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Das Leben geht ungeahnte Wege

Die Präsidententochter und der Soldat
von

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Entführt

Die Sonne begann am bereits am Himmel zu versinken und die Grillen stimmten ihr Lied an. Ein leichter Wind fuhr durch die Gräser der Wiesen, die die Landstraße säumten über die Ashley vorsichtig ihren Wagen lenkte. Obgleich sie ihren Führerschein schon ein Jahr hatte, so fuhr sie doch immer sehr vorsichtig. Sie wollte in gar keinem Fall einen Unfall riskieren und somit ihren Führerschein. Eines der wenigen Dinge der Freiheit, die ihr Vater ihr gewährte. Aber wahrscheinlich auch nur, damit sie auf das von ihm ausgesuchte College gehen konnte. Obgleich sie sich dort nicht wohl fühlte, wäre sie doch lieber dort geblieben, als nach Hause zu ihren Eltern nach Washington zu fahren. Dort würde es ätzend langweilig werden. Nicht aus dem Haus zu können, ohne Begleitschutz, keine noch so kleine Party und auch keine wirklichen Freunde. Wie sollte man die auch haben, wenn man nie wirklich aus dem Haus kam? Das war auch schon vor der Ernennung ihres Vaters, Henry Graham, zum Präsidenten so gewesen. Sie war immer nur sein kleines Prinzesschen gewesen, war immer bewacht und behütet worden. Und das viel zu viel. Ashley war nun weiß Gott nicht sehr abenteuerlustig, aber etwas mehr Aufregung hätte sie sich schon gewünscht. Und vor allem einen Freund. Ashley war nun wirklich nicht hässlich, ganz im Gegenteil. Sie war durchschnittlich groß, von Natur aus sehr schlank und hatte blonde, halblange Haare und hellbraune Augen. Und auch ihre Oberweite war zwar nicht überdimensioniert, aber doch recht üppig. Nein, über mangelnde männliche Aufmerksamkeit hatte sie sich noch nie beschweren können. Doch egal mit wem sie je nach Hause gekommen war, ihr Vater hatte ihn niemals akzeptiert. So war sie noch immer unbefleckt und das mit siebzehn! Wahrscheinlich würde sich das erst ändern, wenn sie endlich achtzehn geworden war, erwachsen vor dem Gesetzt und ihr eigenes Leben leben konnte.

Als sie in den Wald kam, bemerkte sie plötzlich ein blinkendes Licht mitten auf der Fahrbahn. Sie drosselte sofort die Geschwindigkeit und fuhr langsam darauf zu. Erst, als das Licht ihrer Autoscheinwerfer die rot-weißen Balken berührte, erkannte sie, dass es eine Straßensperre war. Aber wieso? Es gab hier keine Brücken, keine Abhänge und die Straße war vor einigen Monaten noch völlig in Ordnung gewesen. Außerdem war es eine Hauptstraße. Also wieso war sie abgesperrt. Ashley schaltete den Motor ab und stieg aus dem Auto aus. Irgendetwas stimmte da doch nicht. Sie sah sich um, konnte aber nirgends etwas entdecken.

Plötzlich legte sich von hinten ein Arm um ihren Hals und sie wurde an einen sehr kräftigen Körper gepresst, während eine Hand ihr einen Lappen vor Mund und Nase drückte, der mit irgendetwas sehr stark riechendem getränkt war.

Chlorophorm! Ashley versuchte sofort den Atem anzuhalten, aber durch den Schreck japste sie weiter nach Luft und ehe sie sich versah, wurde ihr schwarz vor Augen.
 

Das nächste, was Ashley wahr nahm, war das Brummen eines Motors und dumpfe Stimmen. Und schreckliche Kopfschmerzen. Wohl eine Nachwirkung des Chlorophorm. Wo war sie? Sie schlug vorsichtig die Augen auf, konnte aber dennoch nichts als Schwärze erkennen. Sie lag auf der Seite und spürte jetzt, da sie versuchte sich zu bewegen, dass sie an Händen und Füßen gefesselt war. Erst allmählich begann ihr Verstand diese Informationen zu verarbeiten und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Sie wurde entführt! Nackte Panik begann sich ihrer zu bemächtigen und sie versuchte sich aufzurichten. Doch sie konnte sich so gut wie gar nicht rühren. Nicht nur durch die Fesseln, sondern auch da sie in einem sehr engen Raum zu liegen schien, der so gut wie gar keine Bewegungen zuließ. Das Brummen eines Motors war zu hören und erst jetzt bemerkte sie das leichte Schaukeln. Sie war offensichtlich in einem Kofferraum gefangen. Verzweifelt versuchte sie ihre Panik nieder zu kämpfen. Sie lauschte auf ihre Umgebung und auf die Männerstimmen, die aus dem Wageninneren drangen. Zwei, oder mehr Männer. Doch sie waren zu gedämpft, als dass Ashley verstehen konnte, was sie sagten. Wer waren die Typen? Und was wollten sie von ihr? Wieder stieg nackte Angst in ihr auf, als sie sich ausmalte, was diese Typen alles mit ihr vorhaben könnten.

Plötzlich spürte sie, wie der Wagen langsamer wurde und schließlich ganz anhielt. Kurz darauf hörte sie, wie sich die Türen öffneten und sich schwere Schritte ihr näherten. Dann wurde der Kofferraum geöffnet. Ashley krümmte sich vor Angst zusammen und starrte panisch den kräftigen Mann an, der vor ihr stand. Er war mindestens noch einen Kopf größer als sie – und sie war nicht gerade klein - und unheimlich muskulös. Ein roter Militärbarett bedeckte sein Strohblondes Haar und auch sonst war seine Kleidung wie die eines Soldaten. Was Ashley aber noch viel mehr Angst machte, war sein Gesicht. Ein kalter, berechnender Ausdruck lag auf ihm und eisblaue Augen blickten unendlich kalt auf sie herab. Auf seiner linken Gesichthälfte zog sich eine markante Narbe von seinem Kinn an, über seinen Mund bis über sein linkes Auge, was ihm zusätzlich etwas sehr grimmiges verlieh.

Ashley versuchte sich noch tiefer in den Kofferraum zu drücken, doch der Mann packte sie einfach an den Seiten, hob sie mühelos aus dem Kofferraum und lud sie sich über die Schulter. Jetzt erkannte sie auch, wo sie gehalten hatten. An einer kleinen Hütte, die mitten im Wald zu liegen schien. Aus den Fenstern drang Licht und auch Stimmen. Außer dem Auto, in dem sie transportiert worden war – das so ganz nebenbei ihr eigenes war – standen noch drei große Militärgeländewagen an der Hütte. Dann drehte der Mann sich um und trug sie in die Hütte.

„Lief doch wie geschmiert!“ hörte sie einen Mann sagen.

„Das schwierigste wäre damit geschafft!“ sagte ein anderer.

Plötzlich blieb er stehen und ließ sie, nicht gerade sanft auf ein Sofa fallen. Ashley blickte sich vorsichtig um. Der Raum war nicht sehr groß und wohl auch nicht der einzige der Hütte. Mindestens vier weitere Männer hielten sich hier auf, die nun auf das Sofa zukamen und auf sie herab sahen.

„Miss Graham! Erfreut sie bei uns begrüßen zu können!“ sagte einer von ihnen. Genau wie der Mann, der sie in die Hütte getragen hatte, war auch er in Militärsachen gekleidet, hatte jedoch schwarze halblange Haare und einen spanischen Akzent.

„Wirklich hübsche Beute!“ sagte der neben ihm stehende. Er trug keine Tarnkleidung, sondern eine alte schmuddelige Jeans und ein Holzfällerhemd. Sein Gesicht wurde von einem dunkelbraunen Dreitagebart beherrscht und auch seine Haare waren nicht sehr gepflegt. Aber noch mehr machte ihr der Blick Angst, mit dem er sie maß, denn er war eindeutig sehr anzüglich.

„Und wie geht’s nun weiter, Chef?“ fragte er und sah den Mann an, der Ashley hereingetragen hatte.

Dieser schwieg einen Augenblick und sah Ashley dabei durchdringend an. Ashley krümmte sich vor Angst und versuchte sich jeden Laut zu verkneifen.

„Wir bleiben den Rest der Nacht hier und ruhen uns aus!“ sagte er schließlich. Seine Stimme war sehr tief und rau. Eher ein dunkles, heiseres Brummen, wie wirkliches Sprechen.

„Und morgen machen wir uns auf den Weg zum Versteck!“

Er wandte sich um und verließ die Hütte.

Die beiden Männer blieben stehen und starrten weiter auf Ashley herab.

„Hey, Carlos! Was meinst du? Ist unser Gast noch Jungfrau?“ sagte der schmierige Typ und nahm einen Schluck aus einem Flachmann. Der Geruch nach starkem Alkohol drang bis zu Ashley herab.

„Keine Ahnung, Buddy!“ grinste der andere. „Aber wenn sie es noch ist, dann nicht mehr lange!“ sagte er und grinste noch breiter.

Ashley begann vor Angst zu beben. Eine der Dinge, vor denen sie sich immer mehr als alles andere gefürchtet hatte, war vergewaltigt zu werden.

Plötzlich beugte sich der mit Buddy angesprochene zu ihr herab und begann mit seiner dreckigen Hand über ihr Gesicht zu streicheln. Ashley drehte ihren Kopf mit einem ängstlichen Wimmern weg, was bei den beiden nur ein Lachen auslöste.

„Och, wie süß! Sie schämt sich!“ rief der mit Carlos angesprochene aus.

„Das musst du doch nicht, Zuckerpüppchen! Das nennt man nicht umsonst die schönste Sache der Welt!“ lachte Budd und streckte wieder die Hand nach ihr aus.

„Finger weg!“ donnerte eine raue Stimme plötzlich durch die Hütte.

Budd und Carlos fuhren erschrocken herum und Budd schaffte es noch gerade eben sich aufzurichten, bevor eine Faust zielsicher in seinem Gesicht landete. Budd grunzte und stolperte ein paar Schritte zurück, bevor er unsanft auf dem Hosenboden landete. Der Mann, der Ashley hereingetragen hatte und den Budd Chef genannt hatte, baute sich vor ihr auf.

„Damit eines klar ist: Sollte ich irgendeinen von euch dabei erwischen, wie er seine Bedürfnisse an ihr befriedigt, ist derjenige tot! Sie wird weder von irgendeinem von euch zu hart angefasst, noch wird sie euch als Lustobjekt dienen! Sie ist unsere Geisel und wir brauchen sie noch. Das heißt, das jeder von euch dafür verantwortlich ist, dass sie unversehrt bleibt!“

„Mann, Krauser! Wir wollten doch nur lieb zu ihr sein!“ sagte Budd und hielt sich eine Hand vor die blutende Nase.

Plötzlich schoss der Mann – Krauser? - vor, packte Budd an der Kehle und hob ihn spielerisch mit einer Hand hoch.

„Ich habe gesagt, sie wird nicht angefasst! Ist das klar?“ grollte er.

„Jaja...schon...gut!“ krächzte Budd und Krauser ließ ihn fallen.

„Und jetzt geht jeder an die Arbeit! Für morgen muss alles abreisebereit sein. Wir können keine einzige Minute vergeuden!“ sagte Krauser.

Die anderen hatten die Szene entweder teilnahmslos oder belustigt beobachtet, schienen aber dennoch ziemlichen Respekt vor dieser menschlichen Kampfmaschine zu haben, denn sie gehorchten sofort.

Krauser wandte sich wieder um und starrte auf Ashley herab. Diese begann zu zittern. Der grimmige Ausdruck in seinen Augen machte ihr beinahe noch mehr Angst, als dieser perverse Budd. Krauser musterte sie allerdings nur ein paar Sekunden, ehe er sie wieder an den Seiten packte und sie sich über die Schulter lud. Dann trug er sie aus dem Zimmer raus in einen Nebenraum. Nicht gerade sanft lies er sie dann in einer Ecke auf ein provisorisches Lager fallen. Der Raum war wohl mehr eine Besenkammer, denn er war sehr klein, sie konnte sich nicht mal komplett ausstrecken und es gab keine Fenster. Er blickte noch ein paar Sekunden wortlos auf sie herab und verließ dann die Kammer. Ashley hörte, wie er die Tür abschloss. Dann wurde es still. Sie hörte zwar noch sehr gedämpft die Stimmen der Männer, aber sie konnte nicht verstehen, was sie sagten. Ashley kauerte sich auf dem provisorischen Lager, dass aus ein paar Decken bestand und nicht gerade bequem war, zusammen. Dann zog sie, so gut es ging eine der Decken über sich. Sie würde zwar keinen Schlaf finden, aber es war schrecklich kalt in der Kammer. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Was wollten die Männer von ihr? Lösegeld von ihrem Vater? Irgendwelche kranken Forderungen durchsetzen?

Schließlich löste sich ihre Anspannung doch etwas, aber nur mit dem Ergebnis, dass sie leise anfing zu weinen. Sie hatte schreckliche Angst. Dieser widerliche Budd, der hundertprozentig wieder versuchen würde, ihr wieder an die Wäsche zu gehen. Und ihr Anführer, dieser Krauser. Er hatte sie zwar vor Budd beschützt, aber sie hatte das Gefühl, dass er keinen Moment zögern würde sie zu töten, sollte sie versuchen zu fliehen, oder sonst irgendwelchen Ärger zu machen.

Erst langsam versiegten ihre Tränen und sie glitt trotz allem hinüber in einen leichten Dämmerschlaf.

Ein Albtraum beginnt

Sie konnte nicht lang geschlafen haben, als sie von dem Geräusch des Schlosses geweckt wurde. Die Tür ging auf und das grelle Licht einer Glühlampe leuchtete auf. Das gleich darauf von dem Schatten eines Mannes verdeckt wurde. Aber es war nicht dieser Krauser, sondern dieser Spanier – Carlos?- der über ihr stand und auf sie herab starrte.

„Aufgewacht, Prinzesschen!“ lachte er, packte Ashley an den Armen und zog sie auf die Beine. Dann zog er ein Messer und schnitt ihre Fußfesseln durch. Dann zog er sie mit sich in den Eingangsraum von gestern, aber nicht, ohne ihr vorher noch einmal ausgiebig auf die Brust und den Hintern gesehen zu haben.

Die anderen Männer waren ebenfalls auf. Anscheinend waren sie nun alle zusammen. Insgesamt waren es sechs Männer, inklusive Carlos. Zwei von ihnen, unter anderem Budd saßen an dem kleinen Tisch in der Mitte des Raumes und spielten mit ihren Waffen. Die anderen lehnten an der Wand oder packten irgendwelche Bündel zusammen.

Krauser stand an der Tür und spielte mit etwas, das wie ein Funkgerät aussah. Carlos stieß Ashley auf das kleine Sofa an der Wand und gesellte sich dann zu den packenden Männern. Vorsichtig sah Ashley sich um. Ihr Blick traf Budd, der sie bereits wieder angaffte. Krausers kleine Lektion von gestern schien zumindest äußerlich Spuren hinterlassen zu haben, denn seine Oberlippe war dick und in seinen Nasenlöchern steckten immer noch Wattebäuschen. Es erfüllte sie mit einem leichten Anflug von Schadenfreude. Dann sah sie rüber zu Krauser, der genau in diesem Augenblick aufhörte mit diesem Gerät zu spielen und zu ihr rüber sah. Ihre Blicke trafen sich kurz, doch Ashley senkte sofort wieder den Blick. Sie konnte diesen Eiskalten, grimmigen Blick einfach nicht ertragen. Dieser Mann machte ihr einfach schreckliche Angst.

Krauser steckte sein Funkgerät, oder was auch immer es war, an seinen Gürtel und nahm einen Rucksack hoch, der neben ihm an der Wand lehnte.

„Okay. Wir müssen uns auf machen. Ist alles abmarschbereit?“

„Klar, Boss!“ sagte einer der Männer und schulterte ebenfalls seinen Rucksack.

„Gut! Dann los! Wir haben keine Zeit zu verlieren!“ sagte Krauser und verließ die Hütte.

Carlos zog Ashley am Arm ebenfalls nach draußen. Es war noch sehr früh am morgen. Die Sonne war gerade erst im Begriff aufzugehen und die leichte frische der Nacht war noch deutlich zu spüren. Ashley fröstelte es. Da es tagsüber teilweise schon sehr schön warm war, hatte sie nur einen ärmellosen Pullunder und einen Karo-Minirock angezogen. Das einzige lange Kleidungsstück an ihr waren ihre Stiefel. Wie sehr sehnte sie sich in diesem Moment eine lange Hose und einen Pullover herbei. Doch die lagen in ihrem Auto. Und das war verschwunden, wie sie nun gerade fest stellte. Gestern hatte es noch neben der Hütte gestanden.

„Wo ist mein Auto?“ fragte sie leise, mehr zu sich selbst.

„Im Sumpf!“ lachte Carlos spöttisch und schubste sie auf einen der Geländewagen zu.

„Und da kommst du auch hin, wenn du Zicken machst, Süße!“

Budd öffnete die hintere Tür des Geländewagens und machte eine einladende Geste.

„Madam, darf ich bitten?“ fragte er theatralisch und begann wieder so anzüglich zu grinsen. Ashley prallte angewidert vor ihm zurück. Doch Carlos versetzte ihr noch einmal einen derben Stoß in den Rücken, der sie auf die offene Tür zutorkeln lies. Schließlich kletterte sie in den Wagen, was durch die gefesselten Hände nicht ganz einfach war. Dabei bemühte sie sich, möglichst weit von Budd weg zu bleiben. Der grinste sie durchweg pervers an und starrte dabei die ganze Zeit auf ihre Oberweite. Sie war froh, keinen weiten Ausschnitt zu haben. Doch auch die Blicke, die er zwischendurch auf ihren Hintern warf, behagten ihr gar nicht. Warum hatte sie auch einen Minirock anziehen müssen?

Sie nahm in der Mitte des Rücksitzes Platz. Doch zu ihrem Unglück stiegen natürlich Budd zu ihrer Linken und Carlos zu ihrer Rechten ein. Ashley senkte den Blick und versuchte so unauffällig wie möglich ihren Rock noch etwas weiter über ihre Beine zu ziehen. Dann wurde die Fahrertür geöffnet und Krauser schwang sich hinter das Steuer. Der Wagen schaukelte leicht unter seinem Gewicht. Auf dem Beifahrersitz nahm ein anderer Platz. Ashley hatte ihn bis jetzt nie richtig betrachtet. Er war noch jung, vielleicht Mitte zwanzig und hatte wie Carlos einen südländischen Teint. Sein Haar war komplett kahl geschoren, nur einige schwarze Stoppeln waren zu sehen.

Krauser startete den Wagen und sie setzten sich schaukelnd in Bewegung. Er lenkte den Wagen erst für etwa eine halbe Stunde über mehrere Waldwege, bis er schließlich auf die Hauptstraße kam, wo sie Ashley gestern abgefangen hatten. Dann ging es auf dieser Hauptstraße über mehrere Stunden weiter. Jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Und damit immer weiter weg von dem ihr noch bis vor kurzem so lästigen Schutz ihres Vaters. Würde sie ihn wiedersehen? Was würden die Kerle mit ihr anstellen? Würde sie die ganze Sache überhaupt überleben? Nur mit Mühe konnte sie ihre Tränen unterdrücken.

Fluchtversuch

Ashley drückte sich ans Fenster des Jeeps und starrte in den Wald hinaus. Nun war sie schon seit drei Tagen in der Gewalt von diesen Kerlen und keinerlei Aussicht auf Rettung. Wenn sie daran dachte, dass sie die ständige Kontrolle ihres Vaters beinahe als unerträglich empfunden hatte. Die ganzen letzten Tage waren sie nur kreuz und quer über irgendwelche Waldwege gefahren. Nur selten war mal eine Bundesstraße dabei gewesen. Die Nächte wurden im Freien an Lagerfeuern verbracht und waren nicht sehr erholsam, denn Ashley versuchte stets nicht zu tief zu schlafen, da sie sich nicht so sicher war, ob Budd oder vielleicht auch Carlos sich nicht doch über Krausers Gebot hinwegsetzen und sie sich „vornehmen“ würden.

Plötzlich wurde sie auf einen sich bewegenden Schatten zwischen den Bäumen aufmerksam. Langsam trat Krauser zwischen den Bäumen hervor. Sein Oberkörper war nackt und verschwitzt. Und auch auf seinem Gesicht glänzten die Schweißperlen. Ein paar Sekunden blieb er ganz stehen, bevor er aus dem Stand hoch sprang und sich an einen dicken Ast über ihm krallte. Dann begann er Klimmzüge zu machen und das scheinbar absolut mühelos, denn er verbrachte die nächsten Minuten damit. Sein verschwitzter, muskelbepackter Oberkörper glänzte in der Sonne und Ashley beobachtete hingerissen, wie sich seine gewaltigen Muskeln unter seiner Haut spannten und...

Moment mal, was dachte sie da eigentlich? Sie kniff die Augen zusammen und wandte sich von dem Anblick ab. Der Mistkerl hatte sie entführt und jetzt begann sie auch noch ihn zu bewundern? Was war nur los mit ihr? Sie sollte ihn aus tiefster Seele hassen! Doch sie konnte es auch nicht verhindern, dass sie wieder in seine Richtung sah. In diesem Moment lies Krauser den Ast los und stand wieder auf den Füßen. Dann bückte er sich nach einer Wasserflasche am Boden, schraubte sie auf und kippte sich etwas davon über den Kopf, bevor er noch einen Schluck daraus nahm. Die Wassertropfen zauberten glitzernde Muster auf seinen muskulösen Oberkörper und Ashley war plötzlich wie hypnotisiert. Wieso musste er so gut aussehen? Konnte er nicht genauso schmierig und hässlich sein, wie Budd?

Plötzlich sah Krauser sie an. Ashley wandte den Blick ab, fühlte sich ertappt.

Angespannt starrte sie auf ihre Beine. Aus den Augenwinkeln jedoch sah sie, dass Krauser immer noch an der selben Stelle stand und zu ihr blickte. Ashley krampfte ihre Finger in den Rock. Was würde er nun tun? Endlich sah sie aus den Augenwinkeln, wie Krauser sich in Bewegung setzte und um den Wagen herum ging. Auf der Motorhaube lag eine Tasche, aus der er nun ein T-Shirt zog. Ashley schielte vorsichtig aus der Frontscheibe. Während Krauser sich mit einem Handtuch, dass er ebenfalls aus der Tasche gezogen hatte, abtrocknete beobachtete Ashley wieder das Spiel seiner gewaltigen Muskeln. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit.

Dann kam plötzlich Carlos um den Wagen gelaufen.

Sie hörte, wie er irgendetwas zu Krauser sagte. Und das schien ihn nicht zu erfreuen, denn er hatte es plötzlich sehr eilig sich ein neues Shirt anzuziehen. Er setzte seinen Barett auf und nahm sein Funkgerät. Ashley konnte hören, wie er einige Befehle in das Funkgerät bellte und dann einige Sekunden lauschte. Doch es schien sich wohl keiner zu melden, denn er schlug das Funkgerät schließlich wütend gegen die Motorhaube des Jeeps, was eine schöne Delle hinterließ. Dann erteilte er Carlos einen Befehl, der darauf sofort wieder in den Wald stürzte.

Krauser packte seinen Rucksack, lief um den Jeep herum und öffnete die Heckklappe.

Was wohl los war? Waren etwa Suchtrupps oder so was in der Nähe?

Nachdem Krauser seine Sachen in den Jeep geworfen hatte, lief er wieder um den Wagen herum, öffnete die Fahrertür und sprang hinein. Er knallte die Tür zu und zog abermals sein Funkgerät.

„Budd! Javier! Verdammt, wo steckt ihr?! Kommen!“ bellte er.

Das Funkgerät gab lautes Knistern von sich, doch dann erklang Budds Stimme.

„Schon unterwegs, Boss!“ antwortete er nur.

„Beeilt euch! Sie sind bald hier!“ erwiderte Krauser.

Bald hier? Waren tatsächlich Suchtrupps hier?

Ashley überlegte nicht mehr lange. Auch wenn sie sich verirren sollte, sie würden sie schon irgendwie im Wald finden. Sie packte die Türklinke, trat die Tür auf und sprang aus dem Wagen. Doch sie hatte den schlammigen Untergrund unterschätzt und wäre beinahe gestürzt.

„Hey!“ hörte sie Krauser brüllen.

„Leck mich!“ schrie sie und rannte in den Wald. Hinter sich konnte sie hören, wie Krauser aus dem Wagen sprang und dann seine stampfenden Schritte, die unglaublich schnell näher kamen. Ashley versuchte noch schneller zu laufen, doch der Waldboden war so uneben, dass sie immer wieder strauchelte.

„Bleib stehen!“ donnerte Krauser hinter ihr.

„Fick dich!“ schrie Ashley zurück.

Sie konnte seinen Atem hinter sich hören. Er kam immer näher. Dann rutschte sie mit einem Fuß weg, kam endgültig ins Straucheln und fast im gleichen Moment wurde sie so heftig von hinten gepackt, dass sie nach vorne stürzte. Bäuchlings landete sie auf dem Waldboden. Krauser drehte sich im Sturz auf die Seite und landete so nicht auf ihr. Doch seine Arme umschlossen sie wie ein Schraubstock. Wütend trat Ashley um sich, versuchte mit ihren zusammengebundenen Händen nach ihm zu schlagen. Krauser versuchte sich hoch zu kämpfen und gleichzeitig ihre Gegenwehr zu blockieren.

Ich muss ihn nur lange genug beschäftigen, dann werden sie nicht mehr fliehen können! dachte Ashley und trat noch fester um sich. Plötzlich hörte sie Krauser wütend schnaufen und dann riss er sie auf den Rücken und packte ihre Schultern.

„Schluss damit! Hör auf!“ donnerte er und presste sie gegen den Boden.

Ashley versuchte mit den Händen nach seinem Gesicht zu schlagen und erwischte ihn mit drei Fingernägeln, die an seinem Hals blutige Striemen hinterließen.

Krauser knurrte daraufhin wütend, ließ sie plötzlich mit einer Hand los und holte aus.

Dann schmetterte er Ashley so fest den Handrücken ins Gesicht, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes Sternchen sah. Ein greller Schmerz explodierte in ihrem Gesicht und sie spürte, wie ihre Lippe aufplatzte.

Sie musste aufgeben. Gegen den viel stärkeren Mann hatte sie einfach keine Chance. Wimmernd erschlaffte sie.

Doch sie schien Krauser mehr gereizt zu haben, als sie geglaubt hatte, denn er fasste ihr Kinn brutal, riss ihren Kopf herum und zwang sie ihn anzusehen.

„Lass dir das eine Lehre sein, du kleine Schlampe! Wenn du noch einmal versuchst abzuhauen, dann werde ich wirklich ungemütlich!“

Er zerrte sie auf die Beine.

„Und noch was…!“ holte Krauser aus.

Und verpasste Ashley zwei weitere schallende Ohrfeigen. Sie stieß einen kleinen Schmerzensschrei aus.

„Solltest du mir je wieder eine Frechheit entgegnen, dann werde ich von meinen kleinen Gesetzen deiner Unversehrtheit etwas Abstand nehmen! Ist das klar!“ donnerte er.

Ashley wimmerte. Sie konnte die Tränen nun nicht mehr zurück halten.

Krauser packte ihr von hinten in das Haar und krampfte die Hand zusammen. Ashley schrie leise vor Schmerz.

„Ist das klar!?“ grollte ihr Krauser ins Gesicht.

Ashley versuchte zu nicken.

„Ja!“ weinte sie schließlich.

„Mann, Krauser, hör auf!“ hörte sie plötzlich Javier sagen.

„Ich glaube, sie hat es kapiert!“

Krauser blickte sich kurz zu ihm um und wandte sich dann wieder Ashley zu. Er warf ihr jedoch nur noch einen wütenden Blick zu und dann stieß er sie Javier in die Arme.

„Bring sie zum Jeep zurück und fessel sie anständig!“ bellte er.

Javier packte Ashley und zog sie hinter sich her. Als sie einige Meter weit gekommen waren, zog Javier ihren Kopf näher an seinen.

„Ich hoffe für dich, dass du es wirklich kapiert hast! Krauser ist nicht der Mensch, der Scherze macht! Und wir auch nicht!“ knurrte er böse.

Ashley weinte leise vor sich hin. Sie sagte nichts mehr.

Als sie den Jeep erreicht hatten, ließ sie sich gehorsam wieder auf ihren Platz nieder. Dann nahm Javier ein paar Stricke zur Hand und fesselte ihre Handgelenke so derb, dass sich die Stricke in ihr Fleisch schnitten.

„Autsch! Nicht so fest!“

„Doch! Gerade so fest! Lass dir das eine Lehre sein! Wir waren bis jetzt nett zu dir!“ knurrte Javier.

„Und glaub nicht, dass dies das letzte war! Krauser hat bestimmt noch einiges in petto für dich!“

Er zurrte den Knoten mit einem Ruck so fest, dass Blut unter den Stricken durchsickerte. Ashley biss die Zähne zusammen, konnte aber nicht verhindern, dass ihr Tränen auf den Schoss tropften.

Langsam trudelten die anderen Männer wieder ein.

„Na endlich! Wo habt ihr gesteckt?“ hörte sie Krauser bellen.

„Mann, Boss! Was ist denn so dringendes?“ fragte Budd locker.

„Was so dringendes ist?“ polterte Krauser ungehalten.

„Suchtrupps überall im Wald südlich von uns und sie sind bald hier! Das Miststück versucht abzuhauen und ihr treibt euch rum! Wehe euch ihr lasst euch noch mal so viel Zeit, wieder anzutraben! Und jetzt in die Wagen!“ donnerte er und die Männer beeilten sich in die Autos einzusteigen. Budd und Carlos nahmen wieder neben Ashley platz. Krauser schwang sich auf den Fahrersitz.

„Oh, Prinzesschen, hat der Boss dir die Leviten gelesen?“ fragte Budd höhnisch und packte Ashleys Kinn.

Ashley wimmerte und wollte sich losreißen, doch Budd hielt sie grob fest und betrachtete genüsslich ihr malträtiertes Gesicht.

„Ts,ts! Das passiert, wenn man unartig ist, Süße! Sei froh, dass der Boss dich bestraft hat und nicht ich!“ grinste er und leckte sich in obszöner Weise über die Lippen.

Ashley wimmerte.

„Budd, Schluss damit!“ knurrte Krauser, der inzwischen losgefahren war.

Budd ließ Ashley grinsend los und diese senkte wieder den Kopf. Sie sah nicht wie Krauser sie durch den Rückspiegel betrachtete. Und sie sah auch nicht das leicht reumütige Blitzen in seinen Augen.
 

Den ganzen Tag fuhren sie über irgendwelche Waldwege, zwischendurch auch über versteckte, befestigte Straßen. Bis sie schließlich in einen dichten Wald am Fuße der Berge ankamen. Es war mittlerweile Abend geworden und die Sonne begann zu sinken.

„Das war es! Ab hier geht’s zu Fuß weiter!“ rief Krauser und sprang aus dem Wagen.

Budd und Carlos öffneten wortlos die Türen und sprangen ebenfalls raus. Ashley versuchte den beiden gar keinen Grund zu geben sie irgendwie zu betatschen und sprang ebenfalls sofort aus dem Wagen. Und übersah natürlich die kleine Grube direkt vor ihren Füßen. Sie knickte mit einem leisen Schreckensschrei weg und schlug der Länge nach auf den schlammigen Waldboden auf. Prustend richtete sie sich auf und bekam natürlich sofort das schadenfrohe Lachen der Männer zu hören.

„Hahaha, Süße, das ist aber nicht der richtige Augenblick für ein Schlammbad!“ lachte Carlos, der direkt vor ihr stand. Ashley versuchte sich aufzurichten und rutschte mit den gefesselten Händen wieder weg.

Abermals landete sie mit dem Gesicht im Schlamm und abermals erklang das laute Gelächter der Männer.

„Hey, Boss! Ich glaub, die Kleine will Schlammketschen machen!“ rief Budd.

Ashley versuchte sich wieder aufzurichten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht blickte sie auf ihre Hände. Sie hatte sie sich tatsächlich an scharfen Steinen aufgeschrammt, als sie versucht hatte ihren Sturz aufzufangen. Zudem begannen ihre Handgelenke wieder zu bluten.

Plötzlich wurde sie von hinten am Pullover gepackt und auf die Beine gezogen.

Sie blickte auf, in Krausers Gesicht.

„Alles okay?“ brummte er.

Ashley nickte nur und senkte den Blick.

Sie konnte ihn nicht anblicken. Ihr geschwollenes, schmerzendes Gesicht erinnerte sie sehr deutlich an die Schläge von vorhin.

Krauser sagte auch nichts weiter, und drückte ihr nur ein Tuch in die gefesselten Hände. Ashley begann sich langsam zu säubern. Ihre Hände brannten wie Feuer. Überall hatten sich kleine Steine in ihre Hände geschnitten.

Doch sie verkniff sich jeden weiteren Laut und folgte den Männern wortlos. Nach nur ein paar Metern machten sie auf einer Lichtung halt. Krauser befahl ein Feuer zu machen, für das Nachtlager. Ashley ließ sich auf eine Matte nieder, die ihr Javier hinlegte. Dann betrachtete sie ihre Hände. Sie bluteten stärker, als sie gedacht hatte.

„Lass mal sehen!“ hörte sie Krauser plötzlich brummen. Seine Pranke griff ihre zarte Hand und zog sie zu sich. Er betrachtete ihre Handinnenflächen und die Stricke, die sich in ihre Handgelenke gebissen hatten. Wortlos griff er hinter sich und zog sein Messer. Blitzschnell durchtrennte er die Stricke. Ashley betrachtete, die Tränen unterdrückend ihre Handgelenke. Sie waren völlig aufgescheuert, bluteten und brannten wie die Hölle.

„Das sollte desinfiziert werden. Javier, bring mir mal dieses Wundwasser!“ rief Krauser.

Ashley hielt den Blick starr gesenkt. Sie wusste nicht, weshalb Krauser ihr plötzlich half. Und es war ihr auch egal. Sie hoffte nur inständig, dass sie endlich gerettet wurde.

Javier kam zum Feuer und Ashley hörte etwas gluggern.

„Das brennt jetzt etwas!“ hörte sie Krauser sagen und dann goss er eine klare Flüssigkeit über ihre Hände.

Etwas brennen war gut! Ashley versuchte die Zähne zusammenzubeißen, konnte sich aber einen leisen Schmerzenslaut nicht verkneifen. Was immer das auch war, es brannte wie Feuer.

Krauser stellte die Flasche schließlich weg und griff in seinen Rucksack, den er neben sich gestellt hatte. Ashley sah mit tränenden Augen, wie er Mullbinden, oder so etwas aus dem Rucksack wühlte und dann sogleich begann ihre Hände damit zu verbinden. Er tat dies mit sichtlicher Übung und sehr schnell. Nach nur ein paar Minuten waren ihre Hände verbunden. Dann griff er abermals in seinen Rucksack, förderte einen Strick zu Tage und fesselte sie wieder.

Beide sprachen kein Wort. Ashley hielt ihren Blick starr gesenkt und presste die Lippen fest aufeinander.

Dann richtete sich Krauser auf.

„Am besten ruhst du dich jetzt aus! Der morgige Tag wird ziemlich anstrengend!“

Ashley antwortete nicht. Sie sah weiter starr auf den Boden und presste die Lippen zusammen.

Schließlich wandte sich Krauser ab und ging zu den anderen Männern rüber. Carlos hatte in der Zwischenzeit ein Feuer gemacht und stellte nun eine große Pfanne in die Mitte des Feuers.

Wie auf Kommando begann Ashleys Magen zu knurren. Sie hatten den ganzen Tag nichts gegessen. Sie beobachtete Carlos, wie er große Fleischstücke in die Pfanne warf. Und Javier kam mit einem Arm voll Campinggeschirr aus dem Wald zurück. Hoffentlich ging es schnell, dachte Ashley.

Nach dem Essen dann rollte Ashley sich in die dünne Wolldecke ein, die Carlos ihr gebracht hatte. Die Decke war viel zu dünn und sie fror bereits nach wenigen Minuten erbärmlich, obgleich sie nahe am Feuer lag. Die Männer hatten alle wesentlich dickere Decken. Sie konnte sich allerdings denken, warum. Javier hatte schließlich angedeutet, dass die kleine Tracht Prügel nicht die einzige Strafe für ihren Fluchtversuch sein würde.

Zitternd weinte sie sich schließlich in den Schlaf. Sie wollte einfach nach Hause!
 

Nachdem die anderen sich schlafen gelegt hatten, saß Krauser, als erster Wache schiebend da und blickte in die Runde. Und blieb bei Ashley hängen. Sie schlief und hatte sich, so gut es ging in die dünne Wolldecke eingerollt. Sie zitterte am ganzen Körper und wimmerte leise im Schlaf. Ihr Gesicht, vor allem ihre Lippe waren noch immer geschwollen und im Schein des Feuers konnte er Tränen auf ihrem Gesicht glitzern sehen.

Krauser tat es längst leid, so grob gewesen zu sein. Man konnte es ihr irgendwo nicht verdenken, dass sie fliehen wollte. Außerdem hatte so eine zierliche Person einem so kräftigen Mann nichts entgegen zusetzen.

Er hörte Ashley wieder wimmern und sah, wie sie versuchte sich noch tiefer in die Decke einzurollen. Schließlich stand er auf, ging leise zum Jeep und zog noch eine weitere Wolldecke aus dem Gepäck. Er hatte zwar, als zusätzliche kleine Strafe heute Morgen angeordnet, dass sie nur diese dünne Decke kriegen sollte. Es brachte aber auch nichts, wenn sie krank wurde. Er ging leise mit der Decke zu ihr, und breitete sie über ihr aus. Sie wimmerte abermals, versuchte sofort noch tiefer unter die Decke zu kriechen. Krauser zog die Decke bis unter ihr Kinn hoch und konnte es nicht unterlassen ihr beruhigend über das Haar zu streichen.

Dann nahm er seinen Platz am Feuer wieder ein. Er betrachtete sie weiterhin. Irgendwie hoffte er, dass sie ihm die harte Behandlung irgendwann verzeihen würde. Obwohl im das eigentlich egal sein sollte. Sie sollte schließlich einfach das tun, was er wollte! Dann musste er auch nicht grob sein.

Er wandte den Blick ab und sah auf seine Uhr. In einer Stunde würde er Carlos wecken und selbst versuchen etwas Schlaf zu bekommen. Sie hatten morgen einen ziemlich harten Marsch vor der Brust.

Unerwartete Gnade

„Steh auf! Los, aufstehen!“ drang Carlos Stimme in ihr Bewusstsein und sie blinzelte. Es war morgen und es herrschte bereits geschäftiges Treiben. Die Männer hatten zum größten Teil schon ihre Sachen zusammen gepackt. Javier war dabei, Erde auf das noch glimmende Lagerfeuer zu kippen. Wahrscheinlich nicht nur, um das Feuer zu löschen, sondern auch um Spuren zu vernichten, denn er kippte so viel Erde darauf, dass die verbrannte Erde komplett unter der frischen verschwand.

„Bist du eigentlich schwerhörig, Süße? Du sollst aufstehen!“

Carlos packte Ashleys Fesseln und zerrte sie mit einem Ruck hoch. Obgleich Ashleys Hände immer noch verbunden waren, tat es trotzdem erbärmlich weh an ihren geschundenen Handgelenken. Sie gab einen leisen Schmerzenslaut von sich und versuchte sich von Carlos loszureißen. Der riss sie jedoch nur mit einem heftigen Ruck wieder zu sich.

„Nicht so schnell!“ knurrte er und begann um Ashleys Fesseln ein weiteres Seil zu binden. Dieses behielt er dann in der Hand.

„Damit du nicht zwischenzeitlich auf dumme Gedanken kommst, Süße!“ grinste er.

Dann zerrte er sie hinter sich her, zu den anderen Männern. Diese hatten mittlerweile eine Kolonne gebildet. Krauser stand an ihrer Spitze und studierte eine Karte, oder etwas in der Art. Nachdem sich alle eingefunden hatten, steckte er sie weg und sah in die Runde.

„So, wir haben nun zwei harte Tagesmärsche vor der Brust, bis zu unserem Versteck! Und diese müssen so schnell wie möglich hinter uns gebracht werden! Also Tempo, Tempo, Tempo!“ bellte er in die Runde.

Dann wandte er sich um und ging los. Die Männer folgten ihm. Carlos zerrte Ashley an dem Seil hinter sich her. Sie beeilte sich mit den Männern schritt zu halten, doch die legten tatsächlich ein rabiates Marschtempo an den Tag und schon bald glitzerten Schweißperlen auf ihrer Stirn. Dazu kam der bohrende Hunger. So etwas wie Frühstück hatte es nicht gegeben. Und es sah auch nicht so aus, als wenn sich das in der nächsten Zeit ändern würde.

Nach zwei Stunden war Ashley schon total ausgelaugt, doch die Männer machten keine Anstalten das Tempo zu drosseln, oder mal eine Pause einzulegen. Ashleys Füße schmerzten, der Hunger wurde immer schlimmer.

„Können wir nicht mal eine kleine Pause machen?“ fragte sie schließlich keuchend.

„Was denn? Etwa schon müde, Herzchen?“ fragte Carlos und Ashley entging nicht das schadenfrohe Grinsen, das dabei auf seinen Lippen erschien.

„Nichts da! Es gibt eine Mittagspause und bis dahin wirst du schön Schritt halten!“

Um seinen Worten noch mehr Gewicht zu verleihen schritt er noch schneller aus und zerrte sie hinter sich her. Ashley strauchelte und wäre beinahe gestürzt.

„Carlos! Lass den Unfug!“ hörte sie Krauser sagen.

Und so bahnten sie sich noch drei weitere Stunden ihren Weg durch den Wald, bis sie endlich auf eine Lichtung stießen.

„Halt!“ kommandierte Krauser und blieb stehen.

„Okay, hier machen wir Rast!“

Die Männer setzten ihre Rucksäcke ab und Carlos zerrte Ashley zu einer Stelle am Rand der Lichtung, legte eine Decke hin und stieß sie darauf. Ashley hatte nicht mehr die Kraft sich irgendwie zu wehren. Sie blieb einfach an der Stelle liegen und wenn sie auch nicht ganz einschlief, so glitt sie dennoch in eine Art Halbschlaf. Alles tat ihr weh, jeder einzelne Muskel. Bis jetzt hatte sie eigentlich gedacht, sie wäre recht sportlich, doch dieser Gewaltmarsch durch den Wald hatte sie eindeutig eines besseren belehrt. Sie war zu Tode erschöpft, wollte für immer liegen bleiben und keinen Muskel mehr rühren. Nur am Rande bekam sie mit, wie Krauser sich neben ihr niederließ und aus einer Flasche trank. Ihm schien der Marsch gar nichts ausgemacht zu haben.

„Halbe Stunde Pause! Dann geht’s weiter!“ rief er den anderen Männern zu, die sich ebenfalls niederließen.

Ashley stöhnte leise. In nur einer halben Stunde würde der Gewaltmarsch weitergehen. Gott, lass mich sterben! Dann spürte sie wieder diese bohrenden Blicke. Obgleich Krauser immer vorne weg marschiert war, hatte er sich immer wieder umgedreht und zu ihr gesehen. Und irgendwie hatte Ashley das Gefühl, dass er das nicht nur tat, um zu sehen, ob sie nicht doch einen wahnwitzigen Fluchtversuch wagen würde. Sie versuchte die Blicke zu ignorieren.

Nachdem sie doch in einen todesähnlichen Schlaf gefallen war, wurde sie unsanft von Carlos geweckt.

„He, Rekrut! Es geht weiter! Auf die Beine mit dir!“ lachte er hämisch. Ihm bereitete es schon den ganzen Tag Freude zu sehen, wie ihre Kräfte immer mehr nachließen.

Ashley stöhnte auf und versuchte seinen Arm abzuwehren, aber selbst dazu fehlte ihr die Kraft. Die halbe Stunde Pause hatte nicht mal im Ansatz ihre Kräfte wieder hergestellt.

„Auf die Beine, sagte ich!“ knurrte Carlos, packte sie grob an den Armen und zerrte sie hoch. Ashley stöhnte auf unter seinem harten, schmerzhaften Griff, der noch schmerzhafter wurde, als ihr die Beine den Dienst versagten und sie einfach wieder zusammen klappte.

„Bist du eigentlich taub?“ fragte Carlos böse und zerrte wieder grob an ihren Armen. Ashley wimmerte.

„Carlos!“ hörte sie plötzlich die schneidende Stimme von Krauser und dann seine schweren Schritte.

„Was ist los?“

„Unser Zuckerpüppchen verweigert den Dienst! Das ist los!“ sagte Carlos und lies Ashley einfach fallen. Sie blieb mit einem leisen Wimmern liegen. Dann spürte sie, wie sie wieder gepackt wurde. Allerdings weit aus sanfter und sie wurde aufgerichtet. Sie zwang sich die Augen zu öffnen und sah in Krausers vernarbtes Gesicht.

„Was ist los mit dir?“ hörte sie seinen schnarrenden Bass.

„Ich...ich kann...nicht mehr!“ flüsterte Ashley. Selbst zum Sprechen schien ihr die Kraft zu fehlen.

„Dann werden wir sie halt ein bisschen mitschleifen, oder Boss? Mal sehen, ob sie dann nicht doch wieder kann!“ hörte sie Carlos böse sagen.

Krauser bedachte ihn allerdings nur mit einem genervten Blick, bevor er seinen Rucksack absetzte. Dann zog er Ashley an sich ran, so dass sie an seinen Rücken lehnte, legte ihre zusammengebundenen Arme um seinen Hals, die Hände in ihre Kniekehlen und richtete sich langsam wieder auf. Ashley ließ ihren Kopf gegen seinen muskulösen Nacken sinken. In diesem Moment war sie Krauser mehr als dankbar.

„He, was soll denn das?“ fragte Carlos.

„Na was wohl? Nimm den Rucksack!“ antwortete Krauser genervt.

„Willst du sie jetzt etwa schleppen? Den ganzen Weg?“ fragte Carlos weiter.

„Wenn es sein muss! Wir müssen weiter und sie nützt uns nichts, wenn wir sie zu Tode hetzen!“ antwortete Krauser mit einem gefährlichen Unterton in der Stimme.

Den schien auch Carlos gehört zu haben, denn er schien die Antwort, die ihm auf der Zunge lag herunter zu schlucken und nahm grummelnd den Rucksack auf.

„Alles klar, und weiter geht’s!“ rief Krauser dann den anderen Männern zu. Dann setzte er sich in Bewegung. Obgleich Ashley immer noch tot müde war, schlief sie dennoch nicht ein. Zu sehr wirbelte sie die Tatsache auf eine solche Gnade von Krauser zu erfahren. Bis vor kurzem hatte sie gedacht, dass gerade er derjenige war, der sie wohl am meisten grob zu ihr sein würde. Doch ganz im Gegenteil war plötzlich er derjenige, der die meiste Rücksicht auf sie nahm und sie zudem noch mehr vor den Bosheiten der anderen schützte, als zuvor. Ashley schmiegte ihre Wange an seinen muskulösen Nacken und spürte die feinen Schweißperlen an seiner Haut. Sein Geruch stieg in ihre Nase und ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein, sog sie ihn ganz tief ein. Er roch gut. Unheimlich maskulin. Nie würde sie diesen Geruch vergessen. Und irgendwie, beruhigte er sie auf eine seltsame Weise auch. Die Erschöpfung ließ sie dann schließlich doch in einen tiefen Schlaf fallen.
 

In der Abenddämmerung hatten sie schließlich ihr Nachtlager erreicht. Krauser ließ Ashley am Feuer sinken und lockerte seine Muskeln. Er war froh, das hinter sich zu haben, denn mit der Zeit war sie doch recht schwer geworden. Sie wachte nur ganz eben auf, blickte einmal kurz in die Runde und schlief dann sofort wieder ein. Während die anderen ein Feuer anzündeten gab Krauser Ashley vorsichtig aus seiner Flasche zu trinken. Ashley schluckte gierig.

„Langsam!“ ermahnte Krauser sie.

Der Marsch war wirklich zu viel für sie gewesen. Sie war völlig entkräftet.

Schließlich legten sich die Männer schlafen und Krauser setzte sich neben das Feuer. Er übernahm freiwillig die erste Wache. Die anderen Männer waren durch den Marsch ziemlich fertig und waren alle schnell eingeschlafen.

Krausers Blick wanderte immer wieder zu Ashley. Und er fand sie hübsch. Beinahe so zart wie ein Reh, kam sie ihm vor. Und dennoch besaß sie eine ungeheure Stärke. Dafür, dass sie ein Entführungsopfer war, zeigte sie sich äußerst souverän und selbstbewusst.

Ein paar Strähnen ihres halblangen blonden Haares waren ihr ins Gesicht gerutscht. Das Feuer zauberte rötlichen Schimmer auf ihre zarte Haut.

Ein seltsames Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit. Sein Blick wanderte über ihren flachen Bauch zu ihren Beinen und wider zurück zu ihrem Gesicht.

Sie wimmerte leise im Schlaf.

Krauser richtete sich langsam und leise auf und glitt lautlos zu ihr rüber. Er hörte ihren leisen Atem. Langsam streckte er die Hand aus, strich ihr sanft über die Wange. Und spürte, wie sich ein wohlbekanntes Gefühl in seinen Lenden regte. Aber es war nicht nur pures sexuelles Verlangen.

Erschrocken zog er seine Hand zurück. Nein, das durfte nicht sein! Er durfte in keiner Weise Gefühle für sie entwickeln. Das wäre fatal!

Die verbotene Nacht

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Heimliche Liebe

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Verrat

Nach den beiden von Jack angekündigten harten Tagesmärschen kamen sie abermals an eine Hütte. Diese erwies sich allerdings als ziemliche Bruchbude. Scheinbar wurde sie kaum noch genutzt, denn überall lagen fingerdick Staubschichten und ein muffiger Geruch lag in der Luft.

Ashley rümpfte die Nase. Das schlimme war, dass sie wohl nun einige Zeit länger hier bleiben würden. Jack hatte bereits angedeutet, dass diese Hütte schon seit Jahren quasi unbenutzt war. Deshalb war es eher unwahrscheinlich hier entdeckt zu werden.

Die Männer machten sich sofort wieder an die Arbeit, verstauten ihr Gepäck und machten die Schlafplätze bereit. Javier führte Ashley ins zweite Obergeschoss. Dies bestand allerdings nur aus einem einzigen Zimmer und sah noch schmuddeliger aus, wie das Erdgeschoss. Eine alte gammelige Matratze lag in einer Ecke, mit ein paar alten Wolldecken. Ashley schauerte. Da sollte sie schlafen?

„Nicht sehr gemütlich, nicht wahr?“ fragte Javier hämisch hinter ihr.

Ashley setzte an etwas zu sagen, warf ihm dann jedoch nur einen grimmigen Blick zu und ließ sich auf dem Lager nieder. Javier schnitt ihre Fesseln durch. Nachdem er ihr noch einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte, verließ er wortlos das Zimmer und Ashley konnte hören, wie er die Tür zuschloss. Sie zog die Beine an und umschlang sie mit den Armen. Sie fror und hatte Angst. Sie wussten es! Sie war sicher! Was sollten sie und Jack nur tun?

Sie wusste nicht, wie lange sie so da gesessen hatte. Sie hörte nur plötzlich das Klacken des Schlosses und dann öffnete sich die Tür. Sie blickte langsam auf.

Jack stand vor ihr und schloss die Tür. Er sah lächelnd auf sie herab. Aber sie konnte ihm ansehen, dass er sich genau so sorgte, wie sie.

„Ich denke mal, du bist jetzt nicht lange hier!“ sagte sie und richtete sich auf.

Er schüttelte den Kopf.

„Nein! Das würde sie nur noch misstrauischer machen!“

Ashley ging auf ihn zu und legte die Arme um ihn und ihren Kopf an seine muskulöse Brust. Sein Herzschlag hatte etwas ungemein beruhigendes. Er erwiderte ihre Umarmung und ließ seine Hände über ihren Rücken gleiten.

„Sie wissen es, ich bin mir sicher!“ flüsterte sie und schmiegte sich noch enger an ihn.

„Mir wird schon was einfallen!“ sagte er. Doch irgendwie klang er nicht zuversichtlich.

Schließlich löste er ihre Umarmung fasste ihre Schultern und drückte sie zurück. Er sah ihr tief in die Augen. Ashley fiel es immer noch schwer diesem stechenden Blick stand zu halten.

„Ich werde nicht zulassen, dass sie dir etwas tun! Das schwöre ich!“ sagte er.

Ashley lächelte und die beiden sanken sich zu einem langen innigen Kuss in die Arme.

Dann verließ Jack den Raum wieder und Ashley ließ sich auf dem Lager sinken. Es war spät und sie war müde. Aber die Angst ließ sie lange nicht zur Ruhe kommen. Sie versuchte sich immer wieder zu sagen, dass Jack es schon irgendwie in den Griff bekommen würde. Doch was wenn nicht?

Schließlich schlief sie doch ein und träumte von ihrer ersten Nacht mit ihm.
 

Ashley erwachte von Fingern, die über ihr Gesicht fuhren. Mit einem wohligen Seufzen griff sie nach der Hand, ohne jedoch die Augen zu öffnen. Doch als sie über die Hand strich, bemerkte sie, dass es nicht Jacks Hand war. Erschrocken schlug sie die Augen auf und blickte in Budds Gesicht, der über sie gebeugt an ihrem Lager hockte. Ashley wollte schreien, doch ehe sie den Mund ganz öffnen konnte, presste Budd ihr die Hand auf den Mund.

„Sei still! Ich tu´ dir nicht weh, keine Angst! Im Gegenteil, es wird dir Spaß machen!“ sagte er und begann sich mit der anderen Hand die Hose zu öffnen.

Panisch begann Ashley um sich zu schlagen und versuchte Budd zu treten, doch der schob sich einfach über sie und presste sie an den Boden. Sie spürte sein Becken zwischen ihren Beinen und vor lauter Angst begannen die Tränen zu laufen.

„Stell dich nicht so an! Krauser hast du schließlich auch ran gelassen!“ knurrte Budd und nahm die Hand von ihrem Mund, nur um ihr im nächsten Moment seine widerliche Zunge in den Mund zu schieben. Ashley verzog angewidert das Gesicht. Budd würde sie vergewaltigen, das wusste sie. Und sie wusste auch, dass sie sich gegen ihn nicht wehren konnte. Jack war ihre einzige Hoffnung.

Ashley dachte nicht weiter nach und schlug ihre Zähne in Budds Zunge. Dieser brüllte auf und versuchte von Ashley abzulassen, doch sie biss nur noch fester zu und nahm den metallischen Geschmack seines Blutes mit Genugtuung hin. Dann ließ sie doch los und Budd prallte zurück. Ashley sprang auf, kroch vor ihm zurück und spuckte angewidert sein Blut aus.

„Du verdammte, kleine Nutte!“ donnerte Budd. Beim Sprechen schossen Blutspritzer aus seinem Mund und besudelten den Boden. Gleichzeitig griff er an seine Seite und zog ein Messer.

„Jack!“ schrie Ashley aus Leibeskräften und versuchte noch weiter von Budd zurück zu weichen.

Dann hörte sie auch schon donnernden Schritte die Treppe heraufkommen.

„Ashley!“ hörte sie Jacks Bass dumpf durch die Tür.

„Jack, hilf mir!” schrie sie weiter und bekam immer mehr Panik, während sie Budd beobachtete, wie der sich aufrichtete und mit Mordlust in den Augen auf sie zu kam.

Dann sprang die dünne Holztür in Stücke, als Jack mit aller Kraft davor trat. Er stürzte in den Raum und packte Budd an den langen schmuddeligen Haaren und riss ihn zurück. Gleichzeitig packte er mit der anderen Hand Budds Hand mit dem Messer, dass dieser in dem Moment gegen Jack richten wollte.

Budd schrie vor Wut auf und versuchte sich aus Jacks Griff zu befreien. Doch Jack trat mit dem Knie gegen seine Faust und schmetterte das Messer aus Budds Hand. Dann warf er Budd mit aller Kraft gegen die nächste Wand. Budd knallte mit dem Hinterkopf an die Wand und sackte halb bewusstlos an ihr herab. Jack lief auf Ashley zu, ging neben ihr in die Knie und half ihr auf die Beine.

„Ist alles okay?“ fragte er.

„Ja.“ wimmerte sie nur.

Plötzlich erklang das Klacken einer Waffe. Jack wirbelte herum und sah in den Lauf von Carlos Pistole.

„Das ist aber nicht kameradschaftlich, Krauser!“ sagte Carlos mit einem breiten Grinsen. „Du verbietest uns ein bisschen Spaß zu haben, aber du vögelst sie! Das ist ganz schön unfair!“

Am anderen Ende des Zimmers rappelte Budd sich wieder auf und versuchte sich das Blut vom Mund zu wischen.

„He, Carlos! Ich hab ne sagenhafte Idee! Fessel ihn und dann lassen wir ihn zusehen, wie wir es ihr besorgen!“ lispelte er.

Carlos wandte sich mit einem Lachen zu ihm um und setzte an etwas zu sagen.

Und fällte damit sein Todesurteil.

Jack bewegte sich so blitzschnell, dass Ashley es kaum sah. Sein Arm schoss vor und schlug Carlos Arm weg. In der gleichen Bewegung schoss seine andere Hand vor, packte Carlos Schulter und zog ihn an sich heran, wobei er ihn um 180° drehte. Sobald Carlos Rücken an seine Brust stieß, packte Jack seinen Kopf und brach ihm mit einer fast beiläufig wirkenden Bewegung das Genick. Carlos sackte sofort leblos zusammen.

Was als nächstes geschah, war eine Sache von Sekunden, doch Ashley kam es vor wie eine Ewigkeit. Sie nahm jede noch so kleine Kleinigkeit wahr. Sie hörte Budd wütend brüllen und sah aus den Augenwinkeln, wie er auf Jack losstürzte. Dieser ließ Carlos toten Körper fallen um sich Budd zu widmen. Doch dieser rammte ihn einfach wie ein wilder Stier und Jack knallte auf den Rücken. Gleichzeitig schaffte er es aber irgendwie einen Fuß unter Budds Körper zu bekommen und stemmte ihn über sich hinweg. Nun landete Budd auf dem Rücken. Jack wirbelte herum und zog in der gleichen Bewegung sein Messer. Doch nun zeigte sich, dass Budd doch wendiger war, als Ashley gedacht hatte. Seine Hände schossen in Richtung von Jacks Beine, packten seine Kniekehlen und Jack torkelte zurück. Und wenn nicht Carlos Leiche hinter ihm gelegen hätte, so wäre er wahrscheinlich auf den Beinen geblieben. So schlug er der Länge nach auf den Rücken und schlug hart mit dem Hinterkopf auf. Das Messer wurde ihm aus der Hand geprellt und rutschte über den Fußboden bis zu Ashley. Budd richtete sich auf, zog ein Messer und stürmte auf Jack zu. Dieser war benebelt von dem Sturz und konnte nicht schnell genug reagieren. Budd hockte sich auf ihn.

„Jetzt bist du dran, verlogener Mistkerl!“ spie er Jack ins Gesicht und stieß mit dem Messer zu. Jacks Hände schossen hoch und fingen noch so gerade eben Budds Arme ab. Doch durch den Sturz war er immer noch benebelt und schien nicht alle Kräfte mobilisieren zu können. Denn die Klinge senkte sich immer mehr auf seine Brust herab.

In ihrer Angst um Jack, schien jemand anderes die Kontrolle über Ashleys Körper zu übernehmen. Sie sprang auf die Beine, schnappte sich in der gleichen Bewegung Jacks Messer, rannte auf Budd zu und rammte es ihm in den Rücken. Budd erstarrte erst und stieß ein Keuchen aus. Ashley konnte später nicht sagen, wieso, aber sie reagierte goldrichtig, indem sie das Messer herauszog und von Budd zurück sprang. Dieser ließ von Jack ab und wandte sich zu ihr um. Ashley wartete gar nicht, bis er sein Messer gegen sie richten konnte, sondern sprintete nach vorn und bohrte Jacks Messer bis zum Griff in seine Brust. Budd erstarrte und starrte Ashley ungläubig an. Dann packte er mit der einen Hand Ashleys Hand, die immer noch den Messergriff umklammerte und die andere ließ sein Messer fallen und krallte sich in ihrem Pullunder fest. Ein noch größerer Schwall Blut begann aus seinem Mund zu laufen, während er langsam zu Boden sackte und mit dem Gesicht gegen ihren Bauch stieß. Ashley ließ mit einem erschrockenen Keuchen das Messer los und Budd sackte endgültig zusammen. Er stieß noch einmal ein heftiges Keuchen aus und blieb dann ganz still.

Ashley starrte auf ihn herab und dann auf ihre Hände, die blutbespritzt waren. Selbst ihr Pullunder war Blutgetränkt. Sie hörte nicht wie Jack sich aufrichtete und auf sie zukam. Erst, als sie seine Hand an ihrer Schulter spürte, drehte sie sich um und sah ihn an.

„Bist du okay?“ hörte sie ihn fragen. Doch Ashley konnte nicht sprechen, warf sich einfach nur an seine Brust und begann hemmungslos zu schluchzen. Jack legte beide Arme um sie und presste ihren von Weinkrämpfen geschüttelten Körper an sich. Ashley klammerte sich an in, beinahe, als hinge ihr Leben davon ab. Erst nach einigen Minuten lockerte sie ihren Griff.

Jack streichelte ihren Kopf und sein Atem strich durch ihre Haare. Dann schob er sie sanft von sich weg und sah sie an.

Ashley hatte sich soweit beruhigt, dass sie nicht pausenlos schluchzen musste.

„Das war mutig!“ sagte er und versuchte zu lächeln. Gleichzeitig strich er ihr mit den Daumen die Tränen von den Wangen.

„Du hast mir den Pelz gerettet!“

Ashley schluchzte ein letztes Mal und schluckte. Sie zwang sich ein paar Mal durchzuatmen und richtete sich dann auf.

„Was jetzt?“ fragte sie bebend.

„Wir hauen ab!“ sagte Jack und löste sich von ihr.

„Was ist mit Javier?“ fragte sie.

„Um den werde ich mich kümmern!“ antwortete er knapp.

„Willst du ihn töten?“ fragte sie.

Jack ging zu Budd, zog sein Messer aus seiner Brust, wischte es an Budds Hose ab und steckte es wieder ein.

„Nein, jedenfalls nicht, wenn es sein muss. Ich denke, ich werde ihn betäuben und dann flüchten wir allein.“

Ashley blickte noch einmal auf Budds Leichnam herunter.

Sie wusste, sie hatte das tun müssen. Er hätte sonst Jack getötet und ihr wahrscheinlich noch weitaus schlimmere Dinge angetan. Aber dennoch würde sie das niemals vergessen können. Sie konnte es drehen und wenden wie sie wollte, sie hatte einen Menschen getötet.

Schließlich gingen die beiden ins Untergeschoss und Jack fischte aus dem Gepäck die Flasche Chlorophorm mit der er zu Beginn der ganzen Sache auch Ashley betäubt hatte.

Großer Gott, war das wirklich erst nur zwei Wochen her? Es kam ihr vor, wie eine Ewigkeit!

„Er muss gleich zurück sein!“ drang plötzlich Jacks Stimme in ihr Ohr.

„Versteck dich! Ich rufe dich, wenn ich ihn erledigt habe!“

Ashley nickte und lief in die kleine Küche. Sie duckte sich in eine Ecke und versuchte möglichst kein Geräusch zu machen.

Jack hatte Javier in ein naheliegendes Dorf geschickt, um Proviant einzukaufen. Sie wusste zwar nicht, wie weit das Dorf entfernt war, aber wenn Jack meinte, er müsse jeden Moment zurück kommen, dann war das mit Sicherheit auch so.

Und tatsächlich musste sie keine zwei Minuten warten, ehe sie draußen dumpfe Schritte hörte und dann das Knarzen der Eingangstür.

„Budd? Carlos?“ hörte sie Javier rufen.

„Wo steckt ihr denn alle? Umpfh!“ hörte sie dann nur noch und dann heftiges Gepolter. Jack hatte ihn, aber Javier schien sich heftig zu wehren, denn das Gepolter hielt mehrere Minuten an, bis endlich wieder Stille herrschte.

„Okay! Die Luft ist rein!“ hörte sie Jack dann keuchend rufen.

Ashley lief in den Eingangsraum. Javier lag regungslos am Boden. Doch Ashley konnte erkennen, dass er flach atmete. Jack stand noch über ihm, immer noch ein Tuch in der Hand und sah zu ihr rüber. Javier musste sich wirklich ziemlich gewehrt haben, denn Jack hatte sich sichtlich anstrengen müssen.

„Jetzt schnell!“ rief er packte Javier und wuchtete sich ihn über die Schulter.

„Was hast du vor?“ fragte Ashley.

„Ihn einsperren und noch einmal betäuben. Und dann Sachen schnappen und nichts wie weg von hier!“ antwortete Jack und schleppte Javier die Treppe hoch. Er ließ ihn in dem zweiten Zimmer zurück, in dem die Männer geschlafen hatten. Ashley machte sich in der Zwischenzeit daran in Jacks Rucksack noch einige Büchsen mit Essen zu packen und durchwühlte Javiers Rucksack nach nützlichen Sachen.

Dann kam Jack auch schon zurück. Er warf den mit Chlorophorm getränkten Lappen in die Ecke und schnappte seine Waffen.

„Was meinst du, wie lange ist er außer Gefecht?“

„Bei der Dosis mit Sicherheit zwei bis drei Stunden! Außerdem ist er eingeschlossen. Aber wir müssen uns trotzdem beeilen.“

Er schulterte seinen Rucksack und dann verließen sie die Hütte. Scheinbar wahllos schlugen sie einen Weg mitten in die Wälder ein. Ein paar Stunden waren sie nur darauf konzentriert so schnell wie möglich weg zukommen. Keiner von ihnen sprach ein Wort.

Ashley versuchte in dieser Zeit ihre Gedanken zu ordnen. Das alles war total verrückt! Nichts war so gekommen, wie sie geglaubt hatte! Das es Schwierigkeiten geben würde, ja. Aber das? Sie blickte auf ihren Pullunder. Budds Blut hatte große rote Flecken darauf hinterlassen. Ashley konnte spüren, dass sie noch feucht waren und schauderte.

Aber nun war sie mit Jack allein! Endlich allein! Sie mussten sich nun vor keinem mehr verstecken.

„Und was jetzt?“ keuchte sie schließlich.

„Erst einmal laufen, so lange wie es geht! Ich will sicher sein, dass Javier uns nicht folgt. Oder dass er uns im Dorf verraten kann.“ antwortete Jack.

Dann erfolgte wieder Schweigen. Eine ganze Weile liefen sie schweigend weiter. Bis sich irgendwann Ashleys Magen zu Wort meldete. Sie hatte bis jetzt nichts gegessen und allmählich machte sich auch Müdigkeit in ihren Gliedern breit.

„Können wir jetzt mal ne Pause machen?“ fragte sie.

Jack blieb stehen und blickte sich um.

„Ich denke schon. Aber nicht länger als ne halbe Stunde. Wir sind nach wie vor zu nahe an der Hütte.“

Ashley ließ sich auf einem umgestürzten Baum nieder und massierte ihre schmerzenden Beine. Jack ließ sich neben ihr nieder und begann in seinem Rucksack zu wühlen. Er förderte eine Feldflasche und ein paar eingepackte Brötchen zur Tage.

„Was machen wir jetzt?“ fragte Ashley abermals.

„Wie meinst du das?“ fragte Jack und nahm einen großen Schluck aus der Flasche, bevor er sie Ashley reichte.

„Na, ich mein, wo gehen wir jetzt hin? Wo sollen wir uns verstecken?“

Jack sah sie an. Ashley sah ihm an, dass er nach den richtigen Worten suchte.

„Ich bringe dich in die nächste Ortschaft, wenn du willst. Da kannst du dich bei der Polizei melden.“ sagte er schließlich.

Ashley sah ihn beinahe erschrocken an.

„Das würdest du tun?“ fragte sie.

Jack nickte.

„Ja!“

Ashley blickte kurz zu Boden. Dann sah sie ihn wieder an und legte eine Hand auf seinen Oberschenkel.

„Und wenn ich bei dir bleiben will?“ fragte sie.

Er blickte auf und sah sie erstaunt an.

„Was?“ fragte er.

„Ich will bei dir bleiben!“ sagte sie entschlossen und rückte näher an ihn heran.

Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen.

„Du weißt, dass das hart werden wird, oder?“ fragte er sie schließlich.

Sie nickte.

„Ich hab die letzten Wochen ja auch überstanden. Und außerdem...“

Sie legte den Kopf an seine Schulter.

„...sind wir jetzt allein! Wir können uns entspannen!“ sagte sie lächelnd.

Er lächelte ebenfalls. Und das richtig herzhaft. Und küsste sie innig.

Nach der angekündigten halben Stunde brachen sie wieder auf. Immer weiter in den Wald. In ein neues Abenteuer zu zweit.

Zweisamkeit

Bald kam es Ashley vor, als wolle der Gewaltmarsch kein Ende nehmen. Jack hielt nach wie vor sein strammes Tempo und blieb so gut wie nie stehen. Schon bald waren Ashleys Beine so schwer, dass sie sie kaum noch bewegen konnte.

Bei Sonnenuntergang erst kamen sie an einen kleinen See mitten im Wald. Jack blieb stehen und atmete ein paar Mal tief durch.

„Es wird bald dunkel!“ sagte er, während er den Rucksack fallen ließ.

„Es hat keinen Sinn weiter zu gehen. Wir bleiben hier.“

Ashley seufzte dankbar auf. Sie hätte schon die nächsten Meter nicht mehr gepackt.

Jack machte sich daran eine geeignete Stelle für ein Feuer zu suchen und Ashley zwang sich noch einmal aufzustehen und nach Feuerholz zu suchen. Schließlich kam sie mit einem Arm voll zurück und ließ ihn neben Jack fallen. Dieser griff nach den ersten kleinen Stöcken und begann einen Haufen zu schichten.

Nachdem Jack das Feuer entfacht hatte, ließ er sich auf das Lager sinken. Der Gewaltmarsch durch den Wald hatte auch bei ihm Spuren hinterlassen. Auch Ashley war müde, wollte allerdings noch nicht schlafen. Statt dessen richtete sie sich auf und ging runter zum See. Ein kühles Bad würde gut tun. Es war schrecklich heiß gewesen und selbst jetzt schwitzte sie schrecklich. Sie schälte sich aus ihren Kleidern, ließ sie am Ufer sinken und ging langsam ins Wasser. Durch die Hitze des Tages hatte es sich ziemlich aufgewärmt und war angenehm warm. Als sie bis zur Hüfte im Wasser stand, ging sie in die Knie, tauchte einmal komplett unter und richtete sich dann wieder auf. Sie strich sich das Wasser aus dem Gesicht und genoss die Kühle, die sich auf ihrem Körper ausbreitete. Dann ließ sie sich wieder ins Wasser sinken, tauchte bis zu den Schultern ab und begann sich den Schweiß vom Körper zu reiben. Plötzlich hörte sie hinter ihr Schritte und dann das Plätschern von Wasser. Ein heftiges Kribbeln machte sich auf ihrer Haut breit, das noch verstärkt wurde, als Jack ihr die Hände auf die Schultern legte und sie seinen muskulösen Körper an ihrem Rücken spürte. Langsam wandte sie sich zu ihm um und sah zu ihm auf. Sie sah ihm in seine Augen und las nicht nur sexuelles Verlangen in ihnen, sondern noch viel mehr. Er sah sie unendlich liebevoll und zärtlich an. Noch nie hatte er sie so angesehen. Und es erfüllte sie mit unbeschreiblichem Glück.

Ihre Köpfe bewegten sich gleichzeitig, ihre Lippen trafen sich zu einem innigen Kuss und Ashley schlang die Arme um seinen muskulösen Hals und er schlang seine Arme um ihren zierlichen Körper und presste sie fest an sich. Nun, ohne die Angst von jemandem entdeckt zu werden, konnten sie sich einander komplett hingeben.

Fieberhaft glitten Jacks Hände über ihren Rücken und Ashley spürte an ihrem Bauch, wie sich sein Glied zu versteifen begann.

Ashley ließ eine Hand über seine Brust runter über seinen Bauch wandern und schloss die Finger sanft um seine Erektion.

Er keuchte und wollte sie noch fester packen, doch sie löste sich von ihm und lief tiefer ins Wasser.

„Komm schon!“ rief sie ihm verführerisch zu.

Jack grinste und kam langsam näher. Sein Anblick ließ Ashley erschaudern. Seine gewaltige Gestalt wurde von dem Mond angestrahlt und ließ ihn noch imposanter erscheinen. Der Ausdruck auf seinem kantigen Gesicht trotze vor Erregung und machte Ashley beinahe Angst. Er wirkte beinahe animalisch.

Als er sie erreicht hatte, ragten noch so gerade eben seine Schultern aus dem Wasser, wohin gegen Ashley das Wasser bis zum Kinn reichte. Gierig packte er sie, zog sie an sich und sie gaben sich ganz einander hin. Bis er sie schließlich an ihrem Hintern packte und sie wieder aus dem Wasser trug. Neben dem Lagerfeuer ließ er sie in das taunasse Gras sinken und drang in sie ein. Hemmungslos gaben sie sich einander hin bis Ashley glaubte, der Sternenhimmel würde sich um sie drehen.
 

Jacks sanfte Küsse holten sie aus dem Land der Träume. Den Schlaf aus den Augen blinzelnd blickte sie sich um. Es war früher morgen, vielleicht kurz nach Sonnenaufgang. Der Tau ließ die Grashalme glitzern und ein frischer Waldduft lag in der Luft.

Jacks Lippen fuhren über ihre Schläfe.

„Aufgewacht, Rekrut!“ sagte er leise und richtete sich dabei auf.

Ashley lächelte.

„Zu Befehl, Sir!“ sagte sie und drehte sich auf den Rücken.

Sie blickte Jack an, der sich mittlerweile aufgesetzt hatte und sich umsah. Dann blickte er auf sie herab.

„Wir müssen los!“

Ashley streckte sich.

„Meinst du, Javier ist hinter uns her?“ fragte sie.

„Ich weiß nicht. Ich glaube eher nicht, aber man kann nie wissen.“

Er stand auf und ging zu seinen Kleidern. Ashley richtete sich ebenfalls auf. In der Feuerstelle glimmten nach wie vor Funken. Sie dachte an die letzte Nacht zurück.

Was als Albtraum begonnen hatte, war nun zu einem wunderbaren Traum und Abenteuer geworden.

Schließlich richtete sie sich auch auf und begann sich anzuziehen.

„Wo gehen wir jetzt hin?“ fragte sie.

Er schulterte seinen Rucksack.

„Erst mal möglichst weit weg. Es besteht schließlich die Möglichkeit, dass Javier geschnappt wird und alles ausplaudert. Dann wimmelt es hier in der Nähe demnächst nur so von Polizei und Suchtrupps.“

Ashley band sich ihren Pullover um. Wieder stieg ihr ein strenger Geruch in die Nase. Allerdings lag der in den Kleidern.

„Ich sag das ja ungern, aber ihr habt nicht zufällig ein paar von meinen Sachen aufgehoben?“ fragte sie.

Er sah sie fragend an.

„Nein, wieso?“

„Ich bräuchte dringend mal was zum wechseln. Ich miefe nur ungern! Und deine Sachen werden mir kaum passen!“ antwortete sie.

Er lachte leise.

„Nein, wohl kaum. Das Problem ist nur, wo sollen wir was her kriegen? Zufällig weiß ich, dass überall deine Steckbriefe hängen.“ antwortete er dann ernst.

Ashley sah zu Boden. Das hätte sie sich auch denken können.

„Kann ich mich nicht irgendwie verkleiden? Ich mein, Sonnenbrille und Kopftuch und so?“

Jack begann zu überlegen.

„Eigentlich keine schlechte Idee.“

Sie setzten sich langsam in Bewegung.

„Ich könnte ja auch eine Hose von dir anziehen. Würde zwar komisch aussehen, aber die wissen doch auch bestimmt, was ich für eine Kleidung trage, oder?“

Er nickte und schlug wieder ein heftiges Tempo an.

„Wir können es zumindest versuchen.“

Tatsächlich kamen sie an dem Nachmittag noch in eine abgelegene Kleinstadt. Die tatsächlich über einen kleinen Bekleidungsladen verfügte. Ashley setzte sich die klobige Männersonnebrille auf und Band sich ein Tuch um die Haare. Es war eines von Carlos Bandanas gewesen. Sie hoffte bloß, dass sie von dem Ding keine Läuse bekam. Zudem war sie in eine von Jacks Hosen geschlüpft und eines seiner T-Shirts, was wie erwartet ziemlich komisch aussah. Jack konnte sich nur mit Mühe das Lachen verkneifen.

Er drückte ihr eine Liste mit den Sachen in die Hand, die sie brauchten.

„Rede möglichst mit keinem, halte den Blick gesenkt und sei aber nicht zu hastig!“ sagte Jack und gab ihr einen flüchtigen Kuss.

„Viel Glück!“

„Ich schaffe das schon!“ sagte sie und ging los.

Zumindest hoffte sie das.

Mit festen, schnellen Schritten lief sie durch die Straßen und auf den Laden zu, hielt den Blick möglichst gesenkt und sah niemanden direkt an. Aber es schien sich anscheinend auch niemand an einem Mädchen zu stören, das viel zu große Militärhosen, Männer-T-shirts und eine Männersonnenbrille trug. Jedenfalls schien keiner von ihr wirklich Notiz zu nehmen.

Sie betrat den Laden und blickte sich flüchtig um. Viel Auswahl gab es nicht, aber das war ja auch nebensächlich. Sie ging schnell an der Verkäuferin an der Theke vorbei. Doch diese sah noch nicht mal von ihrem Kreuzworträtsel auf, das vor ihr auf der Theke lag.

Ashley war es nur recht. Sie griff schnell zwei T-Shirts und eine schwarze Cordhose und ging dann zur Theke zurück. Die Verkäuferin blickte nun doch auf, tippte dann aber nur gelangweilt den Betrag in die Kasse.

„Das macht 20 Dollar, Schätzchen!“ sagte sie.

Ashley reichte ihr den Betrag wortlos und stopfte die Sachen in eine Tüte. Dann verließ sie schnell den Laden und steuerte den kleinen Lebensmittelladen an. Jack hatte ihr aufgetragen nur Konserven zu kaufen. Schnell schaufelte sie einige Büchsen in einen Einkaufskorb und ging zur Kasse. Es waren kaum Leute in dem Laden und so konnte Ashley auch das ungestört erledigen.

Schnell maschierte sie dann mit ihren Einkäufen zur Kasse und packte wortlos die Büchsen auf die Theke. Die Verkäuferin begann sie wortlos zu scannen. Bis jetzt klappt alles reibungslos, dachte Ashley erleichtert.

„Sagen sie mal, kenne ich sie irgendwo her?“ fragte die Verkäuferin sie plötzlich.

Ashley zuckte zusammen.

Sie sah die Verkäuferin an, die sie eindeutig mißtrauisch betrachtete.

„Nein. Wohl kaum. Ich bin nicht von hier!“ antwortete sie und nahm die Einkaufstüte.

Die Verkäuferin musterte sie weiter mißtrauisch.

„Sie kommen mir nur so bekannt vor.“ meinte sie.

„Dann müssen sie mich aber mit jemandem verwechseln!“ sagte sie weiter und wandte sich zum gehen.

„Schönen Tag noch!“ sagte sie und verließ den Laden.

Verflucht, das war knapp gewesen! Nun aber schnell zurück zu Jack!

Doch als sie auf die Straße trat rannte sie beinahe in einen Polizisten rein.

Erschrocken prallte sie zurück.

„Hoppla, junge Frau! Wir haben es wohl eilig?“ fragte er sie locker.

Ashleys Herz begann zu rasen.

„Ja, ehrlich gesagt schon! Entschuldigung!“ beeilte sie sich zu sagen.

„Nichts passiert.“ lächelte der junge Polizist noch und Ashley lief schnell an ihm vorbei.

„Warten sie mal!“ rief er plötzlich hinter ihr her.

Ashley stockte mitten im Schritt, ihr Herz schien zerspringen zu wollen.

Hatte er sie erkannt?

Langsam wandte sie sich um.

„Ja, Officer?“ fragte sie.

Er kam langsam auf sie zu und betrachtete sie nun eindeutig mißtrauisch.

„Sagen sie mal, wie ist ihr Name?“ fragte er sie und musterte sie von Kopf bis Fuss.

„W..warum ist das wichtig?“ fragte Ashley.

Gott, was sollte sie jetzt tun?

„Nun, ich kann mir nicht helfen, aber sie sehen jemandem, der derzeit gesucht wird sehr ähnlich.“ sagte er weiter und blieb kurz vor ihr stehen.

Ashley schluckte und musste sich beherrschen nicht noch weiter vor ihm zurückzuweichen.

„Dann müssen sie mich aber wirklich verwechseln!“ antwortete sie hastig.

„Tatsächlich?“ fragte er, griff blitzschnell nach ihrer Sonnenbrille und zog sie ihr von der Nase.

„Das ist doch....!“ keuchte der Polizist und Ashley dachte nicht weiter nach und stürzte los in Richtung Wald.

„Miss Graham! Bleiben sie stehen!“ hörte sie den Polizisten hinter sich schreien.

Sie warf einen schnellen Blick über die Schulter und sah, dass er hinter ihr her rannte.

Sie versuchte noch schneller zu laufen, doch der Polizist war deutlich schneller als sie. Sie war zwar nur noch wenige hundert Meter vom Wald entfernt, doch sie wusste, dass sie es nicht schaffen konnte.

„Stehen bleiben!“ rief der Polizist wieder hinter ihr, wohl keine drei Meter von ihr entfernt. Er hatte sie fast!

Plötzlich kam etwas rundes aus dem Wald geflogen, schlug neben Ashley auf den Boden und explodierte in einem grellen Lichtblitz. Das Licht fraß sich in Ashleys Augen und sie taumelte blind noch ein paar Schritte weiter. Und wurde dann plötzlich von zwei starken Armen gepackt und hochgehoben.

Jack! Gott sei dank!

„Weg hier!“ hörte sie ihn brummen.

Dann lief er los.

„Stehen bleiben!“ hörte sie den Polizisten hinter sich brüllen.

Doch sie ließen ihn schnell hinter sich zurück und Jack sprintete durch den Wald.

Langsam klärte sich Ashleys Blick wieder.

Erst nach etwa fünf Minuten blieb Jack stehen und ließ sie runter.

„Geht es wieder?“ fragte er sie hastig.

Zwar hatte Ashley immer noch einen Schleier vor Augen, aber sie nickte dennoch.

Jack sagte auch nichts weiter, sondern fasste sie am Arm und zog sie hinter sich her.

Ashley gab sich alle Mühe mit ihm Schritt zu halten.

Erst nach vielleicht zwanzig Minuten blieben sie stehen. Ashley keuchte heftig und sackte auf die Knie herab. Auch Jacks Atem ging schnell und Schweiß stand auf seiner Stirn.

„Mann...das war knapp!“ keuchte Ashley.

„Es ist noch nicht vorbei!“ sagte Jack und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Wir müssen schnell weiter! Hier wimmelt es gleich von Polizisten!“

Sie setzten sich wieder in Bewegung. Allerdings in einem gemäßigtem Tempo.

„Tut mir echt leid! Ich habs vergeigt!“ sagte sie schließlich.

Jack schüttelte den Kopf.

„Es war nicht deine Schuld! Das war Pech!“ sagte er.

„Was war das für ein Ding, dass du da geworfen hast?“ fragte sie.

„Eine Blendgranate. Zuweilen sehr nützlich!“ sagte er und deutete auf zwei weitere an seinem Gürtel.

„Kann man wohl sagen! Zeigst du mir, wie man die Dinger benutzt?“ fragte sie.

Jack sah auf sie herab und lächelte.

„Gern! Aber später. Jetzt müssen wir erst einmal möglichst weit weg!“

Und es folgte wieder ein Gewaltmarsch, beinahe ohne Pause, bis spät in die Nacht.

Befreiung

Die nächsten Tage vergingen rasend schnell. Kreuz und quer ging es durch die Wälder und Ashley lernte von Jack nicht nur wie man Blendgranaten nutzte, sondern auch einige Überlebenstechniken. Es kam Ashley vor wie ein Traum. Nachts betrachteten sie die Sterne, oder liebten sich im Mondschein. Ashley hoffte inständig, dass dieser Traum niemals ein Ende nahm.

Doch das haben Träume so an sich. Auch die Allerschönsten.

Mehr als zwei Wochen war es her, dass sie sich zu zweit davon gemacht hatten, als eines morgens ein merkwürdiges Brummen Ashley aus dem Schlaf aufschrecken ließ. Es war früher Morgen, die Vögel sangen und die ersten Sonnenstrahlen stahlen sich durch die Baumkronen.

Jack lag hinter ihr, seinen rechten Arm um ihren zierlichen Körper geschlungen und schlief tief und fest.

Ashley lauschte angestrengt, doch das einzige was sie hörte, war das Rauschen des nahen Wasserfalles. Doch das war es nicht gewesen, was sie geweckt hatte. Oder hatte sie es nur geträumt? Sie ließ sich wieder sinken und lauschte Jacks leisem Atem. Wenn etwas dagewesen wäre, so hätte er es als erster gemerkt, da war sie sicher.

Sie dämmerte so gerade eben wieder in den Schlaf rüber, als sie das Brummen plötzlich wieder hörte. Und es wurde immer lauter. Nun endlich erkannte sie auch, was es war.

Ein Hubschrauber!

Sie richtete sich ruckartig auf. Jack seufzte leise und rührte sich aber sonst nicht.

Ashley blickte zu den Baumkronen auf, über denen im gleichen Moment ein schwarzer länglicher Punkt dahin sauste, wie eine riesige Libelle.

Suchtrupps?

Ashley packte Jack an der Schulter und begann ihn heftig zu rütteln.

„Jack! Jack, wach auf!“ rief sie ängstlich.

Mit einem verschlafenen Brummen öffnete er die Augen.

„Was?“ fragte er und blickte sich irritiert um.

„Was ist denn?“

„Ein Hubschrauber! Er fliegt über den Wald!“ sagte Ashley und deutete in den Himmel.

Ein Schlag ins Gesicht hätte Jack wohl nicht schneller wecken können.

Er sprang sofort auf und blickte in den Himmel. Ashley kam nicht umhin ihn zu betrachten. Die ersten Sonnenstrahlen zauberten Muster auf seine Haut, ließen seine Muskeln noch deutlicher hervortreten. Unter normalen Umständen wäre ihm dieser Anblick zum Verhängnis geworden. Doch die Umstände waren nicht normal, sondern sehr bedrohlich.

Der Hubschrauber kam zurück und kreiste über dem Bereich, wo ihre Lichtung lag und blieb dann einige Momente auf der Stelle hängen.

Sie hatten sie entdeckt!

„Scheiße!“ fluchte Jack und begann sich hastig anzuziehen.

Ashley tat es ihm gleich. Dann nahm er hastig seinen Rucksack, packte ihre Hand und zog sie hinter sich her.

„Schnell weg hier!“ rief er und rannte in den Wald.

Ashley versuchte mit ihm mitzuhalten, doch Jack konnte um einiges schneller laufen als sie und so wurde aus ihrem Laufen mehr ein unbeholfenes Stolpern, stets am Rande eines Sturzes.

Es war vorbei! Das spürte sie einfach!

Und tatsächlich hatte Jack wohl in der Eile die Klippe vergessen. Das einzige, was dort runter kam war der Wasserfall, der sich erst in den kleinen See ergoss, bevor er zum Fluss wurde.

Als sie aus dem Wald traten und die Klippe nach etwa zwanzig Metern zu sehen war, blieb er wie angewurzelt stehen.

„Mist!“ fluchte er.

Plötzlich erklang ein heftiges Grollen, als der Hubschrauber im Tiefflug über den Wald heran gesaust kam und über den letzten Baumwipfeln im Schwebeflug verharrte.

„Jack Krauser!“ donnerte eine Stimme zu ihnen herab, verstärkt durch ein Mikrophon.

„Sie sind umzingelt! Es gibt kein Entkommen! Lassen sie Ashley Graham gehen!“

Ashley starrte zu dem Hubschrauber hoch. Ein Kampfhubschrauber, ganz offensichtlich. Die Seitentür stand auf und sie konnte einen Mann hinter einem MG erkennen, der sie genau im Visier hatte.

Und sie konnte ihre Eltern erkennen!

Sie hockten beide ebenfalls an der Tür und sie konnte erkennen, dass ihre Mutter sich die Hand vor den Mund hielt. Sie wusste, dass ihre Mutter sich vor Angst um sie wahrscheinlich gar nicht mehr auskannte.

Dann sah sie aus den Augenwinkeln Schatten zwischen den Bäumen hervortreten. Bodentruppen. Vielleicht zwölf Soldaten oder Polizisten. Alle mit der Waffe im Anschlag auf Jack zielend.

Ashley drängte sich panisch an ihn. Jack legte schützend den Arm um sie und blickte sich ebenfalls um. Tatsächlich blieb ihnen nur die Richtung des Flusses, der jedoch zu breit war um ihn zu überqueren, ganz zu schweigen von der Strömung des Wasserfalles. Trotzdem liefen sie los, zur Klippe, bis sie nicht mehr weiter konnten.

Jack blickte in die Tiefe und dann wieder zu den Trupps.

„Das wars!“ rief er ihr über das Donnern der Hubschrauberrotoren zu.

Ashley blickte ihn panisch an. Sie wusste, sie konnten nicht mehr fliehen, aber sie konnte auch nicht zulassen, dass ihr Geliebter ihrem Vater in die Hände geriet. Das wäre unwiderruflich sein Todesurteil, das wusste sie.

Der Hubschrauber setzte zur Landung an und Ashley sah, wie ihre Eltern unter der Begleitung eines Soldaten raus sprangen und auf sie zuliefen.

„Ashley! Liebling! Es wird alles gut! Wir befreien dich!“ rief ihre Mutter.

„Nimm die Finger von meinem Kind, du verfluchtes Dreckschwein!“ schrie ihr Vater. In seinen Augen stand die pure Mordlust.

„Dad, bitte! Es geht mir gut!“ rief sie und drängte sich an Jack.

„Komm weg von ihm, Ashley! Wenn er sich rührt, wird er erschossen!“ schrie ihr Vater.

„Nein!“ schrie Ashley panisch und klammerte sich an Jack. „Lasst ihn in Ruhe!“

„Oh Gott, Kind! Komm zu uns!“ rief ihre Mutter. Ashley konnte Tränen auf ihrem Gesicht glitzern sehen.

„Nein! Nur wenn ihr versprecht, Jack laufen zu lassen!“ schrie Ashley zurück.

„Kind, bist du verrückt?!“ rief ihr Vater entsetzt.

Ashleys Gedanken rasten. Sie musste Jack helfen. Es gab nur einen Ausweg. Sie griff hinter ihn und löste eine seiner Blendgranaten von seinem Gürtel. Jack spürte, was sie tat und sah zu ihr runter. Ihre Blicke trafen sich. Unendlich tief sahen sie sich einen winzigen Moment in die Augen. Vielleicht zum letzten Mal.

„Ich liebe dich, Jack!“ sagte sie und zog dabei den Stift aus der Granate, drehte sich um und warf sie ihren Eltern und den Soldaten entgegen. Die Soldaten wurden völlig überrumpelt.

Die Granate explodierte mit einem grellen Blitz und Ashley schloss rechtzeitig die Augen. Als der Lichtblitz weg war öffnete sie sofort wieder die Augen und wandte sich Jack zu. Dieser löste sich von ihr. Seine Hand glitt an ihrem Arm herab und als sich ihre Fingerspitzen trennten, traf es Ashley wie ein Dolch ins Herz.

„Ich liebe dich, Ashley!“ rief er und sprang über die Klippe. Ashley stürzte an den Rand der Klippe und sah, wie die Gestalt ihres Geliebten immer kleiner wurde und schließlich in den tosenden Wassermassen verschwand. Tränen schossen ihr in die Augen. Mehrere Minuten hockte sie an der Klippe und starrte sie hinunter, nahm das Chaos und die wirren Stimmen hinter ihr nur am Rande war.

„Oh Gott! Ashley!“ hörte sie schließlich die Stimme ihrer Mutter und spürte dann ihre Hände an ihren Schultern. Ashley konnte jedoch darauf nicht reagieren. Sie starrte immer noch Jack hinterher. Doch der war verschwunden. Auch in den dahinfließenden Strömen war nichts zu sehen.

Ihre Mutter drehte sie um und blickte in ihr verweintes Gesicht. Doch sie schien die Tränen misszuverstehen, denn sie packte ihre Tochter, presste sie an sich und begann hemmungslos zu schluchzen.

„Oh Gott! Liebling! Gott sei Dank! Dir ist nichts passiert!“ weinte sie.

Ihr Vater kam dazu und legte um alle beide die Arme.

„Wir haben dich wieder! Jetzt wird alles gut“ rief er und drückte sich an sie und ihre Mutter.

Doch Ashley konnte nichts sagen. Die Tränen ließen ihre Stimme versagen.

„Komm, Kind! Wir fahren nach Hause!“ sagte ihr Vater schließlich und stand auf.

Wortlos richtete sich nun auch Ashley auf und folgte ihnen zum Hubschrauber. Doch sie konnte es nicht unterlassen immer wieder zu der Klippe zurück zu blicken.

Im Weißen Haus angekommen wurde sie von einem Arzt durchgecheckt, der ihren Eltern dann ihre beste Gesundheit bescheinigte.

Ashley hatte die Untersuchung gar nicht gewollt, denn sie wusste, dass es ihr gut ging. Aber wie immer musste ihr Vater seinen dicken Kopf durchsetzten.

„Wie ist es dir ergangen, Liebes?“ fragte ihre Mutter sie schließlich.

„Gut! Gut, ehrlich!“ beteuerte sie.

„Kind, du musst dieses Ungeheuer nicht schützen!“ sagte sie und sah sie mitleidig an.

„Tu ich nicht! Er hat mir nichts getan!“ sagte Ashley, musste aber sofort mit den Tränen kämpfen, als sie an Jack dachte.

Ihre Mutter schien das auch wieder falsch zu verstehen, denn sie strich ihr sanft über die Wange.

„Keine Sorge! Wir kriegen das Schwein und dann bekommt er, was er verdient!“ sagte sie energisch.

Ashley zuckte zusammen.

„Versuch etwas zu schlafen, Engel!“ sagte ihre Mutter schließlich und verließ ihr Zimmer.

Ashley legte sich zwar auf das Bett, aber an Schlaf war nicht zu denken. Sie dachte nur an Jack, an ihre gemeinsame Zeit. Würde sie ihn je wiedersehen?

Während sie schließlich doch langsam in den Schlaf rüberdämmerte musste sie plötzlich daran denken, dass ihre Periode seit zwei Wochen überfällig war.

Ungeahnte Folgen

Am nächsten Morgen setzte Ashley sich an den Frühstückstisch. Ihr Vater ratterte das morgendliche Dankesgebet runter. Ashley hoffte, dass er schnell fertig würde. Sie hatte schrecklichen Hunger. Gierig betrachtete sie den Wurstteller. Mit Schinken hatte der Koch nicht gespart, zum Glück.

Als ihr Vater fertig war, griff Ashley sofort zu nahm ein Brötchen und schnitt es schnell auf. Sie machte sich gar nicht erst die Mühe, es mit Butter zu beschmieren, sondern legte sofort eine dicke Lage Schinken in das Brötchen und begann gierig zu kauen. Sie hätte nie gedacht, dass Schinken so köstlich sein könnte.

„Gott, Kind, haben diese Ungeheuer dich so hungern lassen?“ fragte ihre Mutter. Wie immer versuchte sie dabei locker zu klingen, was ihr natürlich nicht gelang.

„Nein, nein, gar nicht! Aber ich hab trotzdem Hunger!“ antwortete Ashley mit vollem Mund.

Normalerweise hätte ihr Vater sie sofort darauf hingewiesen, dass man mit vollem Mund nicht spricht. Aber heute ließ er es mit einem leichten Lächeln durchgehen.

„Ist schon recht, Liebes! Iss dich nur satt!“

Das ließ Ashley sich nicht zweimal sagen.

Erst nach dem vierten Brötchen fühlte sie sich einigermaßen gesättigt. Und so müde, als hätte sie die ganze Nacht wach gelegen.

Langsam richtete sie sich auf und gähnte dabei ausgiebig.

„Ist dir nicht gut, Engelchen?“ fragte ihre Mutter besorgt.

„Doch, ich bin nur so müde!“ antwortete Ashley und wandte sich um, um in ihr Zimmer zurück zu kehren.

„Müde? Die Nacht ist doch gerade erst rum?“ fragte ihr Vater.

„Henry, lass sie! Bedenke, was sie durchgemacht hat!“ sagte ihre Mutter.

Ashley reagierte nicht weiter auf die beiden. Sie taumelte nur noch in ihr Zimmer und ließ sich auf das Bett fallen. Das letzte Mal war sie so müde gewesen, als sie den harten Marsch durch den Wald hinter sich gebracht hatte. Die Erinnerungen überrannten sie.

Jack. Wo er nur war? Ging es ihm gut?

Während sie langsam in den Schlaf rüber glitt, liefen ihr die Tränen über die Wangen. Sie vermisste ihn so sehr. Wie sehr sehnte sie sich an die Lagerfeuer und in seine starken Arme zurück. Sie meinte wieder das nasse Gras in ihrem Rücken zu spüren, wie in den Wäldern, wenn sie sich im Mondschein geliebt hatten.

Und nun würde sie ihn wohl nie wieder sehen.

Leise weinend schlief sie ein. Und schlief bis in die späten Mittagsstunden.

Und dennoch wollte den ganzen Tag die Müdigkeit nicht von ihr lassen.
 

Am nächsten Morgen erwachte Ashley mit einem fürchterlichen Gefühl der Übelkeit. Mit einer Hand auf den Magen gepresst richtete sie sich vorsichtig auf und wankte zur Tür. Ihr Bodyguard Mike, der vor ihrer Tür stand wich gehorsam zur Seite, jedoch nicht, ohne ihr einen besorgten Blick nachzuwerfen und Ashley wankte durch die nächste Tür zu ihrem Badezimmer. Sie schaffte gerade noch die paar Schritte zur Toilette, deren Deckel zum Glück offen stand und übergab sich heftig würgend. Danach blieb sie noch Minuten lang vor der Toilette hocken. Jetzt hatte sie sich wohl auch noch einen Magenvirus eingehandelt. Plötzlich pochte es an der Tür.

„Ashley? Liebling, ist alles okay?“ hörte sie ihre Mutter rufen.

„J..ja. Mir ist nur ein bisschen schlecht, Mum!“ antwortete Ashley und richtete sich langsam auf. Und wurde sofort von heftigem Schwindel überfallen. Ashley streckte die Hand nach dem Waschbecken aus, um sich abzustützen, doch aus ihren Armen, wie auch aus ihren Beinen schien jegliche Kraft gewichen zu sein, denn sie knickte einfach ein und schlug der Länge nach auf den Boden. Ein paar Sekunden war ihr schwarz vor Augen. Als sie wieder zu sich kam, hockte ihre Mutter und ihr Vater über ihr und sie konnte den Bodyguard hören, der per Handy einen Arzt herbeorderte.

„Liebes! Was ist denn nur mit dir?“ hörte sie ihre Mutter sagen.

„Ich weiß nicht!“ hauchte Ashley. Sie fühlte sich unendlich schwach.

Dann betrat ihr Bodyguard Mike das Badezimmer und steckte sein Handy ein.

„Der Arzt ist unterwegs, Miss Graham! Er wird in einer halben Stunde hier sein!“

Er beugte sich zu Ashley herab.

„Kannst du laufen?“ fragte er Ashley.

„Ich weiß nicht. Ich bin so matt!“ sagte sie leise.

Mike nickte nur, schob seine Arme unter ihre Schultern und Kniekehlen und trug sie kurzerhand in ihr Schlafzimmer zurück.

Zwei Stunden später war der Arzt da. Und nach einer zehnminütigen Untersuchung stand der Grund für ihre Übelkeit fest.

Mit einer sehr ernsten Miene ließ sich der Arzt neben ihr auf dem Stuhl nieder.

„Tja, Miss Graham. Sie sind nicht krank. Sie sind schwanger.“

Ashley konnte nichts sagen. Schwanger! Sie bekam ein Kind! Von Jack! Sie sagte nichts, starrte nur auf ihren noch flachen Bauch.

„Es ist von ihrem Entführer, nicht wahr?“ fragte der Arzt.

Ashley nickte. Sie konnte immer noch nichts sagen.

„Miss Graham, unter diesen Umständen kann ich es verstehen, wenn sie sich gegen das Kind entscheiden!“ sagte der Arzt.

„Was?“ fragte Ashley.

„Ich meine, wenn sie das Kind abtreiben wollen. Schließlich ist das Erlebte schon hart genug für sie. Und es kann niemand von ihnen verlangen ein Kind von jemandem zu bekommen, der ihnen Gewalt angetan hat. In diesem Falle kann eine Abtreibung problemlos durchgeführt werden.“

Das war zu viel für Ashley.

„Nein! Niemals!“ schrie sie.

„Miss Graham, ich kann verstehen, dass sie Angst davor haben, aber sie können mir glauben, es ist ungefährlich für sie. Das Beste ist, sie lassen das jetzt erst einmal ein paar Tage sacken.“

Er packte seine Sachen zusammen und stand auf.

„Versuchen sie etwas zu schlafen.“

Mit diesen Worten verschwand er durch die Tür.

Dann trat der Arzt zu Ashleys Eltern auf den Flur. Ashley konnte die drei deutlich auf dem Flur hören.

„Und?“ fragte ihr Vater übergangslos.

„Tja, Mr President. Ihre Tochter ist nicht krank, sondern schwanger!” antwortete der Arzt gerade heraus.

„Was?“ bellte der Präsident laut.

„Aber das kann doch nicht...!“ hörte Ashley ihre Mutter fassungslos stottern.

Ein paar Sekunden war Ruhe.

„Das kann ja nur bedeuten, dass dieses Monster...!“ hörte sie ihren Vater sagen.

„Was hat er unserem Engel angetan?“ hörte sie ihre Mutter schluchzen.

„Mr. President, ich wollte dieses Thema nicht allzu sehr mit ihrer Tochter bereden, denn sie ist wahrscheinlich jetzt noch etwas zu labil. Aber in diesem Falle ist eine Abtreibung möglich, vielleicht sogar empfehlenswert!“ hörte Ashley den Arzt sagen.

Ein paar Minuten herrschte Ruhe. Dann ergriff Ashleys Vater wieder das Wort.

„Ist eine Abtreibung nicht gefährlich?“ fragte er dumpf.

„Nun, wenn sie ordnungsgemäß gemacht wird, ist sie mittlerweile relativ risikofrei. Ich denke, sie sollten in Ruhe darüber nachdenken und nichts überstürzen.“

Wieder herrschte kurzes Schweigen.

„Und wie würde das ablaufen?“ fragte ihr Vater.

Ashley zuckte zusammen. Sie kannte ihren Vater. Wenn er so begann sich über eine Sache zu informieren, war es schon beschlossene Sache. Er würde von ihr verlangen abzutreiben.

„Das sollten wir in Ruhe woanders besprechen!“ hörte sie den Arzt noch sagen, bevor sich die Schritte entfernten.
 

Etwa eine Stunde später betraten ihre Eltern ihr Zimmer. Das Gesicht ihrer Mutter war noch immer ganz verquollen von Tränen.

„Wie geht es dir, Liebes?“ fragte sie möglichst ruhig, aber es begannen bereits wieder Tränen über ihre Wangen zu laufen.

„Gut!“ sagte Ashley knapp und sah dann ihren Vater panisch an.

Dieser setzte sich langsam zu ihr ans Bett.

„Siehst du, Liebes. Wir haben uns vorhin mit dem Arzt unterhalten. Und...“ begann ihr Vater, aber Ashley ließ ihn nicht weitersprechen.

„Nein! Ich werde nicht abtreiben!“ schrie sie.

„Aber Liebes! Willst du das Kind von so einem Unmenschen austragen und groß ziehen? Von einem Mann, der dich vergewaltigt hat?!“ fragte ihr Vater.

„Jack hat mich nicht vergewaltigt! Ich habe es gewollt! Er hätte mir nie etwas angetan!“ weinte Ashley und legte schützend die Hand an ihren Unterleib.

„Was? Gott, Kind, weißt du, was du redest?“ fragte ihre Mutter entsetzt.

„Ja, dass weiß ich! Ich werde niemals abtreiben!“ weinte Ashley und kroch vor ihren Eltern davon. Sie sah, wie sich der Blick ihres Vaters verdüsterte.

„Engel, ich weiß, dass dir das Angst macht. Aber ich werde nicht zulassen, dass du die Brut von diesem Monster bekommst!“

„Jack ist kein Monster! Ich liebe ihn!“ weinte Ashley wieder. „Ihr dürft mir das Kind nicht nehmen!“

„Schluss jetzt!“ donnerte ihr Vater und sprang vom Bett auf.

„Du bist verwirrt und redest dummes Zeug! Wir werden jetzt erst einmal ein paar Tage Ruhe einkehren lassen, damit du wieder zur Vernunft kommst! Und dann werden wir alles mit dem Arzt regeln!“

Wütend drehte sich ihr Vater um und stürzte aus dem Zimmer.

„Nein! Nein! Das dürft ihr nicht!“ weinte Ashley.

„Bitte Liebes, so sei doch vernünftig!“ rief ihre Mutter und wollte sie in den Arm nehmen. Ashley stieß sie von sich.

„Ich bin vernünftig!“ schrie sie. „Und ich werde niemals abtreiben!“

Ihre Mutter senkte betreten den Blick, erhob sich ohne ein weiteres Wort und verließ das Zimmer.

Ashley blieb allein zurück und vergrub weinend ihr Gesicht im Kissen.

Sie wusste, dass ihr Vater sie zur Abtreibung zwingen würde. In einer Sache hatte Jack recht gehabt. Bekam ihr Vater nicht durch sanfte Worte das, was er wollte, so nahm er es sich mit Gewalt.
 

Nach ein paar Tagen schickte ihr Vater sie in die Sommerresidenz.

„Du hast ein paar harte Tage vor dir! Am besten du erholst dich etwas!“ hatte er kalt gesagt.

Ashley hatte ihre Eltern angefleht sie nicht zur Abtreibung zu zwingen. Doch diese ließen sich in keinster Weise umstimmen.

„Du bekommst kein Kind von einem Schwerverbrecher, so lange ich dein Vater bin!“ hatte ihr Vater nur gebrüllt und sie in die Richtung des Wagens geschubst.

„Wir wollen doch nur dein bestes, Liebling!“ sagte ihre Mutter und wollte sie in die Arme schließen, doch sie prallte vor ihr zurück.

„Ihr wollt euer bestes! Nicht meins!“ schrie sie weinend.

Mit einem Mal schoß ihr Vater vor, holte aus und ohrfeigte sie so heftig, dass sie zurück torkelte und fast gestürzt wäre, hätte Mike sie nicht aufgefangen.

„Mr. President! Bitte!“ sagte Mike und nahm Ashley schützend in die Arme. Sie schmiegte sich an seine Brust.

„Du Ungeheuer! Ich hasse dich!“ schluchzte Ashley und presste sich an Mikes Brust.

„Ich werde dich...!!! Du undankbares Luder!!“ brüllte ihr Vater und stürzte auf sie zu.

Mike stellte sich vor sie und hielt ihren Vater zurück.

„Mr. President! Mäßigen sie sich bitte! Das bringt doch nichts!“ rief er.

Ashley sank gegen den Wagen und weinte nur noch heftiger.

Sie konnte die stechenden Blicke ihres Vaters spüren.

„Bringen sie sie in die Villa! Und passen sie gut auf sie auf! In einer Woche bringen sie sie ins Hospital!“ hörte Ashley ihn dann nur noch kommandieren.

Dann hörte Ashley nur noch seine schnellen Schritte, die sich entfernten.

„Komm, Ash!“ hörte sie Mikes Stimme, der sie sanft an den Schultern fasste und in den Wagen schob.

Den ganzen Weg über vergoss Ashley still weiter Tränen. Wie konnte ihr Vater ihr das antun? Warum hörte er ihr einfach nicht zu? Und warum half ihre Mutter ihr nicht?

Nach zwei Stunden Fahrt hatten sie die Villa erreicht. Ein hoher Zaun umgab das riesige Gelände einschließlich eines kleinen Waldes. Nachdem sie dasTor erreicht hatten fuhren sie noch einige hundert Meter bis zur Villa. Mit von Tränen verschwommenen Blick sah sie zu dem Gebäude rüber und streichelte ihren Bauch. Nur noch eine Woche! Dann würde sie ihr Kind, dass sie bereits jetzt mehr liebte als alles andere, verlieren.

Plötzlich spürte sie Mikes Hand an der Schulter. Sie sah ihn an.

Mike sah sie unendlich mitleidsvoll an.

„Ich weiß, du willst es behalten!“ sagte er.

Ashley schmiegte sich an seine Schulter und weinte wieder heftig.

„Hat er dich wirklich nicht vergewaltigt?“ fragte Mike.

„Nein! Wirklich nicht!“ schluchzte sie.

Mike streichelte ihren Kopf.

„Du tust mir so unendlich leid, Ash! Ich wünschte, ich könnte dir helfen!“

Der Wagen hatte mittlerweile vor der Villa gehalten und die Bediensteten begannen ihr Gepäck aus dem Wagen zu laden.

„Nun komm!“ sagte Mike und begann aus dem Wagen zu klettern.

„Vielleicht beruhigt sich dein Vater auch wieder und bläst den ganzen Irrsinn wieder ab!“

Ashley wusste, dass Mike sie nur trösten wollte, doch er wusste genauso gut wie sie, dass ihr Vater das nicht tun würde.

Wieder vereint

Ashley erwachte mitten in der Nacht. Irgendein Geräusch hatte sie geweckt. Sie sah sich im Zimmer um. Durch das Fenster drang nur ganz schwaches Mondlicht ein und lies sie nur Umrisse erkennen. Durch das offene Fenster. Als sie zu Bett ging, war es geschlossen gewesen, das wusste sie genau. Das konnte nur bedeuten... Sie sah zu dem Stuhl, der neben der Tür stand, auf dem die ersten Tage immer Mike gesessen hatte. Ihr Vater hatte tatsächlich angeordnet, dass Mike sie sogar möglichst nachts bewachen sollte. Allerdings hatte er das nur selten getan. Tatsächlich erkannte sie die Umrisse eines großen, kräftigen Mannes, doch es war nicht Mike.

„Jack?“, flüsterte sie vorsichtig.

Die Gestalt hob den Kopf und sah sie an. Das wenige Mondlicht reichte gerade eben aus, um Ashley den roten Beret und die markante Narbe in seinem Gesicht erkennen zu lassen.

„Jack!“, stieß sie nur schwer beherrscht aus, sprang aus dem Bett und lief auf ihn zu.

Jack richtete sich ebenfalls auf und kam ihr entgegen. Die beiden fielen sich in die Arme und Ashley konnte ein paar Tränen der Freude nicht unterdrücken. Sie hatte so sehr gehofft, dass sie ihn wiedersah.

„Ich dachte, ich sehe dich nie wieder!“ flüsterte sie und drückte ihr Gesicht an seine Brust und genoss seine starke Umarmung und seine Wärme. Schließlich schob Jack sie sanft etwas von sich weg und nahm ihr Gesicht in beide Hände und sah sie an.

„Ich musste sicher sein, dass es dir gut geht!“, sagte er und küsste sie.

Dann schmiegte Ashley sich wieder an ihn.

„Wir müssen hier weg! Wenn sie dich erwischen, wirst du wahrscheinlich sofort getötet!“, sagte sie.

Plötzlich fasste er sie an den Schultern und schob sie sanft von sich, so dass sie ihn wieder ansah.

„Ich weiß. Und ich werde gleich wieder verschwinden. Aber ich konnte nicht gehen, ohne dich nicht noch einmal gesehen zu haben.“

„Was meinst du damit?“, fragte sie.

Jack schlug die Augen nieder und holte ein paar Mal tief Luft bevor er antwortete.

„Ashley, ich muss fliehen. Dein Vater jagt mich, mit allen Mitteln!“

„Dann lass uns gehen!“, sagte Ashley.

„Nein, Ashley. Ich muss allein gehen. Ich kann dich nicht mitnehmen. Ich würde dich nur in Gefahr bringen. Und das kann ich einfach nicht!“, sagte er. Er hob den Kopf und sah sie an. Ashley glaubte Tränen in seinen Augen zu sehen.

„Das ist mir egal, Jack! Ich kann nicht hier bleiben. Und ich will dich nicht wieder verlieren!“, sagte Ashley und konnte die Tränen nicht mehr zurück halten.

Jack schloss sie wieder fest in die Arme.

„Ich dich auch nicht! Aber ich kann dich nicht mitnehmen! Es wäre einfach viel zu gefährlich.“

Er schob sie langsam wieder von sich, doch Ashley spürte, wie schwer es ihm fiel.

„Ich muss jetzt gehen. Vielleicht sehen wir uns wieder.“

Er wandte sich ab und wollte zum Fenster gehen. Doch Ashley lief hinter ihm hinterher und nahm seine Hand. Jack drehte sich um und Ashley warf sich wieder an seine Brust.

„Jack, nein! Du kannst mich nicht hier lassen!“, weinte sie.

„Ashley, bitte, mach es mir nicht so schwer!“, sagte er und umarmte sie fest.

„Du musst hier bleiben und...“

„Ich bin schwanger von dir, Jack!“, platzte Ashley heraus.

Es verschlug ihm sofort die Sprache und Ashley spürte wie er sich spannte.

„Was?“, fragte er.

„Ich bin schwanger. Und mein Vater will mich zur Abtreibung zwingen!“, weinte sie und sah ihn wieder an.

Jack sah zu Boden. In seinen Augen stand mehr als Überraschung.

„Aber...warum?“, fragte er schließlich.

„Er glaubt, du hättest mich vergewaltigt. Und deswegen will er mich zur Abtreibung zwingen! Er glaubt mir nicht, dass ich es gewollt habe. Dass wir uns lieben!“, weinte Ashley weiter.

Jack blickte weiter zu Boden. Mehrere Minuten sagte er nichts.

„Ich kann doch nicht zulassen, dass er unser Kind tötet!“, flüsterte Ashley.

„Aber was soll ich tun?“

Sie sah ihn verzweifelt an. Sie sah ihm geradezu an, wie sich die Gedanken hinter seiner Stirn überschlugen.

„Jack, bitte!“, flüsterte sie noch verzweifelter.

Jack sah wieder auf und ihr fest in die Augen.

„Ashley, du musst wissen, wir werden vielleicht über Jahre kein geordnetes Leben führen. Wir werden ständig auf der Flucht sein und ständig irgendwo anders sein. Du musst dazu bereit sein!“, sagte er.

Ashley begann zu strahlen.

„Das ist mir gleich! Ich will nur mit dir zusammen sein! Und ich will unser Kind!“, sagte sie.

Jack nickte.

„Gut! Zieh dir was an und packte ein paar Sachen ein. Aber nicht viel!“

Ashley wirbelte sofort herum, schlüpfte in ihre weiße Jeans und den grauen dünnen Rollkragenpulli. Dann krallte sie sich ihren Rucksack und stopfte schnell noch ein paar Kleidungsstücke hinein. Dann zog sie ihre alten Turnschuhe an und kramte das bisschen Geld, dass sie hatte zusammen. Dann lief sie zu Jack, der bereits am Fenster stand. Er blickte konzentriert hinaus, suchte den Park ums Haus nach Wachen ab. Schließlich schwang er sich mit einer kraftwollen Bewegung aus dem Fenster und half Ashley danach auf den kleinen Sims. Dann balancierte er langsam auf die Dachrinne zu. Er wollte doch etwa nicht...? Die Dachrinne würde nicht einmal ihr Gewicht aushalten, geschweige denn seins. Da erst sah sie den Enterhaken und das zusammengerollte Seil, das am Boden lag. So war er also hier hoch gekommen! Jack nahm den Haken, rammte ihn in eine etwas marode Stelle im Mauerwerk und zog dann ein paar Mal kräftig. Obgleich Ashley wusste, dass er in so etwas viel Erfahrung hatte, wurde ihr doch etwas unwohl. Schließlich, nachdem er die Position des Enterhakens noch etwas optimiert hatte, wandte er sich zu ihr um. Doch er musste Ashley nichts sagen. Sie hatte ihre über einen Monat dauernde Flucht nicht vergessen. Sie schlang die Arme um seinen Hals und die Beine um seine Hüften und Jack schwang sich über den Sims und keine zwanzig Sekunden später standen sie auf dem Rasen. Ashley atmete leise auf. Bis jetzt klappte es reibungslos. Doch plötzlich sah sie, wie ein Lichtstrahl an der nächsten Hausecke auftauchte.

„Weg, schnell!“ flüsterte Jack, packte ihre Hand und zerrte sie hinter sich her in den Wald. Der Lichtstrahl schwenkte in ihre Richtung in dem Moment, wie sie den Wald betraten. Obgleich das Licht sie nicht berührte, mussten ihre Bewegung doch zu sehen gewesen sein, denn der Lichtstrahl, der sie zuvor nur gestreift hatte, verharrte nun und glitt sofort an den Waldrand zurück und hätte beinahe noch Ashley gestreift, die gerade im Wald verschwand.

„He, wer ist da?!“ hörte sie sofort die schneidende Stimme eines Wachmannes und gleich darauf hörte sie seine schnellen Schritte, die ihnen folgten. Doch sie konnten nicht rennen, da jede schnelle Bewegung Geräusche gemacht hätte. Erschrocken sah sie den Lichtstrahl an, der nun durch die ersten Bäume viel und auf sie zukam. Er würde sie entdecken! Sie würden Jack kriegen! Doch plötzlich packte dieser sie, zog sie runter und drückte sie unter einen Busch. Sein massiger Körper lag einen Sekundenbruchteil danach neben ihr und er schaffte es sogar irgendwie völlig lautlos einen abgerissenen Zweig mit Blättern vor sich zu ziehen. In aller letzter Sekunde, bevor der Lichtstrahl auf den Busch fiel, unter dem sie lagen. Suchend tastete der Lichtstrahl durch den Wald, beleuchtete auch ein paar Mal noch den Busch. Während Ashley verzweifelt versuchte still zu liegen und mühe hatte keinerlei Geräusch zu machen, ja nicht einmal laut zu atmen, lag Jack starr wie ein Stein da und schien nicht mal zu atmen. Ashley bewunderte immer wieder, wozu er fähig war.

Plötzlich hörte sie das Knacken eines Funkgerätes. Und kurz darauf die Stimme des Wachmannes.

„Ja?“

„Hey, was ist denn los?“, erklang es knackend aus dem Funkgerät.

„Nichts! Ich dachte ich hätte was gesehen. Muss ein Tier gewesen sein!“ sagte der Wachmann. Dennoch wanderte der Lichtstrahl noch zweimal hin und her, bevor sich seine Schritte wieder entfernten. Erst, als von dem Lichtstrahl nichts mehr zu sehen war, richtete sich Jack geräuschlos auf und sah sich erst einmal gründlich um, bevor er Ashley sanft am Arm aus dem Versteck zog. Ashley hatte Mühe wieder auf die Beine zu kommen. Ihre Glieder zitterten und ihr war schlecht vor lauter Angst. Jack begann nach einem letzten sichernden Blick langsam tiefer in den Wald zu laufen. Ashley versuchte ihm genauso leise zu folgen und dabei das Zittern aus ihren Gliedern zu verbannen. Nach etwa hundert Metern kamen sie an den hohen Zaun, der das Gelände umschloss. Etwa drei Meter hoch und aus massivem Eisen. Jack musste Ashley jedoch nur ansehen und sie wusste, was er wollte. Er ließ sich in die Knie und Ashley kletterte auf seine Schultern. Dann schob er sie hoch und sie schwang sich über den Zaun. Sie ließ sich langsam auf der anderen Seite runter, hing dann nur noch mit den Händen an den Querstreben und wollte sich gerade fallen lassen, als Jacks kräftigen Hände durch die Gitterstäbe griffen und sie an der Seite packten. Sie glitt langsam herab und vermied so auch jedes Geräusch. Dann sprang Jack hoch, packte die Querstange und zog sich problemlos hoch. Zwei Sekunden später stand er neben ihr. Dann liefen sie die leichte Böschung hoch und kamen auf die Straße. Trotz des Mondlichtes konnte Ashley kaum etwas erkennen, doch Jack schien genau zu wissen, wo er hinwollte, denn er nahm sie an die Hand und ging zielstrebig auf den Waldrand auf der anderen Straßenseite zu. Erst jetzt erkannte Ashley die kleine Bresche im Wald und darin dann den darin versteckten Geländewagen. Sie hörte wie Jack einen Schlüssel aus seiner Hose zog und den Wagen aufschloss. Ashley lief sofort auf die Beifahrerseite, öffnete die Tür und kletterte auf den Beifahrersitz. Jack schwang sich hinter das Steuer, schloss die Tür möglichst leise und ließ dann den Motor an. Langsam fuhr er auf die Straße. Erst jetzt begann Ashley aufzuatmen und auch Jack entspannte sich etwas.

„Wir haben es geschafft!“, flüsterte sie leise.

„Noch nicht ganz! Erst mal will ich ein paar Stunden weit weg sein! Die werden bald merken, dass du weg bist und dann ist hier der Teufel los!“, sagte Jack.

Gleichmäßig glitten sie durch die Nacht und ein paar Minuten sprach keiner von ihnen.

„Wohin gehen wir jetzt?“, fragte Ashley.

„Erst einmal werden wir nur diesen Wagen und ein Zelt als Unterkunft haben. Wir können uns nicht in einem Hotel oder so etwas blicken lassen. Man würde uns sofort erkennen.“, sagte Jack.

Ein paar Minuten schwiegen wieder beide. Die Anspannung fiel mehr und mehr von Ashley ab und ihr Körper begann sie daran zu erinnern, dass es mitten in der Nacht war. Sie schloss die Augen und wäre beinahe eingeschlafen, wenn sie nicht plötzlich Jacks Hand an ihrem Bauch gespürt hätte. Er strich sanft über ihren Unterleib. Nun erst war auch der harte Gesichtsausdruck gewichen. Obwohl er eigentlich durch seine Narbe immer etwas grimmig wirkte.

„Wann...wann ist es passiert?“, fragte er.

„Wahrscheinlich schon in der ersten Nacht. Vielleicht auch in der zweiten. Das konnte der Arzt nicht genau sagen.“, antwortete Ashley, und legte ihre Hand auf seine.

„Dein Vater wollte dich zwingen abzutreiben?“, fragte er und Ashley konnte deutlich Zorn in seiner Stimme hören.

„Ja! Ich habe ihm verzweifelt zu erklären versucht, dass ich das Kind will. Aber er hat mir nicht einmal zuhören wollen. Er hat immer wieder nur gesagt, dass ich eh nicht wüsste, was ich sage und er nicht zulässt, dass ich das Kind eines...“, Ashley brach ab.

„...eines Vergewaltigers bekommst!“, führte Jack den Satz zuende.

Ashley nickte. Ein dicker Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet.

„Es stand sogar der Termin schon fest. Wärst du nicht gekommen...“, sagte sie. Doch sie konnte nicht weiter sprechen. Sie dachte voller Hass an ihren Vater. Und auch an ihre Mutter, die ihrem Vater nur beigepflichtet hatte.

Ein paar Minuten herrschte wieder Schweigen.

Plötzlich hörte sie Jack leise lachen.

„Was ist denn so lustig?“, fragte Ashley.

„Ich habe mir gerade nur vorzustellen versucht, wie ich als Vater wäre. Aber irgendwie will mir das nicht gelingen.“

Ashley lächelte.

„An den Gedanken musst du dich wohl gewöhnen.“, sagte sie.

Ein paar Stunden später lenkte Jack den Wagen auf einen Feldweg und fuhr ein ganzes Stück in den Wald rein. Dann bog er noch in einen Trampelpfad ein und blieb dann stehen. Dann stieg er aus und klappte die Rückenlehne der Rückbank um, auf der bereits zwei Decken gelegen hatten.

„Ruhepause!“, sagte er.

Ashley war zutiefst dankbar. Sie hatte zwar verzweifelt versucht wach zu bleiben, war aber immer wieder neben ihm eingenickt. Sie kletterte ebenfalls auf die Rückbank, auf der Jack sich schon ausgestreckt hatte. Wenn man das ausstrecken nennen kann. Ashley schmiegt sich mit dem Rücken an ihn und Jack schloss sie fest in die Arme. Sie war so unendlich glücklich. Egal, was die nächste Zeit an Entbehrungen für sie bringen würde, sie war bei ihm und sie würde das Kind behalten. Etwas anderes war ihr nicht wichtig. Seine Körperwärme und seinen Atem, der durch ihr Haar fuhr, löschte jedes unwohle Gefühl in ihr aus und sie schlief beinahe augenblicklich ein.
 

Das erste, was sie am nächsten Morgen wahrnahm, war die bohrende Übelkeit, die sie seit etwa zwei Wochen quälte. Und die bereits in ihrer Speiseröhre aufsteigende Magensäure. Ashley richtete sich auf, öffnete die Tür und sprang aus dem Wagen. Sie schaffte es gerade eben sich ein paar Meter in den Wald zu schleppen, bevor sie sich in neben einem dicken Baum würgend übergab. Dann richtete sie sich auf und atmete ein paar Mal tief durch, wobei sie sich an dem Baum abstützten musste, um nicht auf den Waldboden zu sinken. Mit heftigem Schwindelgefühl taumelte sie um den Baum herum und spürte, wie ihre Beine doch unter ihr nachgaben. Doch sie schlug nicht auf dem Waldboden auf, sondern fiel direkt in Jacks Arme, der ihr gefolgt war.

„Ashley! Was ist?“, fragte er erschrocken.

Ashley legte den Kopf an seine Brust und versuchte das Schwindelgefühl zu vertreiben.

„Nichts! Schwangerschaftsbeschwerden. Das ist normal!“, sagte sie. Von ihm gestützt wankte sie zum Auto zurück.

Sie ließ sich wieder mit ihm auf den Rücksitz sinken und spürte genüsslich wie die Übelkeit und auch der Schwindel nachließ.

„Hast du das ständig?“, fragte er.

„Nein. Nur morgens. Aber ich hab ständig Hunger auf Schinken.“, antwortete sie.

Jack lächelte und begann wieder ihren Unterleib zu streicheln.

„Dann werden wir uns wohl einen kleinen Vorrat anlegen müssen! Ich will ja nicht, dass ihr beiden verhungert!“

Ashley lachte leise. Sie war so unendlich glücklich wieder bei ihm zu sein. Sie begann durch sein kurzes blondes Haar zu streichen und zeichnete die harten Stränge seiner Halsmuskeln nach. Jacks Hand fuhr ebenfalls durch ihr Haar. Ashley spürte wieder das heiße Verlangen in ihren Lenden. Sie wollte ihn spüren. Sie begann ihn zu küssen, ließ ihre Hände über seine Brust wandern. Jacks Körper zitterte vor Erregung.

„Ashley, nicht! Wir...haben keine...Zeit!“, presste er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Seine Stimme war heiser vor Erregung.

Doch Ashley ließ ihn seine Worte ganz schnell vergessen, in dem sie ihre Hand einmal kurz über seinen Intimbereich wandern ließ.

Und ehe sie sich versah, war sie ihre Kleider los und er seine und gab sich dem Liebesspiel mit ihm hin.

Danach sanken sie beide erschöpft zurück. Nach ein paar Minuten richtete Jack sich wieder auf und begann zum anderen Ende der umgeklappten Rückbank zu kriechen und zog einen Militärrucksack hervor. Dann öffnete er ihn und zog eine weiße Hose und ein dunkelblaues Hemd hervor.

„Was hast du vor?“, fragte Ashley.

„Andere Sachen anziehen. Und dann werden wir weiter fahren. Wir müssen die Gegend möglichst schnell verlassen.“

Nachdem er seine Sachen zusammen gesucht hatte, zog er aus einer Tasche eine Tüte mit eingepackten Brötchen und reichte sie ihr.

„Hier. Ist zwar kein Schinken, aber wenigstens etwas.“

Ashley nahm die Tüte lächelnd entgegen. Jack lächelte ebenfalls und tatsächlich verschwand der harte Gesichtausdruck für einen Moment völlig und er sah Ashley einfach nur unendlich zärtlich und liebevoll an. Bis jetzt hatte er sich selten zu diesem Blick durchringen können. Doch ehe sich wieder eine bestimmte Stimmung ausbreiten konnte, nahm Jack seine Kleider, kletterte aus dem Wagen und begann sich auszuziehen. Ashley öffnete die Tüte und begann eines der Brötchen zu essen. Tatsächlich musste sie sich sogar beherrschen es nicht zu verschlingen. Nach ein paar Minuten warf Jack seine Militärsachen neben ihr auf den Rücksitz. Dann kletterte er wieder in den Wagen und verstaute die Sachen. Ashley betrachtete ihn. Sie hatte ihn bis jetzt immer nur in Militärkleidung gesehen und hatte das als völlig normal hingenommen. Aber jetzt sah sie ihn zum ersten mal in ganz normalen Kleidern. Ein ungewohnter Anblick, aber nicht unattraktiv.

Schließlich klappte er die Lehne des Rücksitzes wieder hoch und sprang abermals aus dem Wagen. Allerdings nur um auf den Fahrersitz zu klettern. Ashley kletterte auf den Beifahrersitz und schnallte sich an.

„Und? Welche Richtung?“, fragte sie.

Jack startete den Motor und bugsierte den Wagen aus dem Waldweg ehe er antwortete.

„Westen. Wir werden große Städte meiden. Höchstens kleine Dörfer, wo wir Lebensmittel und Benzin kriegen.“,

„Und wie lange können wir das durchziehen?“ fragte sie.

Jack seufzte.

„Leider nicht allzu lang. Vielleicht ein paar Monate. Ich hatte eigentlich nur für meine Flucht geplant. Aber...da ich nun auch noch eine...zwei Personen mit versorgen muss...“

Sein Blick wanderte wieder zu ihrem Unterleib und zurück zu ihrem Gesicht. Wieder breitete sich dieser seltene, zutiefst liebevolle Ausdruck in seinem Gesicht aus.

„Damit hatte ich einfach nicht gerechnet.“

Er blickte wieder auf die Straße, die immer noch durch dichte Wälder führte.

„Und, was machen wir, wenn uns das Kapital ausgeht?“, fragte Ashley.

„Naja, ich hatte sowieso vor mich nach einer Weile irgendwie ins Ausland abzusetzen. Ich denke, wir haben auch gar keine andere Wahl. Aber erst wenn die Wogen sich etwas geglättet haben. Und dort haben wir vielleicht eine Chance.“

Ein paar Minuten schwiegen beide. Ashley dachte an die ganzen Abenteuerfilme, die sie immer gern gesehen hatte. Nun war sie selbst in einem.

„Welches Land hattest du denn gedacht?“, fragte sie schließlich.

Jack zuckte mit den Schultern, sagte aber nichts.

„Kanada soll sehr schön sein. Vor allem an einigen Stellen sehr dünn besiedelt!“, sagte Ashley. Eigentlich hatte sie das mehr als kleinen Scherz gemeint, aber sie sah Jack sofort an, dass er nachzudenken begann.

„Vielleicht keine schlechte Idee!“, meinte er schließlich.

Quer durch die Staaten

Drei Monate später hatte sich die Aufregung jedoch immer noch nicht sonderlich gelegt. Immer noch hörte man in den Schlagzeilen von den vergeblichen Suchaktionen nach Ashley und man sah ihr Gesicht über die Bildschirme flimmern. Ashley hatte sich schließlich die Haare noch kürzer geschnitten und kupferbraun gefärbt. So wurde sie wenigstens nicht sofort erkannt. Jack hatte es noch schwerer sich zu tarnen. Zwar wurde sein Bild immer wieder gezeigt, jedoch ein altes, auf denen er noch keine Narben hatte, jedoch mit dem Hinweis darauf. Er versuchte sie mit Make-up zu verdecken, doch das war gar nicht so einfach. Schließlich hatte er sich angewöhnt immer eine Baseballkappe zu tragen, möglichst tief ins Gesicht gezogen.

Sie waren nie länger als zwei Tage an einem Ort geblieben. Mittlerweile war es Oktober und es wurde allmählich zu kalt um im Zelt zu schlafen. Obgleich Jack mehr und mehr eine Route in den Süden eingeschlagen hatte, wurde es nicht wesentlich wärmer.

Ashleys voranschreitende Schwangerschaft machte es nicht einfacher. Obgleich sie erst im fünften Monat war, hatte sie doch schon ein beachtliches Bäuchlein bekommen. Ein gutes hatte es dennoch, denn durch die Schwangerschaftshormone wirkte sie immer erwachsener im Gesicht und damit nicht mehr so schnell zu erkennen. Sie selbst war manchmal ziemlich erschrocken, wenn sie in den Spiegel sah. Auch hatte das morgendliche Übergeben aufgehört. Ihr Hunger hatte jedoch noch mehr zugenommen und ihr ohnehin begrenztes Kapital schrumpfte zusehends.

Schließlich kamen sie in ein kleines Nest in Südwestlich von Oklahoma City. Jack lenkte den Wagen durch die Straßen und hielt wie immer nach einem Lebensmittelladen und einer Tankstelle Ausschau.

„Wie viel Geld haben wir noch?“, fragte Ashley.

„Knapp zweihundert Dollar. Reicht gerade noch um einmal zu tanken und uns für ein paar Tage satt zu kriegen.“, antwortete Jack.

Ashley schwieg. Wie sollte es ohne Geld weitergehen. Plötzlich viel ihr ihr Rucksack ein. Sie hatte doch etwas Geld eingesteckt, als sie geflohen war. Sie griff hinter den Beifahrersitz und zog ihn auf ihren Schoss. Dann wühlte sie in der vorderen Tasche.

„Was machst du?“, fragte Jack mit gerunzelter Stirn.

„Als wir aus dem Haus geflohen sind, habe ich etwas Geld eingesteckt. Es war zwar nicht viel, aber vielleicht doch hilfreich.“

Schließlich bekam sie die Scheine zu fassen. Tatsächlich waren es nicht einmal ganz fünfzig Dollar.

Sie seufzte. Jack sah auf die Scheine.

„Ein paar Tage mehr Luft immerhin!“, meinte er schließlich. Plötzlich spürte Ashley einen sachten Tritt in die Magengegend. Das Kleine begann sich allmählich zu rühren. Im Reflex legte sie ihre Hand auf den Bauch und strich beschwichtigend darüber.

„Was ist?“, fragte Jack sofort leicht erschrocken. Je mehr ihre Schwangerschaft voranschritt, desto mehr verwandelte sich der knallharte Militärklotz in einen nervösen, werdenden Vater.

„Nichts! Hat mir nur in den Magen getreten!“, antwortete sie schnell und ließ ihre Hände weiter über ihr Bäuchlein wandern.

Jack hielt an einer roten Ampel und ließ seine Hand ebenfalls über ihren Bauch wandern. Wie zur Bestätigung begann das Ungeborene sich umso wilder in ihrem Bauch zu rühren.

„Es erkennt dich!“, sagte Ashley.

Jack lächelte und fuhr fort über ihren Bauch zu streicheln. Er konnte die Regungen seines Kindes allerdings noch nicht spüren.

„Vielleicht solltest du mal zu einem Arzt. Nur zur Kontrolle.“

„Das können wir nicht riskieren. Die würden uns doch sofort erkennen!“, erwiderte Ashley. Obgleich sie auch schon oft mit Sorge daran gedacht hatte. Sie hatte zwar keinerlei Beschwerden, aber sie wusste, dass eine regelmäßige Kontrolle einfach besser war.

Die Ampel hatte auf Grün umgestellt. Jack setzte den Wagen wieder in Bewegung.

„Das werden wir sowieso nicht ändern können. Ich werde hier auch Geld holen müssen. Und sobald ich das tue, müssen wir sowieso wieder fliehen. Die werden wahrscheinlich alles überwachen. Auch unsere Konten. Aber wir haben keine Wahl!“

Ashley nickte. Jack hatte Recht.

Und sie wusste auch, dass er auf den Arztbesuch bestehen würde. Er würde ein guter Vater sein, das wusste sie definitiv.
 

Schließlich hatten sie es sich in einem kleinen Waldstück in der Nähe des Ortes gemütlich gemacht. Und Ashley hatte sogar einen Frauenarzt gefunden.

Langsam betrat sie die Praxis und blickte sich um. Irgendwie typisch für eine Kleinstadt fand sie.

„Kann ich ihnen helfen?“, fragte die Sprechstundenhilfe sie.

„Ja, danke!“, anwortete sie und trat an die Theke heran.

„Mein Name ist Christine Driver. Ich bin neu in der Stadt. Durch den Umzugsstress bin ich in letzter Zeit nicht zur Vorsorge gekommen und wollte das jetzt möglichst schnell nachholen.“

Die Sprechstundenhilfe nickte freundlich und blickte sofort auf den Terminkalender.

„Sie haben Glück! Eine Patientin hat heute Nachmittag abgesagt. Um drei Uhr könnten sie kommen.“

„Prima!“, sagte Ashley. „Was würde das denn kosten? Ich bin nicht versichert.“

„Oh, da das ihr erster Besuch ist, bin ich sicher, dass wir einen Sonderpreis für sie machen können. Ich denke mal, für 20 Dollar würden wir das hinbekommen!“

„Das wäre toll!“

„Gut, dann seien sie pünktlich um drei hier. Dann wird Dr. Hunnigan mal nach ihrem Liebling sehen.“, lächelte die Sprechstundenhilfe und trug „Christine Driver“ in den Terminkalender ein.

Ashley verließ die Praxis.

Jack wartete im Auto auf sie.

„Und?“, fragte er direkt, als sie zu ihm einstieg.

„Heute Nachmittag um drei Uhr.“, antwortete sie. „Willst du mitkommen?“

Jack überlegte einen Moment, schüttelte dann jedoch den Kopf.

„Nein, lieber nicht. Die Gefahr erkannt zu werden ist einfach zu groß!“

Er startete den Motor und sie fuhren zu ihrem Lager zurück.

„Unter welchem Namen hast du dich bei ihr vorgestellt?“, fragte er plötzlich.

„Christine Driver.“

Sie sah ihn leicht vorwurfsvoll an.

„Oder glaubst du wirklich, ich bin so dumm meinen richtigen Namen zu benutzen?“

Jack lachte leise.

„Nein. Aber ich wollte sicher sein.“

Er bog in den Feldweg ab, der zu ihrem Lager führte.

„Wir verbringen diese Nacht hier und morgen werde ich dann mein Konto leer räumen. Ich denke, damit dürften wir eine Weile hinkommen.“

„Und was dann?“, fragte Ashley.

Sie hatten ihr Lager erreicht. Jack schaltete den Motor ab und holte tief Luft bevor er antwortete.

„Dann werden wir uns nach Norden aufmachen!“, sagte er.

„Nach Kanada?“, fragte Ashley.

„Nach Kanada!“, nickte Jack.
 

Pünktlich um drei Uhr betrat Ashley die Praxis und ging zur Anmeldung.

„Hallo! Ich bin pünktlich!“, begrüßte sie die Sprechstundenhilfe.

„Das trifft sich gut, sie können dann nämlich direkt durchkommen!“, antwortete diese und führte sie in den Behandlungsraum. Dr Hunnigan, eine Frau Mitte dreißig mit langen braunen Haaren und Brille saß an einem Schreibtisch und blickte von ihren Akten auf, als sie herein kamen.

„Ah, Miss Driver!“, begrüßte sie Ashley und reichte ihr die Hand. Ashley nahm sie sofort entgegen und schüttelte sie.

„Einmal nach dem Nachwuchs sehen, habe ich gehört!“, fuhr Dr. Hunnigan fort und blickte auf ihren Bauch.

„Ja, das wäre dringend nötig!“, antwortete Ashley.

„Na, dann machen sie sich mal frei!“

Ashley begann gehorsam ihre Bluse und den BH auszuziehen. Und erschrack selbst abermals, wie ihr Busen gewachsen war.

Dr. Hunnigan tastete sie vorsichtig ab.

„Irgendwelche Beschwerden?“, fragte sie dabei.

„Zum Glück keine!“, antwortete Ashley.

Kundig huschten Dr. Hunnigans Hände dann über ihren Bauch.

„Dann wollen wir mal Ultraschall machen!“, sagte sie und geleitete Ashley zu einer Pritsche. Ashley ließ sich gehorsam darauf nieder. Dr. Hunnigan schmierte sofort ein Gel auf ihren Bauch, das ekelig kalt und glitschig war und schaltete den Monitor ein.

„Ganz neu in der Stadt?“, fragte sie, während sie das Gerät einstellte.

„Ja. Gerade aus San Francisco hier rüber gezogen. War ziemlich stressig!“, sagte Ashley. Sie hatte sich vorsorglich eine Geschichte zurecht gelegt.

„Und da verschlägt es sie in unsere kleine Stadt?“, fragte Dr. Hunnigan weiter.

„Ja. Wir wollten raus aus dem Großstadttrubel!“, antwortete Ashley.

Dr. Hunnigan nickte.

„Kann ich verstehen. Ich komme aus New York. Würde nie mehr dahin gehen.“

Dann begann sie mit dem Ultraschall. Zuerst erkannte Ashley gar nichts, doch dann kam plötzlich ein kleines Gesicht ins Bild, das zudem gerade nuckelnde Bewegungen machte.

„Das wird aber ein Wonnepropen!“, sagte Dr. Hunnigan und strich weiter über ihren Bauch.

Und blieb an einer anderen Stelle hängen.

„Glückwunsch, Miss Driver! Sie bekommen eine Tochter!“, sagte sie.

Ashley strahlte.

„Und eine kerngesunde obendrein! Alles in bester Ordnung!“

Glücklich strahlend sah sie die Ärztin an.

„Können sie mir ein Foto ausdrucken? Für meinen Freund?“, fragte sie.

„Natürlich!“, sagte die Ärztin.

Nach der Untersuchung zog Ashley sich wieder an. Der Kleinen ging es gut! Das war das einzig wichtige.

Dr. Hunnigan kam zu ihr und drückte ihr ein Bild in die Hand. Ashley betrachtete es. Sie freute sich schon unheimlich auf Jacks Reaktion.

„Also, Miss Driver. Den nächsten Termin sollten wir in genau einem Monat machen. Die Kontrolle sollte man nie vernachlässigen.“, sagte die Ärztin und tippte etwas in ihren Computer ein.

„Gehen sie am besten schon einmal zu meiner Sprechstundenhilfe und lassen sie sich einen nächsten Termin geben.“

„Mache ich. Vielen Dank, Dr. Hunnigan.“, antwortete Ashley und öffnete die Tür.

„Und keine schweren Sachen tragen!“, rief ihr die Ärztin noch hinterher.

„Da passt mein Freund schon auf! Keine Sorge!“, lachte Ashley und lief raus.

Bei der Sprechstundenhilfe ließ sie sich dann noch einen Termin geben. Natürlich würde sie den niemals wahrnehmen, aber es wäre zu auffällig gewesen, hätte sie es nicht getan.

Dann verließ sie die Praxis und stellte fest, dass Jack bereits wieder auf sie wartete. Er hatte ihre Vorräte aufgefüllt und wohl auch schon den Wagen getankt.

„Und?“, fragte er sofort. Er wirkte beinahe wie ein Kind zu Weihnachten. Ashley fand das zuckersüß.

„Alles in Ordnung!“

Sie hielt ihm das Ultraschall-Bild, dass der Arzt ihr mitgegeben hatte, unter die Nase.

„Das erste Bild von deiner Tochter!“, sagte sie.

Jack strahlte.

„Ein Mädchen?“, fragte er leise.

Ashley nickte.

„Ein kerngesundes Mädchen!“

Ashley hatte selten seinen so glücklichen Ausdruck in seinem Gesicht gesehen.

„Dann müssen wir uns wohl so langsam auch einen Namen aussuchen!“, sagte er nach einer Minute und gab ihr das Foto zurück.

„Ich weiß schon einen! Rachel!“

„Oh komm, was willst du denn unserem Kind antun?“, lachte Jack.

„Wieso denn nicht?“, fragte Ashley.

„Rachel klingt fürchterlich! Lieber Juliet, oder sowas.“

„Jetzt willst du unser Kind aber foltern!“, konterte Ashley lachend.

Den ganzen Weg zurück in ihr Lager diskutierten die beiden noch über einen Namen für ihr kleines Glück. Doch einig wurden sich die beiden nicht.
 

Am nächsten Tag hielt Jack vor der einzigen Bank in dem Ort. Er sah sich unauffällig nach allen Seiten um, ob nicht zufällig eine Polizeistreife irgendwo in der Nähe war.

Dann schaltete er den Motor aus.

„Okay, Baby! Ich heb jetzt das restliche Geld ab und dann nichts wie weg hier!“

Er setzte die Kappe auf und betrachtete sich im Spiegel. Das Make-up verhinderte zumindest, dass einem die Narben sofort auffielen.

Dann drückte er ihr ein Handy in die Hand.

„Die Vibration ist an. Sollte ein Polizist in der Nähe sein, dann ruf mich an. Ich werde es merken.“

Ashley nahm das Handy entgegen. Jack steckte seines in die Hosentasche und öffnete die Tür.

„Viel Glück, Babe!“, sagte sie und Jack sprang aus dem Wagen.

Ashley beobachtete ihn, wie er in die Bank lief und in dem Foyer verschwand.

Sie begann die Straße zu beobachten und spielte nervös mit dem Handy in ihrer Hand.

Hoffentlich ging es gut! Es war bis jetzt alles so gut gelaufen. Nervös begann sie ihren Bauch zu streicheln. Die ganze Zeit über hatte sie panische Angst gehabt, dass etwas schief gehen könnte, dass ihr Jack wieder genommen würde.

Plötzlich kam eine Polizeistreife die Straße herunter.

Ashley zuckte zusammen. Angespannt beobachtete sie die Streife, wie sie immer näher kam.

„Fahrt weiter! Bitte, bitte fahrt weiter!“, flüsterte Ashley.

Doch die Streife hielt genau vor der Bank und die beiden Beamten stiegen aus.

Sofort drückte Ashley mit zitternden Fingern die Ruftaste auf dem Handy. Hatten sie Jack in der Bank etwa schon erkannt?

Die Beamten gingen zum Eingang und gerade, als einer der Beamten die Hand nach der Tür ausstreckte, öffnete diese sich und Jack trat auf die Straße.

Der Polizist prallte zurück, nickte Jack dann aber freundlich zu und die Beamten betraten die Bank. Jack ging noch ruhig zum Wagen rüber, sprang dann aber blitzartig auf den Fahrersitz und startete beinahe in der selben Bewegung den Motor.

„Jetzt aber nichts wie weg hier!“

Er fuhr los. Zuerst noch sehr gemäßigt, doch sobald sie die Stadt verlassen hatten, holte er ein paar Kilometer alles aus dem Wagen heraus.

„Meinst du, die wissen schon Bescheid?“ fragte Ashley ängstlich.

„Mit Sicherheit!“ sagte Jack und blickte immer wieder in den Rückspiegel.

Sie fuhren auf einer diesen langen geraden Highways, wo man Gegenverkehr quasi schon morgen sehen konnte. Und auf denen man auch sehen konnte, ob jemand einem folgte.

„Ich hab ein komisches Gefühl! Wenn wir nur von dieser Straße runter könnten, um uns zu verstecken!“, murmelte er.

Ashley beobachtete ihrerseits im Seitenspiegel die Straße hinter ihnen.

Gott, bitte, lass sie uns nicht einholen!

Doch dann erschienen plötzlich blinkende blaue Lichter auf der Straße, und ein weiß-blauer Punkt, der schnell größer wurde.

„Shit!“, fluchte Jack.

Ashley blickte ihn ängstlich an.

„Was jetzt?“, fragte sie.

„Ich kümmere mich schon darum.“, knurrte Jack entschlossen.

Ashley kannte diesen Ton und wusste, was er bedeutete. Sie hoffte für die Polizisten beinahe, dass sie einfach an ihnen vorbeifuhren.

Doch natürlich taten sie das nicht. Der Wagen kam rasend schnell näher, mit heulenden Sirenen und Blaulicht, überholte sie und bremste sie aus.

Dann stiegen beide Polizisten mit der Waffe im Anschlag aus.

„Jack Krauser! Steigen sie aus dem Wagen!“, bellte der eine, während sich der andere Ashleys Seite näherte.

„Kennst du noch den Griff, den ich dir gezeigt habe?“, fragte Jack flüsternd und fixierte die Beamten.

„Ja!“, flüsterte Ashley zurück.

„Gut. Wir steigen jetzt beide aus.“

Gehorsam öffnete die Tür und kletterte aus dem Wagen.

„Miss Graham, es wird alles gut! Sie sind jetzt in Sicherheit!“, sagte der Polizist und nahm die Waffe ihr gegenüber runter.

Ein fataler Fehler. Ashley sprang blitzartig nach vorne, schlug dem völlig verdutzten Polizisten die Waffe aus der Hand und drückte ihm mit dem Daumen die Halsschlagader ab. Der Polizist schnappte erschrocken nach Luft, verdrehte dann jedoch die Augen und sackte zu Boden.

„Verflucht! Was zum Teufel...?“, hörte sie den anderen Polizisten keuchen.

Weiter kam er nicht. Denn Jack schlug ihm die Waffe aus der Hand und schmetterte ihm die Faust gegen die Schläfe. Der Mann brach wie vom Donner gerührt zusammen.

„Schnell in den Wagen mit dir!“, rief der dann Ashley zu, packte den Polizisten und schleifte ihn an den Straßenrand in den Schatten des Wagens.

Ashley gehorchte sofort und kletterte in den Wagen zurück. Ihre plötzliche Hektik hatte das Ungeborene unruhig werden lassen und es trat wild um sich. Während Ashley Jack beobachtete, wie er den zweiten Polizisten auch in den Schatten zerrte, streichelte sie beruhigend ihren Bauch.

Schließlich sprang Jack zu ihr in den Wagen und fuhr los.

„Jetzt aber mit Vollgas hier weg!“, rief er.

Die nächsten Minuten brausten sie dann auch mit Vollgas über den Highway und Ashley war froh, dass er so gerade war und die Gefahr die Kontrolle über den Wagen zu verlieren somit sehr gering.

Schließlich begann der Highway in den ersten Wäldern zu verschwinden und Straßenschilder wiesen auf größere Städte hin.

Natürlich umging Jack sie. Die Polizisten hatten hundertprozentig schon Verstärkung geordert, oder ihrer Zentrale bescheid gegeben, dass sie sie entdeckt hatten.

Erst nach Stunden normalisierte Jack seine Fahrweise etwas, blieb aber natürlich stets wachsam.

Doch es schien als hätten sie das Glück nun wieder auf ihrer Seite.

Ashley atmete erleichtert auf.

„Oh Mann! Hoffentlich bleiben uns solche Aktionen in Zukunft erspart!“, seufzte Ashley.

„Ja, hoffentlich! Jetzt aber strack nach Norden! Ich will aus diesem verfluchten Land raus!“, sagte Jack und drückte wieder etwas mehr aufs Gas.

Ashley blickte aus dem Fenster. Ein merkwürdiges, aber auch schönes Gefühl der Endgültigkeit überkam sie. Nun würde definitiv ein neuer Lebensabschnitt anfangen. Aber ein weit aus schönerer, das wusste sie.

Ein neues Leben

Etwa eine Woche später kamen Ashley in eine kleine verschlafene Stadt in Kanada. Jack war soweit wie es ging nördlich gefahren und hatte die großen Städte gemieden. Ashleys Fall des Verschwindens ging auch hier durch die Medien.

Das kleine Kaff in dem sie nun landeten war ein typischer kanadischer Ort, nördlich von einer Kleinstadt mit vielleicht 10.000 Einwohnern. Im Schoße von Mutter Natur und verträumten Leuten.

Es war bereits Abend geworden und so beschlossen die beiden erst einmal in einem Restaurant oder etwas ähnlichem Station zu machen. Jack hielt vor der erstbesten Kneipe, die er fand. Sie stiegen aus und Kneipe. Wie fast alle Häuser in dem kleinen Ort, handelte es sich um ein Blockhaus. Die Luft war erfüllt von Zigarettenrauch, zahlreichen Gesprächen und das leise Spielen einer Juke-Box. Sie gingen sofort zur Theke und ließen sich dort nieder.

„Was darf´s denn sein?“, fragte der Wirt sofort.

„Ein Bier und ein Wasser.“, antwortete Jack.

Der Wirt entfernte sich und machte sich an ein paar Flaschen und Gläsern zu schaffen.

„Und? Wie geht’s weiter?“, fragte Ashley leise.

„Wie gefällt es dir hier?“, fragte Jack allerdings zurück.

„Gut! Es ist irgendwie genau das, was ich im Kopf hatte. Schön einsam und abgeschieden. Ich glaube hier sind wir sicher!“, sagte sie und streichelte ihren Bauch.

„Finde ich auch. Ich denke, ich werde mich nach einem Job und einer Bleibe hier umsehen!“, sagte Jack.

„Das wäre echt schön!“, sagte Ashley.

Der Wirt kam zurück und stellte die Getränke vor ihnen ab. Jack lehrte sein Bier in einem Zug, während Ashley nur einen Schluck nahm. Als der Wirt sich zu einem Tisch mit Gästen begab, beugte sich Jack zu ihr hin.

„Jetzt gilt es, Liebes. Du musst daran denken, ich bin jetzt Michael. Also spreche mich vor anderen nicht mehr mit Jack an. Genauso, wie du dich überall mit deinem neuen Namen vorstellen musst.“

„Ich weiß. Aber es ist doch gewöhnungsbedürftig!“, sagte Ashley.

„Aber nun mal notwendig, wenn wir nicht entdeckt werden wollen!“, sagte Jack und sah sich in der Kneipe um.

Während ihrer Flucht hatte Jack ihnen falsche Pässe besorgt und eine falsche Heiratsurkunde. Michael und Eileen Davis. Es war alles perfekt gelaufen, doch irgendwie machte Ashley es auch traurig. Sie würden wohl niemals wirklich heiraten können und wohl immer auf der Hut sein müssen. Das Verschwinden einer Präsidententochter würde den Leuten wohl ewig in Erinnerung bleiben.

Schließlich stand Ashley auf und ging zur Toilette. Jack sah ihr nach, als er plötzlich die Stimme des Wirtes hörte.

„Darfs noch ein Bier sein?“, fragte er.

Jack nickte. Der Wirt nahm ein neues Glas und ging zum Zapfhahn.

„Sagen sie, gibt es hier irgendeine Möglichkeit zu Arbeiten?“, fragte Jack direkt.

Der Wirt schloss den Zapfhahn und stellte das Bier vor ihm ab.

„Nicht sehr viele! Da müsstest du schon in die Stadt, Kumpel!“, sagte er schließlich.

Dann begann er Jack jedoch eingehend zu mustern. Jack spannte sich unbewusst. Erkannte er ihn etwa?

„Allerdings gibt es eine Holzfirma hier. Und du scheinst jemand zu sein, der harte Arbeit verträgt!“, sagte der Wirt dann.

„Harte Arbeit macht mir nichts aus, solange sie gut entlohnt wird!“, entgegnete Jack.

„Dann solltest du vielleicht mal mit dem Boss sprechen!“

Er deutete auf einem älteren Mann, der mit drei anderen Männern an einem Tisch in der Mitte des Raumes saß und Karten spielte.

„Alan Shafer. Ist ein netter Kerl. Warte aber noch das Spiel ab. Er hat es nicht gern, wenn man ihn dabei stört.“

Jack nickte und trank sein Bier in einem Zug aus und beobachtete den Mann, bis dieser sich überschwinglich über seinen Sieg freute und den Wirt zu sich rief. Nachdem dieser die Bestellungen aufgenommen hatte, gab er Jack ein Zeichen, dass die Zeit wohl günstig wäre. Jack nickte leicht, stand auf und ging langsam zu dem Tisch hinüber.

„Alan Shafer?“ fragte er.

Der Mann wandte sich ihm zu. Er war etwa so groß wie Jack, allerdings bei weitem nicht so kräftig, hatte zwar ein hartes Gesicht, aber freundliche Augen.

„Ja?“, fragte er.

„Mein Name ist Michael Davis. Ich bin neu in der Stadt und suche Arbeit. Man sagte mir, dass sie vielleicht Leute gebrauchen könnten.“

„Nun, Michael. Das ist wahr, ich kann eigentlich immer Leute brauchen. Holzfäller ist ein harter Job, weißt du.“

Dann betrachtete er Jack genauso, wie der Wirt vorhin.

„Aber du scheinst ein echt kräftiger Bursche zu sein. Ich denke, du kämst damit klar. Wenn dir harte Arbeit kein Greuel ist.“

„Nein, solange sie gut entlohnt ist.“

„Nun, was stellst du dir denn unter gut entlohnt vor?“, fragte Alan und sah ihn nun doch etwas kühler an.

In dem Moment kam Ashley von der Toilette zurück und blickte sich suchend nach Jack um.

Dieser nickte in ihre Richtung und Alan sah zu Ashley rüber.

„Das ich meine Familie ernähren kann.“

Alan blickte Ashley ein paar Sekunden an, die ihren prallen Bauch streichelte. Dann nickte er mit einem Lächeln.

„Na, unter diesen Umständen verständlich. Keine Sorge Michael. Ihr werdet von deinem Lohn gut leben können.“

Nach diesem kleinen Einstellungsgespräch setzten sich Jack und Ashley noch zu Alan und seinen Freunden an den Tisch und Jack zeigte sein Poker-Geschick. Spät am Abend bezogen sie in einem kleinen Motel Quartier.

„Wir haben es geschafft!“, frohlockte Ashley und ließ sich vorsichtig auf der Bettkante nieder.

Jack schloss die Tür ab und ging langsam zu ihr rüber. An dem Abend war noch reichlich Bier geflossen. Alan Shafer hatte sich nicht lumpen lassen einige Biere auszugeben und das merkte man Jack doch an. Leicht schwankend kam ließ er sich auf das Bett fallen. Das Bett wankte heftig unter seinem Gewicht. Dann zog er einen Schlüssel aus der Tasche seiner Jeans und ließ ihn vor ihrer Nase schaukeln.

„Und weiß du was das beste ist?“, fragte er grinsend. „Wir können morgen in einem komplett eingerichtetem Blockhaus Quartier beziehen! Die Miete wird von meinem Lohn einbehalten.“

Alan hatte ihm den Schlüssel zugesteckt, als Ashley gerade einmal zur Toilette war und alles mit ihm besprochen.

„Oh! Das ist ja toll!“, rief Ashley und legte sich vorsichtig an seine Seite.

Jack legte die Arme um ihren kleinen Körper. Und streichelte ihren Bauch. Seine eisblauen Augen hatten durch den Alkohol einen glasigen Schimmer angenommen. Er sah sie lächelnd und unendlich liebevoll an.

„Weißt du, was ich mich ständig frage, seit dem wir uns kennen?“, fragte er und strich ihr über die Wange.

„Was?“, fragte sie und rückte noch näher an ihn heran.

„Was wäre gewesen, wenn ich dich nicht entführt hätte? Wie wäre mein Leben verlaufen?“

Ashley lächelte.

„Keine Ahnung! Aber ich bin unendlich glücklich, dass es so gekommen ist.“

Er lächelte ebenfalls. Doch dann wurde sein Blick ernst.

„Weißt du, als ich aus der Armee geflogen bin, habe ich gedacht, mein Leben wäre vorbei. Ich hatte niemanden, keine Familie, keine wirklichen Freunde. Ich war allein.“

Ein beinahe gequälter Ausdruck erschien in seinem Gesicht.

„Weißt du, dass ich tatsächlich in einem schmuddeligen Motel auf dem Bett gesessen habe, mit dem Brief von deinem Vater in der Hand und mir eine Kugel durch den Kopf jagen wollte?“

Ashley sah ihn erschüttert an.

„Wirklich? Du wolltest dich umbringen?“, fragte sie entsetzt.

Er nickte.

„Ja. Mir kam das Leben so sinnlos vor. Ich war der Meinung, mein Leben hätte nur einen Sinn, wenn ich in der Armee diene.“

Er begann ihr über das Haar zu streichen.

„Weißt du, warum ich nicht abgedrückt habe?“, fragte er.

Sie schüttelte den Kopf.Sie konnte nichts sagen, war zu sprachlos.

„Es war kurz vor den Nachrichten und ich dachte, wenn du schon abkratzt, dann jag ich wenigstens dem Mann symbolisch eine Kugel in den Kopf, der mich so fallen gelassen hatte. Ich wollte deinen Vater im Fernsehen sehen, und ihm eine Kugel durch den Schädel zu jagen. Also habe ich den Fernseher angemacht und gerade da fingen die Nachrichten an. Ich weiß gar nicht mehr wirklich worum es ging, aber plötzlich wechselten sie das Thema. Du warst gerade auf das College gekommen und sie berichteten darüber. Du wurdest ganz kurz eingeblendet und dein Vater sprach bald platzend vor Stolz über dich.“

Ashley schluckte. Die Gedanken an ihre Eltern taten immer noch sehr weh.

„Und plötzlich kam mir die Idee dich zu entführen. Ich dachte mir, da kann ich deinen Vater so treffen, dass er vor mir auf Knien rutscht. Ich kann mich nicht nur finanziell absichern, ich würde auch Genugtuung bekommen.“

Ashley sah ihn wieder an. Jack fuhr fort ihren Kopf zu streicheln.

„Das das alles so kommt? Das mir das Leben auf diesem Wege noch so viel Glück bescheren würde!“

Seine Hand fuhr runter zu ihrem Bauch.

Ashley legte ihre Hand auf seine und fuhr mit der anderen Hand über seine Narben im Gesicht.

„Und was hätte ich ohne dich für ein Leben!“, sagte sie.

„Mein Vater hat jeden meiner Schritte kontrolliert und mir alles vorgeschrieben. Und das hätte er mein Leben lang getan. Ich habe dieses Leben gehasst und ich hatte mir oft vorgestellt, wie es wäre, wenn ich einfach fortlaufen würde. Versuchen würde mich durchzuschlagen.“

Sie rückte mit dem Gesicht ganz nahe zu ihm.

„Und dann kamst du!“

Sie küsste ihn sanft. Er schmeckte nach Bier.

„Ich liebe dich, Jack!“

Unter heißen Küssen begann Jack sie auszuziehen und liebte sie unendlich sanft, während der Vollmond in das Zimmer schien.
 

Jack lenkte den Wagen in die Auffahrt und hielt kurz vor der Garage des Hauses an und er und Ashley blickten ein paar Minuten zu dem Blockhaus rüber. Es lag abgeschieden vom Dorf auf einer großen Lichtung mitten im Wald. Nur dieser etwas bessere Feldweg führte zu ihr. Sie konnten sich glücklich schätzen einen Geländewagen zu haben, denn ansonsten wären sie durch den kniehohen Schnee niemals durchgekommen. Bis in die kleine Stadt waren es dreißig Minuten zu fahren und das einzige, was es auf dem Weg hierhin gab, waren ein paar verstreute Blockhäuser gewesen. Das nächste war etwa fünf Minuten zu Fuß entfernt, aber unbewohnt.

Das Haus selbst war gerade mal ein halbes Jahr alt. Wie die meisten anderen Blockhäuser in der Gegend, hatte es Alan Shafer gebaut als Miethaus für seine Arbeiter. Nun war es ihr Heim. Zwar nur zur Miete, aber sie hatten ein Heim.

Jack und Ashley stiegen aus und gingen langsam zu dem Haus rüber. Der Garten davor war ordentlich angelegt und groß. Jack kramte den Schlüssel aus seiner Hosentasche und schloss die Tür auf. Sie traten in die Diele, von der nach zwei Metern rechts und links Türen abzweigten. Langsam schritten sie durch den Flur. Zur rechten war ein geräumiges Wohnzimmer, rustikal eingerichtet mit offenem Kamin.

Ashley hatte bereits von den Einheimischen gehört, dass das hier Standard war, da es doch häufig vorkam, dass bei einem schlimmen Schneesturm der Strom ausfiel, oder auch die Heizungen einfroren.

Links lag die Küche, ebenfalls mit einem kleinen Holzofen.

Weiter hinten gab es noch ein Schlafzimmer, ein zusätzliches Zimmer und ein Bad.

„Was sagst du?“, fragte Jack neben ihr und legte den Arm um ihre Schulter.

„Einfach herrlich!“, hauchte Ashley und meinte es ernst.

„Na dann, lass uns mal die Sachen reinholen!“, sagte Jack fröhlich und sie verließen das Haus wieder. Viel war es nicht, was sie reintragen konnten. Die paar Kleider, die sie hatten, Lebensmittel und diverse Kleinigkeiten. Nachdem diese verstaut waren, ging Ashley in das zusätzliche Zimmer. Das Kinderzimmer für ihr kleines Glück. Aber es mussten dringend noch Möbel angeschafft werden.

Sie streichelte ihren Bauch.

Hinter ihr betrat Jack den Raum und legte seine Hände um sie und auf ihren Bauch.

„Rosa, oder was neutrales?“, fragte er sie.

Ashley lächelte.

„Neutral. Ich finde dieses Klischeehafte immer so schrecklich!“

Sie wandte sich zu ihm um.

„Wer weiß, vielleicht spielt sie ja lieber mit Autos und Actionfiguren!“

Jack lachte.

„Ja, vielleicht!“

Ashley lehnte den Kopf an seine Brust.

„Und vielleicht bleibt sie ja auch nicht allein.“

Jack streichelte ihren Kopf.

„Wahrscheinlich nicht!“

Ashley genoss das Vibrieren, dass sein Bass erzeugte und schmiegte sich noch enger an ihn.

„Nun komm, wir müssen die Sachen noch reinkriegen und uns einrichten!“, sagte er und ließ sie los.

„Und morgen sollten wir noch eine kleine Rundfahrt in die Stadt machen. Es gibt schließlich einiges zu besorgen!“

Nette Nachbarn und Kollegen

Die Wochen verstrichen. Weihnachten kam und ging und das neue Jahr brach stürmisch mit ungeheuren Schneemassen an.

Jack arbeitete sich immer mehr in die Firma ein und hatte sogar richtig Spaß an der Arbeit. Aufgrund seiner Disziplin und seiner Stärke hatte er sehr schnell den Respekt seiner Kollegen und das Wohlwollen seiner Vorgesetzten erlangt.

Nicht zuletzt sein Geschick beim Pokern und Billiard sorgte dafür, dass seine Kollegen ihn auch schnell als Kumpel akzeptierten.

Während der harten Schneestürme kamen sie kaum noch aus dem Haus, in die Stadt nur mit dem Schneemobil. Somit war Ashley sehr an das Haus gebunden, was ihr aber nichts ausmachte, denn es gab viel zu tun. Jack brachte immer wieder neue Sachen nach Hause, sei es Kleidung für sie beide, oder Babysachen.

Da die Arbeit im Wald bei diesen Schneemassen nicht möglich war, arbeiteten Jack und seine Kollegen in der Firma und zerlegten die eingelagerten Stämme.

Und so ging auch der Januar rum.

An einem Mittwoch gegen drei Uhr schellte es plötzlich an der Tür. Ashley sah verwundert in Richtung Flur. Das konnte nicht Jack sein. Er würde auf gar keinen Fall vor fünf Uhr zurück sein. Aber wer sollte außer ihm schon hierher kommen?

Sie lief zur Tür und spähte durch den Spion. Draußen stand eine ältere Frau, die irgendetwas vor sich hielt. Es sah wie eine Torte aus. Neugierig öffnete Ashley die Tür.

„Hallo?“, fragte sie die Besucherin.

„Hallo, Miss Davis. Ich bin Mary Green. Wir sind Nachbarn und ich wollte sie willkommen heißen in unserem schönen kleinen Dörfchen!“, sagte die Besucherin fröhlich und hielt Ashley tatsächlich eine Kuchenplatte hin.

„Oh, das ist aber nett! Kommen sie doch rein.“

Ashley trat zur Seite und ließ die Besucherin eintreten.

„Sie scheinen es sich ja schon recht bequem gemacht zu haben!“, sagte Mary und ließ ihren Blick durch den Korridor schweifen.

„Naja, so gut man es in der kurzen Zeit geschafft hat. Ich allein kann nicht viel machen und Michael hat wenn nur am Wochenende Zeit.“

Sie geleitete Mary ins Wohnzimmer.

„Kann ich ihnen einen Kaffee anbieten?“, fragte Ashley.

„Kaffee ist immer gut! Vor allem bei so einer Kälte!“, lachte Mary und stellte die Kuchenplatte auf dem Wohnzimmertisch ab.

Ashley lief in die Küche und setzte Kaffee auf und heißes Wasser für einen Tee. Dann suchte sie Besteck und Teller heraus für den Kuchen.

Als sie ins Wohnzimmer zurückgekehrt war, sah sie, wie Mary die Fotos auf dem Kamin betrachtete. Besonders an einem Bild blieb sie hängen. Jack hatte es gemacht, als sie in einem Waldstück an einem Wasserfall campiert hatten. Da war von Ashleys Bauch noch nichts zu sehen gewesen. Jack stand hinter Ashley, hatte seine Arme um sie gelegt und sein Kinn auf ihre Schulter gelegt.

„Ich nehme an, dass ist ihr Mann?“, fragte Mary.

Ashley stellte das Geschirr auf dem Tisch ab.

„Ja. Das Foto ist noch gar nicht so alt. Von diesem Spätsommer.“

Mary blickte noch einmal auf das Foto und dann kam sie zum Tisch zurück und ließ sich auf dem Sofa nieder.

„Sie sind noch sehr jung, nicht war?“, fragte Mary.

„Ja, ich bin gerade achtzehn geworden.“

Ashley hielt es für besser sich bei Erzählungen über ihre Herkunft möglichst nah an der Wahrheit zu halten. Auch Jack sah das so.

„Aber ihr Mann ist doch deutlich älter, oder?“, fragte Mary weiter.

„Michael ist dreißig. Ja, ist schon ein deutlicher Altersunterschied. Aber wo die Liebe hinfällt.“

Ashley ließ sich Mary gegenüber in den Sessel sinken.

„Ja, das stimmt. Da hat man selten einen Einfluss drauf. Aber es ist ja auch egal, so lange sie glücklich sind!“

Ein paar Sekunden herrschte Schweigen, bis Mary erneut das Wort ergriff.

„Sie erwarten also bald Nachwuchs? Das freut mich. Die meisten jungen Pärchen sind weggezogen. Deswegen ist es schön, dass auch mal neue dazu kommen.“

„Ja. Im Februar oder Anfang März ist es soweit. Michael und ich haben schon ganz schön Muffensausen.“, antwortete Ashley und streichelte ihren Bauch.

„Beim ersten Kind geht es vielen so. Aber das müssen sie nicht. Wenn sie mal Hilfe brauchen, ich bin ja nicht weit weg. Ich habe bis vor zwei Jahren als Hebamme gearbeitet.“ Marys Blick wurde wehmütig. „Bis sie die Klinik geschlossen haben, weil sie sich nicht mehr rechnete.“

Sie nahm einen Schluck aus ihrer Tasse und musterte Ashley neugierig. Es war Ashley etwas unangenehm. Schließlich bestand immer noch die Gefahr, dass sie erkannt wurden.

„Ich will nicht neugierig sein, aber wo kommen sie eigentlich her, Eileen?“, fragte Mary.

„Nun, Michael und ich sind aus Toronto. Wir sind hierher gegangen, weil wir vor meinen Eltern geflohen sind.“

Ist ja nicht gelogen, dachte Ashley. Und außerdem war es besser, wenn die Leute irgendeine Geschichte vorgesetzt bekamen, so waren sie nicht mehr so neugierig.

„Sie sind vor ihren Eltern geflohen? Warum denn das?“, fragte Mary neugierig.

„Naja, wissen sie, mein Vater und meine Mutter mochten Michael überhaupt nicht. Mein Vater ist Professor an der Uni in Toronto und sehr streng gläubig. Wie die meisten Leute in unserer Nachbarschaft. Als er erfahren hat, dass ich schwanger bin, verbot er mir jeglichen Umgang mit Michael und sperrte mich sogar zu Hause ein. Und er wollte mich zur Abtreibung zwingen. Ein uneheliches Kind passte überhaupt nicht in sein Weltbild.“

Mary sah sie entsetzt an.

„Aber das ist ja furchtbar!“. sagte sie aufrichtig entrüstet.

„Tja, aber dann sind Michael und ich eines Nachts abgehauen. Wir sind hier her gekommen, weil wir unsere Ruhe wollten und weil diesen Ort so gut wie keiner kennt.“

Ashley fuhr über ihren Bauch.

„Und wir wollten, dass unsere Kleine in einer schönen Umgebung aufwächst.“

„Aber was hatte ihr Vater denn gegen Michael?“, fragte Mary weiter. „Gut, er ist schon deutlich älter als sie, aber das ist doch nicht so schlimm oder?“

Ashley nahm einen Schluck von ihrem Tee.

„Mein Vater war der Meinung, ich sollte irgend so einen Studienfutzi von der Uni heiraten. Einen Akademiker halt. Was anderes fand er nicht standesgemäß. Und Michael ist halt nur ein einfacher Arbeiter. Als ich mit ihm nach Hause kam, hat mein Vater getobt wie sonst was. Er hat ihn als Frankensteins Sohn bezeichnet. Ein großes dummes Narbengesicht.“

Mary schüttelte den Kopf.

„Wie kann man denn jemanden, den man gar nicht kennt, so von oben herab behandeln?“, fragte sie entrüstet.

Ashley senkte traurig den Blick.

„Und vor allem jemanden so für etwas beschimpfen, für dass er nichts kann!“, fuhr Mary fort.

Ashley sah fragend auf.

Mary strich über ihr Gesicht, an der Stelle, wo Jack die Narben hatte.

„Die Narben. Wie ist das eigentlich passiert?“

„Ein Unfall. Ein Arbeitsunfall um genauer zu sein.“

„Na also! Wegen so etwas kann man jemanden doch nicht so nieder machen!“

Mary redete sich richtig in Rage. Ashley musste lächeln. Sie mochte die Frau bereits jetzt.

Schließlich wechselten sie das Thema und redeten über alles Mögliche.

Bis Ashley schließlich die Tür hörte und Jacks schwere Schritte. Ashley erschrak leicht. Gott, war es schon so spät?

„Michael!“, rief sie und Jack erschien in der Tür zum Wohnzimmer. Sein Blick huschte sofort zu Mary rüber. Ashley sah, wie es leicht misstrauisch in seinen Augen aufblitzte.

„Das ist Mary. Wir sind Nachbarn.“, sagte sie sofort beruhigend.

„Guten Tag, Michael. Ich wollte sie in unserer Nachbarschaft willkommen heißen!“, sagte Mary, stand auf und ging Jack entgegen.

Jack schüttelte ihr die Hand.

„Das ist nett von Ihnen! Verzeihen Sie mein etwas unterkühltes Verhalten. War ein harter Tag!“, sagte er dann lächelnd.

„Oh, das kann ich mir vorstellen. Ist ein harter Job!“, lächelte Mary verständnisvoll.

„Setzen wir uns doch noch!“

Jack deutete auf das Sofa. Mary ließ sich auf ihren alten Platz sinken und Jack neben Ashley. Er küsste sie flüchtig auf den Mund.

„Geht’s euch beiden gut?“, fragte er und strich über Ashleys Bauch.

„Ja, alles bestens!“, antwortete Ashley.

Mary lächelte.

„Ich sagte gerade schon zu Eileen, dass es schön ist, dass sich hier noch ein junges Paar angesiedelt hat. So viele sind weggegangen.“

Jack nickte.

„Kann ich mir vorstellen. Sehr viel ist hier ja auch nicht los. Aber gerade das hat uns gefallen.“

Mary nickte.

„Ja, Eileen hat mir die ganze Geschichte erzählt. Ist schon traurig, so was. Aber keine Sorge! Hier verrät sie niemand!“

In Jacks Augen blitzte es wieder misstrauisch auf, doch Ashley legte ihm sofort beruhigend die Hand auf den Oberschenkel.

„Und, Michael? Sind sie schon aufgeregt, in anbetracht des baldigen Neuankömmlings?“

Jack lächelte und streichelte Ashleys Bauch.

„Um ehrlich zu sein, habe ich fast etwas Angst. Aber ich denke, wir schaffen es.“

Mary nickte lächelnd.

„Das denke ich auch! Und außerdem bin ich auch in der Nähe. Ich bin gelernte Hebamme.“

„Das ist gut zu wissen.“, lächelte Jack.

Bis in den späten Abend hinein saßen sie dann noch zusammen und Ashley ließ es sich nehmen für sie drei zu kochen. Etwas, dass sie sehr schnell gelernt hatte, seit sie hier waren.

Nachdem sich Mary dann auf ihr Schneemobil geschwungen hatte, ließen sich Jack und Ashley vor dem Kamin nieder.

„Was hälst du von ihr?“, fragte Ashley ohne Umschweife.

„Oh, ich finde sie sehr nett!“, sagte Jack und nahm einen großen Schluck aus seiner Bierdose.

„Aber was hast du ihr eigentlich für eine Story erzählt? Über unsere Herkunft, meine ich.“, fragte er sie.

Ashley schilderte ihre Story kurz.

„Gar nicht so übel! Klingt mal in jedem Falle plausiebel. Wir sollten uns dran halten!“, meinte Jack dann und streichelte ihren Bauch.

„Und? Wie ist es bei dir auf der Arbeit?“, fragte Ashley und legte ihre Hand auf seine.

„Die Jungs können es nicht unterlassen mich immer wieder zu Poker und Billiard-Tunieren herauszufordern. Ich denke, dieses Wochendende werde ich wohl keine Wahl haben.“, lachte er.

Ashley kuschelte sich noch enger an ihn. Und zuckte unter einem ziemlich festen Tritt in den Magen zusammen.

Jack sah auf sie herab.

„Ich glaube, das wird eine Fussballerin!“, meinte er.

„Eher Karate-Profi!“, lachte Ashley.

Jack lachte ebenfalls.

„Wäre zu schön! Da könnte ich ihr wenigstens was beibringen. Im Fußball war ich immer ne Niete!“

Beide lachten und ließen es sich den restlichen Abend noch gutgehen.

Draußen hatte es wieder angefangen zu schneien.

Auch die nächsten Wochen bekamen sie wieder ordentlich Schnee, was sie und Jack beunruhigte. Schließlich könnte es jeden Tag soweit sein.

Doch ihre nette Nachbarin Mary, die es als ihre Hebammenpflicht ansah, Ashley fast jeden zweiten Tag zu besuchen, brachte Lockerung in die ganze Situation.

Sie zeigte Ashley Entspannungsübungen, untersuchte sie so gut es ging und zeigte ihr auch diverse Atemtechniken. Ashley war mehr als froh sie in der Nähe zu haben.

Eine stürmische Nacht

Jack schloss die Tür und kam langsam in das Wohnzimmer. Er ließ die Holzscheite neben dem Kamin fallen und legte gleich ein paar auf das Feuer.

„Es wird immer schlimmer da draußen!“, sagte er.

Ashley kam mit zwei dampfenden Tassen ins Wohnzimmer. Jack nahm ihr die Tasse mit dem Kaffee ab. Ashley nippte vorsichtig an ihrem Tee. Seitdem sie schwanger war, hatte sie so wie gar keinen Kaffee mehr getrunken. Sie blickte zum Fenster. Es wurde langsam dunkel und der Schnee fiel immer heftiger. Laut Wettervorhersage sollte es mit einer der schlimmsten Schneestürme der letzten Jahre werden. Ashley hoffte, dass es auch der letzte sein würde. Es war Ende Februar und die Geburt ihrer Tochter rückte nun immer näher.

Plötzlich spürte sie ein Kneifen im Unterleib. Sie legte im Reflex die Hand auf den Bauch. Was Jack natürlich nicht entging.

„Schon gut, war nur ein leichtes Kneifen!“, sagte sie beruhigend.

Jack lächelte und legte einen Arm um ihre Schulter. Ashley schmiegte sich an ihn und Jack küsste ihre Stirn. So hart die letzten Monate auch gewesen waren, es wendete sich alles zum Guten. Bis jetzt hatte sie niemand hier erkannt und Jack war schon eine feste Größe in der Firma, was Alan Shafer auch immer wieder durchblicken ließ. Und wenn die Kleine erst einmal da war...

Ashley löste sich von Jack und sie gingen zusammen ins Wohnzimmer. Ashley ließ sich in dem Sessel nieder und trank langsam ihren Tee. Jack legte sich lang auf die Couch und schloss die Augen. Schließlich richtete Ashley sich auf und ging in die Küche. Der Abwasch war noch zu machen.

Sie ließ das Wasser in die Spüle laufen und begann die Teller hinein zu legen. Plötzlich fuhr wieder dieses Stechen durch ihren Unterleib. Jedoch dieses Mal etwas heftiger. Ashley legte wieder die Hand auf ihren Bauch. Die Kleine begann heftig zu treten und sich zu wenden. Wie so häufig in den letzten Tagen. Doch dieses Mal war es irgendwie anders. War es etwa soweit? Nein! Bitte nicht heute! Ashley versuchte den Gedanken abzuschütteln und wandte sich wieder dem Geschirr zu. Draußen schneite es immer heftiger und der Wind heulte beinahe bedrohlich.

Plötzlich gab es einen leisen Knall und Überall in der Hütte erlosch das Licht. Ashley stand nun im völligen Dunkel. Vorsichtig tastete sie sich zum Küchenschrank, wo sie eine Taschenlampe hatte. Sie kramte sie hervor und schaltete sie an.

„Ashley?“, hörte sie Jacks Bass und seine schweren Schritte.

„Jack? Was ist los?“, fragte sie. Jack kam aus dem Wohnzimmer auf sie zu.

„Weiß nicht. Der Sturm hat vielleicht die Kabel beschädigt!“

Er ging zur Tür und griff nach seiner Jacke.

„Ich sehe mir das mal an!“, sagte er und verließ das Haus. Der Wind fegte heulend ein paar Schneeflocken rein und ein eisiger Hauch wehte Ashley entgegen.

Und wieder spürte sie ein Ziehen im Unterleib. Es wurde immer schmerzhafter.

Nach etwa zehn Minuten kam Jack wieder rein. Ashley hatte im Wohnzimmer ein paar Kerzen entzündet und saß auf der Couch. Vielleicht konnte sie so dieses Ziehen unterbinden.

„Tja, ich kann bei dem Wetter nichts sehen, geschweige denn reparieren. Wir werden uns es wohl bei Kerzenschein gemütlich machen müssen!“, sagte er und ließ sich ebenfalls auf der Couch nieder. Er legte einen Arm um ihre Schulter und streichelte ihren Bauch.

Plötzlich schoss ein so heftiges Ziehen durch Ashleys Unterleib, dass sie ein Keuchen nicht unterdrücken konnte und sich leicht zusammen krümmte.

„Was ist?“, fragte Jack sofort erschrocken.

„Ich weiß nicht! Ich glaube es sind die Wehen!“, sagte Ashley.

Jack stand sofort auf.

„Ich rufe einen Arzt!“, sagte er und begann an dem Telefon herum zuspielen. Doch das war natürlich auch ausgefallen.

„Verdammt! Die Leitung ist auch tot!“, sagte er.

Der Wind heulte um das Haus. Es klang beinahe wie ein Lachen.

Ashley richtete sich langsam auf.

„Glaubst du, du kämst mit dem Schneemobil zu Mary?“, fragte sie.

Jack blickte hilflos aus dem Fenster.

„Vielleicht!“, meinte er schließlich.

„Sie hat gesagt, sie würde helfen, wenn wir sie brauchen.“

Ashley stützte sich am Türrahmen ab.

Jack nickte knapp und ging zur Garderobe.

„Gut! Ich versuche sie zu holen. Bleib du im Wohnzimmer!“, sagte er und zog sich seinen dicken Parka an.

„Okay!“, sagte Ashley. Jack nahm ihr Kinn und küsste sie innig.

„Wir schaffen das schon!“, sagte er und verließ das Haus. Der Wind heulte immer schlimmer und das Schneetreiben wurde auch immer dichter. Ashley blieb an der Tür stehen, bis sie das Aufheulen des Schneemobilmotors hörte. Und tatsächlich begann es sich dann zu entfernen.

Erneut ließ eine Wehe Ashley zusammen zucken. Sie wurden immer schmerzhafter. Langsam wankte sie zur Couch zurück. Hoffentlich war Mary da.
 

Nach zehn Minuten hatte Jack Marys Hütte erreicht. Er stellte das Schneemobil ab und ließ den Motor laufen. Heftig keuchend kämpfte er sich zur Eingangstür von Marys Blockhaus vor. Als er keine zwei Meter davon entfernt war, ging die Tür auf und Mary stand vor ihm.

„Michael! Was ist?“, rief sie ihm sofort entgegen.

Jack blieb keuchend vor ihr stehen.

„Eileen! Es geht los! Das Telefon ist ausgefallen! Ich kann keinen Arzt holen!“, keuchte er.

Mary sagte nichts weiter, sondern lief in ihre Diele zurück. Jack atmete noch ein paar mal tief durch und wollte weiter auf das Haus zugehen, doch da stand Mary schon in Stiefeln und Jacke vor ihm. In der einen Hand trug sie eine große Stofftasche.

„Los, kommen sie schon!“, sagte sie und lief an ihm vorbei zum Schneemobil.

Jack sah ihr staunend nach. Diese Frau war einfach Gold wert.
 

Ashley lag auf der Couch und versuchte die Wehen auszuatmen, wie es Mary ihr einmal gezeigt hatte. Sie kamen in immer kürzeren Abständen und wurden immer schmerzhafter. Nachdem Jack weggefahren war, hatte sie noch nach ein paar Kerzen und Handtüchern gesucht. Doch sie hatte sie nicht einmal mehr aufstellen können. Wieder krampfte sie sich unter einer Wehe zusammen. Hoffentlich schaffte Jack es.

Plötzlich ging die Tür auf und sie hörte seine schweren Schritte.

„Eileen!“, rief er.

Beinahe hätte sie ihn mit seinem richtigen Namen gerufen und besann sich im letzten Moment.

„Michael!“, rief sie zurück und konnte dann einen leisen Schmerzensschrei nicht unterdrücken, als wieder eine Wehe durch ihren Unterleib fuhr.

Sie hörte, wie er ins Wohnzimmer gelaufen kam. Und dann sah sie Mary.

„Alles okay, Liebes! Das schaffen wir schon!“, sagte sie in einem fast lockeren Ton.

Sie stellte ihre Tasche ab und ging dann zu Ashley rüber. Blitzschnell tastete sie ihren Bauch ab.

„Die Maus hat sich gedreht! Jetzt muss es schnell gehen!“

Sie richtete sich wieder auf und sah zu Jack rüber, der begonnen hatte die Kerzen, die Ashley geholt hatte anzuzünden.

„Michael! Ich brauche sie jetzt!“, sagte sie.

Jack eilte an ihre Seite.

„Okay, Handtücher haben wir. Holen sie mir noch heißes Wasser. Und dann kann es losgehen.“

Jack stürzte davon. Ashley hatte ihn noch nie so hilflos gesehen.

„Okay, Liebes. Du musst dich jetzt erst einmal richtig hinlegen.“

Sie dirigierte Ashley so, dass sie in der Couchecke saß. Dann holte Mary die Handtücher und legte sie unter Ashleys Po und Beine. Mit einem Mal spürte Ashley, wie es an ihren Beinen nass wurde.

„Aha! Die Fruchtblase ist geplatzt! Sehr gut. Jetzt geht es schnell!“, sagte sie.

Jack kam ins Wohnzimmer zurück. Er trug eine große, dampfende Schüssel in der Hand.

„Michael, stellen sie die Schüssel dahin und jetzt kommt ihre wichtigste Aufgabe. Halten sie ihre Hand!“

Jack lief hinter die Couch und kniete sich hinter die Ecke. Genau in diesem Augenblick kam die erste Presswehe. Und die Schmerzen waren schrecklich. Ashley stieß einen Schmerzensschrei aus und griff Jacks Hand. Wellen des Schmerzes fuhren durch ihren Körper und sie bekam es nur am Rande mit, dass Mary ihr Umstandskleid aufriss und ihren Unterleib frei legte. Als die Schmerzen verebbten, versuchte Ashley sich auf ihre Atmung zu konzentrieren. Doch da erschütterte schon eine erneute Presswehe ihren Körper und sie schrie gepeinigt auf.

„Pressen! Du musst pressen!“, hörte sie Marys Stimme.

Ashley biss die Zähne zusammen und spannte die Muskeln an. Die Schmerzen waren kaum zu ertragen.

„Ja, so ist gut!“, hörte sie Mary sagen.

Ashleys Hand krampfte sich immer fester um Jacks Hand, der hilflos ihren Kopf zu streicheln begann. Dann fuhr auch schon der nächste Feuerstoß durch ihren Körper und Ashley schrie ihre Pein heraus.

„Eileen, ich sehe den Kopf! Du hast es fast geschafft!“, hörte sie Mary.

Noch einmal biss sie die Zähne zusammen und presste.

„Der Kopf ist da!“

Und wieder unterdrückte Ashley einen Schrei und spannte die Muskeln an, so fest sie konnte. In ihren letzten Schrei mischten sich die ersten Schreie ihrer Tochter.

„Da ist sie, die Maus!“, hörte sie Mary sagen und dann das kräftige Schreien eines Babys.

Ashley konnte das alles noch nicht begreifen. Sie atmete heftig und genoss das Gefühl, wie die Schmerzen verebbten. Schweiß lief ihr in Strömen über das Gesicht. Sie spürte wie Jacks Hand zitterte. Dann spürte sie, wie Mary ihr ein feuchtes, strampelndes Bündel auf die Brust legte.

„Begrüßt eure Tochter!“, sagte Mary.

Ashley schloss die Arme um das Bündel auf ihrer Brust und öffnete die Augen. Ihr Baby war noch ganz voll Käseschmiere, aber groß und kräftig. Und kräftig waren auch ihre Schreie, mit denen sie ihre Eltern begrüßte.

„Hey, Mäuschen!“, flüsterte Ashley und spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen.

Dann sah sie Jacks Hand, die sich vorsichtig zum Kopf seiner Tochter vor tastete. Die Kleine Maus streckte im selben Moment ihre Hand aus und ergriff die Finger ihres Vaters. Dann öffnete sie zum ersten Mal die Augen. Eisblau, wie die ihres Vaters.

„Sie ist so schön!“, hörte sie Jack hauchen.

Ashley sah zu ihm auf. Und war überwältigt, wie zärtlich Jack seine Tochter ansah. Tränen liefen über sein vernarbtes Gesicht.

Mary legte ein Handtuch über das Neugeborene.

„So, jetzt warten wir noch die Nachgeburt ab und dann haben wir es geschafft!“

Ashley konnte nicht antworten. Sie hatte nur Augen für ihre kleine Bridget. Diese hatte mittlerweile aufgehört zu schreien und sah sie immer wieder mit müden kleinen Augen an. Die Finger ihrer einen Hand waren noch immer um den Zeigefinger ihres Vaters geschlossen.

Mary begann in der Zwischenzeit die Nabelschnur knapp vor Bridgets Bauch abzubinden und schnitt den Rest ab.

„Michael, wollen sie ihre Tochter vielleicht baden?“

Jack nickte nur.

Mary nahm Ashley sanft die Kleine ab. Was der gar nicht gefiel. Sofort fing sie an zu krähen. Jack ging um das Sofa herum.

„Ich...ich habe noch nie ein Baby gehalten!“, sagte er leise.

„Das ist nicht schwer, keine Angst!“, lachte Mary.

„Am besten setzen sie sich erst einmal dabei, wenn sie unsicher sind!“

Gehorsam ließ Jack sich neben Ashley auf dem Sofa nieder und Mary legte ihm seine Tochter in die starken Arme. Die sich unendlich sanft um den kleinen Körper schlossen.

„Hallo, Süße!“, sagte Jack. Seine Stimme war belegt vor Rührung. Die protestierenden Laute seiner Tochter verstummten sofort, als sie den Klang seiner Stimme hörte. Sie schlug die Augen auf und sah ihn neugierig an. Und streckte dann einen ihrer kleinen Arme ihm entgegen. Wenn sie jetzt noch „Daddy“ gesagt hätte, wäre es perfekt gewesen, dachte Ashley.

Mary stellte die Schüssel zurecht und legte frische Tücher parat.

„So, kommen sie Michael. Es ist nicht schwer!“

Jack stand vorsichtig auf und ging langsam zu ihr rüber.

„Also, den Arm unter dem Kopf ihrer Tochter durch und dann halten sie sie an dem Oberarm fest, so kommt sie nicht mit dem Gesicht ins Wasser.“, erklärte Mary.

Ashley beobachtete sie. Und war fasziniert, wie geschickt sich Jack dabei anstellte. Bridget gab leise, wohlwollende Laute von sich. Wie alle Babys mochte sie das Baden.

Nach ein paar Minuten hob Jack sie vorsichtig aus dem Wasser. Die damit verbundene Kälte behagte Bridget gar nicht und sie begann protestierend zu krähen.

„Shh!“, machte Jack und schaukelte sie beruhigend in seinem Arm.

Mary breitete ein paar Handtücher neben der Schüssel aus und half Jack die Kleine zu versorgen. Ashley beobachtete ihn hingerissen. Irgendwie musste sie daran zurückdenken, wie alles begonnen hatte. Als Jack sie entführt hatte. Hätte man ihr damals gesagt, dass dieser große rohe Klotz ein unglaublich liebevoller Vater sein würde, hätte sie denjenigen schallend ausgelacht.

Schließlich nahm Jack Bridget wieder hoch und setzte sich neben Ashley auf das Sofa. Bridget war deutlich geschafft und auch Ashley wäre am liebsten sofort eingeschlafen. Nicht nur die Anstrengung der Geburt, sondern auch die Tatsache, dass es nun mitten in der Nacht war, forderten ihren Tribut. Doch es war ja noch nicht ganz geschafft. Erst als Mary sie versorgt hatte, konnte sie ihre Erschöpfung zeigen.

„Gott, ich bin so müde!“, flüsterte sie.

„Verständlich, Schätzchen! Aber jetzt kannst du ja ins Bett gehen!“ lächelte Mary.

Vorsichtig richtete Ashley sich auf, doch bevor sie überhaupt auf den Beinen stand, hatte Jack Mary die Kleine in die Arme gedrückt und hob sie kurzerhand hoch.

„Du gehst mir keine zwei Meter weit, allein!“, sagte er.

Mary lachte leise.

„Das ist nicht schlimm Michael! Was meinen sie, was die Frauen früher alles aushalten mussten!“

Doch Jack ließ es sich nicht nehmen Ashley ins Schlafzimmer zu tragen und auf ihr Bett zu legen. Mary legte ihr die mittlerweile wieder quengelnde Bridget in den Arm.

„So, ihr beiden! Nun ruht euch erst einmal aus! Ich komme morgen vorbei und sehe nach euch!“, sagte sie fröhlich und sie und Jack verließen das Schlafzimmer.

Ashley hörte draußen, wie Jack sich immer wieder überschwänglich bei Mary bedankte und dann schließlich, wie die Tür ins Schloss fiel. Kurz darauf das Aufheulen des Motors.

Ashley ließ sich in die Kissen sinken und betrachtete müde, aber unendlich glücklich ihren kleinen neugeborenen Engel. Sie war schon eingeschlafen und gab leise wohlige Laute von sich. Sie war Jack wie aus dem Gesicht geschnitten! Glücklich lächelnd schlief Ashley ein.
 

Nachdem Jack Mary nach Hause gebracht hatte, stellte er das Schneemobil unter dem Carport ab und ging ins Haus. Nicht nur, dass er auch ganz schön müde war, er wollte zu seiner Tochter, die nun mit seiner Liebsten im Bett lag. Leise betrat er das Schlafzimmer. Ashley lag auf dem Rücken und schlief tief und fest. Die Kleine lag in ihrer Armbeuge und schlief ebenfalls. Leise ließ Jack sich auf das Bett sinken, rutschte zu ihnen rüber und begann sanft die Hand seiner Tochter mit dem Finger zu streicheln. Was diese mit leisen, wohligen Geräuschen beantwortete und dann nach seinem Finger griff und ihn mit erstaunlicher Kraft festhielt.

Jack lächelte. Tränen rollten über sein Gesicht, während er seiner Tochter noch einen sanften Kuss auf die Stirn gab und dann selbst einschlief.

Während er in den Schlaf hinüber dämmerte, musste er an sein altes Leben denken. Und auf welche merkwürdige Art es sich gewendet hatte. Eine merkwürdige, aber wundervolle Art.

Familienidyll

Die ersten Wochen zu dritt verstrichen. Harte, aber wunderschöne Wochen. Die Freude über den Neuankömmling war nicht nur auf die stolzen Eltern beschränkt, auch das gesamte Dorf begrüßte den Neuankömmling äußerst freudig.

Alan ließ es sich nehmen eine kleine Willkommensparty für den Neuankömmling zu veranstalten und so machten Jack und Ashley schon vier Tage nach Bridgets Geburt einen Trip in die Firma. Zum Glück war der Schnee, der während der Nacht von Bridgets Geburt gefallen war, nicht sehr hartnäckig und so war die Hälfte bereits nach drei Tagen schon wieder abgetaut und die Straßen wieder für Autos befahrbar. Und so machten sich Jack und Ashley mit dem Geländewagen auf dem Weg. Nervös die Kleine in ihren Armen wiegend betrat Ashley zusammen mit Jack die Firma. Es waren bereits sämtliche Arbeitskollegen und deren Familien anwesend und auch der Chef selbst.

Sofort wurden die drei von allen Seiten stürmisch begrüßt und mit Glückwünschen überhäuft. Ashley betrachtete Bridget beunruhigt, aber diese schlief tief und fest und störte sich kein bisschen an dem Trubel der um sie herum herrschte.

Die Feier wurde recht ausgelassen und auch Alkohol floss in Strömen. Jack hatte zudem keine Probleme damit die Kleine durch so einige Arme wandern zu lassen. Und so war sie einmal bei seinem Boss, dessen Frau und bei einigen von Jacks Arbeitskollegen. Zur Ashleys Beruhigung gingen die teilweise sonst sehr rohen Klötze überraschend vorsichtig mit der Kleinen um. Auch beschwerte sie sich äußerst selten. Erst gegen Ende des Abends begann sie zu quängeln und nach der Brust ihrer Mutter und ihrer Wiege zu verlangen.

„Ich glaube, ich sollte zumindest ein ruhiges Plätzchen für die Kleine suchen!“, sagte Ashley zu Jack. Es war gerade elf Uhr und sie wollte ihm die Party nicht verderben. Zudem hatte sie selbst auch sehr viel Spaß. Es tat gut mal wieder so unter Menschen zu sein.

Jack nickte lächelnd. Und strich seiner Tochter über die Stirn. Seine Augen waren ganz glasig vom Alkohol. Lange würde der Abend wohl nicht mehr werden.

Sie stellte die Babyschale mit der Kleinen dann schließlich in eines der Büros und stellte das Babyfon an, das sie extra für diesen Fall noch mitgebracht hatte. Dann ging sie zu den Gästen zurück. Bridget meldete sich aber den ganzen Abend nicht einmal zu Wort. Auch meckerte sie nicht, als Ashley sie vorsichtig um zwei Uhr aus dem Büro holte und sie ins Auto verbrachte. Jack war mittlerweile so betrunken, dass er drohte am Tisch einzuschlafen. Zudem waren die meisten Gäste auch schon gegangen.

Leise singend kletterte Jack auf den Beifahrersitz, während Ashley die Babyschale mit der Kleinen auf den Rücksitz festschnallte. Dann kletterte sie selbst auf den Beifahrersitz und fuhr vorsichtig los.

Jack summte weiter vor sich hin und trank zwischendurch immer wieder von dem Bier, dass er sich mitgenommen hatte.

„Na, du wirst heute Nacht gut schlafen!“, lächelte sie.

„Yessir!“, kicherte Jack und nahm einen großen Schluck aus der Flasche. „Aber kann ich ja auch! Is schließlich Wochenende!“

Ashley lächelte. Jack war einfach glücklich, das sah sie ihm an. Und sie auch. Und dennoch hatte sie manchmal Angst. Es lief alles perfekt. Sie waren noch nicht entdeckt worden, hatten ein Heim, Jack gute Arbeit und ihr Kind war gesund. Und gerade das war es, was ihr irgendwie Angst machte. Es lief einfach zu perfekt. Was, wenn die Vergangenheit sie doch noch irgendwie einholte?

Sie verscheuchte den Gedanken und konzentrierte sich weiter auf die Straße, die an einigen Stellen recht glatt war.

Schließlich hatten sie das Haus erreicht und Ashley fuhr den Wagen in die Garage. Jack sprang aus dem Wagen und taumelte einmal ziemlich heftig.

„He, langsam, Soldat!“, rief Ashley und öffnete die Beifahrertür, um die Kleine aus dem Wagen zu holen.

„Jawohl, Mam!“, lallte Jack, salutierte und kicherte. Dann torkelte er langsam um den Wagen herum. Er blickte auf seine schlafende Tochter herab und nahm Ashley dann die Babyschale ab.

„Vorsicht, Jack! Du bist betrunken!“, mahnte Ashley.

„Ich lasse doch mein Goldstück nicht fallen!“, rief Jack lallend und klang ein wenig beleidigt.

Wankend lief er auf die Haustür zu. Ashley folgte ihm, immer damit rechnend, dass er auf dem glatten Boden ausglitt und die Kleine fallen ließ. Doch sie erreichten das Haus heil. Jack trug die Kleine direkt ins Schlafzimmer, nahm sie vorsichtig aus der Babyschale und legte sie ins Bett. Dann stellte er die Schale in irgendeine Ecke und ließ sich neben seiner Tochter ins Bett sinken. Er hatte die Laken nicht ganz berührt, da schlief er schon.

Ashley betrachtete die Szene gerührt. Ihre Tochter und deren Vater, Stirn an Stirn schlafend. Sie konnte es sich nehmen lassen, die Szene mit dem Fotoapparat festzuhalten. Danach zog sie sich aus, schälte die schlafende Bridget noch aus ihrer Jacke und nahm ihr die Mütze ab. Danach legte sie sich selbst ins Bett und war ebenfalls recht schnell eingeschlafen. Nicht ohne vorher noch einmal von diesem unguten Gefühl befallen worden zu sein, wie fragil ihr Familienglück eigentlich war.
 

Die Zeit schien beinahe zu rasen. Vielleicht kam es Ashley aber auch nur so vor. Denn wenn sie sich nicht gerade um den Haushalt kümmerte, so war sie voll und ganz mit ihrer Kleinen beschäftigt. Das ein so kleines Wesen einen derart in Anspruch nehmen konnte, hätte sie nie für möglich gehalten. Aber es war auch unglaublich schön. Den Gedanken, dass sie Bridget beinahe verloren hätte, ertrug sie kaum noch.

Seit der Party waren ein paar Wochen verstrichen. Der Schnee befand sich endgültig auf dem Rückzug, was allen nur Recht war und die Natur begann sich allmählich zu regen. Hoffentlich wurde es nun schnell warm. Ashley freute sich so sehr darauf mit ihrer Kleinen draußen spazieren gehen zu können.

An einen Freitagabend gab sie Bridget die Flasche und sah durch das Wohnzimmerfenster nach draußen. Sie konnte die kahlen Wipfel der Bäume sehen. Es war ein diesiger, nasskalter Tag. Sie musste an Jack denken, der bei diesem ungemütlichen Wetter nun da draußen arbeiten musste. Wie gut nur, dass Jack in solchen Dingen nicht empfindlich war. Nachdem Bridget satt war, brachte Ashley die Flasche in die Küche. Die Kleine schlief sofort wieder ein, als sie sie auf den Armen wiegte. Ashley begann leise eine Melodie zu summen, während sie in der Küche auf und ab ging.

Dann hörte sie die Tür ins Schloss fallen und Jacks schwere Schritte auf den Dielen.

„Hallo, Mädels!“, rief er. Seine Stimme war brüchig vor Müdigkeit.

Ashley verließ die Küche. Bridget hatte ihren kleinen Kopf an ihre Schulter gekuschelt. Selbst die Stimme ihres Vaters, auf die sie sonst sofort reagierte, weckte sie nicht. Jack ging lächelnd auf sie zu. Er küsste Ashley und strich seiner Tochter vorsichtig mit dem Zeigefinger über die Wange. Dann wandte er sich dem Wohnzimmer zu.

„Ich muss mich ne Runde hinlegen.“

„Schwerer Tag?“, fragte Ashley.

Jack ließ sich auf das Sofa fallen.

„Schwer ist gar kein Ausdruck. Der Truck ist in dem ganzen Matsch stecken geblieben und wir mussten zwanzig Baumstämme per Hand aus dem Wald ziehen. Und den Truck befreien.“

„Oje!“, seufzte Ashley.

Plötzlich gab Bridget leise protestierende Laute von sich.

„Sie bemitleidet dich!“, lachte Ashley.

Jack lächelte.

Ashley ging auf ihn zu.

„Willst du Daddy trösten?“ fragte sie Bridget leise, die nun doch leicht unruhig wurde.

Sie legte sie Jack auf die kräftige Brust und er legte sofort beide Hände an ihren kleinen Körper und streichelte zärtlich ihren Rücken.

„Ich mach Pfannkuchen. Ruht ihr zwei euch aus.“, sagte Ashley und verschwand in der Küche. Sie begann den Teig anzurühren.

Als sie ins Wohnzimmer kam, war Jack fest eingeschlafen und Bridget ebenfalls. Ashley blieb von der Szene zutiefst gerührt in der Tür stehen. Dann lief sie in die Diele und holte den Fotoapparat. Nachdem sie die Szene festgehalten hatte, kümmerte sie sich wieder um das Essen. Es wurde eng auf dem Foto-Kaminsims.
 

Nachdem Bridget in Jacks Armen eingeschlafen war, nahm Ashley sie ihm ab und brachte sie in ihre Wiege. Obgleich die Kleine erst eineinhalb Monate alt war, hatte sie schon mächtig an Größe und Gewicht zugelegt. Sie schien tatsächlich voll die Gene ihres Vaters zu haben.

Leise schloss sie die Tür und ging ins Wohnzimmer zurück. Jack hatte das Babyphon angestellt. Mittlerweile gönnte ihnen die Kleine zumindest schon mal vier Stunden Schlaf am Stück, was mehr als erleichternd war.

Mit einem wohligen Seufzer ließ Ashley sich neben Jack auf die Couch fallen. Jack legte einen Arm um sie und Ashley kuschelte sich an seine Brust.

„Ich glaube, jetzt können wir den Abend zu zweit genießen!“, sagte Ashley und streichelte Jacks muskulöse Brust.

„Woran denkst du denn da genau?“, fragte er und sie überhörte den kecken Unterton in seiner Stimme natürlich nicht.

„Naja…“ Ihre Hand wanderte von seiner Brust über seinen straffen Bauch. „an diverse…“ Sanft legte sie die Hand an seinen Schritt und schloss die Finger sanft um die noch weiche Beule seiner Hose. „...Aktivitäten.“

Jack antwortete darauf gar nicht, sondern zog nur ihren Kopf zu sich und küsste sie wild. Ashley schwang sich rittlings auf seinen Schoß und grub ihre Finger in sein Haar.

Seit drei Monaten war ihnen die körperliche Liebe so gut wie ganz verwehrt gewesen, aufgrund Ashleys Schwangerschaft und Niederkunft. Das Feuer in ihren Lenden loderte beinahe noch schlimmer als in ihrer ersten Nacht mit Jack.

Jack schob gierig seine Hände unter ihr Oberteil und zog es ihr blitzschnell über den Kopf. Genauso schnell schob er dann seine Hände in ihre Trainingshose und fasste ihre festen Pobacken.

Trotz ihrer Schwangerschaft hatte Ashley nicht nennenswert zugenommen und auch ihr Bauch sah schon fast wieder normal aus.

Sie ließ ihre Hände seinen Rücken herunter gleiten und griff sein T-Shirt und zog es ihm über den Kopf. Der Anblick seines muskulösen Oberkörpers war für sie genauso atemberaubend wie am ersten Tag. Sie musste plötzlich an den Tag denken, als sie ihn beim Trainieren beobachtet hatte, während ihrer Entführung. Damals hatte sie noch nicht einmal im Traum daran gedacht, dass es so kommen würde.

Ihre Finger über seine prallen Bauchmuskeln wandern lassend saugte sie an seiner Unterlippe. Seine Hände kneteten ihre Pobacken, sie spürte, wie in seiner Hose eine Schwellung wuchs. Sie ließ von seinen Muskeln ab, ließ ihre Hand in seine Hose gleiten und packte fest zu, was er mit einem unterdrückten Stöhnen beantwortete. Kurzerhand bettete er sie daraufhin auf dem flauschigen Teppich vor dem prasselnden Kamin, zog ihr die Hose aus und war dann über ihr. Gierig zog Ashley ihn zu sich runter. Sie spreizte die Beine, spürte, wie sein Ding an ihre Weiblichkeit stieß und es dann durch einen leichten Stoß seines starken Beckens in sie fuhr. Ashley bog den Rücken durch und biss ihm in die Schulter, um einen Schrei zu unterdrücken. Auf keinen Fall wollte sie Bridget wecken.

Sie wollte nur Jack spüren, wollte, dass das Universum wenigstens für kurze Zeit nur aus ihnen beiden bestand.

Fest umschlungen gaben sie sich einander hin, bis sie beide es nur mit Mühe unterdrücken konnten ihren Höhepunkt laut kund zu tun.

Schwer atmend ließ Jack sich auf die Seite fallen. Ashley legte ihren Kopf auf seine muskulöse Brust. Sie genoss es jedes Mal dem heftigen Schlag seines Herzens zu lauschen, nachdem sie sich geliebt hatten. Einige Minuten lagen sie da, genossen die Zweisamkeit.

„Weißt du, woran ich gerade denken musste?“, fragte er plötzlich.

„Nein.“, sagte sie und genoss die Schwingungen, die sein Bass erzeugte.

„Wie du das erste Mal unter mir gelegen hast. Damals, in der Hütte.“

Ashley schloss die Augen. Sie würde diese Nacht nie vergessen und das aus so vielen Gründen. Sie hatte in dieser Nacht entführt und gefesselt in einer Waldhütte auf einer Matratze gelegen und hatte zum ersten Mal in ihrem Leben mit einem Mann geschlafen, der so ganz nebenbei noch ihr Entführer war. Und als wenn das nicht schon alles gewesen wäre, so war Bridget wahrscheinlich genau in dieser Nacht gezeugt worden.

Sie musste kichern.

„Ja, nur mit dem Unterschied, dass ich gefesselt war.“, sagte sie.

Auch Jack musste lächeln.

„Wenn ich daran denke, was daraus geworden ist!“

Ashley strich über seine Brust.

„Das kann ich dir sagen. Es liegt gerade in seinem Bettchen und hat uns zumindest mal etwas Zeit für uns gegönnt!“

Jacks Brust erbebte als er leise lachte.

Sie blieben noch einige Minuten so liegen, ohne zu reden, nur aneinander gekuschelt.

Schließlich standen sie dann doch auf und zogen sich wieder an. Gerade noch rechtzeitig, denn kaum hatte Ashley das Shirt über den Kopf gezogen, als die Kleine nach ihr verlangte.

Während sie sich um Bridget kümmerte, holte Jack eine Flasche Wein, die die beiden an dem Abend noch leerten.

Im Bett liebten sie sich dann ein zweites Mal.

Heldentaten und echte Freunde

Der Frühling kam und mit ihm erwachte die Natur zum Leben. Jack genoss die Vaterfreuden und die Anerkennung seiner Arbeitskollegen, was seine „Manneskraft“ doch für ein süßes Ding hervorgebracht hatte. Er und Ashley genossen den ersten Spaziergang durchs Dorf mit ihrer Kleinen. Ashley bekam mehr und mehr Kontakt zu den Frauen seiner Arbeitskollegen und war dann auch öfter mal mit Bridget unterwegs.

Die Arbeit im Wald war nun, bei 17° Grad recht angenehm geworden. Auch, wenn die Jungs nach wie vor ziemlich schuften mussten, so war es doch weitaus angenehmer, als im nasskalten Winter.

Schließlich ließen die Jungs an einem Freitag zur Mittagspause die Äxte und Sägen fallen und genossen die Stunde Ruhe. Jack ließ sich neben Paul auf einem Stamm sinken und begann sein Essen auszupacken.

„Hey, Mike, was machen deine Mädels?“, fragte Paul.

Da Tom der Kranführer auf den Trucks war und Jack für die groben Sachen, wie Bäume umhauen zuständig war, sahen sich die beiden nur zur Pause. Paul war Jack von Anfang an sympathisch gewesen und so hingen die beiden oft zusammen.

„Die eine ist fleißig im Haushalt und die andere wächst und gedeiht!“, lachte Jack und schlug Paul auf die Schulter.

„Und was ist mit deinem Mädel?“

„Ach, die ist auf einmal auch ganz heiß drauf! Nun will sie auch so einen Knubbel haben!“, winkte Paul ab.

Jack musste grinsen. Pauls Frau war nicht die Hellste, aber ein liebes Mädel, etwas älter, als Ashley.

„Es überrascht mich sowieso, dass ihr zwei keine Kinder habt!“, sagte Jack und nahm sein Brot zur Hand.

„Das ist ja gerade das komische! Sie war ja diejenige, die nicht wollte! Und jetzt, wo ihr zwei eine süße Tochter habt, kommt sie mit einem Mal auf den Geschmack. Ist nicht so, dass ich was dagegen hätte! Aber erst müsst ihr beiden hier auftauchen und ihr den Mund wässrig machen und ich beiße mir fast vier Jahre die Zähne an dem Weib aus!“

Jack musste lachen.

„Dann gib aber Gas, würde ich sagen! Sonst ändert sie plötzlich wieder ihre Meinung!“

„Schon dabei!“, sagte Paul und biss in sein Brot.

Die beiden plauderten dann über belanglose Dinge, als plötzlich aus dem Wald ein Schrei erklang.

Jack sprang auf. Es war Adam gewesen, ihr Vorarbeiter. Während die anderen noch immer erschrocken in die Richtung blickten, aus der der Schrei gekommen war, stürzte Jack schon dorthin. Hinter dem Platz, wo sie ihre Pausen machten, war es leicht abschüssig und das Gebüsch relativ dicht. Meistens gingen sie dorthin, wenn die Blase drückte. Jack erreichte den Abhang und sah hinunter.

Adam lag am Boden und versuchte den Hang hinauf zu kriechen. Er keuchte schwer, sein Gesicht war schmerzverzerrt und aus seinem Mund floss Blut. Jack blickte ein paar Meter weiter runter und sah ein gewaltiges Wildschwein von mindestens hundert Kilo, offensichtlich ein Keiler. An seinen Hauern klebte Blut, er hatte Adam ganz offensichtlich angefallen. Und machte gerade Anstalten sich wieder auf ihn zu stürzen.

Jack dachte nicht weiter nach. Er zückte sein gutes altes Kampfmesser, dass er immer bei sich hatte und hinten am Gürtel trug, sprintete den Hang hinunter an Adam vorbei und auf den Keiler zu. Über sich konnte er Paul erschrocken schreien hören.

„Mike!!!! Was machst du da?!!?“

Doch Jack achtete nicht darauf. Der Soldat und Nahkampfexperte in ihm war erwacht und übernahm vollends die Kontrolle.

Der Keiler wandte sich ihm zu und stürzte mit einem wütenden Grunzen auf ihn los. Doch im allerletzten Moment, bevor sein Kopf gegen Jacks Beine zu prallen drohte, sprang dieser hoch, schlug einen perfekten Salto und trieb dem Tier dabei sein Messer ins Genick. Während das Tier laut quiekend und strauchelnd noch ein paar Meter weiter stürmte, landete Jack wieder auf den Beinen und wirbelte sofort herum.

Doch der Keiler war bereits am Hang zusammengebrochen und rührte sich nicht mehr. Jacks Messer steckte immer noch bis zum Griff in seinem Genick und das Fell am Hals des Tieres war bereits blutgetränkt. Er war tot, Jack hatte ihm das Rückenmark durchtrennt.

Adam lag ein paar Meter neben ihm und hatte offensichtlich das Bewusstsein verloren. Sein Kinn und Brust waren Blutbesudelt. Jack stürmte auf ihm zu, ging neben ihm in die Knie.

„Adam! Adam, kannst du mich hören?“ fragte er.

Doch er rührte sich nicht. Jack fühlte seinen Puls. Er war noch da, aber schwach. Adam musste sofort zu einem Arzt.

Inzwischen waren auch Paul und zwei andere seiner Kollegen, Clint und Peter den Hang hinuntergelaufen und knieten sich ebenfalls um Adam.

„Großer Gott, Adam! Lebt er noch?“, fragte Clint, genau wie Jack ein Neuling.

Der Soldat in Jack hatte immer noch das Kommando und so handelte er schnell und rational, wie er es schon sehr oft in Schlachten und Missionen hatte tun müssen.

„Peter, ruf sofort einen Krankenwagen!“, kommandierte er. „Clint, bring du mir den Erste-Hilfe-Koffer!“

Beide stürzten davon und Jack und Paul kümmerten sich um Adam. Es sah nicht gut aus.

Als dann der Krankenwagen da war und Adam ins Krankenhaus gebracht wurde, fiel allmählich die Anspannung von ihnen ab.

„Sag mal, was war das eigentlich gerade für eine Aktion?“, fragte Paul ihn plötzlich.

Jack sah ihn an.

„Was meinst du?“, fragte er.

„Na, ich meine, wie du das Vieh platt gemacht hast! Bist mal eben so über ihn drüber gesprungen und hast ihm das Messer in den Buckel gerammt! Wo hast du so was gelernt?!“, fragte Paul erregt.

Jacks Gedanken begannen zu rasen, denn auch die anderen sahen ihn nun völlig verdattert und fragend an.

„Paul hat recht! Ich meine, das war ne geile Aktion, aber so was lernt man nicht beim Bodybuilding!“

„Nein, da nicht. Aber ich habe auch Kampfsport gemacht, Kung Fu, um genauer zu sein.“, antwortete er schließlich.

Das war nicht mal gelogen. In seiner Ausbildung hatte er viele Jahre alle möglichen Kampfkünste trainiert, auch Kung Fu.

„Du steckst voller Überraschungen, Mann!“, rief Peter.

Jack grinste und bemerkte mit Erleichterung, dass sich die Jungs mit der Erklärung zufrieden gaben.

Nur Paul sah ihn weiterhin misstrauisch an. Er sprach auch den restlichen Tag nicht mehr mit ihm. Und auch nicht als Alan vorbei kam und natürlich wissen wollte, was los gewesen war. Als er von Jacks Heldentat hörte, wollte er natürlich auch wissen, woher er so etwas konnte, nahm ihm die Kung Fu- Geschichte aber sofort ab und lobte ihn in den höchsten Tönen.

„Darauf müssen wir alle Mann dieses Wochenende anstoßen! Adam geht es übrigens schon wieder besser! Ihr habt alle sehr gut reagiert und ihm das Leben gerettet!“, rief er.

Die Aussicht auf eine gute Party hob natürlich bei allen die Laune. Doch Jack machte sich weiterhin etwas Sorgen, denn Paul blieb misstrauisch. Und misstrauische Menschen neigten dazu unangenehm, manchmal sogar gefährlich zu sein.
 

Am Samstag dann lud Alan zur Party in der Kneipe, wo man sich auch abends traf. Das Wildschwein, das Jack erlegt hatte, diente noch einem guten Zweck und sollte alle Gäste satt machen. Zudem gab es von Alan Freibier. Ashley und Bridget kamen natürlich auch mit, wobei Bridget den Abend schlafend in einem rauchfreien Nebenzimmer verbrachte.

Jack wurde als Held gefeiert und Ashley sah ihm an, dass er es richtig genoss. Alan hielt sogar noch eine richtige Ansprache ihm zu ehren. So viel Anerkennung schien er in der Armee nicht bekommen zu haben, dachte sie.

Später am Abend dann, als sie gerade Bridget noch einmal mit Milch versorgte, kam Jack, schon leicht beschwipst zu ihr.

„Na, du großer Held!“, witzelte sie und wischte Bridget ein paar Milchtropfen vom Mund.

„Hey, ich hab meine Pflicht getan!“, lachte Jack und setzte sich neben Ashley auf die Bank. Die beiden redeten kurz über die Party und den Vorfall allgemein.

Plötzlich ging die Tür auf und Paul kam herein. Er schloss die Tür hinter sich und sah die beiden sehr ernst an.

„Alles klar mit der Kleinen?“, fragte er zuerst belanglos.

„Ja, alles klar!“, sagte Jack und merkte aber sofort, dass etwas nicht stimmte. Paul war seit dem Vorfall komisch geblieben.

„Gut zu wissen, Mike! Oder... sollte ich lieber Jack sagen?“, fragte er dann.

Ashley erstarrte und sah ihn entsetzt an. Jack sprang auf und ging einen Schritt auf Paul zu.

„Was hast du gesagt?“, fragte er.

„Also doch!“, sagte Paul. „Jack Krauser und Ashley Graham!“

Jack starrte ihn entgeistert an.

„Woher...?“, stammelte er.

Paul schüttelte den Kopf.

„Bitte, Jack! Auch wenn ich nicht studiert habe und nur einfacher Waldarbeiter bin, so bin ich nicht blöd! Du bist mir von Anfang an bekannt vorgekommen, ich wusste nur nicht woher. Aber nach der Sache mit Adam fiel es mir wieder ein und ich habe ein bisschen nachgeforscht. Ich bin auf die alten Berichte über euch beide gestoßen und natürlich dann auch auf Bilder von euch.“

Er blickte Ashley an.

„Du bist die Präsidententochter Ashley Graham.“

Ashley konnte nichts sagen. Zu groß war der Schock.

„Und du bist der Ex-Elitesoldat Jack Krauser! Du hattest sie entführt!“, sagte er dann an Jack gewandt.

Jack sah ihn mit ausdrucksloser Mine an.

„Was willst du jetzt tun, Paul? Willst du uns verraten?“, fragte er leise.

„Wie wäre es, wenn ihr mir erst einmal die Wahrheit erzählen würdet?“, sagte er nur und ließ sich auf der Bank ihnen gegenüber nieder.

Jack erzählte ihm eine kurze Version der Geschichte. Wieso er Ashley entführt hatte, wie sie sich ineinander verliebten und ihre gemeinsame Flucht vor ihren Eltern hierher. Und weshalb.

Paul saß die ganze Zeit da, hörte ihm zu und sagte nichts.

„Verstehst du uns, Paul? Wir mussten uns verstecken! Wir mussten uns irgendeine Geschichte einfallen lassen, uns andere Namen geben und dergleichen! Wenn man schon nicht unsere Gesichter kannte, so doch unsere Namen! Die Sache ging schließlich lang und breit durch die Medien. Und wir wollten nur in Ruhe leben, unsere Tochter kriegen und neu anfangen!“

Jack sah ihn fest an. Paul erwiderte seinen Blick, sah ihn ein paar Sekunden wortlos an. Dann wanderte sein Blick zu Ashley.

„Ist das alles wahr? Haben deine Eltern dich wirklich zur Abtreibung zwingen wollen?“, fragte er.

Ashley drückte Bridget sanft an sich.

„Ja. Es ist alles so gewesen, wie Jack sagt. Wir hatten keine andere Wahl. Wir mussten fliehen. Ich wollte bei ihm sein und wir wollten beide unser Kind. Ich hätte es nicht ertragen Bridget zu verlieren. Und er genauso wenig.“, sagte sie.

Paul sah sie durchdringend an. Dann nickte er.

„Gut!“, sagte er dann und richtete sich auf.

„Was willst du jetzt tun, Paul?“, fragte Jack und stand ebenfalls auf.

„Erst einmal sollten wir jetzt auf die Party zurück gehen. Und dann sollten wir über das hier stillschweigen bewahren.“, antwortete Paul.

Jack sah ihn überrascht an.

„Du wirst uns nicht verraten?“, fragte er.

Paul lachte leise und schüttelte den Kopf.

„Das habe ich nie vorgehabt, Jack. Aber das war einfach eine Sache, die ich wissen musste. Das Ashley aus Liebe bei dir ist, sieht man auch so. Und wenn ich auch nicht verstehen kann, bzw. es nicht für richtig halte, dass du Ashley damals entführt hast, so möchte ich euch euer Glück auch nicht kaputt machen. Außerdem...“

Er wandte sich grinsend zu Jack um.

„...will ich doch meinen besten Kumpel Mike nicht verlieren! Und meine Frau nicht ihre Freundin Eileen!“

Jack lachte erleichtert.

„Das ist gut zu wissen!“

Auch Ashley atmete erleichtert auf.

„Nun kommt, ihr beiden! Der Schweinebraten wird sonst kalt und wir müssen locker fünfzig Kilo verputzen!“

Die Familie wächst

Die ersten zweieinhalb Jahre vergingen wie im Fluge. Bridget wuchs, entwuchs dem Säuglingsalter und machte ihre ersten Schritte. Sie sagte ihr erstes Wort, „Daddy“, und mit der Zeit immer mehr Worte.

Jack stieg in der Firmenhierarchie auf, nach Adams Unfall. Dieser erholte sich zwar, wollte dann aber lieber einen weniger gefährlichen Job im Büro annehmen. Und so wurde Jack in der Zeit seiner Abwesenheit erst sein Stellvertreter und schließlich übernahm er den Job ganz.

Seine Freundschaft zu Paul hatte sich noch mehr gefestigt, nicht zuletzt dadurch, dass er sein Wort hielt und niemandem etwas verriet. Auch seiner Frau nicht.

Zudem durfte sich Paul seit einem Jahr ebenfalls an einer gesunden Tochter erfreuen. Die kleine Sharon wurde nicht weniger freudig empfangen als Bridget damals. Und sie wurde ebenfalls von Mary auf die Welt geholt.

Ashley nahm einen Job in der Stadtbibliothek an. Ein kleiner Halbtagsjob, der nicht die Masse brachte, aber so trug sie zum Einkommen bei und sie legte Geld zurück.

Denn für sie und auch für Jack war die Familienplanung nicht abgeschlossen. Sie verhüteten, wenn überhaupt sehr sporadisch und so ließ es nicht lange auf sich warten und ein weiterer Mitglied im Hause Krauser/Graham kündigte sich an.

Es war ein kalter Novembermorgen, als Ashley sich nach einem wirren Traum im Bett aufsetzte und sogleich eine bohrende Übelkeit in der Magengegend verspürte. Sie spürte bereits, wie bittere Galle ihren Hals aufstieg und sie presste die Hand auf den Mund und schwang die Beine aus dem Bett. Als sie sich aufrichtete schwindelte ihr und sie torkelte, mit Mühe den Brechreiz unterdrückend ins Badezimmer.

„Ashley?“, hörte sie Jack verschlafen hinter sich murmeln.

Doch sie konnte nicht darauf reagieren, stolperte einfach nur ins Bad und erreichte noch gerade rechtzeitig die Toilette. Würgend übergab sie bittere Galle der Kanalisation. Dann blieb sie keuchend vor der Toilette hocken und versuchte den Schwindel niederzukämpfen.

Erinnerungen wurden in ihr wach. Sie hatte das schon einmal erlebt. Jetzt wusste sie ohne Zweifel, was es bedeutete.

Plötzlich hörte sie ein Klopfen an der Tür.

„Ashley? Ist alles okay?“, hörte sie Jacks beunruhigte Stimme.

„Mir ist schlecht, Schatz. Aber es geht gleich schon wieder.“, antwortete sie.

„Sicher?“, hörte sie ihn unruhig fragen.

„Ja, bestimmt!“, antwortete sie.

Dann hörte sie seine schweren Schritte, die sich von der Tür entfernten.

Langsam richtete Ashley sich auf, betätigte die Spülung und setzte sich erst mal auf die Toilette.

Sie würde gleich in die Stadt fahren und einen Schwangerschaftstest holen. Obwohl es eigentlich nicht nötig war. Sie wusste, dass sie schwanger war. Ein unendlich glückliches Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

Langsam machte sie sich auf den Weg in die Küche. Jack war gerade dabei Kaffee aufzusetzten und holte Toastbrot aus dem Kühlschrank. Als er sie hörte, sah er zu ihr rüber.

„Und? Wieder alles klar?“, fragte er und ging auf sie zu.

Sie nickte und strahlte ihn an.

„Ja. Aber ich werde gleich in die Stadt fahren müssen. Kannst du auf Bi aufpassen?“, fragte sie.

„Klar. Aber was willst du denn in der Stadt?“, fragte er und runzelte die Stirn.

Sie musste lächeln.

„Ich muss was besorgen.“, sagte sie und streichelte ihren Unterleib.

Jacks Augen weiteten sich.

„Du meinst...?“, fragte er leise.

„Ja, genau das!“, sagte sie.

Jack stürmte zu ihr rüber, umschlang sie mit seinen starken Armen und hob sie hoch. Er strahlte über das ganze Gesicht.

„Ist das wahr? Bist du ganz sicher?“, fragte er wieder, schrie beinahe.

„Ja, ich bin mir ganz sicher!“, rief sie lachend.

Jack begann sie wild zu küssen und Ashley umschlang ihn mit den Armen und Beinen. Erst nach einigen Minuten ließ Jack sie wieder runter und drückte sie aber immer noch an sich.

„Dieses Mal wird es aber ein Junge!“, sagte er fröhlich.

„Wieso? Brauchst du Verstärkung, du großer starker Mann?“, scherzte sie.

Jack lachte.

„Ha, das fehlte noch, dass ich meine Weiber nicht im Griff habe!“, rief er.

„Im Griff haben! Ich werd dir geben....!“, rief Ashley und attackierte Jack aus Spaß.

Dieser lachte jedoch nur, blockierte sie spielerisch und trug sie ins Schlafzimmer.

„Und wie ich dich im Griff habe, du süßes, schwangeres Stück!“, grinste er und küsste sie innig. Es war die Einleitung zu einem phantastischen Liebesspiel.

Schwer atmend lagen sie dann nebeneinander auf dem Bett, die Decke über sich gezogen, denn es war ziemlich kalt geworden.

Plötzlich kam von der Schlafzimmertür ein leises, verschlafenes „Mommy? Daddy?“

Jack richtete sich auf die Ellbogen auf.

„Guten Morgen, Prinzessin!“

Bridget lief auf ihn zu und kletterte zu ihm aufs Bett.

„Hunger!“, sagte sie und zog ihn am Arm hoch, oder versuchte es viel mehr. Jack machte sich dann oft einen Spaß daraus, sie an sich rumzerren zu lassen und sie dann ganz plötzlich an sich zu ziehen. Was er auch jetzt tat. Bridget quengelte aber dieses Mal genervt.

„Hunger, Daddy!“, quengelte sie.

„Mommy macht jetzt was!,“ sagte Ashley und stand auf. Sie zog sich an und Bridget lief hinter ihr her in die Küche.

Nach dem Frühstück machte Ashley sich auf den Weg in die Stadt, kaufte einen Test und nahm noch diverse Kleinigkeiten mit, die sie brauchte.

Zuhause erwartete sie dann der typische Tagesablauf eines Samstags und am Sonntagmorgen hatte sie dann die Gewissheit. Sie war schwanger!

Am Montag nahm sie sich frei, fuhr zum Arzt und brachte Jack dann das erste Bild ihres zweiten Kindes mit. Auf dem war zwar bis auf einen Flecken nichts zu sehen, doch Jack stiegen dennoch die Tränen in die Augen.

„Wann ist es soweit?“, fragte er mit belegter Stimme.

„Im Juni. Ich glaube, dieses Mal bleibt uns eine Nacht, wie beim ersten Mal erspart!“, antwortete Ashley.

Sie saßen eng aneinander gekuschelt auf dem Sofa. Es war Abend, Bridget war im Bett und sie konnten so in Ruhe Pläne für den baldigen Neuankömmling schmieden.

„Ich denke, Babysachen werden wir kaum brauchen. Wir haben ja in weiser Voraussicht alles neutral gehalten, was die Farben angeht.“, meinte Jack und streichelte Ashleys noch flachen Bauch.

„Eigentlich schon. Zumindest für die erste Zeit sind wir versorgt. Aber vielleicht wird es auch wieder ein Mädchen. Dann bliebe es natürlich billig.“, meinte Ashley.

„Das zusätzliche Geld gebe ich gern aus!“, knurrte Jack ihr leise ins Haar.

„Du brauchst also doch Verstärkung!“, lachte Ashley.

Den Rest des Abends brachten die beiden mit halb ernsten Gesprächen über den Neuankömmling zu, bis es schließlich für beide Bettzeit wurde.

Die Schwangerschaft gestaltete sich dieses Mal als wesentlich unkomplizierter, als die erste. Allein deshalb schon, weil sie nicht ständig auf der Flucht waren. Die Schwangerschaftsbeschwerden hielten nicht lange an und bald genossen beide einfach nur noch die grenzenlose Vorfreude. Ashley ging regelmäßig zu den Untersuchungen und im sechsten Monat dann, als Jack es einmal schaffte mitzukommen, erfuhren sie auch, dass Jacks Wunsch nach einem Sohn in Erfüllung ging.

Und so begann, wie schon bei Bridget eine heftige, aber gutmütige Diskussion über den Namen.

Keiner von beiden ahnte, dass ihr Familienglück schon bald zerbrechen würde.

Unglaublicher Zufall

Henry Graham lenkte den Wagen auf den Parkplatz vor der Kneipe. Die warme Nachmittagssonne hatte sie doch ganz schön ins Schwitzen kommen lassen.

„Kleine Erfrischung, Liebling?“, fragte er seine Frau, die neben ihm saß.

„Warum nicht. War eine lange Fahrt!“

Sie stieg aus und reckte sich, während Henry den Motor abschaltete und ebenfalls ausstieg. Er sah sich um. Ein kleines kanadisches Holzfällernest. Nicht mehr wie ein paar hundert Einwohner. Und die nächste Stadt konnte man auch nicht wirklich Stadt nennen. Sie maß, wenn es hoch kam auch nicht mehr wie sechstausend Einwohner.

Ashley hätte es hier gefallen. Sie liebte Kananda. Der Gedanke an seine Tochter versetzte Henry Graham einen tiefen Stich ins Herz.

Vier Jahre hatte er sie gesucht, nirgends eine Spur. Sie war einfach wie vom Erdboden verschwunden. Genauso, wie dieses Schwein Jack Krauser. Henry war sich sicher, dass er Ashley wieder verschleppt hatte. Was ihn krank machte, war, dass es wirklich nirgendwo eine Spur gab. Lediglich drei Monate nach ihrem Verschwinden wären sie beinahe gefasst worden. Doch die beiden Polizisten hatten den Mann gewaltig unterschätzt und es beinahe mit dem Leben bezahlt. Seit dem fehlte von Ashley und Krauser jede Spur.

Er versuchte den Gedanken zu vertreiben. Sowohl er, als auch seine Frau hofften immer auf ein Wunder. Und ein Wunder wäre für sie bereits der kleinste Hinweis auf den Verbleib ihres einzigen Kindes. Henry würde dafür alles geben.

Er schüttelte den Gedanken endgültig ab und wandte sich wieder der schönen Umgebung zu. Einsam, ja. Aber irgendwie hatte die Gegend ihren eigenen Charme. Und die Einsamkeit war wahrscheinlich genau, was er und Martha nun brauchten. Vielleicht würden sie doch ein paar Tage hier bleiben.

Sie betraten die Kneipe. Sie war nicht sehr stark besucht, obgleich es Freitag war. Lediglich am Tresen saßen zwei große kräftige Männer in Holzfällerhemden und unterhielten sich lebhaft bei ein paar Bieren.

Henry und Martha ließen sich ebenfalls am Tresen nieder.

Der Wirt kam sofort und sie bestellten.

„Weißt du, woran ich gerade denken muss?“, fragte Martha ihren Mann plötzlich.

„Woran?“, fragte er.

„An Ashley. Sie hat immer von diesen typischen kanadischen Landschaften geschwärmt. Weißt du noch?“, fragte sie.

Henry nickte. Wieder spürte er diesen grausigen Schmerz in der Brust.

„Ich weiß. Es ist kaum zu glauben, dass es bereits vier Jahre sind.“

„Glaubst du, wir sehen unsere Tochter je wieder?“, fragte Martha.

Henry konnte nicht antworten. Er blickte betreten auf den Boden.

„Entschuldigen sie, aber darf ich fragen woher sie beide sind?“, erklang plötzlich eine Stimme.

Beide wandten sich um. Die beiden Holzfäller hatten ihr Gespräch unterbrochen und sahen sie neugierig an.

„Washington.“, antwortete Henry. „Wir machen hier Urlaub.“

Einer der Gründe, warum sie sich so eine einsame Gegend ausgesucht hatten. Sie wollten nicht überall und sofort erkannt werden, was als Präsidentenpaar der USA nicht so leicht war. Doch scheinbar taten die lässigen Kleider und die anderen kleinen Tarnmanöver ihre Wirkung.

„Schön zu hören. Das hat man hier nicht mehr viel.“ ,sagte der eine Holzfäller.

„Wirklich? Dabei ist das so eine schöne Gegend hier. Wenn unsere Tochter hier wäre, sie wäre ganz hin und weg.“, sagte Martha.

„Wirklich? Dann wirklich schade, dass sie nicht da ist. Darf man denn fragen, was sie so schönes macht?“

Martha konnte nicht antworten. Es tat so weh.

„Sie ist verschwunden. Vor vier Jahren. Wir haben seit dem nichts mehr von ihr gehört.“, antwortete Henry für seine Frau.

„Oh, das ist aber traurig. Was ist denn passiert?“, fragte der Holzfäller.

„Wir reden nicht gern darüber, wissen sie. Ehrlich gesagt, wissen wir nicht genau warum und wie sie verschwand.“

Henry versuchte den Schmerz in seiner Brust zurück zu drängen.

„Traurig so was. Aber ich glaube, da sind sie nicht allein.“

„Wie meinen sie das?“, fragte Martha.

„Naja, wir haben hier so ein junges Pärchen. Und sie ist auch von zu Hause abgehauen. Aber die kommen aus Toronto. Die Kleine war schwanger und die Eltern mochten ihren Freund nicht. Jedenfalls wollten sie sie zur Abtreibung zwingen. Da sind sie abgehauen. Ist aber auch irgendwo verständlich. Wenn man bedenkt….“

Doch Martha und Henry hörten gar nicht weiter zu. Von zu Hause weggelaufen? Schwanger? Zur Abtreibung gezwungen?

„Sagen sie, wie heißen die beiden?“, fragte Henry ohne Umschweife.

„Oh, er heißt Michael. Ist unser Vorarbeiter. Sie Eileen. Hübsches Ding. Im Gegensatz zu ihrem Macker.“

„Komm, Tom, werde nicht unfair! Für die Narbe kann er nichts!“

Henry schluckte. Eine Narbe?

„Was für eine Narbe?“, fragte er und versuchte unverfänglich zu klingen.

„Naja, er hat eine ziemlich markante Narbe im Gesicht. Zieht sich fast über die gesamte rechte Gesichtshälfte.“

Henrys Herz raste.

„Ist er ziemlich groß und kräftig?“, fragte er.

Der Holzfäller runzelte die Stirn.

„Ja, ziemlich. Ist ne ziemliche Sportskanone. Aber warum…?“

„Und diese Eileen? Wie sieht sie aus?“, fragte nun Martha gehetzt.

„Mittelgroß, blond, schlank. Hübsches Ding. Aber wieso wollen sie das wissen?“

„Und sie sagen, sie war schwanger, als sie hierher kamen?“, fragte Martha weiter.

„Ja. Haben ne Tochter. Süß, die Kleine. Eileen hat sogar schon den zweiten Braten in der Röhre.“

„Wo leben sie?“, fragte Henry, während er von seinem Hocker aufsprang.

„Oben, im Bungalow-viertel, der letzte ganz hinten im Wald. Aber wieso…?“

Doch er kam nicht mehr dazu den Satz zu vollenden. Martha und Henry Graham stürzten aus der Kneipe zu ihrem Wagen.

Henry konnte es nicht glauben. Ausgerechnet hier würde er sie finden?

Er sprang ins Auto, Martha folgte ihm. Er wusste genau, was er zu tun hatte.

„Großer Gott Henry, überstürze bitte nichts! Was ist denn, wenn es überhaupt nicht sie sind!“, rief Martha, als ihr Mann nach dem Handy griff.

„Gott, Martha, hast du denn die Beschreibung von denen nicht gehört?! Wie viele große, muskulöse Kerle mit Narben im Gesicht laufen denn in Amerika rum? Und haben zudem noch eine Freundin, die zufällig aussieht wie unsere Tochter?!“, polterte er.

Gehetzt tippte er die Nummer des FBI ein.

„Henry Graham hier! Code neun!..Ja, alles spricht dafür. Aber Vorsicht! Der Mann ist nach wie vor gefährlich! Bereiten sie ihre Männer vor. Wir werden zuerst einmal die Lage checken!“

Er steckte das Handy weg. Endlich würde er diesen Mistkerl in die Finger bekommen. Und seine Tochter würde er auch zurück bekommen. Nach vier Jahren! Vier Jahren der Qual! Oh, er würde dafür sorgen, dass dieser Mistkerl litt! Das schwor er bei Gott.

Doch nun mussten sie zuerst einmal ein Quartier beziehen. Das FBI würde mindestens noch zwölf Stunden brauchen um hier einzutreffen. Und bis dahin gab es noch eine Menge zu erledigen.

Ende eines Traumes

Jack ließ die Axt niedersausen. Klack! Der Scheit sprang entzwei. Er richtete die eine Hälfte wieder auf und schlug noch einmal zu. Hinter ihm trällerte Bridget irgendein Kinderlied vor sich hin und spielte mit einer ihrer Puppen.

Er richtete sich auf, sah sich zu seiner Tochter um. Dabei wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Die Kleine blickte zu ihm auf.

„Daddy müde?“, fragte sie ihn und sah ihn mit ihren strahlenden eisblauen Augen an.

Jack lächelte.

„Ein bißchen!“, antwortete er.

Die Kleine stand auf und lief auf ihn zu.

„Helfe dir, Daddy!“

Jack lachte, streckte die Arme aus und hob seine Tochter hoch.

„Dabei kannst du mir nicht helfen, Prinzessin! Aber du kannst mir ein Bier holen!“

„Okay!“

Jack ließ sie wieder runter und die Kleine lief ins Haus. Jack sah ihr hinterher und lächelte glücklich. Das ihm das Leben doch noch etwas so schönes beschert hatte. Und nun bald noch einen kräftigen Sohn!

Er wollte sich gerade wieder dem Holz zuwenden, als er plötzlich an der Hausecke eine Bewegung wahr nahm. Sofort schreckte er hoch und blickte konzentriert zu der Stelle hinüber.

Nichts zu sehen!

Aber da war etwas gewesen, das wusste er. Plötzlich nahm er rechts von sich zwischen den Bäumen eine huschende Bewegung war. Er wirbelte herum. Doch sie war ebenfalls bereits verschwunden. Misstrauisch begann Jack sich umzusehen. Etwas stimmte nicht! Das spürte er mehr als deutlich.

Da! Wieder ein Huschen zwischen den Bäumen. Jack konzentrierte sich noch mehr auf die Bäume. Und hätte fast zu spät den Schatten bemerkt, der sich von der Hausecke aus auf ihn zubewegte und ihm seinen Gewehrkolben in den Nacken schmettern wollte.

Aber auch nur fast!

Jack wirbelte im allerletzten Moment herum, der Gewehrkolben sauste knapp an seinem Gesicht vorbei. In der gleichen Bewegung schmetterte Jack dem Mann die Faust an die Schläfe, der darauf sofort bewusstlos zu Boden ging.

Und plötzlich stürmten aus dem Wald und hinter dem Haus mehrere Männer hervor.

„Keine Bewegung! FBI!“, brüllte einer von ihnen.

Jack erstarrte und blickte die dutzend Männer an, die sich um ihn herum aufbauten konzentriert an. Was nun?

„Jack Krauser! Sie sind umzingelt! Rühren sie sich nicht von der Stelle! Die Hände über den Kopf!“, bellte einer der Männer.

Jack hob langsam die Arme und legte die Hände auf seinen Kopf. Es war zwecklos. Gegen so viele Männer konnte er nichts ausrichten.

Plötzlich hörte er Bridget voller Angst schreien. Er wirbelte herum in Richtung Hauseingang. Sein kleiner Engel stand in der Tür, hielt immer noch eine Bierdose in den kleinen Händen und blickte völlig verstört und verängstigt zu der Szene rüber.

Einer der Männer wirbelte herum.

„Kleinkind in Gefahrenzone! Ich sichere es!“, bellte er in ein Mikrophon, sprang auf Bridget zu und packte sie.

„Daddyyyyyy!!!“, schrie die Kleine schrill und begann heftig zu weinen.

Das war zu viel für Jack.

„Finger weg von meinem Kind!“, brüllte Jack und stürmte los.

Und beging einen großen Fehler. Völlig blind für alles andere wollte er sich auf den Mann stürzen, der seiner Tochter solche Angst machte. Und bekam im nächsten Moment mit solcher Wucht einen Gewehrkolben ins Gesicht geschmettert, dass sein Kopf in den Nacken flog und er auf der Stelle das Bewusstsein verlor. Er bekam nicht mehr mit, wie er schwer auf den Boden aufschlug. Und er hörte auch das letzte grelle „Daddy!“ seiner Tochter nicht mehr.
 

Henry und Martha hatten die Szene aus sicherer Entfernung mit dem Fernglas beobachtet. Während Henry mit unendlicher Genugtuung sah, wie Jack von einem der FBI- Agenten niedergeschlagen wurde, wollte Martha am liebsten zu dem kleinen Mädchen laufen, das fürchterlich weinend und strampelnd die Arme in die Richtung ihres bewusstlos am Boden liegenden Vaters ausstreckte, während der Agent sie festhielt.

Ihre Enkelin!

Die FBI-Männer machten sich daran Jack zu fesseln. Als plötzlich ein Geländewagen den Weg hoch gesaust kam und mit quietschenden Reifen zum stehen kam. Eine hochschwangere blonde Frau sprang aus dem Wagen und Martha konnte selbst über die Entfernung hinweg die entsetzte Stimme ihrer Tochter hören.

„Großer Gott! Was ist hier los?“, schrie sie und lief zu den Männern rüber, wo sie wie angewurzelt stehen blieb und auf den am Boden liegenden Jack hinab starrte.

„Jack!!! Nein!!!“, schrie sie und im gleichen Moment konnte man die Kleine laut „Mommy!“ schreien hören.

Nun konnte Martha es nicht mehr aushalten. Sie rannte aus der Deckung des Waldes zu ihrer Tochter.

Zwei FBI-Männer hatten sie an den Armen gepackt und hielten sie fest, während sie weiter versuchte zu Jack zu laufen. Dieser war auf den Bauch gewälzt worden und zwei Männer fesselten ihn mit Kabelbindern.

„Nein!! Nein, was tut ihr!! Lasst ihn in Ruhe!!“, schrie Ashley. Tränen der Angst und Verzweiflung liefen über ihre Wangen.

„Ashley!!! Kind, oh Gott, geht es dir gut?!“

Ungläubig wandte sich Ashley ihrer Mutter zu.

„Was...?“, stotterte sie und starrte ihre Mutter an.

„Oh, Liebling!“, weinte ihre Mutter und fiel ihrer Tochter um den Hals, wobei sie versuchte auf ihren prallen Bauch aufzupassen.

„Endlich haben wir dich gefunden!“

Doch Ashley wandte sich aus ihrem Griff und wollte wieder zu Jack laufen. Drei Männer schleppten den Bewusstlosen zu einem großen Van.

„Mommy! Mommy!“, schrie Bridget wieder.

„Bi! Lassen sie mein Kind los!“, schrie Ashley den Agenten an, der immer noch ihre Tochter an den Schulter festhielt.

Dieser gehorchte und ließ die Kleine laufen. Weinend sprang Bridget ihrer Mutter in die Arme.

„Böse Männer! Haben Daddy weh getan!“, schluchzte Bridget herzzerreißend an Ashleys Schulter.

Sie weinte ebenfalls und sah zu dem Van rüber. Die drei Männer, die Jack rein getragen hatten, kamen nun wieder heraus und schlossen die Türen.

„Zielperson gesichert!“, hörte sie einen sagen.

„Ashley!“, konnte sie nun die Stimme ihres Vaters hören.

Ashley wirbelte herum und blickte ihm entgegen.

Er kam den Rasen hoch, sah sie mit weit geöffneten Augen an.

„Wir haben dich endlich gefunden!“, rief er und wollte sie umarmen.

Doch Ashley prallte von ihm zurück.

„Ihr Monster! Was habt ihr Jack angetan? Was habt ihr vor?“, schrie sie ihn an.

Henry starrte sie an. Plötzlich war er hilflos. Da hatte er vier Jahre verzweifelt nach seiner Tochter gesucht und nun stand sie vor ihm, das Kind ihres Entführers auf dem Arm und auch noch hochschwanger von diesem Mistkerl. Und beschimpfte ihn und ihre Mutter als Monster. Zorn begann in ihm aufzusteigen und die Freude, seine Tochter wieder zu haben geriet ins Hintertreffen.

„Er wird kriegen, was er verdient! Und du kommst nach Hause, wo du hingehörst!“, sagte er dann barsch, wandte sich ab und ging zu den Agenten.

Ashley sah ihm verzweifelt hinterher. Sie wusste ganz genau, was ihr Vater vorhatte und das machte sie beinahe wahnsinnig vor Angst.

„Ashley, Liebes! Beruhige dich!“, hörte sie wieder ihre Mutter hinter sich.

Dann spürte sie ihre Hände an den Schultern. Sie wandte sich langsam zu ihr um.

„Warum tut ihr das!?“, schrie sie ihre Mutter an.

„Warum macht ihr uns alles kaputt?!“

Martha starrte sie verzweifelt an, wusste nicht, was sie sagen sollte.

„Liebling, wir haben so lange und so verzweifelt nach dir gesucht! Bitte, wir wollten dich nur zurück!“, stammelte sie.

„Aber ich will nicht zurück! Ich will in Ruhe mit Jack leben! Mit unseren Kindern! Wir waren glücklich! Ich will euch nicht!“, schrie Ashley außer sich.

Martha strich ihr verzweifelt durch das Gesicht, doch Ashley prallte vor ihr zurück.

„Fass mich nicht an! Ich hasse euch!“

„Ash!“, hörte sie dann plötzlich hinter sich eine Stimme.

Sie drehte sich um und sah Mike, ihren ehemaligen Bodyguard, der auf sie zulief.

„Ash! Geht es dir gut?“, fragte er.

„Oh, Mike!“, rief sie und ließ sich in seine Arme sinken. Sie begann hemmungslos gegen seine Brust zu schluchzen. Mike war so ziemlich der einzige, den sie vermißt hatte. Seine Umarmung tat gut.

„Beruhige dich, Ash! Es wird alles gut!“, sagte er und strich ihr durchs Haar.

Dann ließ er sie los.

„Komm erst mal mit ins Auto! Ich möchte nicht, dass sie dich mit Gewalt ins Auto zerren, in deinem Zustand!“

Den Arm schützend um sie gelegt gingen sie zu dem schwarzen Jeep, der mittlerweile auf der Straße stand. Der Transporter, in den man Jack verfrachtet hatte, war schon weg. Im Auto sitzend versuchte Ashley dann Bridget zu beruhigen, die nicht weniger heftig weinte, als ihre Mutter.

„Die Männer haben Daddy weh getan!“, weinte sie und schluchzte gegen Ashleys Brust.

Mike begann ihr sanft über den Kopf zu streichen.

„Deinem Daddy geht es bestimmt bald besser!“, flüsterte er der Kleinen beruhigend zu.

Dann wandte er sich wieder an Ashley, die sich etwas beruhigt hatte.

„Ist das...“, begann er, stockte dann aber, als wäre es ihm unangenehm.

Ashley konnte sich denken, was er fragen wollte und nickte.

„Ja, sie ist das Ergebnis der angeblichen Vergewaltigung!“, sagte sie böse.

Mike betrachtete die Kleine.

„Sie ist echt süß!“, sagte er dann und betrachtete dann Ashleys Leibesmitte.

„Bist du sonst okay?“, fragte er beinahe hilflos.

Ashley nickte weinend.

„Was werden sie mit Jack machen, Mike? Werden sie ihn sofort...?“

Mike senkte den Blick.

„Nein, ich denke nicht.“, sagte er schließlich.

Ashley kuschelte sich an ihn. So, wie auf dem Weg zur Sommerresidenz vor zwei Wochen. Als sie mit Bridget schwanger war und abtreiben sollte. Wie damals legte Mike wieder tröstend die Arme um ihren schmalen Schultern.

„Ich hab dich vermisst, Ash!“, sagte er dann leise. „Und ich bin froh, dass es dir gut geht!“

Ashley sagte nichts mehr. Mike schwieg ebenfalls hilflos. Er wusste einfach nicht, wie er sie trösten sollte.

Noch am selben Tag verließen sie Kanada und es ging nach Washington, ins Weiße Haus.

Jack kam ins Gefängnis und Ashley und Bridget ins Weiße Haus. Doch es war ebenfalls ein besseres Gefängnis. Martha tat zwar alles, um es ihrer hochschwangeren und tieftraurigen Tochter angenehm zu machen und sich mit ihrer Enkelin anzufreunden. Doch das Ergebnis war recht dürftig. Ashley weinte nur, wollte mit ihnen nicht reden und ließ nur Mike an sich ran. Er war viel bei ihr und versuchte ihr Mut zu machen, dass alles gut wurde. Doch Ashley wusste, es würde nicht gut werden. Es war vorbei. Ein wunderbarer Traum war vorbei.

Erklärungen

Henry Graham tigerte in dem Vernehmungsraum auf und ab. Er konnte es kaum erwarten diesem Mistkerl endlich auf den Zahn zu fühlen. Er hatte so einige Fragen die er ihm stellen würde. Und er würde dafür sorgen, dass er die Wahrheit sagte!

Endlich öffnete sich die Tür und zwei kräftige Männer zerrten den gefesselten Jack herein. Henry Graham betrachtete ihn, während die Männer ihn an den Stuhl vor dem Tisch fixierten und dann zurücktraten. Der Anblick war schon eine kleine Genugtuung. Jacks gesamte rechte Gesichtshälfte war blau angelaufen und geschwollen. Zudem sah man ihm an, dass er Schmerzen hatte. Und er war gebrochen! Das war eindeutig. Er saß zusammengesunken auf dem Stuhl, mit gesenktem Haupt. Der ganze riesige Mann wirkte wie ein winziges Häufchen Elend.

Jetzt bist du da, wo ich dich haben wollte, du verdammtes Dreckschwein!

„Nun Jack, ich hoffe sie genießen den Aufenthalt in unserem Hause!“, sagte Henry triumphierend und betrachtete ihn.

Doch Jack rührte sich nicht.

Henry stützte sich auf die Tischplatte auf und sah zu Jack runter.

„Nun habe ich dich endlich da, wo ich dich haben wollte, du Schwein! Und ich schwöre dir, dass du den Tag deiner Hinrichtung herbeisehnen wirst!“, zischte er böse.

Jack hob nun langsam den Kopf und sah ihn mit dem einen offenen Auge an, sagte jedoch keinen Ton.

„Oh ja, ich habe noch ein paar Kleinigkeiten für dich auf Lager, bevor du die Spritze kriegst!“, lächelte Henry böse.

Jack sah ihn weiter ausdruckslos an, sagte jedoch keinen Ton.

„Aber bevor du unseren Service weiter genießt, habe ich ein paar unbeantwortete Fragen an dich! Und ich will die Wahrheit!“, knurrte er und gab einem der Männer hinter Jack ein Zeichen. Dieser nickte, trat neben Jack und zog dabei eine Spritze aus seiner Tasche, die er Jack kurzerhand in den Hals rammte.

Jack gab einen leisen Schmerzenslaut von sich und presste die Zähne zusammen. Dann zog der Mann die Spritze wieder heraus und ließ sie in seiner Tasche verschwinden.

„Was...was zum Teufel hat der mir da gerade gespritzt!?“, keuchte Jack.

„Ein sehr starkes Wahrheitsserum. Denn wie ich schon sagte, will ich die Wahrheit hören!“, antwortete Henry und setzte sich langsam an den Tisch.

„Denn die bist du mir schuldig! Für das, was du mir angetan hast. Für das, was du meiner Tochter angetan hast! Du hast ihr Leben zerstört! Sie sollte studieren, einen guten Job bekommen, ja wahrscheinlich sogar in der Politik. Sie hatte soviel vor sich. Und all das hast du ihr kaputt gemacht!“, knurrte er schwer beherrscht. Er ließ einige Sekunden verstreichen und beugte sich dann vor.

„Und jetzt wird es Zeit, dass du mir ein paar Fragen beantworten!“, sagte er.

Jack hob langsam den Kopf und sah ihn fest an.

„Zuerst habe ich eine Frage an sie, Mr. President. Haben sie eigentlich jemals ihre Tochter gefragt, was sie will?“

Henry schnappte nach Luft.

„Wie kannst du es wagen, du...!,“ keuchte er.

„Antworten sie mir!“ Jack fixierte ihn mit seinem offenen Auge.

„Das Wohl meiner Tochter war mir immer wichtiger als alles andere auf dieser Welt!“

Henry konnte sich nur noch mit Mühe beherrschen diesem unverschämten Scheißkerl nicht an die Gurgel zu springen.

„Das Wohl ihrer Tochter!“, schnaufte Jack.

„So nennen sie das! Ich glaube, sie wollten bloß, dass ihre Tochter den Weg geht, den sie für sie vorbestimmt hatten!“

Henry blieb die Sprache weg. Der Mistkerl wurde immer unverschämter.

„Sie musste auf das College gehen, das sie ausgesucht hatten, nicht Ashley selbst! Sie musste sie geradezu anbetteln den Führerschein machen zu dürfen, durfte so gut wie nie aus dem Haus. Sie haben sie auf Schritt und Tritt überwacht! Ashley hatte nie ein eigenes Leben!“

Jack sah Henry weiter fest an.

„Ich habe sie entführt, ja! Und ich bin auch das eine oder andere Mal nicht gerade zimperlich mit ihr umgesprungen. Aber...“

„Nicht zimperlich mit ihr umgesprungen?!“, brüllte Henry. „Du hast sie vergewaltigt, du Dreckschwein! Du hast sie geschwängert! Und das nicht nur einmal!“

Jack sah Henry ungerührt weiter fest an.

„Nein! Ich habe, in der Beziehung, Ashley zu keiner Zeit zu etwas gezwungen, was sie nicht gewollt hätte!“

Henry starrte ihn fassungslos an. Er wusste, dass er die Wahrheit sagte. Das Serum war unglaublich stark. Aber gerade das war es, was für ihn beinahe unerträglich war.

„Hätte Ashley sich in irgendeiner Form dagegen gewährt, hätte ich mir das nie mit Gewalt genommen.“

Henry ließ sich langsam wieder auf dem Stuhl sinken. Jack fixierte ihn nach wie vor.

„Ich glaube, es hat vor Ashley keinen Menschen gegeben, den ich wirklich aus tiefster Seele geliebt habe. Sie können mir glauben ich habe verzweifelt versucht der knallharte Entführer zu bleiben, ihr gegenüber keine Gefühle zu entwickeln. Aber mittlerweile glaube ich einfach, es sollte so sein. Das Leben geht ungeahnte Wege, Mr. President.“

Henry konnte immer noch nichts sagen.

„So sehr ich mich auch dagegen gewehrt habe, ich konnte nicht verhindern, dass ich mich in sie verliebte. Ich würde alles für sie tun. Und was sie mir auch glauben können, ist, dass ich versucht habe jeden Schaden von ihr fern zu halten.

In der Hütte in den Bergen, musste ich, nein, mussten Ashley und ich zwei von meinen Komplizen töten, weil sie sie vergewaltigen wollten. Und dann habe ich es Ashley freigestellt zu gehen. Sie blieb damals schon freiwillig bei mir. Und sie kam auch in der Villa freiwillig mit mir mit.“

Nun verdüsterte sich sein Blick.

„Aber auch deswegen, weil sie unsere Tochter töten wollten! Unser Kind!“, knurrte er gefährlich.

Henry schluckte.

„Ich wollte nur das beste für meine Tochter!“, sagte er schwer beherrscht.

„Nein, Mr. President! Sie wollten nicht das beste für ihre Tochter, sie wollten nur ihren Willen durchsetzen, mehr nicht. Es war ihnen egal, was Ashley empfunden hat. Denn wäre es so gewesen, wäre alles anders gekommen!“

Henry hatte mittlerweile seine Hände in die Hosenbeine gekrampft. Er stand kurz davor diesem Mistkerl mit bloßen Händen den Hals umzudrehen. Er machte ihm Vorwürfe? Ihm? Er versuchte einen klaren Kopf zu behalten.

„Warum hast du Ashley überhaupt entführt und ihr und uns das angetan?“, fragte er dann, möglichst ruhig.

Jack blickte wieder auf.

„Weil ich sie leiden sehen wollte, Mr President! Ich wollte, dass sie das Gefühl haben, dass man ihnen den Boden unter den Füßen wegzieht, dass sie hilflos sind! So wie ich es war, als ich aus der Armee geworfen wurde und sie mich eiskalt abserviert haben, als ich sie um Hilfe gebeten habe.“, sagte er mit fester Stimme.

„Sie können sich nicht vorstellen, wie verzweifelt ich war! Ich wollte mich sogar umbringen, weil ich keine Perspektiven sah. Und dann kam mir die Idee, Ashley zu entführen. Du schlägst sogar drei Fliegen mit einer Klappe dadurch, dachte ich mir. Du kriegst Geld, siehst diesen Mistkerl von ihrem Vater leiden und kannst dafür sorgen, dass er mal was gutes für sein Land tut! Denn auch wenn ich nur ein Soldat war und damit in den Augen vieler Menschen nicht gerade intelligent, so sah ich doch, dass ihre Politik dieses Land ruiniert. Eben weil sie immer nur ihren Willen durchsetzen wollen!“

Er sah Henry fest an. Dieser sagte gar nichts.

„Ich weiß, das war nicht der richtige Weg! Ich wollte nur sie treffen. Ich habe Ashley zu keiner Zeit etwas antun wollen. Es tut mir leid, dass ich Ashley damals auch Schaden zugeführt habe. Aber ich bin auch froh, dass ich es getan habe. Denn die letzten vier Jahre waren die glücklichsten meines Lebens.“

„Dann hoffe ich für dich, dass sie es wert waren. Denn es waren deine letzten Lebensjahre!“, flüsterte Henry dann nur noch düster.

Doch Jack lächelte nur und sah ihn ansonsten ungerührt an.

„Sie waren hundert Tode wert!“, sagte er nur.

Dann nickte Henry den beiden Männern wieder zu und sie schleiften Jack geradezu aus dem Raum. Henry selbst blieb noch eine ganze Zeit sitzen. Ob er es wollte, oder nicht, Jacks Worte gingen ihm nicht aus dem Kopf. Mit so vielen Dingen hätte er nicht gerechnet. Doch er durfte jetzt auch nicht weich werden.

Schließlich stand er auf und ging zur Tür. Draußen, hinter dem Spiegel stand seine Frau. Als er raus kam, sah ihn einige Sekunden fest an. Sie sagte jedoch nichts, sondern verließ schließlich nur den Raum.

Letzte Gnade

Jack saß zusammengesunken in der Ecke der Zelle. Es war bestimmt sechs Stunden her, dass ihn die Wärter ihn wieder zurück gebracht hatten. Irgendwie war die Situation beinahe witzig gewesen. Henry hätte dieses Serum überhaupt nicht gebraucht. Jack hätte ihm auch so alles gesagt. Aber nun hatte er zumindest Gewissheit, dass Jack ihn nicht angelogen hatte. Sein fassungslose Gesicht war in gewisser Weise auch eine Befriedigung für Jack gewesen.

Aber es machte seinen Schmerz nicht wett, den er empfand. Er wusste, er würde sterben. Und er wusste, er würde Ashley nicht wiedersehen.

Ob Henry die Wahrheit nun kannte, oder nicht, er würde ihm keine Gnade gewähren. Nur mit Mühe konnte er die Tränen unterdrücken.

Das Klacken des Türschlosses riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. Er sah auf und glaubte zuerst nicht richtig zu sehen. Martha Graham, die First Lady stand vor ihm und sah auf ihn hinab.

„Jack.“, sagte sie knapp.

„Miss Graham!“, antwortete Jack.

Einige Sekunden herrschte Schweigen, als wenn Martha nicht genau wüsste, was sie sagen sollte.

„Ich komme wegen Ashley. Die Wehen haben eingesetzt.“

Jack musste sich beherrschen um nicht auf die Beine zu springen.

„Sie verlangt nach ihnen. Und das sehr eindringlich.“

Jack stand betont langsam auf und starrte sie wortlos an.

„Sehen sie, Jack, ich habe das Verhör vorhin mit angehört. Und ich glaube ihnen. Allein deswegen schon, weil Ashley unermesslich leidet, seit dem sie von ihnen getrennt ist.“

Jack sah ihr an, dass sie mit den Tränen kämpfte. Dann ging sie plötzlich auf ihn zu und nahm seine Hände.

„Ich kann meine Tochter nicht leiden sehen, Jack! Aber ich werde auch sie nicht vor der Giftspritze bewahren können. Ich kann nur dafür sorgen, dass sie dieses eine große Erlebnis noch gemeinsam erleben.“

„Sie glauben nicht, wie dankbar ich ihnen dafür bin!“, hauchte Jack. Er hätte die zierliche Frau am liebsten fest in die Arme geschlossen.

Martha nickte, wandte sich um und verließ die Zelle. Jack folgte ihr sofort.

Bevor sie an den Ausgang erreichten, drehte Martha sich noch einmal um und sah Jack sehr eindringlich an.

„Ich werde mit dem was ich hier tue, mir schrecklichen Ärger mit meinem Mann einhandeln. Also muss ich ein gewisses Entgegenkommen von ihnen erwarten können, Jack! Versprechen sie mir, keine Dummheiten zu machen, nicht wegzulaufen, oder eine der Wachen anzugreifen.“

„Das verspreche ich!“, sagte Jack aufrecht und sah sie fest an.

Sie nickte.

„Gut!“, sagte sie knapp, wandte sich wieder um und sie verließen das Gebäude. Sie stiegen in eine große schwarze Limousine und fuhren zum Weißen Haus.

Die Wachen schienen instruiert, jedenfalls reagierte keiner von ihnen überrascht, als Jack aus dem Wagen stieg und der First Lady folgte. Sie beobachteten ihn nur sehr aufmerksam und hielten sicherheitshalber die Waffen auf ihn gerichtet.

Doch Jack würde den Teufel tun und ihnen einen Grund zum Schißen geben. Er wollte nur zu Ashley.

Nachdem sie durch unendliche Gänge gelaufen waren, kamen sie an eine bewachte Tür. Jack konnte Ashley unter Schmerzen schreien hören.

„Jack! Jack! Wo ist Jack!“, konnte er sie hören.

Das war einfach zu viel für ihn. Er ging an Martha vorbei, stieß die Tür auf und sah seine Geliebte auf einem Bett liegen. Ihr Babybauch lag frei und es klebten Pads darauf, die wohl die Wehen aufzeichneten. Jack konnte Herztöne hören, die von einem der Geräte ausgingen. Die Herztöne seines Sohnes. Ashley hatte ihre Finger in die Bettdecke gegraben und Schweiß und Tränen bedeckte ihr blasses Gesicht. Sie hatte die Augen geschlossen und biss die Zähne zusammen.

„Ashley!“, rief er und lief an ihre Seite.

Sofort schlug sie die Augen auf und sah ihn ungläubig an. Dann begann sie zu schluchzen.

„Jack!“, weinte sie.

Er beugte sich zu ihr runter, legte vorsichtig seine Arme um sie und sie klammerte sich an ihn, wie eine Ertrinkende.

„Oh Jack! Ich dachte, ich sehe dich nie wieder!“

Sie schluchzte hemmungslos und drückte ihr Gesicht in seine Halskuhle.

„Schh!“, machte Jack und streichelte ihren Kopf. Dann küsste er sie zärtlich.

„Das hast du deiner Mutter zu verdanken. Sie hat mich hergeholt.“

Mit geröteten Augen blickte Ashley ihn an. Zum ersten Mal, seit sie hier waren, empfand sie Dankbarkeit und konnte ihre Mutter nicht nur mit Hass betrachten. Dann sah sie wieder Jack an.

„Vater wird dich hinrichten lassen, nicht wahr?“, fragte sie.

Jack schluckte und schwieg erst. Doch was brachte es. Er wusste, dass sie es auch wusste und dass sie insgeheim nur hoffte, dass er doch noch etwas anderes sagte. Aber das konnte er nicht, denn es war so.

„Ja!“, sagte er knapp.

„Oh Jack! Nein!“, begann sie bitterlich zu weinen und klammerte sich noch fester an ihn.

„Das kann er einfach nicht tun!“, schluchzte sie erstickt. „Das darf er nicht!“

Jack wiegte sie in seinen Armen, versuchte sie zu beruhigen. Er wusste nicht, was er sagen sollte um sie zu trösten.

Plötzlich bäumte sie sich in seinen Armen auf und schrie, als eine Presswehe ihren Körper schüttelte.

Die Hebammen eilten zum Bett, eine schlug die Decke hoch und legte ihren Unterleib frei.

„Okay, Miss Graham. Bei der nächsten Wehe müssen sie mitmachen!“

Ashley sank keuchend und schluchzend zurück.

Jack küsste ihre verschwitzte Stirn.

„Du schaffst das, Liebling!“, sagte er und hielt ihre Hand.

Erneut kam eine Presswehe und Ashley schrie gepeinigt auf. Plötzlich eilte auch Martha an das Bett und nahm die andere Hand ihrer Tochter.

Ashley presste die Zähne aufeinander und half ihrem Sohn auf die Welt.

Nach drei weiteren Presswehen hörte Jack seinen Sohn schreien. Die Hebamme hob den mit Käseschmiere verschmierten Säugling hoch und legte ihn Ashley auf die Brust. Der Kleine brüllte kräftig seinen Eltern ins Gesicht.

Jack konnte nun die Tränen nicht zurück halten.

Er legte den Kopf auf Ashleys Schulter und streichelte seinen Sohn sanft mit den Fingerspitzen. Auch Martha war zutiefst ergriffen.

„Glückwunsch, mein Kind!“, sagte sie schniefend. „Und auch ihnen, Jack!“

Jack blickte auf und sah Martha an.

„Ich bin ihnen so dankbar, Martha! Das ich das noch erleben durfte!“

Einige Minuten blieb Jack einfach neben dem Bett sitzen. Er und Ashley genossen die letzten gemeinsame Zeit, die ihnen noch blieb. Dann betrat ein Wachmann das Zimmer.

„Miss Graham! Der Gefangene muss nun zurück!“, sagte er knapp.

Martha nickte knapp.

„Es tut mir leid, Jack, aber sie können nicht länger bleiben!“, sagte sie.

Jack nickte.

„Nein! Nein, bitte!“, schluchzte Ashley und hielt Jack am Arm fest.

Er beugte sich noch einmal runter, legte vorsichtig die Arme um sie und küsste sie innig.

„Ich liebe dich, Ashley! Ich liebe euch drei! Und ich werde immer bei euch sein!“, flüsterte er und versuchte die Tränen zu unterdrücken.

Dann verließ er gehorsam mit Martha und dem Wachmann das Zimmer, seine große Liebe und seinen Sohn für immer hinter sich zurücklassend.

Als sie auf den Flur traten, blieb Martha noch einmal stehen und sah ihn an. Sie weinte.

„Ich wünschte so sehr, ich könnte mehr für sie tun, Jack!“, sagte sie aufrichtig.

Jack schüttelte den Kopf.

„Sie haben sehr viel für mich getan, Miss Graham. Mehr, als ich noch zu hoffen wagen konnte. Und sie ahnen nicht, wie dankbar ich dafür bin!“, sagte er.

„Was geht hier vor!?“, erklang plötzlich eine scharfe Stimme hinter ihnen.

Henry Graham marschierte im Stechschritt und mit vor Zorn gerötetem Gesicht auf sie zu.

„Martha! Was fällt dir ein? Was holst du dieses Monster hierhin?!“, polterte er.

„Henry, es reicht! Ich habe Jack eine letzte Gnade gewehrt, unserer Tochter zuliebe! Du bist übrigens gerade zum zweiten Mal Großvater geworden, falls dich das interessiert!“, fauchte Martha böse.

Henry fassungslos seine Frau und Jack abwechselnd an.

„Du hast, was?“, fragte er.

„Du hast ganz recht gehört! Wenigstens das wollte ich für ihn tun! Für unsere Tochter!“, fauchte Martha und ging, wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben drohend auf ihren Mann zu, die Hände angriffslustig in die Hüften gestemmt.

„Es ist eine Sache, wenn du ihn strafen willst! Aber ich lasse nicht zu, dass du unsere Tochter folterst!“, knurrte sie.

Ihr Mann stand völlig überwältigt vor seiner Frau. Jack sah ihm an, dass ihm dieses Verhalten von seiner Frau neu war.

„Du setzt dich über meine Anweisungen hinweg?“, keuchte er.

„Leider viel zu spät!“, giftete Martha nur unbeeindruckt.

Plötzlich hörte Jack die süßeste Stimme, die er kannte.

„Daddy! Daddy!“

Bridget rannte an Henry vorbei auf ihn zu. Sie trug einen Schlafanzug und ihren Stoffhasen unter dem Arm. Sie sprang Jack in die Arme und klammerte sich an ihn.

„So lange weg!“, beschwerte sich die Kleine.

„Ja, Prinzessin. Tut mir leid!“, sagte er leise und wiegte sie in den Armen.

„Bridget! Komm her!“, befahl Henry ihr plötzlich barsch.

Doch die Kleine sah ihn nur vernichtend an und schlang die Arme noch fester um Jacks Hals, beinahe beschützend.

„Nein! Du bist böse! Du hast Daddy wehgetan!“, rief sie.

Henry starrte sie fassungslos an. Auch Jack war mehr als erstaunt über seine Tochter.

Diese wandte sich jetzt ihm wieder zu.

„Bleibst du bei mir, Daddy?“, fragte sie leise und sah ihn beinahe flehend an. Jack versuchte den bitteren Kloß in seinem Hals runter zu schlucken.

„Ich muss gleich wieder weg, Engel!“, sagte er und sein Herz wollte dabei zerreißen.

„Daddy kann dich aber ins Bett bringen!“, sagte Martha plötzlich.

Jack blickte sie fragend an. Martha nickte aber nur und gab dem Wachmann einen Wink.

„Martha!“, keuchte ihr Mann fassungslos.

„Sei still, Henry!“, zischte diese nur böse und ging voraus. Jack folgte ihr. Bridget hatte sich glücklich an ihn gekuschelt und Jack genoss es. Es war schließlich das letzte Mal.

In Bridgets Kinderzimmer angekommen, legte Jack sie ins Bett und ließ sich neben ihr nieder. Bridget war müde, hatte ganz kleine Augen, aber sie fixierte ihn weiter.

„Gehst du wieder weg, Daddy?“, fragte sie ihn.

Jack schluckte.

„Ja, Prinzessin. Ich muss.“

„Wann kommst du wieder?“, fragte sie ihn.

Jack konnte nur mit Mühe die Tränen unterdrücken. Er wollte seine Tochter nicht beunruhigen. Außerdem wusste er, dass nicht nur Martha diese Szene gerade betrachtete, sondern auch Henry. Er wollte sich vor ihm keine Blöße geben.

„Ich bin leider etwas länger weg.“, sagte er dann und streichelte Bridgets Wange.

„Du musst was wichtiges für mich tun, Bi!“, sagte er dann. „Pass gut auf Mommy auf. Und auf deinen Bruder, während ich weg bin. Machst du das?“

„Ja, Daddy!“, sagte Bi, schon halb im Schlaf und Jack genoss ein letztes Mal, wie sie langsam unter seinen Liebkosungen in den Schlaf glitt.

Dann gab er ihr einen letzten Kuss auf die Stirn und stand vorsichtig auf. Wortlos ging er an den Großeltern seiner Tochter vorbei zu dem Wachmann, der ihn dann nach draußen brachte. Nur ein letztes Mal blickte er sich zu Martha um und nickte ihr dankend zu. Martha sah ihn mitleidsvoll an und erwiderte sein Nicken.

Dann wurde er wieder ins Gefängnis gebracht. Nun konnte er nur noch auf den Henker warten.
 

Nachdem Jack wieder im Gefängnis war, gingen Martha und Henry in ihr Wohnzimmer. Kaum dort angekommen, warf Henry wütend die Tür zu.

„Was erlaubst du dir eigentlich?!“, brüllte er dann seine Frau an.

„Was ich mir erlaube?! Ich werde dir sagen, was ich mir erlaube!! Ich habe dafür gesorgt, dass unsere Tochter ihre große Liebe und den Vater ihrer Kinder noch einmal sieht! Und habe ihm eine letzte Gnade gewehrt!“

„Du hast dich über meine Anweisungen hinweg gesetzt!“, donnerte Henry.

Er konnte es einfach nicht glauben! Seine Frau fiel ihm auf einmal in den Rücken!

„Und was willst du jetzt tun? Willst du mich dafür einsperren lassen? Willst du auch mir die Spritze verpassen?“, schrie sie ihn an und ging drohend auf ihn zu.

„Weißt du, Jack hat recht! Es geht immer nur um dich! Es geht dir nicht um Ashley, denn wenn es so wäre, dann würdest du ihn laufen lassen!“

Henry blieb die Sprache weg.

„Du hast diese Szene, als dein Enkel geboren wurde, nicht gesehen! Ashley leidet Höllenqualen, weil sie Jack verlieren wird! Und er genauso!“

Sie ging noch weiter auf ihn zu. Dann sagte sie ganz ruhig und sachlich:

„Du kümmerst dich einen Dreck darum, ob andere Menschen leiden, wenn du nur Genugtuung bekommst! Am Anfang habe ich deine Handlungsweise noch verstehen können. Ich habe diesen Mann auch gehasst! Aber dieser Hass ließ bereits nach, als Ashley mit Bridget schwanger war. Sie hat darum gekämpft, sie zu behalten. Denkst du, das hätte sie getan, wenn Jack sie vergewaltigt hätte und wenn sie nicht wirklich Gefühle für ihn gehabt hätte? Ich bereue es zutiefst, nicht damals schon eingegriffen zu haben. Denn dann hätte so viel anders kommen können! Und dann Damians Geburt, vor nicht mal einer Stunde. Willst du wissen, was ich da gesehen habe? Zwei Menschen, die sich aus tiefster Seele lieben und die unendlich darunter leiden, dass sie sich nie wiedersehen werden. Und ich habe vorhin ein Kind gesehen, das schrecklich an ihrem Vater hängt und das überhaupt nicht versteht, warum er bald weg sein wird.“

Henry blickte sie sprachlos an. Er wusste nicht, was er jetzt noch erwidern sollte.

Martha sagte aber auch nichts mehr, sondern drehte sich einfach nur noch um und ging zur Tür. Doch bevor sie sie öffnete, drehte sie sich noch einmal zu ihrem Mann um. Tränen strömten über ihre Wangen.

„Ich habe nur noch eine Bitte an dich. Wenn Bridget und Damian alt genug sind, um zu fragen, warum ihr Vater tot ist, dann möchte ich, dass du ihnen ehrlich sagst, warum du ihren Vater getötet und sie zu Halbwaisen gemacht hast!“, sagte sie ruhig. Dann verließ sie das Zimmer und ließ einen sprachlosen und deprimierten Mann zurück.

Letzter Gang

Jack sah auf, als er das Klicken des Schlosses hörte. Zwei Strafvollzugsbeamte standen vor ihm und klimperten mit Fuss- und Handfesseln.

„Es ist soweit, Krauser!“, sagte der eine.

Jack schloss die Augen. Das war es also. Doch er beschloss seinen letzten Gang würdevoll zu gehen. Er richtete sich auf und ließ sich die Hand- und Fussschellen anlegen. Dann wurde er von den beiden Männern durch den Gang geführt.

Jack konnte das Tosen der Menge von Reportern und Schaulustigen draußen hören. Er würde nun dem Haftrichter ein letztes Mal vorgeführt werden. Dieser würde das Todesurteil verlesen und dann würde er sich auf der Pritsche wiederfinden und man würde ihm Gift durch die Adern jagen.

Die Fesseln klirrten unter seinen schweren Schritten. Und schwer war auch sein Herz. Er musste an Ashley denken. Seine geliebte Ashley. Und an Bridget und Damian. Beide würde er nicht aufwachsen sehen. Zumindest hatte man ihm die Gnade gewährt, Damians Geburt mitzuerleben und noch einmal seine kleine Prinzessin ins Bett bringen zu dürfen. Das war mehr gewesen, als er hätte hoffen können.

Sie hatten die Tür erreicht. Die Wärter öffneten sie und sofort wurden sie von dem heftigen Blitzlichtgewitter tausender Kameras empfangen. Die Reporter schrien wild durcheinander, alle wollten ein Kommentar von ihm.

Ob er Angst habe?

Nein! Er hatte keine Angst vor dem Tod. Dafür hatte er ihm einfach schon zu oft ins Auge geblickt. Aber der Gedanke an seine Familie brachte ihn beinahe um.

„Jack!!!! Nein!!!!“, hörte er plötzlich Ashleys Stimme, welche sich im nächsten Moment zwischen den Reportern und den Sicherheitsleuten durch quetschte und auf ihn zu rannte. Sie warf sich ihm an den Hals und Jack drückte sein Gesicht in ihre Halskuhle. Er spürte, dass sie bitterlich weinte, ihr ganzer Körper bebte und er spürte ihre Tränen an seiner Haut. Er hätte sie zu gern noch einmal umarmt, doch die Fesseln hinderten ihn daran.

„Nein!! Nein!! Nein!!“, schluchzte sie immer wieder und klammerte sich immer fester a ihn.

Bis sie beinahe gewaltsam von zwei Sicherheitsleuten weggezogen wurde.

Er streckte die Hand aus und strich ihr ein letztes Mal über das verweinte Gesicht.

„Kümmere dich um unsere Kinder!“, rief er über das Getöse der Meute hinweg.

„Ich liebe dich, Jack!“, weinte Ashley.

„Ich liebe dich, Ashley!“, rief er.

Dann wurde sie in die Meute zurück gedrängt und Jack wurde von den Männern weiter gezogen. Die Reporter überschlugen sich nach dieser Szene umso mehr ein Kommentar von ihm zu bekommen. Doch Jack beachtete sie nicht.

Vor dem Pult des Haftrichters angekommen, blieb er stehen und sah zu dem Mann hoch.

„Jack Krauser! Sie wurden wegen mehrfachen Mordes, Entführung und Vergewaltigung zum Tode durch die Giftspritze verurteilt!“, sagte dieser dann gefühlslos.

Jack schloss die Augen und ließ den Kopf sinken. Das war es nun. Hier endete es. Aber so schlecht sein eigentliches Leben doch immer gewesen war, so schön waren die letzten paar Jahre gewesen. Sie waren es wert gewesen. Jede Sekunde mit Ashley war es wert gewesen. Seine beiden Kinder waren es wert gewesen. Für sie würde er zehn Hinrichtungen auf sich nehmen.

„Jedoch ging mir, unmittelbar, bevor sie diesen Raum betraten ein Schriftstück des Präsidenten zu...“

Jack öffnete die Augen.

„...das ihre sofortige Begnadigung anordnet. Sie sind also hiermit ein freier Mann!“, sagte der Haftrichter weiter.

Jack starrte ungläubig zu ihm hoch. Die letzten Worte hallten in seinem Kopf immer wieder nach. Begnadigt? Er war frei? Konnte gehen?

„Nehmen sie ihm die Fesseln ab!“, drang es wie durch Nebel zu ihm durch.

Die Vollzugsbeamten lösten die Schellen von seinen Händen und Füßen und traten zurück.

Jack sah auf seine Hände und Füße und dann noch einmal ungläubig zu dem Haftrichter auf, der sich in diesem Moment leicht vorbeugte und ganz leicht lächelte.

„Und jetzt gehen sie zu ihrer Familie, mein Sohn!“

Jack begann zu strahlen, wirbelte herum und ging zur Tür. Er stieß sie mit einem mächtigen Stoß auf und erwischte dabei wohl einige der Reporter, doch das war ihm gleich. Und auch, dass sie, wohl völlig überrascht über seine Freiheit ihn nur noch heftiger bedrängten. Er hatte nur noch eine Sache im Kopf.

„Ashley!“, ließ er seine Stimme über die Köpfe hinweg erschallen. Die Reporter direkt vor ihm zuckten zusammen unter seiner kräftigen Stimme.

„Jack!“, erklang es und Ashley stürmte auf ihn zu und sprang in seine Arme. Sie klammerte sich an ihn, wollte ihn nie mehr loslassen. Unter Freudentränen küssten sie sich innig.

Einige Reporter begannen zu applaudieren und die Menge an Schaulustigen jubelte im Hintergrund.

Erst nach vielen Minuten ließ Jack Ashley wieder sinken und Arm in Arm liefen sie durch die Menge, die mittlerweile nun von Ashleys Bodyguards, die ihr durch die Menge gefolgt waren, geteilt wurde.

„Daddy!“, war dann eine helle Stimme zu vernehmen und Bridget bahnte ihren Weg durch die letzten Menschen auf ihre Eltern zu. Mit einem gewaltigen Satz sprang sie ihrem Vater in die Arme und klammerte sich fest an ihn. Jack musste sich richtig beherrschen, um seine Tochter nicht zu erdrücken. Seine Tochter, die er beinahe nie wieder gesehen hätte. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so viel Glück gefühlt zu haben.

„Gehst du nicht mehr weg, Daddy?“, fragte Bridget an seinem Hals.

„Nein, ich gehe nicht mehr weg, Engel!“, antwortete er.

Erst langsam kam die Welt um ihn herum wieder zurück.

„Mr. Krauser, was werden sie jetzt tun?“, fragte ein Reporter.

Jack blickte ihn einige Sekunden an. Er sagte nichts, hatte auch nicht vor ihm zu antworten, aber er wusste, was er wollte.

„Will nach Hause, Daddy!“, sagte seine Tochter gegen seinen Hals.

„Ja, das will ich auch, Prinzessin!“, sagte er und streichelte ihren Kopf.

Ashley schmiegte sich an ihn und sie bahnten sich einen Weg durch die Menge der Reporter, bis sie zu dem abgesperrten Bereich kamen, wo das Präsidentenpaar mit ihren Bodyguards sich aufhielt. Martha hielt den kleinen Damian in ihren Armen, der völlig unbeeindruckt von dem höllischen Trubel schlief.

Jack sah die beiden fest an, senkte nicht einmal den Blick, bis sie vor ihnen standen. Dann setzte er Bridget ab und nahm Martha Damian ab, die ihm den Kleinen bereits entgegen hielt. Jack wiegte den Säugling sanft in seinen Armen. Er hielt zum ersten Mal seinen Sohn in den Armen. Mit Tränen in den Augen blickte er auf das kleine Gesicht hinab.

Dann sah er langsam wieder auf und Henry und Martha wieder an.

„Jack...ich möchte mich nicht nur bei ihnen, sondern auch bei meiner Tochter entschuldigen. Ich habe so viele schwere Fehler gemacht und habe im letzten Moment den schwersten Fehler noch verhindern können. Ich weiß, dass ich von ihnen nicht erwarten kann, diese Entschuldigung anzunehmen. Aber es war mir sehr wichtig, ihnen das zu sagen.“, sagte Henry kleinlaut.

Jack blickte ihn fest an.

„Sie haben Recht, Henry! Sie können nichts mehr von mir verlangen! Ich kann ihnen nicht versprechen, dass ich ihre Entschuldigung jemals annehme. Ich brauche einfach erst einmal Ruhe!“, sagte er.

Henry nickte und senkte den Blick.

„Wir werden nach Kanada zurück gehen!“, sagte Ashley.

„Und ich muss euch bitten, uns erst einmal in Ruhe zu lassen! Wir müssen über viele Dinge nachdenken.“

Ihre Mutter ging auf sie zu. Tränen standen in ihren Augen. Sie legte Jack die Hand auf den starken Unterarm.

„Ich bete, dass wir irgendwann eine Familie sein können!“, sagte sie und schluckte hart.

Jack sah sie offen an und lächelte leicht.

„Ich bin zuversichtlich, Martha! Ich danke ihnen!“, sagte er.

Martha lächelte zurück. Dann stiegen Ashley und Jack mit ihren Kindern in die zweite Limousine ein und fuhren zuerst in ein Hotel. Beide würden es im Weißen Haus nicht aushalten. Außerdem wollten sie unter sich sein. Und in ein paar Tagen würden sie sich auf machen nach Kanada.

Jack war endlich ein freier Mann. Das Versteckspiel hatte ein Ende. Und auch die damit verbundene Angst. Sie konnten endlich das sein, was sie immer sein wollten. Eine glückliche Familie.

Erinnerungen

Bridget schlich leise die Treppen hoch zum Dachboden. Sie hatte extra ihre weichen Hausschuhe angezogen um keine Geräusche zu machen. Wie eine Katze schlich sie über die alten Holzdielen zum Regal, wo das Objekt ihrer Begierde lag.

Ein alter Ordner mit Zeitungsauschnitten, den ihr Großvater schon immer vor ihr versteckt hatte und den nun auch ihre Eltern vor ihr und ihren Geschwistern versteckte, als wäre ein tödliches Geheimnis darin verborgen. Bridget war es zuwider es heimlich zu tun, aber sie hatte so eine merkwürdige Ahnung, als wenn sich dann alles aufklären würde. Diese seltsamen Andeutungen einiger Leute und auch diverse andere Merkwürdigkeiten aus ihrer Kindheit.

Sie griff nach der kleinen Leiter, die neben dem Regal stand, hob es vorsichtig an, um kein Geräusch zu verursachen und stellte es davor so sanft wie es ging ab. Dann kletterte sie hinauf und nahm den Ordner, der ganz oben auf gelegen hatte. Er war nicht besonders schwer und so konnte sie ihn problemlos in der Hand halten und ihn durchblättern. Wie sie geahnt hatte, war er voll mit Zeitungsartikeln.

„Tochter des Präsidenten entführt!“, titelte einer.

„Keine Spur von Ashley Graham!“, ein anderer.

„Fall Ashley Graham: Ex-Elite Soldat für Entführung verantwortlich?“

Bridget schluckte. War es also wahr?

Sie wandte sich um, um sich auf der Treppe niederzulassen und bequemer lesen zu können. Und sah ihrem Vater ins Gesicht. Erschrocken prallte sie zurück und ließ den Ordner fallen.

„Dad!“, rief sie erschrocken.

Ihr Vater zog die Stirn kraus.

„Du weißt, dass du hier nicht herumschnüffeln sollst, Bridget!“, sagte er leise.

Bridget blickte ihn schuldbewusst an.

„Ich habe so viele Gerüchte gehört! Und dann eure Geheimniskrämerei! Ich wollte endlich die Wahrheit wissen!“, erwiderte sie schließlich.

Der ernste Gesichtsausdruck ihres Vaters verschwand und ein leichtes Lächeln huschte über sein vernarbtes Gesicht.

Bridget musste ihren Vater immer wieder bewundern. Obgleich er auf die fünfzig zuging, war er immer noch unglaublich kräftig. Nicht einmal die ersten grauen Strähnen in seinem strohblonden und streng zurück gekämmten Haar und die anderen Alterserscheinungen ließen seine Erscheinung weniger imposant erscheinen. Am besten kam sie immer noch in seiner Einsatzuniform durch, obgleich ihm seine Generalsuniform auch gut stand. Er war stets ihr Vorbild gewesen. Und genau das war das Problem. Sie wollte, sie konnte es nicht glauben, was über ihn gemunkelt wurde.

„Stimmt es wirklich?“, fragte sie schließlich leise.

„Ich glaube, dass sollten wir an einem anderen Ort besprechen!“, antwortete er.

Sie verließen den Dachboden und gingen runter in die Küche. Ihr Vater öffnete den Kühlschrank.

„Ein Bier, Prinzessin?“, fragte er.

Bridget nickte. Das gefiel ihr so an ihrem Vater. Er ging so locker mit ihr um.

Nachdem sie sich zusammen am Küchentisch niedergelassen hatten, blickte ihr Vater sie lange durchdringend an.

„Also, was hast du für Gerüchte gehört?“, fragte er schließlich.

Bridget atmete heftig ein und aus.

„Dass du Mum damals entführt hast!“

Sie blickte ihren Vater an. Er starrte auf die Flasche und sagte erst gar nichts.

„Ja, das habe ich auch!“, sagte er schließlich.

Bridget schluckte.

„Aber wenn wir schon einmal bei dem Thema sind, dann erzähle ich dir am besten die ganze Geschichte.“

Er lehnte sich zurück.

„Bevor ich deine Mutter kennenlernte...oder sagen wir lieber entführt habe, war ich in der Armee. Beim US S.O.C.O.M. Ich war damals ein Vollblutsoldat, konnte mir überhaupt kein anderes Leben vorstellen.

Dann wurde ich bei einem Einsatz schwer verletzt.“

Er fuhr sich über die Narben in seinem Gesicht.

„Außerdem wurde ich am Arm schwer verletzt. Ich konnte ihn über ein Jahr lang kaum gebrauchen. Die Ärzte hatten mir sogar prognostiziert, dass er nie wieder richtig heilen würde. Daraufhin musste ich die Armee verlassen.“

Er blickte einen Moment lang zu Boden. Bridget sah ihm an, dass ihn die Erinnerungen immer noch schmerzten.

„Es war, als wenn man mir den Boden unter den Füßen wegziehen würde! Die Armee war damals alles für mich. Mein Heim, meine Familie, meine Bestimmung! Doch als wenn das nicht schon schlimm genug gewesen wäre, so bekam ich nicht einmal eine ordentliche Abfindung. Ich sollte lediglich mit einer mickrigen Rente abgespeist werden. Ich hatte zwar einige Ersparnisse, dadurch, dass ich nie große Ausgaben hatte. Aber die hätten nicht ewig gereicht.

In meiner ,Verzweiflung wandte ich mich an den damaligen Präsidenten.“

„Grandpa!“ sagte Bridget.

Ihr Vater nickte.

„Und er hat dir einen Korb gegeben!“, sagte Bridget.

„Und was für einen!“, antwortete ihr Vater und nahm einen großen Schluck aus seiner Bierdose.

„Er meinte nur, dass er sich nicht um die Belange eines kleinen Soldaten kümmern könne und auch nicht wolle!“

Bridget sah ihrem Vater an, wie sehr ihn diese Erinnerungen immer noch quälten.

„Ich war so zornig! Ich hatte über Jahre meinen Arsch für dieses Land riskiert und wurde dann so fallen gelassen. Ich wollte Genugtuung. Und Gerechtigkeit. Also kam ich auf die Idee deine Mutter zu entführen und tat es auch, zusammen mit ein paar Komplizen.

Es klappte zu beginn auch alles reibungslos, aber dann ist etwas passiert, was ich nicht einkalkuliert, ja auch nicht für möglich gehalten hätte.“

Bridget musste lächeln.

„Du hast dich in Mum verliebt.“

Jack lächelte ebenfalls und nickte.

„Und... wie ging es dann zwischen euch beiden weiter? Ich mein, deine Komplizen hatten doch mit Sicherheit was dagegen, oder?“, fragte Bridget.

Ihr Vater stieß ein tiefes Schnaufen aus. Bridget konnte für einen Moment Hass in seinem Blick aufblitzen sehen.

„Ja, das kann man so sagen! Zwei von ihnen haben von Anfang an deine Mutter bedrängt und ich musste immer wieder eingreifen. Als wir beide dann plötzlich ein heimliches Paar waren, war uns auch klar, dass die anderen es nicht wissen durften. Aber natürlich haben sie es sofort gemerkt.“

Er nahm einen weiteren großen Schluck aus seiner Dose und blickte Bridget ernst an.

„Sie haben versucht, deine Mutter zu vergewaltigen.“

Bridget zuckte zusammen und schluckte.

„Hast du sie getötet?“, fragte sie dann leise.

„Nur einen. Den anderen hat tatsächlich deine Mutter getötet!“, sagte er ernst.

Ungläubig starrte sie ihn an. Mum einen Menschen töten? Das konnte sie sich einfach nicht vorstellen. Mum war zwar in ihrem Job knallhart, aber ansonsten die liebevollste und sanfteste Person, die sie kannte.

„Aber sie hat es auch nur getan, weil er sonst mich getötet hätte.“, sagte Jack beruhigend.

„Den dritten haben wir am Leben gelassen. Wir haben ihn betäubt in der Hütte, wo wir uns versteckt hatten zurück gelassen. Soweit ich weiß, sitzt er immer noch im Knast. Er wurde kurz darauf gefasst.“

Er nahm erneut einen Schluck aus seiner Dose.

„Wir sind dann allein weiter geflohen.“

Sein Blick schweifte in die Ferne und Bridget konnte deutlich die Wehmut in seinem Blick erkennen.

„Es war wunderbar! Deine Mutter und ich, ganz allein durch die Wildnis.“

Bridget trank ebenfalls von ihrem Bier.

„Und... bin ich dabei...?“, fragte sie zögerlich.

„...dabei entstanden?“, führte ihr Vater den Satz zu Ende.

„Ja, das bist du! Wahrscheinlich schon beim allerersten Mal.“

Bridget wurde rot. Jack musste lachen.

„Das wussten wir damals natürlich noch nicht. Dass sie mit dir schwanger war, erfuhr ich erst, nachdem sie uns gefunden hatten und wir getrennt wurden. Deine Mutter verhalf mir zur Flucht und sie selbst kam zurück zu ihren Eltern. Ich ließ einige Wochen verstreichen, in denen ich meine eigene Flucht vorbereitete und dann ging ich zu deiner Mutter in die Sommerresidenz. Ich wollte sie ein letztes Mal sehen, bevor ich fliehe. Ich wollte sicher sein, dass es ihr gut geht, sie ein letztes Mal in meiner Nähe haben. Da eröffnete sie mir, dass sie schwanger war.“

Er nahm einen großen Schluck Bier und schwieg dann ein paar Sekunden und starrte dabei seine Bierdose an.

„Und dann seid ihr zusammen geflohen?“, fragte Bridget.

Ihr Vater nickte.

„Ja. Zuerst habe ich mich geweigert deine Mutter mitzunehmen, obwohl mich der Gedanke sie zurückzulassen beinahe umbrachte. Ich wollte deine Mutter nicht wieder in Gefahr bringen. Aber hätte ich sie nicht mitgenommen....“

Er sah sie sehr ernst an.

„...dann wärst du nicht geboren worden.“

Bridget sah ihn fragend an.

„Wie meinst du das?“, fragte sie leise.

Ihr Vater sah wieder einige Sekunden auf die Bierdose hinab.

„Ich möchte nicht, dass du im Nachhinein schlecht über deinen Großvater denkst, aber ich finde, wenn ich dir schon die ganze Geschichte erzählen will, dann darf ich auch hier keine Ausnahme machen.“

Er stütze sich mit den Ellebogen auf den Tisch. Er knarrzte unter seinem Gewicht.

„Dein Großvater wollte deine Mutter zur Abtreibung zwingen!“, sagte er ernst.

Bridget zuckte zusammen. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals. Sie wusste, dass ihr Vater nicht log. Aber sie wollte auch nicht glauben, dass ihr Großvater... Er war immer so liebevoll zu ihr gewesen, so weit sie sich erinnerte. Sie hatte sehr um ihn getrauert, als er vor zwei Jahren plötzlich durch einen Herzinfarkt starb. Er hatte sie töten wollen?

Jack schien zu bemerken, wie sehr diese unschöne Wahrheit seine Tochter traf und erzählte rasch weiter.

„Ich weiß, dein Großvater war ein sehr guter Mann. Er war dir gegenüber und auch deinen Geschwistern gegenüber ein liebevoller Großvater. Aber das wurde er erst später. Nachdem er seinen Frieden mit mir gemacht hatte. Und eingesehen hatte, dass auch er schwere Fehler gemacht hatte.“

Bridget sah langsam zu ihrem Vater auf.

„Und das tat er auch erst, nachdem er uns nach Jahren gefunden hatte. Ich bin mit deiner Mutter nach Kanada geflohen. Dort bist du zur Welt gekommen in einer sehr stürmischen Nacht. Ich hab in einer Holzfabrik gearbeitet und deine Mutter später noch in einer Bibliothek. Vier Jahre lang haben wir friedlich dort gelebt. Dann haben deine Großeltern uns gefunden. Ich wurde ziemlich brutal gefangen genommen und wir wurden nach Washington gebracht. Dort kam Damian zur Welt, im Weißen Haus. Dein Großvater wollte mich hinrichten lassen. Er war blind vor Hass, wollte nach wie vor nicht einsehen, dass auch er zu dem ganzen Desaster beigetragen hatte. Erst deine Großmutter, die es mir auch ermöglichte die Geburt deines Bruders mitzuerleben, redete ihm richtig ins Gewissen.“

Er wollte wieder sein Bier ansetzen, aber er sah seiner Tochter an, wie sehr sie die Wahrheit traf und beeilte sich weiter zu erzählen.

„Außerdem hatte er mich einem ziemlich heftigem Verhör unterzogen und mir ein Wahrheitsserum verpasst. Daher wusste er, dass ich deine Mutter wirklich geliebt habe und sie mich. Außerdem hatte er dann an dem Abend, als Damian geboren wurde, die Gelegenheit zu sehen, wie ich mit dir umging. Das alles waren Dinge, die ihn dann doch zum Umdenken gebracht haben. Er sprach mich frei, ließ meine Akte löschen und deine Mutter und ich konnten endlich friedlich unserer Wege gehen.“

Bridget hatte ihn die ganze Zeit gebannt angestarrt und kein Wort gesagt.

„Und dann seit ihr hierher gezogen?“, fragte sie.

„Nicht sofort. Wir sind zuerst zurück nach Kanada. Du kannst dir denken, dass wir Ruhe brauchten und einige Dinge gerade rücken mussten. Dort blieben wir noch knapp drei Jahre. Deine Mutter und ich haben geheiratet, deine Schwester Eileen wurde dort geboren und ich habe wieder in meinem alten Job gearbeitet.“

Er nahm ein Schluck von seinem Bier, bevor er fort fuhr.

Wir hatten ziemliches Glück, dass die Leute in Kanada uns diese ganze Farce verziehen hatten. Deine Mutter und ich hatten schreckliche Angst, dass wir von ihnen zurück gewiesen werden würden. Aber wir wurden sehr freundlich wieder aufgenommen. Alle zeigten Verständnis für unser Handeln und so konnten wir endlich in Ruhe und ohne Angst leben. Langsam bauten wir dann auch ein Verhältnis zu deinen Großeltern auf und wir konnten deinem Großvater verzeihen. Schließlich kamen wir zurück nach Washington. Dein Großvater ernannte mich noch in seinen letzten Monaten als Präsident zum General, deine Mutter holte ihren Collegeabschluss nach, studierte und ging in die Politik.“

Er grinste.

„Und die macht sie ganz gut!“

Bridget grinste ebenfalls. Ihre Mutter war bei den Demokraten in der Wirtschaftspolitik tätig. Sie versuchte auch oft Bridget dafür zu begeistern, doch das gelang ihr nicht.

„Ja, sie ist gut. Aber für mich ist das nichts! Ich will zur Armee, Dad. Wie du!“, sagte Bridget ernst.

Jack grinste.

„Und du wirst mit Sicherheit eine hervorragende Soldatin!“, sagte er.

Bridget lächelte.

„Vielleicht geht Damian ja in die Politik. Er ist der Diplomat von uns drei.“

Ihr Vater lachte.

„Ja, das ist er, in der Tat. Du warst immer die kleine Kämpferin.“

Er lehnte sich zurück und Bridget konnte sehen, wie seine Gedanken genüsslich in die Ferne schweiften.

„Ich kann mich erinnern, als du sechs warst. Da hast du mal einen Jungen verprügelt, der Damian immer das Spielzeug im Sandkasten geklaut hat. Der Junge war vielleicht fünf und schon deutlich größer als du und außerdem damals schon ein kleiner Schläger. Alle Kinder haben Angst vor ihm gehabt. Nur du nicht. Ich glaube, der ist nie wieder in seinem Leben so verhauen worden, wie von dir damals. Aber es war ihm auch eine Lehre. Er hat nie wieder andere Kinder verhauen oder geärgert. Vor allem keine Mädchen mehr!“

Bridget musste lachen. Kevin Mahony! Sie konnte sich gut an ihn erinnern. Das war wirklich eine miese kleine Ratte gewesen!

„Und Eileen wird bestimmt mal Künstlerin, oder so was.“, sagte sie dann.

Jack lachte wieder.

„Es wäre mir lieber, sie würde was machen, wo sie von leben kann!“, sagte er und nahm noch einen Schluck Bier.

„Obwohl sie talentiert ist, das muss man ihr lassen.“

„Und hast du nicht immer gesagt, dass jeder das machen soll, was er am besten kann?“, grinste Bi.

Ihr Vater grinste etwas gequält.

„Jaaaa...manchmal muss man wirklich aufpassen, was man sagt!“, meinte er dann.

„Dann überlege dir schon mal, was du unserem baldigen Neuankömmling sagst!“, grinste Bridget.

Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass sie mit ihren siebzehn Jahren sehr bald noch einen Bruder haben würde. Aber da ihre Mutter mit fünfunddreißig ja alles andere als alt war, sprach aus ihrer Sicht ja nichts dagegen.

„Ja, das werde ich wohl besser!“, sagte Jack und trank sein Bier aus.

„Was ist denn hier los?“, erklang es plötzlich von der Tür her.

Bridget wandte sich um.

Ihre Mutter stand im Nachthemd in der Tür. Ihr blondes Haar, das sie sonst immer zu einem strengen Zopf gebunden hatte, fiel ihr jetzt offen über die Schultern. Sie hatte noch immer Schlaf in den Augen und streichelte ihren prallen Babybauch. Bridget erschauderte. In nur zwei Monaten würde es soweit sein.

„Haben wir euch zwei geweckt?“, fragte ihr Vater und sah leicht besorgt zu ihr rüber.

Er benahm sich teilweise schlimmer als eine Glucke, fand Bridget. Ob alle werdenden Väter so waren?

„Nein. Aber ich wurde wach und du warst nicht da.“, sagte ihre Mutter und ging auf ihn zu.

„Hattest du Sehnsucht?“, fragte Jack lachen und Ashley ließ sich vorsichtig auf seinem kräftigen Bein nieder. Sie küssten sich sanft und Jack streichelte ihren Bauch. Bi kippte den Rest ihres Bieres herunter und beobachtete ihre Eltern dabei. Das war eines der Dinge, die sie an ihren Eltern so liebte. Obwohl sie fast zwanzig Jahre zusammen waren, verhielten sie sich nach wie vor wie frisch Verliebte.

„Natürlich!“, lachte Ashley und kuschelte sich an ihren Mann.

„Was macht ihr beiden denn hier unten um die Zeit?“, fragte sie dann an ihre Tochter gewandt.

„Bridget hatte mal wieder ihre Neugier nicht im Griff und hat geschnüffelt. Da blieb mir nichts anderes übrig, als ihr die ganze Geschichte zu erzählen.“, antwortete ihr Vater an ihrer Stelle.

Ashley sah Bridget ernst an und dann wieder ihren Mann.

„Hast du ihr alles erzählt?“, fragte sie.

Jack nickte.

„Ja, alles. Aber ich hab das Gefühl, sie hat es gut verkraftet.“, sagte er.

Ashley sah Bridget besorgt an.

„Ich hoffe, dass es kein zu großer Schock für dich war.“, sagte sie dann.

Bridget schüttelte den Kopf.

„Ist schon okay, Mum. Und es ist mir lieber, ich weiß es jetzt, als weiter diese Geheimniskrämerei zu haben.“

Ashley lächelte.

„Ja, das waren damals dramatische und schwere Zeiten. Aber ich denke auch irgendwie gern daran zurück. Denn sie waren trotz allem schön.“

Jack strich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht.

„Ehrlich gesagt ist es mir so lieber. Ich hatte das Versteckspielen irgendwann satt!“

Ashley stand wieder auf und ging zur Tür.

„Macht nicht mehr so lange, ihr beiden.“, sagte sie noch und ging wieder nach oben.

Jack schaute ihr lächelnd hinterher.

„Dad?“, fragte Bridget.

„Hm?“, machte er und blickte sie wieder an.

„Wollt ihr es irgendwann auch Damian und Eileen erzählen?“, fragte sie dann.

Ihr Vater schüttelte den Kopf.

„Wenn sie alt genug sind und danach fragen, ja. Aber jetzt erst einmal nicht. Sie sind zum Glück nicht so neugierig, wie du!“, antwortete er.

Dann stand er auf und ging zum Kühlschrank.

„Noch ein Bier, Prinzessin?“
 


 

Ende



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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Von:  Felicem
2014-01-09T14:29:50+00:00 09.01.2014 15:29
So ich habe die Geschichte zwar jetzt erst entdeckt,aber finde sie klasse un wollte deswegen einfach (auch wenn verspätet) einen Kommi da lassen.
Wie gesagt,finde sie echt super geschrieben.Man kann dir super folgen =)
Nur eine Kritik hätte ich:im 5. Monat schwanger? Da passt deine Erzählung nicht wirklich dazu. Solche Dinge wie treten und dergleichen sind nicht stimmig.Daumen nuckeln und Geschlecht auch eher unwahrscheinlich.Aber is nit so schlimm,is eben kein leichtes Thema.
Trotzdem Daumen hoch un als Favo gemacht ;)
Von: abgemeldet
2011-07-27T20:05:03+00:00 27.07.2011 22:05
He he, ein echt schönes Kapitel. Zwar reizt mich Resident Evil 4 nicht sonderlich (spiele halt lieber RE 2 und 3), aber es war doch sehr sinnlich sich vorzustellen wie Ashley und Krauser es miteinander treiben. Hat mir sehr gefallen. :-)
Von:  Mismar
2011-05-19T20:10:50+00:00 19.05.2011 22:10
>Die Sonne begann am bereits am Himmel zu versinken und die Grillen stimmten ihr Lied an. < Das erste „am“ muss weg.

>der mit irgendetwas sehr stark riechendem getränkt war. < „Riechendem“ muss groß~

Das Gleiche auch hier >was ihm zusätzlich etwas sehr grimmiges verlieh. < Grimmiges groß

>lies er sie dann in einer Ecke auf ein provisorisches Lager fallen. < ließ ;D

Na, waren noch Kleinigkeiten, aber nicht der Rede wert, weil der Stil allgemein richtig toll ist, es lässt sich einfach und flüssig lesen, ich mag deine Sätze sehr
Und der Anfang ist sehr vielversprechend und spannend, ich glaube, ich werde die anderen Kapitel auch lesen, auch wenn ich raus aus der Resident Evil-Phase bin, aber das erste Kapitel hat mich wirklich überzeugt.
Von: abgemeldet
2011-02-11T11:21:00+00:00 11.02.2011 12:21
Ups! Danke!
Von:  il_gelato
2011-02-11T10:13:59+00:00 11.02.2011 11:13
sehr bewegend! und sehr schön!

in kapitel 14 hast du einen kleinen fehler gemacht, der name ist nicht driver sondern davis

bin gespannt, ob es bei einem happy end bleibt?!
Von:  il_gelato
2011-02-08T16:06:08+00:00 08.02.2011 17:06
Wahnsinn, wie dramtisch das wird.
Aber ich habe mir so etwas ähnliches schon gedacht.

Dein Stil gefällt mir wirklich gut, aber du hättest es noch ein bisschen ausbauen können... doch das ist deine Sache!

Weiter so!
Von:  il_gelato
2011-01-26T16:48:56+00:00 26.01.2011 17:48
Das kam plötzlich...
Ashley kann ja eiskalt sein, find ich gut, aber auch irgendwie erschreckend.
Bin gespannt, wie es weiter geht.
Von:  il_gelato
2011-01-25T18:29:26+00:00 25.01.2011 19:29
Ich muss sagen, ich bin echt begeistert!
Ich mag deinen Stil und auch wenn ich die Serie nicht kenne, entwickelt sich das zu keinem großen Problem, man versteht es trotz dessen.
Ich finde du beschreibst alles sehr authentisch und hast eine gute Ausdrucksweise; auch der Plot ist sehr interessant und spannend.
Aber ich hätte mir gewünscht, dass sich das zwischen den beiden noch mehr hinauszögert, Spannung aufbauen und dann später wären beide richtiggehend explodiert. Doch das ist deine Sache!

Freu mch auf weitere Kapitel.


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