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An wessen Seite

Tyki x Lavi x Kanda
von

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Zwanzig Tage

Er glaubte, er höre schlecht. »Was, sogar Weihnachten?«

»Klar. Warum, findest du das schlimm?« Lavi setzte diesen selbstverständlichen Blick auf, der Kanda nicht gefiel. Für ihn lag die Antwort klar auf der Hand.

»Keine Ahnung«, log er und wandte sich schnell dem Monitor zu. »Was soll ich noch in die Gliederung packen? Ich hab‘ erst drei Punkte.«

Lavi streckte sich ausgiebig. »Ach, ich weiß nicht. Können wir nicht mal ‘ne kleine Pause machen? Wir sitzen hier schon über ‘ne Stunde und recherchieren.«

Kanda starrte seinen besten Freund mit hochgezogener Augenbraue an. Dass sie bereits eine Stunde vorm Monitor verbracht hatten, stimmte zwar, jedoch waren unterm Strich nur fünf Minuten davon fürs Recherchieren draufgegangen. Die restliche Zeit hatte Lavi mit Quasseln vergeudet. Sieht dem Baka ähnlich, dachte Kanda, während Lavi ein herzhaftes Gähnen verlauten ließ und sich im Stuhl zurücklehnte. Dass es sich bei dem Gerede nicht darum handelte, was Lavi heute Morgen gefrühstückt oder mit welcher tollen Zahnpasta er sich die Zähne geputzt hatte, sondern ständig um ein und dieselbe Person kreiste, war neu.
 

»Ich muss das über die Ferien fertigkriegen und an den Feiertagen hab‘ ich keine Zeit. Und du anscheinend erst recht nicht.« Kanda stoppte, als er sah, wie Lavi die Augen verdrehte. Mit geschärftem Blick beendete er seinen Vortrag. »Also: Nein, wir können keine Pause machen!«

»Ach, Yū-chan...« Kanda hasste es, wenn Lavi seine Sätze mit einem ›Ach‹ einleitete - das hatte noch nie etwas Gutes zu heißen. »Du machst dir zu viel Stress. Ich meine, wir haben noch fast drei Wochen Semesterferien! Und nach Silvester gehör‘ ich wieder voll und ganz dir. Also, fast.«

Er konnte Lavi an der Nasenspitze ansehen, an wen er gerade gedacht hatte. »Ich helf‘ dir schon bei deiner Hausarbeit, keine Bange!«

Der dumme Hase grinste breit. Kanda seufzte. Er hatte Lavis Hilfe bitter nötig. Dass Hausarbeiten nicht seine Stärke waren, hätte er sich vor der Anmeldung fürs Japanologie-Studium klarmachen sollen.

»Ja, ja...«
 


 

. . . . .
 

Der Mensch ist ein absolutes Gesellschaftswesen; ohne Kommunikation lässt sich die Frage stellen, ob er überhaupt existiert.

Seine Fingerspitzen lagen reglos auf den Tasten.

»...und willst du wissen, was er gestern gemacht hat?«

»Eigentlich nicht.«

Die Augen waren starr auf den Monitor gerichtet. Das Fenster stand sperrangelweitoffen. Laut Thermometer herrschten Minusgrade. Für Kanda war es eine gefühlte Hitzewelle. Die frische Luft machte seinen Kopf auch nicht klarer.

Der Mensch ist ein absolutes Gesellschaftswesen...

»Er ist wie eine Droge, ich komm‘ gar nicht mehr von ihm los!«

»Aha.«

»Che.« Kanda klappte den Laptop zu. Er schnellte auf und schlug das Fenster in seine Angel. Dann warf er sich aufs Bett und legte den Arm über die Stirn. Er schloss die Augen und riss sie sofort wieder auf. Diese verknallt-grinsende Visage wollte ihm nicht aus dem Kopf gehen. Kanda drehte sich auf die Seite.

»Ich werd‘ Weihnachten dann mit ihm verbringen... mit der Familie ist das sowieso todlangweilig« hatte Lavi vor zwanzig Tagen verkündet - das erste und bisher letzte Mal, dass Kanda ihn in den Ferien zu Gesicht bekommen hatte.

»Und Silvester muss ich leider auch passen, Yū. Ich weiß, wir machen da immer was zusammen, aber mein Schatz will in diesen neuen Club gehen. Ich glaub‘ nicht, dass du da mitwillst.«

Kanda griff sich an die Schläfen und spürte das Blut darin brodeln. Er stand auf, zog Jacke und Schuhe an, ging zum Schreibtisch, klemmte den Laptop unter den Arm und verließ die Wohnung.
 


 


 

Er wäre fast ausgerutscht. Er fing sich noch rechtzeitig und grummelte in sich hinein, während er den Boden feindlich anstierte. Blödes Glatteis. Ein Winter mit Schnee statt Rutschgefahr wäre ihm lieber gewesen.

Ein bester Freund, der ihm mehr Aufmerksamkeit schenkte, wäre ihm auch lieber gewesen. Yūs abweisendes Verhalten gefiel Lavi ganz und gar nicht. Nicht, dass Yū je der redseligen Spezies angehört hätte, aber derart ignorant verhielt er sich sonst nur... gegenüber dem Rest der Welt. Nicht gegenüber Lavi. Das war neu.

Lavi sah nach oben. Der Himmel war bespickt mit grauen, dichten Wolken, die jeden Moment ein Regenorchester einleiten könnten. Yū-chan war eine Drama Queen, die an wirklich allem etwas auszusetzen hatte. Sogar an dem Glück ihres besten Freundes. Yū gönnte ihm wirklich gar nichts. Nur weil er zu sozial inkompetent war, jemanden kennenzulernen, hieß das nicht, dass er das Recht hatte, Lavi dafür zu verurteilen. Wobei er ihn nie verurteilt oder direkt etwas dagegen gesagt hatte. Doch seine knappen Bemerkungen sprachen für sich.
 

Lavi stand vor der Wohnungstür. Als er den Schlüssel im Schloss drehte, bemerkte er, dass bereits aufgeschlossen war. Nach kurzem Zögern öffnete er die Tür. Dann lächelte er.
 


 

. . . . .
 

»Deine... Spontanbesuche...« Lavi brach den Satz ab, um nach Luft zu japsen.

»Was ist damit? Magst du sie etwa nicht?« Die Stimme, die flüsternd an Lavis Ohren drang, bereitete ihm eine Gänsehaut. Er atmete noch einmal tief durch und ließ die Arme von dem warmen Nacken auf die Matratze sinken.

»Nein, sie... bringen mich nur bald um den Verstand.« Er lachte verlegen. Dann sah er in die gelben Augen, die er so sehr liebte. Diese Farbe hatte ihn schon vom ersten Tag an fasziniert.

»Wenn dir dein Verstand so heilig ist, hättest du mir niemals deinen zweiten Schlüssel geben sollen.«

Lavi fuhr sich durchs Haar. Es war noch verstrubbelter als sonst. »Nicht heilig genug, um darauf zu verzichten.« Lavi streckte den Kopf nach vorn und küsste die schmalen Lippen, von denen er nicht sattwerden konnte. Der Kuss wurde mit Verlangen erwidert. Lavi sank zurück aufs Kissen.

Tyki war das Beste, was ihm passieren konnte.
 

Tyki zog den Kopf zurück. »Yūs Sachen hast du zurückgebracht, oder?«

»Äh, ja.« Lavi fragte sich, warum er schon wieder darauf zu sprechen kam. »Ich hab‘ Allen gestern gesehen und ihm die Tüte mitgegeben.«

»Allen?« Tyki runzelte die Stirn.

»Ja, das... ist ein alter Klassenkamerad, der in Yūs Nähe wohnt.«

Tyki setzte sich prompt auf und beäugte Lavi skeptisch. Lavi ergänzte schnell: »Also, er ist nur zufällig draußen vorbeigelaufen, als ich Schnee geschippt hab‘.«

»Achso.« Lavi wagte sich nur in Gedanken mit den Augen zu rollen. Er hätte nicht gedacht, dass eine Beziehung unter dem Aspekt so anstrengend sein konnte. Er beobachtete, wie Tyki nach seinem Handy griff und auf das Display sah. Dann legte Tyki es wieder auf den Nachtschrank, stand auf und las seine Kleidung von Bett und Boden auf.

»...was ist?« Lavi legte den Kopf schief. Tyki knöpfte sein Hemd zu, während er antwortete:

»Ich hab‘ noch ein bisschen was zu tun. Wir Business-Typen sind nun mal auch im Urlaub beschäftigt.« Tyki zwinkerte Lavi zu, der ein enttäuschtes Gesicht machte. Es fiel ihm noch immer schwer, sich klarzumachen, dass sein Freund ganze acht Jahre älter war. Tyki schob sein Handy in die Hosentasche und ging auf Lavi zu. Er beugte sich über ihn und hauchte ihm einen Kuss auf den Mund.

»Morgen bring‘ ich mehr Zeit für dich mit, versprochen~«

Lavi schluckte. Er spürte, wie seine Wangen zu glühen begannen. Er konnte diesem Mann einfach nichts übelnehmen. Er lächelte matt. »Okay. Bis morgen, Schatz.«
 

Tyki verschwand durch die Tür. Lavi seufzte leise und schlang die Bettdecke um sich. Er dachte darüber nach, Yū anzurufen. Der Tag war erst vierzehn Stunden alt. Vielleicht könnte er mit ihm ein bisschen Zeit totschlagen. Außerdem erinnerte er sich nicht einmal daran, wann er ihn zuletzt gesehen hatte. Irgendwann vor Weihnachten? Der Gedanke, ihn dieses Jahr noch gar nicht zu Gesicht bekommen zu haben, erschien ihm fast absurd.

Er dachte an Tyki. Dieser hatte regelrecht darauf bestanden, alten Ramsch - unter anderem auch Yūs Sachen - aus der Wohnung zu schaffen. Durch die Aufräumaktion war Lavis Zimmer zwar bewohnbarer als vorher, aber er ahnte, dass es Tyki nicht nur darum gegangen war.

Lavi sprang vom Bett und öffnete das Fenster. Er lehnte sich mit nacktem Oberkörper über die Fensterbank nach draußen. Es hatte schon wieder geschneit. Das gestrige Schneeschippen hätte er sich sparen können. Das Glatteis von vor drei Wochen wäre ihm fast lieber.

Er schloss das Fenster.
 


 


 

Eine Totenstille umgab ihn. In einer Bücherei eigentlich nichts Ungewöhnliches, aber heute war es noch ruhiger als sonst. Auch nichts Ungewöhnliches - bei diesem Wetter wagten sich nur diejenigen nach draußen, denen zu Hause die Decke auf den Kopf fiel.

Kanda sah um sich. Bis auf vier weitere Menschen erspähte er niemanden. Er wandte sich wieder dem Laptop zu und versuchte sich auf seine Hausarbeit zu konzentrieren. In einer Woche musste er sie fertiggestellt haben. Er hatte erst fünf von geplanten zwanzig Seiten geschrieben. Er hasste es, unter Zeitdruck zu stehen. Und er hasste es, dass Lavi dafür verantwortlich war. Er sollte ihm endlich die Tür einrennen und sagen, was Sache war. Dass Tyki nicht der Richtige für ihn war und er sich lieber einen Kerl in seinem Alter suchen sollte. Vielleicht jemanden, den er länger als einen Monat kannte. Jemanden, den er gut kannte und dem er vertrauen konnte. Jemanden wie-
 

»Du suchst dir immer die ungewöhnlichsten Treffpunkte aus.«

»Wieso, stört dich meine Spontanität?«
 

Kanda blinzelte. Hatte er diese Stimme nicht schon einmal gehört? Er drehte den Kopf in die Richtung, aus der sie zu kommen schien. Er sah einen Mann, den er nicht kannte. Dessen Arm wurde von einer dunkelfarbigen Hand umgriffen. Sie zog den Mann näher zu sich. Kanda fixierte die beiden genau. Jetzt flüsterten sie nur noch. Der mit dem dunklen Teint hatte krausiges, schwarzes Haar und trug ein weißes Hemd. Kanda sah ihn nur von hinten. Aber das reichte völlig.

Kanda biss sich auf die Unterlippe und holte sein Handy hervor. Er drückte sich bis zu Lavis Namen, der in seinen Augen ähnlich wie eisiger Wind brannte. Sein Daumen bewegte sich auf den grünen Hörer zu. Kanda war nur einen Klick davon entfernt, das ganze Drama ein für allemal zu beenden.

Er schluckte. Er zog den Daumen zurück und war dabei, das Handy in der Tasche verschwinden zu lassen. Plötzlich klingelte es. Kanda sah flüchtig auf das Display. Er kniff die Augen kurz zusammen und drückte den Anruf weg. Die zwei Männer sahen zu ihm herüber. Er spürte ihre Blicke auf sich. Zum Glück saß er mit dem Rücken zu ihnen.

Kanda klappte den Laptop zu, klemmte ihn unter den Arm, krallte sich seine Jacke und lief geradewegs in Richtung Ausgang.
 

Zwanzig Tage waren vergangen, seit er Lavi zuletzt gesehen hatte. Lange genug, um jetzt mit guten Gründen etwas daran zu ändern.
 


 

-:-:-:-

ende kapitel zwei.
 

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It’s gonna be dramatic. 8D

Fällt mir echt schwer, Lavi so mies darzustellen, aber er ist sich ja in seiner Verliebtheit gar nicht bewusst, wie das, was er sagt, auf Kanda wirkt.^^‘ Moral dieser Geschichte: Verliebt euch nicht! xD
 

Liebe Grüße,

Fujouri
 

P.S.: Hausarbeitsauszug stammt aus abgemeldets Hausarbeit. ;)



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Mismar
2011-03-28T22:26:56+00:00 29.03.2011 00:26
Dieses Kapitel war genauso gut wie das davor, fast XD vom Stil gefiel mir das vorige besser, aber hier ist mehr Dramatik drin und ich liebe den Sarkasmus, der hier einfließt. Und vor allem muss ich eines sehr stark loben: Die homosexuellen Beziehungen, wie du sie darstellst, sind nicht so fucking schwul, dass man sich gleich fragt, ob das mutierte Fangirlies sind, die ihre kranken Fantasien ausleben *lach* nein, ich finde es geradezu perfekt, obwohl das mit Schatz etwas unerwartet kam, egal, ich bin kein Mann und schon kein schwuler, um zu wissen, wie ich meinen Partner betitle.
Also eine Kleinigkeiten sind mir aufgefallen an Fehlern (Hurra *sich stolz auf die Brust schlägt* ich habe was gefunden)
-> Ich glaub‘ nicht, dass du da mitwillst. <- ich bin selbst verwundert, aber der Duden sagt, dass „mitwollen“ getrennt geschrieben wird o.o
Ansonsten toll wie immer, ich liebe alles einfach nur <3
Von:  Ibogaeru
2011-01-23T15:40:27+00:00 23.01.2011 16:40
Ein schön spannendes Kapitel, besonders am Ende!
Aber Lavi ist wirklich ein bisschen fies, auch wenn man es irgendwie nachvollziehen kann... trotzdem!
Bin schon gespannt, wie es weitergeht^^
lg
Von:  Rabbit
2011-01-23T12:08:30+00:00 23.01.2011 13:08
Oha es geht weiter! * U *
Gott möge dieses Kapitel segnen... (LOL)

Armer Yuu. Da ist Lavi ehrlich mies... Lässt ihn mit den Hausarbeiten alleine und so. > _<
Aber Liebe macht ja blind, huh? /D

Übrigens kann ich solche Typen nicht ab die so mega eifersüchtig sind eh.... Und das scheint Tyki ja zu sein. Damn! DX
Und dann anscheinend noch nebenbei'nen anderen haben? (Man munkelt, man munkelt!)
Hoffe Lavi hört auf Yuu... Wenn nicht denn Pech, wenn er es auf die harte Tour erfährt. > _<"
Von:  Kalahari
2011-01-22T23:39:34+00:00 23.01.2011 00:39
ein spannendes ende
solangsam kommt ja klarheit hinter das ganze.. sofern man von Klarheit sprechen kann, weil ja eigentlich alles soweit noch im dunkel liegt^^
ich hab mich sehr über das kappi gefreut.. nun wirds aber wirklich zeit, dass kanda mal auf den tisch haut
bin gespannt, was er nun tut
bis zum nächsten kappi und vielen danks fürs bescheid sagen^^
LG
Von: abgemeldet
2011-01-22T22:42:43+00:00 22.01.2011 23:42
Klingt auf jedenfall sehr interessant, mal sehen wie's weiter läuft. :)
LG
Von:  Nana--chan
2011-01-22T21:57:40+00:00 22.01.2011 22:57
uuh, klingt spannend ^,^
Bin gespannt wie ein Flitzebogen, was Kanda als nächstes tut =3
Er kann einem irgendwie leidtun....

*Kekse da lass*
Von: abgemeldet
2011-01-22T17:32:52+00:00 22.01.2011 18:32
TOOOOOOOOOLLLLL!!!

Nothing more to say xD!
Des is der reine wahnsinn was du für geile FF's schreibst :D!
*freufreu*
Sie verscheuchen meine Langeweile :D


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