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Bound to you

von
Koautor:  jastra93

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Gefangen

Ethan
 

Mein Schädel dröhnte wie niemals zuvor, als ich langsam zurück in die Wirklichkeit dämmerte. Hatte ich zu viel getrunken? Vielleicht war ich ja mit Ven feiern gewesen und wir hatten uns Beide die Kante gegeben?

Ich wusste es nicht, so sehr ich mich auch bemühte zu verstehen, woher die Kopfschmerzen kamen, es funktionierte nicht.

Nur langsam sickerte in meinen vom Schmerz leicht benebelten Verstand, dass es hier zu hart war, als das man es hätte als irgendein Bett bezeichnen können und zu kalt, um irgendwo in einer Wohnung zu sein.

Langsam öffnete ich meine Augen, blinzelte in den ersten Augenblicken. Es war dunkel – verdammt dunkel!

Ein wenig konnte ich erkennen, als meine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatte, aber viel war es bei weitem nicht.

Es war ein seltsamer Augenblick, als würde mit einem Mal ein Bild scharf werden, das die ganze Zeit verschwommen war und die Erkenntnis darüber, das meine Schmerzen nichts mit Feiern zu tun hatte, rauschte mit den Erlebnissen von gestern auf mich ein.

Wir waren gefangen wurden, jemand hatte uns in Jason und Janas Laden überrascht und mit einem heftigen Schlag auf den Hinterkopf ausgeschaltet!

Wo zur Hölle war Ven? Wo waren wir hier gelandet? Wer hatte uns das angetan? Was sollte das alles?!

Hatte es etwas mit den Männern zu tun, die uns auch im Schwimmbad angegriffen hatten? Hing die Sache womöglich mit unserem Besuch bei Daniel zusammen?!

Was verdammt noch einmal ging hier eigentlich vor sich?

Warum musste ich in diesen Mist geraten? Ich hatte doch niemals irgendetwas getan, was das alles rechtfertigen würde!

Sicher ich war nicht die Unschuld in Person, aber wer war das schon?

Ruhig, ich musste mich beruhigen...nur war das leider so viel einfacher gesagt als getan, wenn man an einem unbekannten Ort festsaß von Typen entführt, die man nicht kannte und von denen man nicht wusste, was sie vorhatten und was mit uns geschehen würde.

Nicht zu vergessen, die rasenden Gedanken, die sich in meinem Kopf gerade fröhlich austobten.

Es war ein furchtbares Gefühl...diese Panik, die in mir aufstieg und die ich nur mühsam unterdrücken konnte.

Ich entdeckte Ven schließlich bewusstlos am Boden, nicht weit weg von mir, rutschte zu ihm herüber und bemerkte dabei, das ein Gewicht an meinen Hand- und Fußgelenken zog.

Dieses Rasseln...! Verdammt man hatte uns angekettet!

„Na wunderbar...“, grummelte ich vor mich hin.

Das trug doch gleich dazu bei, das es einem viel besser ging! Seine eigene Zelle – oder was es auch immer war – mit Ketten an Händen und Füßen, was wollte man mehr?

„Ven!“, murmelte ich, rüttelte ihn leicht an der Schulter.

„Ven komm zu dir!“

Seine Augenlider zuckten und langsam aber stetig kehrte er aus der Bewusstlosigkeit in die Wirklichkeit zurück.

Er setzte sich auf, sah sich ein wenig desorientiert um.

Es schien ihm nicht viel besser als mir zu gehen, aber was erwarteten wir Beide auch? Ich gab es ungern zu, aber das hier...war zum Teil meine Schuld. Ich hätte besser auf sein Gefühl vertrauen sollen, denn wenn ich das getan hätte, dann säßen wir nun nicht hier.

„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte ich ihn besorgt.

„Geht so, ein wenig Kopfschmerzen...wo sind wir hier?“, erwiderte er, sah sich in unserer neuen 'Behausung' um.

Ich selbst hatte mir das alles bisher nicht zu genau angesehen...einerseits, weil in diesem schwachen Licht ohnehin kaum mehr zu erkennen war, als die Personen neben mir, andererseits, weil ich andere Sorgen gehabt hatte...da kümmerte mich die Einrichtung dieses Ortes relativ wenig.

Auch wenn ich zugeben musste, dass diese Gitterstäbe, der steinerne Boden unter uns, die Wände um uns, etwas sehr beunruhigendes an sich hatte.

Wir waren gefangen...wir wussten nicht von wem und warum, etwas, das mir ganz und gar nicht passte.

„Ich weiß nicht...ich bin hier aufgewacht, neben dir.“, setzte ich mit einem Seufzen an.

„Könntest du dich vielleicht um diese lästigen Handschellen kümmern? Dann sehen wir weiter...“, bat ich, streckte ihm die eigenen Hände entgegen.

Ven ließ ein Seufzen von sich hören – vermutlich passte ihm der Gedanke, hier eingesperrt zu sein, nachdem er Ewigkeiten in einer Vase gesteckt hatte, gar nicht – versuchte jedoch die Handschellen zu öffnen.

Nur irgendetwas...funktionierte nicht.

Ich sah ihm an, wartete darauf, dass etwas passierte und bemerkte wie er seine Stirn misstrauisch runzelte. Trotzdem öffnete die Handschellen sich nicht.

Gerade als ich zu einer Frage ansetzte, rissen seine Augen leicht auf. Wie von einem Blitz getroffen, schien sich eine Erkenntnis in seine Gedanken gebrannt zu haben.

„Onyx...die Handschellen sind aus Onyx.“, erklärte er murmelnd.

„Onyx? Was ist damit?“, wollte ich verwirrt wissen. Was spielte es denn bitte schön für eine Rolle, aus welchem Material seine Handschellen waren? Das war doch nur ein Stein!

„Dieser...Stein, also Onyx wirkt gegen Dschinnkräfte, Ethan. Ich kann nicht...mit diesen Handschellen kann ich nicht zaubern!“, beantwortete er meine Frage, sichtlich frustriert und...vielleicht sogar ein wenig verwirrt?

Nun war ich es, der die Augen aufriss.

Ven konnte nicht zaubern...konnte uns weder von den Handschellen befreien, noch mit Magie hier herausholen.

Nicht nur, das wir anscheinend in einer verdammt miesen Lage festsaßen, nein, wir konnten auch nicht heraus und dieser Jemand – wer auch immer es war und was seine Ziele sein mochten – wusste eindeutig, wie man mit Dschinn umzugehen hatte.

Warum hatte ich das Gefühl, dass sämtliche unserer Gewinnchancen gerade in heißer Luft verpufften?

Mit einem Seufzen lehnte ich mich gegen die Wände, bemühte mich darum, nicht all zu gereizt zu werden.

Es würde nichts bringen, wenn ich meine schlechte Laune an Ven ausließ, aber es war in dieser Situation einfach nur furchtbar schwierig, sich irgendwie zusammenzureißen.

Ich weiß nicht einmal genau, warum ich so gereizt werden wollte...gut, einerseits waren wir hier eingesperrt, aber...das störte mich wohl weniger als die Tatsache, dass ich nicht wusste warum, das ich keine Ahnung hatte, was hier passieren würde.

Vermutlich war es genau das, diese elende Unwissenheit, diese scheinbar endlose Warterei, die mich innerlich zum kochen brachte. Vielleicht mischte auch irgendwo ein wenig Angst mit hinein, aber zumindest töten würden sie uns wohl nicht – sonst hätten sie längst die Gelegenheit dazu gehabt.

Sie mussten irgendetwas anderes planen, die größte aller Fragen war nur: Was zur Hölle war das?!
 

Ven
 

Verdammt nochmal, was wurde hier eigentlich gespielt?!

Frustriert seufzend tat ich es Ethan gleich und lehnte mich an eine der kühlen Zellenwände. Es war furchtbar ärgerlich, wie viel wer-auch-immer - also der, der Schuld an diesem ganzen Desaster hier war - von uns zu wissen schien, während wir nicht einmal wussten, ob es sich überhaupt um einen Kerl handelte!

Und nun hatte ich nicht einmal meine Kräfte um uns hier rauszuholen. Denn die Handschellen waren aus Onyx. Na schönen Dank auch. Gleichzeitig aber gab mir diese Tatsache ein Rätsel auf. Denn eigentlich konnte ein 0815-Mensch gar nicht wissen, dass Onyx uns unserer Kräfte beraubte, solange es unsere Haut direkt berührte. Aber allein der Gedanke, dass es ein anderer Dschinn sein konnte, der uns hier hatte einsperren lassen jagte mir einen Schauer über den Rücken. Besser nicht darüber nachdenken, denn dann würden wir keine Chance haben, hier noch einmal heraus zu kommen...

Doch bevor ich noch weiter darüber nachgrübeln konnte, was denn nun los war öffnete sich plötzlich in der Dunkelheit ein kleiner Spalt, gerade groß genug um den Kopf eines Mannes zu sehen. Das musste die Tür sein, in der Dunkelheit waren mir die meisten Details entgangen und wirklich viel Licht spendete der Spalt nun auch nicht. Ich hätte es vorgezogen, im Dunklen zu bleiben, denn das, was der Kerl sagte, war nicht gerade aufbauend.

„Soso, die zwei Gefangenen sind aufgewacht...! Genießt ihr eure letzten Stunden?“, fragte er breit grinsend, woraufhin ich meine Augen verengte.

„Wovon reden Sie? Und wer sind Sie überhaupt?!“

„Wer ich bin geht weder dich noch deinen Freund da vorne etwas an. Und wovon ich rede habe ich doch eben gesagt. Aber macht euch keine Gedanken darüber, bald ist ohnehin alles vorbei.“

„Was zum Teufel wollen Sie von uns?!“ Dieser letzte Ausruf kam wütend von Ethan, welcher ebenfalls ziemlich frustriert aussah. Der Mann drehte seinen Kopf zu ihm und grinste nur noch breiter.

„Lass das mal unsere Sorge sein. Aber ich muss dir danken, wenn du die Warnungen deines Dschinn nicht so großzügig ignoriert hättest hätten wir euch womöglich nicht erwischt. Gut gemacht!“ Als er dann sah, wie Ethan sich verspannte - vermutlich war diesem das selbst bereits klar gewesen, auch wenn ich ihm nicht die Schuld dafür gab, immerhin war er sicher irgendwo auch fertig gewesen nach den ganzen Ereignissen - lachte er auch noch, bevor er weitersprach.

„Wie auch immer, ich hole euch etwas zu essen um euch den Aufenthalt auch so angenehm wie möglich zu gestalten, ja? Ich will schließlich nicht, dass sich unsere ‚Gäste‘ nachher noch unwohl fühlen.“

Damit schlug er das Fenster wieder zu und Dunkelheit kehrte in die Zelle zurück. Unsicher sah ich zu Ethan um herauszufinden, ob ihn der Kommentar von vorher noch belastete, aber durch das Licht hatten sich meine Augen noch nicht wieder an die Dunkelheit gewöhnt und ich sah nur Schwärze.

Vorerst würden wir also wohl tatenlos warten müssen, bis dieser Kerl mit dem Essen wiederkam, welches dann hoffentlich wenigstens einigermaßen in Ordnung war... es musste ja nicht viel sein, aber so langsam bekam ich doch Hunger, immerhin hatte ich seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Vorausgesetzt, es war überhaupt noch der gleiche Tag, hier in der Dunkelheit ließ sich nicht abschätzen, ob es Tag oder Nacht war...

Aber ich wusste eins: Sobald wir hier wieder heraus kamen - und wir würden hier wieder heraus kommen, zumindest versuchte ich so optimistisch zu sein- würde ich diesem Typ ordentlich in den Hintern treten...!

„Ich hoffe der Kerl erstickt an seinem Lachen!“, grummelte Ethan schließlich missgelaunt und ich nickte - auch wenn er das vermutlich nicht sehen konnte.

So saßen wir danach schweigend herum, bis wenig später die Tür erneut aufging, dieses Mal ganz, und uns der Kerl von eben das Essen brachte. „Guten Appetit die Herrschaften...!“, meinte er grinsend als er das Zeug vor uns abstellte. Wenn ich es so ansah, immerhin besser als trockenes Brot. Es schien Kartoffelbrei zu sein und hey, es gab sogar Fleisch. Eine ziemlich kleine Scheibe zwar, aber immerhin schienen diese verrückten Entführer uns nicht verhungern lassen zu wollen. Aufbauend...

Der Kerl stellte noch einen Wasserkrug dazu, bevor er wieder verschwand. Allerdings nicht, ohne beim herausgehen noch einmal zu lachen, ohne zu ersticken, leider, und die Tür - natürlich - wieder komplett zu schließen. In der Dunkelheit sah ich auf die Stelle hinunter, wo das Essen stand.

„Was meinst du, wie wahrscheinlich ist es, dass da irgendetwas drin ist, was nicht da rein gehört...?“, fragte ich vorsichtig, während sich meine Augen langsam wieder an die Dunkelheit gewöhnten.

„Keine Ahnung, aber wenn sie uns hätten umbringen wollen dann säßen wir jetzt nicht mehr hier, oder?“, kam die Antwort von Ethan, immer noch ziemlich verstimmt - verständlicherweise.

„Das stimmt wohl...“ Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass wir wem-auch-immer einen Gefallen täten, wenn wir das Zeug essen würden. Andererseits war ich durchaus hungrig und Ethan hatte Recht, hätten sie uns töten wollen hätten sie das bereits getan. Also nahm ich vorsichtig etwas von dem Kartoffelbrei auf die Gabel, die der Kerl uns dazu gegeben hatte. Es roch wie normaler Kartoffelbrei und als ich schließlich davon kostete, schmeckte es auch nicht anders. Im Gegenteil, es schmeckte sogar ziemlich gut.

Das Fleisch testete ich ebenfalls, aber es schien ebenfalls alles in Ordnung zu sein, zumindest konnte ich nichts Verdächtiges feststellen und tot umgefallen war ich auch noch nicht. Daher aß ich das Essen schließlich in der Hoffnung, mich nicht geirrt zu haben. Und für ein Essen, was man Gefangenen servierte war es wirklich gut. Auch wenn mich das nicht weniger misstrauisch machte was denn nun los war, eher im Gegenteil.

Als ich schließlich aufgegessen hatte, immer noch ohne etwas verdächtiges zu bemerken griff ich zum Wasserkrug. Doch auch hier fiel mir partout nichts auf, was auf etwas schließen ließ, dass dort nicht hin gehörte... also gab ich die Suche schließlich auf und trank meinen Teil, bevor ich Ethan den Rest des Wassers überließ.

Nachdem er nun auch fertig war, saßen wir einmal mehr schweigend herum, auf irgendetwas wartend, was möglicherweise passieren konnte. Was hätten wir auch groß sagen sollen? Wir waren beide recht frustriert, dass wir nicht wussten was vor sich ging und so herrschten wir uns zumindest nicht gegenseitig an.

Allerdings bemerkte ich nach einer Weile, wie mir die Lider immer schwerer wurden. Waren wir wirklich schon so lange hier unten wach gewesen? Allerdings hatte ich eine andere Befürchtung, als ich Ethan neben mir gähnen hörte. Irgendwas schien doch im Essen gewesen zu sein...! Aber ich verstand beim besten Willen nicht, warum zum Henker wir schlafen sollten, hier unten bekamen wir doch ohnehin nichts mit.

Leider hatte ich nicht mehr wirklich viel Zeit, denn während ich versuchte, gegen die Müdigkeit anzukämpfen - Ethan war neben mir bereits kurz danach eingeschlafen, scheinbar wirkte das Schlafmittel bei Menschen schneller - sah ich nur noch, wie sich erneut die Tür öffnete und jemand den Raum betrat um mit einem Blick auf mich irgendwas in Richtung ‚Du brauchst dich nicht dagegen zu wehren, es ist ohnehin zwecklos.‘ zu äußern - in einer Stimme, die mir vage bekannt vorkam - bevor er in meine Richtung ging und ich schließlich die Augen nicht mehr offen halten konnte und noch bevor die Person mich erreichen konnte eingeschlafen war.
 

Ethan
 

Ein seltsames Rascheln um mich herum, war das erste, was ich hörte, als ich zum zweiten mal in dieser Zelle meine Augen aufschlug.

Wie hatte ich nur so dumm sein können und einfach angenommen, das Zeug könnte ungefährlich sein?

Anscheinend war es nur ein Schlafmittel gewesen und kein tödliches Gift, aber dennoch...ich hätte es nicht essen sollen!

Lautlos seufzte ich, versuchte meine Augen wieder an das Dunkel zu gewöhnen, doch viel mehr erkennen, konnte ich noch nicht.

Nur eine Feststellung durchfuhr mich wie ein Blitz.

Ven war weg.

Erschrocken setzte ich mich auf, rief seinen Namen in die Dunkelheit hinein, in der Hoffnung, er säße nur zu weit entfernt, um ihn zu erkennen, doch...ich erhielt keine Antwort.

Kein Atmen war zu hören, kein Lebenszeichen um mich herum und das Rascheln zuvor, musste meine eigene Kleidung gewesen sein, als ich mich im Schlaf bewegt hatte.

Verdammt! Wo war Ven hin verschwunden, was hatten sie mit ihm gemacht?! Lebte er überhaupt noch? Hatten sie ihn verletzt? Was wollten diese verdammten Mistkerle eigentlich von uns?!

Solange Ven bei mir gewesen war, hatte ich zumindest gewusst, dass wir Beide lebten und unversehrt waren, doch jetzt, da sie uns von einander getrennt hatte, nagte die Unwissenheit an mir und meinem ohnehin viel zu dünnen Nervenkostüm.

Zu weit weg konnte er eigentlich nicht sein, immerhin kam er nicht hundert Meter von mir weg...sofern er denn noch lebte.

Ich schimpfte mich selbst für den letzten Gedankengang aus, konnte jedoch nicht verhindern, dass ich mir auf die Lippe biss.

Sie hatten gesagt, bald wäre alles vorbei...was war, wenn sie den Tod des Dschinns damit gemeint hatten? Wenn sie ihn für etwas gefangen und gebraucht hatte und mich dabei wohl oder übel hatten mitschleppen müssen?

Würden sie mich hier in der Dunkelheit verrotten lassen?!

Nein...ich musste ruhig bleiben, durfte die Angst und die Panik nicht über meinen Verstand triumphieren lassen, das würde mich kein Stück weiterbringen und in dieser Warterei nur vollkommen wahnsinnig machen.

Ich zog die Knie an den Körper heran, bettete meinen Kopf darauf und versuchte, mich selbst zu beruhigen, mir einzureden, das alles gut werden würde, aber...wie?

Wer sollte uns hier schon helfen? Keiner wusste Bescheid, was geschehen war und Himmel...was wohl mit Jason und Jana geschehen war?! Wenn sie uns in ihrem Laden hatten abfangen können, saßen die Beiden womöglich auch in einer Zelle hier fest!

Dann wären selbst die letzten Personen, die uns hätten helfen können, aus dem Weg geschafft.

Ansonsten wusste niemand, was Ven war...

Ich schüttelte den Kopf, um die trüben Gedanken zu vertreiben, aber es wollte mir nicht so recht gelingen.

Wie denn auch, wenn ich keine Fakten hatten, die mich irgendwie beruhigen konnten? Wenn alles, was mir irgendwie in den Sinn kam, nur noch mehr zu meiner Beunruhigung beitrug?

So sehr ich mich bemühte, eine innere Ruhe zu finden, es war zwecklos und es wurde nicht besser durch die Tatsache, dass mit einem Mal Schritte zu hören waren.

Sie wurden lauter...kam jemand auf mich zu? Zu dieser Zelle hier?

Hatten sie irgendetwas vor?

Ein Teil von mir spannte sich innerlich ängstlich an, aber zumindest nach außen hin schaffte ich es, vollkommen ruhig zu wirken, verbarg die Angst, die mich nicht loslassen wollte, hinter einer Maske aus Wut, die noch immer in mir brodelte.

Ja, ich sollte diese Wut heraus lassen, die Gereiztheit zulassen, dann konnte ich mich nicht zu sehr damit beschäftigen, ängstlich zu sein, hatte keine Gelegenheit mehr, diese Panik zu spüren.

Die Tür öffnete sich und der Kerl von vorher trat ein.

„Na? Vermisst du deinen kleinen Dschinnfreund schon?“, spottete er.

Was sollte das? Was zur Hölle bezweckte er mit dieser Aktion?!

Ich fixierte ihn mit einem wütenden Blick, starrte ihn eine ganze Weile lang schweigend an.

Meine Lippen bebten vor Zorn, es war schwierig, ihm keine Beleidigung an den Kopf zu werfen, die ihn zu sonst was hätte provozieren können.

„Was habt ihr mit ihm gemacht?!“, zischte ich den Kerl vor mir an.

Es amüsierte ihn mehr, als es ihn erzürnte...einerseits wohl gut für mich, andererseits etwas, was mir ungeheuer auf die Nerven ging.

„Och, wir dachten, ihr wollt ein wenig Ruhe vor einander haben, die ganze Zeit so eng zusammen zu sein, muss euch doch auf die Nerven gegangen sein?“, scherzte der Kerl mit einem fiesen Grinsen.

Okay...so bekam ich keinen Ton aus ihm heraus, es amüsierte ihn zu sehr, dass ich mich ärgerte.

Wie es Ven wohl ging? Ob sie planten, uns gegen einander auszuspielen oder dergleichen?

Es machte mich wahnsinnig, nicht zu wissen, was diese Kerle vorhatten!

So konnte ich mir keine Taktik dagegen überlegen, nur wild herum spekulieren.

Vielleicht sollte ich es auf ein kleines Spielchen ankommen lassen? Hier hatte ich nicht viel zu verlieren...

„Zu gütig von euch...ah diese Ruhe...“, erwiderte ich, lehnte mich genussvoll seufzend zurück.

Die Wut musste versteckt bleiben, zumindest einen Moment lang.

Mein Plan schien aufzugehen, der Kerl ging auf die Provokation ein.

„Dann macht es dir also nichts aus, dass dein Dschinnfreund Probleme hat?“, fragte er mit einem fiesen Grinsen nach.

Es war mir klar, dass er versuchte, mich aus der Reserve zu locken, nur schien er dabei zu übersehen, was er mir an Informationen zukommen ließ.

Ven hatte also Probleme? Nun gut, dass hieß zumindest, er lebte noch...auch wenn ich nicht wusste, was genau mit ihm passierte – oder viel mehr passiert war.

„Nein, nicht wirklich, ich meine mir geht’s gut, warum sollte ich mich um diesen Dschinn sorgen? Ich wollte immerhin nichts mit ihm zu tun haben, es ist einfach so passiert, er ist förmlich in mein Leben gedonnert – und war einfach nicht mehr herauszubekommen!“, erwiderte ich, bemühte mich darum, möglichst gleichgültig mit den Schultern zu zucken.

Was war dieses fieses Grinsen auf dem Gesicht dieses Kerles?!

„Ach? Dann war der Kuss in eurer Schule also eine Übung für eine Schauspielgruppe oder wie? Uns machst du nichts vor!“, lachte er.

Verdammt...er hatte mich erwischt! Ich konnte nicht anders, als ihn vollkommen geschockt anzustarren, denn damit hatte ich beim besten Willen nicht gerechnet.

„Mal schauen, ob wir ihn nicht zu Kooperation bekommen, so nahe, wie ihr euch eindeutig zu stehen scheint...“, säuselte der Kerl in einem Tonfall, der mir überhaupt nicht zusagte.

Oh nein! Was hatten sie mit Ven nur vor?

Ich musste etwas tun, aber...was zur Hölle?! Was könnte ich schon ausrichten? Ich war ein Mensch, ankettet an eine Wand in einer finsteren Zelle.

Selbst wenn ich es noch so sehr wollte, ich kam nicht hier heraus, konnte nichts tun, um ihm zu helfen.

Erst als ein Rinnsal Blut mir das Kinn herunter rann, wurde mir klar, dass ich mir die Lippe aufgebissen hatte, bei diesem Gedanken.

Nichts...egal was ich wollte, ich konnte ihm nicht helfen, konnte ihn nicht beschützen, nur hier sitzen, nichts tun und warten.

Ein Anblick, den der Kerl vor mir sichtlich zu genießen schien.

„Ach so gerne ich dir noch ein Weilchen hier zuschauen würde, ich muss leider wieder von dannen ziehen...wünsche noch einen angenehmen Aufenthalt!“, lachte er, schlug die Tür hinter sich zu und ließ mich in der Dunkelheit zurück.

Einzig und alleine sein Lachen, das in meinen Ohren widerhallte, durchbrach die quälende Stille noch für eine Weile.
 

Ven
 

Das erste was ich spürte, als ich wieder aufwachte und mich langsam aufsetzte war der Schmerz in meiner Magengegend. Und ich fürchte ich wusste auch, vorher er kam. Irgendwie hatten die Kerle es geschafft, nicht nur Schlafmittel unter das Essen zu mischen sondern mir zusätzlich Onyxpulver unterzujubeln. Naja, Ethan hatte es möglicherweise auch gegessen aber ihm machte es vermutlich nichts aus, so als Mensch. Verdammt, ich hätte das Zeug nicht anfassen sollen...

Als ich schließlich auch die Augen öffnete fiel mir noch etwas auf. Ich war während ich geschlafen hatte von der Zelle in einen anderen Raum gebracht worden. Dieses Zimmer hier war komplett weiß, Möbel- und Fensterlos und mit einer grell leuchtenden Lampe an der Decke. Aber davon abgesehen fiel mir eine viel wichtigere Sache auf.

Ich war allein.

Wo zum Henker war Ethan? Ich konnte nur hoffen, dass er okay, und ich demnach keine einhundert Meter von ihm entfernt war.

Während ich noch versuchte mich zu beruhigen und die Schmerzen zu verdrängen - vergessen konnte ich sie nicht, das hatte ich bereits versucht als ich als kleines Kind einmal versehentlich etwas Onyx verschluckt hatte - öffnete sich eine Tür, die so weiß war, dass ich sie im ersten Moment gar nicht erkannt hatte. Und herein trat der bereits wohlbekannte Kerl, der uns auch das Essen gebracht hatte, gefolgt von einem weiteren, etwas kleineren Mann, den ich ebenfalls nach kurzer Überlegung wiedererkannte. Es war einer der Typen aus dem Schwimmbad. Also hatten die Ereignisse doch miteinander zu tun gehabt...!

Ich war den Beiden trotz der Schmerzen einen hasserfüllten Blick zu und sie lachten.

„Was denn, hat dir das Essen nicht geschmeckt? Hast du etwa Bauchschmerzen?“, fragte der Größere gespielt mitleidig, was so gar nicht zu seinem hämischen Grinsen passte. Ich schwieg.

„Aber mal zu was ganz anderem.“, fuhr er ungerührt fort nachdem er scheinbar keine Lust mehr hatte auf eine Antwort zu warten. „Ich glaube, dass dein sogenannter ‚Freund‘ ganz froh ist, dich los zu sein.“ Noch bevor ich viel mehr tun konnte als verwirrt zu schauen zog er ein Diktiergerät aus der Tasche.

„Hör mal:“

Er schaltete es an.

„Och, wir dachten, ihr wollt ein wenig Ruhe vor einander haben, die ganze Zeit so eng zusammen zu sein, muss euch doch auf die Nerven gegangen sein?“ , schallte es augenblicklich daraus hervor, eindeutig die Stimme des Kerls. Was mich viel mehr überraschte war die Antwort.

„Zu gütig von euch...ah diese Ruhe...“ Ethan?!

„Dann macht es dir also nichts aus, dass dein Dschinnfreund Probleme hat?“

„Nein, nicht wirklich, ich meine mir geht’s gut, warum sollte ich mich um diesen Dschinn sorgen? Ich wollte immerhin nichts mit ihm zu tun haben, es ist einfach so passiert, er ist förmlich in mein Leben gedonnert – und war einfach nicht mehr herauszubekommen!“

Ich biss die Zähne zusammen während der Kerl das Gerät stoppte. Das sollte Ethan gesagt haben? Es klang schon nach ihm, aber...

„Das ist eine Lüge.“, knurrte ich und ging wieder dazu über, die Männer böse anzustarren. Doch nun kam der Bulligere der Beiden - der, der uns vorher bereits verspottet und gerade das Diktiergerät weg gesteckt hatte - auf mich zu und ergriff lächelnd mein Kinn, zwang mich, ihn anzusehen.

„Glaub mir Junge, das ist die Wahrheit. Dein ach-so-toller Freund ist froh, dich endlich los zu sein. Aber keine Sorge, wir achten darauf, dass es auch so bleibt. Du willst ihn doch schließlich nicht nerven, oder? Das einzige, was du dafür tun musst ist brav zu sein.“

Ich hob meine immer noch mit Handschellen aneinander geketteten Arme und schlug seine Hand weg. „Vergiss es!“

Allerdings schien das wohl keine gute Idee gewesen zu sein, denn sein Gesicht verfinsterte sich, bevor er böse lächelte.

„Gut, wie du meinst. Rob, die Spritze!“

Nun trat auch der andere Kerl vor und erst jetzt sah ich das spitze Ding in seiner Hand. Und ich war mir ziemlich sicher, dass ich nicht wissen wollte was da drin war...

Dummerweise sah es so aus, als würde ich es gleich erfahren, als der stämmigere Kerl begann, mich festzuhalten. Ich versuchte mich zwar, gegen ihn zu wehren, aber ohne meine Kräfte war ich einfach kein Gegner für ihn. Dafür schien es dem Kerl regelrecht Spaß zu machen, zuzusehen wie ich versuchte, mich zu befreien, bevor er wieder zum Sprechen ansetzte.

„Weißt du was da drin ist, kleiner Dschinn?“

Ich schüttelte langsam den Kopf.

„Onyxlösung.“

Meine Augen weiteten sich. Damit hatte selbst ich nicht gerechnet. Verdammt!

Es war schlimm, Onyx zu essen, aber es direkt ins Blut gespritzt zu bekommen... es würde nicht tödlich sein, aber gerade das machte es so furchtbar.

Ich verdoppelte meine Bemühungen irgendwie von dem Typen los zu kommen und wurde immer panischer, je näher ‚Rob‘ kam. Aber ich konnte nichts tun außer hilflos zuzusehen, wie der eine Kerl meinen Arm ausstreckte und ruhig hielt, während der Andere schließlich zustach und den gesamten Inhalt in mein Blut gab.

Augenblicklich durchfuhr mich ein Schmerz, der fast sofort meinen gesamten Körper durchzog und sich anfühlte, als bestünde mein Blut aus flüssigem Feuer. Ich schrie und einer der beiden Kerle - ich war von den Schmerzen zu benebelt um zu erkennen welcher - lachte auf.

Die Spritze wurde aus meinem Arm gezogen und beide Männer traten ein paar Schritte zurück, um zu beobachten, wie ich mich auf dem Boden krümmte.

Keine Ahnung wie lange sie da standen und sich an meinem Anblick weideten, mein Gehirn war zu sehr mit dem Onyx im Blut beschäftigt, ich wusste nur, dass sie irgendwann verschwunden waren.

Was blieb war der Schmerz und anders als wenn man Onyx aß hatte ich nicht die leiseste Ahnung, wie lange es dauern würde bis die Lösung aus dem Körper verschwunden war.

So lag ich, halb verrückt vor Schmerzen, auf dem Boden und wartete. Wartete, dass irgendetwas passieren würde - vorzugsweise etwas, wodurch es mir besser gehen würde - aber in so einem Raum, wo das Licht immer konstant blieb war es unmöglich, abzuschätzen wie viel Zeit hier verging.

Irgendwann - Minuten, Stunden, es fühlte sich an wie eine halbe Ewigkeit - begann der Schmerz dann langsam schwächer zu werden. Sicher, er war längst nicht verschwunden, aber das Feuer in meinen Adern begann sich zu legen, wurde zu einem Brennen...

Und dann flog die Tür auf. Ich öffnete die Augen - welche ich irgendwann geschlossen hatte um das Weiß nicht mehr sehen zu müssen - und versuchte zu erkennen, wer da eingetreten war.

Es war keiner der beiden Männer von vorher und erst verwirrte mich diese Tatsache, bis mich die Erkenntnis wie ein Blitz durchfuhr.

Es war mein Vater.

Ich wollte aufstehen, ihn fragen wie er mich gefunden hatte, irgendwas, aber mein Körper gehorchte mir nicht, weshalb ich nur zusehen konnte wie er den Raum durchquerte und mich hoch hob.

„Keine Sorge Ven, alles wird gut. Ich hol dich hier raus und wir verschwinden, ja?“, redete er mir sanft zu, bevor er die Handschellen zerstörte - er berührte den Stein immerhin nicht - und diesen verdammten Raum mit mir verließ. Aber ich wusste, dass wir jetzt nicht einfach so gehen konnten.

„Ethan...“, murmelte ich schwach und war schon froh, dass ich das Wort überhaupt herausbringen konnte.

„Wie bitte?“

„Müssen... ihm helfen...“

Er sah mich kurz stirnrunzelnd an, bevor er nickte.

„Meinetwegen. Wo ist er?“

Ich schüttelte leicht den Kopf. Ich wusste nicht einmal wo ich war, geschweige denn wie wir hier her gekommen waren.

„In Ordnung, ruh dich aus, ich suche ihn.“

Was darauf folgte war eine mir endlos vorkommende Zeit, in der mein Vater durch die verschiedensten Gänge und Türen lief. Ich hätte dort wohl selbst bei vollem Bewusstsein die Orientierung verloren, aber irgendwann öffnete begann er Türen zu öffnen, hinter denen es komplett dunkel war und Lichtkugeln zu beschwören, um besser sehen zu können. Soweit ich das beurteilen konnte waren sie alle leer, bis...

„Ven?!“

Ich sah in die Richtung, aus der der Ruf gekommen war.

„Ethan...“

Mir war, als würde einiges an Anspannung von mir abfallen als ich ihn in der Zelle - denn das mussten die dunklen Räume gewesen sein - sitzen sah. Soweit ich das beurteilen konnte schien es ihm gut zu gehen und das reichte mir, um die verbleibenden Schmerzen nun auch noch ertragen zu können.

Wir waren gerettet.



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