wieder zu Feen werden konnten. Sie wusste es nicht …

„Kyrion!“, erklang Entaris überraschte Stimme.

Und zwanzig Augen standen auf den König der Feen gerichtet, welcher sich erhob.

Weinend.
 

Taro hatte es aufgegeben, auch nachdem Colin wieder weg war. Bettys Blick hatte ihm alles erklärt: Link. Link und noch einmal: Link!

Konnte Betty nicht einfach damit zufrieden sein, dass Link Ilya heiraten würde oder zumindest die Dämonenfrau, die …

Die Taro getroffen hatte.

Taro hatte sie gesehen. Damals.

Lange war es her – bestimmt schon einen Monat.

Seit Link verschwunden war. Der Tag, an dem er so wütend war.

Warum hatte er das vergessen?

Link! Er musste ihn warnen! Diese Frau konnte Gedanken lesen … Wenn sie gut war – warum hatte sie ihn dann nicht einfach gefragt? Warum hatte sie ihm außerdem seine Wut auf Link genommen? Gut, das sprach für Güte, aber …

Wenn er nicht wütend auf Link war, dann war er für einen hinterlistigen Plan viel effizienter, da man ihm die Aufgabe über Boros Stein anvertrauen hätte können.

Boros Stein.

Ilya.

Warum hatte er nach Boros Stein suchen müssen, wenn er doch Boro …

Hatte diese Frau ihm etwa seine Erinnerungen an Boro gestohlen?!

Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Nicht an Boro.

An Ilya.

Ilya. Sie war nicht im Laden. Sie war nirgendwo.

Einen ganzen Monat lang … Sie war …

Prinzessin Ilya.

Es gab keine Prinzessin Ilya. Ihr Name war Zelda.

Zelda. Nicht Ilya.

Wie … Warum?

Alles war nur auf diese schwarze Person zurückzuführen! Auf diese Dämonin, die Link mitgebracht hatte! Dieser Link! Alles machte er kaputt! Er war so ein Idiot! So ein verdammter Narr! Immer bekam er alles, obwohl er alles vernichtete! Hätte er sie nicht eingeschleust – Ilya wäre hier gewesen! Link wäre hier gewesen! Link hätte Ilya geheiratet, Betty wäre für ihn frei geworden!

Dieser verdammte Link! Er hasste ihn so sehr!

Er sprang vom Bett auf, zog sich seine Sachen an und marschierte nach draußen. Weder Maro noch seine Eltern schienen etwas zu bemerken. Zumindest sagte niemand etwas. Gut so.

Vor seinem Haus kam er zum Stehen. Er würde sie jetzt wohl zweifelsohne wecken.

Doch es war es wert.

Und er rief: „Link, ich hasse dich!“

Es tat gut, so etwas zu schreien.

Er war immer nur zornig auf Link. Aber dieser Hass … Er fühlte sich einfach gut an. Dieser Hass auf jemanden, den man hasste. Der freie Hass. Nicht mehr unterdrückt.

„Und Ilya ist fast so heiß wie Betty!“, fügte er hinzu. Er lachte laut.

„Und unsere Prinzessin heißt Zelda! Zelda, hört ihr das, ihr alle? Zelda ist ihr Name!“

Er kicherte – dann grinste er spitzbübisch.

Er fühlte sich komplett.

Sein Blick fiel auf das … Geisterhaus. Es war Ilyas Haus. Dort hatte sie mit Boro gelebt, bis dieser gestorben war.

„Taro!“, erklang eine Stimme von weiter Ferne.

Er machte Colins Stimme aus. „Ilya!“, rief Taro als Antwort, „Ilya ist wieder da!“ Taro grinste noch breiter. Er konnte sich an Ilya erinnern. Ilya hatte sich immer um ihn gekümmert. Er verdankte ihr seine guten Manieren. Oder zumindest das, was davon übrig war.

„Was?!“, rief Colin überrascht, „Sie ist wieder hier?! Wo!?“

Jetzt lachte Taro lauthals. „Du Idiot!“, beleidigte er seinen Freund scherzhaft, „In meinem Kopf!“

Colin rannte über die Brücke zu Taro. „Du solltest leiser verrückt sein, Taro“, gab er ihm ruhig den guten Rat, als er ihn erreichte, „Es ist spät. Du weckst Lin auf. Und …“ Jetzt grinste der Junge auch. „Ja! Sie ist wieder da! Es war so seltsam ohne Ilya, weißt du … So leer – als würde etwas sehr Wichtiges in meinem Leben fehlen!“ Jetzt lächelte er. „Ich konnte es nicht benennen … Aber jetzt …“

„Ilya“, stimmte Taro ihm zu, „Sie ist wie eine Schwester für mich. Und für Link ist sie die perfekte Ehefrau. Ich hoffe, die beiden werden glücklich.“

„Du willst doch nur Betty für dich haben“, kommentierte Colin seine Worte schelmisch lächelnd.

„Wa – was?!“, fragte Taro stotternd. Er fühlte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Woher wusste dieser Knirps davon?! Was bildete er sich ein!? Er … und … Er … er …

„Jeder weiß es, Taro“, sagte Colin wissend, „Sogar Betty.“

Wie peinlich …!

„Aber …“, protestierte Taro zögernd.

Doch Colin unterbrach ihn und sah ihn an wie ein Lehrmeister seinen Schüler: „Sie wird auf dich zurückkommen, wenn Link Ilya geheiratet hat.“

„Denkst du, es wird bald soweit sein!?“, fragte Taro aufgeregt.

Colin zuckte mit den Schultern. „Ich kenne Meister Links Gefühle nicht so gut, wie ich es mir wünschen würde“, sagte Colin bedacht, „Doch … Ich denke, er wird nicht mehr lange warten. Vor allem, da er sie jetzt gerettet hat …“ Er lächelte. „Eine dramatische Rettung ist doch immer ein guter Grund für eine Hochzeit, oder?!“ Jetzt hatte Colin all seine Würde wieder verloren und wirkte munter, aufgeweckt und hibbelig wie immer. Seltsam.

Aber Taro nickte – ebenfalls bedächtig. „Wenn du das sagst …“

Er würde bei Betty landen! Er würde! Was für eine Nacht!

Wenn Colin das sagte, musste das doch stimmen!

Moment.

Seit wann hörte er auf Colin?
 

Der Körper fiel ihm entgegen. Reflexartig fing er ihn auf, obwohl Link geistig noch nicht ganz da war. Alles wirkte so verschwommen. Unwirklich. Doch nicht einmal halb so unwirklich wie das Gesehene. Die Erinnerungen …

Shan …

Er sah auf den Körper in seinen Armen. Unverkennbar. Der Nebel verschwand. Die Sicht wurde wieder klar.

Shan lehnte an ihm, ohne sich zu regen. Sie wurde nur von ihm gehalten.

In ihrem Körper steckte ein Schwert. Sein Schwert. Blut klebte an seinen Händen. An seinem Schwert. An seiner Kleidung.

Ihr Blut.

„Shan!“, rief er entsetzt, „Shan, wach auf!“

„Link!“, erklang Ilyas Stimme. Plötzlich stand sie neben ihm. „Die Barrieren sind gefallen …! Was ist …?“ Scheinbar war ihr Blick auf Shan gefallen. „Oh nein …“

„Wir müssen ihr helfen!“, rief Link bestürzt, „Schnell!“

Ein Mann kam zu Link herüber. Er nahm ihm Shan ab. Doch Link ließ sie sich nicht so einfach nehmen. Er half dem Mann.

Zusammen hoben sie Shan hoch und transportieren sie vorsichtig zur Tribüne. Sie setzten sie ab. Ohne dass es ihr jemand vorschlug, setzte Ilya sich auf den Boden vor ihnen, sodass sie Shans Kopf auf ihren Schoß stützen konnten. Zelda war ebenfalls herbeigeeilt.

Zelda.

Sie würde ihr helfen können. Würde sie doch, oder?

Sie hatte auch Midna helfen können … Doch der Preis …

Link wollte nicht daran denken.

Er musste sich ablenken. Musste etwas tun. Doch was?!

Link schaute den Mann an. Er kannte ihn. Es war der Wachmann, der Shan einst erschossen hatte. Claude war sein Name. Sein Blick durchforstete den Raum.

Thelma, Feconi … Sie sahen ihn betrübt an, standen vor ihm. Dann schauten sie zu Shan. Thelma kannte Shan … Claude kannte sie. Miralle, Arithmeta.

Alle waren da. Regena, ihre Enkelin … die blonde Krankenschwester und das Schwertmädchen. Jeder hier kannte Shan. Alle erkannten sie.

Alle …

Nur Terra fehlte. Dann wären seine Reisekumpane komplett.

Er sah zu Shan.

Sie fehlte. Sie musste überleben! Sie durfte nicht sterben! Er hatte ihr versprochen, dass er sie hier behalten würde! Das war sie ihm schuldig.

Zelda hatte sich neben Shan gekniet. Das Triforce auf ihrer Hand leuchtete.

„Ich bin Krankenschwester!“, rief die Blondine, „Ich helfe …“

Sie lief zu Shan hinüber. Hinter ihr trotteten das Mädchen, das Geisterwächterin gespielt hatte, und Regenas Enkelin her. Die beiden erhielten einen Befehl von Ilya. Sie halfen.

Regena selbst stand in der Nähe und schüttelte den Kopf. Jeder der Leute, die sich hier versammelt hatten, schien nur auf einen Auftrag zu warten.

Sie wollten Shan helfen. Ihm helfen …

Die Frauen kümmerten sich um Shan. Wie konnte er ihr helfen …? Wie …?

Terra. Shan hatte von Terra gesprochen. Terra war in Gefahr. Was hatte sie gesagt …?

„Für wen ich mich entscheide …“, murmelte er, als er sich an Shans sanfte Worte erinnerte.

Er schüttelte hastig den Kopf. „Für wen ich mich entscheide!“, rief er leicht wütend, wodurch ihm die Aufmerksamkeit aller außer der Heilerinnen gebührte, „Für wen soll ich mich deiner Meinung nach entscheiden!? Ich entscheide mich nicht zwischen Freunden!“, schrie er in Shans Richtung, „Ich werde euch beide retten! Nein – euch alle!“

Miralle ging zu Link. „Link … Was auch immer passiert ist … Es scheint dich mitgenommen zu haben …“, stellte sie mitfühlend fest, „Doch … du scheinst gesiegt zu haben! Und Shan bekommen wir auch wieder hin. Ganz sicher …“

Sie meinte es nur gut. Aber sie schien gar keine Ahnung zu haben! Er war es – er hatte Shan so zugerichtet! Es war seine Schuld, dass sie jetzt so da lag. Sterbend.

Dass sie sterben wollte. Dass sie starb … Dass … dass sie enttäuscht war …

Link war wütend. So wütend. War es Ohnmacht, was er fühlte? Was war es? Er war so wütend! Warum … warum musste er sich entscheiden? Warum musste alles so weit kommen?

Shan … Terra …

„Ilya?“, fragte er – Miralle ignorierend. Er wusste nicht, was er ihr sagen sollte.

Seine Freundin schaute auf. Sie wirkte besorgt. „Ja, Link?“

„Bitte – bitte sorgt dafür, dass sie lebt!“

Ilya lächelte daraufhin zuversichtlich. „Natürlich! Wir werden alles geben!“

„Was habt Ihr jetzt vor?“, wollte Claude von ihm wissen, welcher seinen Weg zu Miralle gefunden hatte, die ein wenig bedrückt wirkte.

„Ich muss eine andere Freundin retten. Terra …“

„Terra retten?“, fragte ein anderer. Als Link sich zu ihm drehte, erkannte sie Terras Vater, welcher bei dessen Eltern stand, „Was ist mit Terra?“

Er schüttelte den Kopf. „Shan hat mir erzählt, dass Terra in Gefahr wäre. Ich muss ihr helfen.“

„Wenn Terra …“, begann die Großmutter – Tearra? – giftig, doch Maunten unterbrach sie barsch: „Bitte sorge dafür, dass meiner Tochter nichts widerfährt.“

„Ich verspreche es“, sagte Link kühn, entschlossen und aufrichtig.

Und der Ring zeigte seine zauberhafte Wirkung.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  fahnm
2013-02-09T00:52:55+00:00 09.02.2013 01:52
Spitzen Kapi^^
Von:  -Ciel_Phantomhive-
2013-02-08T14:28:05+00:00 08.02.2013 15:28
Nun vielleicht sollte Ilya etwas passieren, denn dann wären alle glücklich -.-
Denn sie scheint Link ja eh grad egal zu sein. Denkt er doch nur an Shan oder Terra...
*sfzt*
Nun ja dennoch wieder ein tolles Kapitel und wie immer warte ich aufs nächste.

Liebe Grüße -Ciel_Phantomhive-



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