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Taking Over

Thief King/Seth | Bakura/Seto | Bakura/Ryou | Seto/Jounouchi
von

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Bakura vs. the concept of love / Ryou vs. Seto

Mit fiebrig glänzendem Blick lehnte Bakura an den weißen Fliesen des Badezimmers. Als diese abartige Übelkeit über ihn kam, hatte er sich schleunigst materialisiert um seinem Hikari nicht zu schaden. Er wusste zwar, dass er, wenn er sich in dieser Form übergab, weitaus mehr Energie verlor, als wenn er es in Ryous Körper tat, aber was kümmerte es ihn? Solange Hikari gesund blieb...

Es war seltsam.

Wenn er bei dem Präsidenten war, dann konnte er ihn berühren... mit ihm schlafen... ab und an ließ er selbst sich sogar küssen oder kurz streicheln... aber wenn er dann wieder daheim war und daran zurückdachte, dass jemand ihn angefasst hatte, wurde ihm einfach nur noch schlecht.

Der pure Gedanke an diese Tatsache ließ den Dieb wieder nach vorne schnellen und sich über die Toilettenschüssel beugen.

Hoffentlich konnte er trotzdem morgen Nacht wieder zu Kaiba...
 

Eine blasse Hand legte sich auf die Schulter des jungen Firmenchefs.

"Kommst du bitte kurz mit? Ich möchte mit dir reden."

Ein Nicken.

Unter dem argwöhnischen Blick Jounouchis verließen Kaiba und Ryou den Klassenraum und gingen in das Treppenhaus.

"Was willst du?"

"Ich möchte mit dir über Yoru sprechen."

"Yoru? Meinst du den anderen Bakura?"

Ryou nickte kurz.

"Was ist mit ihm? Wo war er gestern Abend?"

"Genau darum geht es. Ich möchte nicht, dass ihr euch so oft seht. Ich weiß, ich kann euch nicht verbieten, euch zu treffen, aber bitte... nicht jeden Tag."

Kaiba zog eine Augenbraue nach oben. "Und wieso nicht? Was geht dich das an?"

"Das ist immer noch mein Körper und ich habe keine Zeit mehr für die Schule oder meine Freunde."

"Hast du ihn gestern von mir fern gehalten?"

Kopfschütteln. "Wenn er irgendetwas tun möchte, dann lasse ich ihn einfach machen. Er soll seinen Spaß haben."

"Dann erklär doch ihm und nicht mir, dass du ein Problem hast."

"Du verstehst das nicht, Kaiba-kun. Diese täglichen Treffen sind auch für ihn nicht... nicht so richtig, aber das versteht er nicht."

Sein Gegenüber eingehend musternd verschränkte Kaiba die Arme. "Du bist eifersüchtig..."

Ryou wandte den Blick ab. "Ich bin nur der Meinung, dass du nicht gut für ihn bist. Du tust ihm weh."

"Schwachsinn. Und selbst wenn... warum interessiert dich das? Hat er dir nicht auch weh getan? Warum lässt du ihn überhaupt immer wieder an dich heran?"

Der Kleinere lächelte bitter und sah seinem Gegenüber in die Augen. "Ausgerechnet du fragst mich das?"

Ein verständnisloser Blick.

"Müsstest du nicht eigentlich am besten wissen, dass Liebesentzug für ein Kind das Schlimmste ist was es gibt, Kaiba-kun?"

Noch bevor der junge Firmenchef antworten konnte, klingelte es bereits zur nächsten Stunde und sein Gesprächspartner rannte zurück in den Klassenraum.

"... Kind?"
 

Bei diesem Treffen war alles anders.

Zum ersten Mal war Bakura geblieben und nicht schon mit dem Morgengrauen verschwunden.

Als er dann neben seinem Präsidenten aufwachte, fiel ihm auch gleich wieder ein, was ihm kurz vor dem Einschlafen herausgerutscht war.

Und das war alles andere als gut.

Na ja, genau genommen war es schon gut, aber es war einfach nicht geplant gewesen. Es war voreilig über seine Lippen gekommen. Ein dummer Satz, bestehend aus drei kleinen Worten.

Er hatte diesen Satz noch nie ausgesprochen, weder in diesem, noch in seinem letzten Leben.

Aber... in dieser einen Sekunde, indem er aus ihm herausplatzte, entsprach er der Wahrheit. Kaiba hatte nicht geantwortet, sondern ihn nur verwirrt angeschaut, und vielleicht war er sogar froh, diese Worte gehört zu haben...

Zwischen ihnen lief sowieso eine kuriose Sache.

Als hätten sie sich beide gedacht "So, ich will jemanden lieben. Und ich nehme... den da!"

Dabei waren das nur Bakuras Gedanken gewesen und ganz sicher nicht die des Präsidenten, den er sich so zufällig auch gar nicht mal herausgepickt hatte.

Just in diesem Moment schlug Kaiba die Augen auf und blickte ihn überrascht an. "Du bist noch da?"

Mit einem kurzen Nicken stand der Dieb auf und sammelte seine Sachen zusammen.

"Warum... du kannst auch nach dem Frühstück gehen."

Och Gottchen, war das süß! Bakura musste unwillkürlich schmunzeln. "Ich geh aber trotzdem. Hikari trifft sich heute mit seinen Freunden."

"Aber doch nicht um acht Uhr in der Früh?"

Kopfschütteln. "Das nicht, aber ich habe ihm versprochen, dass wir am Wochenende Pause machen. Du und ich. Hikari meint-"

Der Grabräuber zuckte unwillkürlich zusammen, als hinter ihm ein lautes Krachen ertönte, und drehte sich um. Für einen knappen Moment blieb ihm die Luft weg.

Kaiba war aufgestanden, stand dort neben der Wand, hielt das, was von dem teuren Mahagonistuhl übrig geblieben war, in den Händen und sah ihn stinksauer an.

"Was-"

"Halt die Klappe!" Der Braunhaarige warf die mit Samt bezogene Stuhllehne beiseite. "Ich habe die Schnauze voll! Immer geht's nur 'Hikari' hier, 'Hikari' da, 'Hikari' dort... Ich kann's bald nicht mehr hören!"

"Kann es sein, dass du eifersüchtig bist?"

Die Stimme des Größeren überschlug sich förmlich. "Was für eine bescheuerte Frage. Glaubst du ich zerschlag meine Möbel aus Spaß, oder was?"

"Was weiß ich..." Mit argwöhnischem Blick verschränkte der Weißhaarige die Arme.

"Stimmt. Was weißt du schon? Du bist nur ein dreckiger, kleiner Dieb, ein vermaledeiter Lügner, ein-"

"Hey, Dieb ja, vielleicht noch Schauspieler, aber Lügner? Wann bitteschön soll ich dich denn belogen haben?"

Es wurde still und Kaibas Blick wanderte zu Boden. "Heute nacht... als wir... als du gesagt hast, dass du..." Der Rest des Satzes wollte ihm nicht so wirklich über die Lippen kommen.

"Das war keine Lüge, du beschissener Choleriker."

"Natürlich war es das." Der junge Firmenchef schluckte schwer. "Oder willst du mir weismachen, dass du und dein kleiner Hikari nur gute Freunde seid? Ich bitte dich, jemand wie du hat keine Freunde! Du bist hinter dem Kleinen her, man muss dir nur mal zuhören, wenn du von ihm redest! Ich bin doch nur dafür da, damit du auf deine Kosten kommst!"

Eisige Stille breitete sich aus, die der Kälte in den Augen des Beschuldigten in nichts nachstand, als der auf sein Gegenüber zuging und dabei leise knurrte.

"Lass deine bescheuerten Minderwertigkeitskomplexe nicht an mir aus. Kann ich was dafür, dass ich nichts anderes habe außer meinem Hikari?"

"Du hast mich, verdammt noch mal!"

"Doch erst seit kurzem!" Er holte tief Luft und wandte sich kurz ab. "Ich kann doch nicht alles stehen und liegen lassen, was vorher war. Wie stellst du dir das vor? Würdest du etwa einfach deinen Bruder zurücklassen, weil du jemanden kennen lernst?"

"Das ist etwas völlig anderes!"

"Ist es nicht! Benutz doch mal deine grauen Zellen, auf die du sonst immer so stolz bist!"

"Es ist etwas anderes! Mokuba ist mein Bruder aber der andere Bakura ist dein Wirt und nicht deine Familie! Du liebst ihn, gib das doch endlich zu!"

"Das werde ich nicht! Ich kann es mir nicht leisten, Gefühle machen schwach, das solltest du doch am besten wissen! Wenn man an etwas hängt kann man damit verletzt werden!"

"Also hast du mich doch belogen!"

"Habe ich nicht! Wenn ich sage, dass ich dich liebe, dann meine ich das in dem Moment, in dem ich es sage auch so!"

Kaiba seufzte, schloss die Augen und setzte sich auf sein Bett. "Nur in diesem Moment also. Na toll. Klasse! Einfach WUNDERBAR! Wie kannst du in einem Moment was empfinden und im nächsten nicht mehr?"

"JETZT HÖR VERDAMMT NOCHMAL AUF MICH ANZUSCHREIEN! SEHE ICH AUS, ALS HÄTTE ICH AHNUNG VON DIESEM GANZEN GEFÜHLSMIST?"

"ICH SCHREIE, WANN ICH WILL! UND JETZT WILL ICH SCHREIEN! OKAY?" Ein erneuter Seufzer, während dem der Braunhaarige sich die Finger an die Stirn legte und diese leicht massierte. Der ganze Zoff bereitete ihm so langsam Kopfschmerzen. "Ich verstehe dich einfach nicht... Ich will dich verstehen, aber ich kann es nicht."

Knurrend ließ Bakura sich neben ihm nieder. "Dann sind wir schon mal zwei."

"Okay, ich schlage vor, dass wir das alles ganz sachlich angehen."

"Uuuuh, jetzt kommt der Geschäftsmann raus."

"Ja, kommt er. Und nun erklärst du 'dem Geschäftsmann', wie diese tolle Liebeserklärung funktioniert und wo ihr Sinn liegt. Red ganz offen mit ihm, als wär der 'andere Seto', der jeden Augenblick den Verstand verliert und dann am Ende noch sein Haus anzündet, nicht da..."

"Auch, wenn ich diese protzige Villa gerne in Flammen aufgehen sehen würde?"

"Vor allem dann."

Der Weißhaarige leierte mit den Augen und ließ sich nach hinten fallen. "Ich hab doch selber keine Ahnung."

"Wenn dir dein Leben lieb ist, hast du eine Ahnung!"

"Hm... na gut, Herr Geschäftsmann, machen wir's kurz: ich halte nichts von realitätsferner Romantik. Dauerhafter Liebe. Wenn ich also behaupte, so was Schnulziges zu fühlen oder so, dann ist das ganz spontan. In der nächsten Sekunde bin ich mir schon gar nicht mehr sicher, ob es stimmt oder nicht."

"Na toll, das wird ja immer besser..."

"Hör mal, man kann doch nicht 24 Stunden am Tag auf diesem Gefühls-Trip sein, da verliert man ja sämtlichen Bezug zur Realität."

"Und das sagt mir ein 3000 Jahre alter Geist, der in einem goldenen Ring lebt... na, der muss ja wissen, wie die Realität funktioniert." Bevor Kaiba reagieren konnte, wurde er ebenfalls nach hinten auf das Bett gezogen und - mehr oder weniger zärtlich - geküsst.

"Das war doch ganz schön real für einen Geist, oder?" Der Dieb strich seinem Geliebten eine braune Strähne aus dem Gesicht. "Schau mal, jetzt, in dieser Sekunde, da liebe ich dich. Verstanden? Aber wenn ich grade was anderes mache und dabei ausnahmsweise mal nicht an dich denke, da kann ich dich doch gar nicht lieben. Dieser ganze Liebesmist ist doch genauso vergänglich wie alles andere, was mit "schönen" Gefühlen zu tun hat... oder mit Schönheit insgesamt." Er zeigte auf die Blumen, die das Zimmermädchen auf den Schreibtisch getan hatte. "Die da zum Beispiel. Die Menschen finden sie schön, sagen so was wie "Ich liebe diese Blumen"... aber sobald sie sich umdrehen und sie nicht mehr sehen, verschwenden sie keinen Gedanken mehr daran. Und wenn sie sie das nächste Mal sehen, sind die Blumen womöglich verwelkt, schimmeln vielleicht noch oder so. Dann behauptet keiner mehr, sie irgendwie zu mögen. Dieses ganze Zeug von wegen Liebe ist doch im Grunde genommen dasselbe. Woher weiß ich denn, ob ich dich noch immer liebe, wenn ich jetzt aus dem Zimmer gehe und in einer Woche wieder komme?"

"Ich hasse dich."

"Und warum?"

"Weil dieser ganze gequirlte Mist, den du da erzählst, irgendwo Sinn macht. Und weil er mir Angst einjagt. Und vor allem..." Der junge Firmenchef richtete sich auf und zeigte mit vorwurfsvoller Miene auf die Reste des Stuhls. "Und vor allem hasse ich dich, weil ich wegen dir einen 8.000.000¥ teuren Stuhl zerdeppert habe, der außerdem noch ein Einzelstück war. Ich hab ihn aus einem Antiquitätenmuseum. Auf diesem Teil hat mal Goethe gesessen."

Bakura lachte, stand auf und besah sich die "Leiche" des besagten Einzelstücks. "Ich wusste ja gar nicht, dass du so leicht zu bescheißen bist. Das Ding ist eine Fälschung. Kein Furz von Goethe ist je in Berührung damit gekommen. Aber ich kann dich beruhigen: es ist eine gute Fälschung. Okay... war eine gute Fälschung."

"Konntest du mir das nicht eher sagen? Dann hätte ich vielleicht wenigstens mein Geld zurückverlangen können..."

"Was ich sage, macht dir Angst?"

"Was?"

"Du hast gesagt, dass du mich jetzt hasst, weil meine Erklärung - auf die du ganz nebenbei bemerkt doch so scharf warst - dir Angst einjagt."

"Wenn du mir das so exakt wiedergeben kannst, werd ich das wohl gesagt haben."

"Wie meinst du das?"

Kaiba wandte den Blick ab. "Du hast mir gesagt, dass sich deine Gefühle jede Sekunde ändern. Das heißt, dass ich nie weiß, woran ich bin und absolut nichts voraussehen kann."

"Das tut mir jetzt ehrlich leid für dich, aber ich für meinen Teil bin ganz froh, nicht berechenbar zu sein. Wirst dich wohl dran gewöhnen müssen."

"Ach übrigens: in einem Punkt hast du Unrecht."

"Und in welchem?"

Der Größere erhob sich, ging auf seinen Geliebten zu, zog ihn an sich und küsste ihn sanft. "In dir muss ein hoffnungsloser Romantiker stecken, wenn du tatsächlich glaubst, dass Liebe prinzipiell etwas Schönes ist."

Nachdem er sich kurz versteift hatte, löste der Weißhaarige sich aus der Umarmung. "Gut möglich... aber du solltest mich doch besser kennen. Ich finde Schmerzen und Verzweiflung anziehend... sie sind mir viel vertrauter und angenehmer, als diese helle Seite der Liebe. Obwohl die jetzt nicht unbedingt abstoßend ist... sonst wär ich wohl nicht hier, oder?"

"Hört hört... für jemanden der behauptet, keine Ahnung von Liebe zu haben, weißt du aber sehr gut darüber Bescheid."

"Soll ja nicht heißen, dass ich damit keine Erfahrung habe..."

Die Lippen der beiden trafen sich. Nur kurz.

"Ist ja interessant. Verrätst du mir auch, wer dir diese Erfahrungen beschert hat?"

"Oh, das ist schon ein paar tausend Jahre her... lass mich mal nachdenken..."

"Na?"

"Hm... ich glaube, es war ein dummer Priesterfuzzi... er war ziemlich groß, hatte ein freches Mundwerk und verteufelt schöne Augen."

"Ein Priester? Ist ja sehr interessant... erzähl mir mehr..." Schnurrend zog Kaiba dem Kleineren das T-Shirt über den Kopf und knabberte an seinem Hals, wurde aber sanft weggeschoben.

"Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich habe einen seiner Kollegen umgebracht, dann seinem Vater bei lebendigem Leibe die "Augenprothese" herausgezogen und ihm auch sonst weh getan, wo ich nur konnte."

"Wie romantisch."

"Was denn? Der Gute kam am Ende doch auch auf seine Kosten."

"So?"

"Er und der Pharao haben mich umgebracht."

"Er... hat was?" Der junge Firmenchef ließ von seinem Geliebten ab und sah ihn entgeistert an.

Der jedoch lachte nur und wandte sich dann ab um aus dem Fenster zu sehen. "Okay, ich hatte den Palast angegriffen... und gedroht alles und jeden zu töten... na ja, und dann haben sie rausgefunden, dass ich diesen einen Hohepriester auf dem Gewissen hatte... na ja, und auch noch ein paar Pharaonengräber durchwühlt und geplündert habe... also, nicht wirklich Dinge, für die sie einen feiern..."

"Na dann brauchst du dich wirklich nicht zu wundern."

"Du bist ein Idiot."

"Bitte?!"

Der Dieb drehte sich wieder um. "Ich sagte, du bist ein Idiot. Du hast mir gerade eben noch einen Vortrag gehalten über dämliche Liebesgeständnisse und jetzt krieg ich nur ein blödes 'Brauchst dich nicht zu wundern' hingeworfen."

"Könntest du mich bitte aufklären, was jetzt schon wieder ist?"

"Er wusste all das schon vorher. Er hat von Anfang an gewusst, wer seinen Kollegen umgebracht hat, wer seinen Vater fast abgemurkst hat und wer die Ahnen des Pharaos ausgeraubt hat. Und es war ihm egal. Aber kaum, dass ich im Palast aufkreuze, wendet er sich gegen mich. Am Morgen hat er mich noch vollgesäuselt, wie sehr er mich doch liebt und dann stellt er sich auf die Seite des Pharaos. Ich wollte ihn mit mir nehmen!"

"Du redest doch sicher von dieser ganzen Geschichte da, in der Yugi und so... eine Rolle spielen, oder?"

"Zum Mitschreiben für die ganz Langsamen unter uns: Der Pharao war der Geist des Millenniumspuzzles, ja... und der Priester... dieser eingebildete und großkotzige Hohepriester, der seinerzeit nie ein Spiel der Schatten verloren hat... war sein engster Vertrauter und späterer Erzrivale und hatte Augen, die blauer waren als Lapislazuli... und ich bin ihm nur begegnet, weil er diesen verfluchten Millenniumsstab mit sich herum geschleppt hat und ihn nie aus den Augen gelassen hat. Und mit diesem Scheißding hat er seinem tollen Pharao geholfen mich umzubringen."

Schweigen kehrte ein.

Mit einem knappen "Bis demnächst" öffnete Bakura schließlich die Terrassentür und ließ seinen Geliebten allein.

Der hatte nicht den leisesten Schimmer dass das eben Gehörte nur der Gipfel vom Eisberg war und der Grabräuber noch ganz andere Dinge durchgemacht hatte...
 

Wieder einmal war der Weißhaarige nicht in der Schule gewesen und wieder einmal war der junge Firmenchef derjenige, der ihm die Hausaufgaben brachte - dieses Mal allerdings auf eigenen Wunsch. Die Tür war offen gewesen, also hatte er nicht lange gefackelt und war einfach hineingegangen.

Die Wohnung war voll von achtlos hingeworfenen Kleidungsstücken und dreckigem Geschirr... Glasscherben... die Jalousien waren heruntergelassen... Kaiba hatte schon von diesen Leuten gelesen, die unfähig waren Ordnung zu halten... aber dass ausgerechnet sein Klassenkamerad dazugehören sollte...

Ein lautes Scheppern aus dem Badezimmer war zu hören.
 

Erschrocken zuckte Ryou zusammen, als Kaiba plötzlich hinter ihm stand und ihn unsanft am Oberarm packte und umdrehte. "Was tust du hier?"

"Die Hausaufgaben bringen, und was tust du?"

Der Hikari löste sich aus dem Griff des Größeren, drehte den Wasserhahn auf und hielt die blutige rechte Hand unter das eiskalte Wasser. Um ihn herum lagen Spiegelscherben auf dem Boden.

"Bist du auf einem Selbstzerstörungstrip?"

"Ich hatte schlechte Laune und musste mich abreagieren, zufrieden?" Angriffslustig funkelte Ryou den ungebetenen Besucher an und öffnete den Wandschrank, holte einen beinahe leeren Verbandskoffer heraus und versorgte seine Wunde. Die Übung in dieser "Disziplin" sah man ihm an, in weniger als zwei Minuten war die Blutung gestoppt.

"Du weißt schon, dass es allgemein als geisteskrank gilt, sich selbst zu verletzen, oder?"

Ein wütendes Zischen. "Ich sagte doch, es war keine Absicht! Und jetzt hör auf dich in meine Angelegenheiten einzumischen!"

Der junge Firmenchef zog ungläubig eine Augenbraue nach oben. Und da hatte Bakura ihn als Choleriker bezeichnet? Was war dann Ryou? "Wenn du so was öfter machst, solltest du vielleicht einen Psychiater aufsuchen."

"Glaub mir, ich bin der Letzte, der einen Irrenarzt braucht, Kaiba-kun."

"Ich meine es nur gut. Schwache Menschen schwächen starke Menschen. Ich will nicht, dass der andere Bakura-"

"Der andere Bakura, wie du ihn so schön nennst, ist auch so schon krank, dazu braucht er mich ganz sicher nicht."

Während Ryou sich lautlos fluchend die Hand vor den Mund hielt, runzelte Kaiba nur verständnislos die Stirn. "Was meinst du damit? Was hat er?"

"Er... nichts. Nichts. Du hast Recht. Ich sollte mich besser zusammenreißen." Leise seufzend strich der Hikari sich das weiße Haar aus dem Gesicht.

Erst jetzt fielen dem anderen die dunklen Augenringe auf.

"Danke für die Hausaufgaben, Kaiba-kun. Wenn Yugi-kun oder einer der anderen fragen sollte, dann sag ihnen bitte, dass ich in ein oder zwei Tagen wieder in die Schule komme."

"Mit welcher Begründung, warum du gefehlt hast?"

"... Magenverstimmung. Ich hab Sushi gegessen, das wohl nicht mehr so ganz frisch war."

"Du fehlst häufig."

"Ich bin ungeschickt, so was passiert mir eben häufiger. Sonst noch was? Ich würde mich sonst gerne wieder hinlegen."

Der junge Firmenchef schüttelte den Kopf und wandte sich zum Gehen. "Grüß den anderen Bakura..." Dann verschwand er.

Schweigend schloss Ryou die Tür hinter ihm ab und verschwand in seinem Schlafzimmer.
 

"Kaiba-kun!"

Genervt verdrehte der junge Firmenchef die Augen und verschränkte die Arme, als der ganze Kindergarten - bestehend aus Yugi, Jounouchi, Honda und Anzu - angerannt kam und ihm zuwinkte.

"Hallo!"

Murrend hob der Braunhaarige die Hand damit seine Klassenkameraden endlich kapierten, dass er sie mitbekommen hatte.

Die Gruppe kam wenige Meter vor ihm zum Stehen und ein naiv strahlender Yugi schaute zu ihm auf. "Warst du bei Bakura-kun? Wir wollen ihn besuchen. Wie geht es ihm?"

"Er hat da oben viele nackte Frauen und feiert eine wilde Party... Glotzt mich nicht so an! Er ist krank, wie geht es ihm da wohl?" Auch wenn Kaiba Ryou nicht wirklich mochte, ihn verraten konnte und wollte er nicht.

Honda lachte. "Das mit den Frauen wär uns aber lieber, stimmt's, Jounouchi?"

Der Blonde reagierte nur mit einem schiefen Grinsen und vermied dabei jeden Blickkontakt mit seinem Ex.

Der wiederum knirschte leise mit den Zähnen. Sollte er...? Schließlich gab er sich einen Ruck. "He, Köter. Hast du heute noch keinen Knochen gekriegt oder warum bist du so still?"

Der Rest des Kindergartens wandte sich in Erwartung einer der üblichen Streitereien gelangweilt ab und suchte die Klingel mit dem Namen Bakura.

Jounouchi knurrte sein ehemaliges Herrchen drohend an. "Lass mich mit diesem Scheiß endlich in Ruhe! Ich bin kein Hund und wenn ich einer wäre, dann wärst du nichts weiter als ein Hydrant zum anpissen für mich. Verstanden?"

Mit aufgesetztem Schmunzeln beugte der Größere sich runter. "Hunde, die bellen, beißen bekanntlich nicht."

"Hast du schon mal die Hand durch den Zaun gesteckt um das prüfen, oder warum bist du da so sicher?"

Ein kurzes Murmeln - "Früher hat es mehr Spaß gemacht, oder?" - schon war Jounouchi außer Gefecht gesetzt und konnte nicht mehr wütend auf seinen Ex sein, sondern einfach nur noch nicken.

"War es sehr anstrengend?"

"Was meinst du?"

Kühl und scheinbar desinteressiert beobachtete Kaiba einen herumlungernden Obdachlosen. "Das Zusammensein. Mit mir."

"W-wieso..?"

"Ich bin nur neugierig."

Aus dem Hintergrund drang Anzus Geplapper zu ihnen durch. "Yugi, bist du sicher, dass das der richtige Block ist? Ich find die Klingel nicht! Da stehen nirgendwo Namen drauf. Vielleicht sollten wir einfach überall klingeln."

Nachdenklich fuhr Jounouchi sich durch die blonde Mähne. "Ach, eigentlich..."

"Sei ehrlich."

Ein kurzer Seufzer. "Es war die Hölle. Ich wusste nie, woran ich war... ich... weiß es jetzt noch nicht einmal... du..."

"Ich?"

"Du hast mir nie gesagt, ob du irgendwas für mich empfindest..."

Ein kurzes, temperamentvolles Aufflackern war in Kaibas Blick zu sehen, als er sich zu Jounouchi umdrehte. "Und das fandest du schlimm? Wär es nicht viel schlimmer gewesen, wenn ich irgendetwas Romantisches gesagt hätte und dann noch drangehängt hätte, dass es nur ab und zu stimmt?"

Verwirrtes Blinzeln. "Ab und zu?"

Yugi, der das Gespräch schon ein Weilchen belauschte, lächelte bitter.

Gerade wollte der junge Firmenchef etwas sagen, als ihm bewusst wurde, dass Bakuras seltsames Liebesgeständnis nichts anderes war als das, was er Jounouchi nie hatte sagen können: dass er seine Nähe genoss, aber nicht sicher war, ob diese Zuneigung dauerhaft war.

Bakura hatte es gewagt und seine Gedanken ausgesprochen.

Kaiba nicht.

Der Grabräuber hatte auf Risiko gespielt und gewonnen.

Der Braunhaarige dagegen verloren.

Ein nachdenkliches "Hm..." murmelnd schaute der junge Firmenchef an dem heruntergekommenen Wohnblock nach oben, suchte unbewusst die Fenster von Ryous Wohnung. Schließlich schüttelte er den Kopf und wandte sich wieder Jounouchi zu. Sah ihn ernst an. "Ich hab dich gemocht. Aber nicht so wie du mich." Dann richtete er seinen Blick auf den restlichen Kindergarten, der inzwischen auszuknobeln begonnen hatte, welche Klingel zuerst betätigt werden sollte. "Lasst es sein."

Mit großen Augen sahen die drei ihn an.

"Er ist sowieso schlafen gegangen."

Ohne auf irgendeine Reaktion zu warten stieg der Braunhaarige in seine Limousine und ließ sich nach Hause fahren.

Verwirrt und mit hochroten Wangen schaute Jounouchi ihm hinterher.
 

Kaiba warf einen verstohlenen Blick über die Schulter.

Noch immer saß der andere so seltsam versteift auf der gegenüberliegenden Bettkante... hatte so viel Abstand wie möglich von ihm genommen.

Der Braunhaarige verstand nicht, was passiert war.

Eben war noch alles wie sonst... Bakura hatte über ihm gekniet, hatte ihn geküsst, ihm das Hemd herunter gerissen... und kaum, dass er ausnahmsweise mal den Spieß umdrehen wollte, und den Kleineren unter sich beförderte, wurde dieser noch blasser, als er sowieso schon war und verkrampfte sich... für einen Moment schien es sogar, als zitterte er...

Was sollte das? So ein ängstliches Verhalten passte gar nicht zu ihm.

"Bakura?"

"Hm?"

Der junge Firmenchef drehte sich um, bekam jedoch noch immer nur den Rücken seines Geliebten zu sehen. "Ist alles in Ordnung?"

Ein knappes Nicken, dann erhob der Weißhaarige sich.

"Du gehst?"

Der Millenniumsring glimmte auf und Ryou übernahm den Körper. Müde blickte er seinen Klassenkameraden an. "Es ist besser so. Yoru braucht erst einmal Abstand. Bis morgen in der Schule, Kaiba-kun." Schon fiel die Zimmertür ins Schloss und der Braunhaarige war wieder allein - jedoch nicht lange.

Wütend sprang er auf und folgte dem Hikari. "Hey, Ryou."

Der Angesprochene wandte sich um. Er wirkte etwas überrascht; dass der Braunhaarige ihn beim Namen nannte war ungewohnt. "Was ist?"

"Warum entscheidest du eigentlich immer für ihn?"

Ein erstaunter Blick. "Die meisten wären erleichtert, wenn ich das täte."

"Die meisten haben auch Angst vor ihm. Also, warum?"

Der Kleinere lächelte. "Es wäre vielleicht ratsam, wenn du auch ein bisschen Angst hättest. Und um auf deine Frage zu antworten: Er entscheidet für sich selbst. Aber wie du vielleicht weißt, fällt es nicht immer leicht, sich auch nach den eigenen Entscheidungen zu richten. Können wir jetzt gehen? Wir sind beide ziemlich müde."

Kaiba seufzte, nickte, zeigte auf die Tür und verschwand dann wieder in seinem Zimmer. Warum sprach der Junge nur immer in Rätseln? Langsam sollte er sich wirklich abgewöhnen, ihn überhaupt irgendwas zu fragen, immerhin brachte es nicht mal etwas. Jedes Mal war er danach nicht klüger als zuvor, sondern nur noch verwirrter. Grauenhaft.

Schließlich kehrten Kaibas Gedanken wieder zu dem Yami des Weißhaarigen zurück... zu dieser ängstlichen Seite, die er heute kennen gelernt hatte...

Dieses Verletzliche gefiel ihm genauso, wie es ihn abschreckte.

Eigentlich hasste er es, wenn das Bild, dass er sich von jemandem gemacht hatte, zerbrach... Aber dieses Wehrlose... und dann auch noch ausgerechnet bei Bakura... irgendwo hatte es schon seinen Reiz. Dummerweise stand Ryou in dieser Hinsicht gehörig im Weg und machte es nahezu unmöglich, die Ursachen für dieses Verhalten heraus zu bekommen.

Kaiba trat ans Fenster und beobachtete seinen Klassenkameraden, wie dieser das Grundstück verließ.

Was hatte Bakura durchgemacht?

Und warum verteidigte Ryou ihn so, ungeachtet all der Dinge, die er wegen ihm in der Vergangenheit hatte erleiden müssen?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  jyorie
2013-08-26T10:00:14+00:00 26.08.2013 12:00
Hey ^_^

Gefühls”Mist” und Liebe tut weh – alles andere ist Romatnischer Quark – XD ja, genauso stelle ich mir Bakura vor. Tja und an dem zertrümmerten Stuhl und dem Neid auf Hikai kann man wohl ablesen, das Seto nicht mit der Wahrheit leben kann. Es ist aber auch mutig, in gewissem Sinn, was Bakura gesagt hat – jetzt in diesem Moment liebt er ihn und er kann es nicht für immer versprechen. Eine liebe auf Gelegenheit eben.

Ich fand auch das Gespräch mit Joey interessant, da der Köter sein Herrchen ja sitzen gelassen hat, rechnet sich Joey jetzt wieder Chancen aus? Oh weh, armer Ryou, wenn tatsächlich der ganze Kindergarten bei ihm angetanzt wäre. Außerdem mag ich die Art, wie Ryou seine Yoru verteidigt.

Und ich fand es schlimm, das Seth damals so Sprunghaft war, wenn er doch vorher schon wußte, was Bakura alles getan hat, - es muß für den Dieb der Schmerzlich gewesen sein, das für Seth tatsächlich die Macht mehr gewogen hat als Gefühle. Nur weshalb kann er keine Berührungen zulassen?

Wieder ein schönes Kapitel.

CuCu Jyorie



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