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Hope- eine Geschichte aus dem North Blue

Oder: Wie die Heart-Piraten ein neues Mitglied begrüßen durften.
von

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Teufelskind

Hope saß kerzengerade in ihrem provisorischen Bett, welches aus einer abgetragenen, zusammengeknüllten Jacke als Kissen und einem alten Fenstervorhang als Decke bestand. Starr blickte sie nach vorne, wischte sich den Schweiß vom Gesicht.

Schon wieder. Ein paar Jahre gar nicht, doch in letzter Zeit war es wieder schlimm geworden. Fast jede Nacht der gleiche, unverständliche Traum. Genervt stütze sie ihren Kopf auf ihre Hände und seufzte. Um sie herum war es noch tiefste Nacht. Das Schicksal hatte es mit der Auswahl ihres Aufenthaltsortes gut gemeint. Ihr Zuhause war eine kleine Insel im North Blue, auf der es das ganze Jahr hindurch ungewöhnlich warm war. Sie hatte noch nie Probleme mit der Haussuche gehabt, da sie einfach unter freiem Himmel schlafen konnte. Sie bezweifelte leider auch, dass man ihr ein Haus geben würde. Hope ließ ihren Blick über das kleine Dorf Taiyo schweifen, welches man von ihrem Platz oben auf dem Gefängnishügel aus gut sehen konnte. Diese Insel war wirklich winzig. Damals war sie ihr noch so gigantisch vorgekommen. Damals. Sie musste lächeln. Damals war vor ungefähr 13 Jahren, liebe Hope. Als Sechsjährige sieht man ja auch Monster unterm Bett.

Doch jetzt ist sie die stärkste Frau der Insel. So stark, dass sogar die Bewohner selbst Angst vor ihr haben. Hope zog die Beine an, schlang die Arme um ihre Knie und legte den Kopf auf. Keiner traut sich zu ihr hoch. Manchmal, wenn sie Einkäufe machte, hörte sie, wie die Leute auf dem Platz sich zueinander beugten und tuschelten. Mütter zogen ihre Kinder zu sich und belehrten sie. „Zu der da darfst du nicht gehen, die ist ein Kind vom Teufel!“ Gar kein schlechter Titel eigentlich. Klang zumindest besser als „Galgenmädchen“ oder „Rattenfrau“, was im übrigen ihre anderen Spitznamen waren, die ihr der ständige Aufenthalt bei den Gefangenen einbrachte. Man hatte beschlossen, sie als Wächter vor die Gitter der Zellen zu stellen und vermeidliche Flüchtlinge in die Schranken zu weisen. Sie sagten, es sei das Einzige, für das sie zu gebrauchen war, mit den unheimlichen Fähigkeiten die sie hatte.

Hope fragte sich so oft, woher sie diese Gabe hatte. Im Dorf legten oft Piraten mit ihren Schiffen an. Ein ums andere Mal war sie in die Kasernen geschlichen und diese schmierigen Freibeuter belauscht, um vielleicht ein paar nützliche Informationen von der Welt da draußen zu bekommen. Um vielleicht etwas über sich selbst zu erfahren. Aber natürlich haben diese Saufsäcke nichts anderen im Sinn als Alkohol und Schätze. Hope verzog das Gesicht. Wie sie diese ganze Bagage hasste. Segeln umher, plündern, zerstören, töten. Doch ein paar von ihnen sprachen öfters über so genannte „Teufelsfrüchte“. Merkwürdig gemusterte Früchte, die denen, die sie verspeisten unvorstellbare Kräfte schenkten. Wieder ließ sie ein Seufzen vernehmen. Sie hätte solche Geschichten doch selbst nicht geglaubt, wenn sie es nicht am eigenen Leib erfahren würde.
 

Hope wurde aus ihren Gedanken gerissen, als ein paar der Häftlinge hinter unruhig wurden. „Hey Süße! Sei doch mal nett zu uns!“ Ein schlaksiger junger Mann saß an einer Wand gelehnt, mit breiten Beinen, leckte sich die Lippen und winkte sie mit einer Hand zu sich. `Da haben wir doch wieder ein Paradebeispiel´. Wie sie es hasste. Hope war aber leider keine Frau, die sich davon schnell aus der Fassung bringen ließ. Nein, sie würde sich einfach von diesem Traum ablenken und die Nacht in vollen Zügen genießen. Mit einem milden Lächeln stand sie auf und bewegte sich in Richtung Zelltüren. Sie schob die Hand in ihre Hosentasche und zog einen Schlüsselbund hervor. In der Zelle starrten die Gefangenen ihr hinterher, ungläubig, dass die Freiheit wirklich so kurz bevor stand. Sie schob den Schlüssel nach kurzem Suchen ins Schlüsselloch und drehte ihn. Ein leises Klick verriet ihr, dass das Schloss geöffnet war. Hinter den Gitterstäben standen die Räuber schon bereit, sich mit Krallen und Fäusten den Weg in die Nacht zu bahnen. „Hey, ich glaub die Kleine mag uns wirklich!“ Dümmliches Lachen schallte über den Hügel. Die Türangeln quietschten als Hope sie öffnete. Der Erste war schon bereit, er griff nach ihrer Hand, hielt sie mit einem Schraubstockgriff fest und zog sie weiter in die Zelle. Im nächsten Moment sauste der Rüpel mit einer irren Geschwindigkeit gegen die Rückwand der Zelle, krachte dagegen und blieb reglos liegen. Seine Kameraden schauten sich verdutzt um. Das kurze Zögern reichte ihr, um drei weitere Männer mit der rechten Hand auf den Arm zu schlagen. Diese erlitten kurz darauf das gleiche Schicksal wie ihr Freund vor ihnen. Die übrigen hatten inzwischen die Situation halbwegs begriffen und entschieden, dass es klüger wäre, weitere Angriffe zu vermeiden. Hope schloss die Zellentür hinter sich und legte das Schloss an. Sie ließ die Schlüssel in die Tasche gleiten, während sie die Piraten nach demjenigen absuchte, der sie eben um Liebenswürdigkeiten gebeten hatte. Sie erblickte ihn mit einem leisen „Ah!“ und ging auf ihn zu. Mit einem Versuch, eine Abwehrposition einzunehmen, die nicht aussah, als mache er sich gleich in die Hose, schaute er Hope mit einem gezwungen coolem Blick an. Sie setze ein breites, gehässiges Grinsen auf. Oh ja, das hatte sie jetzt wirklich gebraucht. Sie hatte schon lange keinen von denen mehr zur Schnecke gemacht.
 

Hinter ihnen ging die Sonne langsam am Horizont auf. Die ersten Vögel flatterten fröhlich über die Wipfel der immergrünen Bäume der Insel, als wollen sie der Sonne persönlich guten Morgen wünschen. Die ersten Strahlen erreichten die Fenster der Dorfbewohner, doch die waren schon lange wach. Heute Nacht hat das Teufelskind auf dem Gefängnishügel wieder einmal sein Werk verrichtet.



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