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Bonheur éphémère

von

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Alfred says: Sheep are awesome!

„Können wir schwimmen gehen, Arthur?“, fragte Alfred und zappelte auf seinem Stuhl hin und her.

„Glaubst du nicht, dafür ist es schon ein bisschen spät im Jahr?“

„Deswegen will ich ja jetzt gehen, bevor es noch kälter wird!“

„Du kannst ja nicht einmal schwimmen.“

„Bringst du es mir bei? Bittebittebitte!“

„Iss zuerst deinen Teller leer, und dann werden wir sehen.“

„Was werden wir sehen? Bringst du es mir nun bei oder nicht, Arty?“

„Wenn du jetzt brav isst, stehen deine Chancen ganz gut.“

Alfred verstummte, was ungewöhnlich für ihn war, und tat, wie ihm geheißen. Offenbar gab er sein Bestes, um brav zu sein, dachte Arthur beeindruckt. Wenn er wirklich wollte, konnte er sogar das. Mit einem Lächeln wandte er sich wieder seinem Essen zu. Alfreds Teller war wie sein eigener schon fast leer, nur Matthew ließ den Kopf hängen und stocherte in seinem Gemüse herum. Er sah traurig aus, dachte Arthur.

„Kannst du schwimmen, Matthew?“, fragte er, erhielt aber keine Antwort.

„Wenn er es schon kann, warum kann ich es dann nicht?“, fragte Alfred empört.

„Ich weiß doch überhaupt nicht, ob er es kann, du Dummkopf! Er hat noch nicht geantwortet!“, erwiderte Arthur und versuchte es erneut. „Matthew?“

„Er kann dich nicht hören“, erklärte Alfred. „Er hat zu viele Haare vor den Ohren.“

„Ach was“, schnaubte Arthur. „Matthew! Träumst du?“

Matthew zuckte zusammen und hob den Kopf. „Pardon?“, fragte er leise.

„Ich habe dich gefragt, ob du schwimmen kannst“, sagte Arthur. „Hört du schlecht?“

„Nein... ich habe nur an etwas anderes gedacht.“

„Seine Haare sind zu lang, daran liegt es!“, plärrte Alfred dazwischen.

„Nun sei still und iss!“, fauchte Arthur, runzelte aber die Stirn und sah Matthew an. „Aber er hat Recht. Ist es nicht lästig, so lange Haare zu haben?“

„Nein“, antwortete Matthew schüchtern. „Es geht.“

„Jungen sollten kurze Haare haben“, sagte Arthur entschieden. „Das wäre praktischer. Du müsstest sie nicht so oft kämmen.“

„Ich will sie aber so lang haben“, flüsterte Matthew.

„Was hast du gesagt?“

Matthew kniff die Lippen zusammen und sagte nichts mehr.

„Darf ich ihm die Haare schneiden?“, fragte Alfred hilfsbereit.

„Auf gar keinen Fall! Du würdest ihn...“

„Ich hole die Schere!“, rief Alfred, rutschte von seinem Stuhl und rannte aus der Küche. Arthur hörte, wie er die Treppe hinauf polterte, und seufzte. „Setz dich hier hin“, sagte er zu Matthew und zog einen Stuhl in die Mitte des Raumes. „Ich werde eine Decke oder so etwas holen, damit die Haare nicht überall hinfallen. Und wenn Alfred kommt, sag ihm, wenn er dir die Haare schneidet, drehe ich ihm den Hals um.“

Matthew senkte den Kopf, trottete zu dem Stuhl hinüber und setzte sich. Er fühlte sich wie ein Schaf, das zur Schlachtbank geführt wird.
 

„Na also“, sagte Arthur und wischte sich über die Stirn. „Das wäre es. Oder siehst du noch irgendetwas überstehen, Alfred?“

Alfred saß am Küchentisch und schmollte. „Du hast es gar nicht so geschnitten, wie ich es wollte.“

„Es sind ja auch Matthews Haare und nicht deine“, erwiderte Arthur kühl und legte die Schere beiseite.

„Ich habe gesagt, du sollst obendrauf einen Streifen lang lassen, dann könnte man sie mit Wachs hochstellen. Wie ein Irokese! Dann hätte ich mit Mattie Cowboy und Indianer spielen können!“

„Eine großartige Idee“, sagte Arthur sarkastisch.

„Oder du hättest sie auf der einen Seite lang lassen können und auf der anderen ganz kurz schneiden, das hätte sicher cool ausgesehen!“

„Vergiss es, Alfred“, sagte Arthur, schüttelte den Kopf und zog die Decke von Matthews Schultern. „So, Matthew. Das ist doch viel praktischer, oder?“

Matthew sah unglücklich zu ihm hinauf und betastete die Haare, die sich in seinem Nacken kräuselten.

„Lass mal sehen!“, sagte Alfred vergnügt, rutschte von seinem Stuhl und kam herüber. „Hey, Mattie! Du hast ja Locken!“

„Tatsächlich“, sagte Arthur und runzelte die Stirn. „Aber so stark sind sie nicht. Bei den langen Haaren sind sie kaum aufgefallen.“

„Darf ich sie anfassen?“, fragte Alfred begeistert und patschte Matthew auf den Kopf. „Du fühlst dich an wie ein Schaf, Mattie!“

„Ich will kein Schaf sein“, sagte Matthew leise.

„Määäh! Arthur, wieso kann ich keine Locken haben? Ich will auch ein Schaf sein!“

„Manchmal bist du auch ein Schafskopf, Alfred“, sagte Arthur trocken und faltete die Decke zusammen. „Hol einen Besen, damit wir die Haare auffegen können.“

„Määäh!“, machte Alfred laut und rannte aus der Küche. Kopfschüttelnd sah Arthur ihm nach und lachte leise. „Was der immer für Ideen hat.“

„Ich will kein Schaf sein“, flüsterte Matthew und seine Unterlippe bebte.

„Oh, Matthew“, sagte Arthur und klopfte ihm auf die Schulter. „Hör doch nicht auf Alfreds dummes Geschwätz. Mir gefallen deine Haare so, wie sie jetzt sind. Vorher sahst du doch aus wie ein Mädchen.“

„Aber...“, begann Matthew hilflos.

„Nichts aber“, erklärte Arthur streng. „Bei Francis mag es üblich sein, dass selbst die Jungen wie Mädchen herausgeputzt und erzogen werden, aber nicht bei mir. Also stell dich nicht so an, Matthew. Deine Haare sind hübsch so, wie sie sind.“

„Ich mag sie nicht“, murmelte Matthew elend und suchte nach den Strähnen, die vor kurzem noch neben seinem Kinn gehangen hatten. „Es ist so... fremd.“

Arthur sah ihn einen Moment lang an, seufzte dann leise und ging vor ihm in die Knie. „Hey, Matthew...“

„Ich heiße Mathieu.“

„Matthew“, beharrte Arthur und sah ihm in die Augen. „Ich verstehe, dass es sich ungewohnt anfühlt. Aber du willst doch nicht, dass man dich für ein Mädchen hält, oder?“

Matthew sah auf seine Füße, die unter ihm baumelten.

„Das hier ist alles neu für dich. Ich weiß, dass ich nicht Francis bin.“ Arthur grinste schief. „Aber du wirst dich daran gewöhnen müssen, Matthew. Ist es nicht schöner, mit deinem Bruder aufzuwachsen als ganz allein?“

„Ich war nicht allein mit François“, sagte Matthew leise.

„Nun... was ich meine, ist doch nur, dass du einfach versuchen solltest, dich wohl zu fühlen. Du bist jetzt hier zu Hause. Und ich...“ Arthur zögerte. „Ich habe dich...“

Er zuckte zusammen, als ihn ein lautes Blöken unterbrach.

„Mä-ä-äh!“, machte Alfred und kam auf allen Vieren herein gekrabbelt. Auf dem Kopf trug er eine Wintermütze aus Wolle. „Ich bin ein Schaf! Mä-ä-äh!“

„Was zum Teufel machst du denn da?!“, schrie Arthur, stürzte hinüber und zog ihn auf die Beine. „Der Boden ist doch noch dreckig!“

„Aber Schafe laufen auf vier Beinen“, erklärte Alfred gewichtig. „Du hast ja gar keine Ahnung, Arthur.“

„Du bist kein Schaf“, knurrte Arthur und ließ ihn los.

„Bin ich wohl! Schau, meine Mütze!“

„Wo hast du den Besen, den du holen solltest?“

„Welchen Besen?“, fragte Alfred unschuldig. Arthur fluchte und wandte sich zur Tür. „Ihr beide bleibt hier! Ich will nicht, dass ihr die Haare durch die ganze Wohnung tragt!“

Er ging hinaus und knallte die Tür hinter sich zu.

„Er ist wütend“, sagte Matthew leise.

„Ach, er regt sich ständig auf“, winkte Alfred ab. „Darf ich dich nochmal streicheln, Mattie?“

„Lieber nicht...“

„Du fühlst dich wirklich an wie ein Schaf!“, stellte Alfred fest, tätschelte seinen Kopf und lachte. „Määäh! Mä-ä-äh!“

„Lass mich in Ruhe!“, sagte Matthew und schubste ihn vor die Brust. Alfred stolperte einen Schritt rückwärts und setzte sich auf den Hosenboden.

„Hey, was soll das denn?“

„Fass mich nicht an“, murmelte Matthew und stand auf. Seine Knie zitterten leicht.

„Aber es fühlt sich schön an!“, protestierte Alfred. „Ich will auch ein Schaf sein!“

„Ich bin kein Schaf!“, quietschte Matthew, öffnete die Küchentür und rannte.

„Hey, Mattie!“, schrie Alfred ihm hinterher. „Mattie!“

Doch Matthew senkte den Kopf, seinen hässlichen Kopf, mit dem er aussah wie ein Schaf, und rannte. Tränen brannten in seinen Augen. Beinahe wäre er auf der Treppe gestolpert, doch er schaffte es, den ersten Stock zu erreichen, ohne hinzufallen. Die Tür zu dem Zimmer, das er mit Alfred teilte, stand offen. Er schlug sie hinter sich zu und lehnte sich keuchend dagegen. Nichts war zu hören bis auf das hektische Klopfen seines Herzens. Alfred folgte ihm nicht.

Er spürte, wie die Tränen über seine Wangen liefen, und wischte sie mit dem Ärmel beiseite. Langsam schleppte er sich hinüber zu seinem Bett, rollte sich darauf zusammen und starrte an die Wand.
 

Schon bevor Arthur die Küche betrat, sah er die Bescherung. Eine Spur aus abgeschnittenem Haar zog sich von der Tür in Richtung Treppe. Er fluchte laut und stieß die Tür auf.

„Alfred! Was hast du jetzt schon wieder gemacht?“

Die Wollmütze lag unbeachtet auf einem Stuhl. Alfred saß am Tisch, hatte den Kopf in die Hände gestützt und schmollte. „Gar nichts“, sagte er trotzig. „Das war Matthew. Du musst mal mit ihm schimpfen.“

„Matthew?“, fragte Arthur fassungslos und sah Matthews leeren Stuhl an. „Was ist denn passiert?“

„Er hat mich geärgert“, erzählte Alfred. „Ich wollte nur seine Haare anfassen, und da hat er mich einfach weggeschubst und ist weggerannt. Und er hat mich angeschrien.“

„Angeschrien?“, wiederholte Arthur und runzelte ungläubig die Stirn.

„Wirklich! Glaubst du mir etwa nicht?“

„Na ja...“

„Er war gemein zu mir“, sagte Alfred missmutig. „Ich wollte nur seine Haare streicheln.“

Arthur seufzte ungeduldig. „Ist dir nicht aufgefallen, dass er von deinem Vergleich mit dem Schaf nicht begeistert war?“

„Wieso denn nicht? Schafe sind doch awesome!“

„Deiner Meinung nach vielleicht“, sagte Arthur und begann, den Boden zu fegen. „Ich denke, ihr solltet euch bei einander entschuldigen.“

„Ich habe aber nichts gemacht“, sagte Alfred eingeschnappt.

„Du wirst sicher irgendetwas gemacht haben. Wir werden ja sehen, was Matthew dazu zu sagen hat.“

„Glaubst du ihm vielleicht mehr als mir?“

„Nein, aber so wie ich Matthew kenne, ist er alles andere als aggressiv. Das, was du erzählt hast, passt überhaupt nicht zu ihm.“

„Du hast ihn lieber als mich“, schmollte Alfred und ließ den Kopf auf die verschränkten Arme sinken.

Arthur schüttelte den Kopf. „Das ist Unsinn, und das weißt du auch.“

„Also hast du mich lieber?“, fragte Alfred und blinzelte ihn an.

Einen Moment lang schwieg Arthur, dann legte er seufzend den Besen beiseite und setzte sich zu Alfred. „Ich versuche doch nur, gerecht zu sein“, sagte er leise. „Ich will niemanden von euch benachteiligen, verstehst du, Alfred?“

Alfred nickte widerwillig. Arthur lächelte und strich über seine Schulter. „Komm schon. Du sagst doch auch immer, alles müsse gerecht zugehen.“

„Aber du kannst doch gerecht sein und mir trotzdem sagen, wen du lieber hast, oder?“

„Es spielt keine Rolle, wen ich...“

„Aber sagen kannst du es doch.“

„Nun sei nicht so kindisch!“, sagte Arthur streng und stand auf. „Ich habe euch beide lieb. Und jetzt wirst du die Küche fegen, während ich Matthew holen gehe.“

„Wieso muss ich denn...?“

„Matthew wird die Treppe fegen.“

Damit gab Alfred sich zufrieden. Während er mit dem Besen herum balancierte, der um einiges größer war als er selbst, verließ Arthur den Raum und stieg die Treppe hinauf. Er war froh, um eine Antwort auf Alfreds Frage herum gekommen zu sein. Matthew war ein lieber, braver Junge, aber dennoch war Alfred der, den er sich als seinen Bruder gewünscht hatte. Um Alfred hatte er sich kümmern wollen. Matthew hatte er nur übernommen, weil dieser nach seiner Trennung von Francis irgendwo anders unterkommen musste. Und bei Francis hatte er ihn nicht lassen können. Natürlich nicht. Nicht bei Francis.
 

Die Tür zum Zimmer der Jungen war geschlossen. Arthur klopfte kurz und öffnete sie dann.

„Matthew? Ich...“

Er brach ab. Matthew lag auf dem Bett und hatte ihm den Rücken zu gedreht. Vorsichtig schlich Arthur näher und beugte sich über ihn. Er schlief, stellte er fest und lächelte. Gleich darauf verschwand sein Lächeln wieder. Matthews Augen waren gerötet, sein Gesicht war nass. Einige Tränen hingen noch in seinen Wimpern.

„Armer Junge“, flüsterte Arthur und strich über seine ungewohnt kurzen Haare. Nicht nur Matthew würde es schwer fallen, sich daran zu gewöhnen, dachte er. Vielleicht hätte er nachgeben sollen. Vielleicht war diese ganze Aktion mit dem Haare schneiden eine dumme Idee gewesen...

Nein, dachte er entschieden. Matthew hatte die Haare lang getragen, weil Francis sie lang trug. Francis sollte sich bloß keine Hoffnungen machen, er habe noch irgendeinen Einfluss auf den Jungen. Diese Zeit war für immer vorbei.

Arthur zog die Decke über Matthews Schulter und stellte fest, dass er etwas umklammert hielt. Es war ein Buch, dessen Seiten handbeschrieben waren. Auch ein Stift klemmte noch zwischen Matthews Fingern. Arthur zögerte kurz, dann hob er das Buch vorsichtig hoch und schloss es, ohne etwas gelesen zu haben. Zusammen mit dem Stift legte er es neben das Bett, stand auf und warf noch einen letzten Blick auf den Jungen.

„Du wirst dich daran gewöhnen, Matthew“, murmelte er und hoffte, dass er die Wahrheit sagte.
 

„Ist Mattie weggelaufen?“

„Wie kommst du darauf? Natürlich nicht.“

„Wie schade“, sagte Alfred ehrlich.

„Alfred!“

„Wieso hast du ihn dann nicht mitgebracht?“

Arthur nahm ihm den Besen ab. „Er liegt oben und schläft“, erklärte er. „Stör ihn lieber nicht.“

„Er schläft? Es ist doch mitten am Tag! So ein Baby.“

„Alfred! Nun sei doch etwas netter zu ihm. Du solltest ihm doch dabei helfen, sich einzuleben.“

„Was machst du mit dem Besen?“

„Die Treppe fegen.“

Alfred starrte ihn an. „Du hast ihn doch lieber als mich“, stellte er fest und wandte sich ab.

„Du weißt, dass das nicht stimmt“, erwiderte Arthur und seufzte.
 

Geschichte #9 – Der Mann mit den zwei Söhnen

Es war einmal ein Mann, der hatte zwei Söhne. Aber eigentlich hatte er nur einen Sohn, denn den anderen hatte er einem anderen Mann geklaut, den er nicht mochte. Dabei war der andere Mann sehr nett und ich weiß nicht, wieso sie sich nicht mochten. Jedenfalls hatte der Mann seinen eigenen Sohn viel lieber als den geklauten, und deswegen behandelte er ihn besser und war lieber zu ihm. Es war ein furchtbar ungerechter Mann, und der Sohn war ein aufgeblasener Angeber, der immer dachte, er wäre der Größte. Dabei war er sogar ein Stückchen kleiner als der andere Junge.

Jetzt war es aber so, dass die beiden Jungen sich ziemlich ähnlich sahen. Der aufgeblasene Junge hatte nur kürzere Haare als der andere, und trotzdem konnte der Mann sie kaum auseinander halten. Aber nach einer Weile bemerkte er immer an den Haaren, wer wer war. Aber eines Tages fand er, dass der fremde Junge zu lange Haare hätte und schon aussehe wie ein Mädchen, dabei stimmte das überhaupt nicht. Der Junge hatte nämlich sehr schöne lange Haare, ganz weich und rotblond. François hat sie immer schön gefunden. Aber der unfreundliche Mann beschloss, die Haare abzuschneiden. Es war ihm ganz egal, dass der Junge das nicht wollte.

Also musste der Junge sich die Haare schneiden lassen, und als er danach zum ersten Mal in den Spiegel sah, musste er weinen, weil er aussah wie ein Pudel. Weil die Haare lang sein müssen, weil sie sonst lockig überall hin abstehen. Wenn sie länger sind, hängen sie runter. Aber der Mann hatte sie ja unbedingt kurz schneiden wollen, und jetzt sah der Junge ein bisschen aus, als hätte er einen Busch auf dem Kopf.

Aber das Schlimmste war, dass die Haare ja das einzige gewesen waren, an dem der Mann die beiden Jungen hatte unterscheiden können. Jetzt wusste er nie mehr, welcher welcher war. Deswegen passierte es manchmal, dass er nett zu dem Jungen war, den er nicht mochte, weil er glaubte, es sei der andere. Das ärgerte ihn sehr, und nach einer Weile war er immer schlechter Laune und war einfach zu beiden Jungen gleich unfreundlich. Sein Sohn war noch immer unfreundlich zu dem anderen Jungen und ärgerte ihn und nannte ihn ein Schaf.

Eines Tages war der Mann böse, als er nach Hause kam, und er hatte Hunger. Deswegen nahm er einen der Jungen und dachte, es wäre der Fremde, und steckte ihn in den Ofen und aß ihn. Der Junge war aber sein Sohn und er war plötzlich gar nicht mehr so aufgeblasen und angeberisch. Aber das nütze ihm dann auch nichts mehr, denn er wurde gebacken und gegessen. Erst danach merkte der böse Mann, was er getan hatte, und er wurde sehr traurig. Dann wurde er stattdessen böse auf den anderen Jungen, obwohl der ja gar nichts dafür konnte. Er stürzte sich auf ihn und wollte ihn auch essen, aber der Junge entwischte ihm. Der Mann fiel hin und brach sich den Hals. Da war er tot.

Der Junge lief wieder zu dem anderen Mann zurück, der ihn schon vermisst hatte, und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende. Der blöde Junge und der andere Mann waren tot, was gut war. Und wenn sie nicht gestorben sind, was sie aber nicht sind, dann leben sie noch heute.
 

Die Sonne fiel durch einen Spalt zwischen den Vorhängen direkt in Francis' Gesicht. Er stöhnte und drehte sich auf die andere Seite. Sein Kopf pochte. Vielleicht hatte er gestern zu viel Wein getrunken, dachte er.

„Marie, ma chérie? Würdest du bitte die Vorhänge schließen?“

Das Mädchen neben ihm seufzte leise, setzte sich auf und fuhr sich durch die langen Haare, die in wirren, dichten Strähnen über seinen Rücken hingen. „Ich heiße nicht Marie.“

„Nicht?“, brummte Francis und zog sich ein Kissen über den Kopf. „Stimmt. Das war gestern.“

Das Mädchen stand auf und schloss die Vorhänge. Das Licht, das nun den Raum erhellte, war gedämpft und schwer. Dennoch vergrub Francis weiter den Kopf in dem Kissen.

„Wollen wir bald frühstücken?“, fragte das Mädchen und kroch wieder neben ihm unter die Decke. Francis spürte nackte Füße an seinen Beinen.

„Wieso die Eile, mon amour? Wir haben den ganzen Tag Zeit.“

Sie kicherte. „Willst du sagen, du hast heute nichts anderes vor?“

„Ich habe nie irgendetwas vor“, sagte Francis bitter.

Très bien“, erwiderte das Mädchen verträumt, schlang die Arme um ihn und legte den Kopf an seine Brust. „Wir können den ganzen Tag zusammen verbringen.“

„Ich weiß nicht, Louise.“

„Das ist nicht mein Name.“

„Stimmt“, murmelte Francis. „Das war letzte Woche.“

Das Mädchen seufzte. „Du musst doch glücklich sein. Seine Majestät der König weiß ein luxuriöses Leben zu führen, und du bist ein selbstverständlicher Teil seines Hofes. Dir mangelt es an nichts.“

„Doch“, sagte Francis. „Etwas fehlt mir. Oder besser... jemand.“

„Jemand?“ Das Mädchen zog einen Schmollmund. „Bin ich dir etwa nicht genug?“

„Jemand, der wie ein Sohn für mich war.“

„Du hast einen Sohn?“

„Ich sagte, er war wie ein Sohn. Hör mir doch zu.“

Sie lachte nur, rückte ihren Kopf an seiner Brust zurecht und schloss die Augen. Natürlich hörte sie nicht richtig zu, dachte Francis verbittert. Das tat keine von ihnen. Selbst seine Majestät war eher auf Zerstreuung bedacht als darauf, irgendetwas zu unternehmen.

„Aber ich werde etwas unternehmen“, sagte Francis laut. „Ich gebe Mathieu nicht auf. Ich hole ihn mir zurück.“

„Mathieu?“, murmelte das Mädchen. „War das sein Name?“

„Das ist immer noch sein Name. Angleterre mag ihn anders nennen, aber was interessiert mich seine Meinung? Ich werde es nicht auf mir sitzen lassen, was er mir angetan hat. Niemals.“

„Du bist ein Mann der Tat“, sagte sie mit einem spöttisch-amüsierten Unterton. „Das gefällt mir.“

„Und wie ich das bin, mon amour“, erwiderte Francis, griff nach ihrem Kinn und drückte ihr einen Kuss auf den Mund.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Gingerred
2011-10-18T20:45:34+00:00 18.10.2011 22:45
Oh zu Schade dass ich noch nie auf irgendwelchen Convetions war,sonst hätte ich mich angeschlichen...und Lettland hätte eine Wodkaflasche auf dem Kopf balancieren dürfen~

Und um auf das Kapitel...beziehungsweise die Geschichte~ zurück zu kommen:
Ich liebe sie auch sehr! :D Da stimme ich NukeUke zu~
Ich kann nur sagen,dass ich mich gefreut hatte so lange nicht mehr reingeschaut zu haben...und dann plötzlich gleich zwei neue Kapitel lesen zu dürfen~
Ich lese ja eigentlich nicht so gerne Geschichten mit recht vielen Seiten (wenigstens drei oder so...ja ich bin faul)
Aber hier...und auch bei vielen deiner anderen Geschichten~
ist es mir das Wert!

Liebe Grüße~
Gingerred
Von:  NukeUke
2011-10-18T20:35:50+00:00 18.10.2011 22:35
Ich werde versuchen da zusein um dich wieder zu ärgern und dir ins Conhon zu schreiben. "Nieder mit Francis" xDD

Die Geschichte... Hammer.. ich lieb die so!
Aber da muss noch mehr Dramatik rein!
*voll der Dramafreak ist*
Lass was schreckliches passiern!
Bitteeeeee <333

*küsschen geb*


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