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Eins plus eins macht drei!

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Kompromisse eingehen

Kapitel 54: Kompromisse eingehen


 

Manabu verabschiedete sich mit den besten Wünschen und ging.

Temari schaute ihm nicht nach. Sie hatte die Sache mit ihm schon lange abgeschlossen und nun war sie froh, dass er es allem Anschein nach auch angehen und in die Zukunft blicken wollte.

Trotzdem geisterte seine Frage noch in ihrem Kopf herum.
 

Bist du glücklich?
 

Ja, das war sie, doch leider war ihre Antwort darauf nicht mehr ganz so klar wie die, die sie ihrem Exfreund gegeben hatte.

Sie war glücklich, definitiv, aber mit Abstrichen. Sie hatte sich zwar damit abgefunden, aber es fiel ihr trotzdem schwer, fast alles, das ihr lieb und teuer war, hinter sich zu lassen. Ihre Brüder; Matsuri; den Sand; das Dorf – alles, wofür ihre Heimat stand. Und das nicht, weil sie es wollte, sondern weil sie es musste.

Sie erwartete nun mal ein Kind von jemandem, der nicht aus Sunagakure stammte und da er sich ihr nicht anpassen konnte oder wollte, musste sie es eben tun. Sie trug eine Verantwortung und diese untersagte es ihr, einfach zu Hause wohnen zu bleiben. Das war ihrer Tochter gegenüber, die ihren Vater so vielleicht zweimal im Jahr zu Gesicht bekommen würde, nicht gerecht.

Und Temari selbst wollte es auch nicht. Sie hatte genug von einer Fernbeziehung, die auf Dauer keinen Bestand hatte. Nicht mal mit Kind. Auch wenn die Konsequenz daraus einen faden Beigeschmack für sie hatte.
 

„Pfefferminzeis hatten sie nicht“, riss Shikamaru sie aus ihren Gedanken. „Dafür hab ich Erdbeere genommen.“

„Danke“ – sie winkte ab – „passt schon.“
 

Sie nahm ihm das Eis ab und aß erstmal die Stellen weg, die schon bedenklich angeschmolzen waren.
 

„Du hast ziemlich lange gebraucht“, bemerkte sie.

„Du bist nicht die Einzige, die bei dem Wetter Eis essen möchte“, erwiderte er.

„Bei dem Wetter?“, entgegnete sie. „Es ist hier das ganze Jahr über so warm.“

„Ach, du weißt doch, wie ich es meine.“
 

Sie antwortete mit einem flüchtigen Nicken.
 

„Was wollte der Typ eben eigentlich von dir?“, fragte er.

„Nicht viel.“

„Und das heißt?“

„Ich musste ein bisschen Seelentrösterin spielen, weil es ihm so schwer fiel, die Vergangenheit ruhen zu lassen.“

„Also war das dein Ex?“

„Der Verfasser des Briefes und dein Vorgänger, ja“, sagte sie. „Und ehrlich, irgendwie hat er mir leid getan.“
 

Er zog die Augenbrauen hoch und schwieg.
 

„Ich hab ihm damals das Herz gebrochen und er trauert mir nach über vier Jahren immer noch nach. Findest du das nicht bemitleidenswert?“

„Irgendwie schon“, antwortete er. „Aber ich kann mir vorstellen, dass sich das ziemlich scheiße anfühlen muss.“

„Wahrscheinlich“, sagte sie. „Also wenn du irgendwann keinen Bock mehr auf mich haben solltest, sprich Klartext mit mir. Das hab ich bei ihm nämlich die letzten Jahre verpasst. Und sich irgendwelchen falschen Hoffnungen hinzugeben, muss ziemlich ätzend sein.“

„Ich glaub zwar nicht, dass es jemals dazu kommen wird“, erwiderte er, „aber ich werd bei Bedarf dran denken.“

„Wenn nicht“, erwiderte sie und lächelte schief, „wirst du es bereuen.“

„Meinst du, ich weiß das nicht?“
 

Sie lachte nur und widmete sich ihrem Eis.
 

---
 

Die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel und Temari fühlte sich, als stände sie kurz vor einem Sonnenstich. In ihrem Kopf drehte sich alles und sie schwitzte, obwohl ihr gar nicht übermäßig warm war.

Vielleicht war es doch besser, wenn sie etwas langsamer machte und die Besichtigung ihrer Heimat über mehrere Tage verteilte, bevor sie noch eine unschöne Quittung dafür bekam.
 

Sie tauchte in den Schatten eines Gebäudes ein und da keine Bank in der Nähe war, sank sie auf die Knie, machte es sich im Sand bequem und lehnte sich an die kühle Mauer aus Sandstein.
 

Ihr Blick glitt am gegenüberliegenden Wegesrand entlang. Sie war in der Vergangenheit unzählige Male hier vorbei gekommen und der Gedanke, dass es heute für lange Zeit das letzte Mal sein konnte, kam ihr so unwirklich vor.

Sie schaute weiter nach rechts und der Sitz des Kazekage fiel ihr ins Auge. Er überragte die Häuser und verdeckte einen gewaltigen Teil des Himmels.

Wenn sie nun loslief, konnte sie ihrem Bruder in fünf Minuten Gesellschaft leisten, doch sie blieb sitzen. Gaara hatte sicher Besseres zu tun, als mit seiner Schwester ein vorgezogenes Mittagessen einzunehmen und bei einer möglichen Ratssitzung wollte sie ihn auf keinen Fall stören.

Sie seufzte innerlich. Jetzt, da sie in ihrer Heimat war und keine Aufgaben hatte, kam sie sich noch nutzloser als in Konoha vor. Sie wusste nicht einmal, wie sie die verbliebenen Tage sinnvoll gestalten sollte, ohne das Gefühl zu haben, dass sie jemanden bei der Arbeit hinderte und so auf die Nerven ging.
 

Temari beobachtete, wie ein Falke in einem der oberen Fenster vom Arbeitsplatz ihres Bruders landete. Sie fragte sich, was er wohl gerade für eine Nachricht überbrachte, dann wurde ihr bewusst, dass sie all das nichts mehr anging und egal sein konnte.

Sie platzierte ihre Hände auf ihrem Bauch und lächelte.

Was machte es schon, dass sie nutzlos war, wenn sie im Großen und Ganzen glücklich war und demnächst ohnehin erstmal etwas viel Wichtigeres zu tun hatte? Etwas, das so wichtig war, dass die Pflichten eines Shinobi zu einer Sache ohne Relevanz machte?

Nein, sie hatte wirklich keinen Grund, sich schlecht zu fühlen.
 

Sie blinzelte und der Vogel verschwand im Gebäude und machte den Himmel zu dem, was er für Shikamaru wohl schon seit ihrer Ankunft war: Langweilig.
 

„Und wie findest du es hier?“, fragte Temari, um die Stille zu unterbrechen.

Er schwieg einen Moment und antwortete dann: „Ganz okay.“
 

Sie musterte ihn aus den Augenwinkeln, doch seine Miene regte sich nicht.
 

„Nur okay?“

„Es ist zu warm, zu trocken und zu sandig“, erwiderte er. „Und zu wolkenlos.“

„Das dachte ich mir schon“, meinte sie belustigt. Dann blickte sie wieder nach vorn und fragte: „Beschäftigt dich irgendwas?“

„Nein“, antwortete er monoton, „nichts Großartiges.“

„Und das heißt?“

„Nichts Großartiges eben.“

„Jetzt sag schon“, forderte sie ihn auf. „Ich hab keine Lust auf Rätselraten. Das musste ich in letzter Zeit viel zu oft.“

Shikamaru seufzte und erwiderte: „Ich bin egoistisch.
 

Sie schaute ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
 

„Worauf beziehst du dich?“
 

Er sagte nichts, sondern deutete flüchtig auf sie und dann auf die Umgebung.
 

„Darüber denkst du jetzt nach?“, fragte sie überrascht.
 

Ein Schulterzucken.
 

„Dann ja, in gewissem Maße bist du egoistisch“, stimmte sie ihm zu. „Aber so schlimm ist es auch wieder nicht.“

„Meinst du?“

„Ja“, sagte sie. „Deine Pflichten sind zwar größtenteils selbstauferlegt, aber wenigstens hast du welche und bist im Gegensatz zu mir nicht völlig nutzlos, was das betrifft.“
 

Sie nahm seine Hand und drückte sie zur Aufmunterung.
 

---
 

Als Temari am späten Abend über den Flur ging, bemerkte sie einen schmalen Lichtschein, der aus dem Wohnzimmer schien.

In der Annahme, dass es einer ihrer Brüder war, stieß sie die Tür auf, aber es war Sakura, die auf der Couch saß.
 

„Noch so spät auf?“
 

Die Jüngere sah kurz von der Tageszeitung auf.
 

„Ja“, murmelte sie, „ich kann nicht schlafen.“
 

Ihre Augen huschten zu der Seite mit den Meldungen aus dem Feuerreich zurück, doch beim genaueren Hinsehen bemerkte Temari, dass sie sich nicht bewegten.
 

„Alles in Ordnung?“, fragte sie nach.
 

Sie faltete das Blatt zusammen und holte tief Luft.
 

„Geht so“, erwiderte sie. „Mir geht momentan einiges durch den Kopf.“
 

Es drängte sie, wieder zurück ins Bett zu gehen und einfach weiterzuschlafen, doch stattdessen ließ sie sich auf den Sessel fallen.
 

„Wenn du möchtest …“, setzte sie an. „Ich kann gut zuhören.“
 

Sakura lächelte flüchtig, lehnte sich zurück und fixierte ihren Blick auf die Deckenlampe.
 

„Wie habt ihr beide das eigentlich die letzten Jahre geschafft?“

Temari zog die Augenbrauen zusammen und fragte: „Was genau meinst du?“

„Na, dass eure Beziehung trotz der Distanz nicht in die Brüche gegangen ist.“

„Gute Frage“, antwortete sie und dachte einen Augenblick nach. „Vielleicht weil wir genau gewusst haben, worauf wir uns eingelassen haben?!“
 

Sakura runzelte die Stirn.
 

„Ist das alles?“

„Das allein ist es sicher nicht, aber ein bisschen Realismus schadet trotz rosaroter Verliebtheit nicht“, merkte sie an. „Nicht, dass bei uns viel rosarot war, aber …“
 

Sie brach ab, als ihre Freundin amüsiert lächelte.
 

„Ich kann mir wirklich vorstellen, dass es bei euch ein bisschen rustikaler zugegangen ist“, sagte sie. „Shikamaru und du scheint mir keine ausgeprägten Romantiker zu sein.“
 

Rustikal?

Sie wollte gar nicht wissen, was sich Sakura darunter vorstellte …
 

„Sind wir auch nicht“, sagte Temari. „Aber es funktioniert gut ohne diesen romantischen Kitschkram.“

„Ich beneide euch beide wirklich“, meinte sie und seufzte. „Obwohl ihr euch bis vor kurzem nur so selten gesehen habt, läuft es so gut zwischen euch.“
 

Es war definitiv nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen – auf diese Utopie legte sie es auch nicht an –, aber ja, es lief tatsächlich ziemlich gut.
 

„Soll ich dir mal was sagen?“, begann sie und Sakura schaute sie aufmerksam an. „Ich hätte niemals gedacht, dass es so lange hält.“

„Warum?“

„Weil Fernbeziehungen auf Dauer einfach Mist sind“, sagte Temari. „Sie sind zum Tode verurteilt. Und unsere wäre es auch gewesen, wenn ich nicht schwanger geworden wäre. Die ganzen Kompromisse, die ich eingehe, mache ich in erster Linie nur der Kleinen zuliebe.“

„Das klingt jetzt aber hart“, erwiderte Sakura. „Ich dachte, du hast es getan, weil du ihn liebst.“

„Das tue ich auch“, pflichtete sie ihr bei, „aber nur seinetwegen hätte ich meine Familie und meine Heimat sicher nicht so früh aufgegeben.“

„Und in ein paar Jahren?“

„Vielleicht. Aber viel wahrscheinlich wäre es das schon vorher gewesen.“

„Und warum glaubst du das?“, fragte sie. „Ich meine, ihr habt euch doch immerhin regelmäßig gesehen.“

„Natürlich ist es schön, wenn man zwei Monate am Stück so viel Zeit miteinander verbringen kann, wenn man sich vorher lange nicht gesehen hat“, sagte sie, „aber was ist mit den vier Monaten, die darauf folgen, in denen man sich nicht sehen kann? Hättest du dir das über Jahre hinweg antun wollen?“
 

Die Jüngere zog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein.
 

„Wohl nicht“, gab sie zu. „Hättest du irgendwann die Konsequenzen daraus gezogen?“

„Sicherlich.“
 

Sakura seufzte wieder und biss sich auf die Unterlippe.
 

„Warum machen es sich die Leute so schwer?“, flüsterte sie. „Warum sind sie so dumm und machen Schluss, obwohl sie sich lieben?“
 

Die Frage brachte Temari zum Schmunzeln – allerdings nicht, weil sie sie besonders lustig fand.
 

„Weil sie Versprechen einlösen möchten“, meinte sie, „oder weil sie andere Verpflichtungen haben. Oder weil sie es vielleicht auch einfach nicht wollen.“

„Verstehe“, murmelte Sakura. „Und was waren deine Verpflichtungen, die dich vom Wegziehen abgehalten hätten?“

„Meine Brüder.“

„Deine Brüder?“
 

Sie nickte.
 

„Wir sind ohne Mutter aufgewachsen und unser Vater hatte als Kazekage nie Zeit für uns. Und da ich die Älteste von uns dreien bin, fühle ich mich verantwortlich für die beiden.“

„Aber sie sind doch inzwischen erwachsen und können auf sich selbst aufpassen.“

„Ich weiß“, sagte sie. „Aber bekomm jahrelanges Denken mal einfach so aus dem Kopf heraus. Das geht nicht so leicht, wie es sich anhört.“

„Und trotzdem ist es für mich nichts, an der eine Beziehung scheitern sollte.“
 

Temari sparte sich ein ›Du hast keine Geschwister und weißt nicht, wie das ist‹ und fragte stattdessen: „Wärst du bereit, deine Heimat und alles, was du dort hast, ohne Weiteres aufzugeben?“
 

Sakura schwieg.
 

„Also nicht“, legte sie fest. „Dann müsstest du ja verstehen, wie ich mich an einem Ort fühle, der so weit von allem entfernt ist, das mir über lange Zeit das Wichtigste war und noch immer wichtig ist, oder?“

„Wahrscheinlich schon …“

„Es gibt sicher Menschen, die alles spontan hinter sich lassen können“, fuhr sie fort. „Aber ich gehöre nicht dazu. Und du offensichtlich auch nicht.“
 

Ihre Freundin blickte sie ernüchtert an, doch das hielt Temari nicht davon ab weiterzusprechen.
 

„Wenn man eine Fernbeziehung führt, die Bestand haben soll, muss zumindest einer der Betroffenen Kompromisse eingehen“, fuhr sie fort. „Und ich sag’s nicht gerne, aber Kankurou ist absolut nicht der Typ, der dies tun würde. Nicht mal mit tiefrosaroter Brille auf der Nase.“
 

Sakuras Miene versteinerte.
 

„Danke für deine Ehrlichkeit“, flüsterte sie tonlos und sie setzte ein falsches Lächeln auf. „Es ist spät geworden. Möchtest du nicht lieber wieder zu Bett gehen?“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich danke fürs Lesen! :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  fahnm
2015-02-20T10:26:10+00:00 20.02.2015 11:26
Eine Zwickmühle für Sakura.
Freue mich aufs nächste kapitel
Antwort von:  Rabenkralle
22.02.2015 13:24
Dankeschön fürs Kommentar!
Das ist wohl wahr.
Von:  Stef_Luthien
2015-02-18T16:16:56+00:00 18.02.2015 17:16
Die arme Sakura am Ende. Will sie sich den von Kankurou trennen? Klar, Kompromisse muss jeder eingehen und in einer Beziehung muss sicherlich einer etwas schlimmer dran glauben, als der andere. Ich finde Shika und Tema sollten vllt auch erst ein paar Jahre in Konoha oder so leben und dann in Suna oder immer über die Ferien in Suna^^

Ein super Kapitel :) ^-^

LG
Asuna
Antwort von:  Rabenkralle
19.02.2015 14:34
Dankeschön für dein Review! :)
Ein bisschen leid tut sie mir auch, aber mal schauen, wie ich das mit ihr und Kankurou noch mache. Eigentlich bin ich ja bestrebt, mich so nah wie möglich an den Manga zu halten, aber da diverse Charaktere ja noch am Leben sind, ist das hier ohnehin schon eine alternative Timeline und dann muss ich wohl nicht auf Biegen und Brechen alles dem Canon anpassen, denke ich. :D
Ich glaube nicht, dass das so einfach gehen würde. Shikamaru möchte ja sein Versprechen halten, das er Asuma gegeben hat und das geht in Suna ja schlecht. Desweiteren halte ich auch nichts davon, ein Kind aus seinem gewohnten Umfeld zu reißen, weil man woandershin zieht, um dann ein paar Jahre später doch wieder an den Ausgangspunkt zurückzukehren. Aber Urlaube sind natürlich drin, keine Frage. :)

Liebe Grüße,
Rabenkralle


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