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Noblesse

von

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Auf Umwegen

Seit Alexis ein kleines Kind war, hatte er sich vom Lied des Regens in den Schlaf singen lassen.

Aber in dieser Nacht war alles anders. Der Sturm heulte wie ein wildes Tier um das Anwesen auf der Lichtung, ließ die Äste der Bäume zusammenkrachen und die Stämme unheilvoll zittern. Zuckende Blitze zerschnitten den Horizont und waren gleißende Vorboten des ohrenbetäubenden Donners, der ihnen folgte. Wie kleine Fäuste schlugen abertausend Tropfen gegen das Fenster, rüttelten am Rahmen und hielten Alexis wach.

Die ungewohnte Umgebung tat ihr Übriges.

Unruhig und von einer unbekannten Angst getrieben, stand der junge Lord auf, schlüpfte flink in Hose und Hemd und verließ das Zimmer, nicht ohne einen letzten Blick auf seinen schlafenden Liebhaber zu werfen.

Die Gänge des fremden Hauses waren dunkel und zugig. Dicke Wolken verdeckten den Mond und das einzige Licht kam vom glimmenden Kamin in der Vorhalle. Auf leisen Sohlen folgte Alexis dem unruhigen Flackern, stieg die Treppe hinab und sah sich um.

Wie am Abend vermutet war die Einrichtung des einsamen Hauses äußerst prunkvoll und opulent. Große Leuchter, verziert mit vielerlei Kristall, hingen von den hohen Decken. Golddurchwirkte Teppiche lagen auf dem dunklen Parkett und gaben dem Raum eine gemütliche Atmosphäre.

Die Wände, mit vielen Gemälden behangen, waren mit dunkelrotem Samt bespannt der im flackernden Licht geheimnisvoll glänzte. Die wenigen Möbel waren mit Bedacht ausgewählt und passten ausnehmend gut zueinander: jedes war auf seine Art besonders und besaß seinen persönlichen Charme.

Aber nichts desto trotz gab es hier nichts, was für Alexis von Interesse gewesen wäre oder ihm Anlass zur Unruhe hätte geben sollen. Das ganze Haus, ausgenommen ihn, schien in friedlicher Ruhe zu schlummern und der junge Lord beschloss mit einem Seufzen, wieder in das gemütliche Bett zurückzukehren. Er schalt sich in Gedanken, überhaupt aufgestanden und damit einem urtümlichen und lächerlichen Verlangen nach Kontrolle nachgegangen zu sein und war eben auf dem Weg nach oben, als sich die Tür zum Salon schwungvoll öffnete.

Jeffrey, ihr rundlicher Gastgeber, stand, in einen langen Mantel gekleidet, im Raum und zwinkerte ihm lächelnd zu.

„Könnt Ihr nicht schlafen junger Mann?“, fragte er und seine Stimme drang schwer und voll an Alexis' Ohr. Er schüttelte den Kopf.

„Ich war nur ein wenig unruhig mein Herr, sorgt Euch nicht.“ Der junge Lord mochte den kleinen Dicken, schon allein weil er ihnen so bereitwillig Unterschlupf gewährt hatte. Trotzdem fühlte er sich peinlich berührt, ertappt worden zu sein und nun musste er sehen, wie er möglichst glimpflich aus dieser Misere kam.

„Ihr braucht Euch nicht zu verstecken Alexis. Schlafstörungen sind keine Schande. Schaut mich an, ich schlafe so gut wie nie.“, antwortete Jeffrey und schwang einen Becher durch die Luft. „Aber es gibt ja auch weit bessere Dinge, mit denen man eine Nacht verbringen kann, nicht wahr?“

Er nahm einen kräftigen Schluck aus dem Zinngefäß und machte eine einladende Geste. „Wenn ihr wollt kommt doch herein, ich vertreibe mir die Zeit mit unnötigen Grübeleien und bin über jede Ablenkung glücklich.“ Jeffrey zwinkerte noch einmal und verschwand wieder im Salon, hielt aber die Tür für seinen Besucher offen.

Hin und her gerissen biss sich Alexis auf seine vollen Lippen. An Schlafen war spätestens nach der Unterhaltung nicht mehr zu denken und die Neugier, was sich hinter Jeffreys heiterer Fassade verbarg wuchs mit jedem Moment. Alexis war sich sicher, dass sein dicklicher Gastgeber nur halb so unbeschwert durchs Leben taumelte, wie er vorgab und diese Nacht war vielleicht die einzige Chance herauszufinden, wer Jeffrey wirklich war und welche Rolle er in Samuels Revolutionsplänen spielte.

Vorsichtig ging er die eben erklommenen Stufen wieder hinab und folgte der Einladung in den prächtigen Salon.

Für einen Moment verschlug es Alexis beim Eintreten die Sprache, dann atmete er tief ein und sah sich staunend um.

Das Innere des großzügig geschnittenen Raumes glich dem, was Alexis aus den Erzählungen seiner Mutter kannte. Seidene Tücher in sanften Farben hingen von der Decke wie ein gewaltiger Baldachin. Goldene Ornamente umrankten die Wände gleich lebendigen Pflanzen und verbanden sie auf geheimnisvolle Weise mit dem breiten Kamin. Dicke Teppiche auf dem Boden dämpften jeden Schritt und verursachten ein herrlich wonniges Gefühl unter den Füßen. Kissen, groß wie ein erwachsener Mann, lagen überall verteilt und dienten offensichtlich gleichwohl als Sitz- und Schlafgelegenheiten. Die niedrigen Tische in der Mitte des Raumes trugen Tabletts voller unbekannter Speisen und Getränke und der süße, schwere Duft von Räucherwerk hing in der Luft.

„Mein persönlicher kleiner Harem, ich hoffe es gefällt Euch.“, hieß ihn Jeffrey willkommen und winkte ihn zu sich heran. Er war tief in die nachgebenden Kissen versunken und wirkte kleiner denn je. Alexis musste unwillkürlich lächeln und folgte der Einladung.

Mit unterschlagenen Beinen ließ er sich zu Jeffreys Rechten nieder und beäugte die Auswahl auf den Tabletts.

„Bedient Euch ruhig junger Mann, es ist reichlich da.“, lud ihn sein Gastgeber ein und auch diesmal folgte Alexis der freundlichen Geste.

Er griff nach einem weißen Törtchen und biss herzhaft hinein. Der junge Mann stöhnte auf.

Honig, Toffee und Sahne verschmolzen in seinem Mund zu einer unerträglichen süßen und köstlichen Einheit. Weich und locker lag der Teig auf seiner Zunge, umschmeichelte seine Sinne und er biss ein weiteres Mal hinein. Schokolade, weiß wie Schnee, zerbrach knackend zwischen seinen Zähnen und flutete seine Zunge erneut mit exotischen Aromen und einem Hauch von Würze. Mit geschlossenen Augen, all seine Sinne nach innen gerichtet, genoss Alexis diese außergewöhnliche Köstlichkeit und fand erst mit Jeffreys Kichern zurück in die Wirklichkeit. „Ihr habt einen guten Geschmack lieber Alexis, nur wenige wissen die exquisite Auswahl an Zutaten zu schätzen.“, sagte er lachend und reichte seinem Gast ein zweites Törtchen.

„Danke. Es ist wirklich vorzüglich.“, antwortete Alexis höflich und unterdrückte innerlich den unbedingten Impuls, seine langen Finger abzulecken.

„Es wundert mich nicht, dass Ihr die Tortê mögt, denn sie stammen, wie Ihr, aus Persien.“

Alexis schluckte hastig den köstlichen Bissen hinunter und maß sein Gegenüber mit einem schnellen Blick.

„Hat Euch Samuel von meiner Herkunft erzählt?“, fragte er wachsam und hoffte inständig, dass der rundliche Mann in den Kissen nicht in seine Familiengeschichte eingeweiht war. Die Angst, erwischt und wieder zurück zu seinem Vater gebracht zu werden, wuchs mit jedem Mitwisser.

Zu Alexis' Erleichterung schüttelte Jeffrey jedoch seinen dicken Kopf.

„Nein, um ehrlich zu sein ging ich davon aus, der Herzog würde allein kommen. Erst im letzten Moment erhielt ich Kunde, dass Ihr ihn begleiten würdet.“, antwortete er und räusperte sich augenzwinkernd. „Aber Samuel ist immer wieder für eine Überraschung gut. Was Euch, junger Freund, allerdings verraten hat, ist Eurer, mit Verlaub, sehr exotischer Anblick.“

Alexis unterbrach sich kauend und runzelte die Stirn. Mit einem Mal wurde ihm klar, wie hinderlich sein besonderes Aussehen werden konnte. Er mochte sich, hatte sich immer schon gemocht, aber jetzt wünschte er sich zu ersten Mal, er würde aussehen wie alle anderen. Seine dunkle Haut und die hellen Augen, das ebenholzfarbene Haar und der leichte Schimmer, der seine Haut stets umgab, würde ihn in jeder Menschenmenge einzigartig machen, ganz egal wie groß sie war.

Er seufzte.

„Bitte Alexis, ich wollte Euch nicht beleidigen.“, sagte Jeffrey und hob beschwichtigend seine ringbesetzten Hände. Alexis schüttelte den Kopf.

„Lasst uns über etwas anderes reden, ja? Sagt mir, warum Ihr hier draußen in der Einsamkeit lebt.“, antwortete Alexis matt und versuchte die nagenden Gedanken in einem belanglosem Gespräch zu ersticken.

„Nun, ich bin kein Freund von neugierigen Blicken und Menschen, die sich den ganzen Tag das Maul darüber zerreißen wer bei mir ein und aus geht.“, antworte Jeffrey nüchtern und füllte seinen Becher mit einer goldenen Flüssigkeit. „Die Menschen hier in England sind schrecklich borniert und erstaunlich konservativ. Privatsphäre scheint ihnen ein Fremdwort zu sein und ich bin es leid mein Leben mit Stümpern zu teilen.“ Er machte eine kurze Pause und ließ seine dunklen Käferaugen über Alexis' schönes Gesicht wandern. „Außerdem tut mir die frische Luft hier draußen mehr als gut.“

Der junge Lord nickte abwesend und nippte an dem für ihn vorbereiteten Becher. Ein schwerer, süßer Geschmack breitete sich auf seiner Zunge aus und der Wein schien ihm fast augenblicklich zu Kopf zu steigen. Er seufzte. „Woher kennt Ihr denn Samuel?“

Über Jeffreys Gesicht huschte ein wissendes Lächeln und er legte die dicken Finger in einer schwungvollen Geste aneinander. „Ich habe lange Zeit als Spitzel in verschiedenen öffentlichen Ämtern gearbeitet. Meine Beziehungen bis ganz nach oben waren dabei sehr hilfreich.“, er schmunzelte ein wenig und nahm einen neuerlichen Schluck des goldenen Weins. „Wir hatten eine ganze Zeit lang viel miteinander zu tun und ich muss gestehen den Herzog lieb gewonnen zu haben. Er ist ein so stattlicher Mann, nicht wahr?“ Für einen Moment erschien ein schwärmerischer Ausdruck auf Jeffreys Gesicht und seine Augen schienen in die Ferne zu schweifen. Die kleinen Schweißperlen auf seiner Oberlippe glänzten im flackernden Kerzenlicht und Alexis fühlte sich mit einem Mal unbehaglich und fehl am Platze. Unruhig rutschte er auf dem weichen Kissen herum und legte den eben genommen Kuchen hastig zurück.

„Samuel und ich haben viel gemeinsam erlebt, junger Alexis, und ich muss gestehen, dass ich unsere langen Gespräche und die vielen durchwachten Nächte geradezu schmerzlich vermisse. Keiner kann so ausgelassen feiern und zechen wie der Herzog und niemand ist ein so geduldiger Zuhörer wie er. Seine Fähigkeiten auf dem Gebiet der Rhetorik sind erstaunlich und, und das könnt ihr mir wirklich glauben, ich bin mehr als einmal seiner faszinierenden Art der Konversation erlegen. Was haben wir alles erlebt, wie viele Nächte durchtanzt? Als ich selbst noch schlank und kraftvoll war haben wir wirklich keine Gelegenheit nach körperlicher Ertüchtigung ausgelassen.“, fuhr Jeffrey fort und schien nicht zu bemerken, wie Alexis' Gesicht mehr und mehr an Farbe verlor.

Eifersucht, brennend und gierig wie ein wildes Tier, bohrte sich wie ein Stachel in das Herz des jungen Lords. Die gemeinsame Vergangenheit der beiden Männer schien weitaus vielseitiger und intensiver gewesen zu sein, als es zuerst den Anschein gehabt hatte und Alexis wünschte sich plötzlich nichts sehnlicher, als die Frage danach nie gestellt zu haben.

Übelkeit kroch plötzlich wie eine klebrige Masse in ihm hoch und er musste ein Würgen unterdrücken. Wie eine hässliche Fratze bleckte der Neid seine gelben Zähne und schien jegliche Sympathien für den rundlichen Mann mit einem bösartigen Lächeln hinfort zu wischen.

„Ist alles in Ordnung?“, erklang Jeffreys besorgte Stimme und seine großen, dunklen Augen schienen Alexis durchbohren zu wollen.

Nur mit großer Mühe gelang es dem jungen Lord eine bissige, und sicherlich auch ungerechte Antwort, hinunter zu schlucken und er beschränkte sich auf ein leichtes Nicken. Seine Hände hatte er zu harten Fäusten geballt und die Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in die zarte Haut. „Ich bin nur ein wenig müde.“, würgte Alexis bemüht hervor und versuchte, dass unerträgliche Flüstern in seinem Kopf zu unterdrücken. So offensichtlich zu erkennen, dass der Samuel, den er lieben gelernt hatte, nur ein verschwindend kleiner Teil von dem Menschen war, der er insgesamt zu sein schien, war wie ein Faustschlag. Ihm war klar, dass der Herzog schon so viel mehr erlebt und gesehen hatte, als er selbst, aber die Worte des rundlichen Mannes riefen einen so ohnmächtigen Schmerz in dem jungen Lord hervor, dass er glaubte schier zu zerbrechen. Er würde niemals ein Teil dieser Vergangenheit sein, würde niemals all die spannenden und gefährlichen Momente an Samuels Seite teilen können und genauso mutig die Zügel einer ganzen Generation in die Hand nehmen. Die schwere Erkenntnis ließ Alexis ächzen und er fuhr sich mit zittrigen Fingern durch das glänzende Haar.

„Alexis, Ihr seht bleich aus, seid Ihr sicher, dass es Euch gut geht?“, fragte Jeffrey noch einmal und beugte sich mit einer fürsorglichen Geste nach vorn.

Wie von einem elektrischen Schlag getroffen zuckte der junge Lord zurück und erhob sich taumelnd aus den weichen Kissen. „Mit geht es gut, danke. Ich bin nur ein bisschen müde.“ Mit großer Beherrschung drängte der junge Mann den Schwindel, der sich seiner bemächtigte, zurück und er durchquerte den großen Raum mit unsicheren Schritten, sorgsam darauf bedacht nicht über eine der verstreuten Sitzgelegenheiten zu stolpern.

„Vielen Dank für die Tortê, Sir.“, murmelte Alexis, als er an der Tür angekommen war und verließ ohne einen weiteren Gruß den verdutzten Jeffrey.
 

In dem geräumigen Gästezimmer angekommen schloss Alexis leise die Tür und lehnte seine erhitzte Stirn für einige Augenblicke gegen das kühle Eichenholz. Er hatte die Treppe mit wenigen ausgreifenden Schritten erklommen und sein Atem beruhigte sich nur langsam. Noch immer drückten Eifersucht und das Gefühl von schmerzlicher Ohnmacht die Kehle des jungen Lords zu und es schien ihm nahezu unmöglich, erneut in das prunkvolle Bett zu steigen und Samuels Körper an dem seinen zu fühlen. Jeffreys Worte schienen sich wie ein dunkles Tuch über Alexis' Gemüt zu legen und alles andere zu überschatten. Er wollte nicht, dass etwas zwischen ihm und seinem Geliebten stand, wollte ihr gerade gefundenes Glück nicht zerstören oder trüben, indem er zuließ, dass Eifersucht und Niedertracht in ihm wuchsen. Aber die Enttäuschung überwog.

Ein Donnerschlag zerriss die sternenlose Nacht und Samuel bewegte sich unruhig unter der weichen Decke. Die langen, dunkelroten Haare hatten sich wie Ranken um seine Hände und die breiten Schultern gelegt und trotz seiner aufgewühlten Gefühlswelt konnte Alexis einen bewundernden Blick nicht unterdrücken. Seine Faszination für diesen Mann reichte tiefer als er sich selbst eingestehen wollte.

Mit leisen Schritten und zitternden Händen näherte sich der junge Lord dem Schlafenden und kniete, plötzlich ausgelaugt und müde, neben dem breiten Bett nieder. Mit einem Seufzen sank sein hämmernder Kopf auf die kühlen Laken und er schloss die Augen. Warum war bloß alles so schwierig?

„Hör auf zu grübeln und komm ins Bett.“ Samuels träge Stimme drang wie durch Watte, undeutlich und dumpf, an Alexis' Ohr. Der Herzog hatte sich halb aufgerichtet und blinzelte in das flackernde Licht der verglimmenden Glut. Sein Körper, warm vom Schlaf und einen würzigen Duft verströmend, war eine einzige Versuchung und Alexis musste ein Stöhnen unterdrücken. „Ich kann nicht schlafen.“, log er und versuchte seine erwachende Erregung im Zaum zu halten. Samuels Blick wurde sanft und mit einer zärtlichen Geste strich er Alexis' seidige Strähnen nach hinten. „Komm zu mir mein Liebster, ich singe dich in den Schlaf.“ Er lächelte und gab einen gurrenden Laut von sich.

Alexis' Widerstand, beim Eintreten in das Gästezimmer noch unüberwindbar und nagend, schmolz unter Samuels lockendem Blick und mit einem leisen Seufzen ließ er sich von dem Herzog unter die warme Decke ziehen. Müdigkeit und Erschöpfung verdrängten allen Unwillen und schon nach den ersten gesummten Tönen glitt er ins Land der Träume hinüber.
 

Sie wurden durch hektisches Getrappel vieler Füße, gefolgt von einem lauten Pochen geweckt. Ruckartig riss Alexis die Augen auf und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Das graue Licht, dass durch das große Fenster fiel, verriet die kurz bevorstehende Dämmerung und nach dem tobenden Gewitter der vergangenen Nacht war die nun herrschende Stille fast unerträglich.

Samuel war bereits auf den Beinen als die Tür aufgerissen wurde und ein Bediensteter des Hauses herein stolperte. Jeder Muskel im Körper des Herzogs war gespannt und seine Miene verriet höchste Alarmbereitschaft.

„Vergebt mir die Störung, Herr.“, setzte der junge Angestellte zu einer Entschuldigung an, aber Samuel unterbrach ihn mit einer hektischen Handbewegung. „Was ist passiert?“

„Jeffrey schickt mich, Herr, er sagt es seien Männer auf dem Weg hierher. Viele Männer, wahrscheinlich Soldaten.“ Der Blick des Dieners wirkte gehetzt und er sah sich ängstlich um, als würde er die Angreifer direkt hier im Zimmer vermuten.

„Wie lange noch?“, fragte Samuel knapp und begann in Windeseile seine verstreute Kleidung einzusammeln.

„Fünfzehn Minuten allerhöchstens. Watson ist bei ihnen.“

Für einen Moment erstarrte der rothaarige Mann in seinem hektischen Tun, dann wandte er sich mit einem Ruck zu seinem Liebhaber um und sein Gesicht wirkte grau vor Schreck.

„Zieh dich an Alexis, sofort.“ Seine Stimme war gnadenlos und ließ weder Widerstand noch Nachfragen zu.

Wortlos gehorchte der junge Lord, sprang aus den weichen Laken und schlüpfte noch in derselben Bewegung in seine Unterhose.

Jeffreys Angestellter verließ den Raum und als Alexis und Samuel ihm wenige Minuten später, komplett angezogen und mit den wenigen Habseligkeiten ihrer Reise bepackt, folgten, empfing sie der übernächtigte und nervöse Hausherr in der Eingangshalle.

„Samuel mein Freund, ihr müsst sofort aufbrechen.“, rief er und seine ohnehin schon unangenehme Stimme war zu einem angsterfüllten Keuchen geworden. Sein teigiges Gesicht war von glänzendem Schweiß überzogen und er roch unverkennbar nach Wein und Schlaf. „Sie überqueren gerade den Fluss und sie kommen nicht allein. Watson ist bei ihnen und führt sie an – euer Aufbruch muss unverzüglich erfolgen.“

Mit seinen kurzen Fingern griff er nach Samuels Hand und war versucht den Herzog zu umarmen. Doch dann schien er sich zu besinnen und mit einem durchdringenden Blick auf Alexis verließ er die Halle Richtung Stall. „Eure Pferde sind bereits aufgezäumt, Proviant und frisches Wasser sind in den Satteltaschen verstaut. Verlasst den Wald Richtung Osten, so habt ihr die beste Chance unentdeckt zu bleiben. Sie kommen zu Fuß, das verschafft euch einen rettenden Vorsprung.“, erklärte Jeffrey und sah sich mit gehetztem Blick um.

Die Tiere im Stall scharrten mit den Hufen, als würden sie die Unruhe der Menschen erahnen können, und warfen nervös die Köpfe in den Nacken.

Ein angespanntes Lächeln huschte kurz über Samuels Gesicht und er deutete eine Verbeugung an. „Ich werde deine Gastfreundschaft eines Tages wieder gut machen mein Freund.“, sagte der Herzog und schwang sich in den Sattel. „Ich danke dir von Herzen, Jeffrey. Pass auf dich auf.“

Der rundliche Mann nickte und öffnete die breite Stalltür. „Ihr auch.“

Und mit einem letzten Gruß verließen die beiden Reiter das Gebäude im scharfen Trab.
 

Lange Zeit ritten Samuel und Alexis schweigend nebeneinander her. Sie hatten sich nach Osten in den Wald geschlagen und waren alsbald auf einen fast gänzlich zugewucherten Weg gestoßen. Die Schritte der Pferde klangen gedämpft durch die dicke Moosschicht und trotz des scharfen Tempos bewegten sie sich nahezu lautlos durch die dunkle Stille der Bäume.

Es war eine gute Stunde her, als sie das Anwesen verlassen hatten und der Himmel öffnete seine Pforten erneut. Dicke Tropfen prasselten auf die vergilbten Blätter und zu Alexis' Überraschung zügelte Samuel den schnellen Lauf seines Hengstes.

Das grüne Dunkel, das sich wie ein Kokon über die beiden Flüchtenden legte, veränderte sich und der weiche Waldboden wich nach und nach hartem Stein. Scharfe Felswände wuchsen links und rechts aus der Erde und schon bald befanden sie sich in einer engen Schlucht. Kleine Rinnsale flossen hier und da von den Wänden und sammelten sich zwischen den Hufen ihrer Tiere.

„Wohin führt uns der Weg?“, rief Alexis nach vorn und brach endlich das drückende Schweigen. „Auf jeden Fall erst mal weg von diesen Schmeißfliegen von Milizsoldaten.“, knurrte der Herzog zurück und seine Stimme brach sich vielfach an dem nahezu kahlen Gestein. Seine Wut schien noch lange nicht verraucht und näherte die ängstliche Unruhe in Alexis' Brust.

Der junge Lord beschloss, seine Neugier vorerst zu zügeln und versank in dumpfer Grübelei. Der gestrige Abend lag ihm noch immer wie ein Stein im Magen und schon nach wenigen Minuten war seine gesamte Aufmerksamkeit nach innen gerichtet.

Es war bereits weit nach Mittag als die Felsklüfte zu schrumpfen begannen und mehr und mehr den Blick auf einen dichten Nadelwald freigaben. Das Hallen der schweren Eisenhufe auf Stein verklang und wich vollkommener Stille.

Die tief hängenden Äste der uralten Bäume schienen jedes Geräusch zu verschlucken und unheimliche Schatten lauerten hinter umgestürzten Stämmen und in Wurzelhöhlen.

Die beiden Männer hatten noch immer keine Rast eingelegt und flockiger Schweiß hatte sich an den Hälsen der schnaubenden Pferde gesammelt. Erschöpfung und Müdigkeit drohten Alexis zu übermannen und schon mehr als einmal hatte er sich zwingen müssen die bleischweren Augenlider wieder zu öffnen.

Samuels Anspannung ließ allmählich nach und nachdem es während der gesamten Flucht keinen Hinweis auf einen Verfolger gegeben hatte, war es langsam an der Zeit ihr weiteres Vorgehen zu planen. Von ihrer eigentlich vorgesehenen Route waren sie bereits vor Stunden abgekommen und der Umweg würde sie wertvolle Zeit kosten. Der Herzog seufzte und fuhr sich über die brennenden Augen. Der wenige Schlaf machte sich auch bei ihm deutlich bemerkbar und er hätte einiges für ein warmes Bett und einen guten Schluck Wein gegeben.

„Bist du noch wach?“, rief er nach hinten und wand sich in dem knarrenden Sattel um. Alexis hing wie eine Stoffpuppe auf dem Rücken seiner Stute und tiefe Schatten lagen unter seinen Bernsteinaugen. Er wirkte abgespannt und sein nasses Haar fiel strähnig und glanzlos in das bleiche Gesicht.

Mühsam richtete sich der junge Lord auf und zwang sich zu einem Nicken. „Gerade so.“, murmelte er leise und lenkte seine Stute neben den grauen Hengst seines Liebhabers.

„Was machen wir denn nun?“, fragte er matt und wünschte sich nichts sehnlicher, als in der warmen Umarmung des Herzogs Geborgenheit und Ruhe zu finden. Noch immer nagten Zweifel und quälende Eifersucht an ihm, aber er fühlte sich weder kräftig noch mutig genug sich diesen Gefühlen zu stellen.

„Wir sind nicht mehr auf unserem vorgesehenen Weg Alexis, aber wir können nicht umkehren.“, antwortete Samuel und seine Stimme klang entschuldigend. „Ich fürchte wir müssen uns für diese Nacht ein Lager suchen und mit dem Waldboden vorlieb nehmen. Da wir im Moment sehr weit südlich der Landesgrenze sind, können wir mit dünn gesäten Militärs rechnen und wenn wir Glück haben, erreichen wir noch vor Morgen Abend das Haus eines Freundes, der uns sicherlich Unterschlupf gewähren wird.“

Alexis nickte ergeben und obwohl die Aussicht auf eine Nacht auf kaltem und nassem Moos nicht gerade erfreulich war, wurde er doch von Erleichterung durchströmt. Samuel wieder sprechen zu hören entspannte den jungen Mann über alle Maßen und sogar der körperliche Schmerz schien sich ein wenig zurückzuziehen.

„Denkst du Jeffrey ist in Sicherheit?“, fragte er leise und sprach die Sorge aus, die ihm nun schon seit einigen Stunden auf der Seele lag.

„Mach dir keine Sorgen um ihn.“, antwortete Samuel leichthin und zuckte die Schultern. „Er ist wortgewandt und hinter seiner harmlosen Fassade verbirgt sich messerscharfe Intelligenz. Die Soldaten, und selbst Watson, werden sich wie Tölpel vorkommen, wenn sie sich Jeffs hämischem Grinsen stellen müssen.“ Der Herzog lächelte schief und nahm einen tiefen Zug aus der Wasserflasche.

„Und außerdem ist es bei Weitem nicht das erste Mal, dass wir uns der lästigen Aufsässigkeit der Miliz erwehren müssen.“, fügte Samuel hinzu und trieb den Stachel der Eifersucht noch tiefer in das ohnehin schon wunde Fleisch um Alexis' Herz. Die Vertrautheit zwischen den beiden Männern war nicht mehr zu übersehen und Samuels Worte hinterließen brennende Risse in der Kondition des jungen Lords.

„Und wer ist dieser Watson?“, presste Alexis mühsam hervor und versuchte sich weder den Schmerz noch die Enttäuschung anmerken zu lassen. Es gelang.

„Er ist ein Kommissar.“, schnaubte Samuel verächtlich. „Er ist ein Spitzel, ein Spion, eine Ratte. Er ist ein Bluthund, wie er im Buche steht und strotzt vor Niedertracht und verlogener Heuchelei.“ Wut schüttelte den rothaarigen Mann und er ballte die Hände an den Zügeln zu Fäusten. „Er hat sich vor Jahren bei uns eingeschlichen und die Jüngsten ausgehorcht, hat ihnen Honig ums Maul geschmiert und dann hinterrücks und feige ermordet. Er ist schnell und ausdauernd und verflucht intelligent. Seine Schnelligkeit wird nur von seiner Hartnäckigkeit übertroffen – ihm habe ich das zu verdanken.“, fuhr Samuel fort und deutete mit einer unbeherrschten Geste auf sein trübes Auge.

Alexis sog scharf die Luft zwischen die Zähne und ein Schauer rann seinen Rücken hinab.

„Außerdem ist er ein verdammter Sadist.“ Samuel knurrte und rieb über seine Narbe. Er hatte sich in Rage geredet und unter all der Wut hörte Alexis ganz deutlich die Schmach über die Niederlage heraus.

„Dann wollen wir hoffen ihm nicht mehr zu begegnen.“, sagte Alexis in beruhigendem Ton und hoffte, Samuels Emotionen ein wenig in ruhigere Gefilde zu lenken. Es gelang mehr schlecht als recht und auch als sie nach einer halben Stunde endlich von ihren Pferden stiegen, waren die Sorgenfalten aus Samuels Stirn noch immer nicht verschwunden.

Sie hatten erneut eine kleine Felsschlucht erreicht und nutzten den Schutz der mächtigen Wände um sich gegen den aufkommenden Wind zu schützen. Zwei große Findlinge waren vor vielen Jahren ins Tal gepoltert und bildeten mit dem schartigen Gestein eine kleine Höhle. Der Weg lag gute vier Meilen von dem kleinen Versteck entfernt und verlief in einem scharfen Winkel zu dessen Eingang.

Mit dem Stroh aus den Satteltaschen von Alexis' Stute rieben sie die bereits dösenden Pferde ab, tränkten sie an einem der vielen, kleinen Rinnsale und versorgten sie mit ein wenig Hafer und Heu. Samuel verließ die trockene Höhle um sich noch einmal in der näheren Umgebung umzusehen, während Alexis die kleine Öllampe entzündete und ihnen aus den Satteldecken und dem verbleibenden Stroh eine zumindest annähernd behagliche Schlafstatt herrichtete.

Als der Herzog von seinem Rundgang zurückkehrte, dämmerte es bereits und das monotone Prasseln des Regens hatte wieder eingesetzt. Kälte, erbarmungslos und mit Fingern dünn wie Spinnenbeine, kroch durch Alexis‘ durchweichte Kleidung und biss in seine Haut. An dem verborgenen Eingang zu dem kleinen Versteck brach sich der heulende Wind und verlor den Großteil seiner Schärfe.

„Es scheint uns tatsächlich niemand gefolgt zu sein.“, sagte Samuel leise und ließ sich gebückt neben seinem Schützling nieder. „Der Regen wird unsere Spur verwischen, selbst wenn sie versuchen sie mit Hunden zu finden.“

„Was denkst du, wer die Soldaten auf uns angesetzt hat?“, fragte Alexis obwohl er sich insgeheim vor der Antwort fürchtete. Den ganzen Tag hatte er sich erfolgreich der Tatsache, dass es einen Auftraggeber geben musste, verschlossen. Aber jetzt, im Halbdunkel des schwindenden Tages, krochen mit den Schatten auch Angst und Mutlosigkeit aus dem Unterholz.

Samuel schien eine Weile über die Frage nachdenken zu müssen, erhob sich noch einmal und tauschte seine durchnässte Kleidung gegen Trockene.

„Ich bin mir fast sicher, dass die Dokumente, die die Miliz bei dem Überfall auf die Rebellen gefunden hat, auf irgendeiner Seite meinen Namen enthalten haben.“, antwortete er seufzend und versuchte in eine halbwegs bequeme Position zu rutschen.

„Welche Dokumente? Und was für ein Überfall?“ Alexis' Stimme klang alarmiert und seine Muskeln spannten sich schmerzhaft. Der junge Lord spürte, wie sich sein Puls beschleunigte und die Müdigkeit für einen Moment in den Hintergrund trat.

„Es gab einen Angriff auf eines der Hauptquartiere der Widerständler. Einige wurden getötet, wenige gefangen genommen und verhört. Sämtliche Schriftstücke wurden eingezogen und diejenigen, die entkommen konnten, werden per Steckbrief gesucht. Tot oder lebendig heißt es.“ Samuel unterbrach sich einen Moment und schluckte schwer. Als er fortfuhr klang seine Stimme rau und belegt. „Ich werde auf vielen der Dokumente erwähnt und Otto kam um mich zu warnen. Er war einer der Wenigen, die fliehen konnten. Deshalb musste ich aufbrechen. Ich bin mir sicher, dass ein ziemlich hohes Kopfgeld auf mich ausgesetzt ist und eine Verurteilung in Abwesenheit meiner geschätzten Person sicherlich nicht lange auf sich warten lässt – die Richter sind in solchen Belangen keine Ehrenmänner.“

Alexis erschauderte erneut und diesmal lag es weder an der Kälte noch an dem jaulenden Wind.

„Denkst du mein Vater hat was damit zu tun?“, fragte er und seine Stimme zitterte unkontrolliert.

„Mit dem Überfall?“ Samuel überlegte kurz. „Nein, ich glaube nicht. Dein Vater ist ein bornierter Adliger und ein skrupelloser Geschäftsmann, aber kein Fanatiker. Er weiß von den Aufständen nicht viel mehr als jeder andere blasshäutige Mistkerl auch, allerdings würde ich eine Verwicklung in die militante Vorgehensweise der Soldaten gegen uns beide nicht ausschließen.“

„Du meinst, dass er genauso hinter uns her ist, wie die Miliz?“ Alexis' Augen wurden groß wie Teiche und verräterische Tränen glitzerten in ihren Winkeln. Seine Muskeln, noch immer schmerzlich verspannt und hoffnungslos unterkühlt, rebellierten und er hatte das Gefühl Batteriesäure statt Blut in seinem Kreislauf zu haben.

„So ungern ich es sage: Ich bin mir sogar sicher. Unsere kleine Rebellion so direkt vor seiner Nase wird ihn tief treffen und seinen Stolz bis ins Unendliche verletzen. Menschen sind eitel und erhalten ihre Fassade nur allzu gerne aufrecht. Bekommt die Maske erst mal Risse, zeigt sich oft ihr wahres Gesicht und das ist, nur allzu oft, viel hässlicher als man denkt.“

Samuel wandte sich zu seinem Liebhaber um und erschrak für einen Moment bei dessen erbarmungswürdigem Anblick.

Alexis' gekrümmter Körper lehnte kraftlos gegen die unebene Felswand. Tränen liefen seine Wangen herab und er blutete aus einer kleinen Wunde an seiner Unterlippe. Nervös kaute er auf dem weichen Fleisch herum und seine Hände, zu Fäusten geballt, waren blau vor Kälte.

„Alexis, hör auf.“, murmelte Samuel und bereute seine harten Worte. Er schalt sich ob seiner Gedankenlosigkeit und verfluchte seine Neigung jederzeit gnadenlos ehrlich zu sein. Der Herzog hatte in seinem Leben nie gelogen, lediglich geschwiegen wenn es nötig gewesen war. In Alexis' Nähe aber fühlte er sich so wohl und frei und sicher, dass er oftmals vergaß, wie jung und kindlich sein Schützling noch sein konnte.

Mit einer beruhigenden Geste strich Samuel über Alexis' Stirn, fuhr die tiefen Schatten unter seinen Augen nach und strich den einzelnen Blutstropfen von der rauen Unterlippe. „Du bist total erschöpft, leg dich ein wenig schlafen.“ Die Stimme des Herzogs war kaum mehr ein Flüstern und als der junge Lord keinerlei Reaktion zeigte, begann Samuel langsam seinen Geliebten zu entkleiden. Es war mehr als gefährlich in derart durchweichter Kleidung einzuschlafen und brennendes Fieber wäre wohl nur eine der vielen Folgen.

„Ich hab solche Angst.“, wimmerte Alexis und zum ersten Mal, seit sie das Anwesen verlassen hatten sprach er die grausame Wahrheit aus. Er war ein Junge, ein lasterhafter Jugendlicher, der sich nur auf das Trinken und Müßiggang verstand. Er war weder mutig noch forsch und um der Wahrheit die Ehre zu geben war er noch nie länger als einen Tag aus seiner vertrauten Umgebung ausgebrochen.

„Ich will dich nicht belügen mein Alexis, indem ich dir sage, dass das unnötig ist. Im Gegenteil, ich bitte dich darum deine Angst zuzulassen, denn sie wird dich vorsichtig und aufmerksam machen. Aber lass dich nicht von ihr beherrschen und leiten, dass macht dich kaputt und...“ Samuel machte eine kurze Pause und befreite den jungen Lord aus seiner Reithose. „Und das kann ich nicht zulassen. Denn ich brauche dich.“

Für einen Moment starrte ihn Alexis aus großen Augen an, dann nickte er und hüllte sich in die kratzige Wolldecke. Mit einer unbeholfenen Bewegung kroch er auf den Schoß des Herzogs, zog die Beine an den Körper und versuchte die scheußliche Kälte aus seinem Körper und vor allem aus seiner Seele zu vertreiben. Nun, da er nackt war und die Feuchtigkeit von seiner Haut trocknete, ließ das beißende Gefühl langsam nach und Samuels berauschende Körperwärme drang langsam durch die Decke auf seine Glieder.

Die Worte des Herzogs und das unerwartete Geständnis hatten die Sorgen für einen winzigen Moment zurückgedrängt und der erbarmungslosen Müdigkeit Platz gemacht. Tiefe, betäubende Schwere breitete sich in Alexis' Körper aus und er drückte sein Gesicht an den Hals des Herzogs.

„Ich bleib bei dir Samuel.“, murmelte er leise und presste seine Lippen auf die verführerisch duftende Haut.

„Schlaf Alexis, ich passe auf.“, antwortete der rothaarige Mann und ließ seine Hand in langsamen Bewegungen auf dem Rücken seines Schützlings auf und ab wandern. Seine Stimme schien wie aus weiter Ferne zu kommen und mit einem letzten Gedanken an den gestrigen Abend schwanden Alexis' Sinne.
 

Bis der Morgen graute saß Samuel in dem kleinen Versteck, hielt den jungen Lord in seinen Armen und wachte und lauschte in die Nacht. Der Regen ließ im Laufe der Nacht nach und wurde zu einem sanften Rauschen das, wie das Lied einer Harfe, zum Einschlafen verführte.

Die Sorgen um ihr Fortkommen hatten endlich aufgegeben und das Toben im Kopf des Herzogs ließ langsam nach. Er wusste nicht mehr, wie oft er in den zurückliegenden Stunden gezweifelt und geflucht hatte, seine Entscheidungen überprüft und hinterfragt hatte und obwohl er Angst hatte, Angst um Alexis' unbedingtes Wohl, war er doch immer wieder zu dem Schluss gekommen, dass es nur diese eine, richtige Entscheidung für sie beide gegeben hatte: Alexis gehörte zu ihm, dessen war sich Samuel sicher und niemand würde an dieser unumstößlichen Tatsache etwas ändern können.



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Von: abgemeldet
2011-09-27T13:08:59+00:00 27.09.2011 15:08
Lass dich überraschen Liebes - es sei nur so viel gesagt: Ich bin ein großes Fan von Happy-Ends!! :)
Von: abgemeldet
2011-09-27T10:36:05+00:00 27.09.2011 12:36
Schniiiiiieeeef... Oh Gott das ist traurig, aber auch toll. Ich finde es wirklich schön das die beiden bei dir auf einer Augenhöhe sind und nicht dieses ewige Seme UKe Klischee raus Hengt. Das ist wirklich erfrischend. Und ich bin sehr gespannt wie es weitergeht. Die Geschichte ist sooo spanend. Aber *ängstlich frag* Wird es da eigentlich ein happy End geben können? Also wenn man da keine große Flucht nach Amerika macht oder eine große Revolution seh ich da noch so ein bisschen sehr dunkel...oder?


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